Der verzauberte Frosch
in München, abgedruckt aus den Münchener Jugendblättern.
Hans, ein verzauberter Frosch.
Knöpfle, ein wandernder Schneider.[1] |
Quack, quick, quack, quack, quack, quick quack quack! [4] Quack quick, quack quack, quack quick, quack quack! |
Ja, meine lieben Leutchen! Das ist kein Spaß, so als Frosch den lieben langen Tag im Sumpf und Gras herumzusitzen und quacken und Schnacken und Fliegen fangen. Was war ich einst für ein talentvoller Knabe! Ich mein’, ich seh’ mich noch im Spiegel, der in der Kammer meines lieben Vaters in der Ecke hing. Hinter dem Spiegel drohte die Ruthe hervor, aber ich schaute doch gern hinein und bewunderte mich in meinem blonden Locken und meinen großen Stiefeln und meinen ersten langen Hosen. O, das war ein Stolz und eine Freude! Mein gutes Mütterlein – Gott hab’ sie selig! – hat zwar oft mich gewarnt und mir zugerufen: „Eitler Hans, geh’ weg vom Spiegel und schau in dein Buch,“ aber ich gefiel mir gar zu gut und folgte nicht, bis ich den Vater kommen hörte, den guten strengen Vater, der jetzt um seinen Hans trauern und weinen wird, weil er nimmer heim kam. O, wie war’s daheim so schön in der behaglichen Stube bei meinem guten Vater! Und jetzt ein Frosch sein und nimmer heim dürfen und nimmer heim finden! – Aber es ist die gerechte Strafe für meine Eitelkeit, und darum will ich’s tragen mit Geduld; vielleicht wird’s doch einmal wieder anders und ich darf wieder heim zu meinem guten Vater. Aber still! da kommt wer. Schnell in’s Gebüsch! wer weiß, es ist vielleicht ein böser Bube, der mich mit einem Steinwurf tödten könnt’, oder ein [5] armer Mann, der mich zu fangen Lust hätte, um mich mit einem halben Dutzend unglücklicher Kameraden an einem Weidenring morgen auf den Markt zu bringen. Vorsicht ist die Mutter der Weisheit, also husch, Hans! hinter den Busch!
Hopsa hopsa, immer weiter, immer heiter durch die Welt; |
Indesse scheint mir beinah’, i hab’ mi vom richtige Weg verirrt. I woiß nit, da sieht’s a Bisle seltsam aus. Ma könnt’ wirkli vor lauter Bäum’ de Wald nimmi sehe, wenigschtens nit, wo er aufhöre thuat. – Und lauter Nadelholz! A passende Gegend für einen Ritter von der Nadel, aber doch bei untergehender Sonn’ onheimli g’nug, um schier a Bisle Herzklopfe z’kriege. I woiß nit, mir isch so elektromagnetisch z’ Muth, als wär’ i in einem Zauberrevierle, mei luschtig Schneiderblut kommt in so a eigenthümliche Stockung, – i könnt’ [6] mi fascht fürchte – (singend) hopsa hopsa, immer weiter, immer heiter – durch – die Welt. – Zum Guckguck, mir bleibe die Tön’ im Hals stecke; i ka nimmi singe! Am beschte isch, i fang a zu laufe, denn i hab’ immer saga höre, me ka nit tiefer in de Wald neinkomme, als bis zur Hälfte, dann kommt mer wieder raus, wenn ma grad ausgeht. – Aber da isch schwer Gradausgehe über all’ die Wurzeln und durch des Dickicht, und doch bleibt mir nix über, als mitte durch.
Halt an! Wer ist der freche Wicht? Steh stille, halt! (Knöpfle sieht sich um und wirft sich laut schreiend auf die Erde.) Ein Wandersmann scheint mir der Bursch zu sein.Hebt ihr mir auf, ihr Gnomen, daß er rede, |
Alle gute Geischter lobe Gott de Herre! Apage Satanas.
Ein drollig Bürschlein! Stehe Rede mir. |
Verehrteschter Herr Zauberwaldbesitzer, habe Sie mit mir Erbarme!
Vor Allem sprich, was führt Dich her zu mir? |
[7]
Was mi herführe thuet? O Herr Zauberer, oder wie i Ihna schelte muß, des woiß i wärli selbscht nit. I bin auf der Wanderschaft und hab’ mi da im Wald in der Dunkelheit verirrt. Wenn Sie vielleicht so freundli wäre, mir de Weg z’ weise, so wollt i mit Vergnüge mi entferne.
Ich glaub’ es gern; doch wisse, frecher Wicht! |
Vergebung, edler Herr Zauberer oder Geischterkönig. Aber meine Auge sind schwach durch die viele Nachtarbeit, und zudem han i a Gläsle über Durscht trunke.
Also ein Trunkenbold, und welcher Profession? |
Des Schneiderhandwerks, hoher Geischterkönig!
Dein Alter? |
War ein Schneiderle, so wie i!
Wie alt Du bist? |
Auf künftige Oschtern wird’s drei Jahr, daß i hab’ spiele müsse bei der Conscription.
Glaubst Du an Geister? |
Sie, hörend Se, des ischt mit Verlaubniß z’sage, a einfältige Frag! Sehend Sie denn nit, wie i zittre thu’?
[8]
Du hast auch allen Grund zu zittern, Menschenkind! |
O du lieb’s Herrgöttle von Biberach! da han i mi in a schön’s Revierle verirrt! Wie isch mer denn? I und a Salamander?
So mache Dich zu Probe gleich bereit, |
I hoiß Bartholomäus Knöpfle! Wisset Se, eigentli hoiß i Joseph, aber mei Väterle hat die lange Name nit leide könne und hat mi drum immer Bartholomäus g’hoiße.
Notirt den Namen in mein Fremdenbuch (Einer der Gnomen notirt etwas in ein Buch, das er bei sich führt.) Und nun zur Probe. (Für sich.) Die EnthaltsamkeitScheint seine schwächste Tugend mir zu sein; |
Es wird Nacht.
Daß di ’s Moisle beiß! Was ischt jetzt des für a saubere G’schicht! I werd auf die Prob geschtellt! Und ’s isch ganz finschter ringsom, wie in an Habersäckle. O du liebs Herrgöttle von Biberach, verlaß mi nit.
Jetzt kracht’s schon! – O, i armselige Schneiderseel’; jetzt kommt mei letzt’s Sterbschtündle!
Hat’s nit eig’schlage? Noi wärli nit! Aber was isch denn da? A Tischle, und auf dem Tischle a Tüchle, und auf dem Tüchle a Tellerle, und auf dem Tellerle die beschte Sache, und a Fläschle Wei und a hoimlichs Lichtle in der grausame Finschterniß! Noi, i muß sage, wenn der Zauberer solche Sache macht, da ischt er nit gar so arg fürchtig. Was wohl in dem Schüssele sei’ mag, und was des für a Weinle sei wird? I woiß nit, i spür auf oinmal a mörderisch Dürschtle und Hüngerle; mir is so appetitlich z’ Muth, wie em deutsche Schulbüble, wenn’s aus der Schul hoikomme thut! I moinet, i probir’s. Aber halt! Am End isch des die Prob! Hat er nit g’sagt, i muß a Prob beschtehe? So a Esse schteha sehe, und so a Weinle, und nix dergleiche thun; des wär schon a Pröble. Halt, Knöpfle, jetzt hoißt’s schlau sein! A hungerigs Schneiderle bleibe, oder a Krötle werde, des ischt jetzt die Frag! A Krötle ischt zwar a garschtigs Thierle, aber im Grund g’nomme hat’s es doch besser, als a hungerigs [10] Schneiderle! A Krötle hat doch a Bäuchle, a Schneiderle isch spindeldürr; a Krötle find’t überall was z’esse und z’trinke, a Schneiderle isch meistentheils hongrig und durschtig; dem Krötle ischt älles reacht, ema echte Schneiderle ischt aber gar nix reacht. I ha koi Väterle und koi Müaterle, koi Schwesterle und koi Brüderle me uf der Welt! I ka’s rischkire. Freili woiß mer nit, wie lang i a Krötle bleibe muß! A paar Jährle wollt’ i mir’s schon g’falle lau; aber mein ganz Lebtag lang, des will überlegt sei! Ach, wie die Speise dufte, so süß wie Neckar und Ambrosius, und des Weinle! Knöpfle! Knöpfle, i glaub’, Du bischt die längste Zeit a Schneiderle g’wese!
Rieche werd mer wohl dürfe, ohne daß oim glei des G’sicht verwandelt wird! O des ischt herrli! A gozig’s Bröckle kann mer uf koin Fall schade. I probir’s!
Ja, was isch denn des für a grüner Leibhusar?
A Fröschle! Noi, des is scho a Frosch, und a g’waltig großer no dazu! Am End’ au a verzaubert’s Schneiderle!
[11]
Schneiderlein, ich bitt’ Dich, rühr’ die Speisen nicht an!
Und Deutsch kann’s au des Fröschle! Des muß i sage, des is g’späßig.
Was hascht denn, Fröschle? Warum soll i denn die Speise nit anrühre?
Weil Dir’s sonst geht, wie mir’s gegangen ist.
Und wie isch Dir gange, wenn ma frage därf?
Ich war wie Du ein Menschenkind |
[12]
Des muß i sage, wenn die Fröschle da so schöne Liedle singe könne, da ka a Krötle am End au no a Musikant wera. Hör’, Fröschle, mir scheint, Dir geht’s nit gar so miserabl! I will Dir G’sellschaft leischte, und damit i au a Krötle werd, den Wein wenigschtens verkoschte.
Hab’ Erbarmen, Schneider, hab’ Erbarmen; trink’ nicht.
Jetzt ruft mi des Fröschle um Erbarme a! I moinet, Du solltescht froh sein, wenn d’ an Kamerade kriegscht, der au luschtig ischt und Dir die Zeit vertreibt. Geh weg, laß mi trinke, i hau Durscht.
Es ist mir nicht um mich zu thun, Knöpfle! Es gilt meinem Vater, meinem armen Vater, der sich um mich bis in den Tod betrübt, und meinen lieben Schwestern!
Ja so, Du hascht a Väterle und Schwesterle! Ja, des is freili was andersch! Aber was kann i Dir helfe? I ha ’s Zaubere nit g’lernt und ka Di nit verwandle.
Aber meinem Vater kannst Du Botschaft bringen.
Botschaft! So, no der wird a Freud habe, wenn i ihm sag’, daß sei Söhnle a Fröschle worn isch.
O scherze nicht. Wer weiß, Du kannst mich retten. Mein Vater wird Dir’s reichlich lohnen.
Jetzt hör’, Fröschle. Sag mer nix vom e Lohn. I will Dir’s glaube, daß Du an arm’s Büeble bischt [13] und an traurige Vater hascht, und wenn i Dir z’ Lieb kei Krötle wer und mein Hunger und Durscht überwind, no so thu i’s, weil i a gutmüthiger Kerle meiner Lebtag war; aber an Lohn begehr i nit, des icht mei Sach nit. Verschtande?
Nichts für ungut, lieber Knöpfle, braves Herz. Aber der Dank –
Vom e Dank will i au nix wisse, i bin nit verintressirt. I seh, daß Du unglückli bischt in Deiner Froschmontur und d’rum will i Dir helfe. Da hascht mei Hand d’rauf – i laß die Speise und den Wei onb’rührt, so schad s’ ischt. Aber jetzt sag’ mer nu, wo bischt denn derhoim?
Im Mühlthal ist mein Vater Förster.
Was? im Mühlthal? Du bischt am Förschter sei Hänsle, den mer schon seit viele Jahr vermisse thut und nirgends finde ka? ’s Hänsle bischt Du, dem i die erschte Hösle g’macht hau? Kennscht mi denn nimma? Hänsle? O Du gut’s Förschterhänsle, ja warum hascht denn des nit glei g’sagt? Dir z’ Lieb wollt i ja glei 40 Täg faschte. Woischt, Dei Mütterle, Gott hab sie selig! die hat mir ihr Lebtag viel Gut’s tha, und hat mir oft was z’esse bracht, wie i no a Lehrbua im Mühlthal g’wese bi und mir der Moischter nix gebe hat, als Schläg! – Ja, Hänsle – Du bischt des Försters Büeble? ja laß Di nur anluge, i hätt’ Di wärli nimmi kennt!
[14]
Guter Freund! O wie freu’ ich mich, endlich einen Menschen zu finden, dem ich mein Leid klagen, durch den ich meinem Vater und meinen lieben Schwestern Grüße schicken kann.
Ja, so red’ nur und sag’ mir’s, wie Du a Fröschle worn bischt, Du lieb’s Förschterhänsle. Wenn mer Di g’fragt hat, was D’ wern willscht, hascht immer g’sagt, a Professerle, und jetzt bischt a grüns Laubfröschle! Und a Spiegel hat Di so weit bracht! Ja verzähl nur, wie isch denn g’wese mit dem Spiegel?
O Knöpfle! Du weißt, ich war immer so eitel und hab’ nichts lieber gesehen, als mein Bild im Spiegel. So oft mir’s auch mein Mütterlein verboten hat, immer hab’ ich wieder in den Spiegel geguckt. O, ich hab’ mein Schicksal tausendmal verdient, weil ich meinem guten Mütterl nicht gefolgt und ihr so viel Verdruß gemacht hab’.
Laß jetzt Dei moralisch Katzejämmerle und sag mer nur, wi i Dir helfe ka!
Führ’ meine Schwestern daher an die Grenze des Zauberwaldes, damit ich sie wiederseh’ und mit ihnen plaudern kann und sag’ meinem Vater – doch still, der Zauberer kommt! Wenn er bei Dir mich träfe, wär’ ich des Todes. – Lebe wohl!
Da springt er fort. I muß saga, i hätt’ nit glaubt, daß mer si mit ama oifache Fröschle so gut unterhalte ka. Aha! da kommt der Herr Geischterkönig.
Hat er die Speisen nicht berührt? |
A Zauberstäble? Isch des Ding koi Hinterlader, der mir losgeht, wenn i ihn anrühre thu?
Sei ohne Furcht und geh! |
Ja, Herr! I dank Ihne, i geh scho, aber mit dem Stöckle isch es g’schpäßig, des reißt mi ja fort in alle Luft. (Er bewegt sich, als würde er in die Luft gehoben.) Adjes beisamme! Pfi Gott!
Ein selt’ner Kauz! Notirt Euch in dem Buche: |
Wohin, Herr Hocuspocus? Stehet still! |
Ah, Madame Silberlicht! Ihr kommt des Weg’s?! |
Ein Schneiderlein, so hab’ ich just vernommen, |
Ich weiß, Ihr freut Euch, geht mir Etwas schief, |
Ich wißt, ich hass’ Euch, denn in mein Gebiet [17] Mich schmerzt der Mensch, wenn sich sein Herz verirrt, |
Wer selbst nicht irret, hält die Tugend streng. |
Ihr irrtet nicht? O weiser Zauberer, |
Die Menschenkinder haben freien Willen; |
Die armen Menschen sind geprüft genug! |
Sonst hat die holde Dame keinen Wunsch? |
O sei nur stolz, Du bist mir doch gewiß. |
D’rum hoffe nicht, daß meine Macht vergeht! |
Und wenn ich dennoch eines finden würde? |
[18]
Ihr habt mein Wort. – Dann ist mein Zauber aus, |
Durch die schattenkühlen Hallen |
Gut’ Nacht, ihr braven Menschenkinder all’! |
So isch des Ding? Da wolle mer glei Mittl und Weg schaffe. Da brauch i koi Väterle und koi Schwesterle. Hänsle! Förschtershänsle, Du wirscht gerettet!
[19]
Nun ist die Reihe doch an mich gekommen, |
O spottet nur, ich gönne Euch die Lust. |
Es waren nette Dingchen – seine Schwestern, |
Ihr weidet Euch am Unglück dieser Armen. |
Kann ich dafür, daß sie die Probe wagten? [20] Wie, war’s nicht so? Ihr rühmtet ihre Tugend, |
Unwürdig handelt, wer den Schmerz verlacht. |
Ich geb’ Euch nur zurück, was Ihr mir gabt. |
Da geht er hin mit seinem stolzen Spott – [22] Seit ihm die treue Gattin ward entrissen |
Meine Hände breit’ ich segnend |
So, da bin i scho wieder. Bis i dem Förschter sei Häusle wieder find’ und dem Hans seine Schwesterle sag, daß sie ihn erretten solln – han i mir denkt, derweil verkleid’ i mi leichter selber in a kloins [23] Bauremädle, und weil i a gschickts Schneiderle bin, han i mir aus mein Tornischter a paar Hemdle und a paar Tüchle zuma Röckle schnell z’sammageknaudelt, und bin jetzt da, als des sauberschte Bauremädle, was mer sehe ka. I wollt, i hätt a Spiegele, daß i mi selber anschaue könnt. O du pfiffiger Zaubermeischter! Di will i scho kriege. I hab’ deine Finte los, und kenn mi aus in deine Schlich. Für was han i des ganze Gschpräch belauscht, als daß i jetzt wois, um was sich die Gschicht handelt. Nit neugierig sei, des ischt die ganze Kunscht. Und die Freud, wenn i dem Förschter sei Hänsle wiederbring! Mir soll koin Pröble zu schwer werde, i halt’s aus als a tapfers Mädle, die gar nit woiß, was Neugierd ischt.
Horch! was isch jetzt des wieder? Die kann a mal schö singe. Des isch die Fee, richtig, die den Zauberer nit leide ka! Mit dera möcht’ i glei a Wörtle reda, damit i woiß, ob mer in meiner Kleidung den Schneider no raus kennt. Des is gscheit, sie geht da grad na, auf mi zu. Wart, jetzt mach’ i mi recht niedli.
Was seh’ ich? Wiederum ein Menschenkind, (Freundlich.) Was suchst Du, Kleine – hier im tiefen Wald?
|
[24]
Was i such? Erdbeerle such i! Habe Sie vielleicht ebbes dagege einzwende?
Ich will Dich warnen vor dem Unglück nur, |
A Unglück? Ja sage Sie, Madamle, wo isch denn des Unglück?
Was seh’ ich, nicht ein Mädchen ist’s! |
Was? Schneider Knöpfle! So hättet Ihr mi glei erkennt? Ja, woher wißt Ihr denn, daß i a Schneiderle bin?
Was willst Du mit der tollen Mummerei? |
Was Mummerei, i bin a Bauremädle, das hier im Wald die Frösch erlöse will!
Und glaubst Du, daß der Zauberer getäuscht |
Ja glaubt Ihr wirkli, Madamle, daß der Herr Zauberer glei merke thut, daß i koi Mädle bi, sondern nur a verkleidt’s Schneiderle?
[25]
Ob ich es glaube, weiß ich’s doch gewiß! |
Jetz isch mer au alle Freud verdorbe; wenn i des Förschters-Hänsle nit erlöse ka, no mag i gar nimmi lebe.
Du braver Bursche, komm, komm, geh’ mit mir! |
In Gottes Name! Wenn’s nit anderscht isch, will i Eu folge; aber i hätt’ halt gar zu gern sell de Retter g’spielt.
Komm, komm, ich höre Jemand sich dem Orte nahen! |
O ich unglücklicher armer Frosch! Hätt’ ich nur dem Schneider nicht gesagt, daß er meinen Schwestern Botschaft bringe! Die Aermsten sind nun selber in Frösche verwandelt worden und so unglücklich, wie ich. Mir möchte das Herz im Leibe vor Leid vergehen, denk’ ich an die armen Schwestern und an den armen Vater, der jetzt vergeblich warten wird auf ihre Heimkehr. Könnt’ ich nur den Schneider wiederfinden, daß [26] er wenigstens mein liebes Mariechen daran hindert, mich im Walde zu besuchen; denn sicher treibt auch sie ihr Herz bald zu mir, und es wird ihr gehen, wie meinen beiden ältern Schwestern. Könnt’ ich nur hinaus aus diesem verzauberten Wald und sie warnen!
Hätt’ ich Schwingen, hätt’ ich Flügel, |
Wo nur meine Schwestern sind? Sie sagten mir, ich solle an dem Wege auf sie warten, bis sie wieder aus dem Walde kämen, sie wollten Blumen suchen. Ich blieb stehen und wartete. Aber es verging Stund’ um Stunde und meine Schwestern kamen nicht. Gewiß ist ihnen ein Leid begegnet! O wenn ich nur nicht [27] so müde wär’. (Setzt sich auf einen Stamm links.) Sie redeten auf dem ganzen Wege heimlich miteinander und sagten auch, sie brächten vielleicht ein Brüderlein mit aus dem Walde. Ein Brüderlein! ich hab’ es nicht gekannt. Man hat mir erzählt, es sei aus dem Vaterhause fort, als ich noch in der Wiege lag, und seitdem ist es nicht mehr heimgekommen. O, könnt’ ich mein Brüderlein nur einmal sehen, wie freut’ ich mich darauf! O Gott! wo nur die Schwestern bleiben? Die Sonne beginnt schon sich zu neigen und es wird Abend. Die Angst trieb mich herein in den Wald, meine Schwesterlein zu suchen, und nun hab’ ich den Weg verloren. O heilige Mutter Maria! laß mich meine Schwestern wiederfinden und den Weg nach Hause zu meinem Vaterle, ehe es Nacht wird. Ich will nur wieder umkehren, wo ich herkam; denn wird es dunkel, so find’ ich den Weg gar nicht mehr.
War mir’s doch, als rief mich wer beim Namen! Es ist so unheimlich hier, man sieht kaum ein Stücklein vom lieben blauen Himmel. Ich muß fort, ich will heim und dem Vater sagen, daß er die Schwestern suche.
Mariechen, liebes Schwesterlein! Flieh, flieh was Du kannst!
[28]
Seltsam, schon wieder ruft’s und doch entdeck’ ich nichts, ich fürcht’ mich schier; doch was befürcht’ ich denn? Ich hörte doch immer den Vater sagen, daß ein Schutzengel bei mir ist, der läßt mir kein Leids geschehen. Komm, lieber Schutzengel! führ’ mich jetzt aus dem Wald nach Haus. Aber die schönen Erdbeeren dort muß ich noch mitnehmen, daß ich doch dem lieben Vaterl was bringt’, der wird jetzt schön in Angst gewesen sein um seine Kinder!
Ah sieh da, schon die dritte Schwester! |
So schöne Erdbeeren hab’ ich mein Lebtag nicht gesehen und leb’ doch schon acht Jahre auf der Welt! Den Platz muß ich mir merken. Wie macht’s der Vater nur? Er bricht ein Zweiglein ab, wenn er einen Platz im Walde wiederfinden will; so mach’ ich’s auch.
[29] Ein Brief! Wie kommt der Brief nur her? Er fiel mir beinah’ auf die Nase! Vielleicht hat ihn wer in den Baum gestreckt, und durch das Ziehen am Zweig fiel er herunter. Wem er gehört, der wird ihn schon finden, mir gehört er ganz gewiß nicht. Aber es ist höchste Zeit, das Körbchen ist ganz schwer von Erdbeeren, jetzt lieb’s Schutzengerl, jetzt gehen wir.
Sieh da, ein Kästchen hier im dichten Wald! Was soll das Kästchen hier? Und schmuck und schön polirt ist’s, wie aus Ebenholz. Hat’s wohl eine reiche Dame verloren; aber wie käme die hierher in den Wald, wo kein Weg mehr ist? Was kümmerts’ mich – ich muß nach Haus.
Halt an, mein liebes Kind. (Für sich.) Zwei Proben schon |
Muß heim zum Vater, ehe es dunkel wird! Hab’ meine Schwestern suchen wollen im Wald und selbst den Weg verloren. Laßt mich, es ist schon spät!
Die Schwestern Du im Wald verloren! Und wozu |
Ich weiß es nicht, sie hießen drauß’ mich warten und sagten, sie brächten mir unser verlorenes Brüderlein mit.
Euer Brüderlein! Ei sieh da, liebes Kind, |
[30]
Ich hörte nur erzählen, daß er eines Tags noch Abends spät in den Wald gegangen, um Beeren sich zu pflücken und daß er nimmer heimkam seit der Zeit. Ich sah ihn nie, ich kenne ihn nicht; aber doch thut mir’s um ihn von Herzen leid, und viele Thränen hab’ ich schon geweint, so lieb hab’ ich ihn.
Du möchtest seh’n wohl Deines Bruders Bild? |
Haltet mich nicht auf, ich muß nach Hause, sonst wird’s Nacht.
Du bist begierig nicht, sein Bild zu sehn? |
O freilich möcht’ ich ihn leibhaftig seh’n und wieder haben und ihn heimbrigen zu meinem Vater, der seinen Hans nicht verschmerzen kann.
Sieh her, mein Kind, hier hab’ ich einen Spiegel, |
O! hier auf Erden gibt’s kein Bild von ihm! Aber im Himmel werde ich ihn wohl einst sehen! Zeigt mir den rechten Weg nach Hause! Ich bitt’ Euch d’rum.
So bist Du überwunden durch dies Kind! |
[31]
Der Sieg ist Dein – mein Zauber ist vorbei. |
Juheisa, juheisa, juheisa, juhei! |
Die Unschuld hat gesiegt mit Gottes Hülfe! |
O Du herzigs Poppele! Du bischt a Tausedsasa, a prächtigs Mädle – hascht dem Zauberer sei Spiel verdorbe und Deine Gschwistert gerettet und alle andern Kinderle, die lauter Fröschle g’wese sind und woischt sell nit, wie’s des Alles z’sammebracht hascht in Deiner herzige Eifalt. Des nennt ma Genie! Aber jetzt nimm’ i mei Zauberstöckle und bring Euer Väterle her, daß er au a Freud hat.
O liebes, liebes Mariechen! Hab’ tausend Dank! Du hast mich, Du hast uns Alle gerettet.
[32]
Aber so sagt doch nur, wofür Ihr mir dankt? Ich hab’ ja gar nichts gethan. Wußt’ ich denn, daß ich Euch retten konnte? Was hat Euch denn für eine Gefahr gedroht? Ich verstehe nicht, was das Alles bedeutet!
O ich will Dir Alles sagen, aber laß Dich nur an’s Herz drücken, Du gutes, liebes Engelsschwesterlein.
Wie? Meine Kinder! Soll ich Euch wieder haben?
Da schtand se beisamme, wie d’ Orgelpfeife.
Gesegnet sei der Unschuld stille Macht! |
- ↑ Die Rolle des Knöpfle muß stark im schwäbischen Dialekt gesprochen werden.
- ↑ Das Kostüm muß möglichst naturgetreu und der Unterkiefer des Froschkopfes wo möglich so eingerichtet sein, daß es durch ein Schnürchen vom Darsteller unbemerkt und leicht bewegt werden kann. Auch darf es derselbe an möglichst naturgetreuen Bewegungen nicht fehlen lassen.