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ADB:Benzler, Lorenz

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Artikel „Benzler, Lorenz“ von Eduard Jacobs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 364–366, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Benzler,_Lorenz&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:24 Uhr UTC)
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Benzler: (Joh.) Lorenz B., Schriftsteller, besonders Uebersetzer, geboren am 19. Februar 1747 als Sohn des gräfl. Lippischen Hofgerichtsassessors J. L. B. zu Lemgo, † am 3. April 1817 zu Wernigerode. Gut und vielseitig beanlagt und dabei sehr fleißig erwarb er sich frühzeitig gute und mannichfache Kenntnisse, aber sein schwächlicher Körper, besonders sein schlechtes Gehör, erschwerten ihm seinen Entwicklungsgang und den Weg zu einem praktischen Berufe. Zwar bezog er im Herbst 1767 die Universität Leipzig, zunächst um den von ihm hochverehrten Gellert zu hören, aber er sah sich bald veranlaßt, das akademische Studium aufzugeben, weil seine Schwerhörigkeit ihm einen fruchtbaren Besuch der Collegien nicht gestattete. Seitdem ihn Gleim, dem der 20jährige im Januar einen Besuch abstattete, kennen gelernt hatte, blieb dieser dem ideal gerichteten bescheidenen Jünglinge und Manne bis an sein Ende herzlich zugethan. Er ebenso wie Benzler’s Jugendfreund und Landsmann Wilh. Dohm, der diesem immerwährenden Dank bewies, weil er auf seine Entwicklung segensreich [365] eingewirkt hatte, suchten mit allen Kräften ihrem Freunde zu einer leidlichen Lebensstellung zu verhelfen. Eine versuchte Mitarbeit an Basedow’s Unternehmungen wurde bald aufgegeben, weil das Wesen des stürmischen Pädagogen dem Benzler’s allzusehr eutgegengesetzt war. Kümmerlichen Unterhalt fand er durch Abschreiben und Correcturen und 1773–1783 durch die ihm übertragene Leitung des Lippischen Intelligenzblatts, wobei er bei seiner Mutter wohnte. Vorübergehende Verbesserung seiner Einnahmen, aber keine angemessene Thätigkeit gewährte ihm sein Amt als hessischer Postmeister in Lemgo, wozu er im November 1779 bestellt wurde. Endlich ging ihm im J. 1783 ein lange Zeit mit Sehnsucht gehegter Wunsch in Erfüllung, indem ihn Graf Christian Friedrich zu Stolberg zu seinem Bibliothekar in Wernigerode berief, als welcher er seit August d. J. bis an seinen Tod wirkte. Drei Jahre später ernannte ihn der Graf auch mit dringend wünschenswerther Gehaltserhöhung zu seinem Secretär und ertheilte ihm im J. 1794 den Charakter eines Raths. Neben seiner amtlichen Thätigkeit im engeren Sinne fiel ihm auch die dankbare Aufgabe zu, das gräfliche Paar, besonders die geistig überaus regsame und empfängliche Gräfin und die heranwachsenden gräflichen Töchter ästhetisch zu leiten und ihnen von dem litterarisch Schönen der Zeit das beste mitzutheilen. Auch sonst gehört sein gesammtes bedeutungsvolles Wirken der schönen Litteratur an. Zwar sind darin von ihm freie Schöpfungen nicht zu erwähnen, aber sammelnd, leitend und besonders als Uebersetzer hat er unermüdlich und wirksam gearbeitet. Seine gesammelten Fabeln für Kinder wurden drei Mal aufgelegt: 1770, 1773 und 1800; eine englische Poetical library erschien 1786 und 1787 in zwei Bänden. Bei weitem am fruchtbarsten schaffte er aber von jungen Jahren an bis ins späte Alter durch Uebertragung guter und bedeutender Schriften aus verschiedenen Litteraturen in die deutsche Sprache. Seine älteste Arbeit dieser Art war die Uebersetzung des Dionys von Halikarnaß aus dem Griechischen, Lemgo 1771/72. Mit Kl. Schmidt übersetzte er den Petrarca aus dem Französischen und Italienischen. Aus dem Französischen verdeutschte er verschiedene Schriften, z. B. von St. Martin, Luyack und Turgot, eine „Neue Welt- und Menschengeschichte“, Bd. 6–17, Münster 1786–1796. Besonders aber führte er eine längere Reihe guter Schriften aus der englischen Litteratur, theilweise zum ersten Mal, bei uns ein, so Goldsmith, Gesch. der Römer, Shaftesbury’s philos. Werke 2. und 3. Bd., die Geschichte der neuesten Weltbegebenheiten nach dem Annual Register (1779–1786), den Englischen Zuschauer (Spectator) 1782–1783, verschiedene weitere Schriften von Goldsmith, Gulliver, Sterne, Swift u. a. m. Während B. selbst sehr bescheiden von diesen Arbeiten dachte und meist seinen Namen garnicht nannte, rühmen berufene Zeitgenossen, ein Herder, Ramler (der sich mit ihm bei der Uebersetzung des Spectator betheiligte), Dohm, Kleuker und kritische Zeitschriften die Gewandtheit, den Geschmack und die Genauigkeit seiner Verdeutschungen; auch Klopstock zollte ihm Anerkennung. Noch ist zu erwähnen, daß er außer dem Lippischen Intelligenzblatt auch von 1774 bis 1776 das Norddeutsche Wochenblatt für Kinder und von 1797 bis in die westfälische Zeit das Wernigerödische Intelligenzblatt leitete. Neben dieser Thätigkeit als Schriftsteller wirkte B. noch in mehrfacher Weise für die Litteratur seiner Zeit. Er besorgte mit Geschmack und großer Sorgfalt die Drucklegung einer Reihe von Schriften Gleim’s, Göckingk’s, Justus Möser’s u. A., sammelte mit Eifer und Erfolg Abnehmer auf die litterarischen Schriften und Almanachs von Klopstock, Wieland, Gleim, Göckingk, J. H. Voß u. A. und verbreitete den Geschmack für die deutsche Litteratur abgesehen von mündlicher und brieflicher Thätigkeit durch geschickt geleitete Lesezirkel. Ueber die hervorragenden Geister und Werke seiner Zeit, von Klopstock, Lessing, Wieland, Goethe, [366] Herder gibt er als Zeitgenosse durchweg das Urtheil, welches die spätere Zeit als das richtige anerkannt hat. Wegen seiner umfassenden Kenntnisse und seines Geschmacks nicht weniger als wegen seines bescheidenen liebenswürdigen Wesens stand er mit dem größten Theil seiner litterarischen Zeitgenossen, einem Herder, Lessing, Wieland, Klopstock, Ramler, J. G. Jacobi, Voß, Boie, Claudius, den Grafen F. L. und Chr. und der Gräfin Katharina zu Stolberg u. A. m. in persönlichem, wenigstens in brieflichem Verkehr. Zu seinen nächsten Freunden aber gehörten Dohm, Gleim, Göckingk und Kleuker. Sein sanftes liebevolles Wesen gab den Anlaß zu verschiedenen ihm gelegentlich ertheilten Benennungen, wie Mirtill, Nathanael, Damon und besonders Lebbaeus – nach einer bekannten Figur in Klopstock’s Messias. Von Jugend auf fromm und ideal gerichtet, wuchs er doch mehr und mehr, zumal seit seinem Aufenthalt in Wernigerode, an christlichem Ernst und Erkenntniß. Es ist leicht aus dem Briefwechsel zu entnehmen, daß ihm, wenn er auch alte Freundschaften weitherzig pflegte, doch Männer von tieferem christlichen Gehalt wie Kleuker, Jung-Stilling, Lavater, Ewald, Häfeli, vorübergehend auch der Mystiker Obereit, besonders innerlich nahe standen. Im Preise von Benzler’s Kenntnissen, Geschmack, Liebenswürdigkeit und Frömmigkeit äußern sich die Zeitgenossen theilweise mit Ueberschwenglichkeit, am meisten Lavater und Herder. Mit tiefer und froher Begeisterung erlebte B. noch die deutsche Erhebung in den Freiheitskriegen, worüber er sich auch schriftlich mit alten Freunden, wie mit der Gräfin Katharina zu Stolberg, mit deren Bruder Friedrich Leopold und mit Kleuker unterhielt. Benzler’s Bild ist öfters gezeichnet und gemalt worden. Eine besonders gute Zeichnung von Lavater’s Hand – Profil – befindet sich im Besitz eines Urenkels. Gleim ließ ihn im Frühjahr 1788 für seinen Musentempel malen. Die photographische Nachbildung eines andern Brustbildes im Familienbesitz liegt uns vor. Sie ist im Jahrgang 1894 der Harzzeitschrift im Lichtdruck vervielfältigt und zeigt im Profil eine edle Gesichtsbildung, ernsten Ausdruck und merklich gebogene Nase.

Die Quellen der Benzler’schen Biographie fließen verhältnißmäßig reichlich. Verschiedenes bieten das Archiv und die Fürstlichen Sammlungen zu Wernigerode, werthvolles die des Urenkels Dr. Joh. Benzler in Sterkrade. Benzler’s Briefe an Gleim enthält die Gleim’sche Familienstiftung in Halberstadt. Ein ansehnlicher Schatz an Briefen wird auf der Bibliothek der Klosterschule zu Roßleben aufbewahrt; 73 St. Briefe Kleuker’s an Benzler beruhen in der Fürstl. Bibl. in Wern. Alle diese Hülfsmittel und was an Gedrucktem bisher vorliegt, ist von uns zu einem größeren Aufsatze in der Zeitschr. des Harzvereins f. Gesch. u. Alterth.-Kunde, 27. Jahrg., 1894, S. 1–90 benutzt worden.