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Historische Skizze des Bauernkriegs im Hochstift Wirzburg

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Textdaten
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Autor: W. V. [Anonym]
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Titel: Historische Skizze des Bauernkriegs im Hochstift Wirzburg
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 385-411
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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I.
Historische Skizze des Bauernkriegs im Hochstift Wirzburg.


 Bekanntlich war Wirtemberg, und die Gegend um Ulm das Land, wo sich zuerst der Aufruhr der Bauern entzündete. Schon bey der Entstehung des Übels nahm man wahr, daß es nöthig wäre, die ernstlichsten Anstalten gegen seine Ausbreitung zu treffen. Schon zu Anfang des Jahrs 1525 erhielt daher der Bischoff von Wirzburg, damals Conrad von Thüngen, vom Herzog von Wirtemberg Nachricht von diesem Aufstand des Landvolks, und wurde aufgefordert, 100 Mann Hülfsvölker zu dem schwäbischen Bunde stoßen zu lassen, dessen Heer sich bey Ulm sammeln sollte.

 Im Stillen verbreitete sich indessen, gleich einer schleichenden Seuche, das Gift des Aufruhrs.| Bald ward auch davon das Landvolk in unserm Franken angesteckt.

 Schon am 24ten März des oben genannten Jahrs lief zu Wirzburg von Jörg von Rosenberg, Amtmann zu Reichelsberg, die traurige Botschaft ein, daß die Bauern in der Rotenburger Landwehr sich zusammen rottirten, Schaarenweis umher schwärmten, und das platte Land verheerend und verwüstend durchzögen. Überdies wären sie, der allgemeinen Sage nach, Willens, mit nächstem auch der Stadt Wirzburg einen Besuch abzustatten.

 Diese Nachricht setzte zu Wirzburg alles in Furcht und Schrecken. Konrad sandte sogleich Boten aus an den Pfalzgraf Ludwig, an den Statthalter zu Mainz und an andere benachbarte Fürsten, und verlangte schleunige Hülfe von ihnen. Ingleichen benachrichtigte er durch Warnungsbriefe seine gräflichen und adelichen Vasallen, seine Vögte, Amtleute und Schultheißen von dem drohenden Übel, ermahnte sie, auf die Bauern ein wachsames Auge zu haben, und sich auf jeden Fall in die bestmöglichste Gegenverfassung zu setzen.

 Mittlerweile wurden die Nachrichten von den Vögten und Ortsvorstehern immer häufiger, daß die Unruhen unter dem Landvolk| täglich lauter würden, und die dringendste Noth vorhanden wäre, dem Übel so bald als möglich Einhalt zu thun.

 Bischoff Konrad ließ eiligst seine Räthe zusammen rufen, und hielt Rath, wie man sich in dieser kritischen Lage der Umstände zu benehmen habe. Ein Theil der Räthe meinte, man müsse hier mit aller Schärfe zu Werke gehen, die Rebellen züchtigen, ihre Güter confisciren, und ihre Familien aus dem Lande treiben. Die klügern Räthe aber waren der entgegengesetzten Meinung, und hielten dafür, man müsse hier so glimpflich als möglich verfahren, dem Lauf der Dinge gelassen zusehen, und durch übel angebrachte Schärfe das Übel nicht ärger machen.

 Der Bischoff hatte seine Räthe kaum entlassen, als er erfuhr, die Bauern des hochstiftlichen Amts Bütthardt hätten schon gemeine Sache mit dem Rotenburger Haufen gemacht. Ihnen gesellten sich bald noch die von Marktbibart und Mergenthal zu, und nun ging der Zug vorwärts ins Hohenlohische. Blut und Feuer bezeichnete ihre Straße, Schrecken und Wehklagen ging vor ihnen her. Zuerst bestürmte der wütige Haufe das Kloster Schaftersheim an der Tauber, ohnweit dem Hohenlohischen Residenzstädtchen| Weickersheim, bemeisterte sich desselben und besetzte es.

 Während dieß geschah, hatte das Domkapitel einige Domherren nach Ochsenfurth geschickt, um die Bürger dieser Stadt zur Treue und Gehorsam zu ermahnen. Bey ihrer Ankunft waren die Thore schon geschlossen, und sie mußten aller Aufforderungen ungeachtet die Nacht vor denselben zubringen. Am folgenden Morgen ließ man sie zwar in die Stadt, allein sie hatten die größte Mühe anzuwenden, bis sie den Endzweck ihrer Abgesandschaft erreichen konnten.

 Hierauf ließ der Fürstbischoff seine ganze Ritterschaft zu sich aufs Schloß kommen, ermahnte sie, dem Stift getreu zu bleiben, und ließ sich von allen Hülfe gegen die Bauern und andere Feinde angeloben. Eine schleunige Rüstung zum Krieg wurde ihnen zur ersten Pflicht gemacht, und zum Überfluß ließ Konrad an alle benachbarte Fürsten, Grafen und Herren Hülfsschreiben ergehen. Diese fruchteten jedoch wenig, indem jeder für sich und sein Land selbst die größte Sorge zu tragen hatte.

 Indessen hatten sich die Bauern von Schaftersheim aus gegen das Dorf Marchelsheim zu in Bewegung gesetzt. Konrad| schickte ihnen den Grafen Wolf von Castell, Sylvester von Schaumberg und mehrere andere von Adel entgegen, und ließ ihnen den Antrag thun, von ihrem tollen Vorhaben abzustehen, niemanden zu zwingen ihre Partey zu nehmen, und, wenn sie Klagen zu führen hätten, auf diesem verderblichen Wege ihr Recht nicht zu verfolgen.

 Die Bauern gaben eine trotzige Antwort, und die Gesandschaft mußte sich unverrichteter Sache wieder zurück ziehen.

 Auf ein Schreiben und Hülfsbitte an den schwäbischen Bund hatte der Bischoff die Antwort erhalten: daß er aus allen Kräften dem wachsenden Übel des Bauerntumults Einhalt thun, und deswegen 300 Reiter auf Kosten des Bundes einen Monat lang unterhalten solle.

 Während diesem hatten die Bauern an die Viertelmeister zu Wirzburg geschrieben, und sie „ihren christlichen Bruedern ihr gemüth und Herz zu entdeckhen“ gebeten. In dieser Stadt hatte bisher das Feuer des Aufruhrs nur unter der Asche geglimmt, und wäre vielleicht noch lange verborgen geblieben, wenn nicht ein einziger unruhiger Kopf dasselbe zur lodernden Flamme angeblasen hätte.

|  Ein lüderlicher Bösewicht, Hannß Bernetter, vulgo Link genannt, war der Empörungsstifter. Er suchte den Geist des Aufruhrs durch ausgestreute Aufwiegelungszettel, lose verwegene Reden und andere dergleichen Mittel den Bürgern einzuhauchen. Er correspondirte auch im Namen des Raths mit den aufrührerischen Bauern. In kurzer Zeit hatte sich eine Rotte von einigen Taugenichtsen um ihn versammelt. Mit diesen fiel er ins Stift Haug, plünderte die Häuser der Geistlichen, und erlaubte sich noch andere Gewaltthätigkeiten.

 Bald darauf ereignete sich noch ein anderer Vorfall, der den Empörungsgeist noch mehr anfachte.

 Der Domvicar und Pfarrer zu Rotendorf, Namens Mord, traf, als er einstens gegen Abend zurück nach Wirzburg ging, beym Thore eine Menge Leute an, deren Ansehen deutlich verrieth, daß auch in sie der Rebellionssatan gefahren sey. Der Domvicar rief ihnen zu: „daß er sie alle vielleicht bald ohne Köpfe sehen werde“! – Diese höchst unvorsichtige und unüberlegte Rede setzte die Menge so in Wut, daß sie sogleich mit greulichem Geschrey alle Straßen der Stadt durchrannten und alles in Aufruhr setzten.|  Der tolle Pöbel lief zum Domdechant, und verklagte mit Ungestümm den unbescheidenen Vicar. Mit Unwillen erfuhr der Dechant Mordens unüberlegtes Betragen, versprach der klagenden Menge Genugthuung, und erlaubte ihnen deswegen (zweckwidrigeres kann wohl nichts gedacht werden) aus dem Keller des Injuranten ein halb Fuder Wein zu nehmen. Diese vernunftlose Sentenz setzte die Tumultuanten in die wildeste Freude. Geharnischt und gepanzert, mit Spiesen, Schwerden und Stangen, und Trommel und Pfeife an der Spitze zog der wilde Haufe vor das Haus des geängsteten Geistlichen. Der arme Mann versteckte sich in das Innerste seiner Behausung, und unternahm nicht das geringste, um die ungebetenen Weinversucher von ihrem unheiligen Vorsatz abzubringen.
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 Wagen mit Weinfäßern und andern in der Eile zusammengerafften Gefäßen rollten herbey, der Keller wurde geöffnet, und anstatt eines halben Fuders, neun und ein halbes herausgenommen und fortgeführt. Triumphirend, mit Jubelgeschrey und voll süßen Weins zogen nun die Kellerstürmer wieder von dannen. Indessen hatte dieser Auftritt doch weiter keine übeln Folgen, als daß die| unruhigen Bürger noch ausgelassener und unternehmender wurden.

 Während diesem hatte der Bischoff ein Corps Reiter zusammen gezogen, und war Willens dieselbe heimlich in die Stadt kommen zu lassen, um die zügellose Menge in die Schranken der Ordnung wieder zurück zu bringen. Allein die Sache wurde vor der Zeit kund. Die Bürger kamen in Aufruhr, welchen der schon bekannte Bernetter treulich unterstützen half. Man lief wie unsinnig durch die Straßen, verrammelte die Thore, sperrte die Gassen mit Ketten, und bewachte alle Zugänge. Der Fürst ließ einen Ausschuß der Bürgerschaft vor sich kommen, verwies ihnen ihr gesetzwidriges Betragen, und befahl ihnen, nicht die Partey der unsinnigen Bauern zu nehmen, sondern ihm und dem Stift treu und gehorsam zu bleiben, wogegen er auch ihren allenfalsigen Beschwerden und Klagen abhelfen wolle. Die Deputirten der Bürgerschaft versprachen alles, allein folgendes Beginnen zeigte deutlich, daß sie nichts zu halten Sinnes waren.

 Die Unruhen dauerten indessen in der Stadt beständig fort. Wilde Rotten schweiften umher, verwehrten jedermann den Zugang in die Stadt und aufs Schloß, und| plünderten die Keller und Vorrathskammern der Domherren und der übrigen Geistlichkeit. Endlich kamen sie gar auf den Einfall das Kloster Mainbronn auszuplündern. Mehr als 300 waren gesonnen zu diesem unlöblichen Geschäffte zu helfen. Der Zug hatte sich so eben in Bewegung gesetzt, als das Stadtgericht das Unternehmen verbot. Zur Schadloshaltung rieth Bernetter und seine Helfershelfer, den Kellern und Böden des Stifts und der Geistlichkeit einen Besuch abzustatten. Allein die besser gesinnten Bürger wußten auch dieß zu hintertreiben. Es wurden einige unerschrockne Männer erwählt, die mit Hülfe der friedlichen Bürger den Zügellosigkeiten der Tollköpfe Einhalt thun sollten. Dieß dauerte indessen nicht lange, denn die, welche Friede halten sollten, fischten am Ende selbst im Trüben, und nahmen Theil an den Räubereyen. Diese wurden so allgemein und gewöhnlich, daß unter andern ein Kerl aus der niedrigsten Volksclasse mit etlichen wenigen das Kloster Himmelspforten überfiel, die schüchternen Nonnen in Furcht und Schrecken setzte, und mit sich fortschleppte, so viel er konnte.
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 Mittlerweile waren die Bauern weiter vorgerückt. Ihre Haufen wuchsen täglich.| Sie standen jetzt vor Oberlauda, wo damahls Philipp von Rüdt Oberamtmann war. Bey Annäherung der Bauern bestieg er mit seinen Rittern und Knechten einen Schloßthurm, fest entschlossen den Straßenräubern allen möglichen Widerstand zu leisten. Die Bauern forderten ihn zur Übergabe auf, und als diese nicht erfolgte, steckten sie das Schloß in den Brand. Die Ritter auf dem Thurme ahndeten nicht, daß auch dieser in Gefahr kommen könnte, und harrten muthig aus. Allein die lodernde Flamme fand bald einen Eingang in das Thurmgebäude. Das Holzwerk wurde ergriffen, brannte zusammen, und nun stürzten alle, die auf dem Thurm waren, durch Rauch und Ruinen in das tiefste Verließ hinab. Hier schmachteten die Unglücklichen verwundet und verbrannt einen ganzen Tag. Endlich zogen sie die Bauern aus der scheuslichen Tiefe herauf, schlugen sie in Feßeln, und brachten sie nach Stadtlauda, wo ein häßliches Gefängniß sie aufnahm.
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 Die schwangere Frau des Oberamtmanns wurde nebst ihren Kindern im Schloß gefangen, erstere bis aufs Hemd ihrer Bekleidung beraubet, und davon ins Elend getrieben. Weinend lief sie den Bauern nach,| und flehte auf den Knien ihren Mann frey zu lassen. Aber die Unmenschen gaben der Bittenden nicht nur kein Gehör, sondern faßten gar das cannibalische Vorhaben sie, wie den Grafen von Helfenstein, lebendig zu spießen. Aller herzzerschneidenden Wehklagen und Bitten der Unschuldigen ungeachtet, wurden schon die Anstalten dazu gemacht. Dieser Auftritt erweichte endlich das Felsenherz des Bauernanführers Florian von Geyer. Er entriß die Gefangene den Barbaren, ließ sie mit ihren Kindern auf einen Wagen setzen, und nach Mergenthal führen.

 Unterdessen war auch ein Haufe Bauern von dem Städtchen Röttingen aus im Anzuge. Bey Bütthardt stießen sie auf einen Trupp Wirzburgischer Reuter. Es entstand ein hitziges Gefecht. Vierzehn Bauern wurden erschossen. Ein einziger gerieth in Gefangenschaft. Die Erbitterung war so groß, daß dieser einzige den angebotenen Pardon nicht annahm, sondern sich lieber niederstechen ließ.

 Bald darauf erstürmten die Bauern auch das bey Aub gelegene Schloß Reichelsberg, plünderten und setzten es darauf in Flammen. Von da machten sie sich auf und zogen nach Ochsenfurt, wohin sie schon| vorher von den friedensmüden Bürgern waren eingeladen worden. Hier verweilten sie über sechs Wochen, und schwelgten bey dem ungeheuren Wein- und Getraidvorrath der dasigen Domprobstey. Ihre Anzahl hatte sich bisher unglaublich vermehrt. Über 5000 waren hier beysammen. Sie hatten ihre eigenen Gesetze, Siegel und Anführer. Diese waren Kohl, Hastubert, Bayer und mehrere andere. Sogar Grafen und Adeliche, gegen welche nebst der Geistlichkeit doch eigentlich die Bauern die Waffen ergriffen hatten, machten gemeine Sache mit ihnen, z. B. Graf Wilhelm von Henneberg, Georg von Wertheim, Göz von Berlichingen, welcher jedoch vorgab durch Androhung des Todes dazu genöthigt worden zu seyn, Florian von Geyer und mehrere andere.

 Von Ochsenfurt trieb sich der Bauernhaufe nach Iphofen. Hier wurde der bischöffliche Keller ausgeleeret, und der nach Kloster Bircklingen gehörige Mönchshof geplündert. Dieses Kloster hatten die Iphofer Bürger schon vorher ausgeplündert und zerstört.

 Das Kloster Unterzell bey Wirzburg erfuhr bald darauf eben dieses Schicksal.

|  Das Hochstift hatte größtentheils nun das Elend dieser schreckbaren Plage schon in vollem Maaße erfahren. Der Bischoff sah mit Thränen sein Land zur Einöde werden, und mußte mit Wehmuth die stündliche Erfahrung machen, daß alle versuchte Mittel, den Strom des blutigen Aufruhrs zu hemmen, fruchtlos blieben. Auch ein ausgeschriebener allgemeiner Landtag kam nicht zu Stande. Die Verwirrung war zu groß. Die eingeladenen Bauern antworteten: daß der Landtag unterbleiben solle, weil sie nöthiger Geschäffte wegen denselben nicht besuchen könnten.
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 Diese nöthigen Geschäffte nahmen sie auch sogleich vor. Von Iphofen zogen sie aus, wanderten nach Großenlangheim, zechten hier tapfer, und eilten hierauf dem Kloster Schwarzach zu, welchem sie einen Besuch und bey dieser Gelegenheit ein Feuerwerk zugedacht hatten. Beydes wurde mit der größten Accuratesse ausgeführt, und nun verließen sie die rauchende Brandstätte und zogen weiter vorwärts nach Geroldshofen. Tags darauf rückte ein Theil von ihnen vor das Bergschloß Stollberg am Steigerwald, wo Graf Wolf von Castell, ehe er vom Bischoff abgerufen und in wichtigern Geschäfften| gebraucht wurde, als Oberamtmann gelegen war. Bey Annäherung der Bauern hatte sich des Grafen Gemahlin mit ihren Kindern auf das Schloß Castell geflüchtet.
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 Stollberg wurde nun ausgeplündert und verwüstet. Gleiches Schicksal erfuhr auch noch an dem nämlichen Tage die Veste der Herren von Fuchs zu Bimbach. Bald darauf machten sie auch das gräfliche Stammschloß Castell dem Erdboden gleich. Die abermahls vertriebene Gräfin konnte nirgends sichern Aufenthalt finden, und war genöthigt 4 Wochen mit ihren unerwachsenen Kindern in dem Dorfe Castell unter einem Nußbaum in der größten Dürftigkeit hinzubringen. Das jüngste ihrer Kinder, kaum 3 Monat alt, ließ sie durch die Amme zu ihrem Vater, dem Grafen Michael von Wertheim, auf die Veste Breuberg bringen. Unterwegs fiel die Amme mit ihrer zarten Bürde den mordsüchtigen Bauern in die Hände, die aus mehreren Umständen schloßen, der Säugling möchte wohl eines Vornehmen Kind seyn. Augenblicklich faßten sie den Entschluß dasselbe an der Mauer zu zerschmettern, und würden ihn auch ausgeführt haben, wenn das entschlossene Weib nicht hoch und theuer| geschworen hätte, daß es ihr eignes Kind sey.

 Von Castell zogen die Bauern auf den Schwabenberg, eine alte Burg, hoch auf der westlichen Spitze des Steigerwalds liegend. Das Schloß wurde geplündert und demolirt. Ein einziger dicker hoher Thurm blieb stehen. Das nämliche widerfuhr von den Bauern zu Possenheim auch dem Schlosse Speckfeld und mehreren andern in dieser Gegend.

 Als die Bauern nun unter Mord und Verheerung bis Geroldshofen vorgerückt waren, und sich hier eine Zeitlang verweilt hatten, schickte der Fürstbischoff Abgesandte an sie mit den Gesuch: sich nur so lange ruhig zu halten, bis man von ihrem eigentlichen Begehren sichere Kundschaft habe, worauf man ihren Klagen alsbald abhelfen würde. Die Antwort aber war: daß sie mit nächsten selbst nach Wirzburg kommen, und ihre Anträge machen würden. Sie schrieben auch wirklich bald darauf an ihre Spiesgesellen, die bey Bildhausen ihr Wesen trieben, daß sie sich bald nach Wirzburg in Marsch setzen sollten, damit man vereint mit größeren Kräften etwas rechtes zu Stand bringen könnte. Von Geroldshofen zogen| die Bauern vor die Veste Zabelstein, und unternahmen die Bestürmung. Allein die beyden Burgvögte Cunz und Hannß von Giech vertheidigten sich so tapfer, daß sie für dießmal mit blutigen Köpfen wieder abziehen mußten. Ein gleiches begegnete ihnen, als sie das Schloß Waldburg bey Eltmann ersteigen wollten. Zabelstein wurde jedoch noch ein Raub der Bauern. Unter ihrem Anführer Hannß Luft setzten sie dieser Burg so lange zu, bis sie sich ergab. Worauf sie auch sogleich zerstört wurde.

 Von Geroldshofen zogen sie sich wieder zurück nach Ochsenfurt. Bey Kitzingen stieß noch ein Haufe zu ihnen.

 Während diesem hatte sich der Bischoff entschlossen nach Heidelberg zu gehen, um hier sich mündlich mit Kurfürst Ludwig über die Mittel zu besprechen, welche man bey so bedenklichen Zeitumständen zu nehmen habe. Vor seiner Abreise ließ er zu Wirzburg die nöthigsten Vertheidigungsanstalten machen, setzte das Schloß (oder die heutige Vestung) in die gehörige Verfassung, und empfahl die Vertheidigung desselben, im Fall die Bauern es angreifen würden, dem Domprobst, Marggraf Friedrich von Brandenburg, dem Grafen Wolf von Castell, seinem| Bruder Eustach von Thüngen, Sylvestern von Schaumberg und mehrern andern von Adel. Er ermahnte nochmahls die Bürger von Wirzburg zur Ruhe und Gehorsam, und ritt darauf wirklich Nachts nebst etlichen beladenen Wägen von dannen. Die eben genannten Vorsteher der Schloßbesatzung verbanden sich hierauf insgesammt durch den feyerlichsten Eidschwur, sich lieber unter den Ruinen der Vestung begraben zu laßen, als diese den Bauern zu übergeben.

 Kaum wurde es ruchtbar, daß der Bischoff sich entfernt habe, als die Wirzburger Aufrührer den Bauern zu Ochsenfurt sogleich Nachricht davon gaben, und sie aufforderten, ungesäumt zu ihnen nach Wirzburg zu kommen.

 Zu gleicher Zeit liefen Nachrichten von den Bauern im Odenwald, deren Anführer Götz v. Berlichingen war, auf dem Schloße ein. Sie verlangten nämlich eine Anerkennung und Bestättigung ihrer selbst gewählten Freyheiten, oder sogenannten Artickel. Vielleicht mögen sie die Leser hören. Sie waren nämlich: 1) Ihren Pfarrer wollten sie in Zukunft selbst ohne Concurrenz der Obrigkeit wählen. Derselbe soll ihnen das bloße Evangelium,| ohne Zusatz predigen. 2) Der grosse Zehend soll zur Erhaltung des Pfarrers und der Armen angewendet, der kleine und Blutzehnd aber aufgehoben seyn. 3) Die Leibeigenschaft soll abgeschafft seyn. 4) Jagd- Fisch- und Vogelfang soll jedermann erlaubt seyn. 5) Jeder Unterthan soll sein nöthiges Bau- und Brennholz unentgeldlich erhalten. 6) Die häufigen und drückenden Frohndienste sollen gemildert werden. 7) Dem Bauer soll man auch ein Eigenthum und Zeit lassen für sich selbst etwas zu erwerben. 8) Die Gültabgaben sollen herabgesetzt werden. 9) Die Strafen sollen gelinder seyn. 10) Die, welche Gemeindegüter an sich gerissen haben, sollen dieselbe wieder herausgeben. 11) Sterbfall, Sterbhandlohn, und andere drückende Auflagen sollen der zurückbleibenden Wittwen und Waisen wegen ganz abgeschafft werden. 12) Man solle sie, wenn sie etwas unchristliches begehren würden, in der Güte eines bessern belehren.

 Ob und in wie ferne die Bauern hier Recht haben mochten? will ich dem Urtheil eines jeden überlassen, –

 Die Bauern zogen sich jetzt aus der ganzen Gegend gegen Wirzburg zusammen. Hier kündigten nun die unruhigen Bürger ihrem| Bischoff den Gehorsam in einem förmlichen Absagebrief auf, verließen die Stadt, und begaben sich zu den in der Nähe gelagerten Bauernhaufen. Das Domcapitel bot ihnen etlichemal einen Vergleich unter der Bedingung an, daß sie sich ruhig halten, und von den Räubereyen ablassen sollten. Da aber diese beynahe allein den Zweck ihrer Unternehmungen ausmachten, so war es zu vermuthen, daß sie denselben nicht aus den Augen setzen würden.
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 Freytags vor dem Sonntag Cantate rückten die Haufen zusammen vor das Schloß und forderten es auf. Ihr Anführer, Graf Georg von Wertheim, verlangte, daß sich einige von der Besatzung zu ihm hinaus verfügen und sich mit ihm besprechen möchten. Da stiegen die oben genannten Burgobersten zu ihm heraus, und fragten den gräflichen Bauernhauptmann, „wie denn er zu den Bauern kommen wär, daß er jetzt ihrenthalben handeln wollte?“ – Der beschämte Graf antwortete: „er hätt zun Bauern gelobt, und wär ihr in der Besatzung feind.“ – Über diese Antwort lachten die Burgobersten, wie billig[.] Der Graf aber erwiederte mit einfältigem Ernst: „es wär kein scherz das er ihnen da| sagte, sondern es wäre sein lauterer Ernst.“ Und nun machte er seine Anträge. Man sollte nämlich Stadt und Schloß den Bauern überlassen, wogegen diese der ganzen Schloßbesatzung freyen ungehinderten Abzug gestatten würden. Diese Friedensbedingung war natürlich nicht annehmbar. Indessen hatte doch der Domprobst vom Bischoff den Auftrag erhalten den Bauern 3000 fl. für den Abzug zu bieten. Freylich eine geringe Summe in Rücksicht der großen Menge der Aufrührer. Diese Anerbietung wurde auch nicht angenommen, und so zerschlug sich die ganze Unterhandlung.

 Gleich darauf entstanden unter den Bauern selbst die größten Uneinigkeiten, woran der unruhige Kopf Bernetter abermals Schuld war. Der Sturm legte sich jedoch bald wieder, und man errichtete in der Stadt Galgen für diejenigen, welche fernere Zwietracht erregen würden.

 Am Sonntag Cantate unternahmen endlich die Bauern die Bestürmung des Schlosses. Mit greulichem Geschrey rannten sie den Berg hinan. Allein sie wurden von der Besatzung tapfer empfangen, und mit großem Verlust zurückgejagt. Über 400 wurden todgeworfen, erschlagen, in den Main gesprengt| und gefangen. Die letztern wurden auch gleich niedergehauen.

 Die Bauern wiederhohlten den Sturm, der aber eben so unglücklich, als der erste ablief.

 Nach diesem unterstanden sie sich nicht mehr, etwas ernstliches zu unternehmen, sondern zogen umher und verheerten die Rittersitze und Klöster. Von den letztern wurde unter andern auch das Carmeliter Kloster Vogelsburg bey Volkach ausgeplündert und verwüstet.

 Als die Eroberung des Schlosses zu Wirzburg nicht mehr wahrscheinlich war, zog ein Theil der Bauern davon, und auf Königshofen zu.

 Mittlerweile war ein Theil des schwäbischen Bundes unter Anführung des Bundsobersten Georg Truchseß von Waldpurg ebenfalls gegen Königshofen im Anmarsch. Die Bauern rückten gegen die Bundsvölker an, und nun begann Freytags vor Pfingsten ein blutiges Treffen. Jene fochten mit all der Wuth, die Schwärmern eigen ist. Allein der Mangel an Ordnung beförderte ihre Niederlage. Die Schwerder und Lanzen der Bundsreisigen wüteten fürchterlich unter ihnen. Über 4000 blieben tod auf dem| Wahlplatz. Die übrigen, mehr noch als 3000 Mann, entflohen in ein nahes Gehölz, und suchten sich hier zu vertheidigen, allein sie wurden eingeschlossen und gefangen genommen.

 Die Bundstruppen rückten hierauf vor Stadtlauda, welches die Bauern besetzt hatten. Die Belagerten ergaben sich bald. Der Pfarrer und 2 Bürger wurden hier enthauptet.

 Unterdessen hatten die zu Wirzburg zurückgebliebenen Bauern das Schicksal ihrer Cameraden bey Königshofen erfahren. Heimlich zogen sie aus der Stadt, und vermeinten zu entkommen. Allein der Bund hohlte sie bey Sulzdorf, einem Domcapitelischen Dorfe ein, griff sie an und zwang sie zum Stehen. Nach einem mörderischen Gefecht flohen die Bauern mit einem Verlust von 5000 Mann. Sechzig wurden gefangen, und auch sogleich niedergemacht. Fast zu gleicher Zeit erhielt ein anderer Theil des Bundesheers bey Bütthardt einen Sieg über die Bauern, die hier ebenfalls einen Verlust von 3000 Mann erlitten. Von den bey Sulzdorf geflohenen flüchteten sich gegen 300 in das Schlößlein zu Ingolstadt. Von hier aus wehrten sich diese wie Verzweifelte.| Die Bundsvölker verloren hier über 200 aus ihrem Mittel. Doch wurde endlich die Veste erobert und in Brand gesteckt. Die 300 Bauern wurden theils ein Raub der Flammen, theils fraß sie das Schwerd der Bündischen. Von denen, die sich nach Giebelstadt geflüchtet hatten, wurden einige theils erstochen, theils in den Häusern verbrannt. Fünf hatten sich in den dasigen Schloßgarten retirirt und ins Gesträuch versteckt, wo sie aber doch entdeckt wurden. Die Reiter konnten ihnen nicht beykommen, und riefen daher: sie wollten dem das Leben schenken, der unter ihnen den andern erstechen würde. Wütend fielen die fünf Bauern einander an, und bald lagen drey von ihnen tod zur Erde gestreckt. Die übrigen zwey geriethen nun auch an einander, und rauften und balgten sich so lange herum, bis alle beyde in einen nahen Wassergraben fielen, und hier ihren Tod fanden.
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 Marggraf Casimir von Brandenburg durchzog damahls auch seine Lande, um die Ruhe wieder herzustellen. Aber er verfuhr mit empörender Grausamkeit gegen das unglückliche Bauernvolk. Unter andern Unmenschlichkeiten ließ er über 7 Bauern alle Finger| abschneiden, und zu Kitzingen 58 die Augen ausstechen.

 Unterdessen wurden die Bauern, welche noch in Wirzburg waren, immer mehr in die Enge getrieben. So bald sie erfuhren, daß das Bundesheer gegen Wirzburg heranziehe, verlangten sie von der sämmtlichen Geistlichkeit, daß 30 aus ihrem Mittel sich rüsten, und mit ihnen gegen den Feind ziehen musten. Allein die heiligen Männer fanden keinen Geschmack daran, sich von den Bundsreisigen niederhauen und stechen zu lassen. Sie erkauften um 100 fl. 50 Freywillige, die an ihrer Statt mit gegen den Bund ziehen sollten. Diese sogenannte Freywillige wurden in das Schlößlein zu Ingolstadt gelegt, wo sie aber, wie schon bekannt, mit den übrigen umkamen.

 Die Bundsvölker waren nun gegen Wirzburg selbst im Anzuge. Hier arbeiteten die Bauern Tag und Nacht an Verschanzungen. Die Thore wurden alle verrammelt, Schießscharten in die Mauern gebrochen und alle Weinreben rings um die Stadt verbrannt, damit diese der Feind nicht zu Faschinen brauchen könne. Die gesammte Geistlichkeit wurde genöthigt an dieser ungewohnten Arbeit Theil zu nehmen.

|  Während diesem rückte das Bundesheer vor die Stadt, und ließ sie auffordern. Die Bauern antworteten, daß sie selbst einige aus ihrem Mittel hinaus schicken wollten, um Unterhandlung zu pflegen. Dies geschah. Allein die Bundsobersten wollten von nichts andern als Ergebung auf Gnade und Ungnade wissen. Die Bauern waren in einer Lage, die ihnen keinen freyen Willen mehr ließ. Sie mußten sich ergeben.

 Mittwochs nach Pfingsten, am 7 Junii, zogen die Bündischen in die Stadt. Hier stand auf der Domgasse der Rath, und die ganze Bürgerschaft. Männer bebten und erwarteten mit stummer Angst ihren Tod. Weiber und Kinder wehklagten und rangen verzweifelnd die Hände.

 Zuerst mußten die Bürger alle Waffen, Geschütz und Gewehr ausliefern. Nachdem dieß geschehen war, wurde der entflohene zu Eibelstadt aber wieder gefangene Bauernanführer Kohl in Feßeln hervor geführt und nebst 19 andern auf der Stelle enthauptet. Nach diesem fielen unter dem Henkersschwerd in der Stadt noch 49. Der Bauern vormahliger Feldprediger Ambrosius, ein entlaufener Augustiner, hatte sich weislich bey Zeiten davon gemacht, und nach Nordheim| am Steigerwalde begeben, wo er sich über 2 Jahre aufhielt. Endlich wurde er aber doch ausgekundschaftet, nach Wirzburg geführt und hier im Jahr 1528 lebendig verbrannt.

 Nachdem alles wieder ruhig war, kehrte Bischoff Konrad wieder in sein Land zurück. Er durchzog hierauf, von Scharfrichtern und Reisigen begleitet, sein ganzes Bißthum, nahm seine Unterthanen aufs neue in Pflichten, und ließ, wo er Schuldige fand, auf der Stelle die Todesstrafe an ihnen vollziehen. Mehr als 200 verloren auf diese Weise ihre Köpfe.

 Es läßt sich so ziemlich genau berechnen, daß bey Gelegenheit des Bauernkriegs nur allein im Hochstift Wirzburg bey 16000 Menschen umgekommen sind. Gewiß eine ungeheure Summe für dieß Land! –

 So endigte sich ein Krieg, einzig in seiner Art in der Geschichte des Teutschen Reichs. Wenn wir die Zeitumstände von dem Ausbruch dieses Übels betrachten, so dringt sich uns die Erfahrung auf, daß der unerträgliche Despotismus der Fürsten, des Adels und der Geistlichkeit diese schreckensvolle Landplage unvermeidlich gemacht haben. Vielleicht hätte der Aufruhrssturm noch einige Zeit geschwiegen,| wenn nicht Luthers und Ulrichs von Hutten Donnerreden von der Freyheit mißverstanden worden wären. Laut predigt diese Begebenheit den Volksbeherrschern die große folgenvolle Wahrheit: Menschlichkeit und Regentenmilde sichert mehr die Thronen, als Schwerd und Strang! –
W. V.