RE:Histrio
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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der Schauspieler | |||
Band VIII,2 (1913) S. 2116–2128 | |||
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Histrio. Der erste römische Dramatiker Livius Andronicus war zugleich auch Darsteller seiner Werke (Ritschl Parerga 196). Plautus, obgleich er selbst Schauspieler war (Leo Plautinische Forschungen 65, 74), übergab seine später erschienene Lustspiele Schauspielern von Fach zum Aufführen (Plaut. Bacch. 214). Von Caecilius und Terenz wissen wir ganz bestimmt, daß ihnen für [2117] die Aufführung ihrer Werke besondere Schauspieler zur Verfügung standen. Nach antiker Überlieferung waren die ersten Schauspieler aus Etrurien nach Rom berufen (Liv. VII 2. Tac. ann. XIV 21. Val. Max. II 4 § 4). Aber schon bald kamen auch einheimische Künstler an die Reihe: Plautus erwähnt bereits ludii barbari (Curc. 150), unter welchen wahrscheinlich auch dramatische Schauspieler zu verstehen sind; aus Etrurien, wo alles, was mit der Kunst im Zusammenhang stand, gering geschätzt wurde (vgl. G. Körte o. Bd. VI S. 769), stammt möglicherweise jene feindliche Stimmung, unter welcher in Rom die Schauspieler fast immer gelitten haben. Größtenteils waren es Sklaven (Plaut. Cist. 785. Cic. pro Rosc. com. 10, 29f. Sen. ep. 47, 11. 80, 7. Plin. n. h. VII 39, 128. Dio LXXVII 21. Gai. instit. IV 3, 10. Digest. VII 4, 12 § 1. XXXVIII 1, 7 § 5. XL 12, 44 § 2). Die zur Bühnentätigkeit ausgebildeten Sklaven (Cic. pro Rosc. com. 28) wurden von ihrem Herrn an verschiedene Unternehmer vermietet (Dig. XXXII 73 § 3). Nicht selten wurden sie auf Verlangen des Volkes im Theater selbst freigelassen (Suet. Tib. 47. Dio LVII 11). Sie wanderten aus einer Stadt in die andere (Perdrizet Bull. hell. XXIII 1899, 573. F. Cumont in O. Hirschfelds Festschrift 278. Österr. Jahresh. III 49ff.) In der Kaiserzeit durfte niemand sich der Bühnenkunst widmen, ohne dazu eine spezielle Erlaubnis von den Eltern zu erhalten (Nov. 115, 3. 10). Wer sich der Bühnenkunst widmen wollte, wandte sich an spezielle Lehrer, hauptsächlich aus der Zahl der berühmten Schauspieler; unter solchen Lehrern war besonders berühmt Roscius, welcher an seine Schüler sehr große Forderungen stellte (Cic de orat. I 129), und das Publikum zu seinen Schülern schien besonders günstig gestimmt zu sein. Die Schüler dagegen seines Zeitgenossen Statilius hatten einen schlechten Ruf (Cic. pro Rosc. com. 10).
Die bei den Griechen feststehende Zahl von drei Schauspielern ist für die meisten lateinischen Dramen ungenügend (Diomed. 491 K.). Nur Stichus des Plautus konnte von drei Schauspielern dargestellt werden (Leo Nachr. Gött. Ges. 1902, 391), aber Versuche, bestimmte Regeln in dieser Hinsicht festzustellen, scheinen verfehlt zu sein. H. W. Prescott Harv. St. XXI 31–50. Der Text der Cistellaria hat sehr viel Schaden gelitten, so daß wir über die Zahl der für dieselbe nötigen Darsteller nicht urteilen können. Senecas Tragödien konnten auch nur von drei Schauspielern dargestellt werden, aber Th. Birt sieht gerade hier den besten Beweis dafür, daß sie nicht zur Bühnendarstellung bestimmt waren (N. Jahrb. f. klass. Altert. 1911, 338). Die Schauspieler bildeten eine Truppe, und im Falle dieselben Sklaven waren, durften sie nicht getrennt verkauft werden (Dig. XXI 38 § 14), daraus folgt, daß auch in Rom reiche Leute, wie englische Lords, eigene Schauspielertruppen aus Sklaven für ihr persönliches Vergnügen besaßen. Jeder Truppe (grex, caterva) stand ein Direktor, dominus gregis, vor (Plaut Asin. 3; Poen. 4. 44: imperator histricus), der zugleich auch als Schauspieler tätig war (Ter. Heaut 37–40). Ausnahmsweise erschien er auch als prologus (Ter. Heaut. 1–2.; Hec pr. Il. v. 1). Solche Direktoren bekamen [2118] bestimmte Besoldung aus der Staatskasse (Iuven. VI 380. Plut. Brut. 21), und außerdem waren sie am Erfolge des Stückes auch materiell beteiligt (Ter. Hec. pr. II v. 57. Donat ad Hec. 49). Nach gelungener Vorstellung pflegte er seinerseits auch seine Schauspieler zu belohnen, diejenigen aber, welche sich irgendwas zu Schulden kommen ließen, wurden bestraft (Plaut. Cist. 785; Trin. 990). Wenn Plaut. Amph. 83. 84 keine bloße Wiedergabe des griechischen Originals ist, sondern einen wirklichen Zusammenhang mit dem römischen Theaterwesen hat, so wurden die Schauspieler ebenso streng bestraft auch für Mißhandeln gegen andere Mitglieder derselben Truppe. In den Didaskalien zu Terenz Adelphoe und Hecyra sind die Namen zweier Direktoren erwähnt. Fr. Schoell (Fl. Jahrb. CXIX 41f.) meinte, daß größere Truppen nicht einen, sondern zwei Direktoren hatten, aber wahrscheinlich stammen diese Namen nicht von einer, sondern von zwei verschiedenen Vorstellungen, und nur später sind sie von dem Urkundenverfasser in eine zusammengeschmolzen (K. Dziatzko Rh. Mus. XX 591).
Die jüngsten von den Schauspielern erschienen vor Beginn der Vorstellung als prologi (Ter. Heaut. 2); aus Terenzillustrationen ersehen wir, daß die letzteren mit einem Oliven- oder Palmenast in der Hand erschienen (C. Saunders Costume in rom. Comedy 35, vgl. Hesiod. Theog. 30. Suet. de viris illust. 18 R.). Zur Zeit des Plautus und Terenz wurden auch Frauenrollen von Männern dargestellt, und es gab in Rom Schauspieler, welche speziell nur Frauenrollen darstellten, wie z. B. Demetrius, Haemon und Carpophoros (Quint. XI 3, 178. Iuven. III 98. VI 197): vom ersten sagt Quintilian, daß er dieses Fach seiner Stimme wegen gewählt hat (I 11, 2). Zur Zeit, als Donat seinen Kommentar zu Terenz schrieb, waren die weiblichen Rollen schon von Frauen dargestellt (zu And. 716). Für Frauenrollen mußten die Schauspieler mittels Gips ihre Hände usw. weiß machen (Cic. ad fam. VII 6, 1). Zu Quintilians Zeiten war Demetrius gepriesener Darsteller der Götter-, Jünglingsrollen u. dgl., Statilius aber – Parasiten- und Greiserollen, was mit ihrem Temperament und physischen Mitteln in Zusammenhang stand (Quint. XI 3 §§ 178-180). Nach Cicero (de off. I 31, 114) wählte jeder Schauspieler die Rolle, welche seinem Charakter am meisten entsprach. Wir wissen aus den Inschriften, daß im hellenistischen Theater für die Rollen des Herakles, Ἀχιλλεὺς Θερσιτοκτόνος usw. ein gewesener Faustkämpfer gewählt wurde, damit seine Figur für die von ihm darzustellende Charaktere passend wäre (vgl. R. Herzog Philol. LX 1900, 440-445). Nach Cic. ad Att. IV 15, 6 wurden auch in Rom die Rollen den Schauspielern nach ihrer äußeren Erscheinung verteilt (vgl. Luxorius bei E. Bährens PLM IV 398), und die Bühnendichter mußten bei ihrem Schaffen auf die Eigenschaften der Schauspieler, welche ihre Stücke spielen sollten, sehr viel acht geben, wie das H. Schenkl (Serta Hartel. Wien 1896, 104–108) ganz überzeugend nachgewiesen hat. Aber Hieronymus (ep. 45, 2) kannte einen Schauspieler, der in derselben Zeit Herakles, Venus und Kybele darstellte. Die Rollen wurden nicht immer den Wünschen des Dichters gemäß verteilt. Andernfalls wie konnte [2119] denn Plautus vor dem Publikum klagen, daß sein Epidicus von dem ihm nicht genehmen Pellio dargestellt werde (Bacch. 216). Aber desto mehr war der Dichter zufrieden, wenn das Spiel des Schauspielers seinen Wünschen vollkommen entsprach (Ter. Heaut. 11ff.). Z. B. war Terenz darüber glücklich, daß Turpio seinen Phormio darstellte (Donat. ad Phorm. 315).
Außer Schauspielern waren zur Vorstellung fast jedes Stückes auch stumme Statisten (operarii) nötig, und am Ende der Republik ließen geschmacklose Spielgeber sehr viele Statisten auf der Bühne erscheinen (Cic. ad fam. VII 1, 2. Horat ep. I 6, 41). C. Robert meint, daß diese Statisten unmaskiert auf der Bühne erschienen: er folgert das aus den Darstellungen auf den pompeianischen Bühnenbildnissen aus Casa della fontana grande, wo diese Statisten ohne Masken dargestellt sind. In diesem Falle würde jedwede Illusion fehlen, wenn auf der Bühne zur selben Zeit neben den maskierten auch unmaskierte Leute erschienen. Aber auf diesen pompeianischen Bühnenbildern ebenso wie in illustrierten Terenzhandschriften sind alle Jünglinge und junge Frauen ohne Masken dargestellt (vgl. H. Heydemann Arch. Jahrb. 1886, 264. 288), und das hängt wahrscheinlich nur davon ab, daß man die Maske nur dann einmalte, wenn ihre Züge scharf von den gewöhnlichen Gesichtern abwichen; somit haben wir hier nur mit einer rein technischen Eigentümlichkeit der antiken Maler zu tun, und daraus kann man nichts über die wirkliche Erscheinung dieser Statisten schließen (C. Robert Die Masken d. neueren att. Kom. 58).
Nach der Schwierigkeit und Bedeutung der Rollen wurden die Schauspieler in Klassen verteilt: actores primarum, secundarum usw. partium (CIL VI 10 103. X 404, 814. Val. Max. IX 14, 4), dann unterschied man noch tragische und komische Schauspieler, und die Vermischung dieser Fächer galt als etwas Unerlaubtes (Ovid. r. am. 383–384. Senec. ex. contr. III); nur hervorragende Künstler konnten in beiden Fächern denselben Erfolg erreichen (Cic. orat 109). Wir wissen aber nicht, ob die Besoldung der einzelnen Schauspieler von ihrem Range abhing; gewöhnlich war diese Belohnung (lucar) sehr ärmlich (Plin. n. h. VII 39, 128. Tac. ann. I 77. Senec. ep. 80, 7. Lucian. Icarom. 29), und nur einzelne hervorragende Schauspieler, wie z. B. Roscius (Cic. pro Rosc. com. 8, 23. Macrob. III 14, 13. Plut. Sulla 36) oder Clodius Aesopus (s. o. Bd. VII S. 67), bekamen von ihrer Kunst große Einkünfte.
Plaut. Amph. 65ff.; Poen. 36. Ter. Phorm. 16ff. Cic. ad Att IV 15, 6. Horat. ep. II 1, 181. Macrob. II 7, 13. Artemid. oneir. IV 33 lassen uns vermuten, daß auch in Rom Wettkämpfe mit Siegespreisen der Schauspieler (Plaut. Cas. 17–19; Trin. 706f. – auch der Dichter) stattfanden, wenngleich einige Forscher meinen, daß alle diese Stellen aus den griechischen Originalen stammen und mit den römischen Einrichtungen nichts zu tun haben (Fr. Leo Herm. 1883, 561. Brix zu Plaut Trin. 706. F. Ostermayer De historia fabulari in com. Pl., Greifswald 1884, 7). Nach Ritschl (Parerga 229) weisen solche Stellen nicht auf einen förmlichen dramatischen Wettkampf, sondern nur auf ungewöhnlichen Beifall des Publikums. [2120] Der Sieger in solchem Wettkampfe wurde mit einem Kranze belohnt (Cic. in Verr. III 79. Varro de l. l. V 178. Phaed. V 7, 35).
Viele Stellen der römischen Lustspiele zeigen ganz klar, daß die römischen Schauspieler reiche Mimik und Gebärdenspiel anwenden mußten: so z. B. Plaut. Mil. 201–213; Most. 265ff. 456–468. Ter. Phorm. 210-211, wo Donat bemerkt: hic locus magis actoris quam lectoris est. Außer allgemein gewöhnlichen Gebärden, welche auch im wirklichen Leben niemand entbehren kann, waren bei den römischen Schauspielern auch konventionelle Gebärden vorhanden, z. B. für den eilenden Sklaven: Plaut. Capt 778; Epid. 194. Ter. Phorm. 844. Donat. ad Eun. 232. 274; Adelph. 567. Sil. Ital. V 367. Weiseman De servi currentis persona apud comicos Romanos 1911. Im Vergleich mit den Dramen Hauptmanns oder anderen modernen Dichtern verlangt durch den Text jedes Stück Plautus oder Terenz viel seltener für eine bestimmte Stelle eine bestimmte Bewegung und Gebärde. In dieser Hinsicht stehen die Alten Molière oder Shakespeare viel näher. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß im Altertum die Bühnendichter den Schauspielern viel näher standen, als jetzt, und darum alles, was sie von ihnen verlangten, ihnen persönlich mitteilen konnten. Also können wir mit vollem Recht annehmen, daß im römischen Theater das Gebärdenspiel nicht weniger entwickelt war, als im unsrigen. Zur Zeit des Plautus und Terenz mußte auch die Gesichtsmimik nicht minder entwickelt sein. Nach dem Siege des L. Anicius über die Illyrer sind griechische Schauspieler nach Rom gekommen (Polyb. XXX 13. Athen. XIV 615 c). Griechische Spiele sind nach Rom auch mit Mummius bei Gelegenheit seines Triumphes eingedrungen, obgleich Tacitus (ann. XIV 21) darüber so spricht, daß auch nicht dramatische Spiele darunter verstanden werden können. Auch während der Kriege in Griechenland konnten römische Offiziere sehr gut mit griechischen Schauspielern zusammentreffen und von dort den Geschmack und die Freude am ganzen griechischen Bühnenapparat nach Rom mitbringen. Nun begegnen wir auch unter den Schauspielern am meisten griechischen Namen: Aesopus, Eros, Antipho, Diphilus, Spinther usw. Daran liegt die Ursache, daß gerade Roscius, der Freund des berühmtesten römischen Philhellenen, Cicero, die Mode, maskiert zu spielen, im römischen Theater eingeführt hat, aber wenn Diomedes diese Neuheit nur aus dem persönlichen Körpermangel des Roscius (Cic. nat. deor. I 28 § 79) zu erklären sucht (489, 11 K), so verkennt er den echten Grund dieser wichtigen Neuerung der Schauspielertechnik gänzlich (P. Boltenstein De rebus scaen. rom., Stralsund 1875, 6. Fr. Leo Rh. Mus. XXXVIII 342. A. Dieterich Pulcinella 116 will das mit Diomed. G. L. I 490: in comoedia graeci ritus inducuntur personaeque graecae belegen, aber es folgt unmittelbar: Laches, Sostrata, in illa (tabernaria) vero Latinae, also hier bedeutet persona Rolle, nicht aber Maske). Nach Donat (de com. et trag. VI 3 Wessner) pertonati primi egisse dicuntur comoediam Cincius Faliscus, trogoediam Minucius Prothymus, aber O. Ribbeck (Die röm. Tragödie 660-661) sucht diesen Bericht [2121] des Donatus oder richtiger des Varro mit dem des Diomedes in Einklang zu bringen durch die Annahme, daß Minucius Prothymus derjenige Direktor gewesen sei, unter dessen Leitung Roscius zuerst maskiert auftrat (K. Dziatzko Rh. Mus. XX 578. XXI 68. C. Saunders Amer. Journ. of Phil. 1911, 58–73). Das suchte Weinberger (Wien. Stud. XIV 126) zu widerlegen. Aber diese Neuerung gefiel nicht allen (Cic. de orat. III 59 § 221). Nach Donat (ad Adelph. praef. I 6. Eun. praef. I 6) agierten die Schauspieler schon zu Terenz’ Zeiten maskiert, aber Leo hat den Fehler des Grammaticus nachgewiesen, welcher durch illustrierte Handschriften irregeführt wurde (Rh. Mus. XXXVIII 342). Diese Masken mußten den Eindruck des Spieles sehr beeinträchtigen, und das Publikum konnte nur den Ausdruck der Augen bewundern (Cic. de orat. II 193. Martian. Capella de rhet. 43. Donat. zu Adelph. 96). Unter der Maske verbarg der Schauspieler seine tiefen Empfindungen und Gefühle (Quint. V 2, 35). Gute Schauspieler, wie z. B. Aesopus, sorgten sehr dafür, daß dem Aussehen der Maske auch das ganze Gebärdenspiel ebenso wie auch die Stimme entspreche (Fronto de orat. II 253 ed. Med. Chirius Fortunatianus ars rhet. III 22. C. Iulius Victor ars rhet 24. Albinus Magister § 40, bei Halm Rhet. lat. minores). Cicero sagt (Parad. III 2, 26) histrio si paulum se movit extra numerum exsibilatur et exploditur; auch nach Livius (VII 2, 7ff.) mußten schon die ersten römischen Schauspieler ihre Gebärden der Musik anpassen, aber seine Erzählung, nach welcher Livius Andronicus im Alter die Verteilung von Deklamation und Mimik zwischen dem singenden Knaben und dem Schauspieler eingeführt habe, klingt zu unwahrscheinlich (Ribbeck Röm. Trag. 634, 2. Friedländer Erinnerungen I 257): das konnte nur eine Ausnahme, aber keine stehende Regel sein (van Eck § 29).
Über die Mimik und das Gebärdenspiel der römischen Schauspieler können wir nach dem urteilen, was die Rhetoren über die ὑπόκρισις berichten (Hammer R. G. I 194–197 = actio: Cic. de orat. III 213–227, oder pronuntatio: Rhet ad Herenn. I 2, 3 vgl. III 11, 12. Quint. XI 3. Chirius Fortun. ars rhet. III 15–22. Sulpitius Victor inst orat. § 16 a. C. Iulius Victor ars rhet § 24 S. 440–443 Halm. Albinus Magister § 40 S. 546. Martianus Capella § 43). Diesen wichtigen Teil der Redekunst mußte man bei den besten tragischen oder komischen Schauspielern erlernen (Longinus I 196 Hammer). Nach Quintilian XI 3, 111 waren die Bewegungen der komischen Schauspieler viel rascher als der tragischen, aber auch in derselben dramatischen Gattung war das Spiel nicht immer das gleiche, und seine Verschiedenheit hing von der Verschiedenheit des Alters, des Charakters und der bürgerlichen Stellung der einzelnen Personen ab (Quint. XI 3 § 71, 112. Chirius Fort. III 22). Aus Seneca erfahren wir, daß die Schauspieler, welche Tyrannen und Könige darstellten, auf der Bühne mit hocherhobenem und zurückgeworfenem Haupte umhergingen (ep. 80, 7; aus Quint. IX 4 § 140 sehen wir, daß der hier von Seneca zitierte Vers: quid nisi quaeris Menelae hac dextra occides nicht aus einem Mimus, wie es H. Reich [der Mimus I 72] dachte, sondern aus [2122] einer Tragödie entnommen sei). Aber vieles von der Schauspielerkunst war für den Redner unzulässig (Rh. ad Heren. III 15, 26. Cic. de orat I 59, 251; de off. I 130. Quint. I 11, 3. XI 3, 103 und 123. C. Iulius Victor ars rhet. 24. Martian. Cap. de rhet. 43). Cicero macht nämlich hinsichtlich der Bewegungen zwischen den Rednern und den Schauspielern den Unterschied, daß oratores veritatis ipsius actores, die H. aber nur imitatores veritatis seien (de orat. III 56, 214), und er nennt die Bewegung theatralisch, wenn durch sie nur einzelne Worte, nicht aber der ganze Gedanke ausgedrückt wird: omnis autem hos motus subsequi debet gestus, non hic verba exprimens scaenicus sed universam rem et sententiam non demonstratione sed significatione declarans laterum deflexione hoc forti ac virili non ab scaena et histrionibus, sed ab armis et palaestra petitus (de orat. III 220, vgl. § 83; vgl. Quint. XI 3, 89). Nach Quintilian waren solche deutendmalende Gebärden nur bei schlechteren Schauspielern im Gebrauch, ebenso wie auch jetzt dieselben am meisten bei den Varietékünstlern beliebt sind. Zwischen den Gebärden waren die Handbewegungen die meisten und die wichtigsten (Cic. ad fam. VII 6, 1. C. Iulius Victor ars rhet. 24. Quint. XI 3, 85).
Es waren bei den Schauspielern hinsichtlich der Gebärden feststehende Regeln, so war es z. B. streng verboten, die Hand höher als bis zu den Augen emporzuheben oder tiefer als bis zur Brust hinabsinken zu lassen (Quint. XI 3, 112; vgl. 3, 71. Chirius Fort. ars rhet. III 12. C. Iulius Victor ars rhet. § 24). Die Gebärden durften weder zu früh noch zu spät gemacht werden (Quint. XI 3, 106).
Große Künstler, wie z. B. Roscius, dachten vor dem Auftreten zu Hause jede Bewegung durch (Val. Max. VIII 7, 7). Sie standen den anderen Schauspielern auch darin voran, daß ihr Spiel von allen Plätzen gleich zu sehen war, wie das Cicero am berühmten Ambivius Turpio preist (de sen. § 48).
Nach Macrobius (III 14, 12) hinterließ der gelehrte (Horat. ep. II 1, 82) Roscius eine Schrift über seine Kunst. Auch Cicero hat de gestu histrionis geschrieben: ad Att. VI 18. Es ist möglich, daß diese Bücher die Quelle für Quintilian war, da er als seine Quelle die Vorschriften der scaenici auctores (XI 3, 71) oder veteres doctores (XI 3,106 und 112) nennt; wie zu Ciceros Zeiten (de orat. III 26 § 102), so auch in der Kaiserzeit galten die Gebärden des Roscius als etwas Musterhaftes (Tac. dial. 20). Sehr viele, aber ganz unsystematisch zerstreute Anweisungen über die Schauspielerkunst finden wir auch im Terenzkommentar des Donatus, und als Quelle zu seinen Bemerkungen diente ihm nicht bloß der Terenztext: einige seiner Beobachtungen konnten dem Texte des Stückes allein nicht entnommen sein (vgl. über Mimik ad And. 88; Adel. 96, 97; Phorm. 315 über die Vortragskunst – Eun. 187. 986 usw.).
Man verlangte von den Schauspielern eine vollkommene Reinheit der Stimme und Klarheit des Ausdrucks (Cic. de orat I 259. Chirius Fort. III 15. C. Iulius Victor ars rhet 24. Albinus Magist. § 40 S. 546. H. Martianus Cap. 43), und in dieser Hinsieht waren die Zuhörer dem Redner gegenüber nicht so streng wie gegenüber den Bühnenkünstlern [2123] (Cic. de orat. I 258; orat. 173; Parad. III 26), und darum galt auch die Stimme der Schauspieler, besonders aber der Tragöden, als etwas Musterhaftes (Cic. de orat. I 128. II 25; de off. I 114. C. Iulius Victor § 24), und in die Truppe engagierte man die Schauspieler nur nach einer Prüfung ihrer Stimme (Alciph. III 71, 2).
Die Untersuchungen von Otto Dingeldein haben erwiesen, daß die allbekannte Erzählung des Aulus Gellius (V 1, 2) über die Verstärkung der Stimme der Schauspieler durch die Maske ganz unbegründet wäre: dazu konnte die alte Maske schon ihren konstruktiven Eigentümlichkeiten nach unmöglich bestimmt sein. Ebenso auch, wenn Plinius (n. h. XXXVII 56. 154) sagt: chalcophonos nigra est sed inlisa aeris tinnitum reddit, tragoedis, ut suadent, gestanda, so ist hier die Rede nur von einem Amulett, was auch durch Vergleich mit einer Bemerkung bei Solinus (l. r. m. 37, 22) klar wird, nicht aber von einer mechanischen Einrichtung im Munde der Maske, wie es z. B. noch O. Ribbeck verstanden hat. Die Stimme wurde demnach auch von antiken Schauspielern nur durch methodische Übungen verstärkt (Cic. de orat. I 251. Sueton. Nero 20. Senec. controv. libri I pr. Chirius Fort. III 16, 17. Albinus Magister § 42 S. 547. H. Martianus Capella 43). Diese Übungen wurden von speziellen Lehrern (phonasci) geleitet (Suet. Aug. 84. Quint. II 8, 15. XI 3, 19). Dazu dienten auch einige hygienische Regeln: der Schauspieler mußte im Essen, Trinken und in Liebesgenüssen mäßig sein (Iuven. VI 73 m. Schol. Mart. VII 82. XI 75. XIV 214. Quint. XI 3, 19). Bei Chirius Fortunatianus sind auch Rezepte von einigen Mitteln, welche zur Verstärkung der Stimme dienen sollten, angegeben (ars rhet. III 15–18). Gelungene Partien wurden nach dem Verlangen des Publikums wiederholt, Cic. ad Att. II 19, 3. Für jeden Fehler in der Vortragskunst wurde auch der beliebteste Schauspieler ausgepfiffen (Cic. de orat. I 61 § 259. III 50 § 196; orat 173; Parad. 3 § 26). Im Falle eines Mißerfolgs wandten sich die Schauspieler an berühmte Lehrer, um durch neue Übungen das Verlorene nachzuholen (Cic. pro Rosc. com. 11 § 30). Große Anstrengungen der Stimme verursachten bei den Schauspielern Halskrankheiten, am meisten das Blutspeien, was auch durch Erholungsreisen behoben wurde (Plin. ep. V 19, 6). Wenn die Stimme des Schauspielers ihre frühere Kraft und Schönheit verloren hatte, mußte der Schauspieler selbstverständlich der Bühne entsagen (Cic. ad fam. VIII 1. 2), aber wenn der Schauspieler unter dem Publikum eifrige Gönner hatte, so erklärte man den Vortragsmangel durch schlechte Laune (Cic. de orat. I 124). Nach Donat (de com. VIII 9 Wessner, vgl. ad Adel. I 7) wurden in der Komödie einige Teile bloß deklamatorisch vorgetragen, andere aber rezitatorisch gesungen (vgl. Leo Plautinische Cantica 78). Eben darum mußte auch der Komöde imstande sein, zu singen. Aus dem, was Plinius der Jüngere von seinem Freigelassenen Zosimus, der Komöde war, sagt (V 19, 6), sehen wir, daß der Erfolg des römischen Schauspielers am meisten durch seine Vortragsweise bedingt war, des Gesanges aber konnte er eher als der Tragöde entbehren, da seine Vortragskunst sich nur wenig von dem gewöhnlichen Sprechen [2124] unterschied (vgl. Lucian. Anach. 23), obgleich auch der Komöde auf der Bühne nicht die Sprache des alltäglichen Lebens reden sollte (Quint. II 10, 13. XI 3, 57). Die tragische Vortragsweise war aber vom gewöhnlichen Reden noch weiter entfernt (Rhet. ad Heren. III 14, 24); deshalb sollten auch die Redner die Vortragskunst nicht von tragischen, sondern von komischen Schauspielern erlernen (Quint. I 11, 1); der Schauspieler konnte auch ganz prompt die Schwäche der weiblichen Rede [was für solche Stellen der römischen Dramen, wie Plaut. Rud. 233-234. CRF³ 280 v. 57–60 Rib. erforderlich war] oder das Zittern der Greisenstimme nachahmen (Quint. I 11, 1). Auch mußte er die Eigenschaften der Rede der Dienstleute, der Besoffenen usw. imitieren können (Quint. I 11, 2). Das alles zu erlernen, war für den Redner ganz unnötig (Quint. I 11, 2. XI 3, 57. C. Iulius Victor ars rh. 24 S. 441 v. 33–35). Feine Kenner, wie z. B. Quintilian. von welchem wir am besten über die Vortragskunst der römischen Schauspieler unterrichtet sind, tadeln jene Schauspieler, welche auch dann, wenn sie etwas nicht von sich selbst aussagen, sondern nur fremde Worte wiederholen, dieselbe Tonmalerei anwenden, mit welcher die von ihnen dargestellte Person sie ausgesprochen hätte (Quint. XI 3, 91).
Wenn Cicero (div. in Q. Caec. 15, 48) bei den griechischen Schauspielern die Sorgfalt, mit welcher von ihnen das Ensemble gepflegt wird, hervorhebt, so standen wahrscheinlich die römischen Schauspieler in dieser Hinsicht ihnen nach.
Über die Bühnentracht der römischen Schauspieler finden wir einiges bei den späteren Grammatikern, z. B. Donat. de com. VIII 4–7 oder Pollux IV 118–120, bei welchem nach Kendall K. Smith (Harv. St. XVI 154) hier auch vom römischen Theater die Rede ist; ihre Anweisungen aber leiden an großen Widersprüchen, sind zu knapp und zu oberflächlich, als daß wir ein vollkommenes Bild darüber uns gegenwärtigen könnten (H. Usener Rh. Mus. XXIII 494-496). Ebenso schwer fällt es, über die Bühnentracht auch nach dem Texte der erhaltenen Dramen zu urteilen (alle Stellen sind bei C. Saunders Costume in rom. Comedy, New-York 1909 zusammengestellt). Mehr geben die illustrierten Terenzhandschriften, aber ihr historischer Wert ist oft bestritten worden. Eine grundlegende Untersuchung dieser Frage gab C. Robert Die Masken d. neuer. att Kom., Halle 1911, 87-109.
Über Schauspielervereine erfahren wir nur aus Inschriften: CIL III 3423. XII 1929. XIV 2229, 2408 (vgl. VI 10 118 und W. Liebenam Zur Geschichte und Organisation des röm. Vereinswesens 123f.); alle diese Inschriften gehören zur Kaiserzeit, und darum wird der allbekannte Bericht des Festus s. scriba, d. h. des Verrius Flaccus sehr verdächtig: er sagt nämlich, daß den Schauspielern ebenso wie den Schriftstellern (vgl. E. C. Sihler The collegium poetarum at Rome. Amer. Journ. of Phil. XXVI 1–21) für hervorragende Verdienste des Livius Andronicus das ius consistendi im Minervatempel auf dem Aventin als Preis vom Staate überlassen wurde; es waren ja zu jener Zeit in Rom noch zu wenig Schauspieler, um eine Körperschaft zu bilden, und der römische Staat, der noch viel später gegen die [2125] Schauspieler sehr feindlich gesinnt war, konnte ihnen schwerlich solche Ehren und Vorrechte überlassen; deshalb ist es leicht möglich, daß bei Verrius oder richtiger bei seiner Urquelle, bei Varro, welcher in theatralischen Schriften seinen alexandrinischen Mustern folgte, nach der bei den Peripatetikern beliebten Art viel spätere Organisation in die Vergangenheit verlegt war. Mit Livius Andronicus, der in Rom zugleich der erste Dichter und Schauspieler war, wurde diese Erzählung ganz künstlich darum in Zusammenhang gebracht, weil dieser εὑρετής des ganzen römischen Theaterwesens dazu am besten paßte und nach römischen Ansichten dem viel späteren Institut Autorität und Glanz einer alten Stiftung gehen konnte. So konnte solche Erzählung nur zum Ende der Republik (vgl. Caesar und Laberius), nachdem selbst der römische Staat mit den griechischen Schauspielervereinen in den Verkehr treten mußte (vgl. S. C. de artificibus Graecis a. 642/3 bei Bruns Fontes⁷ S. 171-176), in den Schauspielerkreisen oder unter ihren Gönnern entstehen.
Ein besonderer Schauspielerverein war für den Kult des Apollo eingerichtet und seine Mitglieder wurden parasiti Apollinis genannt: CIL XIV 2113. 2977. 2988. 3683. Mart. IX 28. Näheres bei Alb. Müller Philol. LXIII 1904, 352–360.
Schon aus der bekannten Liviuserzählung über das Entstehen des römischen Theaters (VII 2) sieht man, wie feindlich die Stimmung der Römer gegen den Schauspieler war: movetur tribu et a militaribus stipendiis repellitur (Val. Max. II 4, 4. August, de civ. Dei II 10, 13. Cic. de rep. IV 10. Gell. XX 4). Eine Ausnahme galt nur für die Darsteller der Atellanen (Liv. VII 2. Val. Max. II 4, 4), aber das waren keine professionellen Schauspieler, sondern nur Dilettanten, welche nicht wegen der Einkünfte, sondern nur aus Liebe zur Kunst inkognito und darum unter Maske schon in früheren Zeiten vor dem Publikum erschienen (Festus s. personatus. Mommsen R. G. I 463. van Eck 77). Nur in der Kaiserzeit auch erschienen in den Atellanen professionelle Schauspieler (Tac. ann. IV 14–15. Suet. Nero 39). Noch zu Ciceros Zeiten (de off. I 6, 21. I 42, 150) erschien dem echten Römer jede Arbeit für Besoldnng als etwas ganz Schändliches. Darum entsagte auch Roscius, welcher nach Cicero (pro Quint. 25, 78) artifex eius modi sit, ut solus dignus videatur esse, qui in scaena spectetur, tum vir eius modi est, ut solus dignus videatur, qui eo non accedat, obgleich er früher sehr große Einkünfte von seiner Kunst bekam, jeder Belohnung (Cic. pro Rosc. com. VIII 23): das war für ihn der einzige Weg, um in den ritterlichen Stand erhoben zu werden, was auch der Fall war, nachdem Sulla, der überhaupt den Schauspielern sehr nahe stand (Plut. Sulla 2. 33. 36) und ihnen auch ein Landstück geschenkt hatte (Athen. VI 261 c), ihm einen goldenen Ring d. h. das Zeichen der ritterlichen Würde geschenkt hatte (Macrob. III 14 § 13. Cic. pro Rosc. com. VI 17. Val. Max. VIII 77): dasselbe machte Balbus im J. 711 zu Cadix mit dem Schauspieler Herennius Gallus (Cic. ad fam. X 32, 2).
Zur Zeit der Republik waren die Schauspieler der vollkommenen coercitio von der Seite der Magistrate unterworfen, und nur Augustus, ein [2126] großer Freund des Theaters und seiner Künstler (Suet. Aug. 74), erließ denselben die Züchtigungsstrafe (Suet. Aug. 45. Tac. ann. I 77). Dieselbe wurde aber ausnahmsweise auch von ihm nur in besonderen Fällen zugelassen. Im J. 15 n. Chr., als die Schauspieler sich den Behörden gegenüber zu viel erlaubten, wollten einige Senatoren dieses Vorrecht wieder aufheben (Tac. ann. I 77). Derselbe Augustus aber verbot nicht nur Senatorenkindern, sondern auch den Rittern und ihren Abkömmlingen, die Bühne zu betreten (Tac. hist. II 62. Dio LIV 2); auch Tiberius sorgte für das Fernhalten der freien Stände von der Bühne (Tac. ann. I 77. Suet. Tib. 35). In der Kaiserzeit wurde das Theater sehr beliebt (Tac. dial. 29), und es entstanden Parteien zwischen den Gönnern der einzelnen Schauspieler (Suet. Tib. 37); auch später widmeten sich diesem Fache viele Glieder der besten Familien Roms (Suet. Vesp. 19. Tac. ann. XIV 15). Caligula ließ den tragischen Schauspieler Apelles einer persönlichen Beleidigung wegen ermorden (Suet. Cal. 33), aber im allgemeinen war er den Schauspielern sehr günstig gewogen (Cass. Dio LIX 2), darum erlaubte er ihnen nicht nur freien Einzug nach Rom (ebd.), sondern gab einigen von ihnen freien Zutritt zu höheren Staatsämtern (Cass. Dio LIX 5). Das geschah aber auch später (Cass. Dio LXXVII 21. Suet. Vitell. 12). Neros Politik war auch Schauspielern gegenüber sehr unbeständig: das Haus, welches auf der Bühne zur Vorstellung von Afranius’ Stück Incendium (CRF³ S. 223 R.) vollkommen eingerichtet war, schenkte er den Schauspielern (Tac. ann. XIII 19, 22. Suet. Nero 11), aber den Schauspieler Paris, in dem er einen gefährlichen Nebenbuhler sah, ließ der kaiserliche Komöde (Cass. Dio LXIII 9. 10. 23) ermorden. Datus, welcher von der Bühne über die Handlungsweise des Nero den Älteren gegenüber Andeutungen machte, wies er nur aus Italien (Suet. Nero 39). Alles, was die Schauspieler von Nero geschenkt bekamen, wurde von Galba zurückgefordert und nicht nur von den Empfängern, sondern auch von jenen, welche dasselbe von ihnen gekauft hatten (Suet. Galba 15. Tac. hist. I 20). Plut. Galb. 16. Ebenso streng gegen die Schauspieler handelte auch Domitianus (Suet. Dom. 7), aber Vitellius, Otho, Hadrianus, Caracalla und Traianus waren ihnen sehr freundlich gesinnt (Tac. hist. II 87. Plut. Oth. 6. Script. hist. Aug. I 16 § 8. Dio LXVIII 10. LXXVII 21). Das aber gab den Schauspielern den Einfluß, über welchen Iuvenal bereits klagt (VII 90-93). Obgleich Alexander Severus die Schauspieler persönlich nicht liebte (Scrip. hist. Aug. 18, 33 § 2. 41 § 5), sorgte er für ihr Alter, und die Bühneninvaliden bekamen nach seinem Erlaß eine Staatsunterhaltung (ebd. 34 § 2).
Was die Sittlichkeit der Schauspieler anbetrifft, war ihr Ruf sehr schlimm: z. B. nur verworfene Leute nahmen von ihnen irgend welche Hilfe (Q. Cic. de pet. cons. 3 § 10), darum entschuldigt sich auch Cicero, daß er vor dem Gerichtsforum von solchen Personen wie Schauspielern zu sprechen sich erdreisten könne, obgleich es sich nur um den berühmten Aesopus handelte, welcher dem Cicero bei seiner Zurückberufung von Nutzen war (Cic pro Sest. §§ 120–124). Aber es fehlen auch [2127] nicht solche Inschriften, wo die Schauspieler für ihre morum probitas gepriesen werden (CIL III 875, vgl. Mart. IX 28, 7). Römische Damen fanden hauptsächlich unter den Schauspielern ihre Verführer (Ovid. ars am. III 351. Iuven. VI 63–118. 379. 395–397. Cass. Dio LVII 21. LX 28. Tac. ann. XI 4, 36. Suet. Dom. 8 und 10. Hist. aug. M. Aurel. 23. Senec. nat. quaest. VII 32, 3. Tertull. de spect. 22. S. Aurel. Vict. Caes. 11, 7. Incert. liber de Caes. II 11. Mart. VI 6. Dig. XLVIII 5, 10 § 2). In diesem Falle wurde es nach dem römischen Recht erlaubt, den Verführer zu töten (Dig. XLVIII 5, 24 § 3). Das alles erklärt uns, wie z. B. Tertullian (de spect. 22) sagen konnte: (Romani scaenicos) manifeste damnant ignominia et capitis minutione, arcentes curia, rostris, senatu, equite, ceterisque honoribus omnibus simulac ornamentis quibusdam, und wirklich gehören nach dem römischen Recht die Schauspieler zu den infames: omnes propter praemium in scaenam prodeuntes famosos esse Pegasus et Nerva filius responderunt (Dig. III 1, 1 § 6, vgl. Quint. III 6, 18. Corn. Nep. pr. 4. Cic. de rep. IV 10. August de civ. Dei II 13. Cassiod. var. VII de spect.). Die Schauspielerinnen wurden im Codex ebenso wie die Dirnen behandelt (Instit. V 5, 7), und schon nach der Lex Iulia vom J. 736 durfte kein Senator oder Senatorssohn eine Schauspielerin oder Schauspielerstochter heiraten (Bruns Fontes⁷ nr. 23 S. 115). Ein Soldat, welcher die Bühne betrat, wurde mit dem Tode bestraft (Dig. XLVIII 19, 44). Im edictum perpetuum praetoris urbani VI 3 findet man unter denen, qui nisi pro certis personis ne postulent, auch qui artis ludicrae pronuntiandive causa in scaenam prodierit und neben: qui lenocinium fecerit . . . qui furti, vi bonorum raptorum iniuriarum de dolo malo et fraude suo nomine damnatus pactusve fuerit (Bruns Fontes⁷ S. 214). Dieselbe sehr beachtenswerte Zusammenstellung ist schon in der Lex Iulia Municipalis vom J. 45 (§ 123) vorhanden (ebd. 188). Auch im Codex Theodosianus, dem Kapitel de scaenicis (XV 7, 1–13) folgt unmittelbar der Abschnitt de lenonibus (XV 8, 1, 2). Nach dem Gesetz des Arcadius und Honorius vom J. 396 wurde dem Schauspieler verboten, unter dem Publikum im Theater Platz zu nehmen (Cod. Theod. XV 13, 1). Sie hatten auch in Klöster als Mönche keinen Zulaß (Nov. 123 c. 44. Cod. Theod. XV 7, 8). In demselben Jahre wurde den Bäckern verboten, eine Schauspielerin zu heiraten (Cod. Theod. XIV 3, 21). Nach Codex V 5, 27, 1 wurden Schauspielerinnen neben der tabernaria, tabernarii vel lenonis aut arenarii filia als humiles abiectaeque personae erklärt, und kein Senator durfte seine Kinder von solch einer Frau legitim erklären. Im Codex Theodosianus im Kapitel de scaenicis (XV 7, 1–13) werden Bedingungen gestellt, unter welchen eine Schauspielerin sich von ihrem Fache lossagen (§ 2, 8) oder den Segen der christlichen Kirche bekommen konnte (§ 9). § 12 verbot, Bildnisse der Schauspieler an öffentlichen Plätzen neben den Kaiserbildern aufzustellen: neque umquam posthac liceat in loco honesto inhonestas adnotare personas.
Das christlich-kanonische Recht übernahm dieselbe Ansicht über den Schauspielerstand, und [2128] deshalb blieb ihre bürgerliche und rechtliche Lage in dem byzantinischen Reich ebenso elend.
Literatur: H. Alt Theater und Kirche, Berlin 1846, 277–297. O. Ribbeck Die röm. Tragödie im Zeitalter der Republik, Leipzig 1875, 647–677. Paul Olagnier Les incapacités des acteurs en droit romain et en droit canonique, Paris 1899. A. Roehricht Quaestiones Scaenicae ex prologis Terentianis petitae, Argentorati 1885. D. A. H. van Eck Quaestiones Scenicae Romanae, Amsterdam 1892. I. van Wageningen Scaenica Romana, Gron. 1907. O. Dingeldein Haben die Theatermasken d. Alten die Stimme verstärkt? (Berl. Stud. f. klass. Phil. XI 1, Berlin 1890). Navarre s. v. bei Daremberg-Saglio. Albert Müller Das Bühnenwesen in der Zeit von Constantin d. Gr. bis Iustinian. Neue Jahrbücher 1909 nr. 1 S. 36–55. B. Warnecke Die Vortragskunst d. röm. Schauspieler ebd. 1908 nr. 10, 1704-713 und Gebärdenspiel u. Mimik d. röm. Schauspieler, ebd. 1910 nr. 8, 580–599.
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Der Schauspieler. (K) VIII 2628 (Z. 52 erg.: ›zum Art. Histrio‹).