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RE:Prandium

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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das Mittagessen
Band XXII,2 (1954) S. 16871689
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Prandium. Mittagessen. griechisch ἄριστον. Bei Homer kommt ἄριστον nur zweimal vor, Il. XXIV 24; Odyss. XVI 2, und bedeutet das erste Frühstück, das sonst ἀκράτισμα heißt, s. o. Bd. I S. 1194; vgl. Cass. Dio LXV 4, 3. Die homerischen Helden genießen beim Frühstück gebratenes Fleisch, Brot und Wein. In der klassischen und nachfolgenden Zeit bedeutet ἄριστον das Frühstück zum Unterschied von der Hauptmahlzeit, δεῖπνον: Herod. I 63. Thuk. VIII 95. Xen. anab. VI 5, 1. Es wurde, wenigstens auf dem Marsche, zwischen 10 und 11 Uhr (ἀμφὶ ἀγορὰν πλήθουσαν) eingenommen, anab. I 8. 1. 10. 19. Im Feindesland blieben die Soldaten bisweilen ohne Frühstück (ἀνάριστοι, Xen. I 10, 19. Thuk. a. O. Polyb. III 71) oder mußten nach Umständen das Frühstück früher einnehmen, Xen. IV 1, 14. VI 3, 24. Häufig finden sich Ausdrücke für frühstücken, ἀριστᾶν ebd. VI 5, 3. 3, 24; hell. IV 5, 8; mem. II 7, 12 u. ö. Das Frühstück bereiten heißt ἀριστοποιεῖν, Xen. Kyr. III 2, 11. Demosth. 28, 165. Thuk. a. O., einen mit einem Frühstück bewirten ἀριστίζειν, Aristoph. Equ. 538; Av. 659. Diese Ausdrücke geben jedoch über Zeit und Beschaffenheit des Frühstücks keinen näheren Aufschluß. Aus Xen. oec. (ἀριστῶ ὅσα μήτε κενὸς μήτε ἄγαν πλήρης διημερεύειν) XI 18 kann man schließen, daß manche beim Frühstück nur eine mäßige Stärkung einnahmen. Die Schriftsteller der römischen [1688] Zeit geben mit ἄριστον das lateinische p. wieder, Ev. Luc. XIV 12. Math. XXII 4, besonders Plut. quaest. conv. VIII 6, 5, der eine Ableitung des Namens p. versucht, Cass. Dio a. O. Daß auch in Ägypten das Mittagsmahl üblich war, zeigt die Erzählung von Josef und seinen Brüdern, I. Mos. 43, 16. 25; vgl. auch Buch Tob. 2, 1. 12, 13. Daniel 14, 33. 36. Septuag. Βὴλ καὶ Δράκων.

Bei den Römern war ursprünglich die cena das Mittagsmahl s. o. Bd. III S. 1895ff. Als die cena infolge des hauptstädtischen Geschäftslebens auf den Abend verschoben wurde, trat an ihre Stelle das p., Fest. p. 54, 4: cena apud antiquos dicebatur, quod nunc est prandium; p. 338, 4. Wenn Isid. XX 2, 14 sagt: in usu non erant prandia, so heißt das nicht, daß man kein Mittagsmahl einnahm, sondern daß der Name dafür ein anderer war. Bei der Verlegung der Hauptmahl-Zeit auf den Abend veranlaßte das natürliche Bedürfnis die Einnahme eines größeren Frühstücks, das nun p. hieß, vgl. Augustin serm. 345, 5: cumvenerit hora quinta, antequam ad mensam accedas, esuris et deficis. Alkiphr. III 4 p. 40 Meineke. Das p. wurde ungefähr um die Mittagszeit eingenommen, Hor. sat. I 6, 127. Tac. ann. XIV 2. Suet. Aug. 78; Claud. 34, 2. Plut. quaest. conv. VIII 6, 5 p. 726 E, gewöhnlich um die 6. Stunde, Alkiphr. a. O. Schol. Anth. Pal. X 43; vgl. die witzige Bemerkung Cic. fam. VII 30, 1: Caninino consule scito neminem prandisse, da dieser noch am letzten Tag des Jahres um die 7. Stunde zum Consul ernannt worden war. Schüler gingen zum p. nach Hause und kehrten nach einer bestimmten Pause wieder zurück, Apul. met. X 5. CGIL III 6 38. Manchmal wurde auch um die 5. Stunde gespeist, Auson. ephem. 138. 149. Augustin a. O. Anth. Pal. V 182, 6. Vor der 5. Stunde das p. einzunehmen galt als Schlemmerei, Plaut. Pers. 103ff. Cic. Pis. 13; Phil. II 104. Wer sich jedoch mit zweimaligem Essen begnügte, was in südlichen Ländern häufig vorkam und noch vorkommt und gesunden, mäßigen Leuten ärztlich empfohlen war (Physici et medici graeci minores περὶ διαίτης II p. 194 Ideler. Cels. I 1 p. 13, 19. 3 p. 20, 24. 21, 9 Daremb.), nahm das p. um die 4. oder 5. Stunde ein, Sidon. Apoll. epist. IV 8; carm. 23, 488ff. Andere hingegen, hauptsächlich alte Leute, denen die Ärzte ein dreimaliges Essen anrieten, verlegten das p. auf die 7. Stunde, nachdem sie zuvor gebadet und gymnastische Übungen vollzogen hatten, Galen. VI p. 332f. Paul. Aegin. I 23. Plin. ep. III 5, 10. Viermal im Tage Mahlzeiten zu halten wie Vitellius (ientaculum, p., coena, commissatio, Suet. Vit. 13. ἀκράτισμα, ἄριστον, δεῖπνον, μεταδόρπιον, Cass. Dio LXV 4, 3), galt als arge Schlemmerei. Ebenso tadelt Sen. nat. qu. IV 13, 6 die Unsitte, die Nacht hindurch zu zechen und am andern Morgen gleich das p. anzuschließen. Ein einmaliges Frühstück, besonders das der Soldaten vor dem Ausmarsch, heißt bald ientaculum, bald p., Liv. XXVIII 14, 7. Sen. ep. 82, 21. Suet. Vit. 7. Hist. Aug. XXIII 20, 5. Isid. XX 2, 11 veteres p. vocabant omnium militum cibum ante pugnam.

Als Speisen zum p. werden je nach Umständen verschiedene genossen: allerlei Fleisch, Plaut. Men. 208f.; Curc. 323; Pers. 105, Fische, ebd. 107f. Galen. VI 332f. Paul. Aegin. I 33. CGIL [1689] III 650, Wildbret, Mart. I 49, 13f. Zwei Feinschmecker essen Nachtigallen, Hor. sat. II 3, 245, von denen nach Plin. n. h. X 141 das Stück 6000 Sesterzen kostete. Gewöhnlich genoß man warme Speisen, Plaut. Bacch. 716; Casin. 159; Poen. 759. Auson. ephem. 138. 149, auch aufgewärmte Reste von der cena des vorhergehenden Tages, Plaut. Curc. 321ff. Manche Feinschmecker bevorzugten kalte Küche, ebd. Pers. 105. 110f. Bei einer reichlichen Mahlzeit wurden zu den Fleischspeisen und Fischen noch Gemüse genossen und als Nachtisch allerlei Früchte: Äpfel, Maulbeeren, Feigen, Pfirsiche, CGIL III 650. Schüler bekamen zum Mittagstisch Weißbrot, Oliven, Käse, getrocknete Feigen, Nüsse und als Getränk Wasser, Colloq. Monacens. CGIL III 646. In älterer Zeit war das p. sehr einfach. Daher rühmt Plin. ep. III 5, 10 von seinem Onkel, daß er veterum more zu Mittag gespeist habe; vgl. Hor. sat. I 6, 127f. Der Kaiser Alexander Severus begnügte sich mit der einfachen Soldatenkost, Hist. Aug. XVIII 61, 2. Manche genossen nur trockenes Brot, was Sen. ep. 83, 6 ein p. sine mensa nennt, post quod non sunt lavandae manus. Auf einer Landreise aß er zum p. nur Brot mit getrockneten Feigen, ep. 87, 3. Bei Front. ad M. Caes. IV 6 p. 69 Nab. besteht das p. aus Brot, Bohnen, Zwiebeln und Seefisch. Fader Mangold war nach Mart. XIII 13, 1 ein Mittagsgericht für Handwerker, Käse von Luna diente als p. für Sklaven. Am Morgen gepflückte Maulbeeren waren bekömmlich als Schluß des Mittagsmahles, Hor. sat. II 4, 22. Zum p. trank man mulsum, Cic. Cluent. 166. Galen. VI 412, oder Wein, Tac. ann. XIV 2. Mart. IX 72, 4. Das Trinken nach dem p. oder der cena tadelt Sen. ep. 122, 6 als etwas Bäurisches.

Nach dem p. war eine Mittagsruhe, meridiatio, gewöhnlich, Catull. 32, 10. Hor. sat. I 6, 127. Ovid. am. I 5. 1. Suet. Calig. 38, 3; Ner. 6, 4. Hist. Aug. XVIII 61, 3. Sid. Apoll. ep. II 9, 7. Vielbeschäftigte begnügten sich mit einer kurzen Siesta, Suet. Aug. 78. Plin. ep. III 5, 11. Iulian epist. 14, ausnahmsweise wird sie für nicht gesund gehalten, Plaut. Most. 697. Cicero gebrauchte sie vor der unfreiwilligen Mußezeit gar nicht, divin. II 142. – Becker-Göll Gallus III 319ff. Μarquardt-Μau 266f. Blüm. Röm. Privatalt. 381ff.