Topographia Sueviae: Biberach

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Topographia Germaniae
Biberach (heute: Biberach an der Riß)
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Biberbach
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643, S. 32–35.
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Biberach an der Riß in der Wikipedia
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Biberach.

Es solle diese Statt von den Bibern / welche in diesem sumpffigen Orth / da noch die Statt stehet / gewohnet / den Namen haben / daß sie anfänglich Biberach / das ist / ein Bach / darinnen die Biber wohnen / genennet worden: Wie dann diese Statt auch in jhrem Wappen / von Alters her / einen Biber führet: Auß welchem hernach der Name Biberach / durch Außlassung eines einigen Buchstabens B / worden / den Theils noch mehrers verkürtzen / vnnd Bibrach schreiben.

Wann diese Statt erstlich auffkommen / kan man nicht eygentlich wissen. G. Bruschius zwar in Beschreibung deß Stiffts Buchaw meldet / daß die Grafen von Kesselberg auff dem nächsten Berg bey Biberach / der Kesselsberg genant / ein Schloß vnd Sitz gehabt / vnd vnten im Planchtal mit den Hunnen eine Schlacht gethan / in welcher der Graf Otho / mit seinen dreyen Söhnen vmbkommen / der vierdte Sohn hernacher auß Hertzleyd / ohne LeibsErben abgestorben / das Schloß / vnnd die Kirch / auff dem Kesselsberg / zerrissen vnd verbrandt worden / vnd also dieser Stamm / vnd jhr Sitz / ein Ende genommen / da sey dazumal Biberach ein grosser Fleck gewesen / welches geschehen An. 800. Vorhero in Anno 751. vnter dem Frantzösischen König Pipino, findet sich / daß Bibrach schon ein Dorff gewesen: Weiters kan man nicht kommen. Ist gleichwol das Alter von Anno 751. biß 1641. auff die 890. Jahr. Es solle auff dem nächsten Berg / der Gigelberg genandt / (vber welchen Berg dann die Stattmawer zum theil geführet / vnd dieser Berg also theils in die Statt hinein reychet) auff dem erhöchten Berglein / vnter welchem die Büchsenschützen jhren Weinkeller haben / ein Schloß gestanden seyn / vnd auff demselben ein Edelmann gewohnet. Vnd hat es zwar das Ansehen darzu: Dann diß Berglein erhöhet ist / vnnd ferne vnten ein kleine Tieffe hat / als ob da ein Graben gewesen wäre. Zu nächst bey diesem Berglein / hat man / bey kurtzen Jahren / einen ZiegelOfen vnter dem Erdrich / als man da die Dornhecken

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[33] außzureuten gegraben / gefunden / allda man vielleicht vor Zeiten Stein vn Ziegel zu den Häusern der new auffgehenden Statt / gebrant hat. Es hat auf den nächsten vmbligenden Bergen viel Wäld gehabt / die man in folgender Zeit außgereutet / vnnd zu Aeckern gemacht. Es gibt auch noch gern Holtz allda: Dann an der Hertstaig hat es viel Holtzbierenbäum / daß es schier ein kleines Wäldlein ist. Daher soll die Holtzmühlen vor dem Obern Thor den Namen haben / dieweil vor Jahren lauter Holtz vnd Wälde alda gewesen / darinn dann dise Mühlen gelegen. Es ist Biberach ein alte Reichsstatt wann sie aber in eine Ringmawer eingefaßt worden / ist vnwißend. Mag aber zun Zeiten Keysers Fridertei deß Andern / da auch andere Stätt in Schwaben / als Reutlingen / Eßlingen / Heylbronn / etc. vmbmauret worden / geschehen seyn: Sie ist erstlich kleiner gewesen / vnd hat allein biß an den Thurn bey dem Kirchhoff gereycht / wie dann noch die Fußstapffen vorhanden seyn / daß die alte Stattmauer an den Kirchhoff der Schlachtmetzig wird zugangen seyn: Das ander alles / was jetzunder vnterm Thurn / dem Spitalthor zu ligt / ist erst hernach darzu kommen. Das Bad vnten am Kirchhoff / bey der Capell / vnd dem Pfarrhoff hinüber / ist dazumal vor der Statt draussen gelegen gewesen / vnd hat das Bad auff dem Graben geheissen. Dann dazumal der Stattgraben allda an dem Kirchhoff wie dann noch zu nächst ein Bach darfür fleußt) hingangen ist / vnd also das Bad auff dem Graben gelegen gewesen. Vnd ist noch diser Vntertheil der Statt auf den heutigen Tag feuchter vnd sumpffiger / dann der Obertheil / also daß vil Häuser befunden worden / welche allda auf Pfäl gebawet seyn / vnd kan man von der Feuchte wegen / keine rechtschaffene Keller graben Dann / wann man schier nur eines Knyes tieffs gräbet / so will es gleich Wasser geben. Es ligt auch vor der Statt draussen eine Wiesen / der Soden genennet / welche vor kurtzen Jaren so sumpffig vnd Bodenloß gewesen / daß das Vieh auf der Weyde darinn bestecket / vnd man sie auch nicht Hewen können / biß daß sie mit Erdrich beschüttet / außgefüllet / vnd erhöret worden / daß sie jetzunder kan gehewet / vnnd das Vieh darauff geweydet werden. Ein solche Wiese ist auch besser draussen / in den Brunn-Adern genannt / welche deßgleichen sehr sumpffig / daß sie auch bey wenig Jahren beschütt / vnd noch täglich gebawet wirdt. Es hat die Statt einen grossen Thurn am Antritt deß Gigelbergs / der weisse Thurn genannt / welcher erst Anno 1481. ist gebawet worden. In dieses Thurns Grund hat man MenschenBein / Bogen vnd Pfeil / gefunden / daß vermuthlich / es sey vor Zeiten in dieser Gegend etwan eine Schlacht geschehen / vnnd allda die Todtencörper / vnd Wehren / geworfen worden. Es liegt sonsten diese Statt in einem Thal / zwischen den Bergen / hat lustige Thäler / in welchen schöne Wiesen / Gärten / vnnd Aecker / ligen / vnnd dardurch schönes lautere Wasser lauffen. Hat einen guten gesunden Lufft / vnnd Wasser: Vnd gibt der Alenbronnen der Statt nicht allein genug Trunckwasser in den Teucheln hineyn / sondern auch von sich einen lustigen lautern Bach / welcher bald vnterm Vrsprung etliche Mülen nacheinander treibet / ferners durch die Statt hinlaufft / auch in solcher eine Mühlen treibet.

Es laufft sonst auch ein anderer Bach durch die Statt / welcher zum Theil von der Riß / zum Theil von etlichen BrunnAdern herkompt / vnnd vor der Statt draussen der Schwartzbach / von seiner schwartzen Farb wegen / genennet wirdt. Diese beyde Bäch kommen im Außgang vnter der Stattmauren zusammen / vnnd fliessen vor der Statt draussen in die Riß: Welcher Fluß seinen Vrsprung ein Meil Wegs ob Biberach / bey dem Stattlein Winterstätten hat / vnnd zunächst an Biberach hinläufft / vnnd etwan zwo Meil Wegs vnterhalb bey dem Flecken Rißthissen / auff Vlm zu gelegen in die Thonaw kompt. Ist ein Fischreich / vnnd lustig Wasser. Es hat in der Nähe auf der Statt Boden / ein Bad / der Jordan genandt / welches Wasser das Ansehen / als ob es in seinem Vrsprung Schwefel habe / das muß man wärmen. Wirdt jährlich im Frühling allda Bad gehalten / vnd fast für die Räudigkeit gebraucht: Darbey ein Wirtshauß für die Badleuthe. Der Boden vmb diese Statt trägt Korn / vnd anders Geträids / als Vesen / Rocken / Habern / Gersten / Erbsen / Rüben / genug: Item / Gartenspeiß / als Zwibeln / [34] Kraut / etc. Obs. So hat es in dem benachbarten Algöw zimlich Vieh zur Fleischspeiß: Auch zimlich viel Wasser / Weyher / vnnd See / vmb die Statt / daß man auch die Fisch vmb einen leydenlichen Pfenning haben mag. So hat es auch zimlich viel Wäld herumb / auß welchen man das Zimmer- vnd Brennholtz: Item / Bretter / Latten / vnd dergleichen Sachen / vmb einen zimlichen Kauffschilling haben mag. Es ligen auch viel ReichsStätt / vnd Oesterreichische Stättlein / in der Nähe / Ringsweiß herumb / als Vlm / Memmingen / Leutkirch / Waldsee / Ravenspurg / Yßni / Pfullendorff / Saulgen / Munderkingen / Riedlingen / Ehingen / etc. Item / die Klöster Schussenried / Ochsenhausen / Zwyfalten / Marchthal / Münchrot / (deren Aebte der Zeit / Matthaeus, Wunibaldus, Ulricus, Conradus, Ludovicus, heissen) Guttenzell / Heggbach / Baynd / (deren Aebtissin jetzt Anna-Margretha / Scholastica, vnd Catharina / seyn / ) vnd andere mehr. Das größte Gewerb diser Statt / ist mit dem Barchat / daher das Weberhandwerck / die andere Handwercke alle vbertrifft. Die Statt hat anfänglich einen blawen Biber / in einem weissen Feld / mit einer roten Cron geführet: Als aber zu deß zu Bruck in Flandern gefangenen Ertzhertzogs Maximiliani von Oesterreich / hernach Käysers dieses Nahmens deß Ersten / Erledigung / auch die von Biberach ein Fähnlein Landsknecht / in schwartz bekleydet / zusammen gebracht / haben sie / auf jhres Hauptmanns Bitt / erlanget / daß sie die Feldung blaw / vnnd den Biber / sampt der Cron / gantz güldin führen möchten: So geschehen Anno 1487. Vnd hat folgends Gottschalck Glock / Burger / vnd deß Raths allda / durch Erzehlung dieser Geschicht / vom Keyser Maximil. II. der Statt die Freyheit / mit rotem Wachs zu besiglen / erlanget. Es hat in derselben auch ein herrliches / reiches / vnd weitberümbtes Spital / in welchem die vermögliche Bürger Pfründen kauffen könten: Die andere Arme / Dürfftige / vnd Krancke aber / vmbsonst eingenommen werden: Dahin man auch die arme Bürgers Kinder / welche jre Eltern verloren / oder von denselben / vmb grosser Anzal / vnd Armut willen / nit alle können erhalten werden / thut / denen man einen eigenen Teutschen Schulmeister hält: Massen auch armer Leut taugenliche Kinder / von beyden Religionen / darinnen alimentirt / vnd zu den Studiis aufferzogen werden. Es soll dieses Spital erstlich von den Edlen zu Essendorff seyn gestifftet worden / welche jhren Sitz in dem Schloß Horn / ein kleine Meil Wegs von Biberach gelegen / gehabt haben / deren Stamm erst bey kurtzen Jahren / an Mannschafft abgestorben ist: Wie dessen Fundation ein Lateinische Schrifft auff einer alten Tafel stehend / außweisen solle / so vmbs Jahr Christi 1239. beschehen.

Anno 1516. gieng / durch Fahrlässigkeit / ein Fewer in dem Salmonsweilischen Hoff auf / welches der entstandene Wind weit außgebreytet / darvon dann nit allem dieser gemelte Hof / sondern auch schier die halbe Statt / vnd also auch das Spital verbronnen / zusampt einem grossen Hauffen Korns / welches hernacher / sampt anderm Abraumb von den verbrunnenen Häusern / auff den Stattgraben herumb geführet / derselb damit beschüttet / vnd erhöhet worden / daher man dann noch verbronnen Körnlein allda außgräbet. Der Spital aber ist dazumal von newen wieder auffgerichtet / vnnd Anno 1519. außgebawet worden: Welcher ein grosse Freyheit / der unvermessen Todtschläger halben / hat / die im selbigen / vnd etlich Schritt darvon / Sicherheit haben / vnd von den Anklägern nit mögen angerennet werden. Die Capell auf dem Kirchhoff soll vor Zeiten der Statt Pfarrkirche gewesen / vnd folgends die jetzige Pfarrkirchen zu S. Martin gebawet worden seyn / welche dann in zimlicher Grösse ist / auch einen hohen herrlichen Thurn hat / dessen oberster Knopff (der doch vnten auff dem Erdrich ein kleines Ansehen / ) als er / bey kurtzen Jahren / von einem starcken Wind herab geworffen worden / in solcher Grösse gewesen / daß er 11. Viertheil Frucht gefasset / vnnd als drey Künstler jhn wider auffgesetzt / sie auf demselben in aller Höhe / neben einander gestanden seyn / vnd der eine auff solchem ein newes Kleyd angethan hat. Diese Pfarr / sampt jhren Gütern / Zehenden / vnd Einkommen / hat vor diser Zeit in das Kloster Eberbach im Ringöw gelegen / gehöret / daher dieser Abt allwegen einen Pfarrer auff Biberach [35] geschickt / welcher / vnd der auch von jhme gesandte Pfleger / so das Eynkommen eyngebracht / darvon erhalten worden seyn: Aber Anno 1564. hat E. E. Rath dieser Statt / dem besagten Kloster / die Pfarr / sampt allen jhren Gütern / Eynkommen / Zehenden / vnd Gerechtigkeiten / vmb ein vnd dreyssig tausendt Gülden abkaufft / daß jetzunder der Magistrat allda selber einen Pfarrer / nach seinem Gefallen / annimpt. Sonsten seyn / wie oben angedeutet / beyderley Religionen / in Geist- vnd Weltlichem Regiment / vnd denen davon dependirenden Diensten vnd Aemptern / allhie: Wie auch zwo Lateinische Schulen / Catholisch- vnd Evangelische: Item / ein Schwestern Clause; vnd S. Nicolai Capell. Es hat diese Statt in den nächsten hundert vnd etlichen Jahren / auch viel außgestanden. Dann / ausser der obgedachten Brunst / ist Anno 1518. ein grosses Sterben allhie gewesen / in welchem bey achthundert / vnd Anno 1574. bey vierzehenhundert Personen sollen gestorben seyn. Anno 1584. den 10 Maij / hat das Wetter in den Kirchthurn geschlagen / vnd grossen Schaden gethan. Anno 1632. im Majo / ward sie von Käyserischen vergebens belägert; Aber Anno 1633. den 17. Septemb. von dem Generaln von Altringen mit Accord erobert: Hernach Anno 1634 im Martio / von dem Schwedischen FeldMarschall Horn wider belägert / vnd auch durch Accord eynbekommen: Folgends / nach der Nördlinger Schlacht / von den Schwedischen freywillig verlassen. Auß D. Jacobi Schopperi Chorograph. German. fol. 199. seq. Martin. Crusii Annalib. Suev. Herrn Georgen Schmidts N. C. P. vnnd StattSchreibern zu Biberach / im Aprili Anno 1641. günstig communicirten Bericht / vnd so viel das Kriegswesen betrifft / auß den Actis Publicis genommen. Dieser Statt monatlicher Craiß Anschlag ist der Zeit 196. fl. vnd zu Vnterhaltung deß Cammergerichts. 150. Gülden jährlich. Besoldus in Thesauro Pract. vocab. ReichsStatt / schreibet / daßetwan das Amman Ambt zu Biberach / denen von Helffenstein gehört habe. Anno 1646. gegen desselben Ende / nahmen diesen Orth die Frantzosen ein / so sie hernach den Schwedischen vberlassen haben. Anno 1649. nahmen der beyden Außschreibenden Herren Craiß-Fürsten / Costantz vnd Würtemberg / subdelegirte Commissarien / auch allhie die Execution, dem General Reichs FriedenSchluß gemäß / vor die Hand: Die Schwedischen Soldaten aber blieben / biß zu jhrer Satisfaction, vnd Abdanckung / noch allda ligen. Es hat allhie die Gewonheit / daß die Burger / so eine Handschrifft haben / in Vergantung eines BürgersGüter / den Außländischen / vnnd Frembden / wann sie gleich ein außdrückliches älters / oder sonsten ein Vnderpfandt haben / vorgehen. Vnd daß eine solche Gewonheit gültig sey / ist entscheiden worden / in Causa der Vlmischen Kräfftischen Creditorn, contra Kräfftische Debitorn zu Bibrach: Wie hievon beym Wehnero in pract. Observ. lit. v. Verbo, Vergantung der Güter /p. 637. a zu lesen. Das gar reiche Spital haben erstlich gestifftet / mit grossem Vnkosten erbawt / vnnd Anno 1293. reichlich begabet / Huldricus, vnnd Halmvvigus, zween leibliche Brüder / vnd Ritter von Eschendorff (al. Essendorff) wie D. Bocerus in der Leich-Rede / dem D. Johanni Hochmanno. von hinnen bürtig / zu Ehren gehalten / bezeuget.