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RE:Glaukos 23

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sohn des Minos und der Pasiphae im Mythos
Band VII,1 (1910) S. 14151416
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23) Glaukos (Γλαύκων Lykophr. 811. Tzetz. Lykophr. 798. Eustath. 369, 20. 894, 42), Sohn des Minos und der Pasiphae (Apollod. III 1, 2, 4. Hyg. fab. 136. Eustath. 369, 20) oder der Krete (Apollod. a. a. O.), erstickt als Knabe beim Ballspiel (Hyg. fab.) oder beim Verfolgen einer Maus (Apollod. III 3, 1. Tzetz. Lykophr. 811) in einem Honigfaß (Pithos-Hades s. Gruppe Griech. Myth. 816). Der Seher Polyidos aus Argos löst ein vom Orakel gestelltes Rätsel und findet daraufhin die Leiche des Knaben (Eurip. frg. 636. Eurip. bei Aelian. hist. an. V 2). Minos schließt ihn, um die vom Orakel verheißene Wiederbelebung des Toten zu erzwingen, mit diesem in ein Kuppelgrab (polychrome Schale des Sotades, Brit. Mus. D5. Murray White Athenian vases 16; monumentum. Hyg.; οἴκημα Tzetz.) ein. Eine Schlange, die sich der Leiche nähert, wird von Polyidos erschlagen, aber von einer anderen durch Auflegen einer Pflanze wieder zum Leben erweckt. Er setzt sich in den Besitz des Wunderkrautes, belebt G. und wird reichbeschenkt entlassen (Hyg. fab.), oder von Minos gezwungen, G. die Wahrsagekunst zu lehren; bei seiner Abfahrt veranlaßt er diesen, ihm in den Mund zu speien, die Sehergabe erlischt (Apollod. Tzetz. a. a. O.; zur Bedeutung des Ausspeiens s. Gruppe Griech. Mythol. 887).

Diese Sage wurde von Aischylos in den Κρῆσσαι, von Sophokles in den Μάντεις und von Euripides im Πολύιδος behandelt, gegen dessen philosophische Betrachtungen sich des Aristophanes Πολύιδος wandte, auch sonst mehrfach erwähnt (Agatharchidas bei Phot. cd. 250. Ovid. Ibis 555. Claudian. bell. Goth. 442f. usw.), sprichwörtlich verwendet Γλαῦκος πιὼν μέλι ἀνέστη Apost. Cent. V 48 und pantomimisch dargestellt Lucian. π. ὀρχ. 49. Euhemeristische Erklärungen bei Palaeph. 26 und Apost. Cent. V 48. Nach Amelesagoras Schol. Eurip. Alkest. 1. Hyg. fab. 49 belebt Asklepios statt Polyidos den G.

Nun kommt nach Serv. Aen. VII 796 G. nach [1416] Italien, um dort seines Vaters Minos Erbe anzutreten (nach Int. Serv. Aen. X 546 mit den Dioskuren) und kämpft siegreich gegen die Etrusker, deren König er erschlägt, Serv. Aen. VIII 72 (s. Preller Röm. Myth. II 131, 3) und Int. Serv. Aen. VIII 330. Nachrichten, die, nur scheinbar außer allem Zusammenhang mit der sonstigen Sage, sich nach den überraschenden Ergebnissen von Bethes Untersuchungen über Alter und Bedeutung der Minossagen (Rh. Mus. LXV 1910, 200f.) als Niederschlag historischer Ereignisse erweisen und in G. einen Gott kretischer Zeit erkennen lassen, der, in Boiotien lebendig geblieben, fischleibig dem stiergestaltigen Minos zur Seite steht.

Damit gewinnen die Angaben über die andern Glaukoi, besonders G. von Anthedon, neue Bedeutung. Durch seinen Vater Kopeus ist dieser mit dem Mittelpunkt kretisch-mykenischer Macht in Boiotien, dem Gebiet des Kopaïssees, verknüpft, seine Mutter Alkyone und Pasiphae und Merope, die Mutter des G. von Kreta und von Potniai, sind als Atlastöchter Schwestern, also ursprünglich identisch; auch er kämpft siegreich (allein unverwundet) gegen die Tyrrhener (s. S. 1409), ein anderer G. (s. G. Nr. 14) fällt in Italien; man versteht, warum er eng mit Ariadne zusammengehört; warum seine Verbindung mit Skylla (über die Rolle, die Skylla in der Minossage spielt, s. Bethe a. a. O. 220f.) als uralt anzusehen ist, auch warum der Antenoride G. gerade auf Kreta bleibt, und die Angaben, daß Sarpedon ein Bruder des Minos (Schol. Eurip. Rhes. 28 u. a.) und die Lykier aus Kreta eingewandert seien (Herod. I 173), machen es erklärlich, daß G. gerade in Lykien so festen Fuß fassen konnte. Die zum Leben erweckende Wunderblume bleibt Eigentum der anthedonischen Legende, aus ihr stammt auch die Weissagekunst, die beiden G. erst in ihrem zweiten Leben zuteil wird.