Geschichte von Kloster Heilsbronn/Der 9. Abt Edelwinus

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Der 9. Abt Edelwinus[1] (1245–52 und 1257–1260)

war zweimal regierender Abt in der Periode von 1245–1260. Nach seinem Austritt im J. 1252 regierte der 10. Abt Otto vier Jahre lang, bis er im J. 1257 wieder als Abt eintrat. Über das Warum dieses räthselhaften Interregnums geben die Urkunden keinen Aufschluß. In keiner der bisher besprochenen Heilsbronner Urkunden geschieht eines Burggrafen von Nürnberg Erwähnung. Der Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen, laut seiner S. 58 mitgetheilten Erklärung des Klosters Heilsbronn einziger Schirmvogt, aber dem Kloster nicht immer nahe, wies den 5. Abt an, wenn das Kloster des Schutzes gegen Schädiger bedürfe, sich an den kaiserlichen Butiglarius Konrad in Nürnberg zu wenden. Dieselbe Weisung gab der junge König Heinrich VII., Sohn des Kaisers Friedrich II., dem 6. Abt, wie oben berichtet wurde. Fragen wir nun, warum der kaiserliche und königliche Auftrag, sich des Klosters anzunehmen, an den Butiglarius in Nürnberg und nicht an die Burggrafen erging, so erhalten wir zur Antwort: weil damals die Burggrafen und das Kloster einander feindlich gegenüber standen, dort die Burggrafen Konrad und Friedrich, Vater und [63] Sohn, hier unser Abt Edelwinus. Besonders heftig stritt man in und über Ammerndorf. Dort faßte das Kloster schon sehr früh festen Fuß. Dort wurde es aber auch, wie überall, wo es sich ansiedelte, gleich bei seinem Eindringen wegen seiner maßlosen Privilegien angefeindet. Demungeachtet gelang es ihm, nach und nach alle seine Mitdorfherren hinauszudrängen und schließlich das ganze Dorf zu acquiriren, zwei Anwesen ausgenommen, und diese waren nicht burggräflich. Die Opposition der Burggrafen führte zum Prozeß. Die Burggrafen unterlagen, mußten Schadenersatz leisten und angeloben, das Kloster nicht mehr zu hindern, seinen Besitz zu erweitern. Die deßfallsige, von den Burggrafen ausgestellte und unserem Abt eingehändigte Urkunde von 1246 wird unten Bd. II. bei Ammerndorf mitgetheilt werden. Sie war und ist jedem Schreiber über zollerische Geschichte wichtig[2] als Anhaltspunkt bei Beantwortung der Frage: Wann die zollerischen Grafen aus Schwaben nach Nürnberg gekommen sind. Es befinden sich daran die Siegel der beiden Burggrafen mit dem burggräflichen Löwen. Die Schrift auf dem einen Siegel lautet: Sig. Cunradi Burggravii de Nurnberg et Comitis; in der folgenden Zeile stehen in kleineren Buchstaben die Worte: Sig. Burggr. Friderici de Nurnberg et de Abinberg. Der zuletzt Genannte wird aus den Stammtafeln als Friedrich III. bezeichnet. Er starb am 15. August 1297 und wurde in Heilsbronn begraben. Sein Vater, der zuerst genannte Konrad, starb 1261 und wurde ohne Zweifel gleichfalls in Heilsbronn begraben, und zwar am Ende des östlichen Chors der Klosterkirche in der abenberg–zollerischen Grabstätte. Unter den bei den Ausgrabungen im J. 1853 an jener Stelle vorgefundenen 42 Skeletten werden auch die der beiden Burggrafen gewesen sein. Vierzehn Jahre nach dem besprochenen Konflikt in Ammerndorf finden wir unsern Abt noch einmal im nahen Verkehr mit dem Burggrafen Konrad, vermuthlich zum letzten Mal; [64] denn um 1260 gingen Beide zu ihren Vätern heim. Was sie an den Marken ihrer Tage zusammen führte, erhellt aus einer vom Burggrafen untersiegelten Urkunde d. d. Abenberg, 5. August 1260, aus welcher sich folgender Sachverhalt ergibt: Der Burggraf bekennt reumüthig, Gottes Zorn provozirt zu haben, insonderheit dadurch, daß er widerrechtlich (auferendo et indebite usurpando bona ipsorum) dem Kloster Güter entrissen habe. Im Hinblick auf das Strafgericht und eingedenk, daß ohne Wiedererstattung keine Sündenvergebung ist, schenkt der Burggraf mit Zustimmung seines Sohnes Konrad den Geschädigten als Ersatz (de damnis per nos ipsis et injuriis irrogatis) alle seine Güter innerhalb und außerhalb des Dorfes Veldebrecht, ingleichen das verwüstete Winrichsbach (villam, quae Winrichsbach dicitur, jam desolatam et incultam). Siehe unten im II. Band Feldbrecht und Wintersbach. Am Schluß der Urkunde heißt es: Acta sunt haec mediantibus domino Edelwino abbate et fratre Conrado de Landshuet A. D. 1260 in castro Abenberg in die S. Oswaldi (5. Aug.) regis. Andere Urkundenzeugen sind nicht genannt. Der Burggraf, dem Tode nahe und der Schuld sich bewußt, berief den Abt zu sich nach Abenberg, um ihm diese Versöhnungs- und Schenkungsurkunde einzuhändigen. Er starb bald darauf. Die Feier seines Jahrtags betreffend heißt es im Todtenkalender beim 30. Juni: Anniversarium Cunradi Burggravii senioris pis. pa. vi. In der Kirche zu Heilsbronn findet sich kein Todtenschild dieses Burggrafen. An die Stelle des besprochenen unfriedlichen Verhältnisses zwischen dem Kloster und den Burggrafen trat späterhin ein friedliches. Wir werden sehen, daß das Kloster von späteren Burggrafen zwar reichlich ausgebeutet, aber auch reichlich beschenkt, oft auch beschützt wurde, daß die Äbte den Burggrafen mit Rath und That beistanden, oft auch bei ihnen als Taufpathen fungirten.

Nicht nur die beiden genannten Burggrafen, sondern auch andere Adelige schädigten das Kloster; unser Abt bat daher den Papst um Schutz. In Folge dessen forderte Alexander IV. im J. 1260 den Erzbischof von Mainz aus, den Abt zu Heilsbronn [65] und sein Kloster zu schützen. In Kleinhaslach (Blindenhasela) hatte das Kloster von einem Friedrich von Beigerbach einen Hof gekauft und der Bischof mit seinem ganzen Kapitel den Kauf bestätigt. Gottfried und Erkinger von Seinsheim fochten den Kauf an, unterlagen aber im Streit. Ähnliche Anfechtungen ergaben sich in Randersacker und Großhaslach, am letztern Orte mit dem Ortspfarrer wegen des Zehnten, welchen das Kloster von allen heilsbronnisch gewordenen Grundstücken verweigerte. Wir werden sehen, daß dieser Konflikt mit den Pfarrern über den Zehnten fast in allen Pfarreien auf dem Klostergebiete hervorgerufen und durch Vergleich beseitigt wurde.

Das Klostergebiet wurde durch unsern Abt vielfach erweitert, sowohl an bereits bekannten und genannten Orten, als auch an Orten, wo das Kloster bisher noch keinen Besitz hatte. Der Abt säumte nicht, beim Papst Innocenz IV. die Bestätigung dieser neuen Errungenschaften einzuholen, unter Anführung der Ortschaften, deren Namen er ohne Zweifel korrekt schrieb, nicht ahnend, daß die Ortsnamen theilweise ungeheuerlich verunstaltet, wie wir sogleich sehen werden, aus der päpstlichen Kanzlei hervorgehen würden. In der im J. 1249 dem Abt zugekommenen päpstlichen Schutz- und Bestätigungsbulle werden folgende Orte genannt, wo sich das Kloster zur Zeit unseres Abts ansiedelte: „Nova Curia (Neuhof), Homrat (Hohenroth), Sibroctisdorf (Seubesdorf), Lentrichisdorf (nicht Lentersheim am Hesselberge, sondern Lentersdorf bei Markterlbach), Hörleinsdorf, Cigilhove (Ziegendorf), Sudansdorf (Sudersdorf), Wizmanfoorst (Weißmannsdorf), Mosbach, Langenlohe, Mirkindorf, Hirzela (Hirschlach), Speckheim, Thannehuse, Gsebabach inferior (Unterhambach), Hoienarsdorf (Heinersdorf), Wazindorf (Waizendorf), Kubenheim, Lenkirsheim, Ergersheim, Ikilneim (Ikelheim), Ulsenheim, Seheim, Fokaldisgehor (Volkersgau).“ Ferner bezeichnet die Bulle als Errungenschaften: Domos, quas habetis in Herbipolensi civitate et in villa que Nurmberc nominatur. Offenbar eine villa oder curia in der Stadt Würzburg oder in der [66] Umgegend, deren Name aber gewiß nicht Nurmberc hieß, wie der päpstliche Kanzlist herauslas. Die genannten Orte liegen bei Markterlbach, Heilsbronn, Merkendorf und Windsheim. Die päpstliche Bulle wurde nicht in Rom ausgefertigt, sondern in Lion, wohin der Papst vor dem Kaiser geflohen war. Der zunächst folgende Papst Alexander IV. dekretirte auf Bitten des Abts in zwei Bullen von 1258 und 1260: „daß das Kloster Heilsbronn nicht gehalten sei, Personen, die dem Kloster nahe stehen (nostros vicinos et fundatores) und ihm Schenkungen gemacht haben, auf fremdes Begehren zu exkommuniziren, und daß dem Abt gestattet sei, Exkommunizirte zu absolviren.“ In demselben Sinne hatte schon Innocenz IV. dekretirt: Ne quis episcopus vel alius abbatem et fratres monasterii halsbrunnensis vel ipsorum familiares, servos aut benefactores excommunicare praesumat. Diese Erlasse dokumentiren das Bestreben des Abts, sein Kloster reich, selbstständig und von den Bischöfen unabhängig zu machen. Auf weiteres Ansuchen des Abts gab der ebengenannte Papst dem Decanus und Scholasticus in Würzburg den Auftrag, für Restitution von Gütern und Gefällen zu sorgen, welche in der Maingegend dem Kloster Heilsbronn entzogen worden seien; sie sollten sich beim Vollzuge dieses Befehls durch nichts beirren lassen, nicht durch Berufung auf schriftliche Feststellungen, wären diese auch vom apostolischen Stuhl förmlich bestätigt.

Keine einzige der besprochenen Urkunden gedenkt der Kreuzzüge, jener Zeit des erbittertsten Kampfes des Staates gegen die Kirche, des Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen gegen den Papst Innocenz IV. Jene Zeit zeigte großen Unverstand neben großem Religionseifer, Rohheit neben Romantik, Barbarei neben Minnesang. Inmitten dieser Gegensätze förderte unser Abt die Interessen seines Klosters dadurch, daß er es sowohl mit dem Kaiser, als auch mit dem Papste hielt. Keine Urkunde berichtet, daß sich das Kloster an den Kreuzzügen betheiligt habe, daß es von der Romantik und Schwärmerei jener Zeit ergriffen worden sei. Die Cisterziensermönche überhaupt, nicht bloß die Heilsbronner, waren nicht geeigenschaftet, [67] den Adel und das Volk für die Kreuzzüge anzuregen. Sie standen zwar in hohem Ansehen wegen ihrer Weltentsagung, Armuth, kümmerlichen Lebensweise und strengen Klosterzucht; aber Volksmänner waren und wurden sie nicht, da sie sich von dem Volke möglichst fern hielten und Schweigsamkeit eine ihrer ersten Ordenspflichten war. Zwar rief Bernhard von Clairvaux, der ausgezeichnetste Cisterzienser, mit außerordentlichem Erfolge zu den Kreuzzügen auf; aber die Cisterzienser im Allgemeinen folgten ihm auf diesem Wege nicht; aus dem Kloster Heilsbronn ging kein Kreuzprediger hervor. Dagegen stellten die Klöster der Bettelmönche ein zahlreiches Kontingent von Kreuzpredigern. Die Bettelmönche waren auch weit mehr als die Cisterziensermönche qualifizirt, das Volk in allen Schichten für die Kreuzzüge zu begeistern. Gleich bei ihrem Auftreten wendete sich die Volksgunst vorzugsweise ihnen zu. Das Warum sieht man leicht ein. Bei den Cisterziensern war zwar der Mönch völlig arm und besitzlos; aber das Kloster sollte nach Reichthum trachten und durch Reichthum eine Macht werden. Daraus folgte, daß die Cisterzienser namentlich die Heilsbronner, überall, wo sie Güter erwarben, von Besitzenden, Adeligen, Dorfherren und Weltgeistlichen scheel angesehen und angefeindet wurden. Bei den Bettelorden waren Mönch und Kloster gleich arm und besitzlos, daher gar nicht versucht, mit Besitzenden in Konflikt zu gerathen. Die Cisterziensermönche durften nur ausnahmsweise mit dem Volke verkehren, während die Bettelmönche tagtäglich mit dem Volke verkehren und bei demselben um Almosen bitten mußten. Daher ihr größeres Ansehen bei dem Volke und ihr größerer Einfluß auf dasselbe. Diesen Einfluß machten sie insonderheit während der Kreuzzüge geltend, indem sie eifrig das Kreuz predigten, ohne dabei einen materiellen Vortheil für sich zu beanspruchen. Die vom Abt Schopper berufenen ersten Klosterprediger waren keine Cisterzienser sondern Bettelmönche.

In den Heilsbronner Urkunden kommt, wie bereits erwähnt, das Wort „Kreuzzüge“ nicht vor. Dagegen dokumentirt manche Heilsbronner Urkunde, daß die Kreuzzüge dem Kloster materiellen [68] Gewinn gebracht haben. Laut einer zur Zeit des 10. Abts Otto im J. 1253 im Kastrum Windesbach ausgestellten Urkunde verfügte Albertus Rindsmaul[3] von Grunsberc nebst seiner Frau Adelheid und seiner Schwester, „daß schon bei seinen Lebzeiten Gefälle von einem Hofe zu Regelsbach dem Kloster Heilsbronn zufallen sollten, nach seinem Tode aber der ganze Hof. Würde er in entfernten Gegenden sterben, so sollte der Abt seine Gebeine – es sei denn, daß er exkommunizirt oder mit dem Interdikt belegt wäre – von jenen Gegenden des Meeres zur Bestattung nach Heilsbronn bringen lassen.“ Albert Rindsmaul kann aber nicht als Leiche vom fernen Meeresstrande zurückgekehrt sein, da er nebst seiner Frau Adelheid, wie wir beim 13. Abt Heinrich sehen werden, im J. 1284 noch als lebend erscheint. Ein Lupoldus Rindsmaul wurde 1354 in Heilsbronn neben der Grabstätte unsers Abts im Kapitolium begraben, zeuge eines dort unter dem Schutte vielleicht noch vorhandenen Grabsteines mit der Schrift: A. D. 1354 sexto calend. Octob. obiit piae memoriae Lupoldus (nach einer andern Abschrift Rudolphus) Rindsmul, canonicus et custos majoris ecclesiae Pabenbergensis. Vermuthlich siedelte dieser Kanonikus nach Heilsbronn über, um daselbst den Rest seiner Tage zu verleben. Wir werden solcher Pensionäre noch mehrere kennen lernen. Zum Gedächtnis Rindsmaulischer Familienglieder wurden in Heilsbronn alljährlich Jahrtage gefeiert. Während der Kreuzzüge und durch dieselben verarmten Viele, manches Adelsgeschlecht erlosch völlig; das Kloster Heilsbronn erhielt dadurch manchen Güterzuwachs. Wir werden unten Adelsgeschlechter kennen lernen, deren Familienglieder ihre Habe an das Kloster vergabten oder verkauften und schließlich dem Kloster auch ihre Gebeine zur Bestattung in der Klosterkirche überließen.

Außer den bereits besprochenen Acquisitionen machte unser Abt noch folgende: 1250 verkaufte Domina Gisella, verwittwete Cruso, mit Zustimmung ihrer Kinder Helwicus und Reilikindis [69] alle ihre Äcker in Gerbrunn (bei Würzburg) an das Kloster. In demselben Jahre vertauschten Cunrad und Rüdiger von Dietenhofen ihre Güter bei Götteldorf und Trachenhöfstett (b. Heilsbronn) an den Abt Edelwinus und sein Kloster. Die Erwerbungen des Abts im J. 1259 von Gütern der Herren von Pfefferbelg werden im II. Band besprochen werden, besonders bei Geseze oder Geichsenhof. Ebenso die Acquisitionen in Ammerndorf und Weiterndorf. Über die Betheiligung des Abts bei der Stiftung des Cisterziensernonnenklosters Seligenpforten siehe Bd. II bei Bürglein.


  1. Vgl. Stillfried S. 35.
  2. Vgl. Stillfried S. 19.
  3. Vgl. Stillfried S. 216.


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