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Gründliche und allgemein faßliche Darlegung der Glaubenslehre der evangelisch-lutherischen Kirche/27. Kapitel

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« 26. Kapitel Nikolaus Hunnius
Gründliche und allgemein faßliche Darlegung der Glaubenslehre der evangelisch-lutherischen Kirche
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Das siebenundzwanzigste Kapitel.
Das heilige Abendmahl ist ein Sacrament, in welchem der Herr Christus seinen Leib unter dem Brode zu essen, und sein Blut unter dem Weine zu trinken eingesetzt hat, daß er dadurch sein heiliges Leiden und Blutvergießen jedem insonderheit zueigne, die evangelische Verheißung versiegle und den Glauben bekräftige.

 662. Von diesem Sacrament der Christen ist zu wissen

|  a) Der Name. In der Schrift finden sich zwei Namen, der eine des Herrn Abendmahl, 1 Corinth. 11, 20., und diese Benennung rührt her, weil der Herr Christus eine Mahlzeit verordnet, und diese zuerst am Abend, da er sammt seinen Jüngern das Osterlamm gegessen hatte, gehalten hat, Matth. 26, 26 ff. Und St. Paulus beschreibt die Umstände der Einsetzung also: Der Herr Jesus in der Nacht, da er verrathen war, nahm er das Brod u. s. w. 1 Corinth. 11, 23. Ob nun wohl dieß Sacrament bei Tag gehalten zu werden pflegt, wird es doch aus eben erwähnter Ursache das Abend- oder Nachtmahl genannt.

 663. Der andere Name ist der Tisch des Herrn. 1 Corinth. 10, 21. „Ihr könnet nicht zugleich trinken des Herrn Kelch und der Teufel Kelch; ihr könnt nicht zugleich theilhaftig sein des Herrn Tisches und des Teufels Tisches.“ Tisch des Herrn heißt das heil. Abendmahl, weil uns der Herr mit dieser himmlischen Mahlzeit einen Tisch bereitet, welche wir nach seiner Ordnung und seinem Befehle genießen, ihm zum Lobe, uns aber zur Seligkeit, und welche allein von ihm herrührt. Andere Namen, welche die alte Kirche gebraucht hat, zu erklären, ist nicht nöthig.

 664. b) Die Beschreibung: Was das Abendmahl sei? Im Katechismus wird es also beschrieben: Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi, unter dem Brod und Wein, uns Christen zu essen und trinken, von Christo selber eingesetzt. Dieß ist also zu erklären: Es ist eine geistliche, von Christo eingesetzte und verordnete Handlung, darinnen er den Christen unter dem gesegneten Brod seinen Leib, und| unter dem gesegneten Wein sein Blut zu essen und zu trinken darreicht, daß er damit seine Verheißungen, die im Evangelio geschehen sind, einem Jeden zueigne, versiegle, den Glauben stärke, und ihn also zu dem ewigen Leben speise und tränke.

 665. c) Die Vorbildungen, durch welche es, als durch eine Weissagung, zuvor verkündigt worden ist. Deren können zwar nicht wenige angeführt werden, zwei aber sind die vornehmsten.

 α) Das Osterlamm, welches eine von Gott verordnete Mahlzeit war, darinnen die Juden zum dankbaren Gedächtniß der Ausführung aus Aegypten jährlich an einem gewissen Tage Abends ein Lamm essen mußten u. s. w. 2 Mos. 12, 3 ff. In unserm Sacrament wird uns eine Abendmahlzeit bereitet, und darinnen vorgesetzt ein Lamm (Joh. 1, 29.) und zwar ein Osterlamm (1 Corinth. 5, 7.), das sollen wir essen (Matth. 26, 26.) zum dankbaren Gedächtniß der herrlichen Ausführung aus dem höllischen Gefängnisse (Hosea 13, 14. Zachar. 9, 11. Micha 2, 13. 1 Corinth. 11, 25. Luc. 22, 19.), und wie die Juden das Blut des Osterlamms an die Pfosten, und Schwellen der Häuser strichen, daß sie vor dem Würg-Engel sicher wären (2 Mos. 12, 23.), so errettet uns Christi Blut von der Gewalt des Teufels (1 Joh. 1, 7. Zachar. 9, 11. Röm. 3, 25.).

 666. β) Das Manna oder Himmelsbrod, 2 Mos. 16, 15., sammt dem Wasser, das aus dem geschlagenen Felsen lief, Cap. 17, 6. Denn jenes bezieht der Herr Christus auf das Essen und Trinken seines Leibes und Blutes, Joh. 6, 48 ff. „Ich bin das Brod des Lebens. Eure Väter haben Manna gegessen in der Wüsten und sind gestorben; das ist das Brod, das vom Himmel| kommt, auf daß, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brod vom Himmel kommen, wer von diesem Brod essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brod, das ich geben werde, ist mein Fleisch u. s. w.“ Und St. Paulus, da er von des Herrn Abendmahl handelt, schreibt er zuvor von beiden Vorbildern: „Unsere Väter haben alle einerlei Speise gegessen, und haben alle einen Trank getrunken, sie trunken aber von dem geistlichen Fels, der mitfolget, welcher war Christus.“ Das ist uns zum Vorbilde geschehen, 1 Corinth. 10, 3. 4. 6.

 667. d) Wer der Stifter des Abendmahls sei? Dieser ist der Herr Jesus Christus gewesen. Wie aber von den Sacramenten insgemein ist angezeigt worden, daß sie Gott zum Stifter haben müssen, so ist dieses auch hier wahr, und kann Niemand etwas darinnen ordnen und setzen, oder zuthun, ohne Gott allein. Nun ist Christus der Sohn des Vaters, den wir hören sollen (Matth. 17, 5.); darum müssen wir ihn, als den lebendigen Gott, und des himmlischen Vaters Abgesandten, hören und seine Ordnung für eine göttliche Ordnung halten. Dagegen kann sich kein Mensch unterstehen, in diesem Testament des Sohnes Gottes etwas zu ändern, zuzusetzen, oder abzubrechen, und wenn der Papst sich dessen anmaßt, beweißt er sich als der Wider-Christ, weil er Christi Testament, ihm zuwider, ändert und aufhebt, welches doch kein ehrlicher Mensch dem andern zu thun pflegt. „Ein Testament wird fest durch den Tod dessen, der es gemacht hat,“ Hebr. 9, 17. „Verachtet man doch eines Menschen Testament nicht, und thut auch nichts dazu,“ Gal. 3, 15.

|  668. e) Die Mittelperson, welche dieß Sacrament verwaltet. Hiebei sind zwei Fragen zu erörtern.

 α) Was für Personen zur Verrichtung dieses Sacramentes gebraucht werden sollen? Darauf lautet die Antwort: Der Herr Christus hat seine Apostel zu Haushaltern über seine Geheimniße gesetzt, 1 Corinth. 4, 1. Darum gebührt den ordentlichen Lehrern der Kirche, daß sie auch dieses Werk, als ein Stück ihres Amtes, verrichten, und weil dabei nicht ein solcher Nothfall ist, wie bei der Taufe, so soll man andere Personen nicht dazu gebrauchen, wozu auch kein Befehl und kein Exempel vorhanden ist.

 669. β) Weil es sich begiebt, daß etwa ein Diener göttlichen Wortes an einem solchen Orte lebt, wo er sich allein im Kirchenamte befindet, ob derselbe Prediger, wenn er des Herrn Abendmahl gebrauchen will, sich an einen andern Ort zu einem Prediger begeben und von ihm das Sacrament empfangen müsse? Antwort: Am besten ists, wenn ein Prediger der Communion halber sich zu seiner Gemeine hält; denn, wenn er predigt, predigt er sich selber, also mag er sich auch selbst das Abendmahl reichen, weil 1) nirgends befohlen ist, es von einem andern zu nehmen, denn da der Herr Christus befiehlt: Nehmet und esset, so ist nothwendig, daß man’s aus der Hand eines Andern empfangen und nehmen müsse, wie die Kinder Israel auch das Manna nahmen, da es doch nicht einem jeglichen von Anderm in die Hände oder in den Mund gegeben| wurde, weil 2) zu vermuthen ist, daß der Herr Christus das Brod und den Kelch seinen Jüngern in die Hand gegeben, die es also sich selbst zum Munde gebracht haben, welches denn derjenige auch thut, der das Abendmahl nach Christi Ordnung und also gleichsam aus des Herrn Christi Händen empfängt, und sich selber aneignet; weil auch 3) sonst keine erhebliche Ursache ist, um derentwillen eine solche Communion nicht als gültig zugelassen und gestattet werden möchte.

 670. γ) Ob eine solche Communion, da der Prediger das gesegnete Brod und Kelch sich selbst reicht, an den Orten zuläßig sei, wo auch bei einem Altare mehr als eine Person das Sacrament verwalten? Antwort: Weil solches, ob ein Prediger sich selbst das Sacrament reicht, oder von einen andern empfängt, dem Sacrament weder an seiner Substanz und Vollkommenheit, noch an seiner Frucht das geringste benimmt, so ist das ein freies Mittelding (adiaphorum), darinnen die Kirche nach ihrem Gefallen ordnen kann. Wenn demnach eine Gemeinde sich den Gebrauch gefallen läßt, ihn angenommen und viele Jahre behalten hat, der Prediger, wie andere Communicanten das Abendmahl aus seines Collegen Hand empfähet, so ist dasselbe recht und Christi Einsetzung gemäß; besteht aber die andere Gewohnheit, daß der Prediger sich selbst communicire, so ist’s auch nicht zu verwerfen, weil damit der Einsetzung Christi und dem heilsamen Gebrauche des Sacramentes nichts abgeht.

 671. f) Die Communicanten, welche das Sacrament zu empfangen haben und denen es gereicht werden soll. Hier ist zweierlei| zu fragen: 1) Wer das heilige Abendmahl empfahe, wenn er hinzugeht? Bei dem heil. Abendmahle stellen sich zweierlei Personen ein, Würdige und Unwürdige. Ob nun zwar das Abendmahl nicht dazu eingesetzt ist, daß es von Unwürdigen gebraucht werden soll, auch Gott Niemanden unwürdig macht, auch Unwürdige die Beschneidung empfangen und das Osterlamm essen, wiewohl sie der daran hängenden geistlichen Wohlthaten in der That nicht theilhaftig wurden, so werden auch die, welche sich selbst nicht recht geprüft haben, des heil. Abendmahls, und also des Brods und Weins, so wie auch des Leibes und Blutes Christi theilhaftig, wiewohl sich zum Tod und zum Gericht. Solches ist zu beweisen:

 672. α) weil der Herr Christus unter seinen Jüngern den unwürdigen Judas hatte, und doch keinen Unterschied gemacht, sondern zu allen gesprochen hat: Nehmet, esset, das ist mein Leib u. s. w., also nicht allein den Würdigen, sondern auch dem unwürdigen Judas, seinen Leib und sein Blut gereicht. Damit aber nicht Jemand zweifle, ob Judas beim Abendmahl gewesen sei, so besehe man, was Matth. 26, 25. Marc. 14, 21. 22. und besonders Luc. 22, 19. 20. 21. geschrieben steht. Denn nachdem Lucas die Stiftung des Abendmahls erzählt hatte, setzet er des Herrn Christi Wort alsbald hinzu: Siehe, die Hand meines Verräthers ißt mit mir über Tische u. s. w.;

 673. β) weil die Unwürdigen des ganzen Sacraments theilhaftig werden. Sonst bestünde einmal das Sacrament nicht auf dem Willen des Stifters, sondern auf des Menschen Glauben und| Würdigkeit. Sodann, wo der Glaube nicht ist, da könnte denn auch das Sacrament nicht sein, was aber den apostolischen Spruch zuwider ist: „Soll ihr Unglaube Gottes Glauben aufheben? Das sei ferne,“ Röm. 3. 3. Auch empfingen endlich die Unwürdigen entweder gar nichts vom Sacrament, oder nur das halbe Sacrament. Beides aber ist ungereimt;

 674. γ) weil in andern heil. Handlungen Gottes dergleichen geschieht. Die Unwürdigen und Halsstarrigen hören das göttliche Wort ganz und vollkommen, sowohl als die Würdigen; die Unwürdigen empfangen die ganze Taufe, sie haben empfangen die ganze Beschneidung, das Osterlamm ganz und völlig, 2 Mos. 24, 8. Warum sollten sie denn das Abendmahl nicht völlig empfangen?

 675. δ) weil die Unwürdigen auch essen von dem Brod, welches eine Gemeinschaft ist des Leibes Christi, sie werden des Kelchs theilhaftig, der eine Gemeinschaft ist des Blutes Christi (1 Corinth. 10, 16.). „Wer unwürdig von diesem Brod isset, oder von dem Kelch des Herrn trinket“ u. s. w. 1 Corinth. 11, 27. „Der Mensch prüfe sich selbst und also esse er u. s. w. V. 28. 29. Daraus ist zu schließen: Wer von dem Brod isset, welches ist eine Gemeinschaft des Leibes Christi, der empfängt nicht nur Brod, sondern Christi Leib. Die Unwürdigen essen von dem Brod, welches eine Gemeinschaft ist des Leibes Christi, darum empfangen die Unwürdigen nicht nur Brod, sondern auch Christi Leib;

 676. ε) weil die Unwürdigen mit dem Essen und Trinken schuldig werden an| Christi Leib, darum, daß sie des Herrn Leib nicht unterscheiden. 1 Corinth. 11, 27. „Welcher unwürdig von diesem Brod isset, oder von dem Kelch des Herrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn,“ V. 29. „Wer unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selber das Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des Herrn.“ Wer Christi Leib nicht isset und sein Blut nicht trinket, der wird durch unwürdiges Essen und Trinken nicht schuldig an Christi Leib, er bedarf auch nicht denselben zu unterscheiden; die Unwürdigen werden durch Essen schuldig den Leib Christi, und haben nöthig, ihn zu unterscheiden, darum essen und trinken die Unwürdigen den Leib und das Blut des Herrn.

 677. Zum Andern ist zu fragen: Wem dieses Sacrament gereicht werden solle? Es ist das Nachtmahl für alle Menschen eingesetzt, weil Christus für alle seinen Leib dahin gegeben und sein Blut vergossen hat; jedoch wird erfordert, daß sie es nach Christi Ordnung würdig gebrauchen, zum Leben und nicht zum Gerichte, weßhalb ein jeder sich zuvor prüfen soll, 1 Corinth. 11, 28. „ob er im Glauben sei,“ 2 Corinth. 13, 5. „ob er des Herrn Tod würdig verkündigen möge“ u. s. w. Wer das thut, der kann diese Mahlzeit empfangen, wann er will. Von dieser Vorbereitung weiter unten.

 678. Es sind alle diejenigen nicht zuzulassen, die es nicht nach Christi Ordnung empfangen können, oder von denen kund ist, daß sie sich so nicht prüfen. Es werden demnach Etliche verhindert, entweder durch natürliche oder andere dazu kommende Hindernisse.

|  Die natürlichen Hindernisse sind zweierlei:

 α) Der Mangel des Verständnisses, z. B. bei kleinen Kindern, die sich selber nicht prüfen, auch des Herrn Tod nicht verkündigen können; bei denen, welche zwar zum Altar gekommen, aber am Verstande so geschwächt sind, daß sie nicht unterrichtet werden können, sich selber zu prüfen und des Herrn Tod zu verkündigen.

 679. β) Der Widerwille, der den Wein nicht trinken läßt. Dieser findet sich hie und da, jedoch selten. Wenn auch schon Jemanden der Gebrauch des Weines widerstände, kann er sich doch so viel überwinden, daß er wenig nehme, was beim Gebrauch des Abendmahls genug ist. Sollte aber auch dieses einem zu thun unmöglich sein, so sieht er selbst ein, daß ihn die Natur vom gänzlichen Gebrauche des Abendmahls abhält, weil Christus nicht verordnet hat, allein das Brod zu empfangen, und kein Mensch sich unterfangen darf, eine solche Aenderung zu machen, daß ihm allein Brod gereicht werde. Jedoch ist ihm dieser Mangel an seiner Seligkeit nicht schädlich, weil das geistliche Essen und Trinken des Leibes und Blutes Christi, das durch den Glauben geschieht, in solchem Falle ihn zu der ewigen Seligkeit gereichen kann, Joh. 6, 51.

 Die hinzukommenden Hindernisse sind dreierlei:

 680. Der Unglaube, denn wo der Glaube nicht ist, da prüft sich auch der Ungläubige nicht, ob er im Glauben sei, wozu ihm des Herrn Christi Tod diene, wie er diesen verkündigen müsse u. s. w. Darum würde er das Sacrament unwürdig und zum Gericht empfangen, und ist also nicht dazu zu lassen.

|  681. Die Ketzerei. Was vom Unglauben gesagt ist, soll auch von der Ketzerei verstanden werden, weil die Ketzerei den Glauben verkehrt, 1 Timoth. 1, 19. 4, 1. 2 Timoth. 2, 18. Wenn sichs nun ergiebt, daß ein Mensch den rechten seligmachenden Glauben nicht hat, so kann auch das Sacrament nicht würdig gebraucht werden, geschweige daß das Abendmahl ein Symbolum und Kennzeichen ist, durch welches man sich zu dem Glauben bekennt, welcher an demselben Ort öffentlich gelehrt wird, welches ein Ketzer nicht thut. Ueberdieß, wenn wir einen, der die rechte Lehre nicht hat, nicht grüßen mögen, auch nicht ins Haus nehmen sollen, 2 Joh. 10. 11., wie viel weniger dürfen wir ihn an des Herrn Tisch setzen, und ihn der himmlischen Mahlzeit neben uns theilhaftig machen.
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 682. Die öffentlichen Sünden, welche wider das Gewissen begangen werden, und von denen ein Mensch nicht abzustehen und keine ernstliche Buße zu thun gedenkt, sondern in dem Vorsatze, sie ferner zu begehen, bleibet. Wer hiemit behaftet ist, der erkennt nicht das theure Verdienst Christi, ist irdisch und fleischlich gesinnt, und also ein Feind des Kreuzes Christi, Philipp. 3, 18. 19.; er prüft sich selbst nicht, weil er seine Sünden nicht sieht; er nimmt seine Zuflucht zu Christo nicht, sondern kreuzigt ihn von Neuem, Hebr. 6, 6. 10, 29. Wenn nun ein solcher unwürdig ist, daß man ihm eine gemeine Mahlzeit halte, 1 Corinth. 5, 11. „So jemand ist, der sich lässet einen Bruder nennen, und ist ein Hurer oder ein Geiziger, oder ein Abgöttischer, oder ein Lästerer, oder ein Trunkenbold, oder ein Räuber, mit demselbigen sollt ihr auch nicht essen“; so ist er| vielmehr an des Herrn Tisch ein unwürdiger Gast, der nicht dazu gelassen werden kann.

 683. g) Die Materie, oder dasjenige, was uns in diesem Sacramente verordnet und zu empfangen dargereicht wird. Solches ist zweierlei: Irdisches und Himmlisches.

 Das Irdische, das uns gereicht wird, ist Brod und Wein. Das Brod betreffend, meldet die Einsetzung, der Herr Jesus hatte Brod genommen, dasselbe gesegnet u. s. w. Dieß war ungesäuert Brod, weil die Juden beim Osterlamm kein anderes gebrauchen durften, 2 Mos. 12, 18. ff. Darüber hat der Satan mancherlei Streit erregt, weßwegen von diesem Brode Folgendes zu merken ist:

 α) Alles, was den Namen Brod recht und eigentlich haben mag, und aus Fruchtmehl und Wasser zubereitet ist, kann zu diesem Sacrament gebraucht werden, und es ist nicht darauf zu sehen, ob es gesäuert oder ungesäuert, ob es von Roggen oder Waizen gemacht, ob es groß sei, daß Etliche davon empfangen können, oder klein, daß jeder Communicant ein Ganzes empfahe, ob es dünn oder dick sei u. s. w. Denn dieses Alles sind Umstände und Zufälle, welche doch an dem eigentlichen Wesen des Brods nichts ändern.

 684. Wenn wir demnach in unsrer Kirche dünnes Brod, das man Oblaten zu nennen pflegt, gebrauchen, so wird dem Sacrament damit nichts benommen, und wir kehren uns nicht daran, daß wir damit angefochten werden, als ob des Herrn Christi Befehl nicht befolgt würde.

|  685. β) Alles, was nicht rechtes natürliches Brod genannt werden kann, ist beim heil. Abendmahl nicht zu gebrauchen. Was aus den Wurzeln, Rinden, Aschen der Bäume oder aus Erden gemacht wird, ist eigentlich kein Brod. Wer nun dasselbe bei des Herrn Abendmahl gebrauchen wollte, der bräche seine Ordnung, und müßte zum wenigsten ungewiß bleiben, ob solches auch rechtes Brod gewesen sei, und ob er nicht das Nachtmahl mit dem Gebrauch dessen, was Christus nicht befohlen hat, entheiligt hatte.

 686. Der Wein ist das andere irdische Stück des Abendmahls; denn daß Christus den Wein hiezu verordnet hat, ist daraus abzunehmen, weil sonst keines andern Getränkes, dessen der Herr in der letzten Mahlzeit gebraucht hätte, Meldung geschieht, als allein des Weins, Matth. 26, 28. 29. „Das ist mein Blut des Neuen Testamentes, welches vergossen wird für Viele zur Vergebung der Sünden; ich sage euch, ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächse des Weinstocks trinken,“ u. s. w. Auch ist niemals in Streit gezogen worden, daß der Wein hiezu gebraucht werden müsse. Das Sacrament will also nicht leiden, daß der Wein mit etwas Anderem vermischt, vielweniger, daß an seiner Statt etwas Anderes gebraucht werde.

 687. Im Papstthum wird in den Wein vorsätzlich, damit das Sacrament desto vollkommener sei, Wasser gegossen. Dieß ist aber ein Menschengedicht, der Ordnung Christi zuwider, und ob sich zwar vielfältig zutragen mag, daß in den Wein Wasser gegossen sei, wenn er von Weinschenken abgeholt wird,| so benimmt jedoch dasselbe diesem Werke durchaus nichts, weil der Wein nichts desto weniger Wein bleibt, obschon Wasser darinnen ist, weil Niemand gewiß sein kann, daß unter’m Wein des Nachtmahls kein Wasser gekommen sei, also ein Jeder an dem rechten Gebrauch des Sacraments zu zweifeln haben würde; weil kein Aberglaube dabei ist, als ob das Wasser im Wein sein müsse (wie im Papstthum geschieht), sondern man nimmt den Wein so gut und rein, als man ihn haben kann, und Niemand ist bekümmert.

 688. Wer in Ermanglung des Weins oder sonst aus Eigensinn etwas Anderes, z. B. Bier, gekochte, gebrannte und künstlich zugerichtete Weine gebrauchen wollte, der nähme nicht, wie Christus gethan hat, das Gewächs des Weinstockes, hätte also Christi Einsetzung übertreten und sein Abendmahl nicht gehalten.

 689. Das Himmlische, welches hier gegeben wird, ist der Leib unsres Herrn Jesu Christi, unter und mit dem Brod, und sein Blut, unter und mit dem Wein, uns zu essen und zu trinken dargereicht. Daß sich dieses wahrhaft also verhalte, wird aus folgenden Gründen dargethan:

 690. weil der Herr Christus in der ersten Stiftung seinen Leib und Blut den Jüngern zu essen und zu trinken mit diesen Worten befohlen hat: Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, trinket alle daraus, das ist mein Blut des Neuen Testamentes, das für euch vergossen wird, Matth. 26, 26. 28, Marc. 14, 22. 24. Luc. 22, 19. 20. 1 Corinth. 11, 24. 25., woraus leicht zu ermessen ist, daß Christus, wie er seinen Jüngern das Brod gegeben, ihnen auch seinen Leib dargereicht| habe, wie er den Kelch dargeboten, er uns sein Blut zugleich gegeben habe. Um besserer Richtigkeit willen kann man also schließen: Was Christus in dem Darreichen des Brods ausgesprochen und zu essen befohlen hat, das ist gewiß auch von ihm gegeben worden, weil, wie man in gemeinem Umgange dasjenige auch gibt, was man in Darreichung besonders nennt, Christus also auch hier gethan haben muß. Reicht dir Jemand einen Becher und spricht: Trink’, das ist Wein, so reicht er dir ja den Wein mit und in dem Becher dar. Wenn dir der Arzt eine Büchse mit den Worten gibt: nimm hin, das ist ein gesunder Trank, eine nützliche Salbe u. s. w., so muß er ja mit und in der Büchse dir auch den Trank und die Salbe zustellen.

 691. Dergleichen findet sich in der heil. Schrift und in der Christenheit das Geheimniß auch; wenn z. B. von Christo gesagt wird, das Wort ward Fleisch, Joh. 1, 14., so legt’s St. Paulus Coloss. 2, 10. also aus: in ihm wohnet die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.

 Wenn über den Herrn Christus bei seiner Taufe eine Taube herabfuhr, so wird dieselbe genannt der heil. Geist, Matth. 3, 16. Joh. 1, 32. Wer nun hievon also geredet hätte, siehe, das ist der heil. Geist, hätte der nicht eigentlich so viel gesagt: Unter dieser Taubengestalt siehst du den heil. Geist, darum muß der heil. Geist in solcher Gestalt gewiß gegenwärtig gewesen sein?

 692. Nun hat Christus bei Darreichung des Brods ausgesprochen und zu essen befohlen seinen Leib, bei Darreichung des Weins sein Blut, und eben diese gemeine Art zu reden gebraucht, darum hat er seinen| Leib und sein Blut zu essen und zu trinken zugleich mit dargereicht.

 693. Daß aber Andere hier viele Deutungen und Glossen suchen, vorgebend, diese Worte, das ist mein Leib, seien nicht zu verstehen, wie sie lauten, besonders durch’s Wort „das“ werde allein verstanden das Brod, und das Wörtlein „ist“ heiße so viel, als „bedeutet“, und sei dieß die Meinung, das Brod bedeutet meinen Leib, oder das Wort „Leib“ sei als „ein Zeichen meines Leibes“ auszulegen, womit der Herr Christus gesagt hätte, „das Brod ist ein Zeichen meines Leibes“, so kann uns dieß nicht irren.

 694. Denn dieses sind allein Menschen-Gedanken, und die thörigte Vernunft könnte wohl mehr erdenken, da wir uns doch vom Wort nicht abführen lassen. Blieben wir beim Wort, so fahren wir sicher, die selbsterdachte Auslegung aber ist allzeit ungewiß und vermag nicht, das Gewissen zur Ruhe zu stellen.

 695. Ueberdieß sind diese Auslegungen in allen Sprachen, auch in der heil. Schrift ganz ungebräuchlich; wie käme denn Christus dazu, daß er eine neue Art zu reden gebraucht hätte? besonders als er ein Testament stiftete, da man sich sonst einer klaren, deutlichen, und wohlgebräuchlichen Art zu reden und zu gebrauchen pflegt, und ein Jeder dasselbe thun soll, damit nicht durch verworrene Reden die Erben in Streit gerathen, daß dieses aber der Herr habe thun wollen, kann ihm kein gottseliges Herz zutrauen.

 696. Weil der Herr Christus verordnet hat, daß sein Leib mit dem Munde gegessen und sein Blut mit dem Munde| getrunken werde. Daraus wird also geschlossen: Was wir Menschen in dem heil. Abendmahle mit dem Munde essen und mit dem Munde trinken sollen, das ist wesentlich zugegen, als ein materielles Stück dieser geistlichen Mahlzeit. Wir sollen aber im heil. Abendmahle mit dem Munde den Leib Christi essen und mit dem Munde sein Blut trinken; darum ist des Herrn Christi Leib und Blut im Abendmahle wesentlich gegenwärtig, als ein materielles Stück dieser geistlichen Mahlzeit.

 697. Weil das Brod des Abendmahls eine Gemeinschaft des Leibes Christi, und der Wein eine Gemeinschaft des Blutes Christi ist. 1 Corinth. 10, 15. 16. „Als mit den Klugen rede ich, richtet ihr, was ich sage; der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brod, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?“ Dadurch wird außer allen Zweifel gesetzt a) daß unter dem Leib und dem Blute Christi nichts anders verstanden werde, als sein wesentlicher Leib und sein wesentliches Blut, weil hier Niemand einen geistlichen Verstand beweisen wird; b) daß mit dem Wort „Kelch“ verstanden werde der Wein, der darinnen ist. Daraus schließe ich also: Entweder ist das Brod im Abendmahl eine solche geistliche Gemeinschaft, daß es allein Christi Wohlthaten uns zu Gemüthe führe, oder aber es ist eine solche sacramentliche Gemeinschaft, darinnen der wesentliche Leib des Herrn Christi mit dem Brod dargereicht und empfangen wird.

|  698. Nun ist das Brod nicht eine solche geistliche Gemeinschaft, denn solches kann nicht bewiesen werden. Die geistliche Gemeinschaft geschieht auch außer diesem Sacrament, da doch hier von einer solchen Gemeinschaft geredet wird, die allein in dem Sacrament sein kann. Dann wären ja auch die Opfer im Alten Testamente eine Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi gewesen, weil sie als Vorbilder die Menschen darauf weisen, Coloss. 2, 17. Endlich: in der geistlichen Gemeinschaft werden Christi Wohlthaten ohne Unterscheidung des Leibes und Blutes ergriffen, in dieser aber ist das Brod eine Gemeinschaft, nicht des Blutes, sondern des Leibes Christi, und der Wein eine Gemeinschaft, nicht des Leibes, sondern des Blutes Christi. Darum ist es nicht eine geistliche, sondern sacramentliche Gemeinschaft, darinnen der wesentliche Leib Christi mit dem Brod dargereicht und empfangen wird. Es ist aber das Brod nicht eine solche geistliche Gemeinschaft, wie erwiesen, darum ist es eine sacramentliche, darinnen der wesentliche Leib Christi mit dem Brod dargereicht und empfangen wird.
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 699. Weil der Unterschied der Sacramente des Alten und Neuen Testamentes darinnen besteht, daß der Herr Christus in jenen allein vorgebildet, in diesen aber selbst gegenwärtig ist. Denn also schreibt St. Paulus von dem jüdischen Gottesdienst, daß solcher der Schatten sei von dem, das zukünftig war, aber der Körper selbst sei in Christo. Coloss. 2, 17. Hebr. 8, 5. 6. „Welche (levitischen Priester) dienen dem Vorbilde und dem Schatten der himmlischen| Güter. Nun aber hat er ein besser Amt erlangt, als der eines bessern Testamentes Mittler ist.“ Cap. 9, 9 ff. „Die erste Hütte mußte zu selbiger Zeit ein Vorbild sein, in welcher Gaben und Opfer geopfert wurden, und konnten nicht vollkommen machen, nach dem Gewissen, den, der da Gottesdienst thut allein mit Speiß und Trank, und mancherlei Taufe und äußerlicher Heiligkeit, die bis auf die Zeit der Besserung sind aufgeleget. Christus aber ist kommen, daß er sei ein Hoherpriester der zukünftigen Güter, durch eine größere und vollkommene Hütte, die nicht mit der Hand gemacht ist, auch nicht durch der Böcke und Kälber Blut, sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen, und hat eine ewige Erlösung erfunden.“ Cap. 10, 1. „Das Gesetz hat den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst.“

 700. Hieraus folgt: Worin der Unterschied bestehet zwischen dem Alten und Neuen Testament, dasselbe kann nicht den Sacramenten beiderseits gemein sein. Nun besteht aber dieser Unterschied in dem, daß die alten Sacramente sind Vorbilder, Schatten und Bedeutung auf Christum gewesen, die Neuen Sacramente aber sind nicht Schatten, darum kann das auch den Neuen nicht gemein sein, daß sie Vor- und Abbildungen, Schatten und Bedeutungen seien. Ferner: die Sacramente Neuen Testaments haben entweder Christum nach seiner Substanz und Wesen gegenwärtig, oder allein in Bedeutungen, nicht aber haben sie ihn in Bedeutungen, wie jetzt erwiesen ist, darum haben sie ihn nach seiner Substanz und Wesen gegenwärtig.

 701. h) Die eigentliche Form und Art, in welcher dieses Sacrament besteht.| Da die Sacramente an sich selbst nichts anders sind, als heilige Handlungen, so muß auch ihr ganzes Wesen in der Handlung, die Christus verordnet und eingesetzt hat, bestehen. Diese Handlungen sind dreierlei, des Predigers, des Herrn Christi, und des Communicanten.

 702. Des Predigers Verrichtungen sind eigentlich

 Erstlich die Consecration, Danksagung oder Segen, der über Brod und Wein geschieht. Als der Herr Christus das Abendmahl einsetzen wollte, nahm er das Brod und dankete, Matth. 26, 26., was Paulus einen Segen nennt, 1 Corinth. 10, 16. „Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen.“ Was für Worte des Segens der Herr Christus und hernach die Christen in der ersten Kirche gebraucht haben, ist uns unbekannt. Wir gebrauchen das Vater Unser und die Worte der Einsetzung, nicht, daß diese Danksagung und Segnung entweder eine bloße leidige historische Erzählung der Einsetzung, oder auch eine solche Handlung sei, da etwa durch Sprechung und Kreuzschlagen Brod und Wein in des Herrn Christi Leib und Blut verwandelt werde, sondern daß durch dieselben öffentlich gemeldet werde, wie jetzt die heilige Handlung verrichtet werden soll; ferner, daß Brod und Wein vom gemeinen Gebrauche abgesondert und zu diesem besondern Gebrauche verordnet werden; ferner, daß der Herr Christus seiner einmal geschehenen Einsetzung erinnert und zugleich gebeten werde, daß er auch dießmal den Communicanten seinen Leib und sein Blut darreichen wolle, und endlich, daß der Tod des Herrn, für uns geschehen, verkündigt werde.

|  703. Die andere Handlung des Predigers ist, die Austheilung, welche dazu nöthig ist, daß Viele dieser Mahlzeit theilhaftig werden, auch Alles ordentlich und ehrlich zugehe. Wenn nun diese Austheilung so geschieht, daß ein jeder Communicant das gesegnete Brod und den gesegneten Wein in seiner Ordnung und mit gebührender Ehrerbietung empfängt, alsdann ist diesem Werke genug geschehen. Es ist also kein Irrthum, wenn man entweder dem Communicanten Brod und Kelch in die Hand gibt, wie zu vermuthen ist, daß es der Herr Christus gethan habe, oder wenn es dem Communicanten zum Munde gereicht wird, weil dasselbe auch Nehmen heißt. Diese ganze Verrichtung aber hebt die Messe auf, in der der Priester allein Brod und Wein empfängt, die andern aber zusehen müssen und keinem etwas davon gereicht werde.
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 704. Diesen Handlungen des Predigers wollen Etliche noch zwei andere beifügen, als erstlich das Brodbrechen, weil der Herr Christus im ersten Abendmahle, und hernach die Christen in der ersten Kirche, das Brod gebrochen haben. Es verhält sich aber damit also: Das Abendmahl ist gestiftet worden, als der Herr Jesus das Osterlamm mit seinen Jüngern aß, da ungesäuert Brod auf dem Tische lag, davon man zum Osterlamme gegessen hat. Weil denn der Herr das Brod austheilen wollte, und sich doch nicht besonderes Brod zurichten ließ, das er, ohne es zu brechen, hätte austheilen können, so hat er das Brod gebrochen, um der darauf folgenden Austheilung willen, und nicht anderer Ursache halber ist in der ersten Kirche das Brod gebrochen worden; denn weil sie gemeines Speise-Brod dazu nahmen, mußten sie es brechen, damit sie es austheilen| konnten. Wo nun dergleichen Speise-Brod gebraucht wird (wie solches in der christlichen Freiheit steht), da ist das Brechen nöthig, aber keiner andern Ursache halber, als daß man’s austheilen könne. Wo aber zur Verrichtung des Abendmahls solches Brod gebraucht wird, das man, ohne es zu brechen, austheilen kann (das dann ebenfalls in der christlichen Freiheit steht), da ist das Brechen nicht nöthig, sondern ein freiwilliges Ding, sofern es nur ohne Aberglauben geschieht.

 705. Wenn demnach vorgegeben wird, daß das Brodbrechen zur Vorbildung des ertödteten Leibes des Herrn Christi am Kreuze nöthig wäre, so geben wir diese zweifache Antwort:

 Wer da lehrt, diese Handlung sei zum Sacrament nöthig, der muß die Nothwendigkeit beweisen, was aus dem Grunde, als hätte der Herr Christus mit diesen Worten befohlen: „Solches thut“ nicht geschehen kann. Denn es ist ja klar genug, daß er allein den Jüngern geboten habe, forthin das zu thun, was er damals in der ersten Handlung zu thun befohlen habe, nämlich das Essen und Trinken, womit zugleich Dasjenige befohlen ist, ohne welches das Essen und Trinken nicht geschehen kann, dahin das Brodbrechen nicht gezählt werden mag;

 706. daß das Brodbrechen beim Abendmahl nöthig sei wegen der Bedeutung des gebrochenen Leibes, glauben wir nicht, weil solches nicht erwiesen ist, denn es schreiben davon weder die Evangelisten noch St. Paulus ein einziges Wort; auch müßte der Wein ausgegossen werden, die Vergießung des Blutes Christi abzubilden, wie aber dieses unnöthig ist, so auch das Brodbrechen;| die Figuren und Vorbilder, die auf Christum gedeutet werden, haben mit seiner Zukunft aufgehört; wenn nun das Brodbrechen eine solche Bedeutung haben sollte, würden die Vorbilder wieder hervorgebracht, welches der Natur des Neuen Testamentes straks zuwider wäre; ausser Zweifel ist’s, daß das Osterlamm, welches geschlachtet, und mit dessen Blut die Thürpfosten und Schwellen besprengt wurden, viel ein klareres und deutlicheres Vorbild auf Christi Kreuzigung gewesen sei, als das Brodbrechen im Abendmahl sein kann. Wenn nun Christus uns ein Vorbild seines Todes hätte verordnen wollen, und zu dem Ende das Brodbrechen eingesetzt, dagegen das Osterlamm abgeschafft hätte, so hätte er das klare und eigentliche Bild abgeschafft, und an dessen Statt ein dunkleres wiedergegeben, das an ihm selber ungereimt und der Art des Neuen Testamentes nicht gemäß ist.

 707. Sodann die Messe. Im Papstthum wird des Herrn Abendmahl zu einem Opfer gemacht, und vorgegeben, wenn der Priester das Brod und den Wein handelt, mit Erzählung der Worte der Einsetzung sammt andern Gebeten und Ceremonieen, alsdann werde das Brod in den Leib und der Wein in das Blut Christi verwandelt, dann werde dieser Leib und dieses Blut des Sohnes Gott dem Vater aufgeopfert zur Austilgung und Vergebung der Sünden, und zwar sowohl der lebendigen Menschen, als der Todten, die im Fegfeuer aufbehalten werden sollen. Ein solches Opfer aber können wir aus dem heiligen Abendmahl nicht machen lassen,

 708. α) weil es von Christo nicht dazu verordnet worden ist. Denn sind Sacramente| nicht Opfer, denn in Sacramenten gibt Gott dem Menschen, im Opfer gibt der Mensch dem Herrn. Wenn denn Gott uns im Abendmahl etwas gibt, nämlich Brod und Wein und mit denselben seines Sohnes Leib und Blut, wir aber geben (laut der Stiftung) Gott dem Herrn im Abendmahle durchaus nichts (die geistlichen Opfer des Gemüths, des Gebets, Lobes und Danksagung werden allzeit ausgenommen und von diesen ist hier die Rede nicht), so folgt gewiß, daß das Abendmahl, laut seiner Stiftung, ein Sacrament sei, und nicht ein Opfer. Das Abendmahl soll des Herrn Tod verkündigen, in der Messe wird alles heimlich und zwar in unbekannter Sprache gesprochen. Das Abendmahl ist verordnet allein für die Lebendigen, keineswegs für die Todten; die Messe aber wird sowohl für die Todten, als für die Lebendigen gehalten. Das Abendmahl ist verordnet, die Gnadenwerke Christi uns zuzueignen, und also unsern Glauben zu stärken; die Messe aber wird gehalten für gute Verrichtung allerlei Welthändel, als glückliche Reisen, Schifffahrten, Kriegsrüstungen u. s. w., die an sich selbst mit des Herrn Abendmahl nichts zu thun haben;
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 709. β) weil des Herrn Christi Opfer alles andere Sündopfer gänzlich aufhebt. Denn erstlich wird zum öftern gelehrt, Christus habe ein einziges Opfer verrichtet und damit vollendet, was durch alle alten Opfer vorgebildet worden ist, Hebr. 9, 27. „Christus ist einmal geopfert, wegzunehmen Vieler Sünde;“ Hebr. 10, 10. „In welchen Willen sind wir geheiliget, einmal geschehen durch das Opfer des Leibes Jesu Christi;“ V. 14. „Mit Einem Opfer hat er in Ewigkeit vollendet, die geheiliget werden.“| Röm. 6, 10. „Daß er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben zu einem Male.“ 1 Petr. 3, 18. „Christus hat einmal für unsre Sünden gelitten.“ Daraus muß nun geschlossen werden: Was nur einmal geschehen ist, das kann nicht alle Tage wiederholt werden; das Opfer für der Menschen Sünde ist einmal geschehen, darum kann es nicht in der Messe alle Tage wiederholt werden;
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 710. γ) weil der Herr Christus eben damit entgegengesetzt den Priestern im Alten Testamente, daß diese alle Tage haben Opfer bringen müssen für des Volkes Sünde, Christus aber habe dasselbe alles mit einem einzigen Opfer vollkommen verrichtet; Hebr. 7, 27. „Unserm Hohenpriester war nicht täglich noth, wie jenen Hohenpriestern, zuerst für eigene Sünde Opfer zu thun, darnach für des Volkes Sünde, denn das hat er gethan einmal, da er sich selbst opferte.“ Cap. 9, 12. „Christus ist kommen, nicht durch der Böcke oder Kälber Blut, sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen, und hat eine ewige Erlösung erfunden.“ V. 25. 26. „Christus ist eingegangen in das Heilige, nicht, daß er sich oftmals opfere, gleichwie der Hohepriester geht alle Jahre in das Heilige mit fremdem Blute, sonst hätte er oft müssen leiden vom Anfang der Welt her; nun aber am Ende der Welt ist er einmal erschienen, durch sein eigen Opfer, die Sünde aufzuheben.“ Cap. 10, 11. 12.: „Ein jeglicher Priester ist eingesetzt, daß er alle Tage Gottesdienst pflege und oftmals einerlei Opfer thue, welche nimmermehr können die Sünde abnehmen, dieser aber, da er hat ein Opfer für die Sünde geopfert, das ewiglich gilt, sitzt er zur Rechten| Gottes.“ Daraus muß nun geschlossen werden: Wenn die Priester Alten Testamentes dem Herrn Christo in dem entgegengesetzt worden sind, daß jene oft haben einerlei Opfer thun, ja alle Tage Opfer bringen müssen für des Volkes Sünde, und der Hohepriester alle Jahre in das Heilige einging, Christus aber nur durch ein einziges Opfer, das er nicht oft, sondern einmal verrichtet: so folgt unwidersprechlich daraus, daß Christus dasselbe Amt durch die täglichen Opfer der Messe durchaus nicht verrichtet, ja, daß solche Opfer seinem vollkommenen einigen Opfer gerade zuwidergesetzt werden. Nun werden aber die alten Priester dem Herrn Christo also entgegengesetzt, wie aus den angeführten Schriftzeugnissen klar ist, darum verrichtet Christus sein hohepriesterliches Amt nicht durch die Messe, als welche seinem Opfer gerade zuwidergesetzt wird;
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 711. müßte Christi Opfer unvollkommen sein, wenn es in der Messe wiederholt werden sollte. Im Alten Testamente mußte man oft opfern, weil jene Opfer unvollkommen waren, Hebr. 10, 1 ff. „Alle Jahre muß man opfern, immer einerlei Opfer, und kann nicht, die da opfern, vollkommen machen, sonst hätte das Opfer aufgehört, wo die, so im Gottesdienst sind, kein Gewissen mehr hätten von den Sünden, wenn sie einmal gereinigt werden, denn es ist unmöglich, durch Ochsen- und Bocks-Blut Sünde wegzunehmen,“ V. 11. „Ein jeglicher Priester ist eingegangen, daß er alle Tage Gottesdienst pflege, und oftmals einerlei Opfer thue, welche nimmermehr können die Sünde abnehmen.“ V. 18. wird eine solche gemeine Regel festgesetzt: „Wo Vergebung| der Sünde ist, da ist nicht mehr Opfer für die Sünde.“ Daraus folgt: durch Christi Opfer ist Vergebung der Sünden, und darum ist dadurch alles Opfer für die Sünde (also auch die Messe) aufgehoben; oder also: Nach Christi Opfer bleibt dennoch ein Opfer für die Sünde (die Messe), darum ist durch Christi Opfer nicht Vergebung der Sünden.

 712. Weil in dem Meßopfer kein Blut vergossen wird. In der Epistel an die Hebräer 9, 22. haben wir diese Regel: „Ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung.“ Aus dieser Regel nun ist zu schließen: In allem Opfer für die Sünde wird Blut vergossen, in der Messe wird kein Blut vergossen (wie sie auch nicht für ein blutiges Opfer ausgegeben wird), darum ist die Messe kein Opfer für die Sünde.

 Es thut nichts dazu, wenn man sagen wolle: In der Messe wäre ja das Blut Christi. Denn gesetzt, daß dem also wäre, so wird doch Christi Blut in der Messe nicht vergossen, wovon allein die Rede ist; und gleichwie derjenige, der Ochsen und Böcke für den Herrn brachte, auch Blut mitbrachte, aber solches Blut nicht eher von Sünden reinigen konnte, bis es vergossen wurde, so kann, wenn in der Messe auch Blut wäre, solches nicht reinigen, es werde denn vergossen; weil dieß aber nicht geschieht, also kann auch die Messe nimmermehr für ein Sünd-Opfer gehalten werden.

 713. Was nun (nach §. 701.) des Herrn Christi Werk und Verrichtung anbelangt, so ist die vornehmste die sacramentliche Vereinigung seines Leibes mit dem gesegneten Brod und seines Blutes mit dem gesegneten Kelch. Oben ist nach Paulus| angezeigt worden, daß das gesegnete Brod die Gemeinschaft des Leibes, und der gesegnete Kelch die Gemeinschaft des Blutes Christi sei. Wo solche Gemeinschaft zum Essen und Trinken ist, da ist auch eine Vereinigung, weßwegen das Brod mit dem Leib, der Wein mit dem Blut Christi vereinigt sein muß. Was für eine Art der Vereinigung dieß sei, können wir nicht anders wissen, denn allein aus dem Befehl Christi: Esset, das ist mein Leib, trinket, das ist mein Blut, und wir verstehen, sie seien also miteinander verbunden, daß wir mit dem Brod Christi Leib essen, und mit dem Wein sein Blut trinken. Weiter darüber zu grübeln, dienet zu nichts und ist vergeblich, weil uns davon nichts weiter offenbar ist. Folgende zwei Punkte sind hier allein zu merken:

 714. a) Daß das Brod nicht in den Leib, noch der Wein in das Blut Christi wesentlich verwandelt werde, so, daß nicht mehr Brod und Wein da bliebe, sondern nur die äußerliche Gestalt beider. Dieses ist daher zu beweisen:

 α) Es wird von dieser Verwandlung nichts in der Schrift gefunden, woher man doch diese Lehre allein nehmen muß. Denn obwohl der Herr Christus gesprochen hat: das ist mein Leib, hat er doch keine wesentliche Verwandlung damit andeuten wollen, wie das Nachfolgende genugsam darthun wird. Wie nun vom Herrn Christo gesagt wird: das Wort ward Fleisch, Joh. 1, 14., die Vereinigung beider Naturen anzuzeigen, nicht aber, daß das Wort in’s Fleisch wesentlich verwandelt worden sei, so zeigt die Rede „das ist mein Leib“ allein die Vereinigung| des Brodes und des Leibes, nicht aber die Vereinigung des Einen in das Andere.

 715. β) St. Paulus schreibt von dem gesegneten Brod, es sei die Gemeinschaft des Leibes Christi, 1 Corinth. 10, 16. Nun ist bekannt, wo eine Gemeinschaft ist, da müssen zum wenigsten zwei Dinge sein, daß Eines das Andere, das des Andern Gemeinschaft hat, und ein Anderes Dasjenige, welches die Gemeinschaft ist. Darum muß ein Anderes sein das Brod, welches des Leibes Christi Gemeinschaft ist, und ein Anderes Christi Leib, dessen Gemeinschaft das Brod genannt wird.

 716. γ) St. Paulus redet von dem gesegneten Brod eben in der sacramentlichen Handlung also, daß es noch Brod sei, 1 Corinth. 11, 26. 27. 28. „So oft ihr von diesem Brod esset, und von diesem Kelch trinket, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis daß er kommt. Welcher nun unwürdig von diesem Brod isset, und von dem Kelch des Herrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn, der Mensch aber prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brod u. s. w.“ Wäre das Brod in Christi Leib verwandelt, so könnte Paulus nicht von dem Brod, als noch Brod, reden, indem es gegessen wird.

 717. δ) Unmöglich ist’s, daß der Leib, der allein aus dem geheiligten Geblüt der Jungfrau Maria von dem Sohne Gottes angenommen worden ist, durch Verwandlung des Brods entstehen sollte. Oder Christus müßte zwei Leiber haben, einen angenommenen aus Maria, den andern aus dem Brod geschaffen.

 718. Es ist bekannt, daß, wenn das gesegnete Brod und der gesegnete Wein hingesetzt und verwahrt wird,| der Wein in die Länge zu Essig werde, und das Brod verfaule, daß Würmer daraus wachsen, was von des Herrn Christi Leib und Blut nicht ohne Lästerung gedacht oder gesagt werden kann.

 719. b) Daß die sacramentliche Vereinigung allein zwischen Brod und Christi Leib, zwischen Wein und Christi Blut geschehe. Demnach sind die vergeblichen Gedanken fahren zu lassen, als ob auch im Abendmahle mit dem Leib Christi seine göttliche Natur empfangen werde. Denn es steht davon nichts in der Einsetzung, darum Niemand sagen soll, daß die göttliche Natur mit dem Brode vereinigt werde, obschon das Band der Vereinigung des Leibes Christi mit der Gottheit fest und unverbrüchlich bleibt. Also wird vergeblich gedichtet, man empfange mit dem Brod sowohl das Blut, als den Leib Christi; denn obwohl der Leib von seinem Blut, auch das Blut vom Leibe nicht abgesondert wird, so ist doch von dieser sacramentlichen Handlung anders zu halten, weil Christus verordnet hat, mit dem Brod seinen Leib (nicht aber sein Blut) zu essen, mit dem Wein sein Blut (nicht aber zugleich seinen Leib) zu trinken. So nun der Stiftung des Sacramentes zuwiderlauft, daß man sage, Christi Blut werde mit dem Brod gegessen, sein Leib werde unter’m Wein getrunken, so folgt, daß die Vereinigung im Sacrament nicht geschehe zwischen Brod und dem Blut, und zwischen Wein und dem Leib Christi, weßwegen kein Communicant unter dem Brod des Blutes, noch unter dem Wein des Leibes Christi theilhaftig wird, ob wir schon solche Verordnung nicht weiter verstehen, noch gänzlich ausforschen können.

|  720. Nun ist noch übrig (nach §. 701.), daß wir die Werke der Communicanten betrachten. Deren sind dreierlei, als Nehmen, Essen und Trinken.

 Das erste Werk ist Nehmen. Dieß Wort hat der Herr Christus gebraucht: Nehmet, esset u. s. w. Solches Nehmen mag auf zweierlei Weise verrichtet werden, nachdem zwei Mittel sind, damit man nehmen kann, theils mit den Händen, theils auch mit dem Munde. Es ist aber ein unnützer Streit, wenn man vorgibt, die Communicanten müssen das Brod mit den Händen empfangen, nicht aber mit dem Munde, sonst wäre es nicht genommen, weil auch nach Art der gemeinen Sprache derjenige einen Bissen nimmt, der ihn allein mit dem Munde empfängt, und es ist zu vermuthen, daß Judas den eingetauchten Bissen von dem Herrn mit dem Munde und nicht mit der Hand empfangen, klar aber ist, daß mit dem Munde empfangen, auch nehmen heiße, denn da Jesus mit beiden Händen an das Kreuz geheftet war, hat er mit dem Munde den Essig genommen, Joh. 19, 30. Allein es ist nöthig, daß man dieses Nehmen (es geschehe mit dem Munde oder mit der Hand) ein frei Mittelding sein lasse, und keines als nothwendig gebrauche, sonst schlägt Aberglauben dazu, welcher nicht zu entschuldigen ist.

 721. Das andere Werk ist Essen. Was der Herr Christus seinen Jüngern im ersten Theile dieses Sacramentes dargereicht hatte, das befahl er ihnen zu essen. Nun hat er ihnen das Brod dargereicht, auch wie die Worte lauten, seinen Leib. Darum befiehlt er, das Brod und seinen Leib zu essen. Hier müssen wir abermals unserm Herrn Christo mehr zutrauen als wir verstehen können, allein auf seine Verordnung| fleißig Acht haben, und dennoch dafür halten, daß dieses sacramentliche Essen (und also auch das Trinken) nicht ein geistliches Essen sei, das durch den Glauben geschehe.

 722. Zwar läugnet Niemand, daß dieses Abendmahl eine geistliche Mahlzeit sei, sofern es nicht den Leib zu diesem zeitlichen Leben zu unterhalten, sondern Leib und Seele zu dem geistlichen zukünftigen und ewigen Leben zu ernähren, verordnet ist. Sofern aber des Herrn Leib geistlich essen, und des Herrn Blut geistlich trinken so viel heißen soll, als seiner Gnadenwerke sich theilhaftig machen (in welchem Verstande bei Joh. 6. der Herr Jesus also redet: Ich bin das Brod des Lebens, wer zu mir kommt, der wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, der wird nimmermehr dürsten, V. 35.), so wird in diesem Sacrament durch das Wort „esset“ dieses geistliche Essen nicht befohlen, welches aus Folgendem gewiß ist.

 723. a) Dieses sacramentliche Essen kann außer dem Sacrament nicht geschehen, das geistliche aber geschieht auch außer dem Sacrament, weil auch alsdann Christi Wohlthaten mit Glauben ergriffen werden, b) Das sacramentliche Essen ist dem Neuen Testamente eigen, das geistliche aber ist zu allen Zeiten von den Gläubigen vom Anfange der Welt geschehen, c) Das sacramentliche Essen empfängt nicht allein Brod ohne Christi Leib, auch nicht seinen Leib ohne das Brod, sondern Brod und Christi Leib miteinander, das geistliche Essen aber empfängt kein Brod, sondern ohne dasselbe den Leib Christi, d) Das sacramentliche Essen geschieht von Bösen und von Guten, das geistliche allein von den Gläubigen. e) Das sacramentliche Essen geschieht| nicht allein zum Leben und zur Seligkeit, sondern auch zum Gericht, das geistliche allein zur Seligkeit und nimmermehr zum Gericht. f) Das sacramentliche Essen ist unterschieden vom Trinken, das geistliche ist nicht davon unterschieden, sondern Christi Leib essen, heißt glauben, und sein Blut trinken, heißt auch glauben. g) Das sacramentliche Essen wird befohlen in dem Worte esset, das geistliche in dem Anhang: solches thut zu meinem Gedächtniß. Das sacramentliche Essen gehört also zur Substanz und zum eigentlichen Wesen des Nachtmahls, das geistliche Essen zu dem fruchtbaren und seligen Gebrauch desselben.

 724. Es ist aber das sacramentliche Essen, da unter und mit dem gesegneten Brod der Leib des Herrn Christi empfangen und gegessen wird. Solches ist noch zu erklären.

 α) Daß wir die Sache, wie sie sich eigentlich verhalte, mit unsrer Vernunft nicht erreichen, sondern dem Herrn Christo die Ehre geben, „daß er könne überschwänglich thun, über Alles, was wir bitten und verstehen,“ Ephes. 3, 20.

 725. β) Daß dieses Essen mit dem leiblichen Munde geschehe. Solches wird damit bewiesen: 1) Entweder wird das mündliche Essen, das mit dem leiblichen Munde, oder das geistliche, das allein mit dem Glauben geschieht, geboten? Nun wird hier nicht das geistliche Essen geboten, wie dargethan worden ist, darum wird nothwendig das mündliche verstanden. 2) Das Essen wird hier geboten, dadurch das Brod gegessen werden kann; allein durch’s mündliche Essen kann das Brod gegessen werden, darum wird hier allein das mündliche Essen geboten. 3) Das Essen ist in| dem Sacrament verordnet, dadurch die Jünger dem Befehl Christi (esset) genug gethan haben; nun haben die Jünger allein mit dem mündlichen Essen Christi Befehl (esset) genug gethan, und es ist nicht die geringste Anzeige, daß sie über dieses mündliche auch noch ein geistliches Essen, das durch den Glauben geschehe, verrichtet haben, darum ist hier das mündliche Essen allein verordnet worden. 4) Wie St. Paulus von dem gesegneten Brode schreibe, es sei des Leibes Gemeinschaft, ist oben angezeigt worden. Wenn nun, da das Brod mit dem Munde gegessen wird, Christi Leib nicht mit dem Munde empfangen würde, folgte, daß in diesem Sacramente das Brod mit dem Leib Christi keine Gemeinschaft habe: soll aber eine Gemeinschaft sein, so ist allwege nöthig, daß, wie das Brod, also auch Christi Leib, mündlich empfangen und gegessen werden müsse. Das Abendmahl wird also von den Communicanten empfangen, wie es von dem Prediger dargereicht wird. Es wird aber von dem Prediger das ganze Sacrament, und also sammt dem Brod auch der Leib Christi dargereicht zu dem leiblichen Munde, daß es damit empfangen werde, nicht aber wird das Brod dem leiblichen, Christi Leib aber dem geistlichen Glaubens-Munde dargereicht (denn dieses kann der Prediger nicht thun), woraus also folgt, daß der Communicant das Sacrament, und also, sammt dem Brode, auch Christi Leib mit dem leiblichen Munde empfange.
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 726. γ) Daß nicht zu schließen sei, Christi Leib wird mit dem Munde gegessen, darum geschieht solches auf natürliche und solche Weise, wie man andere Speise zu geniesen pflegt. Denn solche Art zu schließen, ist in| göttlichen Geheimnissen ganz untüchtig. Als der heil. Geist bei der Taufe Christi in Taubengestalt räumlicher Weise herabfuhr (Matth. 3, 16.), ist die Taube natürlich herabgefahren, aber von dem h. Geist kann dieß nicht gesagt werden, weil er Alles in Allem erfüllt, und von Ort zu Ort sich nicht bewegen kann. Als der h. Geist auf die Apostel fiel, setzte er sich auf einen Jeglichen unter ihnen, Apost. Gesch. 2, 3., da er doch (als ein Geist) nicht stehen oder sitzen kann. Nachdem die Jungfrau Maria den Sohn Gottes empfangen hatte, Luc. 1, 35. 42., konnte von der göttlichen Natur nicht gesagt werden, daß sie in ihrem Leibe natürlicher, räumlicher Weise verschlossen wäre. Wenn Gott in der Wolkensäule vor seinem Volke herzog, bewegte sich die Wolke von Ort zu Ort, aber Gott nicht, der gleichwohl in der Wolke daher zog, 2 Mos. 13, 21. Nicht anders beim heil. Abendmahle: Wenn Christi Leib mit dem Munde gegessen wird, so folgt nicht, daß er natürlicher Weise (wie andere Speisen) gegessen werde, sondern, wie wir gewiß glauben, der h. Geist sei heruntergefahren, daß doch an seinem Wesen räumlicher Weise nicht sein konnte, so glauben wir ebenfalls, daß Christi Leib im Abendmahle gegessen werde mit unserm leiblichen Munde, ob wir schon nicht wissen, noch verstehen, wie solches zugehe, und bleibt uns doch gewiß, es geschehe nicht auf eine natürliche Art, wie gemeine Speisen empfangen und genossen werden.

 727. Das dritte Werk der Communicanten ist Trinken, welches zugleich das andere Stück ist, das zum Sacrament gehört. Dabei ist zu bemerken:

|  α) was im h. Abendmahle trinken heiße? Darunter verstehen wir eben das mündliche Trinken, wie von dem Essen des Leibes Christi gemeldet worden ist.

 β) Was man trinken solle? Wein und mit demselben das Blut Christi.

 γ) Wer es trinken soll? Darüber sollte unter Christen nicht der geringste Zweifel sein. Da aber über dieses leider auch ein Streit entstanden ist und gefragt wird: Ob allein die Priester, oder auch alle andern Christen den Kelch zu empfangen haben? so ist diese Frage hier zu untersuchen. Daß die Laien mit keinem Rechte vom Trinken des Weines im heil. Abendmahle abgewiesen werden können, wird aus folgenden Gründen erhellen:

 728. α) Weil Christus in der Einsetzung des Nachtmahls ausdrücklich befohlen hat, sie sollen Alle daraus trinken, Matth. 26, 27., welches die Jünger dann gethan haben, wie Marcus Cap. 14, 23. eigentlich bezeugt: „Sie tranken Alle daraus.“ Zwar möchte man vorwenden, die Jünger, zu denen diese Worte geredet worden sind, wären alle Priester gewesen; allein man muß wissen, daß Christus diesen Befehl nicht allein ihnen habe geben wollen, sondern in ihrer Person allen Christen. Denn wie er zwar zu den Aposteln allein gesagt hat: Esset u. s. w., so hat er zwar auch zu den Aposteln allein gesagt: „Trinket alle daraus!“ und doch zu diesem Trinken (wie zu diesem Essen) alle Christen verbunden.

 729. β) Weil in der ersten christlichen Kirche alle Gläubigen zu dem Kelche hinzugelassen| worden sind. Davon zeugt St. Paulus 1 Corinth. 10, 21.: „Ihr könnet nicht zugleich trinken des Herrn Kelch und des Teufels Kelch.“ Cap. 11, 26.: „So oft ihr von diesem Kelche trinket u. s. w.“ V. 27.: „Welcher unwürdig von diesem Kelche trinket, der ist schuldig an dem Blut des Herrn u. s. w.“ In Summa: Der Apostel macht hier keinen Unterschied, sondern, wen er essen heißt, den heißt er auch trinken. Zudem ist diese Epistel nicht den Priestern, sondern der Gemeine Gottes zu Corinth (1 Corinth. 1, 2.) geschrieben, darum lehrt Paulus die Gemeine, wie sie das Blut Christi im Abendmahle würdig trinken solle. Was für Rechte aber die Christen zu Corinth zu der Communion des Kelches im Abendmahle gehabt haben, eben dasselbe Recht haben alle Christen ohne Unterschied.

 730. γ) Es kann auch keine erhebliche Ursache angegeben werden, um derentwillen den Laien der Kelch zu versagen wäre, ja warum des Herrn Christi Testament und letzter Wille gebrochen und zu Nichte gemacht werden soll. Es bleibt also auch deßwegen dabei, daß den Laien, und demnach allen Communicanten, der Kelch sowohl, als das Brod im Nachtmahl gereicht werden soll, und daß denjenigen, die des Kelches nicht theilhaftig werden, das Sacrament verstümmelt ist, und empfangen es nicht nach Christi Willen.

 Dieses sind die Handlungen, darinnen das heilige Abendmahl seiner Form und ganzem Wesen nach eigentlich bestehe.

|  731. Diese werden aufgehoben, und andere an ihre Stelle gesetzt, wenn man im Papstthume meint, man solle und könne das gesegnete Brod einschließen und verwahren, herumtragen und anbeten, welche Gedanken alle aus dem zuvor widerlegten Irrthum entstehen, als würde das Brod in Christi Leib wesentlich verwandelt. Es ist nun von jedem dieser Werke insonderheit zu reden.

 a) Von der Einschließung und Verwahrung des gesegneten Brodes. Im Papstthume pflegen die Priester das Brod zu segnen, hernach einzuschließen und zu verwahren, damit, wenn ein Kranker nach der Communion begehret, es nicht erst müsse consecrirt werden. Solches ist aber zuwider

 732. α) der Stiftung des Herrn Christi, der diese Handlungen, das Brod brechen, darreichen, essen u. s. w., so zusammensetzt, daß da, wo sie von einander getrennt werden, kein Abendmahl ist; nicht anders, als wie bei dem Osterlamm schlachten, braten, essen zusammengehörte, und wenn deren eines ausgelassen würde, dieses Sacrament nicht gehalten worden wäre. Wer nun des Herrn Abendmahl halten will, der segne nicht allein das Brod, sondern esse auch davon und gebe Andern davon zu essen, welches aber da nicht geschieht, wo man nach der Segnung das Brod einschließt.

 733. β) Es ist dieß auch der einhelligen Gewohnheit der ersten reinen Kirche zuwider, von der nicht gelesen wird, daß der Herr Christus das gesegnete Brod verschlossen und seinen Jüngern nicht zu essen gegeben hätte; oder daß zu Corinth Paulus verordnet habe, daß etwas verwahrt werden| sollte, es haben vielmehr Alle das Brod gegessen und den Kelch getrunken, 1 Corinth. 11, 26. Eben so hat man etliche hundert Jahre lang von der Einschließung nichts gewußt, folglich ist diese ein neues Werk.

 734. γ) Endlich ist dieses Einschließen auch der eigentlichen Natur eines Sacramentes zuwider. Denn in diesem muß eine Handlung sein, durch welche die dazu verordnete Materie den Menschen zugeeignet werde. So ist in der Beschneidung eine Handlung, nämlich das Hinwegnehmen der Vorhaut, in dem Sacramente des Osterlamms das Essen, in der Taufe das Eintauchen oder Besprengen mit Wasser, also im heil. Abendmahle das Essen und Trinken, so daß, wie ohne Hinwegthun der Vorhaut keine Beschneidung, ohne Essen kein Sakrament des Osterlamms, ohne Eintauchen oder Besprengen keine Taufe, also ohne Essen und Trinken (welches nicht Statt hat, wenn das Brod eingeschlossen wird) kein Abendmahl ist.

 735. b) Von dem Herumtragen, welches man im Papstthum verrichtet, wenn entweder das gesegnete Brod zu den Kranken mit besonderer Feierlichkeit über die Straße gebracht, oder in einer Procession an dem Frohnleichnamstage (der der Donnerstag nach dem Feste der h. Dreieinigkeit ist) um die Aecker herumgetragen wird, daß das Feld dadurch fruchtbar gemacht werden solle. Diese Handlung ist auch ganz untüchtig. Denn ist sie nicht fundirt oder von Christo verordnet; ist sie in der ersten rechtgläubigen Kirche ganz unbekannt gewesen, und erst um’s Jahr 1264 nach Christo vom Papste Urban IV. gestiftet worden; wird das| Sacrament dadurch zu einem äußerlichen Gebrauch gewendet, da es doch allein zum geistlichen gestiftet ist.

 736. c) Von dem Anbeten des Brods. Wenn das Sacrament also herumgetragen wird, müssen die Zuschauer auf ihre Kniee fallen und das gesegnete Brod (wie auch allzeit bei Verrichtung der Messe) anbeten. Hier ist zu wissen, a) daß ein Jeglicher zum heil. Abendmahl, als einer heiligen himmlischen Handlung, ein ehrerbietiges Herz bringen müsse, wenn er es würdig gebrauchen will; b) daß man Christum, als Gott und Menschen, allenthalben und demnach auch im Sakramente anbeten soll, weil von solchem Dienst nichts in der ganzen Welt ausgeschlossen werden soll, 2 Timoth. 2, 8. „So will ich nun, daß die Männer beten an allen Orten;“ jedoch c) daß das Gebet nicht stracks zu dem Brod gerichtet werde, denn wie Gott nicht leiden konnte, daß man ihn gerade im Kalbe (2 Mos. 32, 5. 7.) ehrete, ob er schon auch an dem Orte geehrt sein wollte, so will Christus zwar angebetet sein, auch da das Sacrament gehandelt wird, aber daß er im Brod sich wolle anbeten lassen davon haben wir keinen Befehl, auch kein Exempel, dem wir nachfolgen sollten; solches Anbeten des Brodes bleibt demnach ein Menschen-Gebot, damit Gott vergeblich gedient wird, Matth. 15, 9.; d) daß man sich mit dem Gebete nicht zu allem dem, das ein Sacrament ist, und also auch nicht zu dem Brod wenden soll, es auch zugleich mit anzubeten. Denn nachdem es aus obenangegebenen Ursachen klar ist, daß das Brod nicht in Christi Leib verwandelt werde, so betet Derjenige nicht ohne Abgötterei auch das Brod an, welcher alles das anbetet, was ihm im Sacrament vorgestellt wird.

|  737. d) Was die Frucht und Wirkung des Abendmahls sei? Diese sind zweierlei: Etliche betreffen unsern Herrn Christum, als dem wir mit fleißiger Beobachtung seiner Ordnung Gehorsam leisten, und dessen Tod wir verkündigen und ihm für seine unaussprechlichen Wohlthaten danksagen sollen.

 738. Andere betreffen den Menschen, dem

 α) sein Glaube bekräftigt wird. Denn weil der Herzens-Glaube eines Christen nichts anders sein soll, als eine gewisse Zuversicht, daß Christus sein Heiland sei, für ihn gestorben sei und sein Blut vergossen habe, oder Christus im Abendmahle bezeugt, daß sein Leib für die Communicanten in den Tod gegeben und sein Blut für sie vergossen sei, daß sie auch zu einem Pfand diese Wohlthaten empfangen sollen, so folgt daraus, daß Christus damit allen Communicanten den Glauben stärke. Wenn das geschieht, so folgt,

 β) daß Christus ihnen auch die evangelischen Gnadenverheißungen (er wolle nicht des Sünders Tod, sondern seine Bekehrung, er wolle nicht, daß Jemand verloren gehe, sondern Alle selig werden u. s. w.) zueigne. Denn gewiß, für wen Christus sich dahin gegeben und sein Blut vergossen hat, den will Gott zur Seligkeit befördert wissen. Nun bezeugt Christus in diesem Abendmahl, daß er für einen jeden Communicanten sich dahin gegeben, und für einen jeden sein Blut vergossen habe, darum bezeugt Christus auch einem Jeden, daß ihn Gott zur Seligkeit befördert wissen wolle.

 γ) Daß er ihnen ein Pfand ihrer Seligkeit darreiche. Da sie Gott zur Seligkeit befördern will, und Christus für sie gestorben ist, solches| ihnen auch gepredigt und mit dem Sacrament bezeugt wird, so verspricht ihnen Gott damit, daß er an seinem Theile nichts mangeln lassen wolle, was sie zur ewigen Wohlfahrt befördern kann, und wenn es der Mensch nur nicht an sich selbst mangeln lasse, soll er so gewiß, als Gott wahrhaftig ist und nicht lügen kann, und als Christus die Wahrheit selbst ist, zur ewigen Seligkeit gelangen.

 δ) Hieher kann auch der mancherlei Nutzen gezählt werden, dessen die alten Kirchenlehrer gedenken, als: daß wir mit dem Gebrauch des heil. Abendmahls 1) bezeugen, wir seien desjenigen Glaubens, welcher in der Gemeine, in der wir communiciren, öffentlich gelehrt wird; 2) dem Herrn Christo, als dem geistlichen Oelbaume, eingepflanzt werden; und 3) daß Christus die Zusage erfülle, Joh. 14, 23. „Wer mich liebet, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen; 4) daß wir gewiß werden der Auferstehung von den Todten; denn obwohl unsere nichtigen Leiber sterblich sind, will uns doch Christus mit Darreichung seines Leibes zugesagt haben, daß sie seinem verklärten Leibe ähnlich werden sollen, Phil. 3, 21.

 739. e) Die Vorbereitung zum würdigen Empfange dieses Sacramentes. Dieß ist ein nothwendiger Punkt, weil nicht Alle, die das Abendmahl brauchen, auch der erwähnten Gnaden theilhaftig werden, sondern allein die, welche es würdig gebrauchen, nach 1 Corinth. 11, 27. ff.: „Welcher unwürdig von diesem Brod isset, oder von dem Kelch des Herrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn; der Mensch aber| prüfe sich selbst, und also esse er von diesem Brod und trinke von diesem Kelch, denn welcher unwürdig isset und trinket, der isset und trinket ihm selbst das Gericht, damit, daß er nicht unterscheidet den Leib des Herrn.“

 Es ist also die Vorbereitung höchst nöthig. Diese besteht aber nicht vornämlich in äußerlicher Zucht (die Niemand mißbilligt), auch nicht darin, daß man vor dem Abendmahle keine andere Speise gebrauche (denn die Apostel empfingen es, nachdem sie das Osterlamm verzehrt hatten und fast unter der Mahlzeit), sondern hauptsächlich darinnen, daß ein Mensch sich selbst prüfe, welches geschieht:

 740. α) durch’s Gesetz, daß er sich examinire, wie er in vielen Sünden gelebt, Gottes Zorn und ewige Verdammniß verdient habe, auch ferner merke, ob er Lust und Gefallen an der verübten Sünde trage, und sie hinfort weiter zu vollbringen gedenke, oder ob sie ihm leid sei, und er eine schmerzliche Reue wegen derselben trage. Findet er, daß er die Sünde nicht achte, sie vielmehr noch liebe, und gedenkt er von ihr nicht zu lassen, so fühlt er noch nicht Gottes Gericht, noch dessen Willen wegen der Sünde, fürchtet sich nicht vor dem göttlichen Zorn, und glaubt wohl gar nicht, daß ein Gott sei. Wie könnte ein solcher würdig erscheinen?! Wenn er aber sich vor Gott, dessen Zorn und Gericht entsetzet, wenn ihm seine Sünde herzlich leid ist, und zwar nicht allein wegen bevorstehender Strafe, sondern auch, weil er einen so liebreichen und gütigen Vater erzürnet hat, und er sich fest vorsetzt, nach allen Kräften sich vor Sünden zu hüten, so bestehet er in| des Gesetzes Probe, und ist sofern von dieser Mahlzeit, als ein unwürdiger Gast, nicht zu verwerfen.

 741. β) Durch’s Evangelium, daß er sich auch examinire, ob er wisse und glaube, daß Gott die Menschen, die gesündigt haben, nicht verstoßen, sondern zur Seligkeit bringen wolle, daß er zu dem Ende seinen Sohn dem menschlichen Geschlechte gegeben habe, der für ihre Sünden gebüßet und dem göttlichen Gerichte dafür genug gethan habe; ob er glaube, daß solcher gnädige Wille Gottes und solches Verdienst Christi ihn auch insonderheit angehe, daß Gott ihn geliebt und Christus sein Blut für ihn vergossen habe; ob er also nicht zweifle, daß ihm durch Christum alle Sünden vergeben seien; ob er auch dafürhalte, daß ihm Christus zur Versicherung dieser Vergebung im Abendmahl unter Brod und Wein seinen Leib und sein Blut darreiche. Will es in diesen Punkten fehlen, so sei er gewiß, daß er ganz und gar unwürdig sei, bei des Herrn Tisch zu erscheinen. Ist er aber dessen in seinem Herzen versichert (ob schon zuweilen Schwachheit mit unter läuft und ihn widrige Gedanken anfechten), so sei er gewiß, daß er recht würdig und wohlgeschickt erscheine, und es zum Leben empfange.

 742. f. Was die Umstände des Abendmahls seien? Nachdem diese bisher allermeist erklärt worden sind, so ist nun nur noch von dreien zu handeln übrig, als

 α) von der Zeit. Der Herr Christus hat es eingesetzt am Abend, daher es Abendmahl heißt, in der Nacht, daher es das Nachtmahl genannt wird. Man sehe nun an die Zeit des Jahres oder des Tages| so sind diese Umstände 1) in der Stiftung frei gelassen und Niemand ist daran gebunden, ob er es an diesem oder jenem Tage des Jahres, am Sonntage oder an Festtagen, des Morgens frühe, des Mittags, des Abends oder in der Nacht gebrauchen wolle; darum läßt man’s billig bei solcher Freiheit bewenden; 2) von der ersten Kirche nicht in Acht genommen worden, denn die Christen haben allerlei Tage gebraucht, „sie waren täglich und stets bei einander einmüthig im Tempel, und brachen das Brod hin und her in Häusern,“ Apost. Gesch. 2, 46. Zu Troada pflegten sie es am Sabbath zu halten, Apost. Gesch. 20, 7.

 743. β) Von dem Ort. Davon sind zwei Fragen zu beantworten:

 Ob diese Handlung nur in öffentlichen Versammlungen geschehen müsse, oder auch in Häusern bei Kranken vorgenommen werden dürfe. Alle Verrichtungen des Gottesdienstes gehören eigentlich in die öffentlichen Versammlungen, wenn aber eine besondere Ursache es anders erfordert, alsdann dürfen sie auch in Privathäusern geschehen, weil der Herr Christus das erste Abendmahl im Gasthause zu Jerusalem gehalten, und dieser Umstände halber nichts vorgeschrieben ist, die Apostel es sammt andern Christen in Häusern hin und her verrichtet haben, Apostelgesch. 2, 46., auch in Häusern christliche Gemeinen sind, wo nämlich zwei oder drei versammelt sind in Christi Namen, Matth. 18, 20.; und keine erhebliche Ursache angegeben werden kann, um derentwillen man das Abendmahl den Kranken, die nicht zur Gemeine kommen können, versagen sollte.

|  744. Ob man das heil. Abendmahl auf Tischen oder auch am Altare halten soll? Ein Altar ist, nach levitischem Gebrauche, ein solcher Ort, wo man die Opfer auflegt, und sie Gott gleichsam übergibt. Im Papstthum heißt man diejenigen Tische Altar, auf denen sie ihr vermeintes Meßopfer verrichten. In solchem Verstande wissen wir in unserer Kirche durch Gottes Gnade weder von levitischen, noch von päpstischen Altären. Weil aber den steinernen und hölzernen Tischen, darauf man das Abendmahl zu verrichten pflegt, nach abgeworfenem Papstthume dieser Name (Altar) geblieben ist, und nichts daran gelegen ist, ob man sie Tisch oder Altar, oder sonst wie heiße, so sagen wir, das Abendmahl werde auf dem Altar gehalten, und kann solches nicht unrecht sein, weil es nirgends verboten ist. Es ist auch an sich selbst ohne Zweifel, daß solche heilige Handlungen durch Raum und Ort nicht verunreinigt werden, wie das Wort Gottes nichts desto weniger heilig ist, ob es schon in den Orten gepredigt wird, wo zuvor Gotteslästerung getrieben worden ist.
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 745. γ) Von der Wiederholung des Sacramentes. Warum die Taufe nicht zu wiederholen ist, ist oben angegeben worden. Aber eine andere Beschaffenheit hat es mit diesem Sacrament, welches nicht nur ein sondern oftmal gebraucht und wiederholt werden soll, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Es hat der Apostel des Herrn Christi Wort also erzählt, 1 Corinth. 11, 25. „Solches thut, so oft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtniß.“ V. 26. „So oft ihr von diesem Brod esset u. s. w.“ Es haben’s auch 2) die ersten Christen gethan, welche hin und her in den Häusern| das Brod gebrochen haben, Apostelgesch. 2, 46. Es wurde 3) das Osterlamm oft und alle Jahre gegessen, welche Handlung das Vorbild des Abendmahls gewesen ist. Wie oft es aber ein Christ gebrauchen soll, davon kann Niemanden Maß und Regel vorgeschrieben werden, ein Jeglicher muß solches von seiner eigenen Gottesfurcht und Andacht hernehmen, wiewohl es gut ist, sich oftmals ernstlich zu prüfen, seine Gottseligkeit zu erwecken, und den Glauben zu stärken.





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