Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl II/Sechszehntes Capitel

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Fünfzehntes Capitel Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band (1875)
von Charles Darwin
Siebenzehntes Capitel


[170]
Sechszehntes Capitel.
Vögel (Schluss).
Das Jugendgefieder in Bezug auf den Character des Gefieders beider Geschlechter im erwachsenen Zustande. — Sechs Classen von Fällen. — Geschlechtliche Verschiedenheiten der Männchen nahe verwandter oder repräsentativer Species. — Das Weibchen nimmt die Charactere des Männchens an. — Das Gefieder der Jungen in Bezug auf das Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen. — Ueber die Steigerung der Schönheit der Vögel auf der ganzen Erde. — Protective Färbung. — Auffallend gefärbte Vögel. — Würdigung der Neuheit. — Zusammenfassung der vier Capitel über Vögel.

Es muss jetzt nun die Ueberlieferung von Characteren betrachtet werden, und zwar wie dieselbe in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl durch das Alter beschränkt ist. Die Richtigkeit und die Bedeutung des Gesetzes einer Vererbung auf entsprechende Altersstufen braucht hier nicht erörtert zu werden, da über diesen Gegenstand bereits genug gesagt worden ist. Ehe ich aber die verschiedenen im Ganzen doch etwas complicirten Regeln oder Classen von Fällen mittheile, unter welchen man die sämmtlichen Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den jungen und alten Vögeln, soweit sie mir bekannt sind, zusammenfassen kann, dürfte es nicht unzweckmässig sein, einige wenige vorläufige Bemerkungen zu machen.

Wenn bei Thieren aller Arten die Erwachsenen in der Farbe von den Jungen verschieden sind und die Farben der letzteren, soweit wir es beurtheilen können, nicht von irgendwelchem speciellen Nutzen sind, so kann man sie, wie verschiedene embryonale Bildungen, dem Umstande zuschreiben, dass das junge Thier den Character eines frühen Urerzeugers beibehalten hat. Mit Zuversicht kann indessen diese Ansicht nur dann aufrecht erhalten werden, wenn die Jungen mehrerer Species einander sehr ähnlich und gleichfalls andern erwachsenen Species ähnlich sind, welche zu derselben Gruppe gehören; denn die [171] letzteren sind die lebendigen Beweise dafür, dass ein derartiger Zustand der Dinge, früher möglich war. Junge Löwen und Pumas sind mit schwachen Streifen oder Reihen von Flecken gezeichnet, und da viele verwandte Arten sowohl in der Jugend als im erwachsenen Zustande ähnlich gezeichnet sind, so wird kein Naturforscher, welcher an eine allmähliche Entwickelung der Species glaubt, daran zweifeln, dass der Urerzeuger des Löwen und Puma ein gestreiftes Thier war und dass die Jungen Spuren dieser Streifen behalten haben, ebenso wie solche bei den Jungen schwarzer Katzen sich finden, welche im erwachsenen Zustande nicht im Mindesten gestreift sind. Viele Arten der Hirschfamilie sind im geschlechtsreifen Alter nicht gefleckt und doch sind sie jung mit weissen Flecken bedeckt, wie es auch einige wenige Species in ihrem erwachsenen Zustande sind. So sind ferner auch in der ganzen Familie der Schweine (Suidae) und bei gewissen im Ganzen nur entfernt damit verwandten Thieren, wie beim Tapir, die Jungen mit dunklen Längsstreifen gezeichnet; hier haben wir indessen einen Character vor uns, welcher allem Anscheine nach von einem ausgestorbenen Urerzeuger herrührt und jetzt nur von den Jungen noch beibehalten wird. In allen derartigen Fällen sind die Farben der alten Thiere im Laufe der Zeit abgeändert worden, während die Jungen unverändert geblieben oder nur wenig abgeändert worden sind; und dies ist nach dem Gesetze der Vererbung auf entsprechende Altersstufen bewirkt worden.

Dasselbe Princip gilt auch für viele zu verschiedenen Gruppen gehörige Vögel, bei welchen die Jungen einander in hohem Grade gleichen und von ihren respectiven Eltern im erwachsenen Zustande bedeutend verschieden sind. Die Jungen beinahe sämmtlicher Gallinaceen und einiger entfernt damit verwandter Vögel, wie der Strausse, sind im Dunenkleide längsgestreift; dieser Character weist aber auf einen so weit zurückliegenden Zustand der Dinge zurück, dass er uns kaum hier angeht. Junge Kreuzschnäbel (Loxia) haben zuerst gerade Schnäbel wie die andern Finken, und in ihrem gestreiften Jugendgefieder gleichen sie dem erwachsenen Hänfling und dem weiblichen Zeisig ebensowohl wie den Jungen des Stieglitz, Grünfinken und einiger andern verwandten Arten. Die Jungen vieler Arten von Ammern (Emberiza) gleichen sowohl einander, als auch dem erwachsenen Zustande der Grau-Ammer, E. miliaria. In beinahe der ganzen grossen Gruppe der Drosseln haben die Jungen eine gefleckte Brust, — ein [172] Character, welchen viele Arten ihr ganzes Leben hindurch behalten haben, welcher aber von andern, wie z. B. von dem Turdus migratorius vollständig verloren worden ist. So sind ferner bei vielen Drosseln die Federn am Rücken gefleckt, ehe sie sich zum erstenmale gemausert haben, und dieser Character wird von gewissen östlichen Species zeitlebens beibehalten. Die Jungen vieler Arten von Würgern (Lanius), einiger Spechte und einer indischen Taube (Chalcophaps indicus) sind an der untern Körperfläche quer gestreift; und ähnlich sind gewisse verwandte Arten oder Gattungen im erwachsenen Zustande gezeichnet. Von einigen einander nahe verwandten und prachtvollen indischen Kuckucken (Chrysococcyx) weichen die Species, wenn sie geschlechtsreif sind, beträchtlich in der Farbe von einander ab, die Jungen derselben können aber nicht von einander unterschieden werden. Die Jungen einer indischen Gans (Sarkidiornis melanonotus) sind im Gefieder einer verwandten Gattung, Dendrocygna, im erwachsenen Zustande sehr ähnlich.[1] Aehnliche Thatsachen werden später in Bezug auf gewisse Reiher mitgetheilt werden. Junge Birkhühner (Tetrao tetrix) gleichen sowohl den alten Vögeln gewisser anderer Species, z. B. Tetrao scoticus, als deren Jungen. Endlich zeigen sich die natürlichen Verwandtschaften vieler Species am besten in dem Jugendgefieder, wie Mr. Blyth, welcher dem Gegenstande eingehende Aufmerksamkeit gewidmet hat, richtig bemerkt hat, und da die wahren Verwandtschaften sämmtlicher organischer Wesen von ihrer Abstammung von einem gemeinsamen Urerzeuger abhängen, so bestätigt diese Bemerkung eindringlich die Annahme, dass das Gefieder der jugendlichen Formen uns annäherungsweise die frühere oder vorelterliche Beschaffenheit der Species zeigt.

Obgleich uns hiernach viele junge, zu verschiedenen Ordnungen gehörige Vögel einen Blick auf das Gefieder ihrer weit zurück liegenden frühen Urerzeuger werfen lassen, so gibt es doch auch viele andere Vögel, und zwar sowohl trübe als hell gefärbte, bei denen die Jungen ihren Eltern sehr ähnlich sind. Bei solchen Species können [173] die Jungen der verschiedenen Arten einander nicht ähnlicher sein, als es die Eltern sind; auch können sie keine auffallenden Aehnlichkeiten mit verwandten Formen in ihrem erwachsenen Zustande darbieten. Sie geben uns nur wenig Aufklärung über das Gefieder ihrer Urerzeuger, ausgenommen insoweit als es wahrscheinlich ist, dass, wenn die jungen und die alten Vögel durch eine ganze Gruppe von Species hindurch in einer und der nämlichen Art und Weise gefärbt sind, auch ihre Urerzeuger ähnlich gefärbt waren.

Wir wollen nun die Classen von Fällen oder die Regeln betrachten, unter welche die Verschiedenheiten und Aehnlichkeiten zwischen dem Gefieder der jungen und alten Vögel entweder beider Geschlechter oder eines Geschlechts allein gruppirt werden können. Gesetze dieser Art wurden zuerst von Cuvier ausgesprochen; mit dem Fortschreiten der Erkenntniss bedürfen sie indessen einiger Modification und Erweiterung. Dies habe ich, soweit es die ausserordentliche Complicirtheit des Gegenstandes gestattet, nach Belehrungen, die ich aus verschiedenen Quellen schöpfte, zu thun versucht; es ist aber eine erschöpfende Abhandlung über diesen Gegenstand von irgend einem competenten Ornithologen ein dringendes Bedürfniss. Um darüber zu einer Gewissheit zu gelangen, in welcher Ausdehnung jede dieser Regeln gilt, habe ich die in vier umfangreichen Werken mitgetheilten Thatsachen tabellarisch zusammengestellt, nämlich nach Macgillivray über die Vögel von Grossbritannien, nach Audubon über die nordamericanischen Vögel, nach Jerdon über die Vögel von Indien und nach Gould über die von Australien. Ich will hier noch vorausschicken erstens, dass die verschiedenen Fälle oder Regeln allmählich in einander übergehen, und zweitens, dass, wenn gesagt wird, die Jungen glichen ihren Eltern, damit nicht gemeint sein soll, sie wären ihnen identisch gleich; denn ihre Farben sind beinahe immer etwas weniger lebhaft, auch sind die Federn weicher und oft von einer verschiedenen Form.

Regeln oder Classen von Fällen.

I. Wenn das erwachsene Männchen schöner oder in die Augen fallender ist als das erwachsene Weibchen, so sind die Jungen beider Geschlechter in ihrem ersten Federkleide dem erwachsenen Weibchen sehr ähnlich, wie beim gemeinen Huhn und dem Pfau; oder, wie es gelegentlich vorkommt, sie sind diesem viel ähnlicher als dem erwachsenen Männchen.

[174] II. Wenn das erwachsene Weibchen in die Augen fallender ist als das erwachsene Männchen, was zuweilen wenn auch selten vorkommt, so sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Gefieder den erwachsenen Männchen ähnlich.

III. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so haben die Jungen beiderlei Geschlechts ein ihnen besonders zukommendes eigenthümliches Gefieder, wie z. B. beim Rothkehlchen.

IV. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Federkleide den Erwachsenen ähnlich, wie es z. B. beim Eisvogel, vielen Papageien, Krähen, Grasmücken der Fall ist.

V. Wenn die Erwachsenen beiderlei Geschlechts ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben, mag nun das Männchen vom Weibchen verschieden sein oder nicht, so sind die Jungen den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in deren Winterkleide, oder, jedoch viel seltener, in deren Sommerkleide, oder allein den Weibchen ähnlich; oder die Jungen können einen intermediären Character tragen; oder ferner sie können von den Erwachsenen in ihren beiden Jahreszeitsgefiedern bedeutend verschieden sein.

VI. In einigen wenigen Fällen weichen die Jungen in ihrem ersten Gefieder je nach ihrem Geschlechte von einander ab, wobei die jungen Männchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Männchen und die jungen Weibchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich sind.

1. Classe. In dieser Classe sind die Jungen beiderlei Geschlechts mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich, während das erwachsene Männchen häufig in der augenfälligsten Art und Weise vom erwachsenen Weibchen verschieden ist. Hier liessen sich unzählige Beispiele aus allen Ordnungen anführen; es wird genügen, den gemeinen Fasan, die Ente und den Haussperling in's Gedächtniss zu rufen. Die in dieser Classe inbegriffenen Fälle gehen allmählich in andere über. So können die beiden Geschlechter in ihrem erwachsenen Zustande so unbedeutend von einander und die Jungen so unbedeutend von den Erwachsenen verschieden sein, dass es zweifelhaft wird, ob solche Fälle zu der vorliegenden Classe oder zu der dritten oder vierten zu ziehen sind. So können ferner die Jungen beider Geschlechter, [175] anstatt einander vollständig gleich zu sein, in einem unbedeutenden Grade von einander abweichen, wie es in unserer sechsten Classe der Fall ist. Diese traditionellen Fälle sind indessen nur wenig der Zahl nach oder mindestens nicht scharf ausgesprochen im Vergleich mit denen, welche ganz streng unter die vorliegende Rubrik fallen.

Die Kraft des vorliegenden Gesetzes zeigt sich sehr wohl in denjenigen Gruppen, in welchen der allgemeinen Regel nach die beiden Geschlechter und die Jungen sämmtlich einander gleich sind; denn wenn das Männchen in diesen Gruppen wirklich vom Weibchen verschieden ist, wie bei gewissen Papageien, Eisvögeln, Tauben u. s. w., so sind die Jungen beider Geschlechter dem erwachsenen Weibchen ähnlich.[2] Wir sehen die nämliche Thatsache noch deutlicher in gewissen anomalen Fällen ausgesprochen; so weicht das Männchen von Heliothrix auriculata (einem Colibri) augenfällig vom Weibchen darin ab, dass es eine prachtvolle Kehle und schöne Ohrbüschel hat; das Weibchen ist aber dadurch merkwürdig, dass es einen viel längeren Schwanz hat als das Männchen. Nun sind die Jungen beider Geschlechter (ausgenommen, dass die Brust mit Bronze gefleckt ist) den erwachsenen Weibchen mit Einschluss der Länge des weiblichen Schwanzes ähnlich, so dass der Schwanz des Männchens factisch mit dem Erreichen des Reifezustandes kürzer wird, was ein äusserst ungewöhnlicher Umstand ist.[3] Ferner ist das Gefieder des männlichen Sägetauchers (Mergus merganser) auffallender gefärbt und die Schulterfedern und Schwingen zweiter Ordnung sind viel länger als beim Weibchen; aber verschieden von dem, was soviel ich weiss bei allen übrigen Vögeln vorkommt, ist der Federkamm des erwachsenen Männchens, [176] wenn er auch breiter ist als der des Weibchens, doch beträchtlich kürzer, nämlich nur wenig über einen Zoll lang, während der Federkamm des Weibchens zwei und einen halben Zoll lang ist. Nun sind die Jungen beider Geschlechter in allen Beziehungen den erwachsenen Weibchen ähnlich, so dass ihre Federkämme factisch von grösserer Länge, wenn auch etwas schmäler als beim erwachsenen Männchen sind.[4]

Wenn die Jungen und die Weibchen einander sehr ähnlich und beide vom Männchen verschieden sind, so liegt die Folgerung am nächsten, dass allein das Männchen modificirt worden ist. Selbst in den anomalen Fällen von Heliothrix und Mergus ist es wahrscheinlich, dass ursprünglich beide Geschlechter im erwachsenen Zustande die eine Species mit einem beträchtlich verlängerten Schwanze, und die andere mit einem sehr verlängerten Federkamme versehen waren, dass diese Charactere seitdem von den erwachsenen Männchen aus irgend einer unerklärten Ursache verloren und in ihrem verkleinerten Zustande allein ihren männlichen Nachkommen in dem entsprechenden Alter der Geschlechtsreife überliefert worden sind. Die Annahme, dass in der vorliegenden Classe, soweit die Verschiedenheiten zwischen den Männchen und den Weibchen zusammen mit deren Jungen in Betracht kommen, allein das Männchen modificirt worden ist, wird nachdrücklich durch einige merkwürdige, von Mr. Blyth[5] mitgetheilte Thatsachen in Bezug auf nahe verwandte Species, welche einander in verschiedenen Ländern repräsentiren, unterstützt. Denn bei mehreren dieser stellvertretenden Species haben die erwachsenen Männchen einen gewissen Betrag von Veränderung erlitten und können unterschieden werden; die Weibchen und die Jungen aus den verschiedenen Ländern sind dagegen nicht zu unterscheiden und sind daher absolut unverändert geblieben. Dies ist der Fall bei gewissen indischen Schmätzern (Thamnobia), mit gewissen Honigsaugern (Nectarinia), Würgern (Tephrodornis), gewissen Eisvögeln (Tanysiptera), Kalij-Fasanen (Gallophasis) und Baum-Rebhühnern (Arboricola).

[177] In einigen analogen Fällen, nämlich bei Vögeln, welche ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben, deren Geschlechter aber nahezu gleich sind, können gewisse einander nahe verwandte Arten in ihrem Sommer- oder Hochzeitsgefieder leicht unterschieden werden, sind aber in ihrem Winterkleide ebenso wie in ihrem jugendlichen Gefieder ununterscheidbar. Dies ist der Fall bei einigen der nahe unter einander verwandten indischen Bachstelzen oder Motacillae. Mr. Swinhoe theilt mir mit,[6] dass drei Species von Ardeola, einer Gattung der Reiher, welche einander auf verschiedenen Continenten vertreten, „in der auffallendsten Weise verschieden“ sind, wenn sie mit ihren Sommerschmuckfedern geziert sind, dass sie aber nur schwer, wenn überhaupt, während des Winters von einander unterschieden werden können. Es sind die Jungen dieser drei Species gleichfalls in ihrem Jugendgefieder den Erwachsenen in ihrem Winterkleide sehr ähnlich. Dieser Fall ist um so merkwürdiger, als in zwei andern Species von Ardeola beide Geschlechter während des Winters und des Sommers nahezu dasselbe Gefieder behalten, wie das ist, was die drei ersterwähnten Species während des Winters und in ihrem unreifen Alterszustande besitzen; und dieses Gefieder, welches mehreren verschiedenen Species auf verschiedenen Altersstufen und zu verschiedenen Jahreszeiten gemeinsam zukommt, zeigt uns wahrscheinlich, wie der Urerzeuger der Gattung gefärbt war. In allen diesen Fällen ist es das Hochzeitsgefieder, von welchem wir annehmen können, dass es ursprünglich von den erwachsenen Männchen während der Paarungszeit erlangt und auf die Erwachsenen beider Geschlechter in der entsprechenden Jahreszeit vererbt und modificirt worden ist, während das Winterkleid und das Gefieder der unreifen Jungen unverändert gelassen wurde.

Es entsteht nun natürlich die Frage: woher kommt es, dass in diesen letzteren Fällen das Wintergefieder beider Geschlechter und in den zuerst erwähnten Fällen das Gefieder der erwachsenen Weibchen ebenso wie das unreife Gefieder der Jungen durchaus gar nicht beeinflusst worden ist? Diejenigen Species, welche einander in verschiedenen Ländern vertreten, werden beinahe immer irgendwie etwas verschiedenen Bedingungen ausgesetzt worden sein; wir können aber die Modification des Gefieders allein der Männchen kaum dieser Wirkung zuschreiben, wenn wir sehen, dass die Weibchen und die Jungen, [178] trotzdem sie in ähnlicher Weise denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, nicht afficirt wurden. Kaum irgend eine Thatsache in der Natur zeigt uns deutlicher, wie untergeordnet in ihrer Bedeutung die directe Wirkung der Lebensbedingungen ist im Vergleich mit der durch Zuchtwahl bewirkten Anhäufung unbestimmter Abänderungen, als die überraschende Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern vieler Vögel; denn beide Geschlechter müssen dieselbe Nahrung consumirt haben und demselben Clima ausgesetzt gewesen sein. Nichtsdestoweniger hindert uns nichts anzunehmen, dass im Laufe der Zeit neue Lebensbedingungen irgend eine directe Wirkung entweder auf beide Geschlechter oder, in Folge der constitutionellen Verschiedenheiten, nur auf ein Geschlecht allein hervorbringen können. Wir sehen nur, dass dies seiner Bedeutung nach den angehäuften Resultaten der Zuchtwahl untergeordnet ist. Wenn indessen eine Species in ein neues Land einwandert — und dies muss ja der Bildung stellvertretender Arten vorausgehen, — so werden die veränderten Bedingungen, welchen dieselbe beinahe immer ausgesetzt sein wird, Veranlassung sein, dass sie auch, einer weitverbreiteten Analogie nach zu urtheilen, einem gewissen Betrage fluctuirender Variabilität unterliegen wird. In diesem Falle wird die geschlechtliche Zuchtwahl, welche von einem im höchsten Grade der Veränderung ausgesetzten Elemente abhängt, nämlich von dem Geschmacke oder der Bewunderung des Weibchens, neue Farbenschattirungen oder andere Verschiedenheiten gefunden haben, auf welche sie wirken und welche sie anhäufen konnte; und da geschlechtliche Zuchtwahl beständig in Wirksamkeit ist, so würde es, — nach dem, was wir von den Resultaten der unbeabsichtigten Zuchtwahl seitens des Menschen in Bezug auf domesticirte Thiere wissen, — eine überraschende Thatsache sein, wenn Thiere, welche getrennte Bezirke bewohnen, welche sich niemals kreuzen und hierdurch ihre neuerlich erlangten Charactere verschmelzen können, nicht nach einem genügenden Zeitraume verschiedenartig modificirt würden. Diese Bemerkungen beziehen sich in gleicher Weise Weise auf das Hochzeitskleid oder Sommergefieder, mag dasselbe nun auf das Männchen beschränkt oder beiden Geschlechtern eigen sein.

Obgleich die Weibchen der obengenannten nahe mit einander verwandten Arten ebenso wie ihre Jungen kaum irgendwie von einander verschieden sind, so dass die Männchen allein unterschieden werden können, so weichen doch in den meisten Fällen die Weibchen der [179] Species innerhalb eines und des nämlichen Genus nachweisbar von einander ab. Indessen sind die Verschiedenheiten selten so bedeutend wie die zwischen den Männchen. Wir sehen dies deutlich in der ganzen Familie der Gallinaceen; so sind beispielsweise die Weibchen des gemeinen und des japanesischen Fasanen und besonders des Gold- und des Amherst-Fasanen — vom Silberfasan und dem wilden Huhn — einander in der Farbe sehr ähnlich, während die Männchen in einem ausserordentlichen Grade von einander verschieden sind. Dasselbe ist auch bei den Weibchen der meisten Cotingiden, Fringilliden und vieler anderer Familien der Fall. Es lässt sich in der That nicht daran zweifeln, dass, als allgemeine Regel, die Weibchen in einer geringeren Ausdehnung modificirt worden sind als die Männchen. Einige wenige Vögel indessen bieten eine eigenthümliche und unerklärliche Ausnahme dar; so weichen die Weibchen von Paradisea apoda und P. papuana mehr von einander ab, als es ihre respectiven Männchen thun;[7] das Weibchen der letztern Species ist an der untern Körperfläche rein weiss, während das Weibchen der P. apoda unten tief braun ist. Ferner weichen, wie ich von Professor Newton höre, die Männchen zweier Species von Oxynotus (Würger), welche einander auf den Inseln Mauritius und Bourbon ersetzen,[8] nur wenig in der Farbe von einander ab, während die Weibchen sehr verschieden sind. Bei der Species von Bourbon scheint es, als ob das Weibchen zum Theil einen Jugendzustand des Gefieders beibehalten hätte, denn auf den ersten Blick „möchte man dasselbe für das Junge der Species von Mauritius halten“. Diese Verschiedenheiten lassen sich mit denen vergleichen, welche unabhängig von der Zuchtwahl durch den Menschen und für uns unerklärbar bei gewissen Unterrassen des Kampfhuhns vorkommen, bei welchen die Weibchen sehr verschieden sind, während die Männchen kaum unterschieden werden können.[9]

Da ich nun die Verschiedenheiten zwischen den Männchen verwandter Arten in so grosser Ausdehnung durch geschlechtliche Zuchtwahl erkläre, wie lassen sich dann die Verschiedenheiten zwischen den Weibchen in allen gewöhnlichen Fällen erklären? Wir haben hier [180] nicht nöthig, die zu verschiedenen Gattungen gehörigen Arten zu betrachten; denn bei diesen werden Anpassung an verschiedene Lebensweisen und andere Kräfte mit in's Spiel gekommen sein. In Bezug auf die Verschiedenheiten zwischen den Weibchen innerhalb einer und der nämlichen Gattung scheint es mir nach Durchsicht mehrerer grosser Gruppen beinahe gewiss zu sein, dass die hauptsächlich wirksame Kraft die in einem grösseren oder geringeren Grade eingetretene Uebertragung auf das Weibchen von Characteren gewesen ist, welche von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden waren. Bei den verschiedenen britischen Finkenarten weichen die Geschlechter entweder sehr unbedeutend oder beträchtlich von einander ab; und wenn wir die Weibchen des Grünfinken, Buchfinken, Stieglitz, Gimpel, Kreuzschnabel, Sperling u. s. w. vergleichen, so sehen wir, dass sie hauptsächlich in den Punkten von einander verschieden sind, in welchen sie zum Theile ihren respectiven Männchen gleichen; und die Farben der Männchen können wir getrost der geschlechtlichen Zuchtwahl zuschreiben. Bei vielen hühnerartigen Vögeln weichen die beiden Geschlechter in einem ganz ausserordentlichen Grade von einander ab, so beim Pfau, beim Fasan, beim Huhn, während bei andern Species eine theilweise oder selbst vollständige Uebertragung von Characteren vom Männchen auf das Weibchen stattgefunden hat. Die Weibchen der verschiedenen Species von Polyplectron bieten in einem undeutlichen Zustande, und zwar hauptsächlich auf dem Schwanze, die prachtvollen Augenflecken ihrer Männchen dar. Das weibliche Rebhuhn weicht vom Männchen nur darin ab, dass der rothe Fleck auf seiner Brust kleiner ist, und die wilde Truthenne nur darin, dass ihre Farben viel trüber sind. Bei dem Perlhuhn sind die beiden Geschlechter nicht von einander zu unterscheiden. Es liegt in der Annahme nichts Unwahrscheinliches, dass das einfarbige, wenn auch eigenthümlich gefleckte Gefieder dieses letztern Vogels zunächst durch geschlechtliche Zuchtwahl von den Männchen erlangt und dann auf beide Geschlechter überliefert worden ist; denn es ist nicht wesentlich von dem viel schöner gefleckten Gefieder verschieden, welches allein für das Männchen des Tragopan-Fasanen characteristisch ist.

Es ist zu beachten, dass in manchen Fällen diese Uebertragung der Charactere von dem Männchen auf das Weibchen allem Anscheine nach in einer weit zurückliegenden Zeit bewirkt worden ist, wonach [181] später das Männchen bedeutenden Abänderungen unterlegen ist, ohne irgend welche seiner später erlangten Charactere auf das Weibchen zu übertragen. So sind z. B. das Weibchen und die Jungen des Birkhuhns (Tetrao tetrix) den beiden Geschlechtern und den Jungen des Moorhuhns, T. scoticus, ziemlich ähnlich; und wir können in Folge hiervon schliessen, dass das Birkhuhn von irgend einer alten Species abstammt, bei welcher beide Geschlechter in nahezu derselben Weise gefärbt waren, wie das Moorhuhn. Da beide Geschlechter dieser letzteren Species während der Paarungszeit deutlicher gestreift sind, als zu irgend einer andern Zeit, und da das Männchen unbedeutend in seinen schärfer ausgesprochenen rothen und braunen Tönen abweicht,[10] so können wir folgern, dass sein Gefieder wenigstens in einer gewissen Ausdehnung von geschlechtlicher Zuchtwahl beeinflusst worden ist. Ist dies der Fall gewesen, so können wir weiter schliessen, dass das nahezu ähnliche Gefieder des weiblichen Birkhuhns in einer früheren Periode auf ähnliche Weise entstanden ist. Seit dieser Zeit aber hat das männliche Birkhuhn sein schönes schwarzes Gefieder und seine gegabelten und nach aussen gekräuselten Schwanzfedern erhalten; es ist aber kaum irgend eine Uebertragung dieser Charactere auf das Weibchen eingetreten, ausgenommen dass dasselbe an seinem Schwanze eine Spur der gekrümmten Gabelung zeigt.

Wir können daher schliessen, dass das Gefieder der Weibchen verschiedener, wenn auch verwandter Arten oft dadurch mehr oder weniger verschieden geworden ist, dass Charactere, welche sowohl in früheren als in neueren Zeiten von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt wurden, in verschiedenen Graden auf sie übertragen worden sind. Es verdient indessen besondere Aufmerksamkeit, dass brillante Färbungen viel seltener übertragen worden sind, als andere Farbentöne. So hat z. B. das Männchen des Blaukehlchens (Cyanecula suecica) eine reichblaue Oberbrust, mit einem schwach dreieckigen rothen Flecke; nun sind Zeichnungen von annähernd derselben Form auf das Weibchen übertragen worden, der mittlere Fleck ist aber röthlichbraun statt roth und wird von gefleckten anstatt von blauen Federn umgeben. Die hühnerartigen Vögel bieten viele analoge Fälle dar; denn keine von denjenigen Arten, so die Rebhühner, Wachteln, Perlhühner u. s. w., bei welchen die Farben des Gefieders in hohem Grade vom Männchen auf das Weibchen übertragen worden [182] sind, ist brillant gefärbt. Dies erläutern die Fasanen sehr gut, bei welchen das Männchen allgemein um so vieles brillanter ist als das Weibchen; aber bei dem Ohrenfasan und dem Wallich'schen (Crossoptilon auritum und Phasianus Wallichii) sind die Geschlechter einander sehr ähnlich und ihre Färbungen sind trüb. Wir können selbst soweit gehen, anzunehmen, dass, wenn irgend ein Theil des Gefieders dieser beiden Fasanen brillant gefärbt gewesen wäre, dies nicht auf die Weibchen übertragen worden wäre. Diese Thatsachen unterstützen nachdrücklich die Ansicht von Mr. Wallace, dass bei Vögeln, welche während der Zeit des Nistens vieler Gefahr ausgesetzt sind, die Uebertragung heller Farben vom Männchen auf das Weibchen durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden ist. Wir dürfen indessen nicht vergessen, dass eine andere früher mitgetheilte Erklärung möglich ist: dass nämlich diejenigen Männchen, welche variirten und hell gefärbt wurden, so lang sie jung und unerfahren waren, grosser Gefahr ausgesetzt gewesen und wohl meist zerstört worden sind; wenn auf der andern Seite die älteren und vorsichtigeren Männchen in gleicher Weise variirten, so werden diese nicht bloss im Stande gewesen sein, leben zu bleiben, sondern werden auch bei ihrer Concurrenz mit andern Männchen begünstigt gewesen sein. Variationen nun, welche spät im Leben auftreten, neigen dazu, ausschliesslich auf dasselbe Geschlecht übertragen zu werden, so dass in diesem Falle äusserst glänzende Färbungen nicht auf die Weibchen übertragen worden sein würden. Auf der andern Seite wären Zierathen einer weniger augenfälligen Art, solche wie sie der Ohren- und Wallichs-Fasan besitzen, nicht gefährlich gewesen, und wenn sie in früher Jugend erschienen, würden sie allgemein auf beide Geschlechter überliefert worden sein.

Ausser den Wirkungen einer theilweisen Uebertragung der Charactere von den Männchen auf die Weibchen, können einige der Verschiedenheiten zwischen den Weibchen nahe verwandter Species auch der directen oder bestimmten Wirkung der Lebensbedingungen zugeschrieben werden.[11] Bei den Männchen wird eine jede derartige Wirkung durch die brillanten, in Folge von geschlechtlicher Zuchtwahl erlangten Farben maskirt worden sein; aber nicht so bei den Weibchen. Jede der endlosen Verschiedenheiten im Gefieder, welche wir bei unsern domesticirten Vögeln sehen, ist natürlich das Resultat [183] irgend einer bestimmten Ursache; und unter natürlichen und gleichförmigeren Bedingungen wird irgend eine gewisse Färbung, vorausgesetzt, dass sie in keiner Weise nachtheilig ist, beinahe sicher früher oder später vorherrschen. Die reichliche Kreuzung der vielen zu einer und derselben Species gehörenden Individuen wird am Ende dahin streben, jede hierdurch veranlasste Veränderung in der Farbe dem Character nach gleichförmig zu machen.

Es zweifelt Niemand daran, dass bei vielen Vögeln die Färbung beider Geschlechter zum Zwecke des Schutzes den Umgebungen angepasst ist; und es ist möglich, dass bei einigen Arten allein die Weibchen in dieser Weise modificirt worden sind. Obschon es ein schwieriger und, wie im letzten Capitel gezeigt wurde, vielleicht unmöglicher Process sein würde, die eine Form der Ueberlieferung durch Zuchtwahl in die andere zu verwandeln, so dürfte doch nicht die geringste Schwierigkeit vorhanden sein, die Farben der Weibchen unabhängig von denen des Männchens dadurch umgebenden Gegenständen anzupassen, dass Abänderungen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferung auf das weibliche Geschlecht beschränkt waren, gehäuft wurden. Wären die Abänderungen nicht in dieser Art beschränkt, so würden die hellen Farben des Männchens verkümmert oder zerstört werden. Ob allein die Weibchen vieler Species in dieser Weise speciell modificirt worden sind, ist gegenwärtig noch sehr zweifelhaft. Ich wünschte, Mr. Wallace der ganzen Ausdehnung nach folgen zu können; denn seine Annahme würde einige Schwierigkeiten beseitigen. Eine jede Abänderung, welche für das Weibchen von keinem Nutzen wäre als Schutzmittel, würde sofort wieder fehlschlagen, statt einfach dadurch verloren zu gehen, dass sie bei der Zuchtwahl nicht berücksichtigt würde, oder dass sie in Folge der reichlichen Kreuzung verloren gienge, oder dass sie eliminirt werden würde, wenn sie auf das Männchen übertragen und diesem in irgend welcher Art schädlich wäre. So würde das Gefieder des Weibchens in seinem Character constant erhalten werden. Es wäre gleichfalls eine Erleichterung, wenn wir annehmen könnten, dass die dunkleren Färbungen beider Geschlechter bei vielen Vögeln zum Zwecke des Schutzes erlangt und bewahrt worden wären, — so z. B. bei dem Graukehlchen und dem Zaunkönig (Accentor modularis und Troglodytes vulgaris), — in Bezug auf welche Erscheinung wir für die Wirksamkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl nicht hinreichende Beweise haben. Wir sollten indessen [184] in Bezug auf die Folgerung, dass Färbungen, welche uns trübe erscheinen, auch den Weibchen gewisser Species nicht anziehend sind, vorsichtig sein; wir sollten derartige Fälle im Sinne behalten, wie den gemeinen Haussperling, bei welchem das Männchen bedeutend vom Weibchen abweicht, aber keine hellen Farbentöne darbietet. Wahrscheinlich wird Niemand bestreiten wollen, dass viele hühnerartige Vögel, welche auf offenem Grunde leben, ihre jetzigen Färbungen wenigstens zum Theile als Schutzmittel erlangt haben. Wir wissen, wie gut sie durch dieselben sich verbergen können; wir wissen, dass Schneehühner, während sie ihr Wintergefieder in das Sommerkleid umwandeln, die ja beide für sie protectiv sind, bedeutend durch Raubvögel leiden. Können wir aber wohl annehmen, dass die sehr unbedeutenden Verschiedenheiten in den Farbennuancen und Zeichnungen z. B. zwischen dem weiblichen Birkhuhn und Moorhuhn als Schutzmittel dienen? Sind Rebhühner, so wie sie jetzt gefärbt sind, besser geschützt, als wenn sie Wachteln ähnlich geworden wären? Dienen die unbedeutenden Verschiedenheiten zwischen den Weibchen des gemeinen Fasanen, des Japanesischen und Gold-Fasanen zum Schutze oder hätte ihr Gefieder nicht ohne weitern Nachtheil vertauscht werden können? Nach dem, was Mr. Wallace von der Lebensweise gewisser hühnerartigen Vögel des östlichen Asiens beobachtet hat, glaubt er, dass solche geringe Verschiedenheiten wohlthätig sind. Was mich betrifft, so will ich nur sagen, dass ich nicht überzeugt bin.

Als ich früher noch geneigt war, ein grosses Gewicht auf das Princip des Schutzes zu legen, als Erklärungsmittel der weniger hellen Farben weiblicher Vögel, kam mir der Gedanke, dass möglicherweise ursprünglich beide Geschlechter und die Jungen in gleichem Grade hell gefärbt gewesen sein könnten, dass aber später die Weibchen wegen der während der Brütezeit erwachsenen Gefahr und die Jungen wegen ihrer Unerfahrenheit behufs eines Schutzes dunkler geworden seien. Diese Ansicht wird aber durch keine Beweise unterstützt und ist nicht wahrscheinlich; denn wir setzen damit in unserer Vorstellung die Weibchen und die Jungen während vergangener Zeiten Gefahren aus, vor denen die modificirten Nachkommen derselben zu schützen sich später als nothwendig herausgestellt hätte. Wir hätten auch durch einen allmählichen Process der Zuchtwahl die Weibchen und die Jungen auf beinahe genau dieselben Färbungen und Zeichnungen zurückzuführen und diese auf das entsprechende Geschlecht und Lebensalter [185] zu überliefern. Es ist auch eine etwas befremdende Thatsache, — unter der Annahme, dass die Weibchen und die Jungen während einer jeden Stufe des Modificationsprocesses eine Neigung gezeigt hätten, so hell gefärbt zu werden wie die Männchen, — dass die Weibchen niemals dunkel gefärbt worden sind, ohne dass gleichzeitig auch die Jungen an dieser Veränderung Theil genommen haben: denn soviel ich ermitteln kann, liegen keine Fälle vor von Species, bei denen die Weibchen trübe gefärbt, die Jungen dagegen hell gefärbt sind. Eine theilweise Ausnahme hiervon bieten indessen die Jungen gewisser Spechte dar, denn sie haben „den ganzen obern Theil des Kopfes mit Roth gefärbt“, welches sich später entweder bei den Erwachsenen beider Geschlechter zu einer einfachen kreisförmigen rothen Linie vermindert oder bei den erwachsenen Weibchen vollständig verschwindet.[12]

Was endlich die vorliegende Classe von Fällen betrifft, so scheint die wahrscheinlichste Ansicht die zu sein, dass aufeinanderfolgende Abänderungen in dem Glanze oder in andern ornamentalen Characteren, welche bei den Männchen zu einer im Ganzen spätem Lebensperiode auftraten, allein erhalten worden sind, und dass die meisten oder sämmtliche dieser Abänderungen in Folge der späten Lebensperiode, in welcher sie erschienen, von Anfang an nur auf die erwachsenen männlichen Nachkommen überliefert worden sind. Eine jede Abänderung in der Helligkeit, welche bei den Weibchen oder bei den Jungen auftrat, würde für diese von keinem Nutzen gewesen und nicht bei der Nachzucht besonders gewählt worden sein, sie würde überdies, wäre sie gefährlich gewesen, beseitigt worden sein. In dieser Weise werden daher die Weibchen und die Jungen entweder nicht modificirt werden, oder, und dies ist um vieles häufiger vorgekommen, sie werden zum Theil durch Uebertragung einiger der bei den Männchen nach einander erscheinenden Abänderungen modificirt worden sein. Auf beide Geschlechter haben vielleicht die Lebensbedingungen, welchen sie lange ausgesetzt gewesen waren, direct eingewirkt; da aber die Weibchen nicht auch noch anderweitig modificirt worden sind, werden diese alle Folgen derartiger Einwirkungen am besten darbieten. Diese Veränderungen werden wie alle andern durch die reichliche Kreuzung vieler Individuen gleichförmig erhalten worden sein. In einigen Fällen, [186] besonders bei Bodenvögeln, können auch die Weibchen und die Jungen unabhängig von den Männchen möglicherweise zum Zwecke des Schutzes modificirt worden sein, so dass sie beide das nämliche trübe Gefieder erlangt haben.

2. Classe. Wenn das erwachsene Weibchen in die Augen fallender ist als das erwachsene Männchen, so sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Gefieder dem erwachsenen Männchen ähnlich. Diese Classe enthält gerade die umgekehrten Fälle von denen der vorigen, denn hier sind die Weibchen heller gefärbt oder mehr in die Augen fallend als die Männchen, und die Jungen sind, so weit man sie kennt, den erwachsenen Männchen ähnlich, statt den erwachsenen Weibchen zu gleichen. Die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern ist indess niemals annähernd so gross, wie es bei vielen Vögeln in der ersten Classe vorkommt, und die Fälle sind auch vergleichsweise selten. Mr. Wallace, welcher zuerst die Aufmerksamkeit auf die eigenthümliche Beziehung lenkte, welche zwischen den weniger hellen Farben der Männchen und der von ihnen ausgeübten Pflichten des Brütens besteht, legt auf diesen Punkt ein grosses Gewicht,[13] als einen entscheidenden Beweis dafür, dass dunklere Farben zum Zwecke des Schutzes während der Nidificationsperiode erlangt worden sind. Eine davon verschiedene Ansicht scheint mir wahrscheinlicher zu sein. Da die Fälle merkwürdig und nicht zahlreich sind, so will ich alle hier anführen, welche ich zu finden im Stande war.

In einer Abtheilung der Gattung Turnix (wachtelartige Vögel) ist das Weibchen ausnahmslos grösser als das Männchen (in einer der australischen Arten ist es nahezu zweimal so gross) und dies ist bei den hühnerartigen Vögeln ein ungewöhnlicher Umstand. Bei den meisten Species ist das Weibchen entschiedener gefärbt und heller als das Männchen,[14] in einigen wenigen Arten sind indessen die Geschlechter einander gleich. Bei Turnix taigoor aus Indien „fehlt dem„Männchen das Schwarz an der Kehle und dem Halse, und der ganze [187] Färbungston des Gefieders ist heller und weniger ausgesprochen als der des Weibchens“. Das Weibchen erscheint lauter und ist sicher viel kampfsüchtiger als das Männchen; so dass die Weibchen, und nicht die Männchen, häufig von den Eingebornen zum Kämpfen gehalten werden wie Kampfhähne. Wie von englischen Vogelfängern männliche Vögel in der Nähe einer Falle als Lockvögel aufgestellt werden, um andere Männchen durch Erregung ihrer Eifersucht zu fangen, so werden in Indien die Weibchen dieser Turnix hierzu verwandt. Sind die Weibchen in dieser Weise aufgestellt, so beginnen sie sehr bald „ihren lauten schnurrenden Lockruf ertönen zu lassen, welcher eine bedeutende Entfernung weit gehört werden kann, und alle Weibchen im Bereich der Hörbarkeit dieses Rufes laufen eiligst nach der Stelle hin und beginnen mit dem gefangenen Vogel zu kämpfen“. Auf diese Weise können von zwölf bis zwanzig Vögel, sämmtlich brütende Weibchen, im Laufe eines einzigen Tages gefangen werden. Die Eingebornen behaupten, dass die Weibchen, nachdem sie die Eier gelegt haben, sich in Heerden versammeln und es den Männchen überlassen, die Eier auszubrüten. Es ist kein Grund vorhanden, diese Behauptungen zu bezweifeln, welche durch einige von Mr. Swinhoe in China gemachte Beobachtungen unterstützt werden.[15] Mr. Blyth glaubt, dass die Jungen beider Geschlechter den erwachsenen Männchen ähnlich sind.

Die Weibchen der drei Arten von Goldschnepfen (Rhynchaea, Fig. 62) „sind nicht grösser, aber viel reicher gefärbt als die Männchen“.[16] Bei allen übrigen Vögeln, bei welchen die Luftröhre ihrer Structur nach in den beiden Geschlechtern verschieden ist, ist sie bei den Männchen entwickelter und complicirter als bei den Weibchen; aber bei der Rhynchaea australis ist sie beim Männchen einfach, während sie beim Weibchen vier besondere Windungen beschreibt, ehe sie in die Lungen eintritt.[17] Es hat daher das Weibchen dieser Species einen eminent männlichen Character erhalten. Mr. Blyth hat durch Untersuchung vieler Exemplare ermittelt, dass bei Rh. bengalensis, welche Species der Rh. australis so ähnlich ist, dass sie, ausgenommen durch ihre kürzeren Zehen, kaum von ihr unterschieden werden kann, die Luftröhre [188] in keinem der “beiden Geschlechter gewunden ist. Diese Thatsache bietet ein weiteres auffallendes Beispiel für das Gesetz dar, dass secundäre Sexualcharactere oft bei nahe verwandten Formen weit von einander verschieden sind, obschon es ein sehr seltener Umstand ist,

Fig. 62. Rhynchaea capensis (aus Brehm, Thierleben).

wenn sich derartige Verschiedenheiten auf das weibliche Geschlecht beziehen. Es wird angegeben, dass die Jungen beider Geschlechter von Rh. bengalensis in ihrem ersten Gefieder den erwachsenen Männchen ähnlich sind.[18] Es ist auch Grund zur Annahme vorhanden, [189] dass das Männchen die Pflicht des Ausbrütens auf sich nimmt; denn Mr. Swinhoe[19] fand die Weibchen vor Ende des Sommers zu Heerden versammelt, wie es mit den Weibchen von Turnix vorkommt.

Die Weibchen von Phalaropus fulicarius und Ph. hyperboreus sind grösser und in ihrem Sommergefieder „lebhafter in ihrer Erscheinung als die Männchen“. Doch ist die Verschiedenheit in der Farbe zwischen den Geschlechtern durchaus nicht augenfällig. Nur das Männchen von Ph. fulicarius übernimmt nach Professor Steenstrup die Verpflichtung des Brütens, wie es sich auch durch den Zustand seiner Brustfedern während der Brütezeit ergibt. Das Weibchen des Morinell-Regenpfeifers (Eudromias morinellus) ist grösser als das Männchen, und die rothen und schwarzen Farbentöne auf der untern Fläche, der weisse halbmondförmige Fleck auf der Brust und die Streifen oberhalb der Augen sind bei ihm stärker ausgesprochen. Auch nimmt das Männchen wenigstens am Ausbrüten der Eier Theil; aber auch das Weibchen sorgt für die Jungen.[20] Ich bin nicht im Stande gewesen zu ermitteln, ob bei diesen Arten die Jungen den erwachsenen Männchen in bedeutenderem Grade ähnlich sind als den erwachsenen Weibchen; denn die Vergleichung ist wegen der doppelten Mauserung etwas schwierig anzustellen.

Wenden wir uns nun zu der Ordnung der Strausse: Jedermann würde das Männchen des gemeinen Casuars (Casuarius galeatus) für das Weibchen zu halten geneigt sein, da es kleiner ist und die Anhänge und die nackten Hautstellen am Kopfe viel weniger hell gefärbt sind; auch hat mir Mr. Bartlett mitgetheilt, dass es im zoologischen Garten sicher allein das Männchen ist, welches auf den Eiern sitzt und die Sorge um die Jungen übernimmt.[21] Mr. T. W. Wood gibt [190] an,[22] dass das Weibchen während der Paarungszeit von ausserordentlich kampfsüchtiger Disposition ist; seine Fleischlappen werden dann vergrössert und brillanter gefärbt. Ferner ist das Weibchen von einem der Emus (Dromaeus irroratus) beträchtlich grösser als das Männchen und besitzt einen unbedeutenden Federbusch, ist aber in anderer Weise im Gefieder nicht zu unterscheiden. Allem Anscheine nach besitzt es indessen, „wenn es geärgert oder sonstwie gereizt wird, stärker das Vermögen, wie ein Truthahn die Federn an seinem Halse und seiner Brust aufzurichten. Es ist gewöhnlich muthiger und zanksüchtiger. Es stösst einen tiefen, hohlen, gutturalen Ton aus, besonders zur Nachtzeit, welcher wie ein kleiner Gong klingt. Das Männchen hat einen schlankeren Bau und ist gelehriger, hat auch keine Stimme ausser einem unterdrückten Zischen oder Knurren, wenn es ärgerlich ist“. Es übt nicht nur die gesammten Pflichten der Brütung aus, sondern hat auch die Jungen gegen ihre Mutter zu vertheidigen; „denn sobald diese ihre Nachkommenschaft erblickt, wird sie heftig erregt und scheint trotz des Widerstandes des Vaters ihre äusserste Kraft anzustrengen, sie zu zerstören. Monate lang nachher ist es nicht gerathen, die Eltern zusammenzubringen, heftige Kämpfe sind das unvermeidliche Resultat, aus denen meist das Weibchen als Sieger hervorgeht“.[23] Wir haben daher bei diesem Emu eine vollständige Umkehrung nicht bloss der elterlichen und Brüte-Instincte, sondern auch der gewöhnlichen moralischen Eigenschaften der beiden Geschlechter; die Weibchen sind wild, zanksüchtig und lärmend, die Männchen sanft und gut. Beim africanischen Strauss verhält sich der Fall sehr verschieden, denn hier ist das Männchen etwas grösser als das Weibchen und hat schönere Schmuckfedern mit schärfer contrastirenden Farben; nichtsdestoweniger übernimmt dasselbe vollständig die Pflicht des Brütens.[24]

[191] Ich will noch die andern wenigen mir bekannten Fälle anführen, wo das Weibchen augenfälliger gefärbt ist als das Männchen, obschon über ihre Art des Brütens nichts bekannt ist. Bei dem Geierbussard der Falkland-Inseln (Milvago leucurus) war ich sehr überrascht, bei der Zergliederung zu finden, dass die Individuen, welche stärker ausgesprochene Färbungen zeigten und deren Wachshaut und Beine orange gefärbt waren, die erwachsenen Weibchen waren, während diejenigen mit trüberem Gefieder und grauen Beinen die Männchen oder die Jungen waren. Bei einem australischen Baumläufer (Climacteris erythrops) weicht das Weibchen darin vom Männchen ab, dass es „mit schönen strahlenförmigen röthlichen Zeichnungen an der Kehle geschmückt ist, während beim Männchen diese Theile völlig gleichfarbig sind“. Endlich übertrifft bei einem australischen Ziegenmelker „das Weibchen immer das Männchen an Grösse und an dem Glanze der Färbung; andererseits haben die Männchen zwei weisse Flecke auf den Schwingen erster Ordnung augenfälliger entwickelt als die Weibchen“.[25]

Wir sehen hieraus, dass die Fälle, in denen die weiblichen Vögel auffallender gefärbt sind als die Männchen und wo die Jungen in ihrem unreifen Gefieder den erwachsenen Männchen, anstatt wie in der vorhergehenden Classe den erwachsenen Weibchen, gleichen, nicht zahlreich sind, obschon sie sich auf verschiedene Ordnungen vertheilen. Auch ist der Betrag an Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern unvergleichlich geringer, als wie er häufig in der letzten Classe auftritt, [192] so dass die Ursache der Verschiedenheit, was dieselbe auch gewesen sein mag, in der gegenwärtigen Classe weniger energisch oder weniger ausdauernd auf die Weibchen eingewirkt hat, als in der letzten Classe auf die Männchen. Mr. Wallace glaubt, dass die Färbungen der Männchen zum Zwecke des Schutzes während der Bebrütungszeit weniger augenfällig geworden sind; die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern scheint aber bei kaum einem der vorstehend erwähnten Fälle hinreichend gross zu sein, um diese Ansicht mit Sicherheit annehmen zu können. In einigen dieser Fälle sind die helleren Farbentöne des Weibchens beinahe ganz auf die untere Körperfläche beschränkt, und wenn die Männchen in dieser Weise gefärbt wären, so würden sie während des Sitzens auf den Eiern keiner Gefahr ausgesetzt gewesen sein. Man muss auch im Auge behalten, dass die Männchen nicht bloss in einem unbedeutenden Grade weniger auffallend gefärbt sind als die Weibchen, sondern auch von geringerer Grösse sind und weniger Kraft haben. Sie haben überdies nicht bloss den mütterlichen Instinct des Brütens erlangt, sondern sind auch weniger kampflustig und laut als die Weibchen und haben in einem Falle auch einfachere Stimmorgane. Es ist also eine beinahe vollständige Vertauschung der Instincte, Gewohnheiten Disposition, Farbe, Grösse und einiger Structureigenthümlichkeiten zwischen den beiden Geschlechtern eingetreten.

Wenn wir nun annehmen können, dass die Männchen in der vorliegenden Classe etwas von jener Begierde verloren haben, welche ihrem Geschlechte sonst eigen ist, so dass sie nun nicht länger mehr die Weibchen eifrig aufsuchen; oder wenn wir annehmen können, dass die Weibchen viel zahlreicher geworden sind als die Männchen — und in Bezug auf eine indische Art von Turnix wird angegeben, dass man „die Weibchen viel gewöhnlicher trifft als die Männchen“[26] —, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Weibchen dazu gebracht wurden, den Männchen den Hof zu machen, anstatt von diesen umworben zu werden. Dies ist in der That in einem gewissen Maasse bei einigen Vögeln der Fall, wie wir es bei der Pfauhenne, dem wilden Truthuhn und gewissen Arten von Waldhühnern gesehen haben. Nehmen wir die Gewohnheiten der meisten männlichen Vögel als Maasstab der Beurtheilung, so muss die bedeutendere Grösse und Kraft und die [193] ausserordentliche Kampfsucht der Weibchen der Turnix und der Emus die Bedeutung haben, dass sie versuchen, rivalisirende Weibchen fortzutreiben, um in den Besitz des Männchens zu gelangen; und nach dieser Ansicht werden alle Thatsachen verständlich; denn die Männchen werden wahrscheinlich von denjenigen Weibchen bezaubert oder gereizt werden, welche für sie durch ihre helleren Farben, andere Zierathen oder Stimmkräfte die anziehendsten waren. Dann würde nun bald auch geschlechtliche Zuchtwahl ihr Werk verrichten und stetig die Anziehungsreize der Weibchen vermehren, während die Männchen und die Jungen durchaus gar nicht oder nur wenig modificirt werden.

3. Classe. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so haben die Jungen beiderlei Geschlechts ein ihnen besonders zukommendes eigenthümliches Gefieder. — In dieser Classe gleichen beide Geschlechter einander, wenn sie erwachsen sind, und sind von den Jungen verschieden. Dies kommt bei vielen Vögeln vieler Arten vor. Das männliche Rothkehlchen kann kaum vom Weibchen unterschieden werden, die Jungen aber sind mit ihrem trüb-olivenfarbenen und braunen Gefieder weit von ihnen verschieden. Das Männchen und Weibchen des prachtvollen scharlachrothen Ibis sind gleich, während die Jungen braun gefärbt sind; und obgleich die Scharlachfarbe beiden Geschlechtern gemeinsam zukommt, so ist sie doch allem Anscheine nach ein sexueller Character; denn bei Vögeln in der Gefangenschaft entwickelt sie sich nicht gut, in derselben Weise wie die brillante Färbung bei männlichen Vögeln häufig nicht eintritt, wenn sie gefangen gehalten werden. Bei vielen Arten von Reihern sind die Jungen bedeutend von den Erwachsenen verschieden, und obschon ihr Sommergefieder beiden Geschlechtern gemeinsam ist, so hat es doch entschieden einen hochzeitlichen Character. Junge Schwäne sind schiefergrau, während die reifen Vögel rein weiss sind; es würde aber überflüssig sein, noch weitere Beispiele hier hinzuzufügen. Diese Verschiedenheiten zwischen den Jungen und den Alten hängen wie in den letzten zwei Classen allem Anscheine nach davon ab, dass die Jungen einen früheren oder alten Zustand des Gefieders beibehalten haben, während die Alten beiderlei Geschlechts ein neues Gefieder erhalten haben. Wenn die Erwachsenen hell gefärbt sind, so können wir aus den soeben in [194] Bezug auf den scharlachenen Ibis und viele Reiher gemachten Bemerkungen und aus der Analogie mit den Species der ersten Classe schliessen, dass derartige Farben von den nahezu geschlechtsreifen Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind, dass aber verschieden von dem, was in den beiden ersten Classen vorkommt, die Ueberlieferung zwar wohl auf dasselbe Alter, aber nicht auf dasselbe Geschlecht beschränkt worden ist. In Folge dessen gleichen beide Geschlechter einander, wenn sie erwachsen sind, und weichen dann von den Jungen ab.

4. Classe. Wenn das erwachsene Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, so sind die Jungen beiderlei Geschlechts in ihrem ersten Federkleide den Erwachsenen ähnlich. — In dieser Classe gleichen die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter einander, mögen sie nun brillant oder düster gefärbt sein. Derartige Fälle sind meiner Meinung nach häufiger als die der letzten Classe. Wir haben in England Beispiele hiervon beim Eisvogel, bei einigen Spechten, bei dem Eichelhäher, der Elster, Krähe und vielen kleinen trübe gefärbten Vögeln, wie dem Graukehlchen oder dem Zaunkönig. Die Aehnlichkeit im Gefieder zwischen den Jungen und Alten ist aber niemals vollständig, sie stuft sich allmählich bis zur Unähnlichkeit ab. So sind die Jungen von einigen Gliedern der Familie der Eisvögel nicht bloss weniger lebhaft gefärbt als die Erwachsenen, sondern viele von den Federn der untern Körperfläche sind mit Braun gerändert[27] — wahrscheinlich eine Spur eines früheren Zustandes des Gefieders. Die Jungen mancher Vögel sind häufig in derselben Gruppe von Vögeln, selbst innerhalb einer und der nämlichen Gattung, wie z. B. in einer australischen Gattung von Papageien (Platycercus), den Eltern beiderlei Geschlechts sehr ähnlich, während die Jungen anderer Species innerhalb derselben Gruppen von den Erzeugern, welche einander gleich sind, beträchtlich verschieden sind.[28] Beide Geschlechter und die Jungen des gemeinen Eichelhähers sind einander sehr ähnlich; aber beim canadischen Häher (Perisoreus canadensis) sind die Jungen von ihren Eltern so verschieden, dass sie früher als verschiedene Species beschrieben wurden.[29]

[195] Ehe ich weiter gehe will ich bemerken, dass die in dieser und den zwei nächsten Classen zusammengebrachten Thatsachen so complexer Natur und die Schlussfolgerungen so zweifelhaft sind, dass Jeder, welcher nicht ein specielles Interesse an dem Gegenstande nimmt, sie lieber überschlagen mag.

Die brillanten oder auffallenden Färbungen, welche viele Vögel in der vorliegenden Classe characterisiren, können ihnen selten oder niemals als Schutzmittel von Nutzen sein, so dass sie wahrscheinlich von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt und dann auf die Weibchen und die Jungen übertragen worden sind. Es ist indessen möglich, dass die Männchen die anziehenderen Weibchen gewählt haben; und wenn diese ihre Charactere auf ihre Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, so wird dasselbe Resultat eintreten, wie durch die Wahl der anziehenderen Männchen seitens der Weibchen. Es sind aber einige Belege dafür vorhanden, dass diese Alternative nur selten, wenn überhaupt jemals, in irgend einer dieser Gruppen von Vögeln, bei welchen die Geschlechter allgemein gleich sind, eingetreten ist; denn selbst wenn einige von den nacheinander auftretenden Abänderungen in ihrer Ueberlieferung auf beide Geschlechter fehlgeschlagen wären, so würden doch immer die Weibchen in einem geringen Grade die Männchen an Schönheit übertroffen haben. Genau das Umgekehrte kommt im Naturzustande vor; denn in beinahe jeder grossen Gruppe, in welcher die Geschlechter allgemein einander ähnlich sind, sind die Männchen einiger wenigen Arten in einem unbedeutenden Grade heller gefärbt als die Weibchen. Es ist ferner möglich, dass die Weibchen die schöneren Männchen gewählt haben könnten, während auch umgekehrt diese Männchen die schöneren Weibchen wählten; es ist aber zweifelhaft, einmal ob dieser doppelte Vorgang einer Auswahl leicht vorkommen dürfte, und zwar wegen der grösseren Begierde des einen Geschlechts als des andern, und dann ob derselbe wirksamer sein würde, als Auswahl seitens des einen Geschlechts allein. Es ist daher die wahrscheinlichste Ansicht die, dass in der vorliegenden Classe, soweit ornamentale Charactere in Betracht kommen, die geschlechtliche Zuchtwahl in Uebereinstimmung mit der allgemeinen durch das ganze Thierreich hindurch geltenden Regel gewirkt hat, nämlich auf die Männchen, und dass diese ihre allmählich erlangten Farben entweder gleichmässig oder beinahe gleichmässig ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überliefert haben.

[196] Ein anderer Punkt ist zweifelhafter: ob nämlich die nacheinander auftretenden Abänderungen bei den Männchen zuerst erschienen, nachdem sie nahezu geschlechtsreif geworden waren, oder während ihrer Jugend. In beiden Fällen muss geschlechtliche Zuchtwahl auf das Männchen gewirkt haben, als es mit Nebenbuhlern um den Besitz des Weibchens zu concurriren hatte; und in beiden Fällen sind die so erlangten Charactere auf beide Geschlechter und auf alle Altersstufen überliefert worden. Wenn aber diese Charactere von den Männchen erlangt wurden, als sie erwachsen waren, so könnten sie anfangs allein den Erwachsenen wieder vererbt und in einer späteren Periode auf die Jungen übertragen worden sein. Denn es ist bekannt, dass wenn das Gesetz der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern fehlschlägt, die Nachkommen häufig Charactere in einem früheren Alter erben als in dem, in welchem sie zuerst bei ihren Eltern erschienen waren.[30] Dem Anscheine nach Fälle dieser Art sind bei Vögeln im Naturzustande beobachtet worden. So hat beispielsweise Mr. Blyth Exemplare von Lanius rufus und von Colymbus glacialis gesehen, welche während sie noch jung waren, in einer völlig abnormen Weise das erwachsene Gefieder ihrer Eltern angenommen hatten.[31] Ferner werfen die Jungen des gemeinen Schwans (Cygnus olor) ihre dunklen Federn nicht eher ab und werden nicht früher weiss, als bis sie achtzehn Monate oder zwei Jahre alt sind; Dr. Forel hat aber einen Fall beschrieben, wo drei kräftige junge Vögel unter einer Brut von vier rein weiss geboren wurden. Diese jungen Vögel waren keine Albinos, wie sich durch die Farbe ihrer Schnäbel und Beine zeigte, welche nahezu den entsprechenden Theilen der Erwachsenen glichen.[32]

Es dürfte sich verlohnen, die oben angeführte dreifache Art und Weise, auf welche in der vorliegenden Classe die beiden Geschlechter und die Jungen dazu gekommen sein könnten, einander zu gleichen, durch den merkwürdigen Fall der Gattung Passer zu erläutern.[33] [197] Bei dem Haussperling (P. domesticus) weicht das Männchen bedeutend vom Weibchen und von den Jungen ab. Junge und Weibchen sind einander ähnlich und in einem hohen Grade auch beiden Geschlechtern und den Jungen des Sperlings von Palästina (P. brachydactylus), ebenso wie auch einigen verwandten Species. Wir können daher annehmen, dass das Weibchen und die Jungen des Haussperlings uns annäherungsweise das Gefieder des Urerzeugers der Gattung darbieten. Beim Baumsperling (P. montanus) nun sind beide Geschlechter und die Jungen dem Männchen des Haussperlings sehr ähnlich, so dass diese sämmtlich in einer und derselben Art und Weise modificirt worden sind und sämmtlich von der typischen Färbung ihres frühen Urerzeugers abweichen. Dies kann dadurch bewirkt worden sein, dass ein männlicher Vorfahre des Baumsperlings variirte, und zwar erstens als er nahezu geschlechtsreif, oder zweitens während er ganz jung war, in welchen beiden Fällen er sein modificirtes Gefieder auf die Weibchen und die Jungen überlieferte; oder drittens, er kann variirt haben, als er erwachsen war, und kann sein Gefieder auf beide erwachsene Geschlechter und, in Folge des Fehlschlagens des Gesetzes der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern, in irgend einer spätern Periode auf die Jungen vererbt haben.

Es lässt sich unmöglich entscheiden, welche von diesen drei Vorgangsweisen durch die ganze vorliegende Classe von Fällen hindurch vorgeherrscht hat. Die Ansicht, dass die Männchen variirten, als sie jung waren, und ihre Abänderungen auf ihre Nachkommen beiderlei Geschlechts überlieferten, ist die wahrscheinlichste. Ich will hier hinzufügen, dass ich, allerdings mit wenig Erfolg, durch das Consultiren verschiedener Werke versucht habe zu entscheiden, in wie weit bei Vögeln die Periode der Abänderung im Allgemeinen die Ueberlieferung von Characteren auf ein Geschlecht oder auf beide bestimmt hat. Die oft angezogenen zwei Regeln (— nämlich, dass spät im Leben auftretende Abänderungen auf ein und das nämliche Geschlecht überliefert werden, während diejenigen, welche zeitig im Leben auftreten, beiden Geschlechtern überliefert werden —) bewährten sich dem Anscheine nach in der ersten,[34] zweiten und vierten Classe von [198] Fällen; sie schlagen aber in der dritten, häufig in der fünften[35] und in der sechsten kleinen Classe fehl. Indessen gelten sie doch, soweit ich es zu beurtheilen vermag, bei einer beträchtlichen Majorität von Vogelarten; auch dürfen wir die auffallende allgemeine Folgerung des Dr. W. Marshall über die Schädelhöcker der Vögel nicht vergessen. Mögen nun die beiden Regeln Geltung haben oder nicht, aus den im achten Capitel mitgetheilten Thatsachen können wir schliessen, dass die Periode der Abänderung ein bedeutsames Element bei der Bestimmung der Form der Ueberlieferung gewesen ist.

In Bezug auf die Vögel ist es schwierig zu entscheiden, nach welchem Maassstabe wir beurtheilen sollen, dass die Periode der Abänderung eine frühzeitige oder späte ist, ob nach dem Alter in Bezug auf die Lebensdauer oder in Bezug auf das Reproductionsvermögen oder in Bezug auf die Zahl der Mauserungen, welche die Species durchläuft. Das Mausern der Vögel ist zuweilen selbst innerhalb einer und der nämlichen Familie ohne irgend eine nachweisbare Ursache bedeutend verschieden. Einige Vögel mausern so zeitig, dass beinahe alle Körperfedern abgestossen werden, ehe die ersten Schwungfedern völlig herangewachsen sind; und wir können nicht annehmen, dass dies der ursprüngliche Zustand der Dinge war. Wenn die Periode der Mauserung beschleunigt worden ist, so wird das Alter, in welchem die Farben des erwachsenen Gefieders zuerst entwickelt wurden, uns leicht fälschlich als ein früheres erscheinen, als es wirklich war. Dies kann durch den Gebrauch erläutert werden, welchem manche Vogelzüchter folgen, von der Brust von Nestling-Gimpeln und vom Kopf oder Hals junger Goldfasanen einige wenige Federn auszureissen, um das Geschlecht der Vögel zu bestimmen; denn bei den Männchen werden diese Federn unmittelbar durch gefärbte ersetzt.[36] Die wirkliche Lebensdauer ist nur bei wenig Vögeln bekannt, so dass wir kaum nach derselben als einem feststehenden Maassstabe urtheilen können. [199] Und was die Periode betrifft, in welcher das Reproductionsvermögen erlangt wird, so ist es eine merkwürdige Thatsache, dass verschiedene Vögel gelegentlich brüten, so lange sie noch ihr unreifes Gefieder haben.[37]

Die Thatsache, dass Vögel in ihrem unreifen oder Jugendgefieder brüten, scheint der Annahme entgegenzustehen, dass die geschlechtliche Zuchtwahl, wie ich allerdings glaube dass es der Fall ist, eine bedeutungsvolle Rolle bei der Verleihung ornamentaler Farben, Schmuckfedern u. s. w. an die Männchen, und mittelst der gleichartigen Ueberlieferung auch an die Weibchen vieler Species, gespielt hat. Der Einwurf würde ein triftiger sein, wenn die jüngeren und weniger geschmückten Männchen ebenso erfolgreich im Gewinnen von Weibchen und in der Fortpflanzung ihrer Art wären, als die älteren und schöneren Männchen. Wir haben aber keinen Grund anzunehmen, dass dies der Fall ist. Audubon spricht von dem Brüten der unreifen Männchen von Tantalus Ibis als einem seltenen Ereigniss, wie es auch Mr. Swinhoe in Bezug auf die unreifen Männchen von Oriolus thut.[38] Wenn die Jungen irgend einer Species in ihrem unreifen Gefieder erfolgreicher im Gewinnen von Genossen wären als die Erwachsenen, so würde wahrscheinlich das erwachsene Gefieder bald verloren werden, da ja dann diejenigen Männchen das Uebergewicht erlangen würden, welche ihr unreifes Jugendkleid am längsten beibehielten; hierdurch würde am Ende der Character der Species modificirt werden.[39] Wenn [200] auf der andern Seite die Jungen es niemals erreichten, ein Weibchen zu erlangen, so würde die Gewohnheit frühzeitiger Reproduction vielleicht früher oder später vollständig eliminirt werden, da es überflüssig ist und eine Kraftverschwendung mit sich bringt.

Das Gefieder gewisser Vögel nimmt beständig während vieler Jahre, noch nachdem sie vollständig reif geworden sind, an Schönheit zu; dies ist mit dem Behänge des Pfauhahns, mit einigen Arten von Paradiesvögeln und mit der Federkrone und den Schmuckfedern gewisser Reiher der Fall, z. B. bei der Ardea Ludoviciana;[40] es ist aber zweifelhaft, ob die beständige Weiterentwickelung derartiger Federn das Resultat der Auswahl nacheinander auftretender wohlthätiger Abänderungen (obschon dies in Bezug auf die Paradiesvögel die wahrscheinlichste Ansicht ist) oder bloss beständigen Wachsthums ist. Die meisten Fische nehmen beständig an Grösse zu, so lange sie bei guter Gesundheit sind und reichliche Nahrung haben; und ein in gewisser Weise ähnliches Gesetz kann für die Schmuckfedern der Vögel gelten.

5. Classe. Wenn die Erwachsenen beiderlei Geschlechts ein verschiedenes Winter- und Sommergefieder haben, mag nun das Männchen vom Weibchen verschieden sein oder nicht, so sind die Jungen den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in dem Winterkleide, oder, jedoch viel seltener, in dem Sommerkleide, oder allein den Weibchen ähnlich; oder die Jungen können einen intermediären Character tragen; oder ferner sie können von den Erwachsenen in ihren beiden Jahreszeitgefiedern verschieden sein. — Die Fälle in dieser Classe sind in eigenthümlicher Weise complicirt; auch [201] ist dies nicht zu verwundern, da sie von Vererbung abhängen, welche in höherem oder geringerem Grade in dreierlei verschiedener Weise beschränkt ist, nämlich durch das Geschlecht, das Alter und die Jahreszeit. In einigen Fällen durchlaufen die Individuen einer und der nämlichen Species mindestens fünf verschiedene Zustände des Gefieders. Bei den Species, in welchen das Männchen allein während der Sommerzeit oder, was der seltenere Fall ist, während beider Jahreszeiten[41] vom Weibchen verschieden ist, gleichen die Jungen allgemein den Weibchen, — so bei dem sogenannten Stieglitz von Nordamerica und dem Anscheine nach bei den prachtvollen Maluri von Australien.[42] Bei den Species, deren Geschlechter sowohl während des Sommers als auch während des Winters einander gleichen, können die Jungen den Erwachsenen ähnlich sein, und zwar erstens in deren Winterkleide, zweitens, doch tritt dies viel seltener ein, in ihrem Sommerkleide; drittens können sie zwischen diesen beiden Zuständen mitten inne stehen; und viertens können sie bedeutend von den Erwachsenen zu allen Jahreszeiten abweichen. Ein Beispiel des ersten dieser vier Fälle sehen wir an einem der Silberreiher von Indien (Buphus coromandus), bei welchem die Jungen und die Erwachsenen beider Geschlechter während des Winters weiss sind, die Erwachsenen aber während des Sommers goldröthlich werden. Bei dem Klaffschnabel (Anastomus oscitans) von Indien haben wir einen ähnlichen Fall, nur sind hier die Farben umgekehrt; denn die Jungen und die Erwachsenen beiderlei Geschlechts sind während des Winters grau und schwarz und die Erwachsenen werden während des Sommers weiss.[43] Ein Beispiel des zweiten Falls bietet der Tord-Alk (Alca Torda L.) dar; die Jungen sind in einem frühen Zustande des Gefieders wie die Erwachsenen während des Sommers gefärbt; und die Jungen des weissgekrönten Sperlings von Nordamerica (Fringilla leucophrys) haben, sobald sie flügge geworden sind, elegante weisse Streifen auf ihren Köpfen, welche [202] von den Jungen und den Alten während des Winters verloren werden.[44] In Bezug auf den dritten Fall, dass nämlich die Jungen einen intermediären Character zwischen dem Sommer- und Wintergefieder der Erwachsenen darbieten, betont Yarrell,[45] dass dies bei vielen Wadvögeln vorkommt. Was endlich den Fall betrifft, dass die Jungen bedeutend von beiden Geschlechtern in ihrem erwachsenen Sommer- und Wintergefieder abweichen, so kommt dies bei einigen Reihern und Silberreihern von Nordamerica und Indien vor, bei denen nur die Jungen weiss sind.

Ich will über diese complicirten Fälle nur einige wenige Bemerkungen machen. Wenn die Jungen den Weibchen in ihrem Sommerkleide oder den Erwachsenen beiderlei Geschlechts in ihrem Winterkleide gleichen, so sind die Fälle von den in der 1. und 3. Classe verzeichneten nur darin verschieden, dass die ursprünglich von den Männchen während der Paarungszeit erlangten Charactere in ihrer Ueberlieferung auf die entsprechende Jahreszeit beschränkt worden sind. Wenn die Erwachsenen ein verschiedenes Sommer- und Wintergefieder haben und die Jungen von beiden abweichen, so ist der Fall schwieriger zu verstehen. Wir können als wahrscheinlich annehmen, dass die Jungen einen alten Zustand des Gefieders beibehalten haben; wir können auch das Hochzeitsgefieder oder Sommerkleid der Erwachsenen durch geschlechtliche Zuchtwahl erklären; wie haben wir aber ihr verschiedenes Wintergefieder zu erklären? Wenn wir annehmen könnten, dass dies Gefieder in allen Fällen als Schutzmittel dient, so würde dessen Erlangung eine einfache Sache sein: es scheint aber für diese Annahme kein rechter Grund vorzuliegen. Es könnte vermuthet werden, dass die so sehr verschiedenen Lebensbedingungen während des Winters und des Sommers in einer directen Art und Weise auf das Gefieder eingewirkt haben; dies kann wohl ein gewisses Resultat ergeben haben, ich habe aber kein rechtes Vertrauen, dass eine so bedeutende Verschiedenheit, wie wir sie zuweilen zwischen den beiderlei Gefiedern auftreten sehen, hierdurch verursacht worden sei. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist, dass eine alte, zum Theil durch die Uebertragung [203] einiger Charactere vom Sommergefieder modificirte Form des Gefieders von den Erwachsenen während des Winters beibehalten worden ist. Endlich hängen allem Anscheine nach sämmtliche Fälle in der vorliegenden Classe davon ab, dass Charactere, welche von den erwachsenen Männchen erlangt worden sind, in verschiedener Weise je nach Alter, Jahreszeit und Geschlecht in ihrer Ueberlieferung beschränkt worden sind; es würde sich aber nicht verlohnen, zu versuchen, den complicirten Beziehungen weiter zu folgen.

6. Classe. Die Jungen weichen in ihrem ersten Gefieder je nach ihrem Geschlechte von einander ab, wobei die jungen Männchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Männchen und die jungen Weibchen mehr oder weniger nahe den erwachsenen Weibchen ähnlich sind. — Obschon die zu dieser Classe gehörenden Fälle in verschiedenen Gruppen vorkommen, so sind sie doch nicht zahlreich; indess scheint es das Natürlichste zu sein, dass die Jungen den Erwachsenen des gleichen Geschlechts anfangs in einem gewissen Grade ähnlich seien und ihnen allmählich immer mehr und mehr gleich werden. Das erwachsene Männchen des Plattmönchs (Sylria atricapilla) hat einen schwarzen Kopf, der des Weibchens ist röthlich-braun; und wie mir Mr. Blyth mittheilt, kann man die Jungen beiderlei Geschlechts an diesem Merkmale unterscheiden, selbst wenn sie noch Nestlinge sind. In der Familie der Drosseln ist eine ganz ungewöhnliche Anzahl ähnlicher Fälle beobachtet worden; so kann die männliche Amsel (Turdus merula) schon im Neste vom Weibchen unterschieden werden. Die beiden Geschlechter der Spottdrossel (Turdus polyglottus L.) weichen sehr wenig von einander ab; doch können die Männchen schon in einem sehr frühen Alter von den Weibchen dadurch unterschieden werden, dass sie mehr reines Weiss zeigen.[46] Die Männchen einer Walddrossel und einer Steindrossel (nämlich Orocetes erythrogastra und Petrocincla cyanea) haben sehr viel schönes Blau in ihrem Gefieder, während die Weibchen braun sind; und die Männchen beider Species haben als Nestlinge ihre Hauptschwung- und Schwanzfedern mit Blau gerändert, während diejenigen der Weibchen mit Braun eingefasst sind.[47] Bei der jungen [204] Amsel nehmen die Schwungfedern ihren erwachsenen Character nach den andern an und werden nach ihnen schwarz; andrerseits werden die Schwungfedern bei den beiden eben genannten Species vor den andern blau. Die wahrscheinlichste Ansicht in Beziehung auf die Fälle der vorliegenden Classe ist die, dass die Männchen, verschieden von dem was in der 1. Classe eintritt, ihre Farben in einem früheren Alter ihren männlichen Nachkommen überliefert haben, als in dem, in welchem sie selbst sie zuerst erlangten; denn wenn die Männchen variirt hätten, so lange sie noch ganz jung waren, so würden sie wahrscheinlich ihre Charactere ihren Nachkommen beiderlei Geschlechts überliefert haben.[48]

Bei Aïthurus polytmus (einem der Colibri's) ist das Männchen glänzend schwarz und grün gefärbt und zwei von den Schwanzfedern sind ungeheuer verlängert; das Weibchen hat einen gewöhnlichen Schwanz und nicht auffallende Farben; anstatt dass nun in Uebereinstimmung mit der gewöhnlichen Regel die jungen Männchen dem erwachsenen Weibchen ähnlich sind, beginnen sie schon von Anfang an die ihrem Geschlechte eigenthümlichen Farben anzunehmen, wie auch ihre Schwanzfedern bald verlängert werden. Ich verdanke diese Mittheilung Mr. Gould, welcher mir auch den folgenden noch auffallenderen und noch nicht veröffentlichten Fall mitgetheilt hat. Zwei zu der Gattung Eustephanus gehörige, beide wundervoll gefärbte Colibri's bewohnen die kleine Insel Juan Fernandez und sind immer als specifisch verschieden aufgezählt worden. Es ist aber vor Kurzem ermittelt worden, dass der eine, welcher eine reiche nussbraune Farbe mit einem goldrothen Kopf hat, das Männchen ist, während der andere, welcher elegant mit Grün und Weiss gefleckt ist und einen metallisch grünen Kopf hat, das Weibchen ist. Nun sind die Jungen von Anfang an in einem gewissen Grade den Erwachsenen des entsprechenden Geschlechts ähnlich und die Aehnlichkeit wird allmählich immer mehr und mehr vollständig.

[205] Betrachtet man diesen letzten Fall und nimmt man wie vorhin das Gefieder der Jungen als Ausgangspunkt, so dürfte es scheinen, als wären beide Geschlechter ganz unabhängig schön gemacht worden, und als hätte nicht das eine Geschlecht theilweise seine Schönheit auf das andere übertragen. Das Männchen hat allem Anscheine nach seine glänzenden Farben durch geschlechtliche Zuchtwahl, in derselben Weise wie beispielsweise der Pfauhahn oder der Fasan in unserer ersten Classe von Fällen, und das Weibchen in derselben Weise wie Rhynchaea oder Turnix in unserer zweiten Classe von Fällen erhalten. Aber darin liegt noch eine grosse Schwierigkeit: zu verstehen, wie dies zu ein und derselben Zeit bei beiden Geschlechtern einer und der nämlichen Species bewirkt werden konnte. Mr. Salvin gibt an, wie wir im achten Capitel gesehen haben, dass bei gewissen Colibri's die Männchen den Weibchen bedeutend an Zahl überlegen sind, während bei andern Arten, welche dasselbe Land bewohnen, die Weibchen bedeutend den Männchen überlegen sind. Wenn wir daher annehmen könnten, dass während irgend einer früheren lange dauernden Periode die Männchen der Species von Juan Fernandez die Weibchen bedeutend an Zahl übertroffen hätten, dass aber während einer andern gleichfalls langen Zeit die Weibchen bedeutend den Männchen überlegen gewesen wären, so könnten wir einsehen, wie zu einer Zeit die Männchen und zu einer andern Zeit die Weibchen durch Auswahl der glänzender gefärbten Individuen des andern Geschlechts schön geworden sein könnten, wobei beide Geschlechter ihre Charactere ihren Nachkommen zu einer im Ganzen etwas früheren Periode als gewöhnlich überlieferten. Ob dies die richtige Erklärung ist, will ich nicht zu behaupten wagen; der Fall ist aber zu merkwürdig, um ganz mit Stillschweigen übergangen zu werden.

Wir haben nun in allen sechs Classen gesehen, dass eine sehr nahe Beziehung zwischen dem Gefieder der Jungen und dem der Erwachsenen, und zwar entweder des einen Geschlechts oder beider Geschlechter besteht. Diese Beziehungen werden ziemlich gut durch den Grundsatz erklärt, dass das eine Geschlecht — und dies ist in der grossen Majorität der Fälle das Männchen, — zuerst durch Abänderung und geschlechtliche Zuchtwahl glänzende Farben und andere Ornamente erlangte und dieselben auf verschiedene Weise, in Uebereinstimmung mit den anerkannten Gesetzen der Vererbung, seinen Nachkommen [206] überlieferte. Warum Abänderungen in verschiedenen Perioden des Lebens, und zwar selbst zuweilen bei den Arten einer und derselben Gruppe aufgetreten sind, wissen wir nicht; aber in Bezug auf die Form der Ueberlieferung scheint eine bedeutungsvolle Ursache, welche jene bestimmte, das Alter gewesen zu sein, in welchem die Abänderung zuerst auftrat.

Nach dem Gesetze der Vererbung zu entsprechenden Altersstufen und nach dem Umstande, dass eine jede Abänderung in der Farbe, welche bei den Männchen in einem frühen Alter erschien, nicht in dieser Zeit bei der Zucht gewählt, im Gegentheil häufig als gefährlich beseitigt wurde, während ähnliche in der Periode der Reproduction oder in deren Nähe auftretende Abänderungen erhalten wurden, gelangt man zum Schlusse, dass das Gefieder der Jungen häufig unmodificirt gelassen oder nur wenig modificirt worden ist. Wir erhalten hierdurch eine gewisse Einsicht in den Zustand der Färbung der einstigen Urerzeuger unserer jetzt lebenden Species. Bei einer ungeheuren Zahl von Species in fünf unter unseren sechs Classen von Fällen sind die Erwachsenen des einen oder beiderlei Geschlechts, wenigstens während der Paarungszeit, glänzend gefärbt, während die Jungen unveränderlich weniger hell als die Erwachsenen oder völlig düster gefärbt sind; denn so weit ich es ermitteln kann, ist kein Beispiel bekannt, wo die Jungen düster gefärbter Arten glänzende Farben entfalteten, oder wo die Jungen brillant gefärbter Arten noch brillanter gefärbt wären als ihre Eltern. Indessen gibt es in der vierten Classe, in welcher die Jungen und Alten einander ähnlich sind, viele Species (wennschon durchaus nicht alle), bei denen die Jungen glänzend gefärbt sind, und da diese Species ganze Gruppen bilden, so können wir schliessen, dass ihre frühen Urerzeuger gleichfalls glänzend gefärbt waren. Wenn wir die Vögel der ganzen Erde betrachten, so scheint, mit dieser letzteren Ausnahme, ihre Schönheit seit jener Periode, von welcher wir in ihrem unreifen Jugendgefieder eine theilweise Ueberlieferung haben, bedeutend erhöht worden zu sein.

Ueber die Farbe des Gefieders in Bezug auf den Schutz. — Man wird gesehen haben, dass ich Mr. Wallace in der Annahme, dass düstere Färbungen, sobald sie auf die Weibchen beschränkt sind, in den meisten Fällen speciell zum Zwecke des Schutzes erlangt worden sind, nicht folgen kann. Wie indessen früher bemerkt wurde, [207] kann darüber kein Zweifel bestehen, dass beide Geschlechter vieler Vögel ihre Färbung zu diesem Zwecke so modificirt haben, dass sie der Aufmerksamkeit ihrer Feinde entgehen, oder in einigen Fällen so, dass sie ihre Beute unbeobachtet beschleichen können, in derselben Weise wie das Gefieder der Eulen weich geworden ist, damit ihr Flug nicht gehört werde. Mr. Wallace bemerkt,[49] dass „wir nur in den tropischen Ländern und zwar in Wäldern, welche ihren Laubschmuck niemals verlieren, ganze Gruppen von Vögeln finden, deren hauptsächlichste Farbe Grün ist“. Ein Jeder, der es nur irgend einmal versucht hat, wird zugeben, wie schwierig es ist, Papageien in einem mit Blättern bedeckten Baume zu unterscheiden. Trotzdem müssen wir uns erinnern, dass viele Papageien mit carmoisinen, blauen und orangenen Farbentönen geschmückt sind, welche kaum protectiv sind. Spechte leben ganz vorzüglich auf Bäumen, aber ausser den grünen Species gibt es viele schwarze und schwarz und weisse Arten, während doch sämmtliche Species allem Anscheine nach nahezu denselben Gefahren ausgesetzt sind. Es ist daher wahrscheinlich, dass auf Bäumen lebende Vögel scharf ausgesprochene Färbungen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben, dass aber die grünen Farben häufiger als irgend welche andere durch natürliche Zuchtwahl wegen des dadurch erlangten Schutzes erlangt worden sind.

In Bezug auf Vögel, welche auf dem Boden leben, gibt Jedermann zu, dass sie in einer Weise gefärbt sind, dass sie der umgebenden Oberfläche ähnlich werden. Wie schwierig ist es, ein Rebhuhn, eine Becassine, eine Schnepfe, gewisse Regenpfeifer, Lerchen und Ziegenmelker zu sehen, wenn sie sich auf die Erde ducken! Wüsten bewohnende Thiere bieten die auffallendsten Beispiele dar, denn die nackte Oberfläche bietet keinen Ort zum Verbergen dar, und beinahe alle kleineren Säugethiere, Reptilien und Vögel hängen in Bezug auf ihre Sicherheit von ihrer Färbung ab. Mr. Tristram hat in Bezug auf die Bewohner der Sahara bemerkt,[50] dass sie alle durch „ihre Isabellen- oder Sandfarbe“ geschützt werden. Wenn ich mir die Wüstenvögel, die ich in Südamerica gesehen habe, ebenso wie die meisten der Bodenvögel von Grossbritannien in mein Gedächtniss zurückrufe, [208] so scheint es mir, dass beide Geschlechter in derartigen Fällen meist nahezu gleich gefärbt sind. Ich wandte mich nun in Folge hiervon an Mr. Tristram in Bezug auf die Vögel der Sahara, und er hat mir freundlich die folgende Mittheilung gemacht. Es gibt sechsundzwanzig zu fünfzehn Gattungen gehörige Species, deren Gefieder offenbar in einer protectiven Art und Weise gefärbt ist, und diese Färbung ist um so auffallender, als bei den meisten dieser Vögel dieselbe von der ihrer Gattungsverwandten verschieden ist. Unter diesen sechsundzwanzig Species sind bei dreizehn beide Geschlechter in derselben Art und Weise gefärbt; diese gehören aber zu Gattungen, bei welchen diese Regel gewöhnlich vorherrscht, so dass sie uns nichts darüber sagen, dass die protectiven Farben gerade bei Wüstenvögeln in beiden Geschlechtern dieselben sind. Von den andern dreizehn Species gehören drei zu Gattungen, bei denen die Geschlechter gewöhnlich von einander verschieden sind, und doch sind hier die Geschlechter gleich. Bei den übrigen zehn Species ist das Männchen vom Weibchen verschieden; die Verschiedenheit ist aber hauptsächlich auf die untere Fläche des Körpergefieders beschränkt, welche, wenn der Vogel auf den Boden duckt, verborgen ist; der Kopf und der Rücken haben in beiden Geschlechtern einen und denselben sandfarbigen Anstrich. Es hat also in diesen zehn Species natürliche Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes auf die obere Fläche beider Geschlechter eingewirkt und sie gleich gemacht, während die untere Fläche allein der Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl zum Zwecke der Verzierung verschieden geworden ist. Da hier beide Geschlechter gleichmässig gut geschützt sind, sehen wir deutlich, dass die Weibchen nicht etwa durch natürliche Zuchtwahl verhindert worden sind, die Farben ihrer männlichen Erzeuger zu erben. Wir müssen vielmehr, wie früher erwähnt wurde, auf das Gesetz der geschlechtlich beschränkten Vererbung zurückgreifen.

In allen Theilen der Erde sind beide Geschlechter vieler weichschnäbeliger Vögel, besonders solcher, welche Schilfe und Röhrichte frequentiren, düster gefärbt. Ohne Zweifel würden sie, wenn ihre Farben brillant gewesen wären, ihren Feinden viel auffälliger gewesen sein; ob aber ihre düsteren Färbungen speciell zum Zwecke des Schutzes erlangt worden sind, scheint mir, soweit ich es beurtheilen kann, doch zweifelhaft. Es ist noch zweifelhafter, ob derartige düstere Färbungen zum Zwecke der Verzierung erlangt worden sein können. Wir müssen [209] indessen im Auge behalten, dass männliche Vögel, obschon düster gefärbt, doch häufig bedeutend von ihren Weibchen abweichen, wie es z. B. beim gemeinen Sperling der Fall ist, und dies führt uns zu der Annahme, dass derartige Färbungen, weil sie anziehend sind, durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt worden sind. Viele der weichschnäbeligen Vögel sind Sänger; und man möge sich einer Discussion in einem früheren Capitel erinnern, in welcher gezeigt wurde, dass die besten Sänger selten durch helle Farbentöne verziert sind. Es möchte scheinen, als ob weibliche Vögel der allgemeinen Regel nach ihre Gefährten entweder ihrer angenehmen Stimmen oder ihrer munteren Farben wegen gewählt haben, aber nicht wegen beider Reize in Verbindung. Einige Species, welche offenbar zum Zwecke des Schutzes gefärbt sind, so die Becassine, Schnepfe, der Ziegenmelker, sind gleichfalls nach unseren Ansichten von Geschmack mit äusserster Eleganz gezeichnet und schattirt. In derartigen Fällen können wir schliessen, dass sowohl natürliche als geschlechtliche Zuchtwahl gemeinsam zum Schutze und zur Verzierung gewirkt haben. Ob irgend ein Vogel existirt, welcher nicht einen speciellen Reiz, womit er das andere Geschlecht anzieht, besitzt, dürfte bezweifelt werden. Wenn beide Geschlechter so düster gefärbt sind, dass es voreilig wäre, die Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl anzunehmen, und wenn keine directen Belege dafür beigebracht werden können, dass derartige Farben zum Schutze dienen: so ist es am besten, unsere vollständige Unwissenheit über die Sache einzugestehen, oder was nahezu auf dasselbe hinauskommt, das Resultat der directen Wirkung der Lebensbedingungen zuzuschreiben.

Es gibt viele Vögel, von denen beide Geschlechter auffallend, wenn auch nicht brillant gefärbt sind, so die zahlreichen schwarzen, weissen oder gescheckten Species; und diese Farben sind wahrscheinlich das Resultat geschlechtlicher Zuchtwahl. Bei der gemeinen Amsel, dem Auerhahn, dem Birkhuhn, der schwarzen Trauerente (Oidemia) und selbst bei einem der Paradiesvögel (Lophorina atra) sind allein die Männchen schwarz, während die Weibchen braun oder gefleckt sind, und es lässt sich kaum zweifeln, dass in diesen Fällen die schwarze Farbe ein geschlechtlicher, bei der Nachzucht gewählter Character ist. Es ist daher in ziemlichem Grade wahrscheinlich, dass die völlige oder theilweise schwarze Färbung beider Geschlechter, bei solchen Vögeln wie den Krähen, gewissen Kakadu's, Störchen und Schwänen und vielen [210] Seevögeln, gleichfalls das Resultat geschlechtlicher Zuchtwahl in Begleitung einer gleichmässigen Ueberlieferung auf beide Geschlechter ist; denn die schwarze Farbe kann kaum in irgend einem Falle als Schutzmittel dienen. Bei mehreren Vögeln, bei welchen allein das Männchen schwarz ist, und bei anderen, bei denen beide Geschlechter schwarz sind, ist der Schnabel oder die Haut um den Kopf hell gefärbt, und der hierdurch dargebotene Contrast erhöht bedeutend ihre Schönheit. Wir sehen dies an dem hellgelben Schnabel der männlichen Amsel, an der carmoisinrothen Haut oberhalb der Augen des Birkhahns und Auerhahns, an dem verschieden und hell gefärbten Schnabel des Trauer-Entrichs (Oidemia), an dem rothen Schnabel der Steindohle (Corvus graculus L.), des schwarzen Schwans und des schwarzen Storches. Dies führt mich zu der Bemerkung, dass es durchaus nicht unglaublich ist, dass die Tukans die enorme Grösse ihrer Schnäbel geschlechtlicher Zuchtwahl verdanken, zu dem Zwecke, die verschiedenartigen und lebhaften Farbenstreifen, mit denen diese Organe verziert sind, zu entfalten.[51] Die nackte Haut an der Schnabelbasis und rund um die Augen ist gleichfalls häufig brillant gefärbt und Mr. Gould sagt, indem er von einer dieser Species spricht,[52] dass die Färbung des Schnabels „während der Paarungszeit zweifelsohne in dem schönsten und brillantesten Zustande sich finde“. Darin, dass die Tukans mit ungeheuren Schnäbeln, wennschon sie durch ihre schwammige Structur so leicht als möglich gemacht worden sind, zu einem uns fälschlich bedeutungslos erscheinenden Zwecke beschwert wurden, nämlich zu dem Zwecke schöne Farben zu entfalten, liegt nicht mehr [211] Unwahrscheinlichkeit, als dass der männliche Argusfasan und einige andere Vögel mit so langen Schmuckfedern versehen sind, dass ihr Flug dadurch gehindert wird.

In derselben Weise, wie nur die Männchen verschiedener Species schwarz sind, während die Weibchen trübe gefärbt erscheinen, sind auch in wenigen Fällen allein die Männchen entweder gänzlich oder theilweise weiss, wie bei den verschiedenen Glockenvögeln von Süd-America (Chasmorhynchus), der antarctischen Gans (Bernicla antarctica), dem Silberfasane u. s. w., während die Weibchen braun oder trübe gefleckt sind. Es ist daher nach demselben obenerwähnten Grundsatze wahrscheinlich, dass beide Geschlechter vieler Vögel, wie weisse Kakadu's, mehrere Silberreiher mit ihren wunderschönen Schmuckfedern, gewisse Ibisse, Möven, Seeschwalben u. s. w. ihr mehr oder weniger völlig weisses Gefieder durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben. Das weisse Gefieder einiger der ebengenannten Vögel erscheint in beiden Geschlechtern nur, wenn sie geschlechtsreif sind. Dies ist bei gewissen Tölpeln, Tropikvögeln u. s. w. und mit der Schneegans (Anser hyperboreus) der Fall. Da die letztere auf den nackten Bodenstellen brütet, wenn sie nicht mit Schnee bedeckt sind, und während des Winters nach Süden wandert, so liegt kein Grund zu der Vermuthung vor, dass ihr erwachsenes schneeweisses Gefieder zum Schutze dient. In dem vorhin erwähnten Klaffschnabel, Anastomus oscitans, haben wir einen noch besseren Beweis dafür, dass das weisse Gefieder ein hochzeitlicher Character ist, denn es wird nur während des Sommers entwickelt; die Jungen in ihrem unreifen Zustande und die Erwachsenen in ihrem Winterkleide sind grau und schwarz. Bei vielen Arten von Möven (Larus) wird der Kopf und der Hals während des Sommers rein weiss, während er den Winter hindurch und im Jugendzustande grau oder gefleckt ist. Auf der andern Seite tritt bei den kleineren Möven (Gavia) und bei einigen Seeschwalben (Sterna) genau das Umgekehrte ein. Denn die Köpfe der jungen Vögel sind während des ersten Jahres und die der Erwachsenen während des Winters entweder rein weiss oder viel blässer gefärbt als während der Paarungszeit. Diese letzteren Fälle bieten ein weiteres Beispiel für die launische Art und Weise dar, in welcher die geschlechtliche Zuchtwahl häufig gewirkt zu haben scheint.[53]

[212] Die Ursache, warum Wasservögel so viel häufiger ein weisses Gefieder erlangt haben als die auf dem Lande lebenden Vögel, hängt wahrscheinlich von ihrer bedeutenden Grösse und ihrem starken Flugvermögen ab, so dass sie sich leicht vertheidigen oder Raubvögeln entgehen können, denen sie überdies nicht sehr ausgesetzt sind. Geschlechtliche Zuchtwahl ist folglich hier nicht beeinflusst oder zum Zwecke eines Schutzes besonders geleitet worden. Ohne Zweifel konnten bei Vögeln, welche auf dem offenen Oceane schwärmen, die Männchen und Weibchen einander viel leichter finden, wenn sie entweder durch ein völlig weisses oder durch ein intensiv schwarzes Gefieder auffallend gemacht wurden, so dass diese Farben möglicherweise zu demselben Zwecke dienen, wie die Lockrufe vieler Landvögel.[54] Wenn ein weisser oder schwarzer Vogel ein auf dem Meere schwimmendes oder an's Ufer geworfenes Aas entdeckt und auf dasselbe hinabfliegt, wird er aus grosser Entfernung gesehen werden können und wird andere Vögel derselben Art oder verschiedener Arten zu der Beute hinführen. Da dies aber ein Nachtheil für die ersten Entdecker sein würde, so würden diejenigen Individuen, welche die weissesten oder die schwärzesten waren, hierdurch nicht mehr Nahrung erlangt haben als die weniger auffallenden Individuen. Es können also auffallende Färbungen nicht zu diesem Zwecke durch natürliche Zuchtwahl allmählich erlangt worden sein.

Da die geschlechtliche Zuchtwahl von einem so fluctuirenden Elemente wie dem Geschmacke abhängt, so können wir einsehen, woher es kommt, dass innerhalb einer und der nämlichen Gruppe von Vögeln mit nahezu derselben Lebensweise weisse oder nahezu weisse Arten ebenso gut wie schwarze oder nahezu schwarze Arten existiren, wie z. B. weisse und schwarze Kakadu's, Störche, Ibisse, Schwäne, Seeschwalben und Sturmvögel. Es kommen gleichfalls gescheckte Vögel zuweilen in denselben Gruppen vor, z. B. der schwarzhalsige Schwan, gewisse Seeschwalben und die gemeine Elster. Dass ein starker [213] Contrast in der Farbe den Vögeln angenehm ist, können wir nach einem Blicke auf irgend eine grosse Sammlung von Exemplaren oder auf eine Reihe colorirter Abbildungen schliessen; denn häufig weichen die Geschlechter darin von einander ab, dass das Männchen die blässeren Theile von einem reineren Weiss und die verschiedentlich gefärbten dunkeln Theile von noch dunkleren Farbentönen besitzt als das Weibchen.

Es möchte selbst scheinen, als hätte die blosse Neuheit oder die Veränderung um ihrer selbst willen zuweilen wie ein Zauber auf weibliche Vögel gewirkt, in derselben Weise wie Veränderungen der Mode auf uns wirken. So kann man kaum sagen, dass die Männchen einiger Papageien, wenigstens unserem Geschmacke zufolge, schöner sind als die Weibchen; sie weichen aber von diesen in solchen Punkten ab, wie den folgenden: das Männchen hat ein rosenfarbiges Halsband statt „eines hell-smaragdnen schmalen grünen Halsbandes“, wie es das Weibchen besitzt; oder das Männchen hat ein schwarzes Halsband, statt nur vorn „ein halbes gelbes Band“ zu haben mit einem blass rosenfarbigen statt eines blauen Kopfes.[55] Da so viele männliche Vögel als hauptsächliche Zierath verlängerte Schwanzfedern oder verlängerte Federkämme haben, so scheint der verkürzte Schwanz, der früher von dem Männchen eines Colibri beschrieben wurde, und die verkürzte Haube des männlichen Sägetauchers beinahe wie eine jener vielen einander entgegengesetzten Veränderungen der Mode zu sein, welche wir an unsern eigenen Anzügen bewundern.

Einige Glieder der Familie der Reiher bieten einen noch viel merkwürdigeren Fall davon dar, dass Neuheit der Färbung allem Anscheine nach wegen der Neuheit selbst geschätzt worden ist. Die Jungen der Ardea asha sind weiss, die Erwachsenen dunkel schieferfarbig, und es sind nicht bloss die Jungen, sondern auch die Erwachsenen des verwandten Buphus coromandus in ihrem Wintergefieder weiss, welche Farbe sich während der Paarungszeit in ein reiches goldnes Röthlichgelb verwandelt. Es ist unglaubhaft, dass die Jungen dieser zwei Species ebenso wie die einiger andrer Glieder derselben Familie[56] [214] irgend eines speciellen Zweckes wegen weiss und dadurch für ihre Feinde auffallend gemacht worden seien, oder dass die Erwachsenen einer dieser zwei Species speciell während des Winters weiss geworden seien in einem Lande, welches niemals mit Schnee bedeckt ist. Auf der andern Seite haben wir Grund zu der Annahme, dass die weisse Farbe von vielen Vögeln als eine geschlechtliche Zierath erlangt ist. Wir können daher schliessen, dass ein früher Urerzeuger der Ardea asha und des Buphus ein weisses Gefieder zu hochzeitlichen Zwecken erlangt und diese Färbung auf seine Nachkommen überliefert hat, so dass die Jungen und die Alten, wie gewisse jetzt existirende Silberreiher, weiss wurden. Später wird dann die weisse Färbung von den Jungen beibehalten worden sein, während sie von den Erwachsenen gegen noch schärfer ausgesprochene Färbungen vertauscht wurde. Wenn wir aber noch weiter in der Zeit rückwärts auf noch frühere Urerzeuger dieser zwei Species blicken könnten, so würden wir wahrscheinlich die Erwachsenen dunkel gefärbt sehen. Dass dies der Fall sein würde, schliesse ich aus der Analogie vieler anderer Vögel, welche während ihrer Jugend dunkel und im erwachsenen Zustande weiss sind, und noch besonders aus dem Fall der Ardea gularis, deren Färbungen gerade die umgekehrten von denen der A. asha sind. Deren Junge sind nämlich dunkel gefärbt und die Erwachsenen weiss, so dass hier die Jungen einen früheren Zustand des Gefieders beibehalten haben. Es geht daher scheinbar hieraus hervor, dass die Vorfahren der Ardea asha, des Buphus und einiger verwandter Formen in ihrem erwachsenen Zustande während einer langen Descendenzreihe Veränderungen in der Färbung in folgender Reihe erlitten haben; zuerst eine dunkle Schattirung, zweitens eine rein weisse Färbung und drittens in Folge einer andern Veränderung der Mode (wenn mir dieser Ausdruck erlaubt ist) ihre jetzige schieferfarbige röthliche oder röthlich-graue Färbung. Diese aufeinanderfolgenden Veränderungen sind nur nach dem Principe verständlich, dass ihre Neuheit ihrer selbst wegen von den Vögeln bewundert worden ist.

Mehrere Schriftsteller haben der ganzen Theorie der geschlechtlichen Zuchtwahl den Einwand entgegengehalten, dass bei Thieren [215] wie bei Wilden der Geschmack des Weibchens für gewisse Farben oder andere Ornamentik nicht viele Generationen hindurch constant bleiben würde, dass zuerst eine Farbe, dann eine andere bewundert werden würde und folglich keine permanente Wirkung erreicht werden könnte. Wir können wohl zugeben, dass Geschmack etwas Schwankendes ist; er ist aber nicht durchaus arbiträr. Viel hängt von der Gewohnheit ab, wie wir beim Menschen sehen; und wir dürfen wohl schliessen, dass dies auch für Vögel und andere Thiere gilt. Selbst in unserem eigenen Anzuge bleibt der allgemeine Character lange bestehen und die Veränderung ist bis zu einem gewissen Grade abgestuft. An zwei Stellen eines späteren Capitels werden ausführliche Beweise dafür mitgetheilt werden, dass Wilde vieler verschiedenen Rassen viele Generationen hindurch dieselben Narben auf der Haut, dieselben in hässlicher Weise durchbohrten Lippen, Nasenflügel oder Ohren, misgestaltete Köpfe u. s. w. bewundert haben; und diese Entstellungen bieten zu den natürlichen Ornamenten verschiedener Thiere einige Analogie dar. Nichtsdestoweniger bleiben aber bei Wilden derartige Moden nicht immer bestehen, wie wir aus den in dieser Beziehung zu beobachtenden Verschiedenheiten zwischen verwandten Stämmen eines und desselben Continents schliessen können. So haben ferner die Züchter von Liebhaberrassen sicher viele Generationen hindurch dieselben Rassen bewundert und bewundern sie noch immer; sie wünschen entschieden unbedeutende Abänderungen herbei, welche als Veredelungen betrachtet werden; aber eine jede grosse oder plötzlich auftretende Veränderung wird als der grösste Fehler angesehen. Wir haben nun keinen Grund zu vermuthen, dass Vögel im Naturzustande einen völlig neuen Styl der Färbung bewundern würden, selbst wenn bedeutende und plötzliche Veränderungen häufig vorkämen, welches durchaus nicht der Fall ist. Wir wissen, dass Haustauben sich nicht gern mit den verschieden gefärbten Liebhaberrassen paaren, dass Albino-Vögel gewöhnlich keine Ehegenossen bekommen, und dass die schwarzen Raben der Faröer ihre gescheckten Brüder fortjagen. Aber dieser Widerwille gegen eine plötzliche Veränderung schliesst nicht aus, dass sie unbedeutende Abänderungen würdigen, ebenso wenig wie dies beim Menschen der Fall ist. Es scheint daher in Bezug auf den Geschmack, welcher von vielen Elementen abhängt, theils aber von Gewöhnung und theils von einer Vorliebe für Neuheit, nichts Unwahrscheinliches darin zu liegen, dass Thiere eine sehr lange Zeit [216] hindurch denselben allgemeinen Styl der Verzierung oder andere Anziehungsmittel bewundern und trotzdem unbedeutende Veränderungen der Farben, der Form oder der Töne würdigen.

Zusammenfassung der vier Capitel über Vögel. — Die meisten männlichen Vögel sind während der Paarungszeit in hohem Grade kampfsüchtig und einige besitzen speciell zum Kampfe mit ihren Nebenbuhlern angepasste Waffen. Aber die kampfsüchtigsten und die bestbewaffneten Männchen hängen in Bezug auf den Erfolg selten oder niemals allein von dem Vermögen, ihre Nebenbuhler zu vertreiben oder zu tödten, ab, sondern haben ausserdem noch specielle Mittel zur Bezauberung des Weibchens. Bei einigen ist es die Fähigkeit zu singen oder fremdartige Rufe auszustossen, oder Instrumentalmusik hervorzubringen; und in Folge dessen weichen die Männchen von den Weibchen in ihren Stimmorganen oder in der Bildung gewisser Federn ab. Aus den merkwürdig verschiedenartigen Mitteln zur Hervorbringung verschiedenartiger Laute gewinnen wir eine hohe Meinung von der Bedeutung dieses Mittels der Brautwerbung. Viele Vögel versuchen die Weibchen durch Liebestänze oder Geberden, die auf dem Boden oder in der Luft und zuweilen auf dazu hergerichteten Plätzen ausgeführt werden, zu bezaubern. Aber Ornamente vielerlei Art, die brillantesten Farbentöne, Kämme und Fleischlappen, wunderschöne Schmuckfedern, verlängerte Federn, Federstütze u. s. f. sind bei Weitem die häufigsten Mittel. In einigen Fällen scheint blosse Neuheit als Zauber gewirkt zu haben. Die Zierathen der Männchen müssen für sie von höchster Bedeutung gewesen sein, denn sie sind in nicht wenigen Fällen auf Kosten einer vergrösserten Gefahr vor Feinden und selbst mit etwas Verlust an Kraft in den Kämpfen mit ihren Nebenbuhlern erlangt worden. Die Männchen sehr vieler Species erhalten ihr ornamentales Kleid nicht eher als bis sie zur Reife gelangen, oder sie nehmen es nur während der Paarungszeit an, oder es werden die Farbentöne zu dieser Zeit lebhafter. Gewisse ornamentale Anhänge werden während des Actes der Bewerbung selbst vergrössert, schwellen an und werden hell gefärbt. Die Männchen entfalten ihre Reize mit ausgesuchter Sorgfalt und zu ihrer besten Wirkung; und dies geschieht in der Gegenwart der Weibchen. Die Brautwerbung ist zuweilen eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit, und viele Männchen und Weibchen versammeln sich an einem bestimmten Platze. [217] Anzunehmen, dass die Weibchen die Schönheit der Männchen nicht würdigen, hiesse der Meinung sein, dass ihre glänzenden Decorationen, alle ihre Fracht und Entfaltung nutzlos seien; und dies ist nicht glaublich. Vögel haben feines Unterscheidungsvermögen und in einigen wenigen Fällen lässt sich zeigen, dass sie einen Geschmack für das Schöne haben. Ueberdies weiss man, dass die Weibchen gelegentlich eine ausgesprochene Vorliebe oder Antipathie für gewisse individuelle Männchen zeigen.

Wird zugegeben, dass die Weibchen die schöneren Männchen vorziehen oder unbewusst von ihnen angeregt werden, dann werden die Männchen langsam aber sicher durch geschlechtliche Zuchtwahl immer mehr und mehr anziehend werden. Dass es dieses Geschlecht ist, welches hauptsächlich modificirt worden ist, können wir aus der Thatsache schliessen, dass beinahe in jeder Gattung, in welcher die Geschlechter verschieden sind, die Männchen viel mehr von einander verschieden sind als die Weibchen. Dies zeigt sich sehr gut bei gewissen nahe verwandten repräsentativen Arten, bei welchen die Weibchen kaum unterschieden werden können, während die Männchen völlig verschieden sind. Vögel bieten im Naturzustande individuelle Verschiedenheiten dar, welche völlig ausreichen würden, geschlechtliche Zuchtwahl einwirken zu lassen. Wir haben aber gesehen, dass sie gelegentlich noch stärker ausgesprochene Abänderungen darbieten, welche so häufig wiederkehren, dass sie sofort fixirt werden würden, wenn sie dazu dienten, das Weibchen anzulocken. Die Gesetze der Abänderungen werden die Natur der anfänglich auftretenden Veränderungen bestimmt und in grossem Maasse das endliche Resultat beeinflusst haben. Die Abstufungen, welche sich zwischen den Männchen verwandter Species beobachten lassen, deuten die Natur der Schritte an, welche durchlaufen worden sind, sie erklären auch in der interessantesten Art und Weise, wie gewisse Charactere entstanden sind, z. B. die zahnförmig eingeschnittenen Augenflecke auf den Schwanzfedern des Pfauhahns und die wunderbar schattirten Kugel- und Sockel-Augenflecke auf den Schwanzfedern des Argusfasans. Es ist offenbar, dass die brillanten Farben, Federstütze, Schmuckfedern u. s. w, vieler männlicher Vögel nicht als Schutzmittel erlangt worden sein können; sie bringen geradezu zuweilen Gefahr herbei. Dass sie nicht eine Folge der directen und bestimmten Wirkung der Lebensbedingungen sind, darüber können wir uns versichert halten, weil die Weibchen [218] denselben Bedingungen ausgesetzt und doch häufig von den Männchen im äussersten Grade verschieden sind. Obschon es wahrscheinlich ist, dass veränderte Bedingungen, welche während einer längeren Zeit gewirkt haben, irgend eine bestimmte Wirkung auf beide Geschlechter oder zuweilen nur auf ein Geschlecht hervorgebracht haben, so wird doch das bedeutungsvollere Resultat eine verstärkte Neigung zur Variabilität oder zum Auftreten stärker ausgeprägter individueller Verschiedenheiten gewesen sein; und derartige Verschiedenheiten werden für die Wirkung der geschlechtlichen Zuchtwahl ein ausgezeichnetes Wirkungsgebiet dargeboten haben.

Die Gesetze der Vererbung scheinen, ohne Rücksicht auf Zuchtwahl, bestimmt zu haben, ob Charactere, die von den Männchen zum Zwecke des Schmuckes, zum Zwecke des Hervorbringens verschiedener Laute und des Kämpfens mit einander erlangt worden sind, auf die Männchen allein oder auf beide Geschlechter und zwar entweder permanent oder nur periodisch während gewisser Jahreszeiten überliefert worden sind. Warum verschiedene Charactere zuweilen in der einen Weise und zuweilen in der andern überliefert worden sind, ist in den meisten Fällen unbekannt; aber es scheint häufig die Periode der Variabilität die bestimmende Ursache gewesen zu sein. Wenn die zwei Geschlechter alle Charactere gemeinsam geerbt haben, so sind sie nothwendiger Weise einander ähnlich. Da aber die aufeinanderfolgenden Abänderungen verschieden überliefert werden können, so kann man jede mögliche Abstufung finden, und zwar selbst innerhalb eines und desselben Genus, von der grössten Aehnlichkeit bis zu der schärfsten Unähnlichkeit zwischen den Geschlechtern. Bei vielen nahe verwandten und nahezu denselben Lebensgewohnheiten folgenden Species sind die Männchen hauptsächlich durch die Wirkung geschlechtlicher Zuchtwahl von einander verschieden geworden, während die Weibchen hauptsächlich dadurch verschieden geworden sind, dass sie in einem grösseren oder geringeren Grade an den auf diese Weise von den Männchen erlangten Characteren theilgenommen haben. Ueberdies werden die Resultate der bestimmten Einwirkung der Lebensbedingungen bei den Weibchen nicht, wie es bei den Männchen der Fall ist, durch die in Folge geschlechtlicher Zuchtwahl eintretende Häufung scharf ausgesprochener Färbungen und anderer Zierathen maskirt worden seien. Die Individuen beider Geschlechter, auf welche Weise sie auch beeinflusst sein mögen, werden auf jeder der aufeinanderfolgenden [219] Perioden durch die reichliche Kreuzung vieler Individuen nahezu gleichförmig gehalten worden sein.

Bei denjenigen Species, bei welchen die Geschlechter in der Farbe verschieden sind, ist es möglich oder wahrscheinlich, dass zuerst eine Neigung bestand, die aufeinanderfolgenden Abänderungen auf beide Geschlechter gleichmässig zu überliefern, dass aber, wenn dies eintrat, die Weibchen nur durch die Gefahr, welcher sie während der Zeit der Bebrütung ausgesetzt worden wären, verhindert wurden, die hellen Färbungen der Männchen anzunehmen. Wir haben aber keine Beweise dafür, dass es möglich ist, mittelst der natürlichen Zuchtwahl eine Form der Ueberlieferung in eine andere umzuwandeln. Andererseits würde nicht die mindeste Schwierigkeit vorhanden sein, ein Weibchen düster gefärbt zu machen und dem Männchen noch immer seine helle Färbung zu erhalten, und zwar durch die Auswahl nacheinander auftretender Abänderungen, welche von Anfang an in ihrer Ueberlieferung auf ein und dasselbe Geschlecht beschränkt waren. Ob die Weibchen vieler Species factisch in dieser Weise modificirt worden sind, muss gegenwärtig noch zweifelhaft bleiben. Wenn durch das Gesetz der gleichmässigen Ueberlieferung der Charactere auf beide Geschlechter die Weibchen ebenso auffallend gefärbt worden sind wie die Männchen, so sind, wie es scheint, auch oft ihre Instincte modificirt worden und sie sind dazu veranlasst worden, kuppelförmige oder verborgene Nester zu bauen.

In einer kleinen und merkwürdigen Classe von Fällen sind die Charactere und Gewohnheiten beider Geschlechter völlig vertauscht worden; denn die Weibchen sind hier grösser, stärker, lauter und heller gefärbt als ihre Männchen. Sie sind auch so streitsüchtig geworden, dass sie oft, wie die Männchen anderer kampfsüchtiger Species um den Besitz der Weibchen, so um den Besitz der Männchen mit einander kämpfen. Wenn sie, wie es wahrscheinlich erscheint, beständig ihre weiblichen Nebenbuhler wegtreiben und ihre hellen Farben oder andere Reize entfalten und damit die Männchen anzuziehen versuchen, so können wir verstehen, wie es gekommen ist, dass sie allmählich mittelst der geschlechtlichen Zuchtwahl und der geschlechtlich beschränkten Vererbung schöner als die Männchen geworden sind, während die letzteren nicht modificirt oder nur unbedeutend modificirt wurden.

Sobald das Gesetz der Vererbung zu entsprechenden Lebensaltern [220] aber nicht das der geschlechtlich beschränkten Ueberlieferung in Kraft tritt, dann werden, wenn die Eltern spät im Leben variiren, — und wir wissen, dass dies beständig bei unseren Hühnern und gelegentlich bei anderen Vögeln auftritt, — die Jungen nicht afficirt werden, während die Erwachsenen beider Geschlechter modificirt werden. Treten diese beiden Gesetze der Vererbung in Kraft und variirt das eine oder das andere Geschlecht spät im Leben, so wird nur dieses Geschlecht allein modificirt werden, während das andere Geschlecht und die Jungen unafficirt bleiben. Treten Abänderungen in der hellen Färbung oder in anderen auffallenden Characteren zeitig im Leben auf, wie es ohne Zweifel häufig sich ereignet, so werden diese von geschlechtlicher Zuchtwahl nicht früher beeinflusst werden als bis die Periode der Reproduction herankommt. In Folge dessen werden sie, wenn sie für die Jungen gefahrvoll sind, durch natürliche Zuchtwahl eliminirt werden. Wir können hierdurch verstehen, woher es kommt, dass spät im Leben auftretende Abänderungen so häufig zur Verzierung der Männchen bewahrt worden sind, während die Weibchen und die Jungen fast unverändert gelassen worden sind und daher einander gleichen. Bei Species, welche ein besonderes Sommer- und Wintergefieder haben und deren Männchen entweder den Weibchen während beider Jahreszeiten oder allein während des Sommers ähnlich oder von ihnen verschieden sind, sind die Abstufungen und Arten der Aehnlichkeit zwischen den Jungen und Alten ausserordentlich complicirt; und diese Complexität hängt allem Anscheine nach davon ab, dass Charactere, welche zuerst von den Männchen erlangt worden sind, in verschiedener Weise und in verschiedenen Graden, sowie durch Geschlecht, Alter und Jahreszeit beschränkt, überliefert wurden.

Da die Jungen so vieler Species nur wenig in der Farbe und in anderen Ornamenten modificirt worden sind, so sind wir in den Stand gesetzt, uns ein Urtheil in Bezug auf das Gefieder ihrer früheren Urerzeuger zu bilden, und wir können schliessen, dass die Schönheit unserer jetzt existirenden Species, wenn wir die ganze Classe betrachten, seit der Zeit, von welcher uns das unreife Jugendgefieder einen indirecten Bericht gibt, bedeutend zugenommen hat. Viele Vögel, besonders solche, welche auf dem Boden leben, sind ohne Zweifel zum Zwecke des Schutzes dunkel gefärbt worden. In einigen Fällen ist die obere exponirte Fläche des Gefieders in beiden Geschlechtern auf dieselbe Weise gefärbt worden, während die untere Fläche allein bei [221] den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl verschiedenartig verziert worden ist. Endlich können wir nach den in diesen vier Capiteln mitgetheilten Thatsachen schliessen, dass Waffen zum Kampfe, Organe zum Hervorbringen von Lauten, Zierathen vielerlei Art, helle und auffallende Färbungen allgemein von den Männchen durch Abänderung und geschlechtliche Zuchtwahl erlangt und auf verschiedenen Wegen je nach den verschiedenen Gesetzen der Vererbung überliefert worden sind, während die Weibchen und die Jungen vergleichsweise nur wenig modificirt worden sind.[57]


  1. In Bezug auf Drosseln, Würger und Spechte s. Mr. Blyth in: Charlesworth's Magaz. of nat. Hist. Vol. I. 1837, p. 304; auch die Anmerkung zu seiner Uebersetzung von Cuvier's Règne animal, p. 159. Auch den Fall von der Loxia theile ich nach Mr. Blyth's Angaben mit. Ueber Drosseln s. auch Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. II, p. 195. Ueber Chrysococcyx und Chalcophaps s. Blyth, citirt von Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 485. Ueber Sarkidiornis s. Blyth in The Ibis, 1867, p. 175.
  2. s. z. B. Mr. Gould's Beschreibung von Cyanalcyon, einem der Eisvögel (Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 133), bei welchem indessen das junge Männchen, obschon es dem erwachsenen Weibchen ähnlich ist, weniger brillant gefärbt ist. In einigen Species von Dacelo haben die Männchen blaue Schwänze und die Weibchen braune; und Mr. R. B. Sharpe theilt mir mit, dass der Schwanz des jungen Männchens von D. Gaudichaudii anfangs braun ist. Mr. Gould hat (a. a. O. Vol. II, p. 14, 20, 37) die Geschlechter und die Jungen gewisser schwarzer Cacadus und des Königs-Loris beschrieben, bei welchen dasselbe Gesetz herrscht. B. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 260, über Palaeornis rosa, bei dem die Jungen mehr gleich dem Weibchen als dem Männchen sind. s. Audubon, Ornithol. Biography. Vol. II, p. 745, über die beiden Geschlechter und die Jungen von Columba passerina.
  3. Ich verdanke die Kenntniss dieser Thatsache Mr. Gould, welcher mir die Exemplare zeigte; s. auch seine Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 120.
  4. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p 207—214.
  5. s. dessen ausgezeichneten Aufsatz in dem Journal of the Asiatic Society of Bengal, Vol. XIX. 1850, p. 223; s. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I, Introduction p. XXIX. In Bezug auf Tanysiptera sagte Prof. Schlegel Mr. Blyth, dass er mehrere verschiedene Rassen durch Vergleichung der erwachsenen Männchen unterscheiden könne.
  6. s. auch Mr. Swinhoe in „Ibis“, July, 1863, p. 131, und einen früheren Aufsatz mit einem Auszuge einer Notiz von Mr. Blyth in: Ibis, Jan. 1861, p. 52.
  7. Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 594.
  8. Es sind diese Species unter Beigabe colorirter Figuren von M. F. Pollen beschrieben in: Ibis, 1866, p. 275.
  9. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 1, S. 280.
  10. Macgillivray, History of British Birds. Vol. I, p. 172—174.
  11. s. über diesen Gegenstand das 23. Capitel in dem Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication.
  12. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 193. Macgillivray. History of British Birds. Vol. III, p. 85. s. auch den oben angeführten Fall von Indopicus Carlottae.
  13. Westminster Review, July, 1867, und A. Murray, Journal of Travel, 1868, p. 83.
  14. Wegen der australischen Arten s. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 178, 180, 186 and 188. An den Exemplaren der Trappenwachtel (Pedionomus torquatus) im Britischen Museum lassen sich ähnliche geschlechtliche Verschiedenheiten erkennen.
  15. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 596. Mr. Swinhoe in: Ibis, 1865, p. 542; 1866, p. 131, 405.
  16. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 677.
  17. Gould's Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 275.
  18. The Indian Field, Sept. 1858, p. 3.
  19. Ibis, 1866, p. 298.
  20. In Bezug auf diese verschiedenen Angaben s. Gould, Birds of Great Britain. Professor Newton theilt mir mit, er sei nach seinen eigenen Beobachtungen wie nach denen Anderer schon lange überzeugt gewesen, dass die Männchen der oben genannten Species entweder zum Theil oder vollständig die Pflicht der Bebrütung auf sich nehmen und „dass sie im Falle einer Gefahr eine viel grössere Hingabe an ihre Jungen zeigen, als es die Weibchen thun“. So ist es auch, wie er mir mittheilt, mit der Limosa lapponica und einigen wenigen andern Wadvögeln der Fall, bei welchen die Weibchen grösser sind und viel schärfer contrastirende Farben besitzen als die Männchen.
  21. Die Eingeborenen von Ceram behaupten (Wallace, Malay Archipelago, Vol. II, p. 150), dass das Männchen und das Weibchen abwechselnd auf den Eiern sitzen; diese Angabe ist aber, wie Mr. Bartlett glaubt, so zu erklären, dass das Weibchen das Nest besucht, um seine Eier abzulegen.
  22. The Student, April, 1870, p. 124.
  23. s. die ausgezeichnete Beschreibung der Lebensweise dieses Vogels in der Gefangenschaft von Mr. A. W. Bennett, in: Land and Water, May 1868, p. 233.
  24. Sclater, über das Brüten der straussartigen Vögel, in: Proceed. Zool. Soc. June 9, 1863. Dasselbe ist bei der Rhea Darwinii der Fall: Capt. Musters, sagt (At home with the Patagonians, 1871, p. 128), dass das Männchen grösser, stärker und schneller ist als das Weibchen und von einer unbedeutend dunkleren Färbung; doch nimmt es allein die Sorge um die Eier und um die Jungen auf sich, genau so wie es die gewöhnliche Species von Rhea thut.
  25. In Bezug auf den Milvago s. Zoology of the Voyage of the Beagle, Birds, 1841, p. 16. Wegen der Climacteris und des Ziegenmelkers (Eurostopodus) s. Gould, Handbook to the Birds of Australia, Vol. I, p. 602 und 97. Die Neu-Seeländische Brandente (Tadorna variegata) bietet einen völlig anomalen Fall dar; der Kopf des Weibchens ist rein weiss und sein Rücken ist röther als der des Männchens; der Kopf des Männchens ist von einer kräftigen dunkelbronzenen Farbe und sein Rücken ist mit schön gestrichelten schieferfarbigen Federn bedeckt, so dass es durchaus als das Schönere von den beiden betrachtet werden kann. Es ist grösser und kampfsüchtiger als das Weibchen und sitzt nicht auf den Eiern. Es fällt daher diese Species in allen diesen Beziehungen unter unsere erste Classe von Fällen. Mr. Sclater war aber sehr überrascht, zu beobachten (Proceed. Zoolog. Soc. 1866, p. 150), dass die Jungen beider Geschlechter, wenn sie ungefähr drei Monate alt sind, in ihren dunklen Köpfen und Hälsen den erwachsenen Männchen ähnlich sind, statt es den erwachsenen Weibchen zu sein; so dass es in diesem Falle scheinen möchte, als wären die Weibchen modificirt worden, während die Männchen und Jungen einen frühern Zustand des Gefieders behalten haben.
  26. Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 598.
  27. Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 222, 228. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 124, 130.
  28. Gould, a. a. O. Vol. II, p. 37, 46, 56,
  29. Audubon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 55.
  30. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 2, S. 91.
  31. Charlesworth, Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 305, 306.
  32. Bulletin de la Société Vaudoise des Scienc. Natur. Vol. X. 1869, p. 132. Die Jungen des polnischen Schwans, Cygnus immutabilis von Yarrell, sind immer weiss; man glaubt aber, wie mir Mr. Sclater mittheilt, dass diese Species nichts Anderes ist als eine Varietät des domesticirten Schwans (Cygnus olor).
  33. Ich bin Mr. Blyth für Mittheilungen in Bezug auf diese Gattung verbunden. Der Sperling von Palästina gehört zu der Untergattung Petronia.
  34. Es bedürfen z. B. die Männchen von Tanagra aestiva und Fringilla cyanea drei Jahre, das Männchen von Fringilla ciris vier Jahre, um ihr schönes Gefieder zu vervollständigen, s. Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 233, 280, 378. Die Harlekin-Ente braucht drei Jahre (ebenda Vol. III, p. 614). Das Männchen vom Goldfasan kann, wie ich von Mr. Jenner Weir höre, vom Weibchen unterschieden werden, wenn es ungefähr drei Monate alt ist, es erreicht aber seinen vollen Glanz nicht eher als bis Ende des September des folgenden Jahres.
  35. So brauchen der Ibis tantalus und Grus americanus vier Jahre, der Flamingo mehrere Jahre und die Ardea Ludoviciana zwei Jahre, ehe sie ihr vollkommenes Gefieder erhalten, s. Audubon, a. a. O. Vol. I, p. 221; Vol. III, p. 133, 139, 211.
  36. Mr. Blyth, in: Charlesworth's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 300. Mr. Bartlett hat mir die Mittheilung in Bezug auf die Goldfasane gemacht.
  37. In Audubon's Ornitholog. Biography habe ich die folgenden Fälle gefunden. Der americanische „Redstarf“ (Muscicapa rubicilla, Vol. I, p. 203). Der Ibis tantalus braucht vier Jahre, um zu vollständiger Reife zu gelangen, brütet aber zuweilen im zweiten Jahr (Vol. III, p. 133). Der Grus americanus braucht dieselbe Zeit, brütet aber ehe er sein volles Gefieder erhält (Vol. III. p. 211). Die Erwachsenen der Ardea caerulea sind blau und die Jungen weiss: und weisse, gefleckte und reife blaue Vögel kann man sämmtlich durcheinander brüten sehen (Vol. IV, p. 58); Mr. Blyth theilt mir indessen mit, dass gewisse Reiher dem Anscheine nach dimorph sind, denn man kann weisse und gefärbte Individuen des nämlichen Alters beobachten. Die Harlekin-Ente (Anas histrionica L.) braucht drei Jahre, um ihr volles Gefieder zu erlangen; doch brüten viele Vögel im zweiten Jahre (Vol. III, p. 614). Der weissköpfige Adler (Falco leucocephalus, Vol. III, p. 210) brütet, wie man gleichfalls erfahren hat, in seinem unreifen Zustande. Einige Species von Oriolus brüten gleichfalls (nach den Angaben von Mr. Blyth und Mr. Swinhoe in: Ibis, July, 1863, p. 68), ehe sie ihr volles Gefieder erlangen.
  38. s. die vorhergehende Anmerkung.
  39. Andere zu völlig verschiedenen Classen gehörende Thiere sind entweder gewöhnlich oder nur gelegentlich im Stande, sich fortzupflanzen bevor sie ihre erwachsenen Charactere vollständig erlangt haben. Dies ist der Fall mit den jungen Männchen des Lachses. Man hat die Erfahrung gemacht, dass mehrere Amphibien sich fortpflanzen, während sie ihren Larvenbau behalten. Fritz Müller hat gezeigt („Für Darwin“ S. 54), dass die Männchen mehrerer amphipoden Crustaceen geschlechtsreif werden, solange sie noch jung sind; und ich halte dies für einen Fall von vorzeitiger Fortpflanzung, weil sie noch nicht ihre völlig entwickelten Klammerorgane erhalten haben. Alle derartige Thatsachen sind in hohem Grade interessant, da sie sich auf ein Mittel beziehen, durch welches die Species bedeutende Modificationen des Characters erleiden können.
  40. Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 507, über den Pfauhahn. Dr. Marshall glaubt, dass die älteren und brillanteren Männchen der Paradiesvögel einen Vortheil vor den jüngeren Männchen haben; s. Archives Néerlandaises, Tom. VI. 1871. — Ueber Ardea s. Audubon, a. a. O. Vol. III, p. 139.
  41. Wegen erläuternder Fälle s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. IV; über Tringa u. s. w. p. 229, 271; über den Machetes, p. 172; über Charadrius hiaticula, p. 118; über Charadrius pluvialis, p. 94.
  42. Wegen des Stieglitz (Golddistelfink) von Nordamerica, Fringilla tristis L., s. Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 172; wegen der Maluri: Gould's Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 318.
  43. Ich bin Mr. Blyth für Mittheilungen in Bezug auf Buphus dankbar verbunden; s. auch Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 749. Ueber den Anastomus s. Blyth, in: Ibis, 1867, p. 173.
  44. Ueber die Alca s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 347. Ueber die Fringilla leucophrys s. Audubon, a. a. O. Vol. II, p. 89. Ich werde nachher noch darauf Bezug zu nehmen haben, dass die Jungen gewisser Reiher und Silherreiher weiss sind.
  45. History of British Birds. Vol. I. 1839, p. 159.
  46. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 113.
  47. Mr. C. A. Wright, in: Ibis, Vol. VI. 1864, p. 65. Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 515. s. auch über die Amsel: Blyth, in Charlesworth's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 113.
  48. Es mögen ausserdem noch die folgenden Fälle hier erwähnt werden: die jungen Männchen der Tanagra rubra können von den jungen Weibchen unterschieden werden (Audubon, Ornitholog. Biography, Vol. IV, p. 392); dasselbe gilt für die Nestlinge einer blauen Spechtmeise von Indien (Dendrophila frontalis, Jerdon, Birds of India, Vol. I, p. 389). Mr. Blyth theilt mir mit, dass die Geschlechter des Schwarzkehlchens, Saxicola rubicola, in einem sehr frühen Alter unterschieden werden können. Mr. Salvin führt den Fall von einem Colibri, ebenso den oben erwähnten von Eustephanus an (Proceed. Zool. Soc. 1870, p. 206).
  49. Westminster Review; July, 1867, p. 5.
  50. Ibis, 1859. Vol. I, p. 429 u. flgde. In einem an mich gerichteten Briefe bemerkt indess Dr. Rohlfs, dass nach seiner Bekanntschaft mit der Sahara diese Angabe zu weitgehend sei.
  51. Für die ungeheure Grösse des Schnabels bei den Tukans ist noch niemals eine befriedigende Erklärung gegeben worden, noch weniger für deren glänzende Farben. Mr. Bates gibt an (The Naturalist on the Amazons. Vol. II. 1863, p. 341), dass sie ihren Schnabel dazu gebrauchen, Früchte von den äussersten Spitzen der Zweige zu erreichen, und desgleichen, wie von andern Gewährsmännern angeführt wird, Eier und junge Vögel aus den Nestern anderer Vögel herauszuholen. Mr. Bates gibt aber zu, dass der Schnabel „schwerlich als ein für den Zweck, zu welchem er verwandt wird, sehr vollkommen gebildetes Werkzeug betrachtet werden kann“. Die grosse Massigkeit des Schnabels, wie sich, aus seiner Breite, Höhe, ebenso wie aus seiner Länge ergibt, ist nach der Ansicht, dass er nur als Greiforgan dient, nicht verständlich. Mr. Belt glaubt (The Naturalist in Nicaragua, p. 197), dass der Schnabel ein Vertheidigungsmittel gegen Feinde ist, besonders für das Weibchen, während es in einer Höhle in einem Baume auf den Eiern nistet.
  52. Ramphastos carinatus, Gould's Monograph of Ramphastidae.
  53. Ueber Larus, Gavia und Sterna s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. V, p. 515, 584, 626. Ueber Anser hyperboreus s. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. IV, p. 562. Ueber den Anastomus s. Mr. Blyth in: Ibis, 1867, p. 173.
  54. Es mag hier auch erwähnt werden, dass von den Geiern, welche weit und breit durch die höheren Regionen der Atmosphäre, wie Seevögel über den Ocean, schwärmen, drei oder vier Species beinahe völlig oder grossentheils weiss sind, während viele andere Species schwarz sind. Diese Thatsache unterstützt die Vermuthung, dass diese auffallenden Farben den Geschlechtern helfen dürften, einander während der Paarungszeit zu finden.
  55. s. Jerdon, über die Gattung Palaeornis in: Birds of India. Vol. I, p. 258—260.
  56. Die Jungen von Ardea rufescens und A. caerulea der Vereinigten Staaten sind gleichfalls weiss, während die Erwachsenen so gefärbt sind, wie es ihr specifischer Name ausdrückt. Audubon (Ornitholog. Biography, Vol. III, p. 416, Vol. IV, p. 58) scheint sich über den Gedanken zu amüsiren, dass diese merkwürdige Veränderung des Gefieders in hohem Grade „die Systematiker in Verwirrung bringen wird“.
  57. Ich bin Mr. Sclater sehr verbunden, dass er die Freundlichkeit gehabt hat, diese vier Capitel über Vögel sowie die beiden folgenden über Säugethiere durchzusehen. Auf diese Weise bin ich davor bewahrt worden, Fehler in den Namen der Arten zu machen und irgendwelche Thatsachen anzuführen, von denen dieser ausgezeichnete Forscher weiss, dass sie falsch sind. Er ist indessen natürlicher Weise für die Richtigkeit der von mir nach verschiedenen Autoritäten angeführten Angaben durchaus nicht verantwortlich.
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