BLKÖ:Purkyně, Johann Evangelist Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Purkyně, Emanuel
Band: 24 (1872), ab Seite: 94. (Quelle)
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Purkyně, Johann Evangelist Ritter von (Naturforscher, geb. zu Libochowitz bei Leitmeritz in Böhmen 17. December 1787, gest. zu Prag 28. Juli 1869). Seine Familie stammt aus Leitmeritz, wo sein Urgroßvater Stadtrath war. Sein Sohn ließ sich in Libochowitz nieder und betrieb daselbst die Metzgerei. Purkyně’s Vater aber versah die Stelle eines Oekonomiebeamten auf einer fürstlich Dietrichstein’schen Herrschaft, siedelte jedoch, nachdem er das Bauernmädchen Rosalie Safranek geheirathet, nach Libochowitz über. Purkyně’s Voreltern scheinen Kalixtiner gewesen zu sein, später trat die Familie, ob aus eigenem Antriebe oder gezwungen, ist unbekannt, zum Katholicismus über. Der Vater unserer Gelehrten starb im vollen Mannesalter von 40 Jahren und seine Gattin Rosalia hatte ihm drei Knaben geboren: Johann Evangelist, Emanuel und Joseph. Emanuel starb jung, über Joseph gibt die nächste Biographie, S. 102, Nachrichten. Hier ist von dem ältesten, von Johann Ev., die Rede. Nach dem Tode seines Vaters kam der damals zehnjährige Knabe in das von den Piaristen geleitete Chorknaben-Institut nach Nikolsburg in Mähren, wo er die deutsche Sprache erlernte und das Gymnasium besuchte. Im Alter von 18 Jahren trat er weniger [95] aus Beruf, als weil er das Klosterleben gewohnt war, in den Piaristenorden und brachte drei Jahre an den Collegien zu Altwasser und Straßnitz in Mähren, dann zu Leitomischl in Böhmen zu, wo er, während er sich selbst fortbildete, zugleich im Lehramte verwendet wurde. Als aber die Zeit nahte, daß er die Ordensgelübde ablegen sollte, besann er sich doch eines andern, trat aus dem Collegium und ging nach Prag, wo er an der dortigen philosophischen Facultät unter Bolzano, Jandera, Klar, Mikan, Nemeček, Schmid und Tietze die philosophischen Studien beendete. Im Begriffe, den medicinischen Studien sich zuzuwenden, übernahm er im Hause des Baron Hildbrandt eine Erzieherstelle, welche er durch drei Jahre, 1810–1812, versah und nun durch die großmüthige Unterstützung des Barons in den Stand gesetzt wurde, die Medicin zu studiren. Von 1813 bis 1815 hörte er dieselbe unter Ilg (Anatomie), Rottenberger (Physiologie und Augenheilkunde), Mayer (Geologie und Mineralogie), Mikan (Botanik und Chemie), Wawruch (allgemeine Pathologie und materia medica), Bernt (Staats- und gerichtliche Arzneikunde), Jungmann (Geburtshilfe), Fritz (Chirurgie) und Höger (medicinische Klinik). Noch während seiner Studien, 1816–1818, nahm er in der chirurgischen Abtheilung des Prager allgemeinen Krankenhauses die Spitalspraxis. Nachdem er im Jahre 1818 die medicinische Doctorwürde erlangt, begründete er durch seine Dissertationsschrift „Beiträge zur Physiologie des Sehens“, die später in verbesserter Auflage erschien [die bibliographischen Titel der Werke folgen auf S. 98], und welche die Aufmerksamkeit Goethe’s, der sich eben damals mit analogen Versuchen beschäftigte, erregt hatte, seinen literarischen Ruf. Im Jahre 1819 wurde er Assistent der Anatomie und Physiologie unter den Professoren Rottenberger und Ilg und versah vier Jahre dieses Amt. Nachdem er während dieser Zeit mehrere Concurse für Lehrkanzeln der Pathologie, Physiologie und Anatomie in Prag, Pesth und Laibach jedoch fruchtlos, geschrieben, folgte er im J. 1823 dem Rufe auf die durch den Abgang von Bartels nach Marburg erledigte Professur der Physiologie und Pathologie in Breslau. Bei der Verleihung dieses Postens waren der Generalarzt Rust aus Berlin und Humboldt, durch Goethe’s Empfehlungen auf P. aufmerksam gemacht, thätig. Daselbst ging P. ganz in Arbeiten seines Berufes und in Forschungen im reichen Gebiete der Naturwissenschaften auf. In seiner eigenen Wohnung hatte er ein Laboratorium für physiologische Experimental-Untersuchungen eingerichtet, lehrte und vervollkommnete den Gebrauch der Mikroscope für feinere anatomische Arbeiten und gründete, der Oesterreicher in Preußen, eigentlich das erste physiologische Institut. Während 26 Jahren war P. in Breslau thätig und gingen während dieser Zeit mehrere interessante und fundamentale Entdeckungen von ihm aus. Außer den schon erwähnten und später noch ansehnlich vermehrten Beobachtungen über das Sehen, sind noch besonders hervorzuheben: seine Arbeit über die physiologische Bedeutung des Schwindels der Seekrankheit und der Beziehung desselben zu den neuesten Versuchen über die Hirnfunctionen, seine wichtige Entdeckung des Keimbläschens im Vogelei in der Abhandlung: „Symbolae ad ovi avium historiam ante incubationem“; ferner seine Versuche über [96] pharmakodynamischen Wirkungen des Kamphers, der Muskatnuß, der Belladonna, die er meist an sich selbst prüfte, und die Entdeckung continuirlicher, durch Wimperhaare erzeugter Flimmerbewegungen an den Schleimhautflächen des Uterinsystems, der Respirationsorgane und der Nasenhöhle bei höheren Thierclassen und beim Menschen; ferner seine Arbeiten über die Befruchtung der Pflanzen und über die menschliche Sprache, über eigenthümliche akustische Erscheinungen, über künstliche und natürliche Verdauung (1838); er ließ tiefe Blicke in den mikroscopischen Bau der Nerven und Muskeln fallen, entdeckte namentlich die Ganglienkörper der Nerven, dann die Amyloidkörper im Gehirn, lernte schon vor[WS 1] Schwann die Zellen als mikroscopische Elemente der Gewebe kennen und lieferte eine neue Theorie über die Saugkraft des Herzens. Im Jahre 1856 entdeckte er Infusionsthierchen im Magen der Wiederkäuer, im Jahre 1859 brachte er Neues über die Gleichzeitigkeit der Schallempfindungen. Seine anatomischen und physiologischen Entdeckungen sind so in das Mark der Wissenschaften eingedrungen, und haben sich an diese Entdeckungen so reiche Gruppen neuer Thatsachen angesetzt, daß man diese einzelnen Schöpfungen seines scharfsinnigen Geistes kaum mehr aus dem Ganzen herauszuholen wagen darf. Aus seiner Schule gingen bedeutende Männer hervor. Schrötter in seiner akademischen Gedächtnißrede auf P. nennt das Breslauer Institut „die Wiege der Histologie“. Im Jahre 1850 kehrte P., einem Rufe als Professor der Physiologie in Prag folgend, nach Oesterreich zurück, wo er bis zum Jahre vor seinem in hohen Alter erfolgten Tode, in Thätigkeit blieb. P. lehrte in Prag nicht nur populäre Anthropologie mit Demonstrationen in čechischer Sprache, sondern hielt auch Vorträge über die Entwicklungsgeschichte des Menschen mit Rücksicht auf die Entwicklung der Thiere, ferner über allgemeine und vergleichende Physiologie mit theoretischen und praktischen Demonstrationen, alles nicht mehr wie bis zum Jahre 1848 in lateinischer, sondern in deutscher Sprache, wie solche für den Fortschritt der Wissenschaft zum Vortrage nothwendig ist. Seine bereits in Breslau verwirklichte Idee eines physiologischen Institutes auch in Prag zu verwirklichen war seine nächste Aufgabe. Er wendete sich aus diesem Anlaße im Jahre 1850 unmittelbar an den damaligen Minister Leo Grafen Thun, dem er in einem ausführlichen Promemoria die Wichtigkeit und Nothwendigkeit eines solchen Instituts darstellte. Es wurde nun die erbetene Anschaffung von acht Mikroscopen, die Aufstellung eines eigenen Assistenten (Dr. Czermak), eines Aufwärters, eine jährliche Dotation von 600 fl. und ein Miethzins von 600 bis 1000 fl. sofort genehmigt. P. schritt sogleich an die Ausführung seiner Pläne und schuf zugleich – meist aus Geschenken der eigenen Bibliothek – eine entsprechende Büchersammlung. Am 6. October 1831 wurde die neue Anstalt, durch welche sich P. in den Annalen der Wissenschaft ein bleibendes Denkmal gesetzt, mit einer großen Feierlichkeit eröffnet. Hand in Hand mit P.’s Lehramtsthätigkeit geht seine schriftstellerische, die eine vielseitige und polyglotte ist, denn P. schrieb in deutscher, lateinischer, polnischer und čechischer Sprache. Mit anderen Fach- und Gesinnungsgenossen[WS 2], vornehmlich mit den Gebrüdern Presl[WS 3], bestrebte er sich, die bis dahin wenig gepflegte čechische Sprache und Literatur zu heben. [97] Da es sich dabei zunächst um Vervollständigung der in vielen Zweigen lückenhaften Sprache handelte, mußte vor allem erst die ganze Terminologie aller naturwissenschaftlichen Gebiete neu geschaffen werden. P. hat dieß im Vereine mit den beiden obgenannten Gelehrten mit glücklichem Erfolge bewerkstelligt. Was seine übrige politische und wissenschaftliche Thätigkeit betrifft, so folgen wir hier der Anschauung des General-Secretärs der kais. Akademie der Wissenschaften, als der mildesten, weil sich herbe Stimmen über den alternden Gelehrten vernehmen ließen, deren eine wir weiter in den Quellen, S. 101, anführen. Herr v. Schrötter schildert P. als der jung-čechischen Partei angehörend, der, so viel er konnte, in ihrem Interesse wirkte, aber nicht durch thätige Theilnahme an der politischen Agitation, sondern dadurch, daß er durch Herausgabe und Uebersetzung guter Bücher, Bildung und Belehrung unter seinem Volksstamme zu fördern und zu verbreiten suchte. Noch in Breslau übersetzte P. Tasso’s befreites Jerusalem und Schiller’s Gedichte, in den letzten Lebensjahren auch Sallet’s Laien-Evangelium, und zwar ganz, wovon jedoch im Drucke nur einzelne Gesänge erschienen sind. Auch die Gedichte von Goethe übersetzte er zum großen Theile und mit besonderer Vorliebe indische Gedichte nach Rückert’schen und Boller’schen Uebersetzungen. Er suchte auch eine böhmische naturwissenschaftliche Literatur zu schaffen, und arbeitete nicht nur selbst daran, sondern trachtete auch jüngere Kräfte dafür zu gewinnen. Bis zum Jahre 1864 gab er die Zeitschrift „Živa“ heraus, worin er naturwissenschaftliche Disciplinen für sein Volk popularisirte. Auch gab er sich alle Mühe, eine čechische Universität zu gründen. Keinesfalls gehörte er also, meint Herr von Schrötter, zu den „Patrioten“, deren Devise der sehr bezeichnende Satz ist: „Lieber die russische Knute als die deutsche Freiheit“ (Havliček’s Wahlspruch). Er erkannte vielmehr, daß die einzige Art, einem Volksstamme, der neben einem höher gebildeten lebt, wahrhaft nützlich zu sein und ihn auf die gleiche Höhe mit den andern zu bringen, nur darin besteht, ihn geistig emporzuheben, nicht aber darin, ihm die politische Suprematie über den anderen zu erobern, und wäre es selbst um den Preis des Hoch- und Landesverrathes. Im Jahre 1848 besuchte P. den Slavencongreß, was aber nicht aus politischen Gründen geschah, denn er hielt derartige Fragen stets von sich fern (?). Ohne jemals aufgehört zu haben, die Deutschen zu lieben, hegte er eine stammliche Sympathie für die Slaven, die er in Breslau, wo er in fortwährendem Verkehre mit Polen und Russen lebte, mehr ausbildete, als in Prag. Er gehörte daher auch zu keiner politischen Partei (?) und schloß sich, als er ohne sein Zuthun in den böhmischen Landtag gewählt wurde, nur darum den Jungčechen an, weil er sich wie jeder andere irgendwo einrangiren mußte und, wie er sagte, keiner conservativen Partei angehören wollte. Er war nie ein laudator temporis acti, sondern hat stets den Blick in die Zukunft gerichtet. Jeder Pessimismus lag ihm fern, er fand im Gegentheil immer, daß man im Ganzen auf dem Wege zum Besseren vorschreite. Er verlor niemals das Vertrauen in die eigene Kraft und forderte ein solches Bewußtsein auch von jeder Nation. Er kannte daher in Bezug auf andere Nationen weder Haß noch Furcht. Die versöhnenden, mit Jubel aufgenommenen Worte, die er bei der [98] Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Karlsbad im Jahre 1863 sprach, zeigten, wie leicht verschiedene Nationen nebeneinander in Frieden leben können, wenn nur Männer wie er das Wort führen würden. Purkyně war viel zu sehr Idealist, als daß ihm eine kurzlebige Politik, wie sie jetzt die Čechen treiben, convenirt hatte, Er begnügte sich, Führer auf dem wissenschaftlichen Gebiete zu sein und strebte nie nach einem politischen Einflusse. Er war auch ohne Politik eine Größe, während so viele der heutigen Tonangeber seines Vaterlandes ohne diese Nullen sind. – Reisen hat P. nur wenige gemacht. Von Breslau aus besuchte er Berlin, wo er durch Goethe’s Empfehlungen Zutritt in die tonangebenden Kreise erhielt und mit den beiden Humboldt[WS 4], Minister Stein, Varnhagen v. Ense, Hegel, Rudolphi und anderen ausgezeichneten Männern jener Zeit in innige Berührung kam, und durch seine Originalität, seinen scharfen Verstand, seine ausgebreiteten Kenntnisse, verbunden mit seltener Anspruchslosigkeit, sich Freunde für’s Leben erwarb. Im Jahre 1857 hielt er sich durch sechs Wochen in Paris auf, wo er mit seinen Fachgenossen, insbesondere mit Flourens, in freundschaftliche Beziehungen trat. Das Meer sah er nur an der pommerschen Küste und bei Rügen. Die Alpen und den Süden besuchte er nie, vornehmlich wohl darum, weil ihm die Mittel zu solchen Reisen fehlten. Seine schriftstellerische Thätigkeit ist eine ungemein große, doch zersplittert sich dieselbe vielmehr in periodischen Fachschriften als sie sich in wissenschaftlichen selbstständigen Werken concentrirt. Die Titel dieser letzteren sind: „De examine physiologico organi visus et systematis cutanei“ (Vratislaviae 1823); – „Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne. 1. Bdchn. Beiträge zur Kenntniss des Sehens in subjectiver Hinsicht“. 2. Aufl. (1. 1819) (Prag 1823, Calve, 8°.); 2. Bdchn. „Neue Beiträge zur Kenntniss des Sehens u. s. w.“ (Berlin 1825, Reimer, mit 4 illustr. K. K., gr. 8°.); – „De cellulis Antherarum fibrosis nec non de granorum pollinarium formis commentatio physotomica. Acced. tabul. lith. XVIII.“ (Breslau 1830, Hertze, 4°. maj.), diese Abhandlung erhielt den Monthyon’schen Preis; – „Symbolae ad ovi avium historiam ante incubationem. Adjectae sunt tab. II lith.“ (Leipzig 1830, Voss, 4°. maj.), Gratulationsschrift zu Blumenbach’s Jubiläum; – mit G. Valentin gemeinschaftlich: „De phaenomeno generali et fundamentali motus vibratorii continui in membranis cum externis tum internis animalium plurimorum et superiorum et inferiorum ordinum obvii“ (Vratislaviae 1835, Schulz et soc., 4°. maj.), Ergänzungen dazu siehe in den in periodischen Schriften erschienenen Arbeiten P.’s; – „Básně lyrické F. Šillera, přeložil a, vydal Jan Purkyně, d. i. Lyrische Gedichte des Friedrich Schiller, übersetzt und herausgegeben von P., 2 Theile (Breslau 1841, 8°.); – „Akademia. Motto: Science is might“ (Prag 1863, gr. 8°.). Separatabdruck aus der Zeitschrift „Živa“; – „Austria polyglotta“ (Prag 1867, Greger u. Bartel, kl. 12°.); – mit Ed. von Kornatzki gemeinschaftlich: „Das Phorolyt oder die magische Doppelscheibe“, 2 Lieferungen (Breslau 1841, Hirt), ein Drehapparat nebst Durchsichtsscheibe und gedruckter Gebrauchsanweisung und 2 Lieferungen Bildscheiben. Von seinen in periodischen Fachschriften enthaltenen Abhandlungen sind besonders bemerkenswerth: in Kastner’s „Archiv für die gesammte [99] Naturlehre“, 1824: „Ueber Verhalten und Bildung des tartinischen dritten Tons der beim gleichzeitigen Intoniren zweier anderer zu hören ist“; – in den Medicinischen Jahrbüchern des österreichischen Staates 1820, 2. Stück, S. 79: „Beiträge zur näheren Kenntniß des Schwindels aus heautognostischen Daten“; – in Rust’s „Magazin“, 23. Band, 2. Heft, S. 284: „Ueber die physiologische Bedeutung des Schwindels und die Beziehungen desselben zu Flourens[WS 5] neuesten Versuchen über die Hirnfunction“; – in Müller’s „Archiv für Anatomie und Physiologie“ 1834, S. 385: „Der mikroscopische Quetscher, mit einer Abbildung“; – S. 391, mit Valentin gemeinschaftlich: „Entdeckung continuirlicher, durch Wimperhaare erzeugter Flimmerbewegungen“, und 1835, S. 159: „Ueber Unabhängigkeit der Flimmerbewegungen vom Central-Nervensystem“; – 1838, S. 1, mit Pappenheim gemeinschaftlich: „Ueber künstliche Verdauung“; – 1845, S. 281: „Mikroskopische neurologische Beobachtungen; – in den Actis naturae curiosorum, 1835, mit Valentin gemeinschaftlich: „De motu vibratorio animalium vertebratorum observationes recentissimae“; – in den Berichten über die Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte, und zwar im Breslauer 1833, S. 59: „Ueber die spiralen Ausführungsgänge der Schweißdrüsen der Haut“; – „Ueber ein infusiorelles Entozoon Opalina ranarum im Enddarm der Frösche“; – im Prager 1837: „Ueber den Bau der Magendrüsen und die Natur des Verdauungsprocesses“, – „Untersuchungen über Nerven und Hirnanatomie“; – „Epithelienkörner des Plexus choroidei in den Hirnventrikeln“; – „Ueber die gangliösen Körperchen in verschiedenen Theilen des Gehirns“, – „Ueber künstliche Verdauung“; – im Karlsbader 1863: [„Ueber die Richtung der Wahrnehmung des Schalles“; – in Dr. Pleischl’s Schrift: „Das chemische Laboratorium an der Prager Universität“ (Prag 1820): „Beobachtungen über die Wirkungen des Emetins“: – in Neue Breslauer Sammlung aus dem Gebiete der Heilkunde 1829: „Ueber die pharmakodynamische Wirkung des Kamphers, der Belladona, der Muscatnuß“; außerdem schrieb P. zahlreiche Recensionen in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, Jahrg. 1827; in Rust’s kritischem Repertorium der Heilkunde, 1826–1841; größere und kleinere Aufsätze in dem von der Berliner medicinischen Facultät redigirten Wörterbuche der medicinischen[WS 6] Wissenschaften; in Rud. Wagner’s Handwörterbuche der Physiologie; für die in čechischer Sprache herausgegebene Zeitschrift des böhmischen Museums; für J. Presl’s čechische Zeitschrift Krok, für die polnische gelehrte Quartalschrift: „Kwartalnik naukowy“ 1835 und für das Jahrbuch der medicinischen Abtheilung der Jagiellonischen Universität (Rocznik widzialu lekarskiego w uniwersitecie Jagiellońskim) 1839; vornehmlich aber für die von P. gemeinschaftlich mit Krejci im Jahre 1853 begründete naturwissenschaftliche čechische Zeitschrift Živa, von denen insbesondere hervorzuheben sind P.’s „Bericht über seine älteren und neueren literarischen Arbeiten“, im Jahrgange 1857; die „Daten zur Geschichte der Entdeckung eines neuen Planeten hinter dem Mercur“, im Jahrgange 1860, und „Ueber Errichtung von Knaben-Erziehungsinstituten mit naturwissenschaftlicher Richtung“, im [100] Jahrgange 1861. Eine Reihe von physiologischen und histologischen Dissertationen, die unter seiner wesentlichen Mitwirkung gearbeitet wurden, ferner seine zahlreichen populären und schöngeistigen Artikel in der „Živa“, in den „Květy“, in der „Rodinna kronika“ und in anderen Blättern finden sich in der Schrift: „Die feierliche Sitzung der kais. Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1870“ (Wien, 8°.) S. 108 u. f. aufgezählt. Eine so reiche wissenschaftliche Thätigkeit fand auch von allen Seiten die ehrenvollste Anerkennung: Se. Majestät Kaiser Franz Joseph verliehen ihm am 22. April 1868 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens und mit Diplom vom 15. Juli 1869 den Ritterstand, das erst mehrere Wochen nach seinem Tode ausgefertigt wurde; der König von Preußen ehrte ihn im Jahre 1842 durch den rothen Adler-Orden 4. und 1868 durch den 3. Classe; der Kaiser von Rußland 1862 durch den St. Wladimir-Orden; die Prager Universität verlieh ihm 1848 das Ehrendoctorat der Philosophie, die Wiener Universität im Jahre 1866 jenes der Medicin; die Prager medicinische Facultät ließ 1868 anläßlich seines 50jährigen Doctorjubiläums eine Denkmünze mit seinem Brustbilde prägen, der Verein böhmischer Aerzte veröffentlichte eine Festschrift in čechischer und lateinischer Sprache, deren 25zeiligen Titel man im „Oesterreichischen Katalog“ 1869, čechische Abtheilung, S. 60, Nachlesen kann und brachte ihm einen silbernen Lorbeerkranz dar; die Breslauer Gelehrten-Gesellschaft sandte ihm seine sämmtlichen, während seines Aufenthaltes in Breslau erschienenen Arbeiten in einem prachtvoll gebundenen Separatabdrucke. Mehr als ein halbes Hundert gelehrter Akademien, meist ersten Ranges, sandte ihm ihre Diplome, darunter 1829 die kais. Leopoldinische Gesellschaft mit dem Namen „Darwin“, 1832 die kön. Gesellschaft der Wissenschaften in Berlin, 1836 die kais. Akademie in St. Petersburg, 1844 die kön. medicinische Gesellschaft in Kopenhagen, 1850 die Royal Society in London, 1856 die Academie imperiale de Médecine in Paris, 1860 die kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, deren correspondirendes Mitglied er bereits seit 1848 war, 1861 die Academie des sciences in Paris. Im Jahre 1861 ernannte ihn das k. k. bürgerliche Infanteriecorps in Prag zum Ehrenhauptmann, und als im nämlichen Jahre die Ehrendiplome des Bürgerrechts sich über die Schildträger der čechischen Krone zu Hunderten ergossen, wurde P. von 21 čechischen Ortschaften Ehrenbürger. P. war mit der Tochter des Berliner Arztes Rudolphi vermält und hatte aus dieser Ehe zwei Söhne: Emanuel [siehe dens. S. 94] und Karl [S. dens. S. 103]; der Tod des letzteren, der ein Jahr etwa vor des greisen Vaters Ableben erfolgt war, hatte diesen tief darniedergebeugt. Die Lebensskizze desselben, wie jene seines Oheims Joseph Heinrich siehe in den folgenden Artikeln.

Ritterstands-Diplom ddo. 15. Juli 1869. – Die feierliche Sitzung der kaiserliche Akademie der Wissenschaften am 30. Mai 1870 (Wien 1870, Staatsdruckerei, 8°.) S. 98 bis 116 [im Berichte des General Secretärs der kais. Akademie, Dr. Anton Schrötter von Kristelli, auf S. 106–116 das vollständige Verzeichniß der Schriften Purkyně’s]. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1868, Nr. 1338, im Feuilleton: „Austria polyglotta“; Nr. 1769: „Prof. Purkyně und 1770 sein „Leichenbegängniß“. – Presse 1866, Nr. 271, „Professor Purkyně und die deutsche Wissenschaft“. – Neues Wiener Tagblatt 1869, Nr. 209. – Der Wanderer (Wiener polit. Blatt) [101] 1869, Nr. 215, im Feuilleton: „Goethe und Purkynje“. – Bohemia (Prager polit. u. belletr. Blatt) 1862, Nr. 230, S. 742: „In Betreff der Rede, welche P. in der Karlsbader Naturforscher-Versammlung gehalten“; 1868, Nr. 266, S. 3403, u. Nr. 297, S. 3874: „Prof. Purkyně“. – Agramer Zeitung 1865, Nr. 72.: „Adresse an Dr. Purkyně“. – Novak (Karl Gabriel), Schlesisches Schriftsteller-Lexikon (Breslau 1836, W. G. Korn, 8°.) 1. Heft, S. 128 u. f. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1862 u. f., C. B. Lorck, 4°.) II. Serie, Sp. 396. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, Joh. Ambr. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 544. – Conversations-Lexikon der neuesten Zeil und Literatur. In vier Bänden (Leipzig 1833, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. III, S. 675. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Zweite Abthlg. Bd. V, S. 53. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, O. Wigand, gr. 8°.) Bd. X, S. 261. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. VI, S. 581. – Hirschel (Bernhard Dr.), Compendium der Geschichte der Medicin von den Urzeiten bis auf die Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung der Neuzeit und der Wiener Schule (Wien 1862, Braumüller, gr. 8°.) Zweite Aufl., S. 472 u. 473. – (Prager) Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde, herausgegeben von der medicinischen Facultät in Prag (Prag, Karl André, gr. 8°.) 28. Bd. (1850), 33. Bd. (1852), 45. Bd. (1855), 69. Bd. (1861), 70. Bd. (1861), 77. Bd. (1863) u. 101. Bd. (1869). – Květy, d. i. Blüthen (Prager illustr. Zeitschrift), IV. Jahrg. (1869), S. 241 [mit Porträt im Holzschnitt]; – S. 262 u. 279: „Vzpominky na Jana Purkyni“. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 1115. – Národni listy, d. i. Volks-Zeitung (Prag, Fol.) 1864, Nr. 343, im Feuilleton; 1869, Nr. 207 u. 208 [erstere Nummer erschien mit schwarzem Rande; die letztere bringt im Feuilleton den „Nekrolog“]. – Pokrok, d. i. der Fortschritt (Prager polit. Blatt) 1869, Nr. 94, im Feuilleton. – Pokrok. Kalendař na rok 1870, d. i. der Fortschritt. Kalender auf 1870, S. 94, mit Porträt im Holzschnitt. – Praha, d. i. Prag (illustr. Blatt, 4°.) 1868, Nr. 2, S. 31 [auf Seite 29 sein Bildniß im Holzschnitt]. – Slovenski národ, d. i. das slovakische Volk, 1868, Nr. 110, im Feuilleton. – Svoboda, d. i. die Freiheit. Redacteur S. Barák, 1868, Nr. 24, S. 751. – Porträte. Die im Holzschnitt ausgeführten sind schon in den biographischen Quellen angeführt worden. Andere sind nicht vorhanden. – Denkmünze. Eine solche mit seinem Brustbilde ist anläßlich seines 50jährigen Doctorjubiläums im Auftrage des Vereins der böhmischen Aerzte geprägt und bei dieser Gelegenheit eine Festschrift veröffentlicht worden, welche ein Verzeichniß sämmtlicher Werke Purkyně’s enthält. – Purkyně’s Arbeitszimmer. Eine in Holz (ziemlich schlecht) geschnittene Ansicht seines Arbeitszimmers brachte die čechische illustrirte Zeitung „Praha“ 1869, S. 5, und eine Beschreibung desselben, S. 16. – Purkyně’s Wahlspruch:

„Dokud a kde Bůh žiti poveli
Buď věren vlasti, víře přiteli“.

[Časopis českého Muzeum 1856[WS 7], 1. Heft.] – Denkmäler Purkyně’s. Nach seinem Tode bildeten sich zwei Comité’s, eines in Libochowitz wo Purkyně geboren, und eines in Prag. Ersteres beschloß, sein Geburtshaus zum bleibenden Gedächtniß anzukaufen, letzteres beschloß, dem hingeschiedenen Gelehrten auf einem entsprechenden Platze in Prag ein Denkmal zu errichten. Diese Beschlüsse wurden im Frühjahre 1870 gefaßt, wie weit beide Angelegenheiten gediehen, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt. – Zu Purkyně’s politischer Charakteristik. Weniger milde als sein College in der kais. Akademie der Wissenschaften, der ihm in der feierlichen Sitzung des Jahres 1870 einen ehrenvollen Nachruf widmete und dabei auch P.’s politische Haltung charakterisirte, beurtheilt dieselbe ein deutscher Correspondent der „Presse“ in einer Correspondenz des Jahres 1865, Nr. 271. Daselbst heißt es anläßlich des Toastes, den Purkyně im Jahre 1865 auf die Errichtung einer čechischen Universität ausgebracht hatte, daß derselbe nicht verfehlte, gerechtes Aufsehen zu erregen. „So spricht ein Mann“, fährt der Correspondent fort, „der, was er ist, der deutschen Wissenschaft dankt, der ein Mitbegründer der „deutschen Naturforscher-Versammlungen“ [102] ist, der lange, bevor er in Prag lehrte, von Deutschland als Professor der Physiologie (in Breslau) aufgenommen, ein Mann, der von der deutschen Wissenschaft stets mit der ausgesuchtesten Courtoisie behandelt ward. Professor Purkyně ist heutzutage nur noch von historischem Interesse an einer deutschen Universität, das ist nicht nur ein öffentliches Geheimniß seiner Fachgenossen, sondern auch seiner Schüler. Längst hätte die schon ohnedieß arg gelichtete Prager Universität eine jüngere thätige Kraft erheischt – aber Professor Czermak mußte in’s Ausland zieh’n, nur damit Purkyně bleiben konnte. Möge denn die čechische Universität nur recht bald errichtet werden und die deutsche sich beeilen, die Purkyně’s ihr zur Verfügung zu stellen.“ – Purkyně’s Wappen. Ein Schild, schrägrechts durchzogen von einem blauen Balken, welcher rechts von einem rothen Stern im silbernen, links von einem silbernen im rothen Felde begleitet ist. Auf dem Hauptrande des Schildes ruhen zwei gekrönte Turnierhelme. Die Helmkrone zur Rechten trägt einen offenen, rechts von Blau über Silber und links abgewechselt quergetheilten Adlerflug, welchem ein silberner Stern eingestellt ist, Aus der Helmkrone zur Linken wächst ein zweischwänziger silberner, roth bezungter Löwe hervor. Helmdecken. Jene des rechten Helms blau, die des linken roth; insgesammt mit Silber unterlegt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: von.
  2. Vorlage: Gesinungsgenossen.
  3. Johann Swatopluk und Karl Borsiwoj Prešl.
  4. Alexander und Wilhelm von Humboldt.
  5. Vorlage: Flouren’s.
  6. Vorlage: medinischen.
  7. Vorlage: 1356.