Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3: No. V
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Von Bertholsdorff meldet Bruder Kettner: Unser lieber Herr bekannte sich zu Anfang dieses Jahrs auf eine aus nehmende selige Weise zu uns Seinen Armen u. Elenden, u. schenckte uns den Anblick Seiner Gnade. Unsere Herzen floßen von Sünder u. Danck Thränen vor alle Gnaden-Beweise im vergangenen Jahre, u. wir konnten kindlich glauben, Er werde uns auch dieses Jahr mehr Gutes thun als je zu vor. Wir haben in diesen ersten Monat beym Gebet der Kirchen-Litaney, welche allemal einen besondern Eindruck auf die Herzen hat, u. den Kinder-Stunden u. andern Versamlungen, die Nähe des Heilands u. Seine Gnade fühlbar genoßen.
Von Hennersdorff meldet Bruder Wakler: Daß sich der liebe Heiland am 1.tn Jan. fühlbahr [462] zu den Versamlungen sämtlicher Kinder bekannte, u. am 3. ten u. 4. ten, die ersten Gesellschaften mit einem wahren Gottes-Frieden begnadigt habe, ferner, daß ihnen die Reden u. Heimgänge, wie auch die Heiden Nachrichten sehr eindrücklich u. gesegnet gewesen sind. Am 17. ten hatte der Löbauische District seinen Tag in Herrnhut. 6. Personen wurden zur Societaet hinzu gethan. In den Berichten heißt es: Diese Versammlung drang so auf unsere Herzen, daß wir uns dem Heiland ganz aufs neue ergaben.
In Nieder-Kunnersdorff entschlief am 27.tn die verheyrathete Schwester Catharina Wemmin im 46. sten Jahr ihres Alters. Sie war im Merz. 1726 in Böhmen geboren. Ihre Mutter starb, da sie 3. Jahr alt war, u. in ihrem 12 ten Jahr zog ihr Vater mit ihr nach Zittau. Nach ihres Vaters Tod, ging sie nach Berlin, u. ein halb Jahr drauf heyrathete sie, den nunmehrigen Wittwer Andreas Wemme, der ein Weber war, mit welchem sie nach Nieder-Kunnersdorff zog. Sie hielten sich beyde zu ihrem Gott u. Heilande, waren an Leib u. Seel gesegnet, u. zeugten 12. Söhne u. eine Tochter, davon aber nur noch 5. Söhne [463] am Leben sind. Sie nebst ihrem Mann schloß sich 1756. an die Gemeinschaft des dasigen Häufleins an, waren auch mit bey einem Abend-Mahl in Berthelsdorff.
Sie hatte etwas rauhes, war aber ein grades
u. ehrliches Gemüth. Von Strahwalde wird
berichtet: daß die Nähe des lieben Heilandes
kräftig in ihren Versammlungen sey wahr genomen
worden. D. 13. ten sey in der
Gesellschaft der Brüder von der Einigckeit u.
dem Gerade seyn geredet worden, u. d. 17.
hatten sie ihren lieben Herrn um mehrere Gnade,
u. um ein zärtlicher Gefühl seiner lieben
Nähe gebeten. In Heidersdorff ging am
20ten Jan. der verheyrathete Bruder Christoph
Buhl, ein Weber zum Heiland. Er war
d. 6. ten Oct. 1726. daselbst geboren. Da
er 24. Jahr alt war heyrathete er, u.
stund seinem Hause nach seinem Vermögen
treulich vor. Im Jahr 1750. wurde
er von seinem unseligen Zustand überzeugt,
suchte u. fand Gnade. Zu Ostern 1758.
wurde er zur Societaet gethan hinzu gethan,
liebte die Brüder, ging einen seligen Gang
u. die erweckten Seelen an unserm Orte lagen
ihm am Herzen. Er hielt die Versamlungen,
schüttete sein Herz kindlich u. gläubig
[464] vor dem Herrn aus, u. war niedrig u. klein
in seinen Augen. Sein Sterbens-Leben hat 48.
Jahr u. 5. Wochen gewährt. Von seinen 11. Kindern
sind ihm 6. voran gegangen. Sein Gedächtnis
wird unter uns im Segen bleiben, wir haben
an ihm einen treuen Bruder verloren, deßen
Stelle uns der Heiland bald wieder ersetzen
wolle! In Ober-Oderwitz gingen im
Jan. u. Febr. 4. Personen aus einer Familie
zum Heiland, nemlich am 12. ten Jan. Gottlieb
Wünsche 13. Jahr alt, hatte eine muntere
u. liebhabende Art, u. ein am Heiland hangendes
Herz. In der Theurung war er
bey dem großen Mangel des Brods doch
vergnügt u. klagte niemals; da es sich aber
mit der Theurung endigte, u. er zu eßen
hatte, wurde er immer schwächlicher. Er erfuhr
in seinem lezten Jahr eine besondere
Errettung: Als er einmal in den Busch
ging, u. ein wenig Reißig von einem großen
Baum abzu schneiden sich bemühete, tratt er
auf einen dürren Ast, welcher brach. Er fiel
rücklings vom Baume, blieb aber mit den
Kleidern hangen, die Beine oben u. der Kopf
unten, u. so hing er, ohne sich selbst helfen
zu können. Ein anderer Knabe, der auch
etwas Holtz holen wollte, fand ihn so, als er
[465] fast schon in den lezten Zügen war, machte
ihn los, u. so wurde er noch errettet.
In seiner lezten Kranckheit war er besonders
vergnügt, u. freute sich aus diesem Elend
zum Heiland zu kommen. Ihm folgte sein Vater.
Joh. Georg Wünsche ein Schuhmacher. Er
war d. 3. ten Jan. 1725. zu Spremberg geboren,
u. wurde 1763. in die Gemeinschaft der
Geschwister aufgenommen. Seiner Natur nach
war er etwas flatterhaft; hatte aber den
Heiland lieb, u. erklärte sich 14. Tage vor
seinen Heimgang in der Versammlung besonders
sünderhaft. Bey seiner leiblichen
Armuth war er gelaßen, u. ging am 17. ten
Jan. aus allem Elende zu seinem Erbarmer,
seines Alters 48. Jahr. Ihm folgten seine
beyden Töchter, nemlich am 2. ten Febr.
Catharine 10. Jahr alt. Sie war von
schwächlicher Natur, u. hatte viel aus zu stehen,
der heilige Geist arbeitete an ihrem Herzen,
u. sie bat die kleinsten Vergehungen
recht herzlich u. sünderhaft ab. U. am 22.ten
Febr. Johanna, 4. Jahr alt. Sie war ein
munteres u. liebhabendes Kind, muste aber in
der großen Theurung den Hunger auch mit erfahren.
Das Häuflein in Görlitz wurde
am 18tn Jan. besonders erfreut durch den Besuch
[466] der Geschwister Clemensens. Er sahe Abend
alle Brüder beysammen, u. redte mit ihnen von
der herzlichen Bruder Liebe zum Segen für
ihre Herzen. D. 19. ten Abends waren die sämtlichen
Schwestern beysammen, mit denen sich die
Schwester Clemensin lieblich unterredete, u. sie herzlich
ermahnte, daß sie sich mit alle ihrem elend
zum Heiland wenden, u. ihm, wie ein Kind der
Mutter alle Anliegen ins Herz schütten solten,
welches ihnen einen tiefen Eindruck machte.
Ein Bruder aus Seif-Hennersdorf, ein Zimmermann, ging mit seinem Handwercks-Zeug über einen Steg, u. da er auf der Mitte deßelben war, brach derselbe, u. er fiel ins Waßer, welches tief war u. mit Eis ging. Der Heiland aber half ihm, daß er ohne Schaden davon kam, für welche sonderbare Bewahrung er ihm herzlich Danckbar war.
Aus Ober-Kunnersdorf ist noch der Lebenslauf, des am 10ten Dec. vorigen Jahrs heimgegangenen verheyratheten Bruders Tobias Wendlers nach zu holen: „Ich bin schreibt er von sich d. 20. ten Oct. 1699. in Ober-Kunersdorff geboren, u. von meinen Eltern zu allem Guten erzogen worden. In meinen 20. ten Jahr heyrathete ich das erstemal, in [467] welcher Ehe mir der Heiland 7. Kinder schenckte davon noch ein Sohn u. 2. Töchter leben. Nach meiner Frauen Tode heyrathete ich Anno 1732. zum andern mal, in welcher Ehe wir 3. Söhne u. 3. Töchter hatten, u. davon leben noch 1. Sohn u. eine Tochter, welche leztere im Chorhause zu Herrnhut ist. Ich ging mit meiner Frau öfters nach Herrnhut, unser tiefes Verderben wurde uns klar, u. wir fanden, daß uns die Bekanntschaft mit dem Heiland fehle. Meine eigene Frömigckeit stund mir zwar Anfangs im Wege, allein der Heiland überzeugte mich gründlich von meiner Schlechtigkeit, u. vergab mir alle meine Sünden. Da wurde mir auch die Gemeinschaft mit den Geschwistern recht groß, u. wichtig.“ Die Geschwister geben ihm folgendes Zeugniß: Er war ein grades u. aufrichtiges Herz, u. hatte eine schöne Art andere zu ermahnen, welches auch die Geschwister gerne von ihn annahmen. Sein Alter hat er auf 73. Jahr u. 7. Wochen gebracht.
Der Eintritt in die Paßions-Zeit wird in den Berichten besonders angemerckt, sie erbaten sich für ihre Herzen einen tiefen Eindruck in die Leiden Jesu u. viele Gnade aus Seinen Wunden. D. 14. ten Merz hatte der Hennersdorfische [468] District seinen Tag in Herrnhut, an welchen Tage Bruder Pyrlaeus die Versamlungen besorgte. 8. Personen wurden zur Societaet hinzu gethan, unter denen 5. Mädgen aus Cathrinenhof waren. In Herwigsdorf u. Strahwalde gingen sie am 21. ten Merz. gemeinschaftlich zum heiligen AbendMahl, u. da sie am leztern Orte Abends beysammen waren, den Heiland für den seligen Genuß zu dancken, kam ihr Pfarrer auch dazu, u. sang mit ihnen einige Verse. D. 12 ten Apr. ging in Zittau der alte 82. Jährige Bruder Jacob selig heim, welcher selbst von sich schreibt: „Ich bin Anno 1690. d. 21. ten Dec. in dem Dorfe Vielau geboren in der Grafschaft Hartenstein. In meinen 14. ten Jahr kam ich nach Zittau zu einem Strumpfwürcker in die Lehre. Nach geendigten Lehr-Jahren, ging ich auf die Wanderschaft, gerieth aber unter die Soldaten, unter welchen ich bis ins Jahr 1716. war, sodann wieder nach Zittau kam, u. meines Meisters Tochter heyrathete, mit welcher ich 28. Jahr in einer friedlichen u. seeligen Ehe lebte, welche mit 8. Kindern gesegnet war, davon noch ein Sohn u. eine Tochter am Leben. Anno 1745. ging meine erste Frau heim, u. ich heyrathete im [469] folgenden Jahre die Zweyte, mit welcher ich ein Söhnlein hatte, das aber bald wieder heimging. Das Zeugniß der Prediger in Bertholsdorf u. Groß-Hennersdorff, als wohin ich öfters kam, lies der liebe Heiland zum Segen für mein Herz gereichen, ich wurde gründlich erweckt, kam in Bekanntschaft mit den Brüdern in Herrnhuth besuchte fleißig allda, wurde Anno 1757. zu dem Häuflein hinzu gethan, u. Anno 1759. bey Einrichtung einer monatlichen Unterredung ein Glied derselben.“ Der seelige Bruder war schon seit einem Jahr sehr schwach, Alters wegen, u. als er sich ganz legen muste, seufzete er um seine baldige Auflösung mit Thränen, u. bat den Heiland, daß Er ihn nur geduldig seiner Seelen Seligckeit wolle erwarten laßen. Er erfuhr auch in der That, wie gut sichs warten ließe, wenn Jesus nur nahe ist, u. den Herzen Seinen Frieden zu fühlen gibt. Er pflegte sich in dem von ihm eingesandten Berichten u. Briefen gewöhnlich zu unterschreiben: Der auf sein Heil wartende alte Bruder Jacob. D. 13. ten Apr. hatte der Bertholsdorfer District seinen Tag in Herrnhuth. 1. Mädgen u. 2. Soldaten Brüder aus der Gegend von Guben, die zum Besuch hier waren, wurden auf ihre herzliche Bitte [470] zu dem Bunde hinzu gethan, u. in einem flehentlichem Gebet der Gnade u. dem Segen Jesu empfohlen. Am 18. ten Apr. wurden in Bertholsdorff 8. Knaben u. 10. Mädgen in der Kirche zum erstmaligen Genuß des heiligen AbendMahls confirmirt, u. ihnen Abends in der Versamlung einige Segens Verse gesungen.
Aus Hennersdorff melden sie: In der Marter-Woche hatten wir begnadigte Versammlungen, betrachteten die Leidens-Geschichte unsers Heilandes mit Gefühl unserer Herzen, u. begingen das Osterfest mit Freuden. In den Gesellschaften spürte man ein neues Leben, der heilige Geist öffnete die Herzen der Geschwister zum Loben u. Dancken für Jesu blutige Erlösung. In Görlitz fingen sie am 18 ten Apr. an, Sonntags eine Sing Stunde zu halten, womit sie fort fahren. Sie schreiben: Es tröstet einen doch sehr, daß sich der liebe Heiland so gnädig zu uns herab läßt, u. man kriegt immer wieder Muth, es auf Ihn zu wagen, u. zu glauben, daß Er uns Seine arme Kinder nicht laßen werde, ob wir Ihn gleich manchmal Schmerzen machen. An demselben Tage erinnerten sie sich in Geibsdorff der Gnade daß sie vor 14. Jahren von neuem zur [471] Gemeinschaft mit dem Volcke des Herrn hinzu gethan worden, u. erneuerten den Bund des Heilandes Eigenthum zu seyn.
Als in Nieder-Kunersdorf ein Bruder in der Kirche war, um zum heiligen AbendMahl zu gehen, fiel ihm besonders aufs Herz, daß er mit seiner Frau, welche Unpäßlichkeit halber nicht aus gehen konnte, noch manchmal einen Haus-krickel[WS 1] habe, u. bat sogleich den Heiland, ihm davon los zu helfen. Zur selbigen Stunde ward es seiner Frau zu Hause auch so, u. sie wandte sich zum Heiland. Sie wurden beyde getröstet, u. konnten es einander ansehen, um welche Stunde es mit ihnen beßer worden wäre. Seit dem lebten sie in ganz neuer Liebe, Freundschaft u. Herzlichkeit mit einander. D. 9. ten hatte der Löbäuische District seinen Tag in Herrnhuth, u. es wurden 12. Personen aufgenomen. Von Hennersdorf melden sie, daß zwar 3. Seelen sich ihrer Gemeinschaft entzogen; Dagegen aber 3. paar Ehe-Leute aufs neue zu ihnen gekommen waren, daß sich der Heiland zu ihnen bekenne u. Friede u. Liebe unter ihnen regiere. Am 14.ten May war mit den Herrnhuthschen Helfern ein erfreuliches LiebesMahl. 3. paar Geschwister wurden aufs neue zur Bedienung der Diaspora angestellt [472] nemlich Andreas Dobers, Hazelius u. Kremsers. In Görlitz finden sich verschiedene neue Leute zu dem dortigen Häuflein, sie sind im May mit 4. Personen vermehrt worden, u. an ihrem Tage in Herrnhuth am 1. ten Jun. wurden 6. Personen aufgenommen. D. 6. ten Jun. war es in Neu-Kunersdorf ein Jahr, daß sie die erste Versammlung mit einander gehalten hatten, sie danckten den Heiland für die große Gnade u. schämten sich, daß sie noch so schlecht sind. Aus Radmeritz schreiben sie: Unsere Sonntags-Versamlung wird fleißig besucht. Wir haben auch etliche neue Leute bekommen, u. unter den uns aus der Nachbarschaft Besuchenden, sind viele rechte liebe Seelen. In Löbau ging am 12.tn July die verehlichte Schwester Sophia Rosina Riesin, heim Sie war Anno 1739. bey Löbau geboren. Bey zu nehmenden Jahren vergnügte sie sich oft an Geistlichen Liedern. Wegen ihrer Treue u. Aufrichtigckeit, wurde sie von ihrer damaligen Herrschaft geliebt, u. blieb vor den sündlichen Aus schweifungen der Jugend bewahrt, bis sie in ihrem 21. ten Jahre den nunmehrigen Wittwer Christoph Traugott Riese Meister u. Schuhmacher in Löbau heyrathete. [473] Anno 1763. segnete sie Gott mit 3. Töchterlein auf einmal, welche aber sämtlich bald nach der heiligen Taufe heimgingen. Anno 1770. wurde ihr Mann erweckt, u. hielt sich zu unserer Gemeinschaft. Das war die Gelegenheit, daß sie sich beßer kennen lernte, u. Anno 1772. wurden sie beyde zur Diaspora hinzu gethan. Sie konnte zwar wenig die Gelegenheiten besuchen, weil sie einen Lungensüchtigen Husten hatte; man nahm aber deutlich die Arbeit des heiligen Geistes an ihrem Herzen wahr. Ihr Alter hat sie gebracht, auf 34. Jahr u. 16. Wochen.
Zum Hennersdorfer District wurden d. 18tn July 5. neue hinzu gethan. Von Herwigsdorff schreiben sie: Am 30ten July hatten wir eine seelige u. vergnügte Gesellschaft, u. verbanden uns aufs neue mit Leib u. Seele des Heilands zu seyn. Wir kommen übrigens in Ruhe u. Friede zu sammen, u. dancken dem Heiland herzlich dafür. D. 13. ten Aug. haben verschiedene Geschwister in Herrnhut u. Niesky mit begangen, u. war ihnen allen ein Tag der Gnade u. des Heils.
Von Löbau fügen sie noch hinzu: Es ist dieser
Tag überhaupt ein ausgezeichnetes Fest
mit für uns, weil an demselben Anno 1753.
[474] Von unsern Brüdern 3. zum erstenmal die
Gnade hatten, beym heiligen AbendMahl sich an die
Gemeine Jesu mit anzuschließen. Von diesen
Tage an hat also unsere Gemeinschaft
ihren Anfang genommen, u. geht seit dem in
Segen fort. In Leuckersdorff bekam ein
alter Mann noch in seinen lezten Tagen die
Versicherung Seiner Seligkeit. Man hörte
Ihn öfters beten: Herr Jesu! erbarme dich
meiner, u. vergib mir meine Sünden! Gedencke
nicht der Sünden meiner Jugend: sondern
gedencke meiner nach deiner Barmherzigckeit.
Lieber Heiland! ich will von keiner
Seligckeit wißen, als in Deinem Blute.
In Seif-Hennersdorf hatte sich ein armer
dürftiger Bruder zum lieben Heiland gewendet,
u. sich Augenscheinlich seiner gnädigen Hülfe zu getrö-
erfreuen gehabt. Als er nun unverhoft
mit der nöthigsten Kleidung beschenckt worden,
so schlug er sich folgende Loosung auf:
Prüfet mich, spricht der Herr Zebaoth, ob ich
nicht des Himmels Fenster auf thun werde u.
Segen herab schütten die Fülle. Am 4. ten
Oct. wurden in Görlitz die Mißverständniße,
welche eine Zeitlang unter diesem Häuflein
obgewaltet, bey einem Besuch der Geschwister
[475] Kohlers von Herrnhuth durch die Gnade
unsers lieben Herrn gehoben. Es verband sich ein
kleines Häuflein aufs neue bey Jesu Creutze
zu bleiben, u. fing eine geschloßene Gesellschaft
an. In den folgenden Tagen fand
sich einer nach dem andern wieder zu rechte,
u. erkannte seine Versehen, u. wir haben
Hoffnung, daß aus dieser erneuerten Verbindung
weniger Aufsehen, u. ein neuer Segen
für Görlitz erwachsen werde. In Ober-Kunnersdorf
haben sie für eine Zeit die Sonntäglichen
Versamlungen ganz eingestellt, weil
es bey einigen blos zur Gewohnheit zu werden
schien. Daselbst ging am 9. ten Oct. die
Wittwe Anna Dorothea Schöbelin aus der Zeit.
Ihre 19. Jährige Ehe war mit 8. Kindern gesegnet,
davon noch 4. hienieden, u. ihr Witwenstand
hat 17. Jahr gewähret. Sie war
eine schon lange Gottes fürchtige Person, u.
eine von den ersten Erweckten im Dorfe,
bauete aber viel auf ihre eigene Gerechtigckeit.
Anno 1762. wurde sie zu dem Häuflein,
welches sich auf Jesu Marter u. Tod
verbunden, hinzu gethan, lernte von da an
ihr Verderben kennen u. gering von sich dencken.
Sie hielt sich so dann für die
[476] Allerschlechteste unter ihren Schwestern, u.
kam als eine arme Sünderinn in einen seeligen
Umgang mit dem Bräutigam ihrer Seele,
liebte u. wurde wiederum herzlich geliebt. Ihr
Alter hat sie auf 58. Jahr gebracht.
Von Schönau melden sie, daß es ein paar Personen, die vor kurzem vom Häuflein abgegangen, unaus stehlich wäre, außer ihrer Gemeinschaft zu seyn, u. daher verlangten sich wieder an schließen zu dürfen.
In Seif-Hennersdorff ging am 29.tn Oct. eine ledige Schwester im 60. Jahr ihres Alters selig heim. Sie war schon u. ihrer Jugend erweckt, u. in die Gemeinschaft des verbundenen Häufleins auf genommen worden, seit dem ging sie ihren stillen seligen Gang, u. war bey den beschwerlichsten Umständen, da sie schon 14. Jahr lang mit einem Krebshaften Schaden am Kopfe behaftet war, in der Nähe Jesu selig u. vergnügt. Wenn die Schmerzen zu groß wurden, so tröstete sie sich damit, daß wenn es genug seyn würde; so würde der Heiland kommen, u. sie zu sich nehmen. In diesen gelaßenen u. an Jesum ergebenen Sinn [477] verblieb sie bis an ihr seliges Ende. Der Herr Pfarrer gab ihr das Zeugniß: daß sie gewußt hätte an wem sie geglaubt, u. daß ihr Glaube ihr nun glücklich in die Himlische Wohnungen der seligen Seelen hinüber geholfen hätte. Im Nov. haben sie in Löbau angefangen alle Freytage eine Singstunde zu halten. Sie schreiben davon: Ach wie werden unsre Herzen in Liebe entzündet, wenn wir den Heiland in Seinen blutigen Wunden u. Seiner Marter-Schöne so besingen, als stünd Er unter uns da. An einen Handlanger in Cathrinenhoff zu Hennersdorff ging eine unvermuthete selige Gnaden-Arbeit des heiligen Geistes vor. Dieser Mann, Namens Thomas; war schon viele Jahre für sich alleine in eigener Gerechtigckeit u. vor der Welt unbescholten hingegangen. Er ward kranck u. ließ den Bruder Waekler, den Er sonst Sorgfältig aus dem Wege gegangen, um einen Besuch bitten. Als dieser kam reichte er ihn die Hand, u. sagte mit heiterer Miene: Willkommen lieber Bruder! der Herr Jesus hat sich auch meiner erbarmt u. mir als einen verlornen u. verdamten [478] Sünder Gnade geschenckt. Der Unglaube u. die Feindschaft gegen den gekreutzigten Heiland, hielten mich gebunden, daß ich mich nicht mit Dir einlaßen konnte, aber nun ist Er auch mein Heiland, u. Du bist mein Bruder. O! was kan Sein Blut nicht an den Sündern thun. Seine Wunden haben mich geheilet. Auf die Weise ging sein Mund gegen alle Menschen, die ihn besuchten, davon über, wes das Herz voll war; bis am 26.tn sein Othem stille stand. Sein seeliger Heimgang predigte in ganz Hennersdorff. Von Eubau melden sie: daß sie ihre Versammlungen im Segen halten u. in herzlicher Liebe unter einander stehen. Besonders hat der liebe Heiland ihre Kinder in Gnaden angeblickt. Zu dem Häuflein in Berthelsdorff wurden am 27. ten Dec. 6. Personen durch die Aufnahme hinzu gethan. Daselbst ging am 21. ten die verheyrathete Schwester Maria Eliesabeth Krebsin selig heim. Sie war Anno 1724. in Leuckersdorff geboren, u. zog nachmals mit ihren Eltern, die sie ganz für den Heiland zu erziehen suchten, hieher nach Bertholsdorff. Anno 1757. heyrathete sie den nunmehrigen Wittwer, mit welchen sie 8. Kinder hatte, davon noch 4. am Leben sind. Sie hat sich mit [479] ihrem Mann, die ganze Zeit ihres 23. jährigen Ehestandes zu dem hiesigen Häuflein gehalten, bewieß gegen jedermann Liebe u. Freundschaft, u. diente von Herzen gern. Besonders war sie eine treue Kranckenwärterin u. besuchte auch andre Nothleidende im Dorfe. Ihr Alter hat sie auf 49. Jahr u. 8. Monate gebracht. Alle verbundene Häuflein haben an ihren Orten einen seeligen Beschluß des alten Jahres gemacht, darüber sie sich in ihren Berichten gar lieblich äußern. Sie erinnerten sich ins gesammt mit gebeugten Herzen, aller der Gnaden-Beweise unsers lieben Herrn im Innern u. Äußern. Es sind in dem Jahr 1773. 59. Personen zu ihrem Bund auf Jesu Marter u. Tod hinzu gethan worden, u. das ganze Werck des Herrn in dem Theil der Diaspora, der sich aus 52. verschiedenen Orten an die Gemeine in Herrnhut mit anschließt, besteht beym Schluß dieses Jahres aus 1540. Seelen.
D. 3. ten Oct. verschied in Ringenhayn ein
Mann von 71. Jahren, Namens Gottfried Lehmann.
Die Trostreiche Lehre des Evangelii hörte er
[480] gerne, u. wenn sein Sohn aus den Erbauungs-Stunden
kam, freute er sich allemal wenn ihm
derselbe etwas von der göttlichen Trost lehre, die
er gehört hatte, mit theilte. Er war über
ein Jahr lang kranck, u. bat oft um sein
Erlösungs Stündlein. D. 15ten ging Philipp Georg
Breuning in seinem 86. sten Jahre aus der
Zeit. Er war aus Nordhausen gebürtig,
wo er die Bildhauer Kunst erlernte. Nach
der Zeit, war er bey verschiedenen Herrschaften
als Bedienter, kam darauf nach Neukirch
heyrathete hier u. ward ein Häusler. Aber
die hiesige Herrschaft ließ ihn in Wien
die Gärtner Kunst erlernen, u. er besorgte
hernach die hiesigen herrschaftlichen Gärten.
Er hatte viel Erkenntniß im Christenthum,
bemühete sich auch seine Frau im Worte Gottes
zu unterrichten, mit ihr zu beten, u. sie
zum wahren Christenthum an zu führen, schickte
sie in die Erbauungs Stunden u. Versamlungen
der Erweckten u. freute sich, da sie mit in
unsre Societaet kam. Er selbst aber besuchte
unsre Versammlungen nie. Vor etlichen Jahren
aber ward er schwach u. elend, u. verlor sein
Gesicht, kam aber bey den Umständen auf
sein Herz. Er verlor sein vieles Wißen u.
in den lezten Jahren ward er weiter nichts
[481] als ein armer bekümmerter Sünder, der um
die Gnade in Jesu Blut weinte. Am 16tn Oct.
verschied Gottlob Beke ein Häusler in Ringenhayn.
Anno 1764. ward er ein Mitglied unserer
Societaet. Er war ein fähiger Kopf,
konnte überaus gut reden, u. betete fleißig
zum lieben Heiland, aber eben darein sezte er sein
ganzes Vertrauen, u. weiter kam es nicht mit
ihm, doch kam er noch vor seinem Ende von
aller Eigenen Gerechtigckeit herunter, er kannten
seinen verwerflichen Zustand, suchte u.
fand wahre Gnade. D. 5. ten Dec. nahm
der Heiland unsern alten 64 jährigen Bruder
Philipp Jacob Püttmann der schon viele Jah-
Wochen an der Waßersucht schmerzlich darnieder
gelegen, in Gnaden zu sich. Er
war Anno 1709. zu Hammeln in Braunschweigischen
geboren, wo sein Vater Accis Bedienter
war. In seinem 18. Jahr kam er als
Bedienter zu dem Herrn Baron v. Huldenberg,
der damals in Zelle war. Er hat ganzer
18. Jahre in diesen Dienst gestanden, u. ist
mit seiner Herrschaft vor 40. Jahren, hieher
nach Neukirch gekommen. War in seinem
Dienste treu u. ordentlich u. von der Herrschaft
wohl gelitten. Anno 1746. heurathete er die
Wittwe, des vormaligen herrschaftlichen Verwalters
[482] Scheffel, u. die Herrschaft machte ihn zum
Verwalter. Anfangs war er ein Spötter der
Sache des Heilands, er wurde aber nachgehends
durch die Predigt des Evangelii so kräftig
überzeugt, u. mit einer so hinreisenden Gottes
Gewalt von Christo ergriffen, daß seine Sinnes
Aenderung allen Menschen in die Augen fiel
u. viele in Verwunderung sezte. Er versäumte
keine Predigt, keine Bet-Stunde,
keine Beicht-Rede, sondern war allemal in
der Kirche, so oft er nur das Evangelium
hören konnte. Er kam in alle Erbauungs-Stunden,
u. bat mit vielen Thränen, in unsere
Gemeinschaft aufgenomen zu werden, welches
auch 1757. geschahe. Seit dem ging Er seinen Gang
unter manchen Abwechslungen, ließ aber nicht
von der Verbindung mit unsrer Societaet ab,
u. der liebe Heiland schenckte ihm noch auf die
lezt apart selige Zeiten. Beym Beschluß
dieses Jahrs erinnerte sich auch das Häuflein
in Neukirch der vielen unverdient genoßenen
Gnaden u. Wohlthaten des Heilands, mit danckbar
beschämter Freude. 13. Personen sind auf
genommen, 12. Kindlein geboren, u. 2. paar Geschwister
getraut worden. Heimgegangen sind
von den Geschwistern 10. Personen, u. unter den
[483] übrigen 74. in diesen Kirchspiel Entschlafenen,
sind gar viele über deren lezten Stunden wir
uns haben freuen können.
Am 18ten Jan. kamen von Neuschatel die Pfarrer Herr Gallot u. Schuldhess, samt ihren Frauen, u. brachten die junge Tochter Barbara Stocker von Neufron aus Schaafhausen, aus der Schwester Gillerin Freundschaft in unsere Anstalt nach Montmirail.
Wegen eines außerordentlichen Sturms u. Schnees musten wir die Feyer des 2. ten Febr. auf d. 3. ten verschieben, u. da hatte das ganze Häuflein ein LiebesMahl, mit 3. verwittweten Geschwistern, beteten, danckten u. speisten Abends alle zusammen.
Am 25. ten Mertz begingen wir Gottes Menschwerdung, nach Anleitung der Geschichte u. Texte des Tages, u. am 26. ten reiste ich nach Bern zur Feyer der Paßions u. Ostertage. Da hörte u. sahe ich in den Gesellschaften u. Besuchen manches Tröstliche u. erfreuliche von Gottes Wercken an unsern Geschwistern. In der Marter-Woche weideten wir uns an [484] der allerseligsten Geschichte Seiner lezten Leiden u. seines Marter-Todes, u. in den Ostern u. folgenden Tagen an der Geschichte seiner Auferstehung, u. der lezten Mensch-Sohns-Tage. Von Montmirail vernahm ich, daß nicht lange nach meiner Abreise, obgedachte Frau Gallot zum Besuch ihrer geliebten Frau Stoker u. gerade zu einem LiebesMahl unsrer Pflege-Töchter gekommen, zu vielen Vergnügen auf beyden Seiten.
Unter denen in Bern aus benachbarten Orten
Besuchenden, will ich unter andern der Ehrwürdigen
lieben Mutter Margaretha Augspurger
von Conolfingen, erwehnen, die in der Gnade
unverrückt fortgehet, u. einem jeden mit
dem sie hievon spricht, zur Erbauung ist.
Am 12. ten Apr. besuchte ich mit dem Bruder
Fuetter in Heimberg u. Thun mit Vergnügen.
Die Erweckten daselbst haben sich
aus Mißverstand bisher nicht zu unsern
Geschwistern gehalten. Der Heiland gab aber
Gnade, daß solcher durch gründliche Unterredungen
gehoben wurde, u. seit dem besuchen
mehrere von ihnen unsere Geschwister in Bern
auch außer der Zeit der Meße, zu welcher
sie es nur sonst nur allein gethan hatten
[485] u. die von Bern besuchen jene. Eine
Bauers-Frau von ihnen kam nach Bern
u. gerade in eine Versamlung der Schwestern
u. hat ihnen alsbald ihr ganzes Herz, Sinn
u. Gang so dargelegt, daß unsre Schwestern
bezeugten, sie hätten sich gar sehr vor ihr
geschämt. Nun der liebe Heiland walte
ferner gnädiglich über allen den Seinen an
allen Orten seiner Herrschaft, u. erfülle
überall auch die Verheißung, die mir bey
solchen Vorkomenheiten oft eingefallen:
Daß der Neid wieder Ephraim auf höre,
daß Ephraim nicht neide dem Juda, u.
Juda nicht sey wider Ephraim: sondern
beyde ein Holtz werden, u. Eines seyn in
Seiner Hand.
Von Bruder Anton Stehely vernahm ich daß dieses Jahr der Pündtner Synodus zu Malans werde gehalten werden, welches in vielen Jahren nicht geschehen, u. eben so lange nicht geschehen werde, daß ich also keine bequemere, als die Zeit zu meinen Besuch in diesem Lande, wo ich noch nicht gewesen, haben würde. Ich machte mich also auf die Reise, u. traf unterwegs mit den neuen Pfarrherrn für Rienach, wohin auch Beymweil gehört, zusammen, u. wir wurden gar bald bekannt. [486] Er hat die Grönländische Historie gelesen u. weil er wünschte an einen Ort zu kommen, wo auch wahre Christen wären, so nannte ich ihm einige von Beynweil zu seiner herzlichen Freude. Er hat sie auch bald nach seiner Ankunft zu beyderseitigen Vergnügen besucht. Ich sezte meine Reise über Arau u. Zürich, wo ich mich einige Tage auf hielt, u. mit den Geschwistern das nöthigste verabredete, weiter fort, kam am 15tn July[WS 2] in Malans an, u. wurde von der Familie von Salis liebreich auf genommen; von woher wir eine Tochter in der Anstalt zu Montmirail haben. D. 17. ten kam ein Gewitter u. nach langer Dürre ein starcker Regen, der nicht nur den Staub, sondern auch einen etlich tägigen Brandt eines Waldes auf einen benachbarten Berge, löschte, da man wegen der da wohnenden Leute, immer bekümmerter wurde, weil ihnen nicht zu helfen war. Von hier aus besuchte ich in Chur u. Ilantz, u. an lezterm Orte, besonders den Panner-Herrn[WS 3] von Gabriel, u. den Ehrwürdigen lieben Oberbundes Decanum Caprez. Des erstern Gesinnung, in Ansehung seiner Tochter u. Enckelin die von Montmirail nach Neuwied gekommen, war mir sehr erfreulich [487] aber nicht weniger des Decani ungemeine Offenherzigckeit u. Kinder-Einfalt, die ich gleich in unserer ersten Unterredung, sowol in Absicht auf seine eigene Person, als auch auf seine Amts-Brüder, wahrnahm. In Chur traf ich mit dem lieben Pfarrer Frizzoni, Perini u. Jannet zusammen. Die Brüder Frizzoni u. Roselius sind die beyden einzigen, die unter ihren gleich gesinnten Amts-Brüdern so glücklich sind, eine gute Anzahl Erweckte Seelen um sich herum zu haben, die andern haben weniger, oder gar keine. D. 24. ten Juny. traf ich wieder in Malans ein, wo d. 25ten der Anfang des Synodi war. Zu den ersten Sessionen oder wie sie es nennen Censuren, kommen nur die Pfarrherrn, deren 80. zugegen waren, u. darunter 20. die das Evangelium verkündigen, theils aus Erfahrung u. mit Segen, theils mit Verlangen nach beyden.
Ihrer 60. waren zu Hause geblieben, um indeßen ihre u. der Nachbarn Amts-Geschäfte zu verrichten. D. 27. ten kamen auch die Weltlichen Beysitzer in den Synodum, u. von nun an konnte ich u. jedermann zugegen seyn. Es ward vornehmlich die Annahme der dis maligen 5. Candidaten zum Predigt-Amte verhandelt. Sie wurden d. 28ten Vor- u. Nachmittag [488] von 6. Pfarrherrn u. von jedem eine Stunde lang examinirt, u. so dann am 29. ten nach einer schönen Predigt des Herrn Decani Zanunks eingesegnet, wobey es nicht ohne Thränen abging. Ich war dem Heiland von Herzen danckbar für das, was ich bey diesem Synodo gesehen, gehört u. gefühlt habe.
Hierauf besuchte ich unsre Bekannte in Jennius, Mayenfeld, Flesch, Grüsch, Luzein u. Closter St. Jacob u. traf am 4. ten Jul. wieder in Malans ein. Von hier machte am 5ten einen Besuch im Seminarium zu Marschlins. Die Uberschrift am Eingange: Dem Kinder Freunde, freute mich nicht wenig.
Die äußerliche Einrichtung ist gut zur Erziehung junger Leute, u. was der Eigenthümer an Kosten, u. selbst eigner Mühe u. Arbeit daran gewandt u. noch wendet, ist aller Ehre u. Danckenswerth. Unsre Anstalt in Montmirail ist ihm nicht unbekannt, wegen Correspondenz zwischen lieblichen Geschwistern, wovon Er die Brüder u. wir die Schwestern hatten. Am 7. ten July tratt ich meine Reise nach der Schweitz an, sahe u. sprach überall, so viel sichs thun ließ, mit den Geschwistern wo ich hinkam, als: Oberriethen, Wangensbach, [489] Zürich, Winterthur, Schafhausen, Stein, Steckborn, Eglisau u. Lendsburg.
Ein den Heiland u. den Geschwistern zur Schmach gereichender Banquerotte eines Mit-Gliedes dieses lezt genannten Häufleins, machte daß ich am 27. ten July. nachdem ich vorher mit der Person die es betroffen, gründlich gesprochen, alle versammlete Geschwister bat, dieses Unglück eines aus ihrem Mittel, durch des Heilands Gnade so zu benutzen, wie Er das da der Thurm zu Siloah 18. Personen erschlug, benuzt haben wollte; nemlich daß man dabey in sich schlage, sich darin spiegle, aufs Umkehren von Irrwegen u. Übertretungen ernstlich dencke, u. sich Gottes Ernst dazu dringen laße, ferner: daß man Jesu Wort von tummen Saltze tief zu Herzen nehme, für die unglückliche Person, wie für sich selbst bitte, auf daß auch alles hiebey einem zum besten diene, u. Sein viel vergeben, uns viel lieben u. künftig treuer mache.
D. 28ten reiste ich nach Arau. Unter den hiesigen Besuchen, meiner ehemaligen Schülerinnen, war mir bey Eliesabeth Hassler der merckwürdigste u. vergnügteste.
Sie hat schon seit geraumer Zeit an Kopf [490] Händ u. Füßen sehr schmerzliche Wunden; durch des Heilands Gnade aber, erträgt sie alles geduldig, u. ist dem Herzen nach vergnügt. Sie hat nachher mir u. einigen ihrer Freundinnen in Montmirail vergnügte Briefe mit der einen noch brauchbaren Hand geschrieben. Ihre Schwester Catharina, eine von unsern beyden Erstlingen in Montmirail ist, als die erste von allen, vor ein paar Jahren selig entschlafen.
D. 1. ten Aug. war ich in Rienach, u. Beynwyl, hörte den neuen Pfarrer mit Vergnügen predigen; war auch in der Kinder-Lehre, u. sahe selbst mit an, was ich von der erfreulichen Veränderung der ganzen Gemeine gehört hatte, nehmlich da vorhin außer den Erweckten nur wenig Leute zur Predigt, u. selbst wenig Kinder in die Kinder-Lehre gekommen, so ist jezt beydes gedruckt voll. Sehr vergnügt u. danckbar reiste ich von hier am 2. ten Aug. nach Zoffingen, war d. 3. ten in Rotherisch u. d. 4. ten in Langenthal. Unter denen die sich hier versammleten, sahe ich mit Vergnügen auch 2. Schwäger von Chirurgo Kop dem Führer der Erweckten in Emethal, wovon [491] der Eine von freyen Stücken vorschlug u. übernahm, die Erweckten hier herum diesen Abend nach Maddischill zu bestellen. Ich nahm meinen Weg dahin über Melchnau, wo ich auf dem Zollicker Berg einen vergnügten Besuch bey einer krancken Frau machte; Sie bezeugte mir mit einer fröhlichen Miene, daß sie in Jesu u. Seiner Gnade ihrer Seligkeit, u. ihres Hinscheidens zu Ihm gewiß sey.
Im ersten Hause von Meddischwyll war alles erweckt, u. so zutraulich, als wenn wir uns schon lange gekannt hätten, besonders die Haus-Frau, welche sich freute daß auch ihre Mägde ihres Sinnes wären. Im Versamlungs-Hause war die Stube bald voll lieber Leute, die alles begierig auf fasten u. mercken ließen, daß ihnen wohl bekomme was sie hörten. Am 5ten Aug. reiste ich von hier ab, war d. 7.tn in Bern, u. traf d. 12. ten in Montmirail ein.
D. 14. ten hielt ich daselbst wieder Schule nach fast 3. Wöchentlicher Abwesenheit. Meiner Schülerinnen Freude u. Lehr-Begierde erfreute mich sehr. In der Zeit meiner Abwesenheit waren zum Bleiben nach Neuwied 4, zum Besuch 2. gegangen. Diese leztere aber haben [492] in Neuwied auch Uberzeugung u. Verlangen zum Bleiben gekriegt, u. Erlaubniß dazu erhalten. Dagegen sind 2. Kinder aufs neue zu uns gekommen. Am 17. ten Aug. nahmen unsre Kinder u. das ganze Häuflein bey einem LiebesMahl herzlichen Antheil an dem heutigen Gedenck-Tag in unsern Gemeinen.
Nachdem ich am 29. ten mit einem Theil unserer
Geschwister in der Kirche das heilige AbendMahl
genoßen; so reiste ich am 30ten wieder ab,
besuchten am 31. ten unsere Bekannten in
Lausanne, u. kam d. 1. ten Sept. in Genf an.
Hier waren Geschwister Duvernoys u. Schwester
Marie Langkopf einige Zeit her in großer
Betrübniß gewesen, wegen einiger vom Häuflein
Untreu gewordenen Personen, die davon
haben aus geschloßen werden müßen, u. nachher
der Obrigckeit in die Hände gefallen sind.
Doch war des Heilands Hülfe schon angegangen,
u. wir danckten mit einander dafür dem
Barmherzigen u. gnädigen Herrn, fuhren
täglich fort Freud u. Leid in Absicht auf
uns u. unsre Geschwister zu theilen, u. dieselbigen
in Gesellschaften u. dieselbigen einzeln
zu sprechen, besonders die, wo die Gnade über
ihre Untreue noch nicht Macht u. Überschwang
[493] hat beweisen können. Die Eheleute mit welchen
allen einzeln gesprochen worden, kamen am 7.tn
Sept. zusammen, baten den Heiland um Antheil
an den Segen, welchen Er diesen Chor in der
Gemeine angedeyhen läßt, u. Er erhörte diese
Bitte. Auch die übrigen Chor-Abtheilungen
hatten in diesen Wochen ihre gewöhnliche Versammlungen,
wozu sich der Heiland gnädig
bekannte. In diesen Tagen machte uns
der Heiland die Freude, daß ein bisheriges
großes Unheil u. Aergerniß in einer Familie
so abgethan wurde, daß es ihnen allen
zum besten gedient hat. Ein solches Ende
hat überhaupt die bis herige ganze Erschütterung
des gesammten Häufleins genommen.
Wir sahen mit beschämten u. Danckbaren
Herzen, daß Er die paar Monate her, mehr
gethan, als wir gebeten oder verstanden haben,
u. daß Er abermal zum Heil der Seelen
gewendet, was der Satan zum Verderben gemeynt
hatte. Die noch irrenden wenigen Schaafe,
empfahlen wir angelegentlich dem guten Hirten
u. schieden am 16. ten Sept. vergnügt von einander.
Ich sprach so dann die Bekannten
in Nion, Rolle, Lousanna, Vevay, u. ward
d. 21. ten in Yverdun. Unsre vormalige Pflege
[494] Tochter in Montmirail die erste von hier
Sabine de Traytorrens war vor einiger Zeit wieder
zu ihren Eltern gekommen, u. hatte von ihrer
bisherigen Schule mit Wort u. That, so ein
gutes Zeugniß gegeben, daß ihre Schwester Catharine
u. noch eine andre Mariane de Copet auch hinzu
gethan worden. Am 29. ten kam ich nach
Montecheraux, da die nothwendige Ausschliessung
eines unordentlich wandelnden Mit-gliedes
vernachläßiget worden: so erforderten die Umstände,
daß ihnen schon in May gerathen
worden ihre Versammlungen lieber für eine
Zeit gar einzustellen. Nachdem ich nun
bey meinem Hierseyn mit allen gesprochen, so
fing ich am 2. ten Oct. die Versamlungen
mit erneuerter Gnade wieder an. Am
3. ten Oct. sahe ich sämtliche Geschwister nach
den Chor-Abtheilungen, u. fand überall Trost
u. Freude. Weil die hiesige Helfer Gesellschaft
zu Zahlreich geworden; so wurde sie in
Zwey Theile getheilt, u. einer jeden gesagt, was
sie zu besorgen hätte. Am 6.tn kam ich nach
Montbaillard. Unter diesem Häuflein fand ich
manches von Mißverstand, Anstoß u. dergleichen
worüber man Leide trägt. Indeß aber hatte
der Heiland verhütet, daß der Schade nicht größer
[495] geworden, hatte seine Barmherzigkeit über Sein
Gericht walten laßen, u. wie überall auch Seelen
in der Einfalt erhalten, daß sie sich bey nichts
als ihren eigenen Elend u. beym lieben Heiland,
der ihnen vergibt u. sie heilet, auf halten.
Er erfülle ferner u. immer mercklicher Seine
Verheißung, auch an diesem kleinen Häuflein,
daß Er sich Seiner Heerde selbst annimt.
Nachdem ich mit Unterredungen u. Besuchen hier
fertig war, reiste ich am 14 ten ab, u. kam
am 15ten Oct. in Basel an. Hier beschäftigte
ich mich eben auf die Weise, wie an
denen vorigen Orten u. unter redete mich
zu vörderst mit Geschwister Kühns u. ihren Gehülfen
deren Wöchentliche Zusammenkunft wieder
erneuert wurde; mit Bitte selbige ohne
Noth nicht aus zu setzen, weil doch immer
genug Materie zur Gemeinschaftlichen Fürbitte
wäre, wenn auch nicht viel zu berathschlagen
sey. In den Gesellschaften u. einzelnen
Unterredungen fand ich jezt mehr Offenherzigkeit,
als vorm Jahr, auch mehr Willigckeit
mit einander über die bisher noch nicht
gründlich abgethanen Mißverständnißehelligkeiten,
ohne was zurück zu halten, aus zu reden.
Vornehmlich bey jedem AbendMahl, um nichts mit
dahin zu bringen, wovon der Heiland gesagt
[496] man solle lieber beym Altar wieder Umkehren
u. es vorher abthun. D. 27. ten reiste ich zu
Geschwister Zäslins in Niederschonthal, hielt
am 28ten in Liechstall die Versammlungen des
dasigen Häufleins mit Vergnügen, blieb bey
Geschwister Dr. Stähelys die von Basel da waren,
reiste d. 29. ten weiter, u. kam d. 30ten
Oct. nach Bern. Hier war indeßen die
verehlichte Schwester Scheuerblatt heimgegangen.
Sie hatte ihr Verderben, daß sie theils schon
erkannt u. bekannt, nochmals ihren Schwestern
vorm Heiland ausgeschüttet, u. das noch neu
erkannte hinzu gethan; über welches sie so
nieder geschlagen u. blöde war, daß sie
mehrmalen sagte: Sie dürfe des Heilands
Namen kaum mehr nennen. Aber auf
der Schwestern Zuspruch hat sie sich zu ihm
gewendet, u. ist von Ihm getröstet worden,
so daß die um sie seyenden Schwestern
dadurch über sie beruhiget worden.
Zum Häuflein war der ledige Kürschner Bok von Franckfurth gekommen. Die Geschwister erzehlten einzeln u. in Gesellschaften von ihrem bisherigen Gange, auch von verschiedenen Predigten wodurch sie der Heiland bis daher weiden laßen. Die Materien wofür man dem lieben Heiland zu dancken hat, behielten [497] doch auch dieses mal das Übergewicht, über die zu beklagenden. Am 2. ten Nov. traf ich in Montmirail ein, wo inzwischen Bruder Stephan von Arau seine Tochter wieder abgeholt hatte. Der Herr Landrichter Roscheer von Zuz in Engadin, hatte von da eine kleine Perini gebracht, u. die Margarethe Sprecher von Bernegk, die über 4. Jahr bey uns gewesen, wieder mit nach Hause genommen. Zum Besuch waren unter andern hier gewesen: Der Herr Salis von Malans u. der Landvoigt Jenner u. seine Gemahlin, eine Tochter des Herrn v. Haller. In der Nacht vom 19. auf d. 20. ten Oct. war die Aelteste unter den hiesigen ledigen Schwestern Mar. Jean aus Dauphine die vor 4. Jahren aus Genf zu uns gekommen, in ihrem 62. Jahre ohne vorher Kranck zu werden, entschlafen. Man hatte wohl angefangen ihr Testament zu verfertigen, es war aber noch nicht gerichtlich bestätiget. U. weil, wenn in Ermangelung eines Testamentes, die nächsten Anverwandten nicht mehr leben, unser Landes Herr der König von Preußen alles erbet; so sind am 23.tn Oct. die Gerichts-Leute von S. Blaise gekommen, u. haben von allen ihren Haabseligckeiten, bis aufs kleinste Stücklein ein Verzeichniß gemacht. [498] Unter dem Texte dieses Tages stand der Choral: Dem Kayser gebt was Kaysers ist u. Gotte gebt was Gottes ist.
Am 4. ten Nov. hatte das ganze Häuflein in Montmirail ein LiebesMahl. Zu dem hiezu gebrauchten Brodte kamen wir folgender maaßen: Anno 1771. wuchs im Garten nicht weit vom Schloße ein Büschel Waitzen Aehren aus einem einzigen Korne, welches deutlich zu sehen war, als man solches nach der Erndte heraus zog. Wenn eine Aehre davon zerbrach, so wuchs gleich daneben wieder eine andere, doch wurden nur 40. davon reif, welche über 1300. Körner hatten. Diese wurden im Herbst gesäet; als sie aber im folgenden Jahre reiften, nahmen die Vögel sehr vieles davon weg, daß wir also, da es ohnedem nicht gut gerathen nur eine viertel Garbe erndteten.
Dieses geringe Maas ward vergangenen Herbst an einen guten Ort aus gesäet, u. hat sich so vermehrt, daß es dieses Jahr 1773. 17 Garben getragen. Von einem Theil ist nun ein ganzer Acker besäet, u. das übrige in der Haushaltung gebraucht worden. Alles zu sammen beträgt etwa 16. Francken 8. Gulden [499] nach dem Preiße der theuren Zeit, in welcher das erste Körnlein zu wachsen angefangen. Jung u. Alt freute sich auch hiebey der großen Güte u. Macht des Schöpfers, besonders die, welche den Anfang davon gesehen. Das war zugleich mein Abschieds LiebesMahl mit diesem Hause.
Am 6. ten Nov. reisete ich ab, u. kam über Basel, Strasburg, Speyer, Frankfurth Neudietendorff, Ebersdorff am 4. ten Dec. wohl behalten in Barby an. Der Herr bereite mein Herz zum Opfer das Gott wohlgefällt, für alle Seine Wohlthaten, in den bisherigen 9. Jahren meines Dienstes u. Auffenthalts in der Schweitz. Lobe den Herrn meine Seele u. vergiß nicht was Er dir gutes gethan hat!
Von Montmirail u. Bern an welchen beyden Häuflein ich den nächsten Antheil zu nehmen habe, bin ich nach der Zeit mit folgenden Nachrichten erfreut worden, u. zwar von Bern.
1.) Daß die neue Geschwister die noch in der
ersten Liebe stehen, darinnen fort gehen,
zur Erbauung ihrer Gesellschafts-Genoßen
u. das übrige überhaupt in allen übrigen
Gesellschaften die Offenherzigkeit zu nimt.
[500] 2.) Daß der Heiland auch an ein u. andern von den alten u. ersten kräftig u. tröstlich Arbeitet zur Erkenntniß ihrer selbst u.
3.) daß die Liebe zwischen den Seelen von der so genannten Heimberger Gemeinschaft u. den unsern zu nimt.
In Montmirail fährt der Heiland fort, wohl zu thun, u. Schaden zu wenden, u. sonderlich von Zeit zu Zeit tröstlichen Anschein zu geben, daß Sein Wort in den Herzen dasiger Jugend nicht unfruchtbar bleiben werde.
Eine unsere ältesten Bekannten aus dieser Gegend ist dahin gezogen, u. außer ihr noch 9. Personen.
Zum Jahres Schluß 1773. ist von dem Häuflein in der Schweitz, zu einer kurzen Danckbaren wieder Erinnerung folgendes zu erwehnen: Die Gnade Gottes unsers Heilandes hat auch dieses Jahr über ihnen allen fort gewaltet, in Güte u. in Ernst, u. hat sie auf der Weide seines Evangelii erhalten. Hierinnen sind sie weder von den Geistlichen noch Weltlichen Orden noch von ihren Mit-Bürgern gehindert u. gestört worden. Wo aber der Herr u. Sein Geist Unrath u. Unflat wahrgenommen, u. wo die Zeit seiner Geduld hierüber vollendet [501] war; da hat Er das Wort wahr gemacht: daß Er seine Tenne fegen will, u. hat an etlichen Orten verschiedener Personen, Untreuen offenbar werden laßen.
In Canton Bern sind seit einigen Jahren viele erweckte Seelen, aber von verschiedenen Einsichten. Von Seiten der Brüder hat man schon viele Jahre her gesucht, Mißhelligckeiten zu heben, u. Einigckeit herzustellen, u. der Heiland hat keine Bemühung der bis herigen Jahre unfruchtbar seyn laßen. Auch dieses Jahr hat Er die Bemühungen der Gemeinschaft, die im so genannten Oberlande von Heimberg aus, am Zahlreichsten ist, aber auch an andern Orten, u. in der Hauptstadt sich befindet, so gesegnet, daß auch unter ihnen selbst solcher Mißverstand gehoben worden, so daß dieses auch den unsern frommet u. dergleichen Personen nun auch mit uns so herzlich u. liebreich sind, wie die übrigen, u. sonderlich ihre Führer. Gelobet sey der große Hirte aller Schaafe u. Eigenthums Herr aller Hürden u. Ställe. Bey unsern Häuflein zu Bern welches aus etlichen 70. Personen bestehet, ist aus der Gemeinschaft eine verehlichte Schwester heimgegangen. Aus anderweitiger Bekanntschaft [502] der Geschwister aber, ist auch dieses Jahr wie in den vorigen gar manche Seele noch am Ende ihrer Seligkeit gewiß u. froh, u. so heimgenommen worden, wovon die Bekehrung u. Vollendung eines von unsers Bruder Lüzens Söhnen auf dem Sterbe-Bette sehr merckwürdig ist. In Montmirail ist die älteste unter den ledigen Schwestern zum lieben Heiland gegangen. Die Stellen der von uns wieder zu ihren Eltern nach Hause gekommenen Töchter, sind bis auf eine wieder besezt worden; so daß die Anzahl des ganzen Häufleins von etlich 40. Personen bleibet, wobey unsers lieben Herrn Sein Auf sehen, Vergeben u. heilen, leiten u. führen gnädiglich fortwaltet, wie auch über allen übrigen Häuflein in der Evangelischen Eidgenoßenschaft.
Der Herr unser Hirte, unser guter Hirte, der sein Leben für die Schaafe gelaßen u. sie in Seinen Leben, Leiden u. Sterben weidet, fahre fort auch dieser kleinen Heerden, wie Seiner ganzen Heerde auf dem Erdboden sich selber anzunehmen; daß Sein ganzer Rath von unserer Seligkeit, an uns aus geführet, u. unsere Herzen von Ihm u. Seinem Geiste zu bereitet werden, zu Opfern wie sie Gott gefallen.
[503]
Daß die Geschwister in ihren verschiedenen Abtheilungen ihren Gang ungestört fortgehen, in der Gnade wachsen u. zu nehmen, u. sich der liebe Heiland gar gnädig zu ihren Versammlungen bekenne. Die Rede des seeligen Jüngers über die Worte: Ist jemand in Christo, so ist er eine neue Creatur p. machte uns allen einen tiefen Eindruck, u. gab nachher Materie zu gründlichen Herzens-Gesprächen, dabey unser aller Wunsch war, daß der Heiland seinen ganzen Zweck an uns erreichen möchte. Bey den Sprechen mit den Geschwistern, vor dem Gemeinschaftlichen AbendMahl im Nov. merckten wir zu unserm Trost überall die Gnaden-Arbeit des heiligen Geistes an dem Herzen, u. daß ihr ganzer Sinn dahin gehe, nur allein für dem Heiland zu leben.
D. 24.tn Dec. kamen wir Abends gemeinschaftlich zur Christ-Nacht zu sammen, besungen die Geburt unsers lieben Heilands, u. beteten unsern Menschgewordenen Gott mit zerfloßnen Herzen an. Nachher hatte ich /: schreibt Bruder Nantikow :/ noch mit unsern Kindern eine [504] Herzliche Unterredung von der großen Liebe des Heilands zu uns, der darum ein kleines Kind geworden, daß Er für uns Leiden u. Sterben könnte u. fragte sie: Ob sie Ihm nun auch ihr ganzes Herz schencken wollten? welches sie mir alle versprachen, u. die Hand drauf gaben; Ich kniete so dann mit ihnen nieder, danckte dem lieben Heiland für Sein Kinder werden, daß Er um unsertwillen so arm geworden, u. sich uns zu gute in die Krippe legen laßen. D. 31. ten Dec. versamleten wir uns zum Beschluß des alten Jahrs, baten den Heiland um Vergebung alles deßen, womit wir Sein treues Herz betrübt, danckten Ihm herzlich für alle Liebe u. Gnade, die wir von Ihm genoßen haben, u. so beschloßen wir das Jahr mit beschämten u. zerfloßenen Herzen. Als besondere Danck Materien führen wir an:
1.) Den Gebrauch der Loosung, an welchen wir uns das zurück gelegte Jahr recht viel zu gute gethan haben.
2.) Die schönen Gemein-Nachrichten, daraus wir so viele selige Weide für unsere Herzen gehabt haben.
3.) Das überaus gnädige Bekenntniß des [505] lieben Heilands zu uns, so wol überhaupt, als insonderheit bey dem gemeinschaftlichen Genuß des heiligen Abend-Mahls.
4.) Die Gnaden-Arbeit des heiligen Geistes an den Herzen der Geschwister.
5.) Der gnädige Beystand des Heilands bey den verschiedenen in diesem Jahr grassirenden Kranckheiten, die auch Geschwister Nantikows u. sonderlich sie hart betroffen haben.
Sonst ist noch anzumercken: Das Häuflein in der Altmarck besteht aus mehr als 200. Seelen. 2. Brüder sind in diesem Jahr heimgegangen. 1.) In Seehausen unser Bruder Schultz, in deßen Hause die Versamlungen gehalten wurden. Er war schon viele Jahre an der Auszehrung kranck, u. hielt sich kindlich an dem Heiland, welches man ihn mehr abfühlen konnte, als er davon in Worte zu äußern im Stande war.
2.) In Osterburg der Bruder Schütze: Er war schon in seinen ledigen Stande um seine Seligckeit bekümmert, u. hatte einen stillen Gang. Als er schon bey Jahren war, suchte er sich eine Gehülfin, die mit ihm eines Sinnes wäre, die er auch an der jezigen Wittwe fand u. sie führten eine vergnügte Ehe mit einander, u. man spürte einen wahren Frieden [506] in ihrem Hause. Er war meist immer kräncklich u. hatte was Auszehrendes, war aber dabey munter u. verrichtete sein Geschäfte bis wenig Tage vor seinem Ende, da er Bettlägrig wurde, u. sehnlich verlangte, daß Sein Stündlein bald käme, welches ihm auch der Heiland gewährt hat. D. 1. ten Jan. 1774 /: so heißt es weiter in diesem Berichte :/ fingen wir das neue Jahr vergnügt mit unsern Geschwistern hier in Stendal an, u. baten den Heiland gemeinschaftlich uns zu segnen. Er war uns auch dabey recht fühlbar nahe. Am 2. ten Febr. kamen unsere 2. Wittwer u. 4. Wittwen die hier sind, zusammen. Die schönen Texte des Tages machten ihren Herzen einen gefühligen Eindruck, u. wir empfahlen auch das kleine Häuflein dem lieben Heiland zu Seinem ganzen Eigenthum. D. 13tn febr. machten wir einen recht seligen Eintritt in die seelige Paßions-Zeit. D. 16.ten ging die Schwester Wolfin selig heim; nachdem sie schon lange gekränckelt, u. ihrer Auflösung mit einem Versöhnten Sünder-Herzen sehnlich entgegen gesehen hatte. Auch meldete sich ein Studiosus Theologia, welcher bezeugte, daß es ihm von Herzen drum zu thun wäre [507] durch Jesu Verdienst selig zu werden, u. bat um Erlaubniß, in unsere Versammlungen gehen zu dürfen, welches ihm zu seinen Vergnügen gewährt wurde.
D. 23. ten kam ein Mann, der schon geraume Zeit unsere Sonntags Versammlungen besucht u. sagte: Ich suche schon lange eure Bekanntschaft, habe aber noch nie gesagt was ich für ein schlechter Mensch bin, u. fing darauf recht offenherzig an von seinen Zustand zu reden, u. wir wiesen ihn mit allem gerade zu dem Freunde der armen Sünder.
D. 1. ten Merz wurde eine Rede über die Worte gelesen: was zum Munde heraus gehet, verunreiniget den Menschen.
Der heilige Geist begleitete diese Materie an den Herzen der Geschwister, u. es äußerten sich wahre Beweise Seiner Gnaden-Arbeit. Am 6. ten hatten wir ein recht seeliges AbendMahl u. beym Anbeten war Er unsern Herzen unaussprechlich nahe. D. 25ten waren wir ganz weich u. beschämt über der großen Liebe des Heilands, daß Er unser armes Fleisch u. Blut an sich genommen hat, u. wir danckten Ihm auf unsern Knien mit Herzens-Thränen [508] dafür, u. ergaben uns Ihm aufs neue zu Seinem Eigenthum. D. 27. ten fingen wir die Marter-Woche an, u. lasen in unsern Gelegenheiten die Leidens-Geschichte der Harmonie aus den 4. Evangelisten. Wir baten den Heiland uns Sein Leiden u. Sterben recht nießbar für unsre Herzen zu machen, u. uns überall in seine Liturgien mit zu nehmen, welches Er auch seliglich an uns erfüllt hat.
Beym Zurück dencken an dieses verfloßene Jahr /: schreiben Geschwister Bloks u. Bruder Meinunger :/ finden wir über uns selbst u. die hiesige Diaspora, die wir zu bedienen haben gar manchen Schmerz, mit dem wir zu dem Barmherzigen Herzen, unsers ewig treuen Hirten, Heilandes u. Hohenpriesters eilen. Wir fühlens, wir sind große Schuldner, die unsern lieben Heiland gar viel geübt u. betrübt haben, u. achten Seine Geduld für unsre Seligkeit.
Unser viel Versehen u. zurückbleiben in
der Liebe zu Ihm, u. unter einander, beschämt
uns vor Seinem Angesicht, u. nichts
[509] als Seine Gnade, nichts als Sein theures Verdienst
u. viel Vergeben ist im Stande unsre Herzen
darüber zu trösten. Dennoch bekennen wir zu
Seinem Lobe, daß uns armen Sündern auch
die Zeit hindurch so viele Barmherzigkeiten
u. Gnaden-Wohlthaten um des Blutes Jesu
Willen wiederfahren sind, daß wir sie weder
beschreiben, noch viel weniger, wie Seine
Langmuth, Liebe u. Treue es um uns verdient
hat, Ihm verdancken können. Er hat uns
von außen Friede u. Ruhe u. einen ungestörten
Gang geschenckt; Er hat uns Sein
Nah u. Daseyn in unserer Mitte fühlen
laßen; Er hat sich aus Gnaden zu unsern
Versamlungen u. Gesellschaften bekannt
u. sich unserer Seelen im Ganzen u. in den
Theilen herzlich angenommen; Er hat uns in
dem Wort von Seiner Leiden Versöhnung, wovon
auch auf den hiesigen Canzeln, manches
schöne Zeugniß abgelegt worden, Weide für
unsre Herzen finden laßen. Besonders gesegnet
war uns die Paßions-Geschichte, die
dis mal in der Marter-Woche von jedem Haus-Vater
seiner Familie vorgelesen wurde.
Die täglichen Loosungen u. Texte, u. die Capitel woraus sie genommen waren, haben wir [510] mit Segen gelesen, u. daran gegeßen u. getruncken. Selbiges benebst der Loosung u. der Gemein-Nachrichten der geschriebenen Reden aus den Wochen, u. der gedruckten Reden des seeligen Jüngers, haben uns zur seligen Erkenntniß, des Heilands u. unsrer selbst gebracht; zu mehrerer Gründung auf seinen Tod; zum einfältigen u. kindlichen Umgang mit seiner Marter-Person, u. zum Kleinseyn u. liebhaben unter einander vieles aus getragen.
Dazu hat Er auch besonders das viertel
jährige heilige AbendMahl, das die meisten von hiesigen
Häuflein gemeinschaftlich in ihren respectiv
Kirchen genoßen, jedes mal gesegnet. In
besonders Danckbaren Andencken, ist uns
allen u. sonderlich unsern Ehe-Leuten der
zweymalige gesegnete Besuch unserer lieben Geschwister
Layritz. Durch des Bruder Layriz geseg-
eindrückliche Reden u. herzliche Unterredungen
sind ihnen ihre Kinder-Erziehung wichtig gemacht
u. zur Angelegenheit worden, dieselbe nach
Jesu Herzen, durch Seine Gnade immermehr führen
zu lernen. Ueberhaupt sind dieses Jahr
gegen 40. Gemein-Geschwister hier durch gereißt
10. Personen haben Erlaubniß erhalten, in
[511] unsere Versamlungen zu gehen, u. 3. sind
readmittirt worden. Von hier sind 10. Personen
weg gekommen, 5. Kinder geboren, u.
5. Geschwister heimgegangen. Das ganze
Häuflein besteht aus 71. Personen.
Am 7. ten Dec: October gefiel es unsern lieben Herrn
Seinen Diener unsern lieben Pastor Löper in
seine Ruhe eingehen zu laßen, und in Gegenwart
des Bruder Pfohls, welchen er, weder
bey Tag noch Nacht von sich laßen wollte.
Unser seeliger Bruder hat folgendes von Seinem Gange durch diese Zeit hinterlaßen.
„Ich, Joachim Daniel Löper, Pastor an der St. Petri u. Pauli Kirche zu alten Stettin, bin geboren d. 3. ten Juny. 1710. zu Parchen in Mecklenburgischen, wo mein Vater herzoglicher Steuer Einehmer, u. zulezt Kammer Cassirer war. Anno 1726. kam ich hieher nach Stettin zu meines Vaters Bruder, der mich außer den Schul-Stunden auf dem Gymnasio sorgfältig in den Studien unterrichtete. Nach 4. Jahren ging ich auf die Universitaet nach Halle. Hier fehlte es zu der Zeit nicht an Erweckungen unter den [512] Studenten, u. ich wurde auch öfters kräftig bewegt, allein, dabey blieb es auch, u. ob ich gleich in aller äußerlichen Ehrbarckeit u. Frömigckeit einher ging, um ein gutes Zeugniß zu erhalten, welches damals unumgänglich nöthig war, wenn man in Preusischen Landen zu einer Prediger Stelle gelangen wollte; so hatte doch keine rechte Einsicht ins Evangelium, u. kannte den Mann noch nicht, der in die Welt gekommen die Sünder selig zu machen. Anno 1738. ward ich zum Prediger nach Woltersdorff in Hinter-Pommern berufen. Da hatte ich das Glück, daß ein erweckter Prediger mein Nachbar war, durch deßen erweckliche Unterredungen ich zwar mehr Einsicht in mein tiefes Verderben u. das Verdienst des Heilands bekam, aber zur wahren Bekehrung kam es doch nicht. Anno 1744. kriegte ich ganz unvermuthet einen Ruf zum Diaconat bey der St. Petri u. Pauli Kirche in Stettin.
Da nahm ich mir recht ernstlich vor, nicht allein
den Herrn Jesum selbst zu lieben: sondern
auch Sein Reich zu bauen, u. wenn ich auch Hunger
u. Kummer darüber leiden sollte. Es
fanden sich auch bald einige erweckte Seelen
zu mir, mit denen ich erstlich im Hause, u. dann
[513] weil es Aufsehen machte in der Kirche eine Erbauungs-Stunde
hielt. Zur Aufweckung mochte
wol dieses gereichen, allein, wie diese Sache
in Christo zu unterhalten, darinn waren wir alle
unwißend, u. es ging gar sehr schwach her, bis
wir uns, nach manchen dazwischen gekommenen Irrungen
u. Trennungen, an die liebe Brüder-Gemeine
anschloßen. Von dem lieben Bruder Hüffel u.
deßen Umgange hatte ich viel Segen, wodurch
ich völlig überzeugt wurde, daß die Brüder
ein Volck Gottes hier auf Erden sind, u. daß
sie Gott zu einen Damm gesezt habe, daß
Christus u. Sein Verdienst, Marter u. Tod
nicht ganz vergeßen, u. ausgemerzt werde.
Ich kan nicht sagen, was darauf die Gemein-Nachrichten,
deren Mittheilung ich mir
aus drücklich aus gebeten, für einen Segen
auf mein Herz gehabt haben. Daher trug
ich weiter nicht das geringste Bedencken, mich
zu den Brüdern zu halten, so daß es auch
der ganzen Stadt kund wurde, daß ich ihr
Mitgenoße sey, u. nicht nur äußerlich in ihrer
Gemeinschaft stehe, welches mir nichts helfen
würde: sondern auch in der Hauptsache
mit ihnen Eins wäre, nemlich allein u. ohne Unterlaßung
mit ihnen in Christi Marter u. Verdienst
[514] zu weiden, u. darinnen endlich selig zu
verscheiden. Ich bleibe auch durch des Heilands Gnade
mit ihnen in einem unverrücktem Bande, u.
warte jezt darauf, daß Er mich aus Gnaden
um Seines für mich vergoßenen Blutes willen
als einen armen Sünder, aus dieser Zeit
zu sich nehmen, u. bald wird Sein Antlitz mit
Freuden schauen laßen.“
So weit des seeligen Bruders eigene Worte.
Anno 1739. verheyrathete er sich mit Beate Elies. Rükzin seines Vorfahren in der Pfarre jüngsten Tochter, mit welcher er 3. Kinder hatte, davon noch eine Tochter am Leben, u. an den Herrn Hof Fiscal Löper verheyrathet ist. Diese seine Frau ging Anno 1745. selig u. mit Freuden zum Heiland. u. Anno 1746. tratt er zum andernmal in die Ehe, mit der nunmehrigen Wittwe Charlotte Margr. Löpern, des seeligen Pastor Löpers in Dobercow Tochter, da sie, wie er selbst sagte, eine vergnügte Ehe sonderlich die lezten 10. Jahre seit sie mit Geschwister bekannt worden, mit einander gehabt haben. Unser seeliger Bruder, war schon seit ein paar Jahren schwächlich besorgte aber sein Amt in allen treulich, bis er am 9.tn Sonntag nach Trinit. dieses Jahrs, da er schon [515] etliche Tage vorher einige kränckliche Umstände bey sich gewahr wurde, seine lezte Predigt von der wahren Bekehrung zu Gott, in der Kirche hielt, u. sich von der Zeit inne halten muste, auch bald die Gedancken bekam daß er wol bey dieser Gelegenheit zum Heiland gehen würde. Einmal sagte er: ich gehe gern u. mit Freuden zum Heiland, ich bin mit Ihm verstanden, es ist alles abgethan, u. alles versöhnt, es ist nichts mehr zwischen Ihm u. mir, ich bin getröstet, wenn ich auch Nachfrage bey mir halte; so ist alles gut gemacht, ich gehe als ein armer Sünder zu Ihm, Christi Blut u. Gerechtigkeit das ist mein Schmuck u. Ehren-Kleid.
Er bestellte solang er nur konnte sein Haus u. Amt, u. war oft bey aller Leibes-Schwachheit mit Geistes Kraft angethan, daß er jedem mit der grösten Freudigkeit, das Wohlseyn seines Herzens bezeugen, u. sie zu Jesu hinweisen konnte.
Sein Character war Klein von sich zu dencken u.
mit jedermann in Friede zu leben. Er war
nicht von vielen Worten, u. was er redte
war gründlich u. eindrücklich. Nichts konnt ihn
in gesunden Tagen mehr erfreuen, als wenn
[516] er von dem Segen, den der Heiland unter den
Heiden schafte, hörte, oder hie u. da eine
neue Thüre für das Evangelium geöffnet
worden. In seiner Kranckheit verlangte
er, daß die Brüder bey ihm wachen sollten,
da denn manche seelige Liturgie um sein Bette
gehalten wurde, worein er bis weilen
lieblich einstimmte, u. auch oft selbst die Verse
dazu angab. Die lezten Tage der
Warte-Zeit hat er meistens stille, u. in
wahrem Vergnügen seines Herzens zu gebracht;
so wie er überhaupt in seiner Kranckheit
nicht viel geklagt, als über Schwäche u. Mattigckeit,
die immermehr zu nahm, bis er am
7. ten Oct. früh um halb 4. Uhr unter einer
lieblichen Liturgie des u. Bruder Pfohls Einsegnung
erblaßte, u. in seines Herrn Freude einging,
nachdem er die Tage seiner Wallfahrt hienieden
auf 63. Jahr u. 4. Monate gebracht hatte.
D. 14.tn wurde seine entseelte Hütte beerdiget.
Er hatte sichs aus gebeten, daß die Brüder
ihn tragen, u. seiner Leiche folgen sollten,
welches auch so geschahe. Es war ein sehr
großer Zulauf von Menschen, u. die Kirche wurde
so voll, daß niemand mehr hinein konnte.
[517] Der liebe Herr Pastor Steinbrük der auch bey
dem Abscheiden des Seeligen gegenwärtig gewesen,
hielt über den, von demselben erwehlten
Spruch: Gott hat den, der von keiner Sünde
gewußt, für uns zur Sünde gemacht, auf
daß wir würden in Ihm die Gerechtigkeit
die vor Gott gilt, eine rührende Parentation,
darinnen er dem seligen das Zeugniß gab
eines Recht schaffenen Predigers, dem das Wohl
seiner Gemeine angelegen, u. der selbst eine
lebendige Erkenntniß seines Heilandes gehabt
habe. D. 31. ten gab die Schwester Löpern
den Eheleuten u. Wittwen ein LiebesMahl, wobey
sie mit erstern Abschied machte, u. sich nun
an leztere anschloß. Wir wünschten ihr
einen seeligen Sabbath im Umgang mit dem
Schmerzens-Mann, daß Er sie mit neuer
Gnade anfaßen wolle, u. sangen ihr dazu
einige Verse. D. 2. ten Nov. kamen wir
zu der gewöhnlichen Zeit zu sammen, u. weil es
heute 5. Jahr, daß sich dieses Häuflein aufs
neue nach mancherley Trennungen angefangen
zu sammlen; so hielten wir ein Danckbares
u. fröhliches LiebesMahl, darauf wurde eine verheyrathete
Schwester unter uns aufgenommen.
Es waltete ein wahrer Gottes-Friede dabey,
[518] u. jedes erneuerte seinen ersten Bund mit dem
Heiland. D. 19. ten machten wir den Beschluß
mit den Gemein-Nachrichten vom Jahr-Gange
1772. Wir danckten unsern lieben Herrn u. Heilande
auf den Knien für diese Gabe, wie
auch für die reichen Segen, die Er dadurch
unsern Herzen zu fließen laßen.
Am 24. ten Dec. kamen wir zu einem vergnügten Lob u. Danck LiebesMahl, für die Heil bringende Geburt Jesu Christi zusammen, u. danckten der heiligen DreyEinigckeit auf unsern Knien, das nun das Heil unser aller ist. Die verwittwete Frau Pastorin Hollazin, welche jezo in Damm wohnt, fand sich mit ihren 2. Töchtern, zu dieser u. unsern übrigen Fest-Gelegenheiten auch mit ein. Wir bekennen zum Schluß dieses Jahrs, daß der Herr viel an uns gethan hat; Er ist in unsrer Mitte gewesen, ist Barmherzig, Geduldig, gnädig liebreich, aber auch ernstlich u. scharf gewesen. In unsern Versammlungen u. beym Genuß des heiligen AbendMahls hat Er uns getröstet, u. mit Seiner lieben Nähe gesegnet. Unser lieber Vater im Himmel hat uns Seine Kinder ernährt, beschützt, bewahrt, u. uns viel gutes aus Seiner Hand zu fließen laßen, u. hat uns [519] auch Ruhe von außen gegeben, daß wir unsere Versammlungen in der Stille u. Ordnung haben fort halten können.
Der heilige Geist hat treue Pflege an uns bewiesen, Er hat uns Jesum in seiner Marter-Gestalt, u. die Versöhnung für uns mehr verklärt, u. manches auf die gründliche Erkenntniß sein selbst geführt, daß es aus Noth u. Liebe nach Ihm zu blicken gelernt hat; Er hat auch manches unlautere entdeckt, wofür, wie vor alles übrige, wir von Herzen Danckbar sind.
Unser Häuflein hat sich mit 8. Personen vermehrt, 2. sind heimgegangen, u. ein Bruder ist zur Gemeine gegangen, so daß unsere Anzahl aus 75. Personen besteht.
Am 22. ten July. bewillkommten wir unsern lieben Bruder Stolpe von seiner Reise aus Schweden, u. danckten dem Heiland mit ihm, der ihn nach Leib u. Seele bewahrt hatte. D. 25ten war bey Gelegenheit des Textes: Gott sey mir Sünder gnädig! In der Versammlung der ledigen Brüder das Haupt Anliegen den Heiland zu bitten uns immer [520] als arme Sünder zu erhalten, die sich täglich im Blute Jesu, reinigen, schmücken, u. salben laßen. D. 11. ten Aug. besuchten Geschwister Crögers einige hie u. da auf dem Lande mit uns verbundene Geschwister u. danckten den Heiland der sich eines jeden in seinen Winckelgen nach Ihm weinenden Herzens annimt u. ihm durchhilft. Am 29.tn Aug. hatten die ledigen Brüder ein LiebesMahl zu ihrem Chorfest. Bruder Cröger verlas ihnen die Rede des Bruder Reichels über die vorjährige Loosung. Nachdem sie in einem herzlichen Gebete, dem Heiland alle Mängel, Gebrechen u. Fehler bekannt, u. Ihm vor seine unermüdete Treue u. Bewahrung Leibes u. der Seelen gedanckt hatten, ergaben sie sich aufs neue seinen treuen Händen auf die künftige Stunden.
Am 1. ten Sept. kamen die 7. nach West-Indien bestimmten Geschwister zu beyderseitigen Freude, gesund u. munter hier an. D. 7. ten hatten wir Gemein-Geschwister mit diesen Pilgern ein LiebesMahl, wobey die Grund-Regeln des Ehe-Chors aus den lezten Verlaß des Synodi verlesen wurden. Diese Materie legitimirte sich auch besonders in der Versammlung [521] der verehlichten Brüder am 8ten da von der Chor-Gnade gehandelt wurde. Sie fanden Ursachen genug, sich über ihr Zurückbleiben zu schämen, u. den lieben Heiland kindlich um Vergebung anzu flehen, u. gaben sich Ihm mit Leib u. Seele hin, daß Er sie zu wahren Bildern von Ihm u. Seiner Gemeine in ihrer Ehe machen wolle.
D. 10ten ging die ledige Schwester Maria Nielsen u. am 17. ten die ledige Schwester Sophia Müllerin heim. D. 30ten begaben sich die 7. nach West-Indien bestimmten Geschwister nach zärtlichen Abschied zu Schiffe, dem Heiland u. Seinen Engeln befohlen, u. Bruder Mathiesen begleitete sie bis Helsingor. Am 8.ten Oct. reißte der ledige Steuermann Christ. Petersen, der sich ein ganzes Jahr, um eines Beinbruchs willen hier auf gehalten, u. vielen Segen vor sein Herz genoßen froh u. Danckbar nach Flensburg zurück. D. 30ten kamen die 4. nach Ost-Indien gehenden Brüder glücklich hier an, u. am 31. ten Bruder Johann Böhnsch aus Grönland über Schweden, wo das Schiff wegen widrigen Windes ankern müßen.
D. 11. ten Nov. hatten die ledigen Schwestern ein gesegnetes LiebesMahl. 2. große Mädgen wurden [522] ins Schwestern Chor auf genommen, u. dem lieben Heiland zu einem seeligen Gange ans Herze gelegt. Am 13. ten hatten wir Gemein-Geschwister mit den Pilgern ein LiebesMahl, u. stellten uns unsern Haupt u. Aeltesten zu neuer Absolution u. Gnade dar.
D. 17. ten wurde mit einigen Knäbgen eine Gesellschaft angefangen, die alle 14. Tage seyn wird. D. 21. ten ging die kleine Anna Rebecca Petersin heim. Am 26. ten nahmen wir, am 60. sten Geburts Tag unsers lieben Bruder Crögers, u. am 27. ten am 65tn Geburts Tag unsers lieben Bruder Praetorius herzlichen Antheil, u. wünschten ihnen viele Segen, aus der blutigen Fülle Jesu.
Der Ausgang aus dem Alten u. der Eintritt in das neue Kirchen-Jahr, beugte unsere Herzen über die unendliche Geduld u. Treue unsers Herrn. Die Loosung: Siehe da eine Hütte Gottes bey den Menschen, gab uns Muth u. die Versicherung, daß der Heiland auch in dem neu angefangenen Kirchen-Jahr mit uns seyn, u. uns Seinen Frieden fühlen laßen wolle. Am 1.tn Dec. als am angeordneten Danckfest in den Dänischen Landen, erinnerten sich die verehlichten [523] Brüder in ihrer Versammlung an die Wohlthaten, die sie nach Leib u. Seel vom Heiland genoßen, u. empfahlen mit Danckbaren Herzen sich, u. die Sache des Herrn in hiesigen Landen, u. das ganze Königliche Haus dem Heiland zu neuer Gnade u. Bewahrung.
D. 12. ten verlas Bruder Grasmann eine Rede des Bruder Josephs, u. redte nachher noch mit sünderhaften Gefühl von unserm Unvermögen, u. von der Kraft die die armen Sünder im lieben Heiland haben. D. 16. ten reiste Bruder Bönsch nach herzlichen Abschied nach Barby ab, u. am 24. ten hatten wir mit den Ostindischen Brüdern ein LiebesMahl, u. verbanden uns, mit ihnen, beym Creutze zu bleiben, u. die Sache Gottes zu treiben, bis wir Ihn sehn von Angesicht.
Die Brüder Stolpe u. Mathiesen begleiteten sie bis aufs Schiff, u. empfahlen sie dem Heiland zu ihrer fernern Reise. Ihr 8. Wöchiger Auffenthalt unter uns, bleibt uns in guten Andencken. Am 31. ten machten die ledigen Brüder mit einen gesegneten Eindruck von dem, was der Herr an ihnen gethan, den Beschluß des Jahrs, in einer Singstunde, u. sangen zum Schluß: Nun dancket alle Gott p.
Unser Häuflein besteht aus 380. Erwachsenen [524] Personen, dazu kommen noch 26. Knäbgen u. 40. Mädgen, Kinder unserer Geschwister, die wir mit uns dem lieben Heiland u. Seiner Gemeine ans Herz legen. Er fahre ferner fort, Seine Friedens-Gedancken über uns walten zu laßen, u. laße die Lehre von Seiner Marter, Blut u. Tod uns beständig lebhaft u. Eindrücklich bleiben, so werden wir an unserm Häuflein, u. der liebe Heiland u. Seine Gemeine, an uns u. demselben noch viel mehr Freude erleben.
Nun folgen noch einige Lebens-läufe in diesem Jahr hier heimgegangener Geschwister:
1.) Die kleine Sophia Rizin war hier in Coppenhagen. d. 29.tn Apr. 1771. geboren. Sie war ein munter u. freundliches Kind, u. ihren Eltern zu vielen Vergnügen. Am 1. ten Juny dieses Jahrs wurde sie an den Blattern kranck, u. man hörte sie fast beständig davon reden, daß sie gerne heimgehen wollte. Man merckte bey ihr eine wahre Liebe zum Heiland, u. der einfältige u. heitere Blick auf Ihn leuchtete ihr zu den Augen heraus. Am 28ten Juny. ging ihre Seele sanft u. stille in die Arme des Kinder-Freundes über. Ihres Alters 2. Jahr u. 2. Monate.
[525] 2.) Die ledige Schwester Anna Maria Nielsen war d. 6. ten Sept. 1740. auf Seeland geboren. Sie kam Anno 1767. unter die hiesigen ledigen Schwestern ging einen stillen Gang u. war in ihrem Dienste treu. Endlich überfiel sie eine Kranckheit die immermehr zu nahm, u. sie fing an zu glauben, daß sich ihr Ende nahete.
Sie kriegte ein sehnliches Verlangen balde zum lieben Heilande zu kommen, u. flehete Ihn beständig an, daß Er ihr gnädig seyn, u. sie über alles absolviren wolle, welches Er auch erhörte, u. ihr die Versicherung schenckte, daß Er alle ihre Sünden mit Seinem Blute abgewaschen, u. sie mit Seiner Gerechtigkeit überkleidet habe, u. so ging sie am 10ten Oct. selig in die Wunden über, im 34. ten Jahr ihres Alters.
3.) Die ledige Schwester Edle Sophia Müllerin war d. 21. ten Febr. 1739. hier in Coppenhagen geboren. Wurde gleich in ihrer zartesten Jugend dem Heiland ans Herz gelegt u. in die Anstalt der Schwester Hoyerin gethan. Sie war von klein auf sehr schwermüthig, u. wollte sich immer selbst vor der Sünde hüten, hielt sich auch gerne vor sich, daß sie nicht von andern zu etwas verführt werden möchte, u. glaubte, sie wäre [526] beßer als andere. Diese ihre Schwermüthigkeit, begleitete sie auch in den folgenden Jahren. Als sie aber vor 4. Wochen Bettlägrig wurde, so ging bey der Gelegenheit viel in ihrem Herzen vor. Sie wurde um Gnade verlegen u. gestand selbst, daß sie sehr eigengerecht gewesen, u. die Gnade des Heilands gering geschäzt habe. Der Heiland tratt ihr in Seiner Marter-Gestalt vors Herz, daß sie sich als eine arme Sünderinn in Seinem Blute gerecht sahe, u. nahm sie am 17. ten Oct. selig zu sich, in ihrem 35tn Jahr.
4.) Die kleine Ana Rebecca Petersin war d. 28ten Merz. 1770. hier in Coppenhagen geboren. Sie war ein munteres Kind, u. hörte gern vom Heiland, daher ihr ihre Mutter ofte was von Ihm erzehlen muste. Vor einem halben Jahr sagte sie beständig, daß sie künftige Weyhnachten zum lieben Heiland gehen würde, u. als sie gefragt wurde: ob sie Eltern u. Geschwister verlaßen wollte? antwortete sie: Ja! sie sollen alle mit mir gehen. Sie wurde denn kranck, u. freute sich gleich, daß sie zum lieben Heiland gehen werde, welches auch am 21. ten Nov. geschahe, nachdem sie 3. Jahr u. 8. Monate gelebt hatte.
[527]
D. 3. ten Jan. predigte ich in Tawnfork u. taufte 2. Kinder. D. 8. ten predigte ich an der Abbots-Creek von der Erkenntniß-Gottes in dem Angesichte Jesu. D. 10ten hatte ich wieder einen großen Haufen Menschen, die aber sehr wild u. ungebrochen waren. Ich predigte über den Text: Ist unser Evangelium verdeckt, so ist es denen die verloren gehen verdeckt. Der Herr stand mir armen bey u. gab mir Gnade, das Schwerdt des Geistes zu führen, scharf u. gelinde. Er wolle es einer jeden Seele zu Seiner Zeit segnen! Ein englischer Mann nahm mich hernach mit zu Hause, weil seine Frau sehr kranck war. Ich fand, daß sie als eine arme Sünderinn am Heiland hängt, u. viel seliges genießt. O! wie Herz erquickend ist es, einmal eine Seele anzutreffen, die wahrhaftig an den Heiland glaubt. Denn fromme Leute u. Religions Schwäzer gibt es genung, aber solche Seelen, die wahre arme Sünder sind, findet man sehr selten.
[528] D. 11. ten kam ich in Friedland geraden zum
Aufschlagen des Dachstuhls, am neuen Schuhlhause,
zurechte. D. 16. ten besuchte ich in Friedberg
in einigen Häusern, u. hatte mit Eltern
u. Kindern gesegnete Unterredungen.
D. 17.ten kam ich auf meiner Reise in eine Versamlung der Täufer, dabey mir sehr wehe zu muthe war. D. 19. ten traf ich wieder bey Geschwister Pfaffs in Friedberg ein. Ich fühlte den Frieden-Gottes, der auf dieser Familie ruhet. D. 1. ten Febr. reiste ich von Salem ab, in der seeligen Nähe meines Freundes, die Er mich auch bey allem Gefühl meiner Armuth u. Mangelhaftigkeit auf der ganzen Reise genießen ließ, zu tiefer Schaam u. Beugung vor Ihm. In Friedberg besuchte ich den Krancken Daniel Hartmann, der damals noch ungetauft u. in Furcht u. Angst des Todes war. Ich wieß ihm zum Heilande dem Sünder-Freunde, bey dem Er gewiß Gnade u. Vergebung erlangen würde, u. der Heiland segnete das Wort an seinem Herzen. D. 2. ten reiste ich nach der Atkin, wo ich d. 3. ten eine Versamlung hielt, u. von der Liebe Jesu zu armen Sündern redete. O! wie wichtig waren mir die Menschen, u. wie sehnte sich meine Seele nach ihrem Heil in der Empfindung [529] der blutigen Liebe! Aber wie betrübt bin ich wenn ich keine um ihr Heil wahrhaftig verlegene Seele finde. D. 4. ten sprach ich doch mit einen Mann, der klein, weich u. zerflossen war. Es kam auch ein alter 70. Jähriger Mann zu mir, als seinen Landsmann. Er war sehr belesen u. redete viel, aber ich sahe, daß das Licht in ihm Finsterniß war, u. sagte ihm, daß das Reich Gottes nicht in bloßen Worten, sondern in Kraft u. Realitaet bestünde, worauf er kein Wort mehr sagte. D. 7. ten predigte ich einer großen Anzahl Menschen. Mir war wohl in meinem Herzen; aber das Wort hatte leider! keine Wirckung auf die Gemüther die nichts annahmen. Nachher kam einer u. wolte mit mir disputiren. Ich fragte ihn, ob er jemals in seinen Leben in Seelen-Noth gewesen wäre, u. die Kraft des Todes Jesu an seinem Herzen erfahren habe? er sagte: nein! u. ich fuhr fort: er sollte hingehen, es erst lernen ein Sünder zu werden, u. an seiner eigenen Seele erfahren, was ein Versöhner sey. D. 8ten war ich in Hunting-Creek, wo ich Versammlungen hielt. D. 15ten sprach ich eine krancke alte [530] Mutter, mit der ich recht gefühlig vom Heiland reden konnte. Dann traf ich einen Mann an der ehemals was gutes gehabt, dem aber die Raub-Vögel alles weg gefreßen haben.
D. 26. ten reiste ich nach Hugh Warren, wo ich mit einen alten krancken Mann gefühlig vom Heiland reden konnte. Weil ich mich kräncklich fühlte kehrte ich bald wieder um, unterwegs merckte ich bey einigen Leuten, daß es mit denen die aus eigener Kraft fromm seyn wollen, sehr schwer hält, als Sünder an den Heiland zu glauben. Ach Selbst-Erkenntniß! ach wie groß! Gottlob daß ich ein Sünder bin! bin ich noch was, so fahr es hin. D. 28ten predigte ich in Townfork, u. reiste von da über Bethanien nach der Atkin. D. 2. ten Apr. hielt ich daselbst einer großen Menge Menschen eine Rede von der Freyheit von Sünden in Jesu Blute. D. 9. ten als am Charfreytag hielt ich in Friedland die erste Versammlung im neuen Schul-Hause. D. 11. ten hielt ich an der Hugh Warrek die Versammlung über den Text: Sehet! das ist Gottes-Lamm p. ein Mann erzehlte mir nachher, daß er 7. Jahre in Unruhe seines Herzens hingegangen sey, u. sich bald zu dieser, bald zu jener Parthey gehalten, [531] aber nichts für sein Herz gefunden habe. Er hätte auch gehört, daß die Moravians eine irrige Lehre hätten, nun aber habe er es ganz anders eingesehen, er wolle nun auch den Heiland kennen lernen, u. nicht mehr auf andere hören.
D. 12. ten hielt ich an der Carraway-Creek eine Versamlung u. Taufte 3. Kinder.
Mein guter Heiland erbarme sich meiner, u. gebe mir Kraft u. Gnade, daß doch noch etliche errettet werden, von den Stricken des Satans, darin er sie gefangen hält!
Unser seliger Bruder Georg Sölle hat von seinem Laufe durch diese Zeit, selbst folgenden Aufsatz hinterlaßen:
„Kommet her, höret zu, ich will erzehlen was der Herr an meiner Seele gethan hat, was der Gott meines Heils, der am Creutz für mich erblaßt ist, an meiner armen, im Tode verlornen Seele gethan hat, auf daß auch andre Sünder die es hören, den gnädigen u. Barmherzigen Heiland kennen lernen u. erfahren, was Sein Blut, an armen Sündern thut.
Ich bin d. 6. ten Nov. 1709. auf der Insel Errö in Dännemarck geboren. Die [532] Gnade, die mir der Kinder-Freund durch die heilige Taufe ertheilt hatte, verlor ich nach u. nach, so wie die Sünde u. das Verderben bey mir überhand nahm. In meinem 12. ten Jahr überfiel mich so eine Furcht u. Schrecken vor dem lieben Gott, daß ich in die Kirche ging, mich auf den Boden warf, u. den lieben Gott mit Thränen bat, mir meine Sünden zu vergeben. Die Angst verlor sich zwar, ich wurde aber nur sicher u. ging noch 12. Jahr meine eigene Wege fort. 1734. da ich in Odensee auf der Schule war, über kam mich eine neue Unruhe; ich fühlte den Greuel der Sünden, betete u. weinte dagegen, u. stand viele Angst u. Noth darüber aus, daß ich wie eine Leiche wurde. So ging ich etliche Jahre sehr gedrückt u. elend hin, u. weil alles um mich herum Tod war in Ubertretung u. Sünden; so wünschte ich oft nur einen einigen Menschen zu finden mit dem ich reden könnte. Ich fühlte dabey doch manche Gnaden-Züge des Heilands an meinen Herzen u. bekam Trost. Ja weil das Heil meiner armen Seele mir so am Herzen lag; so ging ich Tag u. Nacht damit [533] um, u. träumte auch davon. Einmal kam es mir vor, als wenn ich mit einem andern die Leiche des Heilands trüge, u. da sie uns unter den Händen verschwand, hörte ich eine Stimme recht vernehmlich aus rufen: Die Brüder haben überwunden! welche Worte 3mal wiederholt wurden. Ich wuste aber dazu mal noch kein Wort von der Brüder Gemeine. Als ich daher, nachdem ich zum Lutherischen Prediger berufen u. ordinirt worden, öffentlich von der Gnade zeugte, die ein armer Sünder zu Jesu Füßen erfährt, u. des wegen für einen Herrnhüther gehalten u. darüber gefragt wurde, konnte ich nicht anders sagen, als daß ich noch nie von ihnen gehört hätte.
Aber bald darauf 1742. sahe ich den Bruder
Grasmann als den ersten Bruder von
der Gemeine in deßen Umgang u. Unterredung
mir recht Wohl ums Herz wurde,
u. da lernte ich erst die Sünden aller Sünden,
den Unglauben bey mir kennen,
daß ich noch nicht des Heilands blutige
Versöhnung an meinem Herzen erfahren
hatte. Dann ging mir erst mein Grund-Verderben
recht auf, u. es wurde mir sehr
[534] schwer, vom Heiland zu reden u. zu predigen
den ich selbst noch nicht kannte, u. meine
nennen konnte; ich sahe es auch nicht als
eine Versuchung u. Anfechtung an, sondern
wuste u. fühlte: Um meines Unglaubens
willen, bin ich ein verlorner u. verdammter
Sünder. Da erschien mir der Heiland in
Seiner Creutzes Gestalt, u. wie Er sich für
alle meine Sünden am Creutz zu Tode geblutet
hat. Ich bekam das Trostwort
in mein Herz durch Sein Blut versiegelt:
Dir sind alle deine Sünden vergeben!
Ich fühlte Seinen Gottes Frieden in meinen
Herzen, u. die Gnade aus Seinem Wunden
überströmte mein Herz. Da war ich wie
von neuen geboren. Nachdem 1747. mein
alter Principal deßen Diaconus ich war
in seinem 82. sten Jahre, als ein im Blute
Jesu versöhnter Sünder selig heim gegangen
warr, wurde ich meines Amtes los, u. da
mir es der Heiland in meinem Herzen klar
machte, daß ich zu Seinem Brüder-Volck
gehörte; so faßte ich den Entschluß, zur
Gemeine zu gehen. Die Brüder in Coppenhagen,
die ich 1748. des wegen um Rath
fragte, riethen mir zwar davon ab, u.
[535] wünschten, daß ich lieber in der Religion dem
Heiland dienen möchte. Ich hatte aber keine
Ruhe im Herzen, bis ich endlich am Feste-Michaelis
meine Abschieds-Predigt hielt u.
sogleich meine Reise zur Gemeine selig u.
fröhlich antratt. Ich kam d. 26.tn Oct.
in Herrnhaag mit der schönen Loosung an:
Ich wohne unter meinem Volcke p. Ich zog
nach Marienborn, wurde d. 1. ten Dec. in
die Gemeine aufgenommen, u. gelangte im
Apr. 1749. mit der Gemeine zum heiligen AbendMahl.
In dieser Zeit genoß ich unaus sprechliche
Seligkeiten für mein Herz, u. machte
meinen Bund mit dem Heiland vest, daß
mich nichts von Seinem Wunden von Seinem
Blut u. Tod abbringen sollte, welches Er
auch treulich gehalten hat. 1750. kam ich
mit dem Seminario nach Barby, wo ich eine
selige Schule für mein Herz hatte. Ich lernte
mich immermehr kennen, u. der Heiland
bewiß viele Gnade an mir.
1753. erhielt ich einen Ruf nach America u. kam d. 14. ten Sept. mit noch einigen Brüdern nach Bethlehem, im Gefühl der nahen Gegenwart des Heilands, der sich in Gnaden zu mir bekannte. Von da aus [536] habe ich das Evangelium von Jesu Tod u. Leiden in Oley, Linn, Yorktown u. Philadelphia verkündigt, bis ich 1760. nach Neu-England, 1762. nach Rhode-Island, u. von da nach Broadbay kam, wo ich 8. Jahre lang blieb, u. dann mit einigen Familien 1770. hieher nach der Wachau zog.
Wenn ich nun überlege, was der Heiland die 20. Jahre lang an mir Armen, für Gnade u. Barmherzigckeit in Nord-Americka bewiesen hat; so muß ich mit Wangen voll Zährlein aus rufen: Herr! ich bin zu gering aller Barmherzigkeit u. Treue die Du an mir gethan hast.“
So weit gehet des seligen Bruders Aufsaz: Da er 1770. seinen 62. ten Geburts-Tag wieder in der Gemeine feyern, u. mit derselben wieder das heilige AbendMahl hier geniessen konnte, war er sehr Danckbar, daß ihn der Heiland, wie er sich oft mündlich geäußert hat, wieder in seine Heymath zu seinen Brüdern gebracht hätte. Er bekam bald darauf seinen Aufenthalt in Salem, im ledigen Brüder Hause, wo er sich so wol mit seinem Chore als der Gemeine der Gnaden u. Seligkeiten erfreuete, u. sich aufs [537] neue stärckte. Er versäumte nicht leicht ein AbendMahl, oder sonst ein Gemein u. Chor-Fest, wenn ihn nicht der Beruf des Evangelii daran verhinderte, u. er bezeugte bey einer jeden solchen Gelegenheit, daß ihn der Heiland aufs neue recht erquickt habe, so daß er nun mit neuen Muth wieder aus gehen u. überall das Evangelium von Jesu Tod u. Leiden verkündigen wolle. Dieses hat er auch die lezten Jahre nicht nur hier in der Wachau, u. in den umliegenden Gegenden von Nord-Carolina, sondern auch 2 mal in Virginien mit Geist u. Gnade gethan, dabey wünschte er u. bat oft sehr angelegentlich: Ach Brüder helft mir beten! daß das Evangelium eine bleibende Frucht auf die Ewigkeit bringe, daß doch die armen Seelen ihr elend u. verderben einsehen, zum Heiland u. Seinen Wunden kommen, sich von Herzen zu Ihm bekehren, u. an Jesum gläuben lernen u. selig werden.
Die lezte Zeit her, fiel ihm oft ein, u. er redete auch mit den Brüdern davon, daß seine Zeit wohl hier bald aus seyn u. sein Wunsch u. sein Verlangen bey seinen lieben Herrn bald daheime zu seyn, bald in die Erfüllung gehen möchte. So erzehlte [538] er in einem Schreiben, daß er am ersten Oster-Feyertage. 1773. da er an der Hugh Warren war, um daselbst zu predigen, seine innige Medidation darüber gehabt habe, daß die Kinder des Heilands ihren Leib auch darum in der Erde zur Ruhe niederlegen, weil Er im Grabe geruhet hat, u. weil Er auferstanden ist, sie auch einmal mit Ihm auferstehen, u. nach Leib u. Seele zu Seiner ewigen Freude eingehen, Wenn dis Verweßliche das Unverweßliche anziehen wird. Am 28 ten Apr. ging er zum lezten mal aus, nach der Atkin, um daselbst zu predigen. Allein auf dieser Reise überfiel ihm eine solche Kranckheit, daß er am 2. ten May. die angesezte Versammlung nicht halten konnte. Weil er noch so viel Kräfte hatte, daß er hofte wieder nach Hause zu kommen; so brachten ihn einige Freunde noch bis Friedberg in das Schul-Haus, u. von da begleitete ihn Bruder Bachhof. d. 3.tn bis nach Salem. Da war er schon so schwach, daß man ihn vom Pferde helfen, u. auf sein Stübgen zur Ruhe bringen muste. Es [539] wurden sogleich alle dienliche Arzney-Mittel gebraucht, allein man merckte bald, daß seine Natur dieselben nicht mehr annahm, u. daß ihn der Heiland wol zu Sich heimholen würde. Als man ihn am lezten Abend fragte: Ob er zum Heiland gehen wolle? antwortete er: ich bin fertig weiß es aber noch nicht; Seinen Willen habe ich mich ergeben; Ihm habe ich gelebt, der mich mit Seinem theuren Gottes-Blute erkauft hat. O! wie selig ist es doch, wenn ein Herz nichts anders weiß u. sucht als dem Heiland alleine zu leben, u. Ihn von ganzen Herzen zu lieben. Ach wenn doch alle Menschen ihr Heil recht zu schäzen wüsten! was es für eine unaus sprechliche Gnade u. Seligkeit ist, durch die verdienstliche Menschheit Jesu u. durch seinen blutigen Marter Tod ein versöhntes Herz zu erlangen, u. für den zu leben, der uns versöhnt hat. So redete er noch über eine halbe Stunde, von der Seligkeit die Sein Herz in den Wunden Jesu genoßen u. erfahren hätte. Er zeugte denn noch englisch u. teutsch vom Heiland als wenn er eine große Menge Zuhörer hätte, u. als endlich die Anwesenden [540] Brüder anfingen, Verse zu singen, so stimmte er mit schwacher Stimme ein, bis der selige Augenblick eintratt, da er d. 4tn May. Nachts um 12. Uhr in seinem 64. ten Jahre mit dem Segen der Gemeine u. seines Chors recht sanft u. selig in Jesu Arm u. Schoos erblaßte.
Die Brüder seines Chors setzen noch hinzu: Wir, die wir Augen-Zeugen von seinem seligen Ende sind, können nicht genug beschreiben, was für ein Gefühl der Nähe Jesu uns anwandelte, welches uns die Augen übergehen machte. Es war nicht anders, als wenn der liebe Heiland selber da wäre, u. seinen Diener abholte. Wir werden davon ein ewiges Andencken behalten.
[541]
Am 6ten May. wurde der Mar. Magdalena Söhnlein Christian Ludwig u. d. 13tn des Salomo Söhnlein Johann Christoph u. Herrmans Söhnlein Bernhard, in Jesu Tod getauft, in fühlbarer Nähe unsers Heilandes. Am 12tn hatten wir den allerseligsten Genuß des Leibes u. Blutes Jesu im heiligen AbendMahl. Die Amalia eine alte Wittwe, hatte die Gnade, dieses hohe Gut nach vielen Jahren wieder zu genießen. Sie freute sich wie ein Kind darüber u. es war uns allen eine grosse Freude daß der Heiland ihr dieses schenckte, denn sie war eine geraume Zeit in einem ziemlich gleichgültigen Gang gewesen. D. 13ten Juny wurde die Julajulakaniru mit Namen Magdalena getauft, so wie schon vorher am 31tn May 2 andere erwachsene Indianer, Christian Renatus u. Mar. Elisabeth unter einem besondern Friedens-Gefühl getauft wurden.
Wir haben eine Zeit her vielen Besuch von
[542] Indianern gehabt, nicht nur von unsern Getauften
sondern auch von andern. Obgleich
die Indianer oftmals selber wenig Lebens-Mittel
haben, so brachten sie doch zu verkauffen
was sie eben hatten, wofür wir unserm
lieben himmlischen Vater sehr danckbar waren
u. manchmal augenscheinlich Seine Vorsorge
vor uns Seine arme Kinder sahen; denn ob
wir gleich oft an dem lezten Cassabi-Kuchen
gegessen haben, so können wir uns doch nicht
erinnern, daß er ganz aufgegeßen worden,
ehe die Indianer wieder neuen zum Verkauf
gebracht haben. Hiebey ist anzumercken,
daß die Indianer keinen Blancken ohne
Ursach besuchen u. wenn ein Indianer uns
besuchen will, so kommt er nie mit leerer
Hand wenn er auch nur das Geringste mitbringen
sollte. D. 15tn Aug. kamen unsere
lieben Geschwister Vögtles zu zu unserer
aller Freude glücklich u. wohlbehalten von
Paramaribo, wohin sie am 4ten mit Bruder
Hollaz abgereist waren wieder zurück.
D. 29tn taufte Bruder Vögtle den Kuguakaimun
in Jesu Tod, unter einem mächtigen
Gnadenwittern u. nannte ihn Jonas.
[543] D. 31ten gingen einige Indianer Geschwister
wieder nach der Mebenna, weil ihre Provision
alle war, u. d. 1ten Nov. folgten ihnen noch
mehrere. Auch wurde mit 2 paar Eheleuten
wegen ihres Ganges u. Herzensstellung
in Ansehung der Taufe geredet. Man
wieß sie zum Heiland u. tröstete sie,
daß er ihnen dieselbe zu rechter Zeit schencken
möge würde. D. 5ten brachte uns ein Indianer
einen ganzen Hirsch zu verkaufen, welches uns
gut zu paße kam, in dem wir wenig Fleisch
die Zeit her gehabt hatten. D. 6ten besuchten
Geschwister Clevens die Getauften u. Ungetauften
an der Mebenna, redeten mit ihnen
vom Heiland u. fanden sie so, daß
sie sich über sie freuen konten. D. 11ten kamen
2 Familien Warauen hier an, denen man
den Tod des HErren verkündigte u. ihnen
sagte: daß der Heiland auch für die Warauen
sein Blut vergoßen habe um sie
selig zu machen. Der eine verstand Arawackisch
u. übersezte es den übrigen in ihrer
Sprache. D. 14tn u. die folgenden Tage kamen
verschiedene Indianer aus der Mebenna
zum Besuch. Dieser Tagen wurde auch
[544] der Unterricht mit einen Tauf-Candidaten
nach Anleitung der Tauf-Liturgie angefangen.
Er sagte unter andern: Ich weiß
u. glaube es auch in meinen Herzen, daß ich
nicht anders als durch Jesu Blut u. Tod selig
werden kan. Darum sehnt sich auch
mein Herz nach Ihm u. suche einzig u. allein
meine Seligkeit in Seinen Wunden.
Jezo sind alle unsere Indianer Brüder fleißig ihre Tuyne zu kappen u. wir halten sie so viel möglich dazu an. Denn wenn ein Indianer seyn Tuÿn nicht kappt, so ist er gleich auf 2 Jahre ruinirt, weil die Cassabi Stücke aussterben, wenn sie nicht nach dem Herausziehen, bald wieder verpflanzt werden. D. 19tn taufte Bruder Vögtle Friedrichs Töchterlein Marianne u. Bruder Cleve taufte Nachmittags in einer aparten Versamlung den Indianer Benoa mit Namen Zachäus, wozu sich der Heiland gar gnädig bekannte. D. 23ten kam eine Indianer Familie von der Attalikuly Creek zum Besuch. Der Mann ist unruhig u. suchte alle Gelegenheit zu vermeiden, daß man ihm nichts vom Heiland sagen soll [545] weil er noch die Welt lieb hat; wir glauben aber, daß er dem Heiland nicht entlaufen wird, denn seinen 2 Brüdern gings auch so, wovon der Aelteste schon beym Heiland u. der Andere bey uns wohnt u. getauft ist. Es kamen diese Woche auch 2 Weibsleute um vom Heiland zu hören, gingen fleißig in die Versamlungen u. man nahm eine Gnaden-Arbeit des heiligen Geistes an ihren Herzen wahr. D. 12tn Oct. besuchte uns der alte Israel mit seiner Frau Phöbe. Er war sehr schüchtern, auch so, daß er sich nicht traute, in die Versamlungen zu kommen. Als man ihn nach der Ursache fragte, sagte er: er schäme sich, daß sich sein Sohn Justus so schlecht bey uns aufgeführt. Da man ihn aber bedeutete, daß er dafür nicht könne, er sollte nur in die Versamlungen kommen, so kam er dann, besuchte uns auch apart u. klagte, daß er so viele Jahre, nachdem er von Pilgerhuth weggegangen, nichts mehr vom Heiland gehört u. alles wieder vergeßen habe. Man gab ihm zur Antwort: den Heiland u. das was Er aus Liebe für uns gethan zu vergeßen, [546] ist wohl nicht gut, aber, komm mit Deiner Frau wieder fleißig zu uns, ihr seyd ja beyde alte Leute u. wißt nicht wann ihr sterben werdet, wendet euch daher aufs neue zum Heiland u. bittet Ihn, daß Er euch Sein theures Blut in eure Herzen gebe, damit ihr wieder neues Leben aus Seinen Wunden bekommen möget. D. 18ten kamen unsere Indianer Brüder die wir nach Paramaribo geschickt von dort wieder zurück u. brachte uns angenehme Briefe, desgleichen die Loosungen u. Texte fürs Jahr 1774. mit, für welches angenehme Geschenck wir unsern lieben Geschwistern in Europa sehr herzlich Danck sagen. D. 22tn kamen unsere Indianer Geschwister, die sich an der Mebenne Tuyne gemacht haben, wieder zu Hause. Es ist uns allemal eine Freude, wenn wir Besuch kriegen, denn wenn Indianer zu uns kommen, so haben wir immer Gelegenheit, ein Wörtgen vom Heiland anzubringen.
Die alte Ruth, die neulich mit ihrem Mann
von Isequeb gekommen, besuchte uns.
Sie versprach ins künftige fleißig zu uns
zu kommen, u. wünschte, daß ihr Mann auch
möchte den Heiland kennen lernen u. getauft werden.
[547] So kommt doch ein verlaufenes Schaaf nach dem andern
wieder zu uns, u. es ist uns jedesmal,
als wenn der verlorne Groschen wieder gefunden
würde. Auch erzehlte uns eine Wittwe,
daß ihr Mann Laban, selig im Vertrauen
auf den Heiland verschieden sey. Er hat seine
Frau getröstet u. zu ihr gesagt: Wenn
ich zum Heiland gegangen bin, so bist du
wol sehr arm, weil du hernach weder Vater
noch Mutter hast, aber für mich ist es das
seligste, was habe ich hier auf der Welt,
ich habe auch keine Lust mehr hier zu seyn,
sondern ich will lieber beym Heiland seyn.
Dieser Laban ist in Pilgerhuth getauft
worden u. gelangte daselbst auch zum heiligen
AbendMahl. Seit seinem Wegziehen von da, hat
er immer an der Mebenna gewohnt, da er
denn in einen schlechten Gang gekommen ist
u. wenn man ihn besuchen wollte, so vermied
er es auf alle Weise. Vor ein paar
Jahren aber, kam ihm der Heiland aufs
neue ans Herz, er lernte seinen elenden Zustand
einsehen, schrie um Gnade u. Erbarmung
u. der Heiland schenckte sie ihm. Er wurde
denn wieder zutraulich zu uns, u. redte
[548] öfters recht offenherzig mit uns, so wol über
seinen gegenwärtigen als vergangenen Zustand,
u. war uns allen zur Freude. Die Gelegenheit
zu seinem Ende war ein Fisch den er
gefangen hatte, derselbe stach ihn unvermuthet
in die Hand, daß er die größten
Schmerzen ein halbes Jahr lang auszustehen,
u. weder Tag noch Nacht einige Ruhe hatte.
Beym Sprechen zum heiligen AbendMahl fanden
wir unsere Geschwister hungrig u. Durstig
nach dem Leibe u. Blute des HErrn
u. wir genoßen dieses hohe Gut am 26ten
mit einem armen Sünder Herzen. D. 31ten
wurde mit 2 Familien gesprochen. Man
ermahnete so wol die Getauften unter ihnen,
als die Ungetauften, doch ja ihre Gnaden-Zeit
nicht zu versäumen u. sich mehr, als
bisher geschehen, um ihre Seligkeit zu bekümmern.
Es ist was schmerzliches, wenn man
so etlichen Familien den blutigen Heiland
vormahlt u. sie doch kein Leben u. Gefühl
von Ihm kriegen, sondern es ein Jahr nach
dem andern gleichgültig anhören können.
D. 5tn Nov. gingen Geschwister Clevens u.
Bruder Mente mit 5 Indianer Brüdern u.
[549] einer Indianer Schwester in einem Corjar
auf einen Indianer Besuch. Bruder Cleve schreibt
davon: D. 6ten kamen wir in die Cabili
Creek u. fanden daselbst nur eine Getaufte
Namens Christina, die uns versicherte,
daß sie in einem beständigen Umgang
mit dem Heiland stünde u. daß sie von
Ihm auch öfters mit ihrem noch ungetauften
Manne rede. Wir gingen hier von
Haus zu Haus u. verkündigten ihnen den
Heiland u. sie waren durchgängig still u.
aufmercksam. Wir kamen auch in das
Haus eines Semili /: Zauberers :/ der uns
sehr wohl aufnahm u. frisch gebackene
Cassabi Kuchen zum Eßen u. Baiwaren
zum trincken vorsezte. Wir erinnerten
ihn an das schon öfters gehörte Wort
Gottes u. fragten ihn, ob er dem Heiland
sein Herz hingegeben habe? Er sagte
ja, das habe ich gethan, mein Herz soll
niemand anders als mein Schöpfer haben.
Er scheint nicht ungeschickt zum Reich Gottes
zu seyn. D. 7.tn kamen wir in die
Creek Apöromiuen, verkündigten überall
des Heilands Menschwerdung, Leiden u.
[550] Sterben u. die Indianer hörten sehr aufmercksam
zu. Nachdem wir hier überall besucht
hatten, so fuhren wir d. 8tn früh weiter nach
Sipoerotumin u. redten herzlich mit den Leuten.
Bruder Mente fand in einem Hause einen Indianer,
der sehr fleißig zuhörte, was er
ihm vom Heiland erzehlte. Der Haus-Vater
sagte: Ich bin wol in Berbice gewesen
u. habe vom Heiland gehört, es
sind auch viele von meiner Freundschaft
getauft worden, aber ich u. meine Frau,
mein Vater u. meine Mutter sind noch
nicht getauft. Bruder Mente gab ihm
zur Antwort: Ihr könnt alle noch getauft
werden wenn ihr nur an den Heiland
glaubt, der Sein Blut für euch vergossen
hat. Worüber der Mann froh war
u. uns balde zu besuchen versprach, welches
er auch gethan hat. Abends kamen
wir wieder bey unsern lieben Geschwistern
Vögtles an u. danckten dem Heiland, daß
Er uns diese Tage mit Seiner lieben Nähe so
selig begleitet hatte. D. 13ten gingen Geschwister
Vögtles auf einen Besuch nach der
Mebenna. Bruder Vögtle schreibt davon:
[551] Nachmittags kamen wir zu den Wohnplätzen
der Indianer u. besuchten zuerst die sehr
krancke Wittwe Prisscille der wir den Freund
der armen Sünder zu ihrer eigenen Zuflucht
anpriesen. Von da gingen wir in Michaels
Haus der uns mit Freuden empfing u. versicherte,
daß er im Umgang mit dem Heiland
stünde u. fleißig an Ihn dachte.
In Johann Gottfrieds Haus hatte ich mit
einer alten Frau die noch nichts vom Heiland
gehört zu haben bezeugte, eine ausführliche
Unterredung u. verkündigte ihr die Menschwerdung
u. dem Tode Jesu u. deßen Ursache
mit einem warmen Herzen. Ich traf auch einen
neulich von Isequeb gekommenen Indianer
an, der sehr freundlich war.
Als ich ihn fragte ob er von seinem
Schöpfer hören wolte, so sagte er, er
bliebe in der Nähe, hätte hier seinen
Tuyn u. wolte sich ein Haus bauen.
Ich sagte ihm, das wäre wol alles gut,
aber es wäre doch gut für ihn wenn er
seinen Schöpfer, der für ihn gestorben
u. Sein Blut vergoßen, kennen lernte
u. verkündigte ihm den Tod des HErrn,
[552] wobey er aufmercksam war. Ich habe angemerckt,
wenn man die Indianer fragt ob sie
von ihrem Schöpfer hören wollen, so dencken
sie, sie sollen zu uns nach Hoop kommen u.
wenn sie dazu nicht Lust haben, so fangen sie
gleich an, sich wegen ihrer Arbeits Tuyne u.
Mangel des Fahrzeugs zu entschuldigen, daß sie
nicht kommen können. Nachher besuchte ich den
erst kürzlich getauften Jonas u. fragte ihn
ob er mit seinem Herzen beym Heiland geblieben
sey u. noch fleißig an Seinen Tod u. Leiden
gedencke, welches er mich versicherte. Ich sagte
ihm darauf, daß sie doch auch den neuen
Leuten von ihrem Schöpfer erzehlen u. sich
nicht schämen sollten von Ihm zu reden, denn
der liebe Heiland hätte es gerne, daß sie auch andern
von Ihm sagten, weil Er Sein Blut für
alle Menschen vergoßen habe, daß sie dadurch
leben sollten. Ich habe noch hie u. da besucht,
so wol Getaufte als Ungetaufte
habe sie ermahnt u. erinnert u. ihnen vom
lieben Heiland gesagt. So säet man eben auf
Hoffnung, das Wort von Jesu Leiden wird
doch seine Kraft beweisen, es kan ja Herzen
todt wie Stein zum Leben u. Gefühl bringen.
[553] So weit Bruder Vögtle. – D. 25ten Nov. brachten
uns 2 Cariben u. eine Frauens Person
etwas Lebensmittel zu verkauffen, welches
was seltenes ist, daß ein Carÿbe solches thut.
Die Frau welche Arawackisch verstand, wurde
gefragt: Ob sie schon in ihrem Leben etwas
von ihrem Schöpfer gehört, der aus Liebe für
sie Menschworden. Sie sagte: sie habe noch
nie etwas von Ihm gehört u. wer sollte uns
armen Menschen etwas von unserm Schöpfer
sagen? Diese Worte thaten uns sehr wehe u.
wir erzehlten ihr von Gottes Menschwerdung,
Leiden u. Sterben zu unserer Erlösung.
Zulezt baten wir sie, es denen 2 Mannspersonen,
die kein Arawackisch verstehen, auch
zu erzehlen, welches sie zu thun versprach.
D. 27tn hatten wir den allerseligsten Genuß
des Leibes u. Blutes Jesu im heiligen AbendMahl
Joh. Gottfried u. seine Frau Anne Louisa,
genoßen es nach vielen Jahren zum erstenmal
wieder mit uns. Unser allerseitiger
Wunsch war, daß es ihnen zu einem wahren
u. bleibenden Segen gereichen möge. D. 29ten
wurde mit Salomo wegen seines bisherigen
Ganges, eine gründliche Unterredung gehalten.
[554] Er war sünderhaft u. offenherzig u. versprach,
dem lieben Heiland sein ganzes Herz hinzugeben.
D. 30ten gingen meist alle unsere Indianer Geschwister
wieder nach der Mebenne. Sie sagten:
Wir gehen nur aus Noth um des Brods willen
dahin, wir wolten gerne hier bleiben, daß
wir die Versamlungen nicht so versäumen
müsten. Leonhard sagte: O wie wird mirs
doch so schwer, wenn ich von hier weggehen
soll, ich bin so an die Brüder gewöhnt, daß
ichs kaum ausstehen kan, wenn ich von
hier weg bin. D. 2tn Dec. ging der alte
Indianer Bruder Simon mit seiner Frau
Anna Theresia jenseit Isequeb, um ein Fahrzeug
von Bißiholz zu kaufen, welches nur
in Oronoque zu bekommen ist. Es wurde
deswegen vieles mit ihm geredet, damit
er nicht schaden leiden möchte. Er sagte:
Ich will den Heiland beständig bitten, daß
Er mich so wol zur See als zu Land vor
allen Schaden bewahren u. mich in Seine
Wunden verbergen wolle.
D. 8ten u. die folgenden Tage, hatten wir vielen Besuch von Indianern, Johan Thomas freute sich, daß er wieder zu Hause [555] wäre, u. sagte: Mir ist es ganz ungewohnt u. fremde, wenn ich nicht hier bin u. vom Heiland hören kan. D. 24tn versamleten wir uns zur Begehung der Christ-Nacht, dazu sich die Getauften u. Ungetauften, die Tage vorher fleißig eingefunden hatten. Es wurde zuerst die Geschichte von der Geburt Jesu Christi gelesen, damit die Indianer einen rechten Begrif davon hätten u. dann beteten wir das Kindelein in der Krippe an, dabey wir seine nahe Gegenwart fühlten u. daß Er uns nach Leib u. Seel segnete. In den Feyertagen wurde die Seligkeit die aus Jesu Menschwerdung entspringt, betrachtet.
D. 27ten begaben sich die Indianer die zum Fest hergekommen, frölich u. vergnügt wieder nach Hause u. zu ihren Tuynen. D. 29ten besuchte uns ein aus Boston kommender englischer Capitain, der auch unsere Brüder in Philadelphia kannte. Wir machten ihm ein Frühstück u. er schenckte uns ein Stück [556] Fleisch u. 4 Kabeljaus. Er war sehr freundlich u. wie[WS 4] bey uns zu Hause. D. 31ten machten wir den Beschluß dieses Jahrs, danckten dem Heiland vor alle Barmherzigkeit, die Er uns in demselben so reichlich zu fließen laßen, u. traten mit einem absolvirten armen Sünder Herzen ins neue Jahr ein.
In diesem Jahre sind mit den 4 neuen gebornen Kindern 9 Personen getauft worden, 3 sind zum heilgen AbendMahl gelangt.
Das hiesige Gemeinlein besteht mit uns 5 weißen Geschwistern aus 38 Seelen, davon 18 AbendMahls Genoßen sind.
Da Bruder Samuel Herr wegen seiner Kranckheit, seit dem Sept. 1772 kein Diarium mehr führen konnte, so haben die übrigen Geschwister von Zeit zu Zeit etwas weniges aufgezeichnet. Die etlichen Geschwister die sich noch hier befanden, hatten eine schwere Zeit. Bruder Schirmer nahm sich der Sache im innern u. äußern an, sezte die Versammlungen in unserm Hause in ihrem gewöhnlichen Gange fort, u. besuchte auch die Neger so viel ihm möglich war. Es konnten aber dabey freylich die übrigen Pläze nicht bedient werden.
Die Geschwister mercken an: daß ihnen die Getauften Neger in dieser schweren Zeit zum großen Trost gewesen sind. Sie pflegten mehr malen zu sagen: Seyd gutes Muths! der liebe Heiland wird euch schon wieder helfen; Er wird euch bald [558] wieder Geschwister schicken zu eurer Unterstüzung. Am Sonntag vor Weynachten war die gewöhnliche Predigt, u. nach derselben die Viertelstunde der Getauften. Sie wurden hierauf an das bevorstehende Fest erinnert. Zugleich wurde ihnen zu verstehen gegeben daß wir gerne zur Christnachtwache ein Liebesmahl mit ihnen hätten; dabey aber auch einfältig gesagt, daß wir gegenwärtig so arm wären; daß wir das dazu erforderliche nicht kaufen könnten, auch kein Geschirr zum trincken hätten. Das gab den Negern einen solchen Eindruck, daß sie nachher unter einander Eins wurden, und jedes nach seinem Vermögen zusammen legten, daß sie nicht nur das zum Liebes Mahl gehörige, sondern auch kleine Krüge zum trincken kaufen konnten, welches sie alles mit der größten Willigkeit thaten.
D. 24tn Dec. Abends versammleten sich viele Neger u. auch Kinder zur Nachtwache. Zuerst war das Liebesmahl welches mit einem schönen Gesang unterhalten wurde. Darauf hielt Bruder Schirmer eine Rede, welche er mit einem herzlichen Gebet auf [559] den Knien Beschloß. Wir müßen bekennen: daß dieses, selige Versammlungen vor uns u. unsere Neger waren. Der Heiland war in unsrer Mitte, u. bekannte sich sehr gnädig zu uns. Bruder Herr war gegen Abend eine Weile auf gewesen, u. freute sich wie ein Kind mit den Negern; er muste sich aber vor den Versammlungen wieder zu Bette legen. In den folgenden Tagen waren die gewöhnlichen Fest-Versammlungen, u. am 31tn wurde der Beschluß des Jahres mit danckbarer Erinnerung an die vom Heiland genoßenen Wohlthaten gemacht; u. an die Treue, womit Er unser zwar nicht starck vermehrtes Häuflein, in der Gnade weiter zu bringen, u. vester zu gründen, Sich bemühet hat.
In dem Jahr 1772 sind 2 Weiber, Rahel u. Esther in Jesu Tod getauft, 1 Mann in die Gemeine aufgenommen, u. 2 Weiber des heiligen AbendMahls theilhaftig worden. Am 6tn Jan. 1773 hielt Bruder Schirmer eine Rede über die Fest-Materie u. empfahl zum Schluß in einem Gebet auf den Knien die armen Neger dem Treuen Heiland angelegentlich. D. 24tn Febr. nahm der Heiland [560] Seinen treuen Diener unsern lieben Bruder Samuel Herr zu Sich heim, zu unserm u. vieler Neger großem Schmerz u. Betrübniß.
D. 26ten wurde seine hinterlaßene Hütte auf unserm Gottes-Acker beerdiget. Der Pfarrer Ducke unser guter Freund, wurde gebeten das Begräbniß zu halten. Bruder Schirmer hielt auf deßelben begehren die Leichen-Rede auf dem Saale mit Gefühl u. dem Zweck gemäß. Der Pfarrer sezte sich neben ihn, u. hörte recht andächtig zu. Es waren viele angesehene weiße Leute zugegen, u. jedermann war aufmercksam u. bewegt. Darauf ward die Leiche unter zahlreicher Begleitung von weißen u. Schwarzen, von 10 ehrbaren weißen Männern nach dem Gottes-Acker getragen, u. der Pfarrer Ducke hielt die Liturgie bey dem Begräbniß. Bey der ganzen Handlung war ein Gottes-Frieden zu fühlen, u. es machte bey vielen einen gesegneten Eindruck.
Der Pfarrer konnte nicht genug bezeigen, wie wohl ihm dabey gewesen sey, und wünschte: daß jedermann so selig aus der [561] Zeit gehen möchte, als unser seliger Bruder. D. 31ten Merz ging der Bruder Stephan, ein Malatte zum Heiland. Er war in England in der englischen Kirche getauft worden, lernte lesen u. schreiben, u. befleißigte sich eines guten Wandels. Dabey aber wuste er nichts von der Begnadigung eines armen Sünders im Blute Jesu, bis er hier in Bekanntschaft mit den Brüdern Bruckshaw u. Bennet kam, durch deren Zeugniß vom Heiland er erweckt, u. um seine Seligkeit verlegen wurde. Er bekam bald einen wahren Eindruck von Jesu Tod u. Leiden, u. lernte sich u. den Heiland besser kennen. 1771. wurde er in die Gemeine aufgenommen u. gelangte noch dasselbe Jahr zum heiligen Abendmahl als der Erste von den hiesigen Negern der dieser Gnade theilhaftig worden. Sein Gang war erfreulich, er nahm sich alles genau, u. führte einen exemplarischen Wandel. Er unterließ auch nicht, die Gnade die er beym Heiland gefunden hatte, andern anzupreisen, so viel er Gelegenheit dazu fand. Der Heiland machte ihm auch die Freude: daß Er sein Zeugniß zuerst an seiner [562] Mutter segnete, die vorher gar nichts vom Heiland wußte, u. nun eine liebe AbendMahls Schwester ist. Er wurde zuweilen recht eifrig darüber, daß so viele das Wort der Versöhnung verachten u. es nicht annehmen wollten. Die Versammlungen versäumte er nie, wenn er Zeit hatte zu kommen. Bruder Schirmer hat ihn in seiner Kranckheit etliche mal zu seinem großen Trost besucht. Er redete offenherzig über alles mit ihm aus, u. versicherte, daß ihm nichts im Wege sey, u. er als ein armer Sünder getrost u. mit Freuden zum Heiland ginge. Seine Leiche wurde am ersten April unter einem großen Gefolge von Weißen u. Schwarzen, die ihn alle, seiner Nuzbarkeit u. Treue wegen, sehr geliebt hatten, beerdiget; u. Bruder Schirmer legte dabey ein Zeugniß von der Liebe des Heilands zu armen Sündern ab.
In der Marterwoche wurde die Leidens-Geschichte unsers HErrn mit Eindruck auf die Herzen gelesen. Am Charfreytag war zuerst eine Predigt, wozu sich viele Neger versammlet hatten, Darauf lasen wir weiter in der Leidens-Geschichte unsers [563] HErrn, u. danckten Ihm zum Schluß auf den Knien für die durch Sein Leiden und Sterben uns erworbene große Gnade.
Am großen Sabbath wurde bey einem vergnügten LiebesMahl die Leiche Jesu lieblich besungen. Am Ostermorgen beteten wir die Oster Litaney auf dem Saal, u. erbaten uns die ewige Gemeinschaft mit allen in diesem Jahr heimgegangenen Brüdern u. Schwestern, insonderheit mit unsern lieben Brüdern Herr u. Bennet. Die übrigen Versammlungen dieses Tages wurden nicht starck besucht, weil es den ganzen Tag regnete, welches uns nach der Dürre die wir seit etlichen Monaten gehabt hatten, sehr angenehm war. Am Sonntag Quasimod. d. 18tn April erinnerte Bruder Schirmer die Getauften in einer besondern Versammlung an die Gnade, die ihnen der Heiland erwiesen habe, welcher sie würdiglich wandeln sollten.
D. 15tn July hielt Bruder Schirmer das Begräbniß einer ungetauften Negerin auf Colonell Wests Plantage. Sie hatte unsere Versammlungen manchmal besucht, u. in ihrer Kranckheit ward sie um Gnade verlegen. Die dasigen getauften Neger haben sie [564] fleißig besucht, u. mit ihr vom Heiland geredet, auch öfters für sie gebetet.
Wir hoffen, daß ihr Barmherzigkeit wiederfahren ist. Es waren viele Weiße und Schwarze bey dem Begräbniß; die Predigt wurde unter freyem Himmel gehalten. D. 6ten Aug. kamen Geschwister Angermanns u. Bruder Powel von Bethlehem bey uns an. Ersterer zum Dienst bey hiesiger Mission; Lezterer aber nur auf einen Besuch. Sie hatten eine lange u. beschwerliche Reise gehabt, indem sie gerade 6 Wochen unterwegens gewesen, danckten aber dem Heiland für Seine gnädige Bewahrung.
Die hiesigen Geschwister empfingen sie herzlich u. liebreich, u. die Thränen floßen auf beyden Seiten. In der Abend-Versammlung meldete Bruder Schirmer den Negern die Ankunft unserer lieben Geschwister welche darauf von ihnen mit großer Freude bewillkommt wurden. Den 8ten hielt Bruder Powel die Predigt mit Gnade u. Gefühl. Bruder Angermann grüßte bey einem Liebesmahl die Neger von der Gemeine in Bethlehem u. von allen Neger-Gemeinen [565] in Jamaica u. erzehlte ihnen, wie viel der Heiland an denselben gethan habe u. noch thue, wobey er herzlich wünschte, daß es hier in Barbadoes auch so werden möchte.
Die Neger waren recht aufgelebt u. konnten nicht genug ausdrücken, wie froh sie über die Ankunft der Geschwister Angermanns wären, u. wie sehr sie darnach verlangt hätten. Abends hatten wir weißen Geschwister das heilige AbendMahl, wodurch wir aufs neue getröstet u. gestärckt wurden, so beschlossen wir diesen seligen Gnadentag mit Loben u. Dancken vor unserm lieben HErrn. D. 11ten besuchten die Brüder Angermann u. Schirmer die Neger auf Mr Wests Plantage, u. unter andern einen krancken Mann, den sie ganz sprachlos fanden. Sie redten viel mit ihm von der Liebe des Heilands zu armen Sündern u. sagten: Wenn er auch ohne Worte seine Zuflucht zum Heiland nähme: so würde Er, der die Gedancken verstünde, u. auf das Herz sähe, ihn um Seines Todes willen zu Gnaden annehmen u. ihm alle seine Sünden vergeben. [566] Die Thränen floßen ihm häufig, u. man konnte sehen, daß er alles verstand.
D. 22ten nach der Versammlung der Getauften, wurde noch vieles mit den fremden Negern gesprochen, von denen viele ein Verlangen nach dem Heiland bezeigten. D. 25ten hatten wir Bandenmäßige Unterredungen mit den Negern, u. sie waren recht vergnügt.
Eine Tauf-Candidatin versprach ganz des Heilands zu werden, u. bezeigte ein Verlangen nach der Taufe. D. 29ten ging Bruder Powel u. die Schwester Herrin zum Pfarrer Ducke in die Kirche, u. besuchten ihn nachher. Abends hielt Bruder Angermann die Versammlung der Getauften, u. sprach sie hernach einzeln. Er schreibt davon: Ich muß bekennen, ich konnte mich über die, so zugegen waren, freuen. Ich danckte dem Heiland in der Stille für das was Er an ihnen gethan hat. D. 30ten gingen die Brüder Angermann u. Schirmer nach Bridgetown u. Christchurch. Unterwegs sahen sie auf Mr Tunks Plantage die 5 Getauften u. einige andere Neger, die sich freuten, da sie hörten, daß wir sie [567] wieder besuchen u. ihnen Versammlungen halten wollten. In Christchurch hielt Bruder Angermann eine Versammlung in John Balls Hause, welcher ein Freyneger ist, u. zu London in der englischen Kirche getauft worden, sich auch zu derselbigen hält. Er hat den Heiland und uns lieb u. ist der Verkündigung des Evangelii beförderlich.
Da er ein Haus in Christchurchparish u. eines in Bridgetown hat: so haben wir mit ihm die Abrede genommen, so lange wir gesund sind, alle Sonnabend in ersterem u. alle Sonntage in lezterem zu predigen, welches sonst nur alle 14 Tage, u. da Bruder Schirmer alleine war, gar nicht geschehen ist. Der liebe Heiland segne es an vielen Herzen! Es finden sich doch auf allen den Pläzen Neger die das Wort von Jesu Verdienst gerne hören, u. auch einige Erkenntniß davon haben. D. 5ten Sept. hatten wir ein seliges Abendmahl, wobey unsere Candidaten noch einmal zu sahen. D. 12tn ging Bruder Powel über der Mrs Tunks Plantage nach Bridgetown u. von da nach [568] Christchurch. Er war überall willkommen, hielt an allen 3 Orten gesegnete Versammlungen u. unterredete sich mit den Negern. D. 13ten reisete die Schwester Herrin in Begleitung der Geschwister Angermans u. des Bruder Schirmers nach Bridgetown. Unterwegs besuchten wir die Mrs Tunks, welche sich sehr freute, u. gleich den Bruder Angermann fragte: ob er nächsten Sonntag kommen würde, ihren Negern zu predigen? Das versprach er zu thun. Sie ist eine gute alte Frau, die gewiß recht Antheil nimmt an der Bekehrung der Neger.
D. 14ten verabschiedeten wir uns herzlich mit Bruder Powel u. der Schwester Herrin u. gingen wiederum nach Hause.
Das Fahrzeug womit diese 2 Geschwister nach Pensilvanien reisen, segelte noch heute von Bridgetown ab.
D. 25ten fanden sich sehr viele, auch fremde Neger zur Predigt ein. Es wurde nach derselben viel mit ihnen geredet, u. einige schienen sehr bewegt zu seyn. D. 27ten kam ein Neger in unser Haus, der vor diesem unsere Versammlungen [569] fleißig besucht hat, jezt aber eine lange Zeit weg geblieben ist, u. einen schlechten Gang geht. So bald er mich sahe, schreibt Bruder Angermann: sagte er zu mir, er sey ehedem fleißig in unsere Versammlungen gekommen, u. des Bruder Brukshaw Hauptsänger gewesen. Als ich ihn fragte: warum er nun nicht mehr in unsere Versammlungen käme? gab er seinem Meister die Schuld. Weil ich es aber besser wußte, so redete ich ihm recht ernstlich zu Herzen, u. wünschte; daß er den Heiland kennen lernen u. lieben möchte: so könne er rechten Gebrauch von seinem Singen machen, sonst bliebe er ein unseliger Mensch in Zeit und Ewigkeit.
D. 2ten Oct. nach der Predigt redete Bruder Angermann mit einigen fremden Negern von der Nothwendigkeit mit dem Heiland bekannt zu werden, u. sprach auch mit einigen Getauften einzeln. Einer derselben klagte, daß er eine große Untreue gegen den Heiland begangen habe, darüber er nun in seinem Herzen sehr unruhig sey: Da nemlich 2 Schaafe von [570] der Plantage seines Herrn gestohlen worden wären, dafür er haften müße, weil ihm alles anvertraut worden, so sey er, um aus der Noth zu kommen, zu einer Frau nach Bridgetown gegangen, von der er gehört habe, sie könne einem den Dieb sagen. Indeß habe sie ihm nicht mehr gesagt, als daß es niemand von seiner Plantage gestohlen hätte; er könne dieses aber doch nicht anders ansehen, als daß er Hülfe bey Zauberern gesucht habe. Er gestand auch, daß er zuvor eine Erinnerung in seinem Herzen gehabt habe, es nicht zu thun.
Bruder Angermann sagte ihm, daß der Heiland so treu wäre, uns vor allen Vergehungen zu warnen; wenn er aber auch jezt seine Vergehungen dem Heiland sünderhaft bekennete: u. Ihn um Vergebung bäte, so würde er dieselbe gewiß erlangen.
D. 9ten ging Bruder Angermann nach Christchurch, wo er Abends einer großen Anzahl Neger eine Versammlung hielt. Nachher hatte er eine gesegnete Unterredung[WS 5] [571] mit 5 alten Tauf Candidaten. Es war ihm recht wohl unter ihnen, u. sie bezeugten sich recht froh u. danckbar, daß wir sie wieder besuchen und in dem Wege zur Seligkeit unterweisen. Er redete auch vieles mit der krancken Tochter des John Ball vom lieben Heilande. Sie konnte noch alles verstehen, war aber zu schwach viel zu reden. Doch sagte sie verschiedene mal: „Ich habe den Heiland lieb, u. gehe recht gerne zu Ihm.“
Dieses geschahe auch noch dieselbe Nacht. D. 13ten las Bruder Angermann in der Abend-Versammlung zuerst das erste Capitel des ersten Briefs an die Corinther und redete nachher darüber. Die Neger hören sehr gerne aus der Biebel lesen, u. wir gedencken alle Mittwoche damit fort zufahren. D. 16ten besuchte Bruder Angermann einige krancke Getaufte auf Mr Wests Plantage, u. hatte auch Gelegenheit mit Verschiedenen, die noch keinen Sinn zum Heiland haben, von der Nothwendigkeit eines Heilandes zu reden, der uns von unserm Sündenelend befreye. Manche scheinen nicht ohne Ueberzeugung [572] zu seyn. D. 24ten hielt Bruder Angermann die Versammlung bey der Ms Tunks u. in Bridgetown. Der Heiland bekannte sich gnädig dazu. Es ist als wenn daselbst wieder ein neues Leben anfing.
Mann muß bekennen: es ist auf allen den Pläzen ein guter Saame aus gestreut worden, u. der Heiland hat gewiß das Zeugniß der ersten Brüder gesegnet. Weil lange nicht daselbst besucht worden ist, so ist es wol zimmlich verloschen; der Heiland aber weiß es schon wieder auf zuleben. D. 31ten konnte niemand von uns aus gehen, weil wir fast den ganzen Tag Regen hatten. Bruder Angermann hielt die Predigt über die Worte: Darum daß Seine Seele gearbeitet hat, wird Er seine Lust sehen und die Fülle haben p. Mann sahe manche Neger unter der Predigt weinen. Abends hatten wir das heilige Abendmahl, deßen eine Negerin Martha zum erstenmal theilhaftig wurde.
So beschloßen wir diesen Monat auf eine recht selige Weise. Preis, Ehre u. Macht, sey Ihm von uns armen Erlößten gebracht!
Anmerkungen (Wikisource)