RE:Flaminia via

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Heerstraße Rom-Ariminum (Rimini)
Band VI,2 (1909) S. 24932496
Via Flaminia in der Wikipedia
GND: 4461186-9
Via Flaminia in Wikidata
Via Flaminia bei Pleiades
Bildergalerie im Original
Register VI,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,2|2493|2496|Flaminia via|[[REAutor]]|RE:Flaminia via}}        

Flaminia via. Durch das Ausgreifen der römischen Macht in der Poebene (224. 223 v. Chr. Anlage der Kolonien Mutina, Placentia, Cremona) ergab sich die Notwendigkeit des Baues einer Heerstraße von Rom nach dem Schlüsselpunkt des cisalpinen Galliens Ariminum. Sie baute der in den Kämpfen gegen die Gallier (als Consul 223) siegreiche C. Flaminius während seiner Censur im J. 220. Cassiod. chron. a. u. 534 aus Livius XX. Liv. per. XX. Fest. p. 89 M.; vgl. Plut. quaest. Rom. 66; Strabon V 217 schreibt den Bau dem gleichnamigen Sohn des Flaminius [2494] zu, was irrig ist. Von den beiden Consuln des J. 187 v. Chr. baute Aemilius Lepidus die Via Aemilia von Ariminum nach Placentia (Strab. a. a. O. auch ungenau. Liv. XXXIX 2, 10) und C. Flaminius die von Bononia nach Arretium (Liv. XXXIX 2, 6). Merkwürdigerweise schließt sich Niese Röm. Gesch.3 126 Strabon an. Die Angabe des Livius XXII 11, Fabius sei im J. 217 auf der Flaminia nach Ocriculum marschiert, ist nicht als Beweis für den Bau im J. 220 heranzuziehen, da ein Anachronismus vorliegen könnte.

Die Straße verließ das ältere Rom bei der Porta Fontinalis (Jordan-Hülsen Topographie I 3, 484) zwischen Capitol und Quirinal und lief in nordnordwestlicher Richtung durch das Marsfeld, welches, mit der Zeit dicht besiedelt, von der Mauer des Aurelian mit eingeschlossen wurde. Das Tor in dieser hieß Porta Flaminia bis ins Mittelalter hinein (Procop. bell. Goth. I 23. Einsiedler Itinerar I 2. Richter Topographie 393), später und heute Porta del Popolo am Ende des der Via Flaminia (innerhalb der Stadt via lata) entsprechenden Corso Umberto I (vgl. Tomasetti Archivio d. soc. Rom. di storia patr. VI 1883, 173f.; über die Grabungen an der Via lata die entsprechenden Blätter der Forma urbis Romae von Lanciani).

Auf dem Pons Mulvius (Ponte Molle, im J. 109 v. Chr. vom Censor M. Scaurus neugebaut, Vict. vir. ill. 72, 8. Ammian. Marc. XXVII 3, 9; unter Augustus nicht reparaturbedürftig, Mon. Anc. IV 19; die Tab. Peut. hat Roma via Flaminia III ad pontem Iulii) führte die Straße über den Tiber (hier geht die Via Clodia nach links ab, Ovid. ex Ponto I 8, 43), an diesem 6 Millien bis Rubrae (Saxa Rubra), verläßt ihn dann und zieht an der Westseite des Sorakte durch Etrurien wieder an den Tiber, den sie vor Ocriculum (bereits umbrisch) überschreitet. 12 Millien weiter passierte sie bei Narnia (Narni) den Nar (Nera), 34 Millien von hier bei Mevania (Bevagna) die Tinia (Topino, Strab. V 227) und trat in das Tal dieses Flüßchens. Bei Fulginii traf eine erst in späterer Zeit gebaute und besonders frequentierte Abzweigung von Narnia her über Spoletium (Spoleto) auf die, wie E. Bormann im Index lectionum Marburg. 1883 nachgewiesen, ursprüngliche Route (Beweise: Straßenbauinschrift Hadrians auf der Strecke zwischen Vicus Martis = Sa. Maria in Pantano und Bevania CIL XI 6619;[1] Strabon V 227 bezeichnet Mevania als an der Flaminia, Interamna und Spoletium als von dieser abseits gelegen; die Becher von Vicarello CIL XI 3281-3284[2] weisen die Route über Mevania; Vitellius meidet nach Tac. hist. II 64 die Flaminia und geht über Interamna). Die Wasserscheide überschreitet die Straße zwischen M. Nerone und Catria auf dem Sattel von Scheggia (591 m), folgt dem T. Burano und dem mit diesem vereinigten (bei Pitinum) Candigliano am linken Ufer. Die große Steigung der Straße infolge des steilen Abfalls der Felsen zum Flusse beseitigte Vespasian durch die Anlage eines 37 m langen Tunnels (CIL XI 6106.[3] Vict. Caes. 9; epit. 18). Die Station dabei hieß Intercisa (saxa), im späten Altertum Petrapertusa; die Stelle jetzt Furlo (Procop. bell. Goth. II 11. vgl. Nissen Ital. Landesk. II 1, 338). Unterhalb dieser erreicht die Straße den Metaurus (Metauro) und führt an seinem [2495] linken Ufer abwärts an die Küste nach Fanum Fortunae (Fano) und an ihr entlang nach dem 32 Millien weiter gelegenen Ariminum (Rimini), dem Endpunkt. Die in dem Itin. Ant., der Tab. Peut., dem Itin. Hieros. und den Bechern von Vicarello angegebenen Stationen und Längen der Teilstrecken sind aufs beste zusammengestellt von Bormann CIL XI 2[4] p. 995ff.

Die Straße, welche eine der drei wichtigsten von Rom nach dem Norden war (Cicero Philipp. XII 9), wurde immer in gutem Stand gehalten. C. Gracchus wird seine Straßenbautätigkeit (Plut. C. Gr. 7) auch auf die Via Flaminia ausgedehnt haben (Forum Sempronii am Metauro deutet wohl darauf; vgl. Nissen a. a. O. 383). 109 v. Chr. baute der Censor M. Scaurus die Mulvische Brücke, s. o., im J. 64 ist nach Cicero ad Att. I 1, 2 ein Thermus Curator der Straße, der sicher wohl der Gens Minucia angehörte. Dann würde sich der Bau des Pons Minucius (Mon. Anc. IV 19) auf diesen beziehen. Die größte Restauration der Straße hat Augustus vornehmen lassen (Mon. Anc. IV 19. CIL XI 365.[5] Suet. Aug. 30. Dio LIII 22. Cohen2 Augustus 229–235. 541. 542; vgl. Bormann Index lect. p. VII. Gardthausen Augustus und seine Zeit 988ff.; daselbst sind die monumentalen Reste der Straße, die heute noch vorhanden sind, aufgezählt). Zum Dank für den Bau ließ der Senat am Anfang und Ende der Straße bei der Mulvischen Brücke und in Ariminum einen Triumphbogen errichten (s. die oben angeführte Literatur). Eine wesentliche Verbesserung erfolgte durch den Tunnelbau Vespasians (s. o.), eine neuerliche Instandsetzung unter Hadrian (CIL XI 6619,[1] s. o.). Endlich wissen wir von großen Renovierungsmaßregeln seitens der gotischen Regierung (Cassiod. var. XII 18; 536 n. Chr.?), die an der vollkommenen Benützbarkeit der Straße, welche die Hauptverbindung zwischen Rom und Ravenna war (daher im Mittelalter vereinzelt via Ravennana genannt, vgl. Tomasetti Archivio VI 175), lebhaftes Interesse haben mußte (ein anderer Erlaß Cassiod. var. XI 12 betrifft Maßregeln zur Förderung der Reisenden). Die Straße war sehr belebt (Tac. hist. II 64. Iuven. 1, 61) und wird als wichtige Marschlinie gegen Rom oft in der Kriegsgeschichte genannt (Tac. ann. III 9; hist. II 64. III 79. 82. Hegesipp. I 22. Iord. Get. XXX 155. Procop. bell. Goth. II 11. IV 28 u. a.). Mängel der Straße erwähnen Mart. IX 57 (salebrae) und Claud. epist. ad Olybrium 8 (pulverulenta).

Zu beiden Seiten der Straße zogen sich von Rom her auf eine Strecke von einigen Millien Grabstätten mit monumentalem Schmuck, ähnlich wie an der Appischen Straße oder der Via Latina usw. (CIL VI 2120[6] v. 16ff. cum ante hos dies coiugem et filium amiserim et pressus necessitate corpora eorum fictili sarcofago commendaverim, donique is locus, quem emeram, aedificaretur via Flaminia inter miliar(ia) II et III euntibus ab urbe parte laeva. Iuven. 1, 171. Mart. VI 28, 4. XI 13. Stat. silv. II 1, 175). Am ersten Meilenstein wurden an den Iden des März die feriae Annae Perennae gefeiert (Fasti Vatic. CIL I2 242[7] XIV), beim neunten stand eine kaiserliche Villa (Plin. n. h. XV 137). Wegen ihrer Bedeutung wurde für die Flaminia ein besonderer Verwaltungsbeamter der kaiserlichen Post bestellt [2496] (CIL X 7585.[8] VI 33714;[9] vgl. O. Hirschfeld Die kaiserlichen Verwaltungsb.2 196). Über die curatores der Straße vgl. o. Bd. IV S. 1783. Bull. com. 1891, 108ff. Ruggiero Dizionario epigrafico III 150f.

Literatur: N. Bergier De publicis et militaribus imperii Romani viis in Graevius Thesaurus antiquitatum Romanarum X. G. Tomasetti Della campagna Romana nel medio evo, Archivio della società Rom. di storia patria VI. VII. J. Partsch Der hundertste Meilenstein, in der Festschrift für H. Kiepert. E. Bormann in CIL XI 2[4] p. 995ff.; Variae observationes de antiquitate Romana im Index lectionum Marburg. 1883 (Sommersemester). Nissen Ital. Landesk. an vielen Stellen. Jordan-Hülsen Topographie der Stadt Rom I 3, 484.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. a b Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 6619.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 3281.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 6106.
  4. a b Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 2.
  5. Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 365.
  6. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 2120.
  7. Corpus Inscriptionum Latinarum I, 242.
  8. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 7585.
  9. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 33714.