Rosen-Monate heiliger Frauen/Theodotus und die sieben Jungfrauen
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XXIV.
18. Mai.
Theodotus,
der Schenkwirth und die sieben Jungfrauen, Märtyrer.
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Bei seinen Mühseligkeiten, die er um Christi willen auf sich nahm, ergab sichs einmal, daß er einige Stunden von Ancyra gerade zu der Zeit in die Burg Malus kam, als man eben darüber war, die Ueberreste des auf dem Scheiterhaufen umgekommenen Märtyrers Valens in den Fluß Halys zu werfen. Er hatte das Glück, sie an sich zu bringen, und da er nun fröhlich von dannen gieng, begegnete er einer Gesellschaft von Bekennern, welchen er zuvor hatte die Freiheit verschaffen dürfen. Beiderseits war man glücklich, einander zu sehen, und der Schenkwirth that es nicht anders, die Gesellschaft mußte sich niederlaßen, damit er sie auf dem Rasen speisen und erquicken könnte. Der Priester mußte aus der Burg kommen, um die| Tischgebete zu sprechen, und so war man denn unter dem Schutze Christi fröhlich. Nach dem Eßen sagte Theodot zu Fronton, dem Priester, es sei nicht leicht ein Ort geeigneter, Reliquien der Heiligen aufzubewahren. „Warum, versetzte er, baust du keine Kapelle?“ „Vor allem,“ versetzte Fronton, „müßten wir doch erst Reliquien haben.“ Theodot versicherte, daß es daran nicht fehlen würde, und zog seinen Ring vom Finger, um ihn dem Priester zum Pfande des Versprechens zu laßen. Darauf trat er seinen Rückweg nach Ancyra an..
Dort hatte indes die Verfolgung schrecklich gewüthet. Unter andern hatte der Statthalter sieben fromme Jungfrauen, die von Jugend an Gott gedient hatten, zur Strafe für ihre Standhaftigkeit einer Rotte junger Wüstlinge übergeben, sie zu schänden. Die Armen hatten nichts als Thränen und Bitten und das Zeugnis ihres großen Abscheu’s; aber was half ihnen das? Ein frecher Bube zog die älteste von den Jungfrauen auf die Seite, um an ihr zu freveln. Thekusa warf sich zu seinen Füßen und rief: „Was willst du thun, mein Sohn? Wir sind ja alte, von Fasten, Wachen, Krankheiten und Leiden abgezehrte Menschen: ich bin über 70 Jahre alt, meine Gefährtinnen nicht jünger! Es wäre gewis| eine Schande für dich, dir mit Leibern zu thun zu machen, die jetzt schon Leichnamen ähnlich sind, und bald eine Beute der wilden Thiere und der Vögel sein werden, denn der Statthalter hat ja verboten, uns zu begraben.“ Nun zog sie ihren Schleier weg und zeigte ihm ihre weißen Haare. „Laß dich den Anblick rühren, sagte sie; du hast vielleicht eine Mutter von meinem Alter, so mag diese unsere Fürsprecherin sein. Wir begehren ja nichts als unsere Thränen ungehindert vergießen zu dürfen. Möge dir Christus vergelten, wenn du, wie ich hoffe, unser schonest.“ Eine solche Predigt dämpfte den Muthwillen der jungen Wüstlinge, welchen nun selbst die Thränen ausbrachen, so daß sie sich unter Verwünschung der Unmenschlichkeit des Statthalters entfernten. Als der Statthalter Theoctenes merkte, daß die Jungfrauen gesiegt hatten, schlug er einen andern Weg ein, um sie zu besiegen. Die Heiden von Ancyra pflegten der Diana und Minerva zu dienen, und das Jahresfest war nahe. Da setzte denn der Statthalter die sieben Jungfrauen in offene Wagen und ließ sie, als wären sie Priesterinnen der Diana und Minerva, zum Teiche begleiten, in welchem die Götzenbilder feierlich gewaschen zu werden pflegten. Da sollten denn mit den| Göttinnen diese ihre Priesterinnen gewaschen werden. Da mußten sie aufrecht in voller Blöße stehen, dem Muthwillen eines schamlosen Haufens ausgesetzt. So führten sie zu Wagen den Festzug an, hinter ihnen kamen die Götzenwagen, dann eine große Volksmenge, der Statthalter aber mit seiner Wache beschloß den Zug. Während deßen lag Theodot mit den Christen betend auf den Knieen von Tagesanbruch bis Mittag. Da hörte er denn, Thekusa habe mit ihren übrigen Gefährtinnen gesiegt, sie seien mit einander im Teiche ertränkt worden. Das war ihm ein Anlaß zu großem Lob und Dank, und als er die näheren Umstände hörte, wurde er in seiner freudenreichen Stimmung bestätigt. Die Jungfrauen hatten sich unter keiner Bedingung als Priesterinnen der Diana und Minerva einkleiden und krönen laßen, alles Zureden des Statthalters von sich gewiesen und diejenigen weggestoßen, die ihnen Krone und Priesterkleid reichen wollten. Da hatte ihnen der Statthalter Steine an den Hals binden und sie an der tiefsten Stelle des Teiches versenken laßen. Nun galt es aber für Theodot, die Leichen der Märtyrinnen aus dem Teiche zu ziehen, und da der Statthalter Wachen am Teiche aufgestellt| hatte, war der Zweck schwer zu erreichen. Theodot war unter Beten und Sinnen zur Ruhe gegangen, im Traum aber sahe er Thekusa, die ihn ermunterte, an den Leichnamen das gute Werk zu thun und es zu beeilen, weil ihn nach zweien Tagen ein ihm bevorstehender großer Kampf verhindern würde, er sollte sich aber beim Werke vor einem Verräther hüten. Des anderen Tages erzählte Theodot seinen Traum den Brüdern, es war aber den ganzen Tag nichts zu machen, weil die Wachen unabläßig am Teiche standen. Die Nacht darauf war es sehr finster, weder Mond noch Sterne gaben Schein. Da gieng denn Theodot mit den Seinen hinaus, Sicheln in den Händen, um die Seile abzuschneiden, mit welchen die Leiber an die Steine gebunden waren. Als sie an den Richtplatz kamen, wohin zu gehen sich nach Sonnenuntergang sonst niemand getraute, trafen sie auf Pfähle mit abgehauenen Köpfen und auf Ueberreste von verbrannten Körpern, so daß sie von Schrecken ergriffen wurden. Allein sie giengen dennoch vorwärts, denn sie hörten eine ermunternde Stimme und sahen in der tiefen Finsternis ein leuchtendes Kreuz. Zwar wurde es darauf wieder so finster, daß sie einander nicht sehen konnten, und dazu| fiel ein so starker Regen, daß sie sich kaum aufrecht zu halten und vorwärts zu gehen vermochten. Doch wurden sie einer Fackel gewahr, welche ihnen den Weg durch all dies Grauen und diese Hindernisse zeigte. Theodot selbst aber sah Männer in schimmernden Kleidern, die ihm Muth machten und anzeigten, daß der HErr Jesus sie ihm entgegengeschickt hätte, weil sein Name bereits unter die Zahl der Märtyrer eingereiht sei. „Wir sind es, die man Väter nennt, sagten sie, du wirst am Teiche den heiligen Sosander in Waffen treffen, deßen Anblick die Wachen schrecken wird. Du hättest aber keinen Verräther mitbringen sollen.“.
Die Wachen waren trotz des Sturmes und Donners nicht von ihren Posten gewichen; da sie aber einen Mann mit flammender Rüstung sahen, flohen sie entsetzt in die nahen Hütten. Indeßen kamen von ihrem Führer geschützt die Gläubigen. So heftig stürmte es, daß der Wind den Boden des Teiches blos legte und die Leiber der Jungfrauen am Lichte der Erscheinung erkannt werden konnten. Theodot und seine Gefährten zogen sie nun heraus, trugen sie fort und beerdigten sie bei der Kirche der Patriarchen. Am andern Tage war die ganze Stadt in Bewegung, weil| die Leiber der Jungfrauen entwendet waren. Einer von der nächtlichen Gesellschaft, Polychromius, gieng verkleidet auf Kundschaft, wurde aber entdeckt, bekannte unter Martern Thäter und That und den Ruheort der Leiber und wurde also der Verräther, von welchem sich die warnende Stimme hatte vernehmen laßen. Da war für Theodot kein Aufhalten mehr. Nachdem er mit den Gläubigen sich gesetzt und inbrünstig um das Ende der Verfolgung gebetet hatte, war Kampf und Sieg sein einziger Gedanke. Er eilte trotz denen, die ihn abhalten wollten, zu seinem Richter, der von den Anklägern umgeben war. Mit Lächeln sah der Schenkwirth auf die Marterwerkzeuge rings um ihn her. Der Richter strengte sich gewaltig an, diesen Bekenner herumzubringen: es läge ja nur an ihm, die Marterwerkzeuge von sich fern zu halten, er selber, der Richter, wollte sein Freund sein, die Gnade des Kaisers würde ihm zu Theil werden, er könnte Stadtoberster werden und Apollopriester, wenn er sich mit ihm vereinte, die Christen von der Anbetung eines Gekreuzigten abzubringen. Dagegen begann Theodot die Größe, die unnahbare Heiligkeit, die Thaten Jesu zu preisen, und zum Vergleich hervorzuheben, was die heidnischen Dichter und Schriftsteller ihren Götzen| für schändliche Verbrechen zuschrieben, wie abgeschmackt und gottlos es also wäre, solche Götter anstatt des allmächtigen und untadeligen Jesus anzubeten. Und in einer solchen Weise redete Theodot, daß die anwesenden Heiden in Wuth geriethen, die Priesterinnen der Diana und Minerva aber sich die Haare ausrauften, die Kleider zerrißen und ihre priesterlichen Kronen zertraten. Alles heidnische Volk schrie laut um Rache gegen einen solchen Feind der Götter. Man spannte ihn also auf die Folter, jedermann drängte sich hinzu, ihn zu quälen, die Henker lösten sich gegenseitig ab, um ihr Werk auch recht zu thun. Als man ihm mit eisernen Krallen seinen Leib zerrißen, Eßig in seine Wunden geschüttet und sie mit Fackeln gebrannt hatte, der Märtyrer aber den Geruch seines verbrannten Fleisches inne ward und dabei sein Haupt ein wenig wandte, sagte Theoctenes, der Richter: „Du leidest ja nur, weil du den Kaisern und den Göttern die Ehre nicht thust.“ Theodot aber versetzte darauf: „Du deutest meine Kopfbewegung ganz falsch, ich bin nur unwillig, weil deine Schergen so wenig Muth haben. Feuere sie an zu größerem Gehorsam, und besinne dich auf neue Martern, damit du mit Augen siehst, was für eine Geduld| und Kraft Jesus denen einflößt, die um seinetwillen leiden. Sieh, wie der über alle Gewalt der Menschen erhaben wird, den die Gnade des Erlösers aufrecht erhält.“ Als ihm darauf der Statthalter in seiner Wuth die Kinnladen zerschmettern, die Zähne mit Steinen zerschlagen ließ, sagte er: „Laß mir auch die Zunge herausschneiden, denn Gott hört auch das stumme Schweigen Seiner Knechte.“ Als endlich die Henker zu müde waren, weil Theodot wie unempfindlich schien, ließ ihn der Statthalter einstweilen ins Gefängnis zurückführen, um ihn für neue Martern zu sparen. Man führte also Theodot über den Platz; da zeigte er den Umstehenden seinen zerfleischten Leib zum Preiße Jesu, und sagte: „Es ist billig, daß man Dem solche Opfer darbringt, der uns Selbst Sein Beispiel gelaßen und Sich für uns in den Tod gegeben hat.“.
Nach fünf Tagen spannte man ihn wieder auf die Folter und öffnete ihm seine Wunden, legte ihn damit auf glühende Ziegelstücke, brachte ihn noch einmal auf die Folter und endlich auf den Richtplatz zur Enthauptung; sein Leichnam aber sollte verbrannt werden, damit ihn die Christen nicht ehrenvoll begraben könnten. Auf dem Richtplatz dankte Theodot dem HErrn, der ihn| unter allen Qualen gnädig gestärkt und erwählt hätte, ein Bürger des himmlischen Jerusalems zu werden. Er betete aber auch zu Ihm, daß er sich seiner hart bedrückten Kirche erbarmen, der Verfolgung ein Ende machen und Frieden schenken möchte. Zu den ihn begleitenden Christen sagte er: „Weinet nicht, sondern preiset den HErrn, durch den ich meine Laufbahn vollende und den Feind besiege; bin ich droben bei Ihm in den Himmeln, so will ich vertrauensvoll für euch beten.“ Darauf empfieng er mit Freuden den Todesstreich. Als man den Leichnam auf den Scheiterhaufen legte, wurde er von einem solchen Licht umgeben, daß sich niemand zu nahen wagte; Wachen besetzten den Zugang. Gerade an dem Tage kam der Priester Fronton von Malus, um bei Theodot die versprochenen Reliquien zu holen. Als er zur Stadt kam, brach die Finsternis herein. Die Wachen hatten, wie sie zuvor befehligt waren, auch in der Nacht bei ihren Posten zu verbleiben, sich dazu angeschickt, eine Hütte aus Weidenästen und Schilfrohr gemacht und ein Feuer angezündet. Da legte sich die Eselin Fronton’s, die des Weges kam, vor großer Ermüdung, denn sie war mit Wein aus Fronton’s eigenem Weinberg beladen, gerade vor| dem Scheiterhaufen nieder. Die Wachen luden Fronton in ihre Hütte und zu ihrem Mahl ein, er aber gab ihnen von seinem Wein zu trinken, und sie setzten demselben nach Herzenslust zu. Sie wurden traulich, erzählten dem Priester allmählich alles und alles von dem Tode der sieben Jungfrauen und wie ihnen Theodot, der eherne Mann, wie man ihn schon heiße, die Leichname davon getragen, nun aber selbst nach unsäglichen Martern, die er ausgehalten habe als wäre er wirklich von Erz, da oben liege, sein Haupt und Rumpf von ihnen bei schwerer Strafe bewacht würden. Als nun die Wachen nach dem reichlichen Weingenuß entschliefen, gieng Fronton hin und lud das Haupt Theodots und seinen Rumpf, welchem er den Fingerreif wieder ansteckte, auf die Eselin und ließ sie vor sich her in aller Stille in die Burg Malus zurückgehen. So hielt Theodot dem Priester Fronten das Versprechen, ihm Reliquien zu verschaffen.
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