RE:Jamnia

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt in Juda
Band IX,1 (1914) S. 683685
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Jamnia (Ιαμνεια, Ιαμνια in den Makkabäerbüchern und bei Josephus häufig genannt, entspricht dem II. Chron. 26, 6 erwähnten יַבְנֶה‎ [wofür LXX B Αβεννηρ = יבנאל‎]) und dem יַבְנְאֵל‎ Jos. 15, 11). Unter dem Namen יבנה‎ wird J. oft in der rabbinischen Literatur genannt (Schürer [684] Gesch. d. Jüd. Volkes II⁴ 126f.). Jos. 15, 11 erscheint J. als Stadt an der Nordgrenze des Stammes Juda. Jos. 15, 46 LXX ist J. eine Stadt in Juda. Joseph. ant. Iud. V 1, 22 ist Ιαμνια zum Stamm Dan gerechnet. Ohne Zweifel war Jabne einst im Besitz der Philister und wurde erst von dem judäischen König Usia (780–740 v. Chr.) II. Chron. 26, 6 erobert. Die Stadt lag zwischen Eqron und dem Mittelmeer. An letzterem selbst lag der zweibuchtige Hafen von J., ant. Iud. XIII 15, 4. Plin. n. h. V 13, 68. Ptolem. V 15, 2. 5. Wie früh J. den Juden wieder entrissen wurde, bleibt unsicher. In der Makkabäerzeit spielte J. eine wichtige Rolle. Es hatte ein eigenes Gebiet, Joseph. bell. Iud. III 3, 5. Es war mehrfach der Stützpunkt für fremde Heere im Kampf gegen die Juden, I. Mak. 4, 15. 5, 58. 10, 69. 15, 40. Nach Strab. XVI 759 war J. so dichtbevölkert, daß es mit seiner Umgebung 40000 waffenfähige Männer stellen konnte. Nach II. Mak. 12, 8f. 40 hätte Judas Maccabaeus J. überrumpelt und den Hafen samt der Flotte in Brand gesteckt. Joseph. ant. Iud. XIII 6, 6 weiß von einer Einnahme J.s durch Simon Maccabaeus zu erzählen. Aber nach ant. Iud. XIII 15, 4 ist es erst Alexander Jannaeus (102–76) gelungen, J. zu erobern. Pompeius trennte 63 v. Chr. J. wieder vom jüdischen Gebiet ab, Joseph. ant. Iud. XIV 4, 4; bell. Iud. I 7, 7. Durch Gabinius bekam das im Kriege arg mitgenommene J. einen größeren Bevölkerungszuwachs, bell. Iud. I 8, 4. Von Augustus wurde es 30 v. Chr. dem Herodes geschenkt, der es seiner Schwester Salome vermachte, ant. Iud. XVII 8, 1. 11, 5; bell. Iud. II 9, 1. Von dieser erhielt es die Kaiserin Livia, die Gattin des Augustus, ant. Iud. XVIII 2, 2; bell. Iud. II 9, 1. Da in J. später ein kaiserlicher ἐπίτροπος sitzt, ant. Iud. XVIII 6, 3, so wird J. Privatsitz des Kaisers Tiberius, des Sohnes der Livia, gewesen sein. Während die beiden Makkabäerbücher I. Mak. 5, 58. II. Mak. 12, 8ff. J. noch als heidnische Stadt kennen, so war es zur Zeit Philos sicher überwiegend von Juden bevölkert (Philo leg. ad Gaium § 30 Mang. II 575). Vespasian mußte es daher während des großen Krieges gegen Rom 66–70 n. Chr. zweimal besetzen, bell. Iud. IV 3, 2. 8, 1. Nach der Zerstörung Jerusalems und mit dem Eingehen des großen Synedriums wurde Jabne mit seinem בֵּית דִּין‎ ‚Gerichtshof‘ der Mittelpunkt des jüdischen Lebens, Talm. Rosch haschana II 8f. IV 1ff. Sanhedr. XI 4. Dieser ‚Gerichtshof‘ von Jabne war kein politischer Senat, wie das alte Synedrion, ‚sondern ein juristisches Tribunal, dessen Entscheidungen zunächst nur theoretische Bedeutung hatten‘ Schürer a. a. O. II⁴ 247. Allmählich aber übte dieser Beth-din eine teils konzessionierte, teils usurpirte Gerichtsbarkeit über das ganze Volk aus. Jabne wurde für eine Zeitlang der Sitz der Talmudgelehrsamkeit. Hier blühten u. a. die angesehenen Gelehrten Jochanan ben Sakkai und Gamaliel II (Schürer a. a. O. I³ 656. II 432ff.). Als Versammlungsort der Gelehrten wird öfters der ‚Weinberg von Jabne‘ genannt, Kethubh. IV 6. Edujoth. II 4. Die Stadt war der Herd der Empörung gegen Traian 117 n. Chr. Seit der Mitte des 2. Jhdts. verlegte sich der Sitz der rabbinischen Studien nach Tiberias (Schürer II 432). Zur Zeit des Eusebius († 340) [685] war J. eine Kleinstadt. Bischöfe von J. werden vom 4.–6. Jhdt genannt Die Kreuzfahrer nannten die an Stelle der zerstörten Stadt dort stehende Burg Hibelin, Ibelim, Ibenum (Furrer in Riehm’s Handwörterb. d. bibl. Altert. I² 1893, 665). Nach den Angaben des Onom., daß J. 12 römische Meilen südlich von Diospolis und 10 römische Meilen nördlich von Asdod und nach der Bemerkung von II. Mak. 12, 9, daß J. 240 Stadien von Jerusalem entfernt lag, ist sicher, daß das alte J. dem heutigen, ziemlich großen Dorf Jebna entspricht mit zwei Moscheen, wovon die eine eine Kreuzfahrerkirche sein wird (Bädeker Palästina u. Syrien⁷ 116). Der alte Hafen von J., jetzt mīnet Rubin genannt, wovon mīnet das arabisierte λιμήν ist (auch in das Hebräische als ליםן‎ und נמיל‎ übergegangen [Krauss Griech. u. lat. Lehnwörter im Talmud II 1899 s. v.]), liegt etwas südlich von der Mündung des Nahr Rubin.

[Beer. ]