Die Dichter der Befreiungskriege

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Textdaten
Autor: Friedrich Kreyßig
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Titel: Die Dichter der Befreiungskriege
Untertitel:
aus: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Band 7, 1870, S. 213–223
Herausgeber: Ernst Dohm und Julius Rodenberg
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: A. H. Payne
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: MDZ München und Commons
Kurzbeschreibung:
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[213]
Die Dichter der deutschen Freiheitskriege.

Im Laufe weniger Wochen sind Thaten geschehen, Opfer gebracht, die nur in den Heldensagen der stolzesten Kriegerstämme ihr Gegenstück finden. Die Blüthe eines friedlichen, arbeitsamen, wohlhabenden, denkenden Culturvolkes hat sich, ohne mit dem Auge zu zucken, dem Schnellfeuer der Chassepots und Mitrailleusen entgegen geworfen, wie ihre zu Jagd und Krieg im rauhen Urwald herangewachsenen Ahnen den Wurfspießen und Schwertern der Le­gionen. „Hoch schlägt Dein Herz, hoch wachsen Deine Eichen, was kümmern Dich die Hügel Deiner Leichen?“ Das ist heute noch furchtbarer und ruhm­voller wahr, als in den Tagen von Dennewitz und Leipzig. Und wenn die Väter sehnend bang nach „des Deutschen Vaterland“ fragten, wenn die Frei­heit, die ihr glühendes, trauerndes Herz meinte, ihnen aus himmlischem Reigen überm Sternenkranz winkte, und ihrer bedrängten, geknechteten Welt nur im Traume des Dichters sich zeigen wollte, so dürfen wir kühnlich und ruhig, auf die saure Arbeit eines halben Jahrhunderts zurückblickend, sprechen: „Dies ist unser, so laßt uns sagen, und so es behaupten.“ Fest gegründet in Recht und Sitte, in hoffnungsfreudigen Anfängen vernünftiger Freiheit und naturwüchsiger Einigung, seiner Kraft vertrauend in sicheren Grenzen, schreitet das Deutschland der Gegenwart auf den winkenden Siegespreis zu, ungeduldig, den blutigen Lorbeer niederzulegen an dem Friedensaltar einer schönen Zukunft. Es ist Männerarbeit, ganze, volle Männerarbeit, die heute gemacht wird. Zu dem heroischen, guten Willen von 1813 ist das sichere, geschulte Können gekommen. „Wenn heut ein Geist herniederstiege“, der Geist eines Kriegers von Ligny und Belle Alliance z. B., so würde er seine Kameraden von Wörth, Saarbrücken und Metz jubelnd begrüßen, aber vor den Führern und Staatsmännern von 1870 würde er sich in freudigem Staunen verneigen, und von den Antworten, welche einst der zornig liebende Dichter auf die verfängliche Frage „nach unseren Bundesgenossen“ hatte, würde heute, Gott sei gelobt, nur die erste ihm werden, die des Herren der Heerschaaren gedenkt, und jene letzte, welche von dem Geist redet, „der die Preußen hat angerührt“, und auch diese würde heute als ein Lied im höhern, deutschen Ton anklingen. Und dennoch – sollen wir es verschweigen? dennoch, durch den Jubel der stolzen Vergleiche, welche beim Rückblicke auf die Thaten und Schicksale der Väter so natürlich sind, klingt es uns wie ein Mollaccord hindurch, mit süß-wehmüthiger Mahnung an die nothwendige Einseitigkeit und Unvollständigkeit alles menschlichen Beginnens. Wir sind seit 1813 merklich practisch und stark geworden, wir haben Vieles gelernt und geschafft, wir haben uns festgesetzt in Macht und Besitz, und auch die Hallen der deutschen Kunst sind in diesem halben Jahrhundert mit Nichten verödet. Selbst der Strom des deutschen Liedes floß nie – breiter wenigstens, als heute. Aber seltsam. Gerade seine kriegerischen, dem Vaterland gewidmeten Weisen scheinen in diesen Tagen der Reise und des Sieges, der bewußten Kraft und der jubelnden Opferfreudigkeit nicht so voll und gewaltig, nicht so tief und innig erklingen zu wollen, wie vor einem halben Jahrhundert, in der „ahnungsgrauenden, todesmuthigen“ Morgenstunde unserer nationalen Wiedergeburt, in den Zeiten der himmelhoch jauchzenden und zum Tode betrübten ersten Liebe für das danieder liegende, und dann zur Freiheit erstandene Vaterland. Oder wären es wirklich nur die tausend Stimmen der eigenen Jugend, der Erinnerungen,

[214]

Die Dichter der Befreiungskriege.
  Uhland.   Körner.  
  Arndt.   Rückert.  

[215] wenn nicht an die Schlachtfelder des Freiheitskampfes, so doch an die ersten Geisteskämpfe unserer jungen, innern Freihheit, die unsere Herzen so ganz anders und höher schlagen lassen bei den heiligen, symboli­schen Klängen der Arndt’schen, Körner’schen, Uhland’schen, Schenkendorf’schen Lieder? Wären es wirklich nur die Hoffnungen, die Entschlüsse schöner, da­hin gegangener Tage, die aus dem Nebel der Zeit auftauchenden guten Gesichter der Freunde, mit denen wir diese Lieder zuerst sangen, welche es uns so ganz anders musikalisch, so heiß und kalt werden lassen, wenn wir „des Gottes gedenken, der Eisen wachsen ließ“, und keine „Knechte wollte“, oder „der guten Stunde, die uns vereint fand im vollen, deutschen Männer­chor“, oder des heilig naiven Jugendzornes „gegen die Buben hinter dem Ofen“, und den süßen Träumen von „der Freiheit, dem holden Wesen, gläubig, kühn und zart“, in die sich leise alles Beste und Schönste verwob, was das Herz ahnend ersehnte, und was die Phantasie unentweihter Jahre dem noch ungebrochenen Lebens- und Glücksinstincte guter, deutscher Jungen vorzaubern mochte? Wir wollen das hier nicht untersuchen. In alle Wege aber scheint diese Stunde der ernsten, sehr ernsten Freude, des Besinnens und Zusammennehmens die rechte zu sein, jener Jugendoffenbarungen des deutschen Volksbewußtseins wieder einmal in Liebe und Treue zu gedenken, auf daß das Wort nicht vergebens gesagt sei:

„Und stehst Du dann, mein Volk, umstrahlt vom Glücke,
In Deiner Vorzeit heilgem Siegesglanz,
Vergiß die treuen Todten nicht, und schmücke
Auch unsere Urne mit dem Eichenkranz.“

Und so soll denn der erste Erinnerungskranz sich um das Denkmal des Reinsten und Kühnsten legen, des rechten Princeps Juventutis, des Sängers, dem ein gütig-ernstes Schicksal das Wünschenswertheste gestattet: dahin zu gehen in der Fülle der schon bewährten Kraft, in der Blüthe der Hoffnung, einig mit sich und dem Leben, ein Liebling der Götter, im Sinne des helle­nischen Weisen. Reiner, idealer, schwungvoller als alle anderen Sänger der Freiheitskriege, ohne allen Nebengeschmack politischer, ästhetischer, religiöser Parteimeinung, giebt Körner[1] der Trauer über die Schmach des Vater­landes, dem heroischen, rührenden Zorne, der himmelanfliegenden Poesie des jugendlichen Opfermuthes ihren vollgültigen, singenden und klingenden Aus­druck. Man weiß, wie Schillers mächtiger Einfluß, durch den seines mit jenem so innig befreundeten Vaters verstärkt, Körners Jugendentwickelung fast ausschließlich bestimmte. Aber was ihn in Schillers Dichtungen packte und zur Nachfolge begeisterte, das war nicht sowol der quietistische Kunstidealismus der letzten neunziger Jahre, das Ergebniß saurer Gedankenarbeit, strenger Resignation und – Goethe’schen Einflusses, als vielmehr das schwungvolle, durch eine prächtige Rhetorik getragene, die ästhetischen Theorien siegreich durchbrechende sittliche Pathos. Für die Genüsse der „Regionen, wo die reinen Formen wohnen“, war Körner’s Blick noch zu heiß. Aber die Worte [216] des Glaubens waren ihm aus der Seele gesprochen, und in der urgewaltigen, sinnlichen Kraft der Schiller’schen Jugenddichtungen fühlte er den Pulsschlag des eigenen Herzens. So würden wir denn vergeblich in Körners Dramen die seine künstlerische Berechnung suchen oder die tiefe und mannigfaltige Charakteristik, welche auch dem Talent nur durch saure Arbeit und reiche Erfahrung gelungen; aber auch der philosophisch-ästhetischen Uebercultur be­gegnen wir nicht, welche am Ende der neunziger Jahre den rein menschlichen Aufschwung unserer Dichtung zu übertreiben, und damit zu lähmen begann: Körner hat sich über „classisch“ und „romantisch“, über „Schicksal“ und „christ­liche Weltordnung“, über „antikes und modernes Kunstprincip“ nicht eben den Kopf zerbrochen. In seinen Lustspielen geht es unbefangen heiter zu, in seinen Dramen und Trauerspielen heldenhaft schwungvoll. Und wenn deren Charaktere hier und da an die Engel und Teufel der „Räuber“ und des „Fiesco“ erinnern, so strotzen sie dafür auch von der Kraft der Leidenschaft und der Ueberzeugung und haben dabei, ein nicht geringer Vorzug, die Erb­schaft einer Sprache angetreten, die, als Schiller auftrat, erst noch zu schaffen war. Da ist es nun merkwürdig und erfreulich zu sehen, wie die Entwickelungsfehler dieses Dichtertalentes schwinden und eine freie mächtige Grund­kraft sich mit einem Schlage siegreich bethätigt, unter der Berührung mit dem Ernste der Zeit, mit dem großen heroischen Trauerspiele des Jahrhun­derts. Vorüber sind die Tage der geträumten Freuden und Leiden, das Leben pocht an die Thür der deutschen Studirstube, mit eherner Faust, brutal und gewaltig. Die höhnenden Edicte des fremdländischen Siegers geben den Commentar zu der Lehre von der kosmopolitischen Brüderlichkeit und von der barbarischen Beschränktheit des Patriotismus; der französische Einquartirungs- und Requisitions-Zettel und die Mordsentenzen der napo­leonischen Kriegsgerichte erläutern die „Principien von 1789“; der deutsche Idealismus sieht sich schaudernd einer Macht gegenüber, welche alle Künste der „Civilisation“ unbedenklich in den Dienst der Urbarbarei zwingt, und das grausige, altrömische Vae Victis einer in die Abstractionen des Geistes vertieften Culturwelt höhnisch in’s Gesicht schleudert. Es war die Stunde, von der Körner singt:

„Und vor dem Zorngerichte
Kniet armer Sünder Zahl:
Herr Zebaoth, vernichte
Mir nicht mein stilles Thal!
Die ganze Welt erschlage,
Rotte die Menschheit aus,
Nur laß mir meine Tage,
Und mein Kind, und mein Haus!“

Aber, Gott sei Dank, sie traf doch nicht nur arme „Sünder“ bei uns, diese Stunde der Prüfung, sondern auch genug „der freien männlichen Seelen, die wol die Stirn finster und kraus zogen und wild in die Nacht hinaus starrten“, aber „den Muth sich nicht zügeln ließen“. Und auf Körner’s Dichterseele wirkte die grimme, tragische Noth der Zeit wie der galvanische Funke auf das Gold, plastisch gestaltungskräftig. Es ordnete sich in ihm, die bunten Bilder gewannen Klarheit, der überschwängliche Ausdruck bekam Maß und Gestalt an der herandrängenden Realität der Dinge. Schon die Lieder des Schmerzes und des Trostes aus den Tagen der Noth ergreifen durch innige Wahrheit und maßvolle Kraft. Wie dringt die Stimme des [217] in Wehmuth und Leid an der eigenen Lebensfülle sich aufrichtenden Jugendmuthes aus den unvergeßlichen Versen:

„Abend wird’s, des Tages Stürme schweigen,
Röther strahlt der Sonne letztes Glühn,
Und hier sitz’ ich unter neuen Zweigen,
Und das Herz ist mir so voll, so kühn!“

Wol schließt der tiefschmerzliche Mollaccord das Lied:

„Deutsches Volk, Du herrlichstes von Allen,
Deine Eichen stehn, Du bist gefallen!“

Aber bald wird es durch den „Trost“ übertönt, der auf die in den Herzen keimende Saat des Guten hinweist, auf Freundestreue und Wahrheit, auf Frauenunschuld und Frauenliebe, auf den religiös-sittlichen, vaterländischen Geist, der mächtig und mächtiger wird in tausend Herzen. Und als dann die ersehnte Stunde schlägt, als das „Licht der Freiheit hell aus dem Norden bricht“, wie dröhnt da der Posaunenton des „Aufrufes“ durch die Herzen der Jugend und der Männer! Wie packt noch heute, nach einem halben Jahrhundert, mit der Urgewalt der Wahrheit, jener ewige Schlachtruf des Volkskrieges:

„Zerbrich die Pflugschaar, laß den Meißel fallen,
Die Leier still, den Webstuhl ruhig stehn!
Verlasse Deine Höfe, Deine Hallen!
Vor dessen Antlitz Deine Fahnen wallen,
Er will sein Volk in Waffenrüstung sehn!“

Und er fand diese Töne; von ihm wenigstens war es heilige Wahrheit, wenn er das kühne Wort hinzufügte:

„Dies ist kein Kampf, um den die Kronen wissen,
Es ist ein Kreuzzug, ist ein heil’ger Krieg.
Recht, Sitte, Tugend, Glauben und Gewissen
Hat der Tyrann aus Deiner Brust gerissen,
Errette sie mit Deiner Freiheit Sieg!“

So spricht denn auch aus der ganzen Reihe der nun folgenden Lieder, wie sie nach und nach entstanden, unter den frischen Eindrücken der Zeit, unter den Wechselfällen des Kampfes, rein und unverfälscht die Seele des großen Volkskrieges: das sich aufrichtende Bewußtsein der für ihre Hausgötter fechtenden „deutschen Art“, der Ingrimm gegen den Feind, die Zuversicht der Siegeshoffnung, kaum gedämpft durch die hier und da anklingende Todes­ahnung, und frei von jedem Mißton der Kritik, der Politik, des Parteien- und Sectenwesens. In warmem, aber durchaus nicht romantisch-mystisch gefärbten Gottvertrauen empfangen die ausziehenden Kämpfer ihre Weihe, rufen sie den „Lenker der Schlachten an, in dessen Hand sie ihr Leben be­fehlen“. Am Feuer der Feldwacht grüßen sie, in altgermanischer Weise, durch ernst-fröhlichen Abschiedstrunk die bevorstehende Schlacht. In „düsteren Reih’n“ senkt Lützows wilde, verwegene Jagd sich vom Wald hernieder. Lustig begrüßt der Reiter seine Eisenbraut, „das Schwert an seiner Linken“. Den „Buben hinter dem Ofen“ wird mit dem, keinen Spaß verstehenden Zorne der enthusiastischen Jugend ein kräftiges „Pfui!“ ins Gesicht geschleudert. Düstere Todesahnungen klingen durch die hochaufjauchzenden Lieder des Schlachtenmuthes, und rein, süß und majestätisch schwingt sich aus den wilden Fan­faren des Kriegslärms die Grundmelodie der Jünglings- und Dichterseele empor, die unstillbare, hoffnungsfreudige Glücks- und Liebessehnsucht der reinen, unverdorbenen Jugend:

[218]

„Vor uns liegt ein glücklich Hoffen,
Liegt der Zukunft goldne Zeit,
Steht ein ganzer Himmel offen,
Blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder,
Frauenhuld und Liebesglück,
Alles Große kommt uns wieder,
Alles Schöne kehrt zurück!“

Die Hoffnung behielt Recht, aber für die Nation und die Zukunft. Unterdessen sind die Einzelnen nicht am schlimmsten daran gewesen, denen das Schicksal „den seligen Wehrmannstod“ bescheerte, und unter ihnen wird der mit Leier und Schwert gerüstete schwarze Jäger im Herzen seines Volkes leben, bis einst das letzte deutsche Lied verhallt.

Ihm zunächst in lyrischer Kraft, melodienreichem Schwung, musikalischer Dichterherrlichkeit, wenn auch weit ab von der unbefangenen Einfachheit des Körner’schen Fühlens und Denkens steht Max von Schenkendorf[2], der romantische „Kaisersänger“. Es ist eine oft gemachte Wahrnehmung, daß die als kalt-kritisch berufene ostpreußische Naturanlage nicht so gar selten in das entgegengesetzte Extrem eines weichen Mysticismus umschlägt. Ostpreußen hat nicht nur Kant, und viele, theoretische und practische, Kan­tianer hervorgebracht, sondern auch Hamann, Herder, Hippel, Zacharias Werner, Theodor Hoffmann, – und Schönherr, Ebel, Diestel mit ihren „Muckern“. Nach diesem, wenn der Ausdruck erlaubt ist, negativen, weib­lichen Pol der ostpreußischen Nation gravitirt auch Schenkendorf; aber er ist, in deutscher Dichtkunst, sein bei Weitem liebenswürdigster reinster Vertreter. Die geistige Atmosphäre der adeligen, altpreußischen Kreise, in denen er sich fast ausschließlich bewegte, persönliche Einflüsse, wie der Frau von Krüdener und Jung-Stillings, hielten ihn fest in der Atmosphäre romantisch-religiöser Gemüthsseligkeit, für die schon früh Novalis und der andern, verwandten Romantiker Schriften ihn angeregt hatten. Schenkendorf schwärmte für gläubiges Aufgehen in die Geheimnisse der Christuslehre, für die Herrlich­keit der mittelalterlichen, weltbeherrschenden Kirche, und für das mit ihr in (ach, wie stürmischer!) Ehe verbundene „heilige römische Kaiserthum deutscher Nation“. Dabei aber hat er sich durchaus fern gehalten von der Schärfe der sectirerischen, romantischen Aesthetik und von den bedenklichen Orgien ihrer „Kunstreligion“, so wie von der frivolen romantischen „Ironie“, in welche dieselbe bei den besseren Köpfen nur zu natürlich umschlagen mußte. Seine Natur war dafür zu altpreußisch einfach und ehrlich. So stieg er denn 1813 zu Pferde, wie der geistesverwandte De la Motte Fouqué, mit dem Gefühle des treuen ritterlichen Vasallen, der zu der Fahne des Lehns­herrn eilt. Von der ingrimmigen Empörung und dem hochfliegenden Idea­lismus der Körner’schen Kriegslieder stimmen seine und Fouque’s Zeitgedichte sich theils zu heiter oder sentimental-volksthümlichem Soldatengesang, theils, und das gilt besonders von Schenkendorf, zu dem Tone sinnig träumerischer Herzensergüsse, mit tief gemüthlicher Wärme herab. Wenn Körner’s Gewissen [219] sich gegen den romanischen Tyrannen empört, den Meister der Lüge, den großen Lehrer der ruchlosen Selbstsucht: so zieht Schenkendorf vielmehr zum heiligen Kreuzzuge aus gegen den Antichrist der Revolution. „Wo, Tod, sind Deine Schrecken, wo, Hölle ist Dein Sieg?“ läßt er den Landsturm rufen, den er anwirbt: „Du liebende Gemeine, wie sonst am Tisch des Herrn, im gläubigen Vereine, wie fröhlich strahlt Dein Stern! Wie lieblich klingt, wie heiter, der Losung Bibelton: Hie Wagen Gottes, Gottes Reiter, hie Schwert des Herrn und Gideon!“ – „Die Christenbanner wehen, Dein ist, o, Herr, der Sieg!“ läßt er die preußischen Reiter singen. Aus der Nacht der Zeiten strahlt ihm die alte Kaiserlegende wie der Hoffnungsstern unserer Zukunft entgegen. Aber das hindert seine reine, ehrliche Natur nicht, an der erwachten Kraft des neuen, im Grunde nach ganz anderen Zeiten hinstrebenden Volksgeistes sich von Herzen zu freuen, sofern sie eben das Vaterland rettet, und, in glücklicher Stunde, so zu sagen die innerste Seele der Volksbewegung, die tiefe, brünstige Sehnsucht nach Frieden, Recht und Ruhe in wunderbar innigen Weisen ausklingen zu lassen.

„Ein Morgen soll noch kommen,
Ein Morgen hell und klar;
Sein harren alle Frommen,
Ihn schaut der Engel Schaar.
Bald scheint er sonder Hülle
Auf jeden deutschen Mann.
O brich, Du Tag der Fülle,
O Freiheitstag, brich an!

Dann Klang von allen Thürmen,
Dann Klang aus jeder Brust.
Dann Ruhe nach den Stürmen
Dann Lieb’ und Lebenslust.
Dann schallt auf allen Wegen
Ein frohes Siegsgeschrei,
Und wir, ihr wackern Degen,
Wir waren auch dabei!“

Ist das nicht der Seelenton des echten, deutschen Liedes? Und dann, so soll es diesem frommen Romantiker auch nicht vergessen werden, daß er den schönsten und frischesten Kranz niederlegte auf das Heldengrab des Mannes, von dem mit Wahrheit zu sagen war:

„Treuer war wol Keiner, reiner,
Näher stand dem König Keiner,
Doch dem Volke schlug sein Herz“,

Es ist das Lied von Scharnhorst, dem Schöpfer des preußischen, un­vergleichlichen Volksheers, des Palladiums unserer Freiheit und Ehre. Schenkendorf’s vielgesungenes und – vielbelächeltes „Freiheitslied“ mischt Waldluft, Freundschaftsdrang, Liebessehnsucht mit kirchlicher Frömmigkeit gewiß zu einem wunderlichen Elixir zusammen. Aber trifft es nicht in’s innerste Herz unseres deutschen Bewußtseins, wenn es fortfährt:

„Wo sich Gottes Flamme
In ein Herz gesenkt,
Das am alten Stamme
Treu und liebend hängt,
Wo sich Männer finden,
Die für Ehr’ und Recht
Muthig sich verbinden,
Weilt ein frei Geschlecht.“

[220] Die deutsche Jugend hat lange genug in Glauben und Hoffnung gesungen:

„Freiheit, holdes Wesen,
Gläubig, kühn und zart,
Hast ja lang erlesen
Dir die deutsche Art.“

So Gott will, ist der Tag nicht mehr fern, der nach dem Glauben das Schauen bringt. Wie wenig übrigens Schenkendorf, bei aller gemüthsseligen Romantik, gegen die Unfertigkeit und die Gefahren der Tage blind war, das lassen die Schlußworte seines herrlichen „Frühlingsgrußes“ an das be­freite Vaterland wol nicht zweifelhaft:

„Aber einmal müßt Ihr ringen
Noch in ernster Geisterschlacht,
Und den letzten Feind bezwingen,
Der im Innern drohend wacht.
Haß und Argwohn müßt Ihr dämpfen,
Geiz und Neid und böse Lust.
Dann, nach langen schweren Kämpfen
Kannst Du ruhen, deutsche Brust.“

Hier tritt Schenkendorf ganz nahe an die Sphäre heran, in welcher der nächst Körner volksthümlichste Sänger dieses Kreises, der alte Moritz Arndt[3] sich mit Vorliebe bewegt. Arndt ist weder eine heroisch-überwallende Dichternatur wie Körner, noch eine musikalisch-innige wie Schenkendorf. Er zeigt ganz den Normaltypus seiner Ostseeheimat, ist vor allen Dingen der Mann des klaren Gedankens, des festen Willens, des treuen und edeln, aber nicht gerade weichen Herzens. Es bedurfte der harten Noth der Zeit, um aus diesem Stahle die Funken zu schlagen, die dann in Hunderttausenden deutscher Herzen gezündet haben. Auf viele seiner Lieder paßt geradezu das „Quem Apollo negat, facit indignatio versum“ („Weigert Apollo den Vers, so mag die Entrüstung ihn schaffen“). Oder wäre es wirklich der Gott des Parnaß gewesen, der z. B. den Vers inspirirte:

„Fahrt wol, ihr Franzosen, zur Ostsee hinab,
Und nehmt, Ohnehosen (!) den Walfisch zum Grab. (!!)“

Aber Arndt sang auch im Sturme des Zornes für die Zornigen, zunächst für das Volk in Waffen, die preußischen Soldaten, und die nehmen es mit einem Vergleiche, einer Wortweise nicht allzu genau, wenn nur im Ganzen „Zug in der Sache“ ist, und Stimmung und Schwung, wenn das rechte Ding beim rechten Namen genannt wird, daß man’s in allen Gliedern fühlt. Und da war Vater Arndt der Mann, der es verstand, ihnen vorzusingen „vom Feldmarschall, der reitet im fliegenden Saus“, oder von Schill:

„Es zog aus Berlin ein tapferer Held,
Der führte sechshundert Reiter in’s Feld.“

Aber auch mit den Streitern des Geistes wußte der, deutscher Wissenschaft und Geschichte wol kundige Dichter zu sprechen, mit der Auswahl der deutschen [221] Jugend, mit denen, die da berufen waren in großen und kleinen Kreisen das heilige Feuer weiter zu entzünden und zu erhalten. Wie Sturm fuhr in ihre Seelen das Wort:

„Laßt brausen, was da brausen kann,
In hellen lichten Flammen!
Ihr Deutschen alle Mann für Mann,
Für’s Vaterland zusammen.
Und hebt die Herzen himmelan,
Und himmelan die Hände,
Und rufet Alle, Mann für Mann:
Die Knechtschaft hat ein Ende!“

Das ist so eins von den deutschen Studentenliedern geworden, von denen man beim Singen den Eindruck hat, als hätte es sich selbst seine Melodie schaffen müssen. Wer aber merken will, daß der gesunde, von tiefer Ueberzeugung getragene Mannesgedanke des lyrischen Schwunges, der Pracht der Sprache und der Bilder nicht bedarf, um poetisch zu wirken, den erinnern wir an die Mahnung:

„Deutsches Herz, verzage nicht,
Thu’ was Dein Gewissen spricht,
Dieser Strahl des Himmelslichts:
Thue recht und fürchte Nichts.“

Oder an jenen Spruch:

„Wer ist ein Mann? Der beten kann,
Und Gott dem Herrn vertrauet;
Wenn Alles bricht, er zaget nicht,
Dem Frommen nimmer grauet.“

Ungleich vielen seiner Sangesgenossen war Arndt nicht nur in tief erregtem Gefühl, sondern mit klarer Würdigung und Ueberschau der streitenden Kräfte und ihrer Ziele in die Bewegung eingetreten. Er war Publicist und Ge­lehrter, ehe er Dichter wurde. Dem Verfasser des „Geistes der Zeit“, dem Vertrauten Stein’s war es um mehr zu thun, als um Erleichterung seines zornigen Herzens. Er sah, Einer der wenigen Wissenden, über die nächsten Ziele der Bewegung hinaus, nicht rückwärts in die Nebel des Mittelalters, sondern auf die Bahnen unserer Zukunft. So wurde er unter den Sängern der Freiheitskriege ein politischer Dichter im engern Sinne des Worts. Man hat gut spotten gehabt über das „Fragezeichenlied“. Es ist darum nicht weniger das Programm einer Bewegung geworden, die vielleicht selbst die Entscheidungen des Jahres 1870 noch überleben könnte. Und wer das köst­liche „Bundeslied“ („Sind wir vereint zur guten Stunde“) mit den Freiheits­liedern der Romantiker vergleicht, dem wird nicht verborgen bleiben, daß hier denn doch von einer andern Freiheit die Rede ist, als von der himmlischen Fee des Schenkendorf’schen traum- und liebeseligen Waldliedes. Freilich ist es auch noch von Arndt’s ernsten Mahnrufen ein guter Schritt bis zu der scharfen Kritik, mit welcher

Friedrich Rückert[4], bei aller heißen Vaterlandsliebe, in seinen „Ge­harnischten Sonetten“ die große Bewegung begleitete, und deren eigenthümliche [222] Schneidigkeit sich auch in seinen, doch auf volksthümliche Wirkung berechneten „Spott- und Ehrenliedern“ deutlich genug herausfühlt. Man hat Rückert’s Sonette als die eigentlich poetische Blüthe der Kriegs­zeit, als deren größte dichterische That gepriesen. Ohne Zweifel enthalten sie zündende, wuchtige Gedanken in immer kunstreicher, und oft auch mächtig einschlagender Sprache. Unerbittlich, wie keine andere zeitgenössische Kund­gebung, zeigen sie dem zerklüfteten, geknechteten, durch seine Dichter und Denker kaum weniger als durch seine Feldherren und Staatsmänner im Stiche gelassenen Vaterland das Bild seines Elends, seiner Schande:

„Hört wol ein Gott Eu’r loses Wortgesumme?
Er hör’s, daß er die Leir’ Euch schlag’ in Splitter,
Und Euch schlag’ auf den Mund, daß er verstumme!“

Das ist für unsere kosmopolitischen Priester der abstracten Kunst. Und:

„Gleichwie die Juden, die ins Joch gebeugten,
Ausziehend aus Egypti Knechtschafsstande,
Nicht selbst anlangten im verheißnen Lande,
Sondern nur erst von ihnen die Erzeugten;

So lasse sich auch dies Geschlecht nicht deuchten,
Freiheit zu finden, weil es bricht die Bande;
Es muß verbrennen in dem Läutrungsbrande,
Das reine Licht wird erst den Enkeln leuchten.

Das war für Alle, und nur zu sehr traf es ein für die Väter. Möge es sich auch endlich, endlich an den Enkeln erfüllen, deren Blut heute in Strömen fließt! Allein von allen Dichtern der Freiheitskriege hat Rückert, unbeirrt durch den bekannten Kosakencultus jener Jahre, von unseren „Bun­desgenossen“ im Tone der Besorgniß und des Zornes zu sprechen gewagt, der Besorgniß um die Früchte des Sieges, des Zornes über die Schwäche, die der Bundesgenossen bedurfte. Wie es seinem Tadel nicht an erschüttern­der Wahrheit und Schärfe fehlte, so seinem ermuthigenden Worte nicht an Schwung, seiner Siegesfeier nicht an großartiger Würde. Und dennoch – daß wir es nur offen bekennen – wir haben bei aller Bewunderung dieser Kunstwerke, so oft wir sie lasen, den Gedanken an Rückert’s eigenes Wort nicht ganz los werden können, mit dem er „das Sonnett“ aus seinem Dienste zu anderen Herren entläßt:

„Wohl geh’ es Dir, als wie bei mir, bei ihnen!
Und daß sie nie Dir einen Fuß verstauchen,
Und nie die zarten Glieder Dir verrenken!

Das Sonett bleibt nun einmal ein zarter Fremdling in diesem germani­schen Norden, und es wird ihm schwer den Harnisch zu tragen. – Aber warum bleibt auch bei Rückert’s „Spott- und Ehrenliedern“ immer ein Rest, der eine reine, musikalische Wirkung nicht recht aufkommen läßt? Warum ist ihrer keines, oder so gut als keines, in das Volk, in das Heer gedrungen? Warum durchrieselt es uns nicht, wenn wir sie lesen wie bei den Gesängen Körner’s, Schenkendorf’s und Arndt’s? Warum fällt in ihnen der Scherz, der Humor des sonst doch so witzigen, geschmackvollen Dichters so oft geradezu in’s Platte und Gesuchte? Und doch ist es derselbe Sänger süßer und herr­licher Lieder, dessen Gedicht von den „drei Gesellen, die stritten wider’n Feind“ den Einheitsgedanken des auf die Freiheitskriege folgenden Geschlechtes, vom nichtpreußischen Standpunkte aus, so warm, so rührend ausspricht! Sollte es hier vielleicht in aller Behutsamkeit zu erwägen sein, daß es doch [223] immer noch eine andere Sache war, vom deutschen Süden aus die Schmach des Vaterlandes zu sehen und zu kritisiren, oder sie im preußischen Norden im eigenen Fleisch und Blut zu empfinden, und daß die Luft der Freiheits­kriege auf der Feldwacht und im Heerlager doch wol schärfer wehte, als in der Studirstube? Ließ doch der große Todes- und Auferstehungskampf unseres Volkes selbst die Leier unseres herrlichen Uhland nur in seltenen vereinzel­ten Tönen erklingen, während nachher die Klage um die verkümmerten Früchte des Sieges (zum 18. October 1816!) in so gewaltigen, unvergeßlichen Tönen seinem Liede entströmte! Uhland war eben wie Rückert theilnehmender Zuschauer im Kampfe gegen die Franzosen; aber er war Mitkämpfer, und zwar ein tapferer, im Streit für die innere Freiheit. Damit ist wol das Wesentliche gesagt. Es ist eben eine wunderbare Sache um das Volks­lied. Seine schönsten Blüthen sind meist mehr und weniger als Kunst­werke. Sie sind der Zuruf des Unterdrückten, der Seufzer des Liebenden, der Jubelruf des Siegers; sie haben mit dem Sausen des Windes, mit dem Rauschen des Meeres, mit dem Gesange des Vogels mehr gemeinsam, als mit der Metrik und der Aesthetik. Wo es an Herz und Nieren geht, da findet das Volkslied seine unsterblichen Klänge. Und darum wollen wir uns denn vor der Hand auch nicht verwundern und nicht klagen, sondern einstweilen ganz zufrieden sein, wenn die zu Hunderten in den Zeitungen stehenden, vielfach so braven, wohlklingenden, verständigen Kriegslieder dieses glorreichen Jahres bis jetzt die Melodien von 1813 noch nicht wieder zu finden scheinen, Freiligrath’s treffliche „Germania“, wol das Beste uns zu Gesicht gekommene nicht ausgenommen. Kladderadatsch mit seinem Chassepotpot hat die Volksstimmung des Kriegsanfangs noch am glücklichsten ge­troffen, und das ist belehrend. Es bleibt doch, auch vom poetischen Stand­punkte aus, ein ander Ding um eine große Mobilmachung von 1870 gegen Ihn, Sie und Es, als um die Volkserhebung von 1813 gegen den dämo­nischen Schlachtengott, vor dem der Erdkreis zitterte. Das preußische Heer von 1870 leistet Wunder der Aufopferung, für die, die Sprache keine Aus­drücke hat. Das „Werkzeug“ ist furchtbar „schneidig und scharf“ und den, der es führt, hat Gott bis jetzt auch gesegnet. Aber es ist auch eine lang­jährige, ziemlich unlyrische Zusammendrängung der nationalen Kraft auf das Gebiet des dem Leben zugewandten Gedankens und der von ihm geleiteten That nothwendig gewesen, um solche Leistungen möglich zu machen. Und bis die Armee von Weißenburg, Wörth, Saarbrücken, Metz, ihren Dichter findet, schreibt sie einstweilen mit eisernem Griffel eine Seite Geschichte, neben der die Ilias und die Nibelungen sich wie Scherzspiele ausnehmen. Uns Anderen aber schenke der alte treue Gott dazu Dankbarkeit und Ver­nunft und Festigkeit im Siege. Die Siegeslieder werden sich dann wol auch noch finden.

Fr. Kreyßig.
  1. Karl Theodor Körner, geb. am 23. Sept. 1791 zu Dresden, Sohn des Oberappellationsrathes Körner, des berühmten, vieljährigen Freundes Schillers, studirte 1808 in Freiberg unter Werner, 1809–1811 in Leipzig und Berlin, ging dann nach Wien zu Wilhelm Humboldt und Fr. Schlegel, wurde Hoftheaterdichter, trat 1813 in die Lützow’sche Freischaar, wurde als Lützow’s Adjutant in dem Ueberfalle bei Kitzen schwer verwundet, dann nach dem Waffenstillstande, am 27. August bei Gadebusch erschossen. – „Leier und Schwert“ 1814, Sammlung seiner Vaterlands- und Kriegslieder.
  2. Max von Schenkendorf, geboren am 11. Dec. 1783 zu Tilsit, studirte in Königsberg Kameralwissenschaft, wurde Referendar, ging 1812 zu Jung-Stilling, dem mystischen Seher, nach Karlsruhe, folgte 1813–14 dem preußischen Heere, starb am 11. December 1817 als Regierungsrath zu Coblenz. – Christliche Gedichte, 1814. Gedichte 1815. – Sämmtliche Gedichte herausgegeben von A Hagen, zweite Auflage. 1862. – Biographie von A. Hagen, 1863.
  3. Ernst Moritz Arndt, geb. am 26. Dec. 1769 zu Schoritz auf Rügen, studirte 1791–94 zu Greifswald und Jena, wurde nach längeren Reisen Docent, später Professor in Greifswald, schrieb 1806 den „Geist der Zeit“ gegen Napo­leon, mußte deshalb nach Schweden flüchten, war 1810 wieder in Greifswald, wirkte 1812–15 unter und mit v. Stein für den Freiheitskampf, wurde 1818 Professor in Bonn. 1819 als Demagog suspendirt, 1840 wieder eingesetzt, starb 1860. – „Gedichte“, 1815. – „Kriegs- und Wehrlieder.“, 1815.
  4. Friedrich Rückert, geb. zu Schweinfurt am 16. Mai 1789, studirte in Jena, wurde 1811 Privatdocent, 1815 in Stuttgart Redacteur des Morgenblattes, 1826 Professor in Erlangen, 1841 in Berlin, zog sich 1849 auf sein Gut Neuses bei Coburg zurück, wo er 1866 starb. – Hierher gehören die „Deutschen Gedichte“, 1814, welche die „Geharnischten Sonette“ und die „Spott- und Ehrenlieder“ enthalten