RE:Kamiros 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt auf der Sporadeninsel Rhodos
Band X,2 (1919) S. 18391841
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2) ἡ Κάμῑρος (in späteren [attischen] Inschriften auch Κάμειρος), Inschriften IG XII 1, nr. 694ff. und Karte. Steph. Byz. Eustath. Dion. 505). Stadt mit dem Gebiet Kamiris an der Nordwestseite der Sporadeninsel Rhodos. Erwähnt im Schiffskatalog neben Ielysos und Lindos, Il. II 656. Die urältesten Bewohner waren wohl Karer. Beloch Gr. Gesch. I2 2. 73. Nach der alten Überlieferung gegründet von Kamiros (Pind. Ol. VII 135. Diod. IV 58), einem Sohn des Kerkaphos, einem Heliaden (s. d.). Diodoros (IV 58; vgl. aber V 37, wo der Sohn des Kerkaphos als Gründungsheros genannt ist) und Strabon (XIV 654) geben übrigens außer den obigen an, daß nach einer anderen Überlieferung Tlepolemos (vgl. Il. II 667ff. und s. d.) die drei Städte, die ihre Namen nach drei Danaiden bekommen hätten, gegründet habe. Nach Dieuchidas FHG IV 389 nr. 7 bemächtigte sich nach dem Tod des Phorbas, eines Zeitgenossen des Pelops, Periergos des Gebietes von K. Als Begründer der griechischen Städte auf Rhodos gelten die Argeier, Thuc. VII 57. Die Lage von K. ist bei Ptol. V 2, 19 M. nach dessen System nicht richtig angegeben. Dagegen beschreibt Strab. XIV 655 die Reihenfolge der rhodischen Orte richtig. Nach Lindos folge nach Süden Ixia, dann Mnasyrion (im Westen), hierauf (nach Nordwesten) der Atabyrisrücken mit dem Zeusheiligtum (auf diesem suchte Guérin L'île de Rhodes 1856, K.), dann K. Die 1859–1864 von Alfr. Biliotti und Salzmann (s. Ed. Biliotti und Cottret Ἡ νῆσος Ῥόδος II 41) geleiteten Ausgrabungen, darüber Helbig Das hom. Epos 38ff. Löschke Athen. Mitt. VI 1ff., zeigten, daß die früheren Forscher: Roß, Guérin u. a. K. falsch bestimmt, daß Guérin die Ruinen von Kretenia beim jetzigen Kap Kapriá (antik Thoantion) für die von K. genommen hat. Darnach weisen die Karte nr. 1667 der Brit. Admiralität nach Biliotti und Athen. Mitt. V (1880) Taf. XIII sowie die zu IG XII 1 und Seliwanoff Očérki drewnej topografli ostrowa Rodosa 62ff. die Lage der Ruinen richtig [1840] auf. Die Stelle der Akropolis wurde mir von den Eingeborenen Κεχράκι (= kleines Hirsekorn) genannt. In der Nähe ist das jetzt nach dem A. Minâs genannte Vorgebirg (antik: vielleicht Mylantia) mit einem kleinen Hafen, der vor den, wenigstens jetzt im Sommer, vorherrschenden Westwinden schützt. Von dem Gestade erhob sich die antike Stadt terrassenförmig nach Südosten zu dem Teil des Nordfußes des Atabyrisgebirges (jetzt Atáīros), der von den Bauern jetzt K. genannt wird. Die oberste Terrasse ist eine etwa 200 m hohe halbkreisförmige Bergfläche mit einer Senke, in der die geradlinige Hafenstraße mitten durch die alte Stadt verlief; zur Linken und zur Rechten der alten Stadtlage fällt die Terrasse steil nach Süden und Norden ab. Die Beschreibung der antiken Akropolis (τὸ Κασβίρι) und der Befestigungen, der Schachte und Zisternen, deren Teile schwierig zu erkennen sind, bei Ed. Biliotti und Cottret Ἡ νῆσος Ῥόδος II 42. Im Osten der Terrasse wurden Reste eines antiken Tempels (wohl der Telchinischen Athana, der als Versammlungsort der κτοῖναι genannt ist), dabei die dorische Inschrift mit dem Beschluß, die κτοῖναι von K. aufzuzeichnen, gefunden, IG XII 1, 694. Die Umfassungsmauerreste um die Akropolis umgaben vielleicht nur diese, da nach Thuc. VIII 44 die πόλις um 412 v. Chr. unbefestigt war. Die große Zisterne im Osten der Akropolis wurde aus einer 1/4 Stunde entfernten Quelle im Süden gespeist. Ein Wasserleitungsbau 1,50 m hoch, 0,75 m breit. Abbildung des Tunnels Ed. Biliotti 46, über die 200 Schritte weiter in einem Schacht gefundenen Weihgeschenke S. 47. Nekropolis von Westen nach Osten westlich davon (48) bei dem Hügelchen τοῦ παππᾶ αἱ λοῦρες (Aufenthalt) mit dem konischen Altar für ,die beim Erdbeben Gestorbenen‘ (49). Andere Gräber auf der kleinen Fläche Κεχράκι im Osten (s. o.) und bei Φικελλούρα (daher Fikelluravase) im Westen. Die große Thetisvase (jetzt im Brit. Mus.) wurde zwischen Κεχράκι und Καλαβάρδα (nordöstlich davon) gefunden. Abbildungen der Bestattungsarten E. Biliotti (50ff.) und Salzmann Necropole de Camiros (nur Abbildungen). 2 km südlich von K. andere Begräbnisstätte in einer Einsattelung zwischen Ausläufern des Ataīros bei Σελλάδια mit Fundgegenständen, die denen von Ialysos auf Rhodos ähneln (56). In der ganzen Nekropolis wurden aus verhältnismäßig später Zeit (ein Zeichen für ein hohes Alter der Anlage) in einem θάλαμος nur 17 Bronzemünzen gefunden (55). Die ältesten (Silber-) Münzen nach aiginetischem Fuß von K. werden wie die von Ialysos und Lindos nach phoinikischem Fuß von den Numismatikern (Head HN2 636) auf 500 v. Chr. oder etwas früher bis 480 angesetzt. K. gehörte zur dorischen Hexa-, später Pentapolis: Lindos, Ialysos, K., Kos, Knidos, Halikarnassos, Herod. I 144. Aristid. Mil. FHG IV 324 nr. 23, daraus Schol. Theocr. XVII 69. Dionys. Hal. IV 24; s. o. Bd. IX S. 632. Aus den Zeiten vor dem Synoikismos wissen wir nicht viel. Nach der Steuerveranlagung zum attischen Seebund waren die drei größten der rhodischen Gemeinden ungefähr gleich reich wenigstens bis etwa 443 v. Chr. (Pedroli Studi di Stor. Ant. I [1891] 114f.) mit 10, später 6 Talenten jährlichen Beiträgen; [1841] freilich steuerten auch viel kleinere Gemeinden auf Rhodos wie die der Brygindarier, die später zu K. gehörten, die Pedieer und Oiaten aus Lindos und die Diakrier besonders. Jetzt und wohl auch früher ist die Westseite der Insel Rhodos fruchtbarer, insbesondere an Feldfrüchten und Baumerträgnissen, namentlich an Feigen (daher das Feigenblatt auf den Aversen der Münzen), auch an Oliven. Über die Telchinen, die Hera Telchinia (FHG III 175) und Igneten s. d. Art. Gründung durch Argeier u. a. o. Bd. IX S. 631ff. Auch nach dem Synoikismos von 408 v. Chr. behielt K. seine und der Ktoinen demokratische Verwaltung bei (‚ἔδοξε Καμιρεῦσι‘ im Eingang eines Volksbeschlusses; ἔδοξε τοῖς μάστροις καὶ Καμιρεῦσι IG XII 1 nr. 696, 4). Ein Damiurgos (nr. 696. 703ff.). Verehrt wurde Athana Kamiras, Athana Polias und Zeus Polieus, Apollon Karneios, Pythios Karneios und Mylantios, Herakles, Hera Telchinia (Diod. V 57), Hestia und Zeus Teleios, Poteidan Kyreteios, Sarapis.