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Die staatlichen Herrschaftsformen

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Autor: Wilhelm van Calker
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Titel: Die staatlichen Herrschaftsformen
Untertitel:
aus: Handbuch der Politik Erster Band: Die Grundlagen der Politik, Drittes Hauptstück: Herrschaft und Verwaltung, Abschnitt 12, S. 131−151
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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[131]
Drittes Hauptstück.


Herrschaft und Verwaltung.




12. Abschnitt.


Die staatlichen Herrschaftsformen.
Von
Dr. Wilhelm van Calker,
o. Professor der Rechte an der Universität Kiel.


Literatur:

[Bearbeiten]
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[132]

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– Vgl. auch folgende Artikel des vorliegenden Werkes: Lamprecht, Staatsform und Politik im Lichte der Geschichte, I, S. 19; Menzel, Begriff und Wesen des Staates, I. S. 35; Hubrich, Die Staatsformen, I, S. 74 ; Tecklenburg, Allgemeine Würdigung der Herrschaftsformen, I S. 152.
– Im übrigen wird zur Ergänzung der vorstehenden Literaturübersicht, die nur einen kleinen Teil des Nennenswerten geben kann, auf die Literaturangaben der vorgenannten Werke verwiesen.

Einleitung.

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I. Der Ausdruck „Herrschaft“, in der allgemeinsten Bedeutung dieses Wortes, dient zur Bezeichnung der tatsächlichen oder rechtlichen Macht, welche ein beliebiges mit Willen begabtes Wesen gegenüber einem anderen Wesen oder gegenüber einer Sache ausübt. In Verbindung mit dem Eigenschaftsworte „staatlich“ kennzeichnet jener Ausdruck die ausschliesslich dem Staate innewohnende Fähigkeit, aus eigenem Recht – das heisst, ohne dass ihm diese Macht von seiten irgend eines anderen Rechtssubjekts übertragen worden wäre – „freien Personen (und Vereinigungen von solchen) Handlungen, Unterlassungen und Leistungen zu befehlen und sie zur Befolgung derselben zu zwingen“.[1] Subjekt oder Inhaber dieser Gewalt ist begrifflich notwendig stets und unveränderlich der Staat. Dagegen kann der Träger dieser Macht, d. h. dasjenige Organ des Staates, dessen Willen über die Art und Weise der Handhabung dieser Macht verfügt, je nach der organisatorischen Einrichtung des Staates in den verschiedenen Staaten und zu verschiedenen Zeiten verschieden beschaffen sein, er kann namentlich bald aus einem Einzelnen, bald aus einer Personenmehrheit bestehen.

Die Verschiedenartigkeit der Einrichtung oder „Verfassung“ der staatlichen Herrschaftsorgane führt zu der Unterscheidung verschiedenartiger Herrschaftsformen. Die Mannigfaltigkeit der Organisationsformen der Staatsgewalt ist unendlich. Jedes Zeitalter, jedes Land, jedes Volk hat seine besonderen Formen. Gleichwohl lassen sich infolge der Regelmässigkeit des Auftretens bestimmter differenzierter und differenzierender Eigentümlichkeiten in der Verfassung der Staaten bestimmte typische Formen der Herrschaft unterscheiden. Das Ergebnis der Unterscheidung richtet sich nach dem Einteilungsgrunde. Die Geschichte der Staatsrechtswissenschaft zeigt nun in bezug auf die Einteilung und Aufzählung der Herrschaftsformen eine geradezu unlösbare Verwirrung. Und zwar weniger wegen der an sich berechtigten Verschiedenartigkeit der Einteilungsgründe als wegen der unlogischen Vermengung der Einteilungsmethoden. So ist z. B. bei der Einteilung Montesquieu’s in Republik, Monarchie und Despotie in den zwei ersten Gliedern das numerische Verhältnis der die Staatsgewalt konstituierenden Individuen, bei dem dritten aber das Merkmal der Gesetzlichkeit zugrunde gelegt.[2]

[133] Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, an dieser Stelle eine, wenn auch noch so gedrängte geschichtliche Übersicht über die ständig wechselnden, bald sich berührenden, bald sich durchschneidenden, bald gänzlich von einander abweichenden juristischen, politischen, ethischen und sonstigen Einteilungsmethoden zu geben.[3] Wir müssen uns damit begnügen, an der Hand einer ganz kurzen Betrachtung der ältesten, uns ihrer Organisation nach bekannten Staatswesen die ursprünglichsten Formen der staatlichen Herrschaft nachzuweisen und sodann mit wenigen Sätzen den Weg festzustellen, der uns zu der von uns als richtig erkannten Unterscheidungsmethode führt.

II. Die älteste bisher bekannte Staatsform ist die der Einherrschaft. Das Volk der Ägypter, das wir durch fünf Jahrtausende hindurch verfolgen können, zeigt uns bei allen Umwälzungen, die es seit seinem Eintritt in die Geschichte erfahren hat, stets das gleiche Bild der monarchischen Verfassung. War den alten Aegyptern auch die Idee des Staates, wie sie sich später auf dem Boden Griechenlands und Roms für alle Zukunft vorbildlich entwickeln sollte, noch fremd, so besassen sie doch schon eine bis ins einzelne durchgebildete staatliche Organisation mit einem unumschränkt herrschenden König an der Spitze.[4] Der König ist der Halbgott, der hoch über allen anderen Lebenden thront; er ist der Eigentümer des ganzen Landes und sämtlicher Untertanen, ihm werden die Steuern gezahlt, zu seinem Ruhme werden die Kriege geführt, ihm zu Ehren werden die grossen Bauten unternommen.[5] Freilich war seine Macht tatsächlich nicht immer so unbeschränkt wie in der Theorie ; das Gewicht der Beamtenhierarchie, der Heerführer und der Priester und nicht zuletzt der wachsende Einfluss der aus ursprünglichen Beamten des Königs zu immer grösserer Selbständigkeit emporsteigenden Gaufürsten (Nomarchen) schwächten die Machtvollkommenheit des Königs in sehr erheblichem Masse.[6]

Auch in Griechenland ist das Königtum schon sehr frühzeitig verbreitet, jedoch zeigt es hier einen durchaus anderen Charakter als im Orient. Im Gegensatz zu den asiatischen Königen mit ihrer autokratischen Machtfülle ist der König der griechischen Staaten ein Beamter mit bestimmt umschriebenen, bald militärischen, bald sakralen Amtspflichten. Nicht immer ist er Monarch und nicht immer ist sein Amt erblich: Bald ist es ein Einzelner, bald sind es zwei oder auch mehrere, denen das Königsamt zusteht; bald ist der König auf Lebenszeit, bald nur auf bestimmte Zeit bestellt; bald muss er einem bestimmten Geschlechte angehören, bald kann er aus dem Volke schlechthin hervorgehen. Niemals hat er die Eigenschaft eines patriarchalischen Souveräns. Die Souveränität wohnt beim Volke, bei der Gesamtheit der vollberechtigten Bürger.[7]

Auf welche Weise sich in den griechischen Staaten der Uebergang vom Königtum zu anderen Herrschaftsformen vollzog, lässt sich in Wirklichkeit nicht so genau feststellen, als man nach der zwar auf einem reichen Beobachtungsmateriale beruhenden, aber gleichwohl nicht konkret zu nehmenden Darstellung des Platon und des Aristoteles glauben möchte. Auch für Athen ist die oft behauptete, „schön geradlinige“ Entwicklung nicht nachweisbar, wonach es von dem patriarchalischen Königtum zur Aristokratie, von ihr zur Tyrannis und von dieser zur Demokratie ging. Die staatliche und gesellschaftliche Verfassung Athens ist erst für die Zeit nach dem Sturze der Peisistratiden historisch mit einiger Zuverlässigkeit nachweisbar; „wie es . . in den übrigen griechischen Staaten aussah, davon haben wir nur hie und da einen Schimmer.“[8] Seit jener Zeit bis auf Augustus haben sich in der athenischen Verfassung trotz mancher Unterbrechungen und Aenderungen nachweislich die demokratischen Prinzipien behauptet – die gleichen Prinzipien, die teils in unmittelbarer [134] Anlehnung an das Vorbild Athens, teils in selbständig verlaufender Entwickelung auch die meisten anderen politischen Gemeinwesen Griechenlands beherrschen.[9] Die Entstehung der spartanischen Verfassung, die ihren eigenen Weg geht und neben der athenischen einen eigenartigen Typus darstellt, wird auf das Jahr 754 datiert. Sie hat mit der Verfassung Athens den Ausgangspunkt – die Souveränität des Volkes – gemeinsam, entfernt sich aber von jener, wenn wir von der alten Einrichtung des spartanischen Doppelkönigtums ganz absehen, durch die abweichende Gliederung des Volks und der Ämterorganisation, die schliesslich trotz der Souveränitätsrechte der Vollbürgerschaft die eigentliche Exekutive mit weitestgehenden Machtbefugnissen in die Hand von einigen wenigen Ephoren legt.[10]

III. Die Vielgestaltigkeit der staatlichen Herrschaftsformen, die von der staatsbildenden Kraft des Griechentums in nahem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erzeugt wurden, legten dem aufmerksamen Beobachter, mochte er nun Historiker, Philosoph, Jurist oder Politiker sein, den Wunsch nahe, eine systematische Gruppierung der verschiedenen Erscheinungsformen der staatlichen Herrschaft unter bestimmten leitenden Gesichtspunkten vorzunehmen. Der erste bedeutsame Versuch dieser Art ist der des Herodot. Er unterscheidet die Staaten darnach, von wem die oberste rechtliche Gewalt im Staate ausgeübt wird – ob unmittelbar von der Gesamtheit der gleichberechtigten Bürger oder von einer engeren Gemeinschaft von Bevorzugten oder von einem Einzigen allein – , in Isonomie, Oligarchie und Monarchie. Herodot vermengt also bei seiner Unterscheidung die beiden Einteilungsprinzipien: Zahl und Qualität der Herrschenden. Die beiden Ausdrücke Basileia und Tyrannis werden von ihm noch promiscue gebraucht.[11] Die Ausdrücke Demokratie und Aristokratie fehlen bei ihm noch. Sokrates gibt nach Xenophons Memorabilien Definitionen des Königtums, der Tyrannis, der Aristokratie, der Plutokratie und der Demokratie, wobei sich indessen eine irreführende Vermischung von rechtlichen und politischen Unterscheidungsmerkmalen zeigt. Das entscheidende Gewicht legt Sokrates hierbei weniger auf die Organisation der Staatsgewalt, als auf die Gesetzmässigkeit der Herrschaftsausübung. Die Basileia und die Tyrannis unterscheiden sich nach seiner Lehre dadurch, dass die erstere eine dem Gesetze entsprechende Herrschaft über Freiwillige, die Tyrannis eine in gesetzwidrigen Massregeln sich ergehende Herrschaft über Unfreiwillige ist. Die Aristokratie bezeichnet Sokrates als die Verfassung, auf Grund deren die Amtsträger vom Volke aus dem Kreise der Gesetzesverständigen und der das Gesetz Erfüllenden bestellt werden; in der Plutokratie dagegen erfolgt deren Bestellung aus dem Kreise der Reichen, in der Demokratie aus der gesamten Bürgerschaft.[12]

Platon stellt der zu seiner Zeit herrschenden Unterscheidung der Staatsformen in Demokratie, Oligarchie, Aristokratie, Basileia und Tyrannis eine Charakterisierung der Herrschaftsformen nach ethischen Gesichtspunkten gegenüber. Das Entscheidende für die Bewertung eines Staates ist für ihn die Gesinnung der Staatseinwohner. „Die einzige, „richtige“ Staatsform ist der Staat der Staatsmänner, der Philosophen“; ihr werden die Timokratie, als die Herrschaft der Besitzenden, die Oligarchie als Geschlechterherrschaft, die Herrschaft der Besitzlosen und die Willkürherrschaft der Tyrannis als entartete Herrschaftsformen gegenübergestellt.[13] Im Gegensatz zu Platon geht Isokrates bei der Unterscheidung [135] der Staatsformen von einem juristischen Merkmal, nämlich von der Zahl der Herrschaftsträger aus, und anerkennt demnach als selbständige Formen nur die Oligarchie, die Demokratie und die Monarchie, während er Aristokratie und Tiniokratie lediglich als Unterformen dieser Verfassungsformen ansieht.[14] Die juristische Einteilung der Staatsformen bei Aristoteles[15] beruht in erster Linie ebenfalls auf dem Zahlenverhältnis der obersten Staatsorgane, sie berücksichtigt daneben aber auch noch andere Momente. Auf Grund des erstgenannten Einteilungsprinzipcs unterscheidet Aristoteles zunächst die drei Staatsformen der Basileia (entsprechend der Monarchie oder Einherrschaft), der Aristokrateia (gleich Herrschaft der besten Bürger) und der Politeia im engeren Sinn (entsprechend der Volksherrschaft oder Demokratie.) Diesen drei Grundformen, welche von ihm als όρϑροί τρόποι bezeichnet werden, weil sie dem Ideale einer Regierungsführung zum gemeinen Nutzen entsprechen, stellt er sodann auf Grund eines rein politischen Einteilungsprinzipes noch drei Abarten oder richtiger Entartungen (παρεϰβάδεις) jener Grundformen zur Seite: die Tyrannis oder Despotie, das ist die unrechtmässig erworbene und in der Regel im selbstsüchtigen Interesse des Alleinherrschers ausgeübte Herrschaft; die Oligarchie, das ist die Herrschaft der besitzenden Klassen zu ihrem Vorteile, und endlich die Demokratie in der spezifischen Bedeutung von Ochlokratie oder Pöbelherrschaft, das ist die Willkürherrschaft der nichtbesitzenden Masse.

Die aristotelischen Grundanschauungen haben, wenngleich mannigfach modifiziert und lange gänzlich verschollen, die Jahrhunderte überdauert und werden auch heute noch vielfach bei der Unterscheidung der Staatsformen zu Grunde gelegt.[16] Dabei wird jedoch zumeist übersehen – oder doch zu gering eingeschätzt[17] – , dass die aristotelische Dreiteilung einen logischen Fehler enthält: sie stellt, obgleich sie bei der Unterscheidung der Verfassungsformen von der Zahl der herrschenden Personen ausgeht, der Einherrschaft zwei Staatsformen gegenüber, welche beide unter den Begriff der Mehrherrschaft fallen. Denn, so gross auch die inneren Unterschiede von Aristokratie und Politie (im Sinne des heutigen Begriffes der Demokratie) sind, so haben doch beide unverkennbar das formale Merkmal gemeinsam, dass sie die Staatsgewalt in die Hand einer unter einem Kollektivbegriff zusammengefassten Personenmehrheit legen. Die formalen Momente aber sind es, welche der rechtlichen Einteilung der Staatsformen zu Grunde gelegt werden müssen. Die konsequente Anwendung des aristotelischen Einteilungsprinzipes kann nicht zur Dreiteilung, sondern nur zur Zweiteilung führen. Der erste Schriftsteller, der diese Notwendigkeit nicht nur empfunden, sondern auch in präziser Weise zum Ausdrucke gebracht hat, ist Machiavelli.[18] Er unterscheidet einfach zwischen monarchischen und nichtmonarchischen Staaten, indem er dem Prinzipate, der fürstlichen Herrschaft, als einzig mögliche weitere Staatsform die Republik, d. i. die Mehrherrschaft, gegenüberstellt.[19] Die Republik hat zwei Unterarten, die Aristokratie (stato d’otimati) und die Demokratie (stato popolare). Ebenso wie Aristoteles ergänzt Machiavelli diese Einteilung der Staatsformen noch durch den Hinweis auf deren Entartungen: die Tyrannis (stato tirannico), die Oligarchie (stato di pochi) und die Ochlokratie (stato licenzioso).

[136] IV. Die Zweiteilung Machiavellis ist die einzige Unterscheidung der Staatsformen, welche auf einer einfachen, der juristischen Betrachtung zugänglichen Einteilungsmethode beruht und somit jede Vermengung verschiedenartiger Einteilungsreihen, namentlich aber jedes Werturteil über die einzelnen Staatsformen vermeidet. So wertvoll daher in wissenschaftlicher Beziehung eine Betrachtung der Staaten nach anderen Gesichtspunkten, wie namentlich nach der von Richard Schmidt vorgeschlagenen Methode[20], ist, so empfiehlt es sich doch an dieser Stelle, bei jener Zweiteilung zu bleiben und erst in Unterordnung unter dieses Prinzip anderen Einteilungsgründen Rechnung zu tragen.[21] Dem Ausdrucke nach weiche ich hiebei indessen von den Anhängern der Zweiteilung[22] insofern ab, als ich der Monarchie nicht die „Republik“, sondern die „Pleonarchie“ gegenüberstelle.[23] Die im Anschlusse an Machiavelli in der staatsrechtlichen Literatur üblich gewordene Gleichstellung der Ausdrücke Republik und Mehrherrschaft entspricht m. E. nicht dem allgemeinen deutschen Sprachgebrauch. Der allgemeine Sprachgebrauch[24] versteht unter Republik schlechthin die „Volksherrschaft“ im Gegensatze zur „Einherrschaft“, zur „Monarchie“. Nun ist aber „Volksherrschaft“ nicht der einzige mögliche Gegensatz zur Monarchie. Vor allem ist die Aristokratie, die doch nach der Lehre Machiavelli’s und deren Anhänger unter die Republik zu subsumieren ist, nicht notwendig Volksherrschaft. Deckt sich der Kreis der „Aristokraten“ mit dem Kreise der Vollbürger, wie im alten Sparta, so mag man wohl einmal Aristokratie und Demokratie identifizieren, grundsätzlich aber sind diese beiden Herrschaftsformen nur Unterarten des Oberbegriffes „Mehrherrschaft“. Besonders deutlich wird die Notwendigkeit der begrifflichen Auseinanderhaltung von Republik und Mehrherrschaft bei der Betrachtung von Staatenverbindungen. Unter welche Herrschaftsform soll beispielsweise das Deutsche Reich subsumiert werden? Träger der Reichsgewalt ist die Gesamtheit der verbündeten deutschen Fürsten und der Senate der freien Städte. Sollen wir dieses Kollegium als δήμος und demgemäss das Deutsche Reich als Demokratie oder als Republik bezeichnen? Sollte es wirklich, wie Jellinek[25] annimmt, nur die „Scheu vor einem Worte“ sein, welche Zorn, Gareis, G. Meyer, Geffcken u. A. daran hindert, das Deutsche Reich nach dem Vorbilde Jellineks unter den Typus der Republik zu stellen? Ich schätze die Versuche, das Deutsche Reich als Pleonokratie oder als Aristokratie oder auch als Oligarchie zu erklären, höher ein. Es ist richtig: „Pleonokratie“ ist nichts anderes als „ein neues Wort für eine alte Sache“. Aber ist der Vorwurf so schlimm? Ist es nicht schlimmer, ein altes, früher zur Bezeichnung jedes staatlichen Gemeinwesens dienendes Wort, wie das Wort „Republik“, nun für eine neue Sache, nämlich zur Bezeichnung einer ganz bestimmten Unterart von Staatswesen zu benützen? Die Ausdrücke Pleonokratie und Pleonarchie geben nicht mehr aber auch nicht weniger als eine richtige, eindeutige Übersetzung des Ausdruckes Mehrherrschaft im Gegensatze zur Einherrschaft; der Ausdruck Republik dagegen wurde – selbst wenn wir von seiner ursprünglichen allgemeinen Bedeutung[26] absehen – auch noch von Machiavelli in mehrfachen Bedeutungen angewandt[27] und er dient nach dem heutigen Sprachgebrauch, dem sich auch der Jurist und Politiker m. E. nicht einfach entziehen kann, offensichtlich nicht zur Bezeichnung der Mehrherrschaft schlechthin, sondern nur zur Bezeichnung der Volksherrschaft.

[137] Daher soll im folgenden von der Einteilung der Herrschaftsformen in Einherrschaft und Mehrherrschaft ausgegangen werden;[28] in Unterordnung unter diese beiden Grundformen der Staatsverfassung wird eine weitere Unterscheidung in verschiedenerlei Unterformen stattfinden. Dabei ist allerdings stets im Auge zu behalten, dass die hier aus Zweckmässigkeitsgründen gewählte herkömmliche Unterscheidung der Staaten nach Zahl, Art und Stellung ihrer Herrschaftsorgane notwendigerweise etwas Unvollkommenes und Einseitiges an sich hat und der unter anderen Umständen sehr berechtigten Forderung nach der Darstellung von historischen „Staatscharakteren oder Staatsindividualitäten“[29] nicht zu genügen vermag.

Besonders deutlich tritt dieser Mangel hervor bei der Betrachtung der Staatenverbindungen, die so ausserordentlich grosse Verschiedenheiten zeigen und gleichwohl unter die beiden Herrschaftsformen der Einherrschaft und der Mehrherrschaft subsumiert werden müssen. Dabei sind die im folgenden aufgestellten Unterscheidungsmerkmale anzuwenden, politische Gesichtspunkte aber auszuschalten. Wir werden also das Deutsche Reich beispielsweise als Mehrherrschaft bezeichnen müssen, auch wenn wir überzeugt sind, dass das Wesen des Deutschen Reiches im stärksten Masse von dem monarchischen Prinzips beherrscht ist,[30] und wenngleich wir wissen, dass die Träger der Reichsgewalt in ihrer überwiegenden Mehrzahl die Eigenschaft von Monarchen haben.[31]

A. Die Einherrschaft.

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1. Das Wesen der Monarchie.

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Die Monarchie oder Einherrschaft ist diejenige Herrschaftsform, bei welcher die Staatsgewalt einer einzelnen physischen Person[32] zusteht, deren Willen sich dem Rechte nach als der höchste vom Staate ausgehende Wille darstellt. Unwesentlich ist dabei, ob die dem Monarchen zustehende Herrschaftsbefugnis auf eigenem Rechte des Monarchen beruht oder von einem Dritten abgeleitet ist.[33] Unwesentlich ist auch, ob der Staat mit anderen Staaten verbunden, ob er einem anderen Staate untergeordnet ist oder ob er sich im Besitze der Souveränität befindet. Das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses schränkt zwar den Staatswillen des Unterstaates als solchen ein, lässt aber die Tatsache unberührt, dass der Staatswillen sich in der Monarchie mit dem Herrscherwillen deckt und dass sich somit der Herrscherwille als der höchste vom Staate selbst ausgehende Willen darstellt. Ebenso wie die von Napoleon I. geschaffenen Könige von Westfalen, von Holland, von Neapel usw. zweifellos die Eigenschaft von Monarchen hatten, obwohl ihnen kein eigenes Recht auf ihre Stellung zustand, ebenso sind auch die Landesherren der deutschen Einzelstaaten stets als Monarchen angesehen worden, obwohl das Fehlen der Souveränität mit Recht geradezu als „die historische Eigenart des deutschen Einzelstaates“[34] bezeichnet wird.

[138] Die Tatsache, dass der Monarch es ist, dem – unbeschadet der tatsächlichen Machtverteilung[35] und unbeschadet der ihn rechtlich beschränkenden Zuständigkeiten anderer Staatsorgane – in der Einherrschaft die höchste rechtliche Macht zusteht, äussert sich namentlich in der Geltung folgender Grundsätze:

Der Monarch ist das Oberhaupt des Staates und vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt, er ist der Ausgangspunkt aller staatlichen Funktionen, er ist – und zwar auch im konstitutionellen Staat – der Träger der Gesetzgebung, der Träger der Verwaltung und der Träger der Rechtsprechung. Daran hat auch die vielgeschmähte Gewaltenteilung, so wie sie ihrem wahren Wesen gemäss in den einzelstaatlichen Verfassungen Deutschlands verwirklicht worden ist, nichts geändert.[36] Auf dem Gebiete der Gesetzgebung zeigt sich die höchste Gewalt des Monarchen namentlich darin, dass – soferne er nicht überhaupt das einzige und unbeschränkte Gesetzgebungsorgan ist – ohne seine Zustimmung kein Rechtssatz erlassen, abgeändert, authentisch interpretiert oder aufgehoben werden kann. Der Monarch erteilt den Gesetzesbefehl: „Ita lex esto“, er ist – auch im konstitutionellen Staate – der Gesetzgeber. Auf dem Gebiete der Exekutive äussert sich das absolute Übergewicht der organischen Stellung des Monarchen im Staate insbesondere darin, dass in seiner Hand alle Fäden der Verwaltung zusammenlaufen: Er leitet den Vollzug der Gesetze, er ernennt und entlässt die übrigen Staatsorgane, er erteilt den Beamten und Behörden des Staates ihren Amtsauftrag, er verwaltet die Machtmittel des Staates, er erlässt die Kriegserklärung und befiehlt den Friedensschluss. Auf dem Gebiete der Rechtsprechung tritt die höchste Gewalt des Monarchen vor allem dadurch zutage, dass die Urteilsfällung im Namen des Monarchen und durch vom Monarchen angestellte oder berufene Richter erfolgt. Am deutlichsten äussert sie sich selbstverständlich im absoluten Staat, wo der Monarch grundsätzlich als oberster Richter funktioniert und wo das Eingreifen der Kabinettsjustiz in die Rechtsprechung eine gesetzmässige Massnahme ist. Sie ist aber auch im konstitutionellen Staate insolange gegeben, als die vorgenannten Tatsachen zutreffen.

Wo die geschilderte Vereinigung aller Gewalten in der Hand des Staatsoberhauptes dem Rechte nach nicht mehr besteht, wo also beispielsweise, wie nach der französischen Verfassung vom 3. September 1791, die verfassungsändernden Beschlüsse der gesetzgebenden Körperschaft der Sanktion des Herrschers entrückt sind, da ist rechtlich und tatsächlich keine Einherrschaft, sondern eine Mehrherrschaft vorhanden.[37] Im übrigen sind natürlich mancherlei kleine Abweichungen von dem Normalfall möglich, ohne den Typus der Monarchie als solchen zu vernichten. Hierher gehören namentlich die verfassungsmässigen Einschränkungen des Alleinherrschers auf dem Gebiete der Exekutive, wie z. B. das Erfordernis der ministeriellen Gegenzeichnung, Vorschlagsrecht des Parlaments bei gewissen Beamtenernennungen, Beschränkungen des landesherrlichen Organisationsrechts durch die budgetrechtlichen Befugnisse der Volksvertretung u. s. w., sofern sie nur die den Staat in Bewegung setzende und in Bewegung erhaltende Tätigkeit des Monarchen nicht für einzelne Gebiete des staatlichen Willens völlig ausser Funktion setzen.

Neben den obengenannten Merkmalen der Einherrschaft wird vielfach auch die Lebenslänglichkeit der Monarchenwürde als ein Essentiale der Monarchie bezeichnet. Mit Unrecht! Gibt schon der Begriff der Einherrschaft, als Gegensatz zur Mehrherrschaft verstanden, keinerlei Anhalt zu einer derartigen Forderung, so bietet auch das tatsächliche Leben der Staaten keinen Anlass, die Lebenslänglichkeit der Monarchenstellung als ein [139] Merkmal der Monarchie anzusehen.[38] Thronverzicht und Thronentsetzung sind als Rechtseinrichtungen der Monarchie weder begrifflich noch tatsächlich unmöglich. Ebenso ist es nicht nur theoretisch denkbar, sondern auch praktisch durchführbar, dass der Herrscher für einen bestimmten Fall, wie z. B. das Besteigen eines fremden Thrones, verfassungsmässig seiner Krone verlustig geht. Derartige Bestimmungen finden sich beispielsweise in der Verfassung von Sachsen-Coburg-Gotha vom 3. V. 1852 § 9[39] und in dem bad. Hausgesetz vom 4. X. 1817[40] – ein Beweis, dass die Lebenslänglichkeit der Monarchenstellung nicht als ein notwendiges Merkmal der monarchischen Verfassung angesehen werden kann.

Anders steht es mit der Verantwortlichkeit. Verantwortlichkeit bedeutet Unterwerfung unter das Urteil einer anderen Gewalt, ist also auf Seiten des Trägers der höchsten Gewalt etwas begrifflich Unmögliches. Wenn im Mittelalter gleichwohl unter dem Eindrucke der verschiedenartigsten Theorien und namentlich der dem Staatsgedanken ja schon an sich widersprechenden lehensrechtlichen Anschauungen jahrhundertelang von einer Verantwortlichkeit der Souveräne gesprochen wurde, so konnte doch diese Verantwortlichkeit tatsächlich nicht in den Formen des Rechts, sondern nur auf dem Wege der Gewalt in Anspruch genommen werden und verliert so den Charakter der Rechtseinrichtung.[41] Wir sind also trotz der entgegenstehenden Rechtsauffassung des Mittelalters berechtigt, die Unverantwortlichkeit des Monarchen, so wie sie auch schon im alten Griechenland und im alten Rom anerkannt war, als ein Essentiale der Einherrschaft zu bezeichnen.

2. Die Arten der Monarchie.

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Ebenso wie für die Unterscheidung der Grundformen der staatlichen Herrschaft besteht auch für die Unterscheidung ihrer Unterarten eine unübersehbare Menge von Unterscheidungsmöglichkeiten und Unterscheidungsmassstäben. Die Einteilungsgründe sind je nach dem Interesse des Betrachters bald geschichtlicher, bald philosophischer, bald theologischer, bald naturwissenschaftlicher, bald politischer, bald juristischer Natur – am seltensten das letztere.[42] Vielfach gehen sie systemlos durcheinander. Bestimmte Einteilungsgründe lassen sich nur für die Unterscheidung der verschiedenen Unterarten der Monarchie, andere nur bei der Unterscheidung der einzelnen Unterformen der Mehrherrschaft, einzelne lassen sich sowohl hier wie dort verwenden.

Den wichtigsten Einteilungsprinzipien folgend kommen wir zu folgenden Unterscheidungen:[43]

a) Wahlmonarchie und Erbmonarchie.

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Der Gegensatz, der zu dieser Unterscheidung führt, ist die Verschiedenartigkeit der Berufung des Monarchen zu seiner Herrscherstellung.

In der Erbmonarchie bestimmt sich die Berufung zum Throne nach der Verwandtschaft mit dem Vorgänger in der Herrschaft nach Massgabe der Thronfolgeordnung. Die Erblichkeit der monarchischen Würde geht auf Jahrtausende zurück und findet sich unter den primitivsten wie unter den höchstentwickelten Völkern.[44] Die Thronfolgeordnung beruht [140] heute in den meisten Staaten auf dem Systeme der agnatischen Primogeniturordnung unter Ausschluss oder doch nur subsidiärer Zulassung der kognatischen Verwandtschaft. Zuweilen wird diese Erbfolgeordnung durch Erbverbrüderungen, Adoption oder Berufung einer neuen Dynastie mittels Gesetzes oder freier Verfügung des letzten Throninhabers ergänzt.[45]

In der Wahlmonarchie wird der Thronfolger von Fall zu Fall durch Wahl bestimmt. Der Kreis der Wahlberechtigten kann verschieden gezogen sein, wesentlich ist nur, dass sich die Organtätigkeit der Wähler mit dem Wahlakt erschöpft und dass die Wähler nicht etwa als dem Monarchen übergeordnet erscheinen.[46] Nicht selten – so namentlich in der ältesten Zeit des griechischen und des germanischen Königtums und im Mittelalter – findet sich eine eigenartige Kombination von Erbrecht und Wahl, insoferne als der Thronfolger aus einem bestimmten Geschlechte, in welchem die monarchische Würde erblich ist, gewählt werden muss.[47] Unter den modernen Kulturstaaten kommt die Wahlmonarchie heute nicht mehr vor; dagegen findet sich die Königswahl noch bei primitiven Völkern.[48] Etwas anderes ist die Einsetzung einer neuen Dynastie, die auch noch in der neueren und neuesten Zeit (so in Belgien, Bulgarien, Serbien, Norwegen) mehrfach im Wege der Wahl durch die Volksvertretung erfolgt ist.

b) Unbeschränkte und beschränkte Monarchie.

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Die Unterscheidung dieser beiden Arten der Monarchie geht zurück auf die Verschiedenheit des Umfanges der monarchischen Befugnisse und ist von grundlegender Bedeutung.

α) Die unbeschränkte Monarchie.[49]
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Eine absolute oder unbeschränkte Monarchie ist ein Staat, in welchem der Monarch die gesamte Staatsgewalt unmittelbar in sich vereinigt, in welchem er das einzige Staatsorgan ist, dessen Willensäusserungen „in gewissen Grenzen unmittelbar als Aeusserungen des Staatswillens selbst gelten“, während alle übrigen Staatsorgane nur Organe seines Willens und nur mit der Ausführung seiner Befehle betraut sind.[50] Da der absolute Monarch in der Ausübung seiner staatlichen Funktionen nirgends an die Mitwirkung anderer Staatsorgane gebunden und in der selbständigen Handhabung aller Rechte der Staatsgewalt durch kein Gesetz beschränkt ist, so ist die absolute Monarchie in ihrer ursprünglichen Gestalt verfassungslos. Indessen kann auch der absolute Herrscher unbeschadet des rechtlichen Charakters seiner Herrschaft die Ausübung der Herrschaftsgewalt in gewisse rechtliche Formen kleiden und an die Nichteinhaltung dieser Formen die Folge der Unwirksamkeit bestimmter Staatsakte knüpfen, sofern er sich nur vorbehält, diese Formen jederzeit ohne Zustimmung irgendwelcher anderer Faktoren aus eigener Machtvollkommenheit wieder aufzuheben oder abzuändern.[51] Diesen Vorgang beobachten wir vor allem in der Zeit des aufgeklärten Absolutismus, [141] wo trotz der Einsetzung einer geordneten Zivil- und Strafrechtspflege nach wie vor der Grundsatz Geltung behielt, dass der Landesherr in die Tätigkeit seiner Gerichts- und Verwaltungsbehörden jederzeit persönlich eingreifen könne.[52]

ß) Die beschränkte Monarchie.
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Eine beschränkte Monarchie liegt überall da vor, wo der monarchische Träger der Staatsgewalt bei der Ausübung der in der Staatsgewalt gelegenen Befugnisse nicht ausschliesslich seinen eigenen Willen entscheiden lassen kann. In welcher Weise sein Willen beschränkt ist – ob lediglich durch gewisse rechtliche Voraussetzungen und Formen der staatlichen Willensbildung, an deren Einhaltung sich der Monarch seinem Volke oder anderen Mächten gegenüber unwiderruflich gebunden hat, oder durch die rechtliche Notwendigkeit der Beiziehung irgendwelcher anderer Organe bei der Bildung des Staatswillens –, ist für die beschränkte Monarchie begrifflich gleichgültig, hat aber bestimmende Bedeutung für die Unterscheidung der Unterformen der beschränkten Monarchie.

Es wird sich kaum entscheiden lassen, ob die absolute oder die beschränkte Monarchie das zeitlich frühere ist. Tatsächliche, wenn auch vielleicht nicht rechtliche, Beschränkungen des Alleinherrschers kennt jedenfalls schon das älteste uns bekannte Königtum der Aegypter.[53] Für das athenische Königtum ergibt sich das Vorhandensein bestimmter rechtlicher Einschränkungen des Monarchen schon aus dem jenes beherrschenden Gedanken der Volkssouveränität.[54] Auch das Kaisertum des Augustus und seiner Nachfolger ist ursprünglich jedenfalls keine unumschränkte Monarchie.[55] Ebenso wissen wir von den Germanen aus der Zeit des Tacitus und später, dass die Macht ihrer Könige keineswegs eine unbeschränkte war,[56] dass vielmehr gerade in den Anfängen des Königtums eine tätige Anteilnahme des Volks bei entscheidenden Staatsakten besteht.[57]

αα) Die ständische Monarchie.[58]
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Die älteste, deutlich ausgeprägte Unterform der beschränkten Monarchie ist die ständische. Sie ging hervor aus dem Lehnsstaate und hat zum Kennzeichen das Vorhandensein bestimmter, körperschaftlich zusammengeschlossener Geburts- oder Berufsstände, deren Zustimmung der Landesherr zu zahlreichen wichtigen Regierungsmassnahmen, namentlich zur Steuererhebung und vielfach auch zur Gesetzgebung, bedurfte. Die Gliederung und Zusammensetzung, sowie die Befugnisse jener Stände – in der Regel Ritterschaft, Geistlichkeit, Städte (Bürgerstand) und zuweilen auch Bauernstand – waren in den verschiedenen Staaten und zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden.[59] Ihr wesentlichstes Recht, worauf die meisten ihrer sonstigen Befugnisse zurückgingen, war das Steuerbewilligungsrecht. Dieses aber erklärte sich aus der privatrechtlichen Staatsauffassung, welche dem Landesherrn nur die durch einen ausdrücklichen Erwerbstitel nachgewiesenen Hoheitsrechte zugestand und demnach namentlich auch die Steuererhebung von einer vorherigen Vereinbarung des Landesherrn mit den leistungsfähigen Kreisen des Staates abhängig machte. Wesentlich ist für die alten Landstände, dass sie ursprünglich lediglich als die privatrechtlichen Vertreter [142] der Interessen ihrer Standesangehörigen gegenüber dem Landesherrn erschienen. Ihre Beziehungen zum Fürsten bewegten sich auch nicht in den Formen des Verkehrs von Staatsorgan zu Staatsorgan, sondern in der Form des Vertrages gleichberechtigter Kontrahenten. Vielfach beschränkte sich ihre Tätigkeit nicht nur auf die Steuerbewilligung und die Zustimmung zum Erlasse von Gesetzen, sondern nahm geradezu den Charakter der Mitregierung – namentlich auf dem Gebiete der Finanzverwaltung – an und schuf so einen der Entwicklung des Staatsgedankens höchst schädlichen Dualismus. Erst in den letzten Zeiten des ständischen Wesens zeigten sich Ansätze einer Wandlung der Stände zu Staatsorganen.[60]

Zu der Kategorie der ständischen Monarchie gehören beinahe sämtliche christlich-germanische Staaten des Mittelalters, namentlich das alte Deutsche Reich, sodann Frankreich, Spanien, Portugal, die italienischen Monarchien, Schweden, Dänemark, Ungarn u. a. Im Deutschen Reiche war die Entwicklung die, dass der vom Könige ursprünglich nur anlässlich der Hoftage eingeholte Beirat der Fürsten sich allmählich zu der Einrichtung des Reichstags verdichtete, während andererseits in den Territorien des Reiches die anfänglich nur auf den Hoftagen mit den „meliores et majores terrae“ gepflogenen Beratungen der Landesangelegenheiten allmählich zu regelmässig zusammentretenden Landtagen wurden.[61] Die Institution des deutschen Reichstags erhielt sich dem Namen nach bis zur Auflösung des alten deutschen Reichs; die einzelstaatlichen Landstände dagegen wurden der Mehrzahl nach im Verlaufe des 17. und 18. Jahrhunderts beseitigt; nur in einigen wenigen deutschen Staaten, wie Württemberg, Baden und Hessen, brachte erst die mit der Reichsauflösung gewonnene formelle unumschränkte Machtvollkommenheit der vormaligen Territorialherren die Aufhebung der längst missliebig gewordenen Stände.[62] In Mecklenburg haben sie sogar das Inslebentreten des neuen Deutschen Reichs überdauert. Die Beseitigung der Landstände machte die deutschen Monarchien vorübergehend zu absolut regierten Staaten.

ββ) Die konstitutionelle Monarchie.
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Die eigentliche Grundlage der konstitutionellen Monarchie ist der Staat des aufgeklärten Absolutismus, jedoch leben auch heute noch manche altlandständische Erinnerungen in der konstitutionellen Monarchie fort.[63] Mit der absoluten Monarchie hat der monarchische Konstitutionalismus vor allem das Eine gemeinsam, dass hier wie dort alle Staatsgewalt in der Hand des Herrschers vereinigt ist, der der praesumptive, originäre Träger aller aus dem Wesen des Staates sich ergebenden, in der Staatsgewalt begrifflich vereinigten Zuständigkeiten ist.

Ihre deutlichste Ausprägung hat die konstitutionelle Monarchie in den monarchischen deutschen Einzelstaaten gefunden, so dass man sie geradezu als die spezifisch deutsche (so Bornhak, A. St. L. S. 34) oder auch preussisch deutsche Staatsform (so Hintze S. 381) bezeichnet hat und dass man jedenfalls berechtigt ist, ihre Wesensmerkmale in den einzelstaatlichen deutschen Verfassungsurkunden aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu suchen.

[143] Den urkundlichen Ausgangspunkt für die Einführung des monarchisch-konstitutionellen Systems in Deutschland bilden der vielgenannte Artikel 13 der deutschen Bundesakte von 1815: „In allen Bundes-Staaten wird eine landesständische Verfassung stattfinden“ und der Artikel 57 der Wiener Schlussakte, der folgendermassen lautet: „Da der deutsche Bund mit Ausnahme der freien Städte, aus souverainen Fürsten besteht, so muss, dem hierdurch gegebenen Grundbegriffe zufolge, die gesamte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt bleiben, und der Souverain kann durch eine landesständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden.“[64] Der in diesen Bestimmungen zum Ausdruck gebrachte Grundsatz fand nahezu in allen deutschen Verfassungsurkunden Eingang, wobei die meisten Einzelstaaten sich beinahe wörtlich dem in Tit. 2 § 1 der bayrischen Verfassung gegebenen Vorbilde anschlossen: „Der König ist das Oberhaupt des Staates, vereiniget in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unter den von ihm gegebenen in der gegenwärtigen Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus.“[65]

Der juristisch und politisch relevante Inhalt der in jenen Verfassungsbestimmungen aufgestellten Formulierung des monarchischen Konstitutionalismus liegt in dem Grundsatze, dass der Herrscher der originäre und praesumptive Träger aller in der Staatsgewalt enthaltenen Befugnisse ist, dass er aber bei der Ausübung dieser Befugnisse an die Befolgung der, jeder einseitigen Abänderung entzogenen, Verfassungsurkunde gebunden ist. Aus dieser Bindung des Monarchen an die Konstitution – mag die letztere nun oktroyiert oder mit den Vertretern des Volkes vereinbart sein – ergeben sich eine grosse Zahl sehr wichtiger Beschränkungen der landesherrlichen Machtvollkommenheit auf allen Gebieten der Staatstätigkeit. Die grösste Beschränkung liegt darin, dass der Landesherr eine Reihe der bedeutsamsten Staatsakte nicht mehr allein und selbständig, sondern nur unter der gesetzlich geregelten Mitwirkung bestimmter anderer Staatsorgane rechtswirksam vornehmen kann. Diese Organe sind: die Volksvertretung, die verantwortlichen Minister und die übrigen Staatsbehörden. Der Zustimmung der Volksvertretung bedarf der Herrscher namentlich auf dem Gebiete der Gesetzgebung (im Sinne der Schaffung von Rechtssätzen) vorbehaltlich bestimmter, ihm ausdrücklich belassener Rechtsverordnungsbefugnisse, ferner auf dem Gebiete der Verwaltung, insoweit bestimmte Verwaltungsakte (wie z. B. regelmässig die Etatsaufstellung) ausdrücklich an die Zustimmung der Volksvertretung gebunden sind.[66] – Die Mitwirkung der Minister, bezw. des zuständigen Ressortministers, ist schlechthin für alle Regierungshandlungen des Monarchen erforderlich, gleichgültig auf welchen Gebieten dieselben gelegen sein mögen; eine Ausnahme gilt in der Regel nur für die Massnahmen der Kommandogewalt.[67] Die ministerielle Mitwirkung, an welche sich die Folge der Verantwortlichkeit des zuständigen Ressortministers oder des Ministerpräsidenten gegenüber der Volksvertretung knüpft, ist regelmässig in die Form der Gegenzeichnung gekleidet. Sie kann sich aber mitunter auch in einem mehr oder minder passiven Verhalten des zuständigen Ministers äussern, indem sich der betreffende Minister bei etwaigen, in sein Ressort einschlägigen Handlungen der Krone einfach schweigend verhält und somit stillschweigend die [144] ihm hierfür obliegende Verantwortlichkeit übernimmt.[68] – Auf die Tätigkeit der übrigen Staatsbehörden ist der Monarch in allen denjenigen Fällen angewiesen, für welche gesetzmässige Zuständigkeitsbestimmungen und geordnete Verfahrensvorschriften bestehen. Hierher gehören namentlich alle Angelegenheiten der Rechtsprechung,[69] sowie – was vielfach nicht genügend betont wird – beinahe sämtliche Angelegenheiten der Verwaltung, und selbstverständlich alle, dem Landesherrn nicht ausdrücklich zugewiesenen Angelegenheiten der Rechtssetzung.

Das natürliche Korrelat der originären, nur in einzelnen bestimmten Richtungen eingeschränkten Machtstellung des Landesherrn ist die Beschränkung der Volksvertretung auf die ihr speziell übertragenen Zuständigkeiten. Die Vermutung der Zuständigkeit spricht im Zweifelsfall für den Monarchen und gegen das Parlament.[70] Die juristische Formulierung dieses Grundsatzes kommt besonders in der Mehrzahl der süddeutschen Verfassungen zum präzisen Ausdruck; so z.B. in der hessischen Verf., Art. 66, welche bestimmt: „Die Stände sind nur befugt, sich mit denjenigen Gegenständen zu beschäftigen, welche die nachfolgenden Artikel zu ihrem Wirkungskreis verweisen.“ Andere Verfassungen, wie die württembergische (§ 124), die Kgl. sächsische (§ 84 ff.) und die preussische (Art. 62 ff.) begnügen sich damit, dieses Prinzip durch kasuistische Aufzählung aller Einzelzuständigkeiten der Volksvertretung zur Geltung zu bringen. Dabei ist aber noch besonders auf die Tatsache hinzuweisen, dass in den meisten monarchisch-konstitutionellen Staaten die Parlamente ihre Tätigkeit grundsätzlich nur mit Genehmigung des Monarchen beginnen dürfen und dass sie niemals in der Art selbständig handelnder Staatsorgane irgendwelche die Staatsbewohner oder die Staatsbehörden verpflichtenden Beschlüsse fassen können. Sie sind, soweit auch ihre Zuständigkeiten gehen mögen, in bezug auf Beginn, Fortführung und Beendigung ihrer Funktionen von dem nur durch die Verfassung gebundenen Willen des Herrschers beschränkt. – Die wesentlichste Kompetenz unserer deutschen Parlamente ist, wie schon erwähnt, ihre bestimmende Mitwirkung bei dem Zustandekommen von Gesetzen. Wenn auch der Satz feststeht, dass nur der Monarch es ist, der den Gesetzesbefehl erteilt, so haben doch die deutschen Volksvertretungen regelmässig (wenngleich nicht von Anbeginn an) ebenso wie der Landesherr das Recht der Gesetzesinitiative und von jeher das Recht der Mitwirkung bei der Feststellung des Gesetzesinhaltes, und sie können, ebenso wie er, jeden Gesetzentwurf durch ihr Veto zu Fall bringen. Auf dem Gebiete der Verwaltung sind es namentlich die budgetrechtlichen Befugnisse der Parlamente, welche diesen einen ausserordentlich starken Einfluss auf die Krone geben. Von besonderer Bedeutung sind jene Befugnisse in denjenigen Staaten, welche – wie z. B. Preussen – ihr Budgetrecht nach dem Muster des französisch-belgischen, auf dem Boden der Volkssouveränität entstandenen Etatsrecht gestalteten und dadurch den Boden des monarchischen Prinzips unbewusst verliessen, während die übrigen Staaten – so besonders die süddeutschen – auf der Grundlage des altständischen Steuerbewilligungsrechts weiterbauten.[71] Zu diesen Kompetenzen kommt noch die den deutschen Parlamenten überall zustehende Kontrolle der Staatsverwaltung. Sie äussert sich namentlich in der Befugnis zur [145] Prüfung der staatlichen Rechnungsnachweisungen, in dem Rechte zur Entgegennahme, Prüfung und Weitergabe von Petitionen an die Regierung, in der Vorbringung von Wünschen, Vorstellungen und Beschwerden bei dem Landesherrn, in dem Interpellationsrecht und in der Inanspruchnahme der Ministerverantwortlichkeit .

γγ) Die parlamentarische Monarchie.
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Man kann mit Fug und Recht darüber zweifelhaft sein, ob es möglich ist, die parlamentarische Monarchie streng juristisch zu erfassen. Gleichwohl soll versucht werden, ihre Darstellung wenigstens äusserlich von der der konstitutionellen Monarchie zu trennen und die Momente hervorzuheben, welche zu einer brauchbaren Unterscheidung zu führen scheinen.

Was die parlamentarische Monarchie mit der konstitutionellen Monarchie und überhaupt mit jeder Einherrschaft gemein hat, ist das Vorhandensein eines Staatsoberhauptes, dessen Wille als der rechtlich höchste im Staate gilt und von keinem anderen Willen abgeleitet ist.[72] Solange es von rechtswegen der Wille des Staatsoberhauptes ist, der den Staat, d. h. die übrigen Staatsorgane, in Tätigkeit setzt und erhält, der das Kabinett und die Beamten ernennt und absetzt, und ihre Funktionen bestimmt, der die Gesetzgebungsmaschine in Gang bringt oder still stehen lässt – solange ein Staatsoberhaupt da ist, das alle diese Fähigkeiten in sich allein vereinigt und das jeder Veränderung dieser verfassungsmässigen Ordnung des Staates sein absolutes Veto entgegensetzen kann,[73] – so lange ist die monarchische Herrschaftsform gewahrt. Das, was die parlamentarische Monarchie von der konstitutionellen Monarchie unterscheidet, ist also nicht eine grundsätzliche Verschiedenheit in der rechtlichen Stellung des Monarchen, sondern eine grundsätzliche Verschiedenheit in bezug auf die tatsächliche Machtstellung des Parlaments: Ueberall, wo das Parlament einen so starken Einfluss auf den Monarchen besitzt und ausübt, dass trotz der grundsätzlichen Wahrung der vorgenannten rechtlichen Befugnisse des Monarchen das Schwergewicht der Staatsgewalt nicht bei ihm, sondern beim Parlamente ruht, besteht in Wahrheit das Regierungssystem der parlamentarischen Monarchie. Der englische Parlamentarismus, der mit Recht als der Prototyp des monarchischen Parlamentarismus überhaupt angesehen wird, fordert nicht mehr und nicht weniger als „eine Regierung des Volkshauses der Legislative durch einen Ausschuss des Parlaments im Namen des Monarchen“.[74] Gegenüber dieser Forderung erhebt sich natürlich sofort die Frage: „Wie lässt sich eine solche Parlamentsregierung mit dem Wesen der Monarchie vereinigen?“ Die Antwort gibt uns die Praxis des englischen Parlamentarismus: In England hat sich in langer geschichtlicher Entwicklung, seit der Revolution von 1688,[75] die ungeschriebene Regel herausgebildet, dass das Kabinett des Königs durchweg aus Mitgliedern der beiden Häuser des Parlaments bestehen muss, welche auf demselben politischen Standpunkt wie die Majorität des Unterhauses stehen. Jeder Wechsel der Majorität des Unterhauses hat also notwendigerweise einen Wechsel des Kabinetts zur Folge, wobei dem König hinsichtlich der Auswahl der in das Kabinett zu berufenden Personen naturgemäss recht enge Grenzen gesteckt sind. Immerhin ist es der König, der die Kabinettsmitglieder ernennt und in dessen Auftrag die Minister tätig werden. Die reale Grundlage der machtvollen Stellung des englischen Kabinetts ist die Übereinstimmung seines (des Kabinetts) Willens mit dem Parlamentswillen – die rechtliche Grundlage seiner Stellung aber ist die Berufung durch den König. Und ebenso wie das Kabinett nur mit Erlaubnis des Königs seine Regierungstätigkeit entfalten kann, so ist auch das Parlament hinsichtlich des Beginnes, der Fortsetzung und der Beendigung seiner Funktionen von dem Willen des Königs abhängig. Obgleich es also Tatsache ist, dass der König von dem ihm zustehenden Vetorecht gegenüber [146] den vom Parlamente beschlossenen Gesetzen seit fast zweihundert Jahren niemals Gebrauch gemacht, vielmehr stets die zum Inkrafttreten erforderliche Sanktion erteilt hat; obgleich es in Wahrheit das Parlament ist, welches die Besetzung des Kabinetts bestimmt, und obgleich es richtig ist, dass in Wirklichkeit nicht der König, sondern das Kabinett die Beamtenernennung und viele andere königlichen Prärogative in der Hand hat,[76] so kann doch, solange der König überall der Ausgangspunkt aller staatlichen Funktionen bleibt, in dem parlamentarischen Regierungssystem keineswegs das Ende der monarchischen Herrschaftsform erblickt werden.[77]

Ähnlich wie England tragen noch eine Reihe anderer europäischer Staaten den Charakter parlamentarischer Monarchien, so namentlich Belgien, Griechenland, Italien und Spanien.[78] Im einzelnen zeigen die Verfassungen dieser Staaten natürlich grosse Verschiedenheiten. Sie lehren uns, dass unter dem Zeichen der monarchischen Herrschaftsform eine unendliche Mannigfaltigkeit der Unterformen besteht, und dass selbst die verfassungsmässige Anerkennung der Volkssouveränität, wie sie z. B. in Belgien erfolgt ist,[79] sich noch mit dem Wesen der Monarchie vereinbaren lässt.

Dass in manchen Fällen der Politiker einen Staat unter einer anderen Kategorie einstellen wird als der Jurist, wird sich bei der häufig bestehenden Divergenz der konkreten Machtverhältnisse und der verfassungsrechtlichen Lage der Dinge allerdings niemals vermeiden lassen. –

B) Die Mehrherrschaft.

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1. Das Wesen der Mehrherrschaft.

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Mehrherrschaft, Pleonarchie oder Pleonokratie ist diejenige Herrschaftsform, bei welcher die Staatsgewalt nicht einer einzelnen, sondern einer Mehrzahl von physischen Personen zusteht. Wie gross diese Zahl ist, ob sie zwei oder drei Individuen, ein halbes Dutzend oder mehrere Dutzende von Personen oder die Gesamtheit aller Staatsbürger umfasst, ist dabei begrifflich gleichgültig. Gleichgültig ist auch, auf welche Weise diese Personen zur Herrschaft berufen werden, ob sie die Herrschaft mittelbar oder unmittelbar, durch einen oder durch mehrere Vertreter ausüben, ob sie bestimmten Bevölkerungskreisen angehören müssen, ob sie eine bestimmte Qualifikation nachzuweisen haben oder ob dies nicht der Fall ist. Wesentlich ist dagegen, dass die Bildung des höchsten staatlichen Willens in der Mehrherrschaft – anders wie in der Einherrschaft – niemals durch einen bloss natürlichen psychologischen Vorgang, sondern stets durch einen künstlichen juristischen Prozess, nämlich durch das verfassungsmässige Zusammenwirken verschiedener Einzelwillen, zustande kommt.[80]

2. Arten der Mehrherrschaft.

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Je nach der Zahl, Stellung und Beschaffenheit der höchsten Träger der Staatsgewalt und ihrer berufenen Vertreter unterscheiden wir bei der Mehrherrschaft eine Reihe von Unterformen, von welchen hier folgende hervorgehoben werden:

a) Die Aristokratie oder „aristokratische Republik“.[81])

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Die aristokratische Herrschaftsform besteht darin, dass die Staatsgewalt nicht einem Einzelnen und nicht der Volksgesamtheit, sondern einer grösseren oder kleineren Zahl [147] bevorzugter physischer oder juristischer Personen zusteht.[82] Auf Grund welcher Eigenschaften diese Personen als Träger der Staatsgewalt berufen erscheinen, ist begrifflich gleichgültig. Naturgemäss wird es stets irgend ein tatsächlicher oder eingebildeter Vorzug sein, der einer bestimmten Personenkategorie zur Herrschaft über die anderen verhilft. Die Hauptrolle spielt hierbei, abgesehen von der Berufung auf einen besonderen göttlichen Auftrag (Theokratie), die Zugehörigkeit zu bestimmten Familien (Geschlechteraristokratie, Adelsaristokratie[83]) oder zu bestimmten Berufskreisen (Militäraristokratie, Priesteraristokratie, Aristokratie der grossen Landesherren, Herrschaft der Zünfte), oder der Besitz eines grossen Vermögens (Geldaristokratie, Plutokratie, Timokratie) oder auch der Besitz besonderer Bildung. Endlich kann auch einfach die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse für die Berufung zur Herrschaft entscheidend sein; in diesem Falle fallen allerdings, soferne überhaupt nur die Angehörigen eben dieser bestimmten Rasse zum Staatsvolke gehören, Aristokratie und Demokratie tatsächlich zusammen.[84] In der Regel ist in der Aristokratie ein Aufsteigen aus der Klasse der Beherrschten in die Klasse der Herrschenden rechtlich unmöglich oder doch tatsächlich sehr schwierig; zumeist gründet sich die Zugehörigkeit zu der herrschenden Klasse auf die Abstammung, in dem Sinne, dass „die jeweiligen Häupter einer durch Vererbung des Vorrechts abgeschlossenen Gruppe von bevorrechtigten Geschlechtern die oberste Gewalt besitzen“.[85] Im einzelnen können die Aristokratien, ebenso wie alle anderen Arten von Mehrherrschaften sehr verschiedenartig organisiert sein. Die wichtigste Unterscheidung ist die in unmittelbare und mittelbare Aristokratien, je nachdem die der Gesamtheit der Bevorrechteten zustehende Staatsherrschaft von jener Gesamtheit selbst oder nur von einem oder mehreren Vertretern jener Gesamtheit ausgeübt wird. Der oder die Vertreter der herrschenden Klasse werden in der Regel von der Gesamtheit der Bevorrechtigten auf bestimmte Dauer oder auf Lebenszeit gewählt. Das Wesen der Aristokratie gestattet vielerlei Unterformen, die die Aristokratie bald der Monarchie bald der Demokratie nahe bringen. Heute ist die Aristokratie – wenn wir von den einer Schablonisierung widerstrebenden individuellen Herrschaftsformen der zusammengesetzten Staaten, wie des Deutschen Reichs, absehen, – nahezu verschwunden. Als historische Staatsindividualitäten,[86] durch deren Betrachtung wir rückschauend ein Bild von der Mannigfaltigkeit der aristokratischen Herrschaftsform gewinnen können, möchte ich besonders anführen: Die Polis der Spartiaten; die griechischen Seestädte;[87] Athen bis etwa zum Jahre 600; Karthago; die altrömische Republik mit ihrer Patrizierherrschaft; die Kastenherrschaft in Indien; Venedig und Genua.[88] Eine Abart der Aristokratie ist die Oligarchie. Sie erscheint, insofern der herrschenden Minderheit die den Trägern der Staatsgewalt in der Aristokratie sonst beigemessenen Vorzüge fehlen, als „Entartung“ dieser Herrschaftsform. Der Ausdruck Oligarchie wird aber, so mit Bezug auf das Deutsche Reich, häufig auch einfach im etymologischen Sinn gebraucht (vgl. oben S. 136).

b) Die Demokratie oder „demokratische Republik“.

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Die „Demokratie“ oder „demokratische Republik“ ist diejenige Unterform der Mehrherrschaft, bei der die Staatsgewalt der Gesamtheit der Staatsbürger zukommt. Unter „Staatsbürgern“ sind hierbei alle diejenigen Staatsangehörigen zu verstehen, welche sich in dem Genusse der verfassungsmässig für alle Staatsangehörigen unter den gleichen rechtlichen [148] Voraussetzungen zugänglichen politischen Rechte befinden. Der Unterschied zwischen Aristokratie und Demokratie liegt somit auf der Hand: Während die Aristokratie bestimmte Kategorien der Bevölkerung auf Grund des Vorhandenseins irgend welcher persönlicher Eigenschaften – mögen diese nun tatsächlich eine besondere Qualifikation zur Teilnahme an der Regierung bedeuten oder nicht – bevorzugt und unter Ausschluss der übrigen Bevölkerungsklassen zur Regierung beruft, geht die Demokratie von dem Prinzipe der Volkssouveränität und zugleich von dem Gedanken der absoluten politischen Gleichwertigkeit aller Staatsbürger[89] aus. Hierbei sind allerdings in bezug auf die Abgrenzung des Begriffes „Staatsbürger“ grosse Verschiedenheiten möglich. Gewisse Kreise der Staatsbevölkerung sind nach der Natur der Sache von dem Besitze oder doch von der Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte und damit von der Teilnahme an der Herrschaft ausgeschlossen, hieher gehören namentlich die Kinder, dagegen nicht, wie noch von einzelnen Schriftstellern behauptet wird,[90] die Frauen. Anderen Bestandteilen der Bevölkerung wird unmittelbar durch Gesetz der Zugang zur Herrschaft versagt; so in der antiken Demokratie den Sklaven, in der modernen Demokratie zuweilen den Angehörigen bestimmter Rassen oder Bekenntnisse. Im letzteren Fall wird das demokratische Prinzip der Gleichberechtigung aller Staatsangehörigen wohl mitunter dadurch formell gewahrt, dass die vorgenannten Personenkategorien überhaupt nicht zu dem Kreise der Staatsangehörigen gerechnet werden.

Selbstverständlich deckt sich die Zahl der zur Herrschaft berufenen Personen nicht schlechthin mit der Zahl der in Wahrheit herrschenden. Wenngleich in der Demokratie die Herrschaft dem Namen nach von der Gesamtheit aller Staatsbürger geführt wird, ist es doch in Wirklichkeit nicht die Gesamtheit, sondern nur die Mehrheit der Staatsbürger, deren Willen rechtlich und tatsächlich den Staat leitet.[91] Die Mehrheit? Auch das ist nur bedingt richtig: Sobald sich innerhalb eines demokratisch regierten Staates mehr als zwei Parteien gegenüberstehen, ist es nicht mehr die absolute Mehrheit, sondern die relative Mehrheit, also unter Umständen eine weit unter der Hälfte der Gesamtzahl der Staatsbürger bleibende Zahl von Köpfen, deren Willen als Staatswillen erscheint.

Alle diese Momente führen in praxi zu einer starken Einschränkung der theoretischen Behauptung, dass es in der Demokratie die Gesamtheit des Volkes sei, der die Herrschaft zustehe. Gleichwohl ist daran festzuhalten, dass überall da die demokratische Herrschaftsform besteht, wo jeder Staatsangehörige unter den gleichen Voraussetzungen zur Mitwirkung bei der Bildung des Staatswillens berufen ist. – Innerhalb des Gesamtbegriffes der Demokratie werden eine Reihe von Unterformen unterschieden, von denen besonders die folgenden hervorzuheben sind.

α) Die unmittelbare Demokratie.[92]
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Eine solche liegt da vor, wo die Staatsgewalt unmittelbar von der Gesamtheit der zur Herrschaft berufenen Staatsbürger gehandhabt wird. In der Regel tritt die Gesamtheit der Staatsbürger zur Ausübung ihrer Herrschaftsbefugnisse zur Volksversammlung zusammen, die dann formell als Träger der Staatsgewalt erscheint. Indessen kann der Gesamtwille des Volks selbstverständlich auch in anderer Weise als durch die persönliche Stimmabgabe in der Volksversammlung festgestellt werden. In neuerer Zeit geschieht dies namentlich durch das sog. Referendum, d. i. eine auf Begehren einer bestimmten Anzahl von Staatsbürgern (sog. Volksinitiative) vorzunehmende schriftliche Volksabstimmung über Erlass, Abänderung oder Aufhebung von Gesetzen etc. Der Natur der Sache nach eignet sich die umständliche Vornahme einer Volksabstimmung nur für kleine Verhältnisse und auch [149] da nur für bestimmte Arten von Staatsakten. Dass sich sämtliche staatliche Verwaltungsakte auf eine vorhergehende Volksabstimmung stützen, ist undenkbar und war auch in den griechischen Städtestaaten des Altertums, die regelmässig als geschichtliche Beispiele der unmittelbaren Demokratie angeführt werden, ein Ding der Unmöglichkeit. Wo die unmittelbare Demokratie heute überhaupt noch vorkommt, beschränkt sich die unmittelbare Ausübung der staatlichen Herrschaftsgewalt durch das Volk auf das Gebiet der Gesetzgebung. Zur Ausübung der übrigen staatlichen Funktionen werden vom Volke besondere repräsentative Organe bestellt. In diesem Sinne besteht die unmittelbare Demokratie in einigen schweizerischen Kantonen und Halbkantonen[93] und neuerdings in einer Anzahl von Gliedstaaten der nordamerikanischen Union.[94]

β) Die mittelbare oder repräsentative Demokratie.[95]
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Das Wesen der mittelbaren oder repräsentativen Demokratie besteht darin, dass die der Gesamtheit des Volkes zustehende Staatsgewalt nicht unmittelbar vom Gesamtvolke selbst, sondern von bestimmten Organen des Gesamtvolkes ausgeübt wird. Dabei findet, der Idee der Gewaltenteilung entsprechend, in der Regel eine Scheidung in gesetzgebende und vollziehende Gewalt statt. Die erstere wird meistens einer von der Gesamtheit der Staatsbürger gewählten Volksvertretung, die letztere einer einzelnen Person (dem „Präsidenten“), seltener einem Collegium anvertraut. Die Volksvertretung scheidet sich häufig, ähnlich wie in der Monarchie, in zwei Häuser von verschiedenartiger Zusammensetzung, deren übereinstimmende Beschlussfassung für bestimmte Fälle als staatliche Willenserklärung oder als Voraussetzung einer solchen Erklärung gilt. Das Organ der Exekutive hat meistens auch eine gewisse Einwirkung auf die Gesetzgebung. Im einzelnen können die genannten Organe bald mehr, bald weniger Befugnisse haben; begrifflich notwendig ist nur, dass sie ihre Zuständigkeit nicht aus sich selbst heraus, sondern zufolge Übertragung von seiten des Volkes besitzen. Auch die innere und äussere Verfassung jener Organe ist begrifflich insoweit gleichgültig, als sie das Wesen der repräsentativen Demokratie unberührt lässt. Innerhalb des Gesamtrahmens der repräsentativen Demokratie bestehen allerdings ganz erhebliche Verschiedenheiten. Die feineren Unterschiede der zahlreichen Unterarten dieser Herrschaftsform lassen sich in der Tat nur dadurch feststellen, dass man der Forderung Richard Schmidt’s entsprechend[96] eine Reihe von Staatscharakteren mit jener Herrschaftsform näher untersucht.

Das klarste Bild von den Einrichtungen einer repräsentativen Demokratie gewinnen wir durch die Betrachtung der französischen Republik, die als Einheitsstaat eine verhältnismässig einfache Organisation zeigt.[97]

[150] Ungeachtet des häufigen Wechsels der Verfassungen ruht die Organisation des französischen Staates seit 1789 unverändert auf dem Prinzip der Volkssouveränität. Alle Organe des Staates, die Abgeordnetenkammer, wie der Senat und der Präsident, führen die ihnen zustehenden Machtbefugnisse auf Verleihung von seiten des Volkes zurück – die Abgeordnetenkammer direkt, die beiden anderen Organe indirekt. Jegliche Macht wird im Namen des Volkes ausgeübt, das demnach als Träger der Staatsgewalt erscheint. Jedoch ist nicht unmittelbar das Volk, sondern seine Vertretung zur Ausübung jener Macht berufen.

Die Verteilung der einzelnen staatlichen Funktionen an die vorgenannten Staatsorgane erfolgte im allgemeinen auf der Grundlage der Montesquieu’schen Gewaltenteilung. Die gesetzgebende Gewalt wird von zwei Versammlungen, der Abgeordnetenkammer (Deputiertenkammer) und dem Senat geübt, deren übereinstimmende Mehrheitsbeschlüsse als Staatswillen gelten. Die erstere geht aus allgemeinen, gleichen und unmittelbaren Wahlen hervor; die Bedingungen der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit sind für jeden Franzosen männlichen Geschlechts erfüllbar. Der Senat geht aus indirekten Wahlen hervor, und zwar werden seine Mitglieder von Wahlkollegien der Departements und der Kolonien gewählt, die aus den Deputierten, den General- und Arrondissementsräten und aus besonders bestellten Delegierten der Munizipalräte gebildet sind. Beide Körperschaften haben das Recht der Gesetzesinitiative; jedoch müssen Finanzgesetze zuerst der Deputiertenkammer vorgelegt und von ihr genehmigt werden, ehe sie an den Senat gelangen können. Zu bestimmten Zwecken, namentlich zur ßeschlussfassung über Verfassungsänderungen und zur Präsidentenwahl treten beide Kammern zur „Nationalversammlung“ zusammen, der mit dem Rechte der Verfassungsänderung die höchste Gewalt im Staate anvertraut ist. Dem Volke unmittelbar steht keine rechtliche Einwirkung auf die Beschlüsse der Nationalversammlung zu.[98] Der auf sieben Jahre gewählte Präsident der Republik ist insbesondere das oberste Organ der vollziehenden Gewalt. In dieser Eigenschaft steht ihm namentlich die Ausfertigung und Ausführung der Gesetze, die Ausübung des Begnadigungsrechts, die Ernennung von Zivil- und Militärbeamten, die Verfügung über die bewaffnete Macht und die Wahrung der auswärtigen Beziehungen zu; zur Kriegserklärung bedarf er der vorherigen Zustimmung der beiden Kammern. Neben diesen exekutiven Befugnissen hat der Präsident aber auch gesetzgeberische Funktionen und zwar insbesondere – wenn wir von der Regulierung der Geschäfte der Kammern absehen – das Recht der Initiative für gewöhnliche Gesetze und für Verfassungsrevisionsgesetze, beides in gleicher Weise wie die Kammern, mit der Massgabe, dass diese zu einer Prüfung und weiteren geschäftlichen Behandlung der vorgelegten Entwürfe verpflichtet sind.[99] Alle Regierungshandlungen des Präsidenten bedürfen der Gegenzeichnung eines Ministers, der hierfür die Verantwortlichkeit übernimmt. Der Präsident selbst ist unverantwortlich, ausser im Falle des Hochverrats (Verletzung der Gesetze oder der Verfassung und Verrat des Staates an ein fremdes Land), in welchem Fall die Deputiertenkammer die Anklage zu führen und der Senat das Urteil zu sprechen hat.[100] Die Verantwortlichkeit der Minister findet ihr notwendiges Korrelat in deren Unabhängigkeit, einerseits gegenüber dem Präsidenten, andererseits gegenüber den Kammern. Die Minister können sich jedem Versuche einer zwangsweisen Beeinflussung durch die Demission entziehen. Eine solche Demission kann aber auch von der Parlamentsmehrheit erzwungen werden mit der regelmässigen Folge, dass der vom Präsidenten neu zu ernennende Minister der Parlamentsmajorität angehören muss. Es herrscht also das parlamentarische Regierungssystem.[101]

Wesentlich komplizierter als bei der französischen Republik gestaltet sich das Bild der repräsentativen Demokratie in zusammengesetzten Staaten, wie es die Schweiz und die Vereinigten Staaten von Amerika sind.

[151] Die nordamerikanische Union bietet die erste praktische Lösung der beiden, staatsrechtlich und politisch gleich schwierigen, Probleme der „Herstellung einer Demokratie für ein grosses Volk und Gebiet“ und der „Schaffung eines starken Gemeinwesens in der Form des Bundes.“[102] Als Träger der Staatsgewalt der Vereinigten Staaten erscheint nach den Eingangsworten der amerikanischen Verfassung von 1787 „the People of the United States“, das ist die gesamte Bevölkerung sämtlicher amerikanischen Gliedstaaten. Die Gliedstaaten haben jeder für sich ebenfalls wieder die demokratische Herrschaftsform, so dass die Gesamtverfassung durchaus dem Gedanken Moutesquieu’s Rechnung trägt: „Der Bundesstaat soll aus Staaten von derselben Natur, namentlich aus Republiken bestehen.“[103] Auch in bezug auf die Verteilung der staatlichen Gewalten folgt die Verfassung der Union der Lehre Moutesquieu’s. Die gesetzgebende Gewalt ruht in der Hand des Kongresses, der aus dem Hause der Repräsentanten und dem Senate besteht.[104] Die Mitglieder des Repräsentantenhauses werden staatenweise nach näherer Vorschrift der einzelstaatlichen Gesetzgebung je auf zwei Jahre vom Volke gewählt. „Die Wähler in jedem Staat brauchen nur die Eigenschaften zu haben, die für die Wähler der zahlreichsten Kammer der gesetzgebenden Versammlung des Staates erforderlich sind.“ Der Senat besteht aus je zwei Senatoren aus jedem Gliedstaat, die von der gesetzgebenden Versammlung des betreffenden Staates je auf sechs Jahre gewählt werden, ohne jedoch hierdurch etwa die Eigenschaft von Delegataren ihres Staates zu erhalten. Jeder Senator hat eine Stimme und ist von jedweder Weisung unabhängig. Die Wählbarkeit zum Senat ist an bestimmte, für jeden Staatsangehörigen erfüllbare Bedingungen geknüpft. Präsident des Senats ist der Vizepräsident der U. S. Der Senat hat, abgesehen von dem Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung, insbesondere die ausschliessliche Befugnis, bei politischen Anklagen des Repräsentantenhauses das Urteil zu fällen; bei Anklagen gegen den Präsidenten führt der Präsident des obersten Bundesgerichts den Vorsitz. Die vollziehende Gewalt steht im wesentlichen dem Präsidenten der Union zu, der ebenso wie der eventuell an seine Stelle tretende Vizepräsident in indirekter Wahl auf je vier Jahre gewählt wird. Die Wahl geschieht durch Wahlmänner, welche in jedem Staate in der gleichen Zahl, wie jeder Staat Mitglieder zum Senat und zum Repräsentantenhause stellt, nach Landesrecht gewählt werden. Der Präsident ist oberster Befehlshaber der Land- und Seestreitkräfte der Union, hat vorbehaltlich der verfassungsmässigen Mitwirkung des Senats das Recht, Verträge mit anderen Staaten zu schliessen und die Mehrzahl der Beamten zu ernennen, sorgt für den ordnungsgemässen Vollzug der Gesetze, gibt dem Kongress von Zeit zu Zeit über die Lage der Union Auskunft (Botschaften) und hat für bestimmte Fälle die Befugnis der Zusammenberufung und der Vertagung der beiden Häuser des Kongresses. Das Recht der Kriegserklärung steht ausschliesslich dem Kongresse zu. Der Einfluss des Präsidenten auf die Gesetzgebung beschränkt sich auf ein suspensives Veto, dessen Wirksamkeit durch qualifizierte Mehrheitsbeschlüsse beider Häuser aufgehoben werden kann, und auf die Befugnis, in der Form von Botschaften, den Erlass von Gesetzen anzuregen. Die eigentliche Gesetzesinitiative steht ausschliesslich den beiden Häusern des Kongresses zu.[105] – Die richterliche Gewalt liegt in der Hand unabhängiger Gerichte.





  1. Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 5. A., 1911, I. S. 62 ff. Vgl. auch Rosin: Souveränetät, Staat, Gemeinde, Selbstverwaltung (in Annalen des Deutschen Reichs 1883) S. 265–322, bes. S. 279 ff. über den Begriff des „eigenen Rechts“.
  2. Vergl. Mehring, Der Formalismus in der Lehre vom Staate, 1833, S. 4.
  3. S. die exemplifikative Aufzählung und die Literaturnachweise bei Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 2. A., 190.5, S. 646; 3. A., S. 262.
  4. Vgl. hierher u. zum Folgenden Erman, Aegypten und aegyptisches Leben im Altertum (1896) S. 84 ff.
  5. Erman, S. 84.
  6. Erman, S. 134.
  7. Vgl. von Wilamowitz-Moellendorff, Staat und Gesellschaft der Griechen, bes. S. 53 ff., (in „Die Kultur der Gegenwart“, Teil II, Abt. IV, 1; 1910).
  8. von Wilamowitz, S. 30 f.
  9. Vgl. v. Wilamowitz, S. 97.
  10. v. Wilamowitz, S. 79 ff. – Vgl. ferner hierher und zum Folgenden K. F. Hermann’s Lehrbuch der Griech. Antiquitäten, hgg. v. Blümner, B I. Staatsaltertümer, 1. u. 2. Abt. hgg. v. Thumser, u. besonders 3. Abt. 6. A. neubearb. v. Swoboda, 1913. – Bezüglich des römischen Kaisertums s. Ludwig Hahn, Das Kaisertum. 1913.
  11. Vgl. Rehm, Geschichte der Staatsrechtswissenschaft (1896) S. 16 ff.
  12. Rehm, G. d. St. R. W., S. 27 ff.
  13. Vgl. Rehm, G. d. St. R. W., S. 30 ff., bes. S. 33. Ich weiche indessen von Rehm’s Darstellung der Platonischen Herrschaftsformen hier insofern ab, als ich in der Timokratie nicht die „dem streitsüchtigen und ehrbegierigen Menschen entsprechende“, sondern die auf dem Besitz (τιμή = Schätzung, Zensus) beruhende Herrschaftsform sehe.
  14. Rehm, G. d. St. R. W., S. 58 ff.
  15. Vgl. hierüber Rehm, G. d. St. R. W., S. 60–130 u. Seydel, Vorträge aus dem Allgemeinen Staatsrecht, Annalen des Deutschen Reichs 1898, S. 482 f.
  16. So von Roscher, Politik, 2. A., 1893, S. 1 ff., Seydel, Vorträge. S. 481 ff. – Bezüglich der Umwandlung der aristotelischen Staatsmorphologie in juristische Kategorien durch Jean Bodin s. v. Martitz, Die Monarchie als Staatsform, 1903, S. 16 f.
  17. So von Seydel, a. a. O. S. 482.
  18. S. namentlich Alfred Schmidt, Niccolò Machiavelli und die Allgemeine Staatslehre der Gegenwart, Freiburg. Diss. 1907, bes. S. 60 ff., Jellinek A. St. L., 2. A, S. 650. 3. A. S. 666.
  19. „Tutti li stati, tutti i dominj, che hanno avuto et hanno imperio sopra gli nomini, sono stati e sono o repubbliche o principati“ (Princ. I, erster Satz; cit. nach Alfred Schmidt S. 61).
  20. Richard Schmidt, Allgemeine Staatslehre, I. Band, 1901, S. 259 ff., bes. S. 263, II. B., II. Teil 1903, S.833 ff., bes. S. 839.
  21. Dabei muss allerdings die unendliche Fülle der verschiedenartigsten Einteilungen, wie sie beispielsweise bei Schvarcz, Elemente der Politik, 1895, S. 79 ff. zu finden ist, grösstenteils unberücksichtigt bleiben
  22. So z. B. v. Haller, Restauration der Staatswissenschaft (1816) I, S. 494 ff.; v. Martitz, Die Monarchie als Staatsform, 1903, S. 4 f.; Jellinek, A. St. L., 2. A. S. 649 ff, 3. A. S. S. 665 ff.
  23. Vgl. auch Gareis, Rechtsenzyklopädie, 2. A. 1900, S. 143.
  24. Ebenso anscheinend v. Martitz, S. 6.
  25. Allg. St. L. 2. A. I, S. 695, 3. A. S. 712.
  26. Republik bedeutet „Gemeinwesen“ schlechthin, vgl. Jellinek, S. 693 (710).
  27. S. Adolf Schmidt, S. 61.
  28. S. dagegen Bernatzik, Republik und Monarchie, 1892, S. 5 f.
  29. S. hierüber Richard Schmidt, II. 2, S. 838 ff.
  30. Wenn Otto Mayer in seiner vortrefflichen, die juristische und die politische Betrachtungsweise scharf auseinanderhaltenden Abhandlung „Republikanischer und monarchischer Bundesstaat“, Arch. f. öff. R. VXIII, S. 338 das Deutsche Reich als „die echteste, vollsäftige Monarchie, welche die heutige Kulturwelt aufweist“, bezeichnet, so ist dies, wie der Zusammenhang unverkennbar zeigt, ausschliesslich im politischen Sinn zu verstehen.
  31. S. unten sub B, 2, a. Bezüglich der Herrschaftsform der Vereinigten Staaten von Amerika s. unten sub B, 2, b, β.
  32. Als dem „Träger der Staatsgewalt“.
  33. A. M. Bernatzik, S. 26 ff., Treitschke, Politik, B. II., S. 53. – Nach der geschichtlichen Erfahrung muss es allerdings als die Regel bezeichnet werden, dass sich die monarchische Gewalt ausserhalb des Staates und der staatlichen Rechtsordnung entwickelte und ihren Anspruch auf die Staatsgewalt demnach auf eigenes Recht stützte. Gleichwohl ist das Bestehen eines derartigen eigenen, ausserstaatlichen oder über staatlichen Anspruchs auf die Herrschaft im Leben der Staaten niemals als eine begriffliche Voraussetzung der Monarchie anerkannt worden.
  34. So Anschütz, Deutsches Staatsrecht, i. Enzyklopädie der Rechtswissenschaft hgg. v. Holtzendorff-Kohler, II. (1904) S. 471.
  35. S. in dieser Beziehung Piloty, Autorität und Staatsgewalt, 1905 (S. A. aus d. Jahrbuch der Internationalen Vereinigung f. vergl. Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin, VI. u. VII. Bd.).
  36. In der Verwirklichung dieser Grundsätze prägt sich das monarchiche Prinzip im rechtlichen Sinne dieses Wortes aus. – Noellner, das monarchische Prinzip und die deutschen Staatsverfassungen der neueren Zeit, 1856, fasst jenes Prinzip wesentlich im einseitigen politischen Sinne auf. Bezüglich des Wesens der Gewaltenteilung vgl Anschütz, a. a. O., S. 476, Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, I (1895) S. 67 ff. – A. M. Jellinek, A. St. L. S. 666 (682).
  37. Vgl. Jellinek, S. 668 (684).
  38. A. M. Jellinek, S. 672 (689), wenngleich er die Möglichkeit von Abweichungen anerkennt; ähnlich Schwarzlose, Die differenzierenden Momente zwischen Demokratie, Aristokratie und Monarchie, Heidelbg. Diss. 1905. S. 47.
  39. S. Jellinek, i. A. S. 672. 3. A. 689.
  40. Vgl. Walz, bad. Staatsrecht, 1909, S. 45. – Vgl.auch die bayr. Verfassungsnovelle vom November 1914.
  41. Vgl. von Frisch, Die Verantwortlichkeit der Monarchen und höchsten Magistrate, 1904, S. 104 ff., Jellinek, S. 672 (689) ff.
  42. Treitschke, Politik, II, S. 69 f unterscheidet z. B. 1. das heroische Königtum; 2. die Lehnsmonarchie und die aus ihr hervorgegangene ständische Monarchie; 3. das Wahlkönigtum; 4. die absolute Erbmonarchie; 5. die konstitutionelle Monarchie; 6. Tyrannis, Caesarismus und Bonapartismus.
  43. Die Unterscheidungen unter a) und b) finden sich vor allem bei Adolf Merkel, Jurist. Enzyklopädie, 5. A., hgg. von Rudolf Merkel, 1913, §§ 398 ff., und bei Jellinek a. a. O., 2. A. S. 674 ff., 3. A S 691 ff.
  44. S. z. B., Erman, Agypten, S. 101; Wilutzky, Vorgeschichte des Rechts, 1903, B. III, S. 19. Über Erbkönigtum und Wahlprinzip in Deutschland s. Meister, Deutsche Verfassungsgeschichte, 2. A. 1913, S. 84 ff.
  45. Vgl. hierüber Jellinek, S. 677 (694), und beispielsweise hess. Verfassung vom 17. XII. 1820, Art. 5.
  46. Wenn diese, von Jellinek, S. 675 (691), hervorgehobenen Voraussetzungen erfüllt sind, liegt keinerlei Grund vor, die Wahlmonarchie, wie beispielsweise Roscher, Politik. 2. A. (1893) S. 23 es tut, als „eine Art von Republik“ zu bezeichnen.
  47. Vgl. Treitschke, II. S. 71, 75, 95 f.
  48. S. Post, Grundriss der ethnologischen Jurisprudenz, I, 1894 S. 392.
  49. S. Jellinek S. 677 (694); Roscher, S. 193 ff., bes. S. 250 f., unterscheidet drei Hauptarten der absoluten Monarchie: Die konfessionelle, die höfische und die aufgeklärte. S. auch Koser, über die Epochen der absoluten Monarchie, Histor. Zeitschrift, B. 61.
  50. S. Merkel, § 387; vgl. auch Treitschke, II., S. 107; Jellinek, S. 677 (694).
  51. Vgl. z. B. das Hessen-Darmst. Verfassungsedikt vom 18. III. 1820 (RBl. S. 101), welches die Steuererhebung an die Genehmigung der Stände knüpfte, gleichzeitig aber dem Landesherrn – wenn auch „mit dem sehnlichen Wunsche, dass Wir nie in den Fall kommen worden, hiervon Gebrauch machen zu müssen“ – für den Fall des Nichtzustandekommens einer Steuervereinbarung das Recht der Forterhebung der alten Steuern vorbehielt.
  52. S. Otto Mayer, I. S. 38 ff.
  53. S. Erman, S. 84, und oben S. 133.
  54. S. oben S. 133.
  55. S. Nies, Staat und Gesellschaft der Römer, (in „Die Kultur der Gegenwart“. Teil II, Abt. IV. 2; 1910) 1910, S. 241 f.
  56. S. Wilutzky III., S. 21.
  57. S. Treitschke, II, S. 76; Heusler, Deutsche Verfassungsgeschichte, 1905, S. 22 ff.; vgl. auch Meister, Deutsche Verfassungsgeschichte, 2. A. 1913, S. 15 ff. und die dort angegebene Literatur.
  58. S. Jellinek S. 679 (696) ff., Treitschke II, S. 80 ff.; Seydel, S. 490 ff.; Bornhak, Allg. Staatslehre, S. 94 ff.; Meyer-Anschütz, Deutsches Staatsrecht, Leipzig 1905, S. 86 ff.
  59. S. im einzelnen Schvarcz, Elemente der Politik, Berlin 1895, S. 57 ff. Vgl. auch Bornhak, S. 94 ff
  60. Vgl. Seydel. S. 27.
  61. Aus der einschlägigen Literatur ist besonders hervorzuheben: Unger, Geschichte der Deutschen Landstände, 2 Bde., 1844; Mundt, Geschichte der deutschen Stände etc., 1854; v. Campe, Die Lehre von den Landständen nach gemeinem deutschen Staatsrechte, 2. A., 1864.
  62. Vgl. Heusler, S. 282 ff.; Hubrich, Deutsches Fürstentum und Deutsches Verfassungswesen 1905, S. 23 ff.
  63. Hintze. Das monarchische Prinzip und die konstitutionelle Verfassung. 1911, Preuss. Jahrbücher, B. 144, H. 3, S. 387, spricht von dem monarchischen Konstitutionalismus in anschaulicher Weise als von einer „Metamorphose des alten aufgeklärten Absolutismus“ und erblickt seine historisch-politische Grundlage in der Eigenart des auf dem Kontinent vorherrschenden kriegerischen Staatstypus.
  64. Vgl. Klüber, Quellen-Sammlung zu dem öffentlichen Recht des Teutschen Bundes, 1830, und bezüglich der Entstehung und Bedeutung dieser Bestimmungen namentlich von Aegidi, Die Schluss-Akte der Wiener Ministerial-Konferenzen etc., 1860; Ilse, Protokolle der deutschen Ministerial-Konferenzen etc., 1860; von Weech, Korrespondenzen und Aktenstücke z. Geschichte der Ministerkonferenzen etc., 1865.
  65. Vgl. z. B. die Verfassungsurkunden von Württemberg (§ 4), Baden (§ 5), Hessen (Art. 4), Kgr. Sachsen (§ 4), Sachsen-Coburg (§ 3). – Das Fehlen dieser Bestimmung in der preuss. Verf. Urk. erklärt sich nach Hintze, S. 394, daraus, dass man den Anschein vermeiden wollte, als beruhe die Stellung des Monarchen irgendwie auf der Verfassung.
  66. Letzteres geschieht zumeist dadurch, dass für die betreffenden Verwaltungsakte „die Form des Gesetzes“ vorgeschrieben wird.
  67. Vgl. Hintze, S. 399 f.; bezüglich der ministeriellen Verantwortlichkeit b. besonders S. 407.
  68. Ob ein Minister die Verantwortlichkeit übernehmen will oder nicht, ist Sache seiner freien Entschliessung. Der Befehl der Krone vermag ihn, wenn er die Verantwortung übernommen hat, gegenüber dem Parlamente nicht zu entlasten. A. M. Bornhak, S. 42; vgl. dagegen Hintze, S. 404 f. S. auch die in Anm. 41 angegebene Literatur.
  69. Obwohl der Landesherr nicht mehr das Recht hat, in eigener Person zu richten, ist die richterliche Tätigkeit dem Willen des Monarchen doch nicht gänzlich entrückt. (A. M. Jellinek S. 661.) Wenn er auch nicht mehr befehlen kann „ita jus esto“, so ist er es doch, der den Befehl gibt „jus esto“, der die Richter einsetzt und zur Ausübung ihrer richterlichen Funktionen anhält, und in dessen Namen geurteilt wird.
  70. So die Schriftsteller der verschiedensten Richtungen, z. B. Jellinek S. 688 (705); Seydel, Bayr. Staatsrecht, Neubearbeitung von Grassmann-Piloty, B. I, bearb. v. Piloty. S. 217.
  71. Vgl. hierzu u. a. van Calker, Badisches Budgetrecht I, 1901 S. 4; Buchenberger, Finanzpolitik und Staatshaushalt im Grossherzogtum Baden, 1902,8. 5 ff., van Calker, hess. Verfassungsgesetze, 1906, S. 76 ff.
  72. Vgl. oben S. 137 und Jellinek, S. 653 (669).
  73. Bezüglich des letzterwähnten Punktes s. Jellinek, S. 668 (684); a. M. Bernatzik, S. 46 f.
  74. Vgl. hierher und zum Folgenden v. Holst, das Verfassungsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika im Lichte des englischen Parlamentarismus, Freiburg 1887.
  75. S. aber auch Jellinek, S. 684, Anm. 2 (S. 702, Anm. 1).
  76. S. Jellinek, S. 664 (681).
  77. Bezüglich der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung des englischen Parlamentarismus s. Hatschek, Engl. Staatsrecht, I. B. und die dort angegebene Literatur.
  78. S. Jellinek, S. 688 (705).
  79. Vgl. Smend, Die Preussische Verfassungsurkunde im Vergleich mit der Belgischen, 1904.
  80. Vgl. hierzu Jellinek. S. 694 (710 ff.).
  81. Vgl. hierüber im allg. u. a. Schvarcz, Elemente der Politik, S. 80 ff., Bluntschli i. s. Staatswörterbuch B. I. (1857), S. 332 ff., v. Rotteck i. s. Staats-Lexikon, B. I (1834), S. 675 ff.
  82. Demnach ist, wie Rehm, St. L., S. 188, im Gegensatz zu der bisherigen Lehre überzeugend ausführt, auch die Zweiherrschaft (Dyarchie, Doppelkönigtum) als Mehrherrschaft und zwar als Aristokratie zu bezeichnen.
  83. Seydel, Vorträge, S. 23, bezeichnet es mit Recht als verfehlt, Aristokratie und Adelsherrschaft schlechthin zu identifizieren.
  84. S. bezüglich Spartas oben S. 134.
  85. S. Richard Schmidt, I. 266.
  86. Vgl. oben S. 134 Anm. 20 u. besonders Rich. Schmidt, II. 2, S. 839.
  87. Vgl. Rich. Schmidt, II. 1, S. 97 ff.
  88. Treitschke II, 239 ff.
  89. Jellinek. S. 706 (721), spricht von Gleichwertigkeit der „Individuen“.
  90. S. z. B. Seydel, Vorträge, S. 18.
  91. Vgl. hierüber namentlich Seydel, S. 19.
  92. Vgl. Jellinek, S. 707 f. (725 ff.), Seydel, Vorträge, S. 20 f., Seydel, „Aus dem Staatsrechte der Demokratie“, Staatsrechtliche und politische Abhandlungen, 1893, Abhandlungen, S. 26 ff.
  93. Vgl. Hilty, das Referendum im schweizerischen Staatsrecht. Arch. f. öff. R. II (1887). S. 167 ff., Seydel, Abhdlg. S. 28 f.
  94. Nach einem beachtenswerten Bericht von George Judson King (Toledo, Ohio) (Frankfurter Zeitung No. 106 vom 6. April 1911) besteht die direkte Gesetzgebung in folgenden Staaten: Süddakota (1898), Oregon (1902), Montana (1906), Oklahoma (1907), Missouri und Maine (1908), Arkansas und Colorado (1910), Illinois (1911). In mehreren anderen Staaten ist die Einführung geplant. Das übliche Verfahren ist folgendes: „Jeder beliebige Akt der Staatslegislatur kann auf Antrag von fünf Prozent der Wahlberechtigten suspendiert und dem Volke zur Abstimmung unterbreitet werden. Initiativanträge, die eine Annahme oder Ablehnung neuer Gesetze herbeiführen wollen, müssen von acht Prozent der Stimmgeber unterzeichnet sein. Alle Massnahmen werden bei den allgemeinen Wahlen, bei denen die Wahl von Staatsbeamten erfolgt, zur Abstimmung gebracht. Die Entscheidung des Volkes konstatiert einen legislativen Akt.“ Vgl. auch Curti, Der Weltgang des Referendums, x., Arch. f. öff. R. XXVIII (1912) S. 1–44, bes. S. 39.
  95. Jellinek, S. 708 ff. (725 ff.), Seydel, Vorträge, S. 21 f. (Annalen 1898, S. 485).
  96. S. oben S. 136.
  97. Vgl. hierüber im einzelnen Loening Edgar, Art. „Staat“, im H. W. H. der Staatswissenschaften, 2. A. (1901) B. VI., S. 907 ff., Lebon, Das Verfassungsrecht der französischen Republik, 1909, S. 14 ff. Öffentl. Recht d. Gegenwart B. VI).
  98. Vgl. im einzelnen Lebon, S. 135 ff.
  99. Vgl. Lebon S. 41 ff.
  100. S. Lebon. S. 56 ff.
  101. S. Lebon, S. 30–32. Vgl. auch oben S. 145.
  102. Vgl. hieher und zum folgenden Seydel, Verfassung und Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, Abhandlgn., S. 32 ff., ferner Otto Mayer, Republikanischer und monarchischer Bundesstaat. Arch. f. öff. R. XVIII, S. 337 ff. (bes. S. 350 ff).
  103. Vgl. Montesquieu, der Geist der Gesetze, hgg. v. Ellissen, 1843, 9. Buch, 2. Kap.
  104. Vgl. im einzelnen Rentner. Die Verfassung f. d. Ver. Staaten von Amerika, 1901, S. 51 ff., v. Holst a. a. O., S. 14 ff.
  105. Seit etwa 20 Jahren besteht in den Ver. St. eine sehr einflussreiche Bewegung zu Gunsten der Einführung der sog. direkten Gesetzgebung vermittelst der Initiative und des Referendums. In einer Reihe von Gliedstaaten (s. oben S, 149 Anm. 94) ist die indirekte Gesetzgebung schon eingeführt (vgl. George Iudson King, a. a. O.).