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BLKÖ:Rieder, Wilhelm August

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 107. (Quelle)
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Rieder, Wilhelm August (Maler, geb. zu Döbling nächst Wien 30. September 1796). Ein Sohn des berühmten Schullehrers und Tondichters Ambrosius Rieder, dessen Lebensskizze S. 100 mitgetheilt worden. Er erscheint bald als Wilhelm August, bald als August Wilhelm, gewöhnlich aber blos als Wilhelm Rieder. Die erste Erziehung und Ausbildung erhielt er von [108] seinem vortrefflichen Vater. Bald zeigte sich des Knaben ausgesprochenes Talent für darstellende Kunst, insbesondere in Zeichnungen, die er, ohne Unterricht erhalten zu haben, theils aus dem Kopfe, theils nach der Natur anfertigte, und dieß erweckte die Aufmerksamkeit zweier Männer, die in der Folge auf seine künstlerische Ausbildung und Laufbahn wesentlichen Einfluß nahmen; der Eine von ihnen war der k. k. Rath Artmann, der früher im geheimen Cabinete des Kaisers Joseph II. angestellt gewesen; der Andere hieß Valentin Günther, durch dessen Vermittelung der junge Rieder zum Besuche der k. k. Akademie der bildenden Künste zugelassen wurde, die ihm sonst als Mittellosen nicht zugänglich gewesen wäre. Artmann nahm sich auch sonst noch des talentvollen Knaben an, für den der Vater bei seinen gedrückten Verhältnissen nichts zu thun im Stande war; er nahm ihn zu sich in unentgeltliche Wohnung und Kost und versah ihn durch die fünf Jahre, die er – bis zu des Wohlthäters Tode – bei ihm wohnte, mit Allem, was er zu seinem Studium brauchte. So hatte sich R. – befreit von der peinlichen Sorge um das tägliche Brot – durch Fleiß und Studium allmälig herangebildet, in der Akademie mehrere Preise erhalten und durch seine Leistungen die Theilnahme wohlwollender Mäcene geweckt, die sich auch fernerhin seiner annahmen. So ließ ihm der Regierungsrath Joseph Prokop Freiherr von Heinke [Bd. VIII, S. 223] Unterricht in der Geschichte und Mythologie ertheilen, Graf Saurau aber gab ihm Beschäftigung, indem er ihn verschiedene Meisterwerke in der kaiserl. Belvedere-Gallerie copiren ließ, so z. B. den „Bogenschnitzer“ von Correggio, die „H. Justina“ von Buonvicino, nach Anderen von Pordenone; „Helene Forman“, das berühmte Bild der Gattin des Rubens, von demselben; „Titian’s Geliebte“, von Titian, u. m. a. Nach dem Tode seiner Wohlthäter und Gönner war R. wohl sich selbst überlassen, aber doch bereits so bekannt, daß ihm Beschäftigung nie fehlte und R. neben der Brotarbeit auch seinen Studien im Gebiete der Kunst, in der er sich mit Vorliebe der Historienmalerei zuwendete, obliegen konnte. In dieser Zeit beschäftigte sich R. vornehmlich des Erwerbes halber viel mit Bildnißmalen und war in dieser Richtung seiner trefflichen Arbeiten wegen sehr gesucht. Im Jahre 1825 wurde R. Lehrer der Figurenzeichnung an der k. k. Ingenieur-Akademie, später Professor an der Akademie der bildenden Künste und zuletzt an der k. k. Genie-Akademie in Wiener-Neustadt, wo er noch im Jahre 1856 in Thätigkeit war, worauf er im Jahre 1857 Custos – nicht, wie es bei Müller-Klunzinger heißt, der königlichen Gallerie – sondern in der k. k. Belvedere-Gallerie wurde. Rieder hat in der Zwischenzeit auch mehrere Kunstreisen gemacht, so im Jahre 1830 nach Oberitalien und Tirol, im Jahre 1833 nach Florenz und Rom. Die Zahl seiner Arbeiten ist ebenso groß als mannigfaltig, Porträte, heilige Darstellungen, Historien und Genrebilder, daneben kleinere Skizzen, Zeichnungen zu Vignetten, eigenhändige Radirungen und Lithographien, alles meist, wie es das Gebot des Erwerbens, seltener, wie es eigene künstlerische Schaffenslust bedingt. Von seinen Bildnissen sind anzuführen: Ferdinand und August, Prinzen von Sachsen-Coburg, beide im ungarischen Costüme; – der berühmte Liedercomponist Franz Schubert, wovon R. selbst eine treffliche Lithographie ausgeführt hat; – [109] der Garde-Capitän Marquis von Sommariva; – Hofrath Demeter von Görög; – Kaiser Franz I. im österreichischen Kaiserornate in Lebensgröße, für den Universitätssaal in Gratz bestimmt, außerdem noch viele andere, sowohl in Oel wie Miniatur; – von seinen historischen und Altarbildern sind bemerkenswerth: „Christus, am Oelberge knieend und betend“, zuerst von Kriehuber trefflich auf Stein nachgebildet, dann aber noch in vielen anderen, leider meist schlechten und mittelmäßigen Copien zahllos verbreitet; – „Der H. Hieronymus“. 1820 in der Kunstausstellung; – „Die H. Rosalia“, ein kleineres Oelbild; – dieselbe Heilige in Lebensgröße, vom Kunstvereine angekauft; – „Die H. Elisabeth“, im Kunstverein 1839; – „Die H. Katharina von Siena“, 1842 im Volksgarten ausgestellt, ein in Auffassung, Farbe und Ausführung gleich musterhaftes Bild. Von seinen zahllosen kleineren aquarellirten Arbeiten, meist historischen Inhalts, sind zu nennen: „Die Anbetung der Hirten“; – „Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, von ihrem Schwager verstossen, sucht Schutz vor den Thüren ihrer Unterthanen“, Stammbuchblätter für den Erzherzog Ludwig; – „Die Wohlthätigkeit der h. Elisabeth“, Stammbuchblatt für die Frau Erzherzogin Maria Elisabeth, Gemalin des Erzherzogs Rainer; außerdem waren einige Arbeiten des Künstlers in den Jahres-Ausstellungen der k. k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien zu sehen, und zwar im Jahre 1820: „Sennhütte auf dem Schneeberge“; – 1826: „Schifferin aus Oberösterreich“;-– 1841: „Die Lilie von St. Leonhard“, nach Walter Scott’s Kerker von Edinburg; dieses mit W. A. Rieder 1841 bezeichnete, 2 Schuh 6 Zoll hohe, 2 Schuh breite, auf Leinwand gemalte Bild wurde in die „Moderne Abtheilung“ der kais. kön. Gallerie im Belvedere aufgenommen; – 1843: „Maria Stuart nimmt Abschied von ihren Frauen“; – 1844: „Scene aus Walter Scott’s Kerker von Edinburg“. Aquarell; – „Madonna“; – 1845: „Obstmädchen“. Vieles befindet sich im Besitze von Privaten und in kleineren Sammlungen. Nach Rieder’s Arbeiten haben die besten Wiener Kupferstecher, wie Axmann, Blasius Höfel, Passini u. A. gestochen; von Rieder’s eigener Hand ist eine geistvolle Radirung, das Bildniß des berühmten Slavisten Abbé Dobrowsky darstellend, bekannt. Ueber Rieder als Künstler bemerkt Nagler: daß seine Richtung auf das Religiöse gehe; fast alle seine Darstellungen – wenigstens die besseren – sind der Bibel und der Legende entnommen; obwohl er auch in anderen Zweigen Vortreffliches geleistet. Seine Gemälde sind von schöner Färbung, correct in der Zeichnung und sehr geschmackvoll behandelt.“ Und nun singt auch Nagler das alte – aber ewig neue – Lied: „Rieder ist nicht nach Verdienst erkannt, und in Oesterreich findet seine Bescheidenheit nicht überall Anerkennung“. Haben wir doch auf diese Weise Meister wie Schwind, Steinle u. A. eingebüßt und dafür so viel Mittelgut und Spreu im Vaterlande behalten oder aus der Fremde in’s Land gebracht! Nebenbei sei bemerkt, daß Nagler Rieder’s Mäcen, den Grafen Saurau, irgend einen Grafen von Sorau nennt und daß die von Rieder copirte Gattin des Malers Rubens, Helene Forman, in seinem Lexikon zu Formant entstellt ist.

Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien 8°.) I. Jahrg. (1842), S. 471; IV. Jahrg. (1845), S. 520. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XIII, S. 159. [110]Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. V, S. 1193, Nr. 2. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 388. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien 1836, Fr. Beck, gr. 8°.) S. 392. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 340. – Deutsches Kunstblatt 1857, S. 325. – Raczynski, Geschichte der neueren deutschen Kunst, Bd. III, S. 613. – Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien, 1820, S. 16, Nr. 79; S. 22, Nr. 201; S. 23, Nr. 227: 1822, S. 16, Nr. 46; 1826, S. 16, Nr. 103, 144; 1839, S. 22, Nr. 288; 1841, S. 21, Nr. 287; 1843, S. 26, Nr. 375; 1844, S. 7, Nr. 87; S. 23, Nr. 335; 1845, S. 21, Nr. 315, 316.