11) A. Gabinius A. f. (Dio ind. XXXVIII), vielleicht Sohn von Nr. 7. 8. In seiner Jugend stand er mit Catilina in Beziehung (Cic. post red. 10ff.; pro domo 62; Pis. 20. 23; Planc. 87). Als Volkstribun 687 = 67 beantragte er zu Beginn des Jahres ein Gesetz, wonach das Kommando im Mithradatischen Krieg dem Consul M'. Acilius Glabrio übertragen und die Legiones Valerianae aufgelöst werden sollten (Sall. hist. V 13 Maur. Cic. imp. Pomp. 9. 26. Plut. Luc. 33. 5. 35, 4. Appian. Mithr. 90. Dio XXXVI 14, 4. 17, 1. Eutrop. VI 9, 3). Unter gehässiger Agitation gegen Lucullus (Cic. Sest. 93) wurde das Gesetz mit Hilfe des Praetors L. Quinctius (Sall. hist. IV 71 M.) durchgebracht. Gleichfalls in den Anfang des Jahres gehört die bekannte Lex Gabinia de uno imperatore contra praedones constituendo
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(Cic. imp. Pomp. 12. 52). Während Cicero im J. 66 das Gesetz pries (a. O. 52), schiebt er später (post red. 11; Sest. 18, vgl. Dio XXXVI 23, 4) dem mit Pompeius befreundeten Tribunen (Plut. Pomp. 25, 2) eigennützige Motive unter. Ob ein oder zwei Beschlüsse vorliegen, lassen die Quellen nicht bestimmt entscheiden (Plut. Pomp. 25, 5. Dio XXXVI 23, 4f. 24, 4. 25, 1ff. 30, 3; Vell. II 31, 2 nennt fälschlich ein Senatsconsult); doch scheint es, daß zunächst ein dem SC. vom J. 680 = 74 nachgebildetes Allgemeingesetz (Mommsen St.-R. II 654, 5) einem Consularen für drei Jahre im gesamten Mittelmeer und 50 Milien landeinwärts ein, mit den Proconsuln konkurrierendes, den Propraetoren übergeordnetes Imperium verlieh. Darin war zugleich der Oberbefehl über die Flotte, die Verfügung über die Staatsgelder, das Recht zu Aushebungen und zur Ernennung von 15 Legaten aus dem Senatorenstand inbegriffen (s. oben, dazu Cic. leg. agr. II 46. Tac. ann. XV 25. Plut. Pomp. 25, 2; Luc. 37, 5. Appian. Mithr. 94. Dio XXXVI 34, 3. 36, 4. 37, 1. Willems Le sénat II 607f. 615, 1. Mommsen St.-R. II 656, 2. 680, 1. 683, 6). Es war klar, daß Pompeius gemeint war. Im Senat bekämpften der Consul C. Calpurnius Piso (s. o. Bd. III S. 1375 Nr. 63) und Hortensius den Antrag; alle Senatoren außer Caesar traten ihnen bei (Cic. imp. Pomp. 52. 57. Plut. Pomp. 25, 3f. Dio XXXVI 24, 1f.). Aber die für Pompeius gestimmte Menge drohte mit Gewalt, und als Catulus in einer Contio gegen Pompeius Wahl sprach, wurde er mit Spott abgefertigt (Sall. hist. V 23. 24 M. Val. Max. VIII 15, 9. Plut. a. O. Dio XXXVI 31–36a). Pompeius weigerte sich scheinbar, das Imperium anzunehmen, wurde aber durch G.s Rede umgestimmt (Sall. hist. V 21. 22 M. Dio a. O. 27–29). Im Einverständnis mit dem Senat versuchte der Tribun L. Trebellius zu intercedieren (Cic. Corn. I frg. 30 Müller. Ascon. in Corn. 63f. K. Dio a. O. 24, 4. 30), und L. Roscius stellte einen Gegenantrag (Plut. Pomp. 25, 5. Dio a. O.). Doch ging das Gesetz unter Anwendung von Gewalt durch (Cic. imp. Pomp. 44; Phil. XI 18). Als Piso die Rüstungen zu hintertreiben suchte, drohte ihm G. mit Absetzung und mußte durch Pompeius zurückgehalten werden (Plut. Pom. 27, 2, entstellt bei Dio a. O. 37, 2).
Ein weiteres, im Tribunat oder Consulat (Mommsen Strafr. 885) erlassenes Gabinisches Gesetz, das zuerst im J. 698 = 56 erwähnt wird, verbot den Provinzialen – in welchem Umfang, ist unsicher – in Rom Geld aufzunehmen, indem es Schuldner und Gläubiger mit Strafen belegte und die Schuldscheine für ungültig erklärte (Cic. ad Att. V 21, 12. VI 2, 7, vgl. prov. cons. 10). Die praktische Wirkungslosigkeit der Verfügung beweist z. B. der salaminische Zinswucher des M. Brutus.
Nach Ablauf des Tribunats im J. 688 = 66 wollte Pompeins, der seine 15 Legaten bereits gewählt hatte, seinen Freund (Dio a. O. 42, 4) G. durch den Senat zum Legaten ernennen lassen (Cic. imp. Pomp. 57). Die Consuln weigerten sich, ihn vorzuschlagen, und die Tribunen drohten mit Interzession, aber Cicero erklärte, er als Praetor werde den Senat versammeln. Die Annahme der Lex Manilia scheint den weiteren
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Widerstand verunmöglicht zu haben, denn 689 = 65 stand G. als Legat des Pompeius am Tigris (Dio XXXVII 5, 2). Im gleichen oder im folgenden Jahr suchte er in Jerusalem zwischen Hyrkan und Aristobul zu vermitteln (Joseph. ant. XIV 29. 37). Dabei ließ er sich, nach der Aussage von Hyrkans Gesandtem Antipater, von Aristobul bestechen. Nach der Unterwerfung Aristobuls sollte G. vertragsgemäß in Jerusalem einrücken; doch weigerten sich die Truppen Aristobuls, die Tore zu öffnen (Joseph. ant. XIV 55 = bell. Iud. I 140 = Zonar. V 6 = Hegesipp. I 16. Oros. VI 6, 2. Laut Dio XXXVII 15, 3 handelte es sich um eine kleine Festung, die nach Joseph. ant. XIV 49–52 Alexandreion wäre). In den folgenden Jahren hielt er sich zurück (Cic. post red. 13; Sest. 20); dieser Zeit mag der Kapitalprozeß angehören, in welchem er von Cicero erfolgreich verteidigt wurde (Cic. post red. 11; ad Q. fr. II 11, 2). Die Praetur wird er 693 = 61 bekleidet haben. 695 = 59 bewarb er sich um das Consulat als Kandidat des Pompeius (Plut. Pomp. 48, 3. Cato min. 33, 3), aber mit Einwilligung Caesars (Appian. bell. civ. II 51). Bei seinen Fechterspielen gab das Volk der Mißstimmung gegen Pompeius Ausdruck (Cic. ad Att. II 19, 3), und ein Komplott junger Vornehmer wollte angeblich Pompeius ermorden (Cic. a. O. II 24, 3). Trotz des Widerstands des Consuls M. Bibulus (s. O. Bd. III S. 1368), der die Comitien verschleppte (Cic. a. O. II 20, 6. 21, 3. 5), und trotz skandalöser Wahlumtriebe, wegen deren C. Cato ihn anklagen wollte (Cic. ad Q. fr. I 2. 15; Sest. 18), wurde G. mit L. Calpurnius Piso (s. O. Bd. III S. 1387) gewählt.
Als Consul 696 = 58 (Chron. Idat. Chron. Pasch. Cassiod. Lex Furfon. CIL IX 3513[1] = Dessau 4906. Tesserae CIL I 730,[2] vgl. 787. Caes. bell. Gall. I 6, 4. Ascon. 7 K. Dio XXXVIII ind. 9, 1) mußte er nun natürlich die Politik der Triumvirn fördern. Leicht wurde der stark verschuldete und habgierige Mann von dem ihm befreundeten Clodius (Dio XXXVIII 15, 6, vgl. Cic. pro domo 124) durch die Aussicht auf eine einträgliche Provinz gewonnen (Cic. red. Quir. 13; Sest. 18; prov. cons. 43; Piso 12. Schol. Bob. 295 O.). Eine Lex Clodia de provinciis (Cic. Sest. 25), die zugleich mit dem gegen Cicero gerichteten Gesetz promulgiert wurde, bestimmte, daß Piso Makedonien, G. Kilikien mit imperium infinitum erhalten sollten. Für Kilikien trat später Syrien ein (Cic. post red. 10. 18; ad Quir. 11. 13. 21; pro domo 23. 55. 60. 70. 124; Sest. 24f. 44. 53ff. 71. 94; prov. cons. 3–9. 17; Pis. 28. 37. 49. 56f. 86; Rab. Posth. 20; ad Att. III 1; ad fam. I 3, 9. Schol. Bob. a. O. Plut. Cic. 30, 1. Appian. Syr. 51. Dio XXXIX 56, 4). G. wies jede Fürsprache für Cicero zurück (Cic. Sest. 25f.; Mil. 37. Plut. Cic. 31, 3), und als der Senat beschloß, für Cicero Trauer anzulegen, antwortete G. mit einer Rede, in welcher er offen erklärte, er werde für den 4. Dezember 63 am Ritterstand Rache nehmen (Cic. post red. 32; pro domo 55; Sest. 18. 55; Planc. 87). Als Exempel relegierte er den L. Lamia auf 200 Milien von der Stadt (post red. 12; Sest. 29; Piso 23. 64; ad fam. XI 17, 2. XII 29, 1. Ascon. 9 K. Schol. Bob. a. O. Dio XXXVIII 16, 4). Darauf verboten die Consuln
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durch ein Edikt dem Senat die Trauerkleidung (Cic. post red. 12. 16. 31; ad Quir. 13; pro domo 55; Sest. 32; Piso 17f.; Planc. 87. Schol. Bob. 249 O. Plut. Cic. 31, 1. Dio a. O. 16, 3) und erklärten in einer von Clodius im Circus Flaminius abgehaltenen Contio Cicero für schuldig (Cic. post red. 10. 13. 17; Sest. 33; Piso 14. 17; Planc. 86. Dio a. O. 16, 6). Am 20. März (Drumann-Groebe II 552) gingen die Gesetze durch, von den Consuln angeblich durch Freudenfeste gefeiert (Cic. post red. 17; Piso 21; ad Att. III 1). Die Plünderung von Ciceros Tusculanum soll G., der dort eine Villa besaß, zu eigener Bereicherung benützt haben (Cic. post red. 18; pro domo 62. 124; Sest. 54; Piso 48; Mil. 87). Als dann Pompeius dem Treiben des Clodius Einhalt gebot und die Consuln sich für den einen oder andern entscheiden mußten, trat G. auf Pompeius’ Seite (Cic. pro domo 66; Piso 27). Ihm wurde der Mordversuch auf Pompeius vom 11. August hinterbracht (Cic. Piso 28. Ascon. 41 K.). Mit Clodius führte er einen förmlichen Krieg, der nicht immer ehrenvoll auslief (Cic. post red. 7; ad Quir. 14. Plut. Pomp. 49. Dio XXXVIII 30, 2). Aus Rache weihte Clodius die Güter des G. den Göttern (Cic. pro domo 124. Dio a. O.). Trotz alledem widersetzten sich die Consuln einer Restitution Ciceros, indem sie die Klausel des Clodischen Gesetzes vorschützten (Cic. post red. 11. 13; pro domo 70; Sest. 69f.; Piso 20. Plut. Cic. 33). Vor Ablauf des Jahres ging G. in seine Provinz ab; um seine Gunst zu gewinnen, gaben die Ritter ihm das Geleite (Cic. Sest. 72; Piso 31; ad Att. III 22, 1; ad Q. fr. II 13, 2).
In Syrien folgte G. dem Propraetor Lentulus Marcellinus (s. o. Bd. IV S. 1389). Er fand Judäa im Aufruhr, den Aristobuls Sohn Alexander entfacht hatte, indem er Hyrkan aus Jerusalem vertrieb und mit 10 000 Mann sich der festen Plätze versicherte. G. sandte die Reiterei unter M. Antonius voraus und folgte nach, verstärkt durch jüdische Truppen. Während Antonius den flüchtigen Alexander in Alexandreion belagerte, ordnete er das arg mitgenommene Land und verstärkte die griechischen Städte. Nachdem Alexander sich unterworfen hatte, führte er Hyrkan nach Jerusalem zurück und teilte das Land in fünf Bezirke mit eigenen Synhedrien. Doch die Kämpfe erneuerten sich im folgenden J. 698 = 56, als Aristobul selbst, der mit seinem zweiten Sohn aus der Gefangenschaft entwichen war, ein Heer sammelte. G. hinderte ihn, sich in Alexandreion festzusetzen, schlug ihn, nahm ihn gefangen und sandte ihn nach Rom zurück, während er seinen Sohn freiließ (Joseph. ant. XIV 82–97 = bell. Iud. I 160–174; daraus Zonar. V 7. Hegesipp. I 19. 20, vgl. Plut. Ant. 3, 1. Dio XXXIX 56, 6. Unger S.-Ber. Akad. Münch. 1897, 191ff.). Im selben Jahr zog er, einem Hilfsgesuch des parthischen Prinzen Mithradates Folge leistend, an den Euphrat, wurde aber durch einen Senatsbefehl zur Rückkehr veranlaßt (Strab. XII 558 c. XVII 796 c. Joseph. ant. XIV 98. 103 = bell. Iud. I 175. 178. Iustin. XLII 4, 1. 2. Appian. Syr. 51). Indessen langte, vielleicht auf Pompeius Veranlassung (Dio XXXIX 55, 3. 56, 3), König Ptolemaios von Ägypten in Syrien an und bot G.
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10 000 Talente, wenn er ihn zurückführe. Dieser unternahm, von Antonius (Plut. Ant. 3, 2) und Rabirius Posthumus aufgefordert, im Vertrauen auf sein Imperium infinitum (Cic. Rab. Posth. 20f.) den Zug. In der Provinz blieb sein Sohn Sisenna mit einer Bewachungstruppe zurück. Hyrkan stellte ein Hilfskorps und sicherte die Verpflegung. Die jüdischen Söldner des Gegenkönigs Archelaos, welche den Durchgang beim Serbonidischen See sperrten, ergaben sich; Pelusium wurde von Antonius erobert (Cic. Phil. II 48. Plut. Ant. 3, 1. Appian. bell. civ. V 33). Nach zwei siegreichen Treffen, wobei Archelaos den Tod fand, zog G. im Frühling 699 = 55 (Cic. ad Att. IV 10, 1) in Alexandrien ein (Cic. Piso 49. Bell. Alex. 3, 3. Liv. per. CV. Strab. XVII 796 c. Val. Max. IX 1 ext. 6. Schol. Lucan. III 824. Joseph. ant. XIV 98f. = bell. Iud. I 175. Dio XXXIX 58. XLII 2, 4. Suid. s. Τιμαγένης, vgl. die Anspielung bei Catull. 11, 7f.). Im Gegensatz zu Ptolemaios benahm er sich maßvoll (Cic. Rab. Posth. 31ff. Plut. a. O.). Zum Schutz der neuen Herrschaft ließ er eine römische Truppe zurück (Caes. bell. civ. III 4, 4. 103, 5. 110, 2. Val. Max. IV 1, 15. Appian. bell. civ. II 201. Dio XLII 5, 4. Mommsen Ephem. epigr. V 16). Inzwischen hatten die Seeräuber Syrien heimgesucht und Alexander aufs neue den Krieg gegen die Römer begonnen, indem er die Okkupationstruppen teils niedermachte, teils auf dem Berge Garizim einschloß. G. suchte vergeblich zu vermitteln; Alexander setzte sich zur Wehr mit 30 000 Mann, wurde jedoch am Tabor besiegt. G. rückte in Jerusalem ein und ordnete die Verhältnisse nach Antipaters Rat (Joseph. ant. XIV 100–103 = bell. Iud. I 176–178). Der Streifzug, den er darauf gegen die Nabatäer unternahm, sollte wohl nur Beute bringen.
Die Beurteilung seiner Tätigkeit durch Cicero ist vom Parteihaß entstellt; auch die Darstellung, die Dio von seinen Schicksalen nach 58 gibt, geht auf einen erbitterten Gegner zurück. Auf der Reise in die Provinz soll er dem König Ariobarzanes Schergendienste geleistet (Cic. prov. cons. 9) und gleich nach seiner Ankunft zwei Treffen verloren haben (Sest. 71; prov. cons. 13; Piso 46). Ferner wirft ihm Cicero leichtsinnige Kriegführung, Bestechlichkeit, grausame Plünderungen vor (pro domo 23. 60; Sest. 93; Piso 41. 48ff.); aber es spricht sehr zu seinen Gunsten, daß er sich den Haß der Publikanen zuzog (Cic. Piso a. O.; prov. cons. 10ff.; ad Q. fr. II 11, 2. III 2, 2). Schon 697 = 57 versuchte der Senat, G. und Piso abzuberufen; allein die Triumvirn ließen es nicht zu (Cic. prov. cons. 13). Bei der notorischen Verschuldung des Mannes konnte man sich die großartigen Bauten, die er damals ausführen ließ, nur durch Annahme von Räubereien am Aerar oder in der Provinz erklären. Als er daher nach Beendigung des Kriegs mit Aristobul um eine Supplicatio nachsuchte, verweigerte sie ihm der Senat am 15. Mai 698 = 56 (Cic. prov. cons. 14f. 25; Piso 41–45; Phil. XIV 24; ad Q. fr. II 6, 1). Immerhin fanden seine Erfolge soviel Anerkennung (ad Q. fr. II 11, 2), daß trotz P. Servilius Antrag und trotz Ciceros Angriff Crassus seine Abberufung verhindern konnte (Cic. prov. cons. 1, 11; Piso 88; ad fam. I 9, 20. Ascon. 2 K.).
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Durch die Abmachungen der Konferenz von Luca erhielt Crassus Syrien für das J. 700 = 54: Nachdem G. diesem die Provinz persönlich übergeben hatte (Dio XXXIX 60, 4), reiste er langsam nach Hause. Seine Verwaltung hatte in Rom eine schwere Geldkrisis hervorgerufen (Cic. prov. cons. 10ff.; Piso 41. 48. Dio a. O. 59, 2); die Steuerpächter waren aufs äußerste erbittert. Schon vor seiner Ankunft, am 13. Februar, brach im Senat ein Sturm gegen ihn los. Ungeachtet des Widerstandes des Consuls Appius Claudius Pulcher hatten die Tribunen vor, die Sache vors Volk zu bringen (Cic. ad Q. fr. II 11). Am 19. September erschien G. vor den Toren Roms (Cic. ad Q. fr. III 1, 15. Ascon. 1 K.). Er hoffte auf einen Triumph, obschon er dem Senat noch keinen Bericht erstattet hatte (Cic. Piso 49; ad Q. fr. III 2, 2. Dio a. O. 59, 1). Als der Senat denselben nicht bewilligte und Appius seine Sache im Stich ließ, betrat er am 28. September nachts die Stadt. Es erwarteten ihn drei, schon während seiner Abwesenheit (Bardt Herm. XXXIX 645, 1) instruierte Prozesse (die Quellen darüber sind Cic. ad Q. fr. III 1–4. 7. 9; ad Att. IV 17–19, wonach Appian. bell. civ. II 90ff. und Dio XXXIX 55–63 zu berichtigen sind): 1. Die Anklage maiestatis nach der Lex Cornelia (Cic. Pis. 50), weil er gegen ein SC. Ptolemaios zurückgeführt habe, war von L. Lentulus (s. Bd. IV S. 1372 Nr. 196) eingebracht und wurde vor dem Praetor L. Alfius und 70 Geschworenen verhandelt. Eine Ladung fand schon am 23. September statt, die Entscheidung fiel aber erst am 23. Oktober (Sternkopf Herm. XL 34). Trotzdem das Volk tobte und der Consul Appius, als G. im Senat Bericht erstatten wollte, ihn unter Beistimmung der Senatoren Hochverräter schalt (Cic. Piso frg. 18 Müller), wurde er freigesprochen mit der Motivation, die Sibylle, deren Spruch dem SC. zu Grunde lag, habe einen andern König gemeint. Pompeius hatte seinen Einfluß für G. aufgeboten, und die Bestechung der Richter den Ausschlag gegeben. 2. in der Repetundenklage, die auf Bestechung durch König Ptolemaios lautete (Cic. Rab. Posth. 21. 30. 34f. 38; Piso 49. Schol. Bob. 271. 356 O. Plut. Ant. 3. 2), konnte wegen Erkrankung des Praetors M. Cato die Divinatio zwischen Ti. Nero (s. o. Bd. III S. 2777 Nr. 254), C. Memmius und C. Antonius (s. o. Bd. I S. 2582) erst am 12. Oktober stattfinden (Cic. ad Q. fr. III 2). Memmius, der zwei Tage vorher G. in einer Volksversammlung so heftig angegriffen hatte, daß der Tribun Laelius ihn aus Erbarmen fortführen ließ (Val. Max. VIII 1 abs. 3). erhielt das Recht zur Anklage. G. glaubte seiner Sache sicher zu sein, da Pompeius für ihn zum Volk sprach und Cicero sich bewegen ließ, ihn zu verteidigen (Cic. Rab. Posth. 19. Fragmente der Rede bei C. F. W. Müller IV 3, 291. Val. Max. IV 2, 4. Dio XLVI 8, 1). Die Zeugnisse der Alexandriner waren ihm günstig und Ptolemaios schrieb, er habe ihm bloß die Kriegskosten ersetzt; trotzdem wurde G. unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die in einer Tiberüberschwemmung ein Zeichen göttlichen Zorns wegen der Freisprechung erblickte (Cic. ad Q. fr. III 7, 1. Dio XXXIX 61), verurteilt und ging, da er nicht zahlen konnte, ins Exil (Dezember 700 = 54;
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Cic. ad Q. fr. III 9, 1 vgl. mit Rab. Posth. 8–12. 20. 30. 37f.; irrig ist Appian. bell. civ. II 92; Syr. 51). 3. durch diesen Ausgang wurde der dritte Prozeß wegen Ambitus hinfällig, der schon im Oktober dem P. Sulla (s. o. Bd. IV S. 1521 Nr. 387) übertragen worden war.
Zu Beginn des Bürgerkrieges wurde G. mit andern Verbannten von Caesar zurückgerufen (Cic. ad Att. X 8, 3. Dio XXXIX 63, 5) und sollte als dessen Legat im Winter 706/707 = 48/47 dem Q. Cornificius (s. o. Bd. IV S. 1624) aus Italien nach Illyricum 15 Cohorten und 3000 Reiter zuführen. In dem rauhen Lande von Mangel an Lebensmitteln bedrängt, genötigt, die Burgen der Eingeborenen zu brechen, und zuletzt im offenen Felde von ihnen angegriffen, gelangte er unter schweren Verlusten nach Salonae. Dort starb er nach wenigen Monaten an einer Krankheit (Cic. ad Att. XI 16, 1. Bell. Alex. 42, 4–43, 3. Mit tendenziöser Verschiebung ins J. 705/706 = 49/48: Plut. Ant. 7, 1. Appian. bell. civ. II 239. 242; Illyr. 12. 25. 27. Dio XLII 11. Schwartz o. Bd. III S. 1706f.). Seinen Namen trug die von P. Cornelius Dolabella (s. o. Bd. IV S. 1308) fertiggestellte Straße, welche Salonae mit Andetrium verband (CIL III 3200;[3] Suppl. 10158. Anders Mommsen R.G. II 169 vgl. 389). Über G.s Privatleben schüttet Cicero eine Fülle gehässiger Anschuldigungen aus: unsinnige Verschwendung, Habgier, Bestechlichkeit, Ausschweifungen aller Art werden ihm zur Last gelegt (post red. 13. 16. 18; pro domo 23. 60. 124; Sest. 18. 20. 55. 93; Piso 18. 25. 48. Macrob. III 14, 15). Daß er aber militärische Fähigkeiten und Mut besaß, beweisen seine Erfolge und Caesars Schätzung. Unter einem kräftigen Monarchen wäre er ein tüchtiger Beamter geworden. Seine Gemahlin war Lollia (Suet. Caes. 50). Sein Sohn Sisenna Nr. 20. Literatur: Stocchi Aulo Gabinio e i suoi processi. Firenze 1892. Drumann-Groebe III 29ff.