Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde/II. Gebete für Kranke
« I. Worte aus Gottes Munde für Kranke und Sterbende | Wilhelm Löhe Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde Register nach dem Alphabet |
III. Gebete für Sterbende » | |||
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
| |||||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
Vier Erbs’n in einer Blasen,
So die wird aufgeblasen,
Die prall’n und hab’n kein Ruh.
Kommt dann ein Kind dazu,
Sticht mit einer Nadel klein
Ung’fähr ein Löchlein drein;
So schwindt all Gschwulst und Klang.
Solch Klappern währt nicht lang.
Also g’schicht allem Pracht,
Darnach die Welt jetzt tracht.
Groß Ehr, groß Geld, groß Gut,
Groß G’walt, groß Uebermuth,
Land, Leut, Scepter und Kron
Bleib’n nicht, fährt alls davon.
Obs gleich scheint noch so groß,
Nimmt es doch schnell ein’ Stoß,
Vergeht gleich wie ein Dunst,
Und ist alles umsunst.
Im End sieh, wer wir sind:
Vier Erbs’n, ein wenig Wind,
Das ist die Hoffarth gar.
Drum folg Du meiner Lahr:
Dieweil hie alles fällt,
Denk auf ein ander Welt;
Verlaß alls, was vergeht,
Such, was ewig besteht.
2. Allmächtiger, ewiger Gott, barmherziger, himmlischer Vater, du weißt, daß wir in so mancher und großer Gefahr vor menschlicher Schwachheit nicht können bleiben. Verleih uns Stärk und Kraft an Leib und Seele, daß wir alles, was uns um der Sünde willen anficht, mit deiner Hilfe überwinden. Durch unsern Herrn Jesum Christum. Amen.
3. O barmherziger Gott, wir bitten dich, du wollest uns deine göttliche Gnade verleihen, dir in allen Dingen festiglich zu vertrauen und dich, es gehe uns wohl oder übel, zu loben, zu lieben und zu ehren. Dir sei Dank und Lob in| Ewigkeit. Dein Wille geschehe im Himmel und auf Erden. Deine Urtheile sind gerecht, wir sind arme sündige Kreaturen; dein Name aber sei gebenedeit in Ewigkeit. Amen.
4. Herr, allmächtiger Gott, der du wohl weißt, wie unsere sichtbaren und unsichtbaren Feinde allewege wachsam und sorgfältig sind, auch die Gebrechen unsers dürftigen Fleisches erkennest, der du uns geschaffen hast: dir befehlen wir uns ganz in deinen Schutz und Bewahrung, Schirm und Zuflucht, Hilfe und Trost. Behalt uns, Herr Gott, unter den Flügeln deiner Güte, daß wir nimmermehr im Tod entschlafen. Erleuchte die Augen unsers Herzens mit dem Lichte der himmlischen Sonne, mit der Wollust und Wonne deines göttlichen Wortes, und halt uns allezeit nüchtern und zu allen guten Werken wacker, klug, weise und fürsichtig, auf daß wir dich mögen loben und preisen: denn du bist allein gütig und voller Gnaden. Amen.
7. Herr Jesu Christe, mein einziger Erlöser und Seligmacher, du bist voller Gnade und immer gnädig, erlösest und errettest, du sendest uns nun Glück oder Unglück zu. Denn es ist ja lauter Gnade, auch wenn du uns durch Kreuz und Widerwärtigkeit, wie ein Arzt einem Kranken mit sauerm, bitterem Tranke, hilfst zur Gesundheit, uns auch nach dem innerlichen Menschen heilst und gesund machst, und durch zeitliche Widerwärtigkeit uns fertigest und bereitest zur ewigen Freude, wie du denn auch selbst uns durch groß Kreuz und Trübsal bist vorangegangen in dein ewiges Freudenreich. Ach Herr, verleihe mir deine Gnade, daß ich mit Geduld im Leiden dir nachfolge und den Kelch, welchen du mir zugetrunken hast, gehorsam und freudig austrinke. Ich laße mich wohl dünken, ich| trage das Kreuz, wo es am dicksten und schwersten, niemand sei elender, als ich; aber wie dem allen sei, du hast doch viel (und ohne Vergleich) mehr gelitten und ausgestanden in deiner großen Unschuld für meine Sünden, zu derselbigen Bezahlung, mit welchen ich die höchste Strafe des ewigen Todes und der Verdammnis verdienet habe.
Ach Herr, dir ist unsers Fleisches Schwachheit bekannt, darum du auch nicht allein mit der Ruthe uns züchtigest zur Beßerung unsers Lebens, sondern immer Gnade und Trost und Anzeigung deines väterlichen Herzens mit unterlaufen läßest, damit wir in deiner Stärke und Trost dennoch alles Unglück, wie groß es auch sei, können tragen und ausstehen. Darum, o Herr, gedenke auch mein, wenn du mich züchtigst und strafest, und wohne meiner armen Seele mit deiner Stärke und Tröstung bei, auf daß ich in meinem Kreuze geduldig ausharre und deinen Namen lobe und preise in alle Ewigkeit! Amen.
9. O Herr Gott, himmlischer Vater, der du aus väterlichem Wohlmeinen mich, dein liebes Kindlein, hier auf Erden unter der Ruthen willst halten, auf daß ich deinem| eingebornen Sohn beide im Leiden und hernach in der Herrlichkeit soll gleich sein: ich bitte dich, tröste mich in der Anfechtung und im Kreuz mit deinem heiligen Geiste, daß ich nicht verzage, sondern nach der Zusage deines Sohnes fest an diesem Troste halte, daß mein und aller Christen Kreuz nur ein Kleines sei und du dich unser in unsrer Trübsal in Gnaden wieder annehmen, mit ewiger Barmherzigkeit erbarmen und aufs Leid die ewige Freude wollest folgen laßen, auf daß ich also durch diese Hoffnung alles Unglück geduldig überwinde. Amen.
10. Herr, allmächtiger Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi, du Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der du uns reichlich tröstest in allem unserm Leiden und Trübsal: laß mich auch die Süßigkeit deines Trostes in meinem bittern Kreuze schmecken, auf daß, wenn ich des Leidens viel habe, ich auch reichlich möge getröstet werden| durch Jesum Christum. Herr, mein Gott, laß mich deine Wunder sehen, so will ich dich preisen in Ewigkeit! Amen.
12. Barmherziger Gott und Vater, behüte mich vor einem bösen schnellen Tode und laß mich nicht in meinen Sünden plötzlich dahinsterben, sondern gib Gnade, daß ich Tag und Nacht an mein letztes Stündlein gedenke, alle Augenblicke in wahrer Buße, starkem Glauben und fester Hoffnung bereit sei, auf daß ich ruhsam und selig einschlafen möge, wann dirs gefällt. Gefällt es dir aber, mich mit Leibesschwachheit heimzusuchen und zu züchtigen; so bin ich auch bereit. Ich weiß, daß du mir nichts verderbst; du bist fromm und gütig, verhängest über mich nichts, denn was mir gut und nützlich ist. Verleihe mir deinen heiligen Geist, daß ich mich nur recht drein schicke und selig sterbe. Amen.
18. Allmächtiger, ewiger Gott, barmherziger, himmlischer Vater, du hast mich wunderbarlich aus nichts erschaffen und bisher erhalten. Wie kann ich erzählen alle die Güte, die ich von meiner Mutter Brüsten an durch deinen Segen empfangen habe? Es hat mich auch niemand von Jugend auf ernährt, als du, getreuer Vater. So erkenne ich auch, daß du, Herr, du starker Gott vom Himmel, mich allein vor allem Uebel beschirmt hast. Und ob ich wohl deine Ruthe und Züchtigung oft und wohl verschuldet, auch manches Mal durch Leiden und Kreuz erfahren habe; so hast du es doch immer väterlich mit mir gemeint und an mir nimmermehr arge List gebraucht. So viel ich aber auch aus dem Brunnen deines reichen Segens getrunken habe, so bin ich doch, ich armer Mensch, deiner Gaben| meist uneingedenk gewesen, habe wild in der Welt und nach meines Fleisches Gelüsten gelebt, deine Gebote übertreten undankbarlich, ohne Zahl, und brüderliche Liebe gegen meinen Nächsten ohne Unterlaß vergeßen. O Herr, wie hab ich gesündigt, daß ich im Glauben und Zuversicht zu dir kalt und schwach gewesen bin und mein Kreuz unwillig getragen habe, darin ich doch als ein getreuer Jünger dir williglich sollte nachgefolgt sein! Herr mein Gott und Vater, ich klage dir heute mein Elend und meinen Jammer, daß meine Natur und Empfängnis Sünde ist, will schweigen der bösen Worte, Werke und des ganzen Lebens. Ich beuge jetzt vor deinem Gnadenstuhle die Kniee meines Herzens und bitte, weil deine Wege Erbarmung sind, du wollest nicht Rache nehmen von wegen meiner Sünden, sondern mit mir nach deinem gnädigen Willen thun und verordnen, daß meine Seele, so es anders jetzt Zeit wäre, im Frieden hingenommen werde. Denn| in dir, meinem Herrn, sterben ist beßer denn leben. Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Amen.
20. Meine Sünden betrüben mich,
Gottes Gnad erfreuet mich.
Zwei Dinge weiß ich:
Ein armer Sünder bin ich,
Gott ist barmherzig.
Das erste bekenn ich;
Das ander gläub ich.
Ach Gott, sei mir armen Sünder gnädig!
Gott gibts, Christus verdients,
Der Glaub begreifts, die Werk bezeugens.
Komm mir zu Hilf, du gütiger Gott,
Schwach ist Menschenhilfe in der Noth.
Das zerstoßen Rohr wird er nicht zerbrechen, und das glimmende Docht wird er nicht auslöschen. – O Herr, stärke und mehre unsern Glauben! Amen.
22.* O Gott, ich elender Mensch unterwinde mich, mit dir zu reden, ein armer Wurm mit dem Herrn Himmels und der Erden, ein schwaches Geschöpf mit dem allmächtigen Schöpfer, ein armer Sünder mit dem gestrengen Richter, einer der nichts, ja weniger als nichts ist, mit dem, der alles ist und Himmel und Erden erfüllet. Ach verschmähe nicht im Zorn das Flehen des Elenden und verwirf nicht im Grimm das Rufen des Betrübten. Wiewohl ich mein Elend nicht genugsam erkenne, noch wegen meines Verbrechens genugsam betrübt sein kann; denn ich habe| nicht betrachtet, an wem ich mich versündigte, und ob ich es auch gethan habe, so habe ichs doch alsbald wieder in den Wind geschlagen und in den Tag hinein gelebt, als wäre kein Gott, dem ich Rechenschaft geben und vor Gericht stehen müßte! Vergib mir, o Gott, vergib mir um dessen willen, der an seinem letzten Ende für die Sünder gebetet hat. Mehr weiß ich nicht zu sagen, als: Gott sei mir Sünder gnädig! An deine Gerechtigkeit darf ich nicht denken, denn vor derselben kann ich nicht bestehen; aber an deine Barmherzigkeit denk ich, die wird ja mich allergeringsten Theil der Welt von sich nicht laßen ausgeschloßen sein, dieweil sie größer ist, als alle Welt, und sich über alles in der Welt erbarmet, das sich nur für erbärmlich bekennt und Barmherzigkeit sucht. O Gott, es hat dir von aller Ewigkeit her gefallen, deinen Sohn für die Sünder in das schmerzlichste Leiden und in den schmählichsten Tod zu geben, damit sie nicht müßten in der Hölle ohne| Aufhören getödtet werden: ach, so laß doch sein Leiden und Sterben auch mir zu Nutzen kommen; nicht daß ich es werth, sondern daß ich sein so hoch benöthigt bin. Solltest du denn mich deswegen im Mutterleibe gebildet und erschaffen, so lange ernährt, bewahrt und bei Erkenntnis der christlichen, seligmachenden Lehre in der wahren Kirche erhalten haben, daß ich von dir ewig, ewig verstoßen und mit den verstoßenen Geistern ewig gequält würde? Ach das sei ferne, deine Barmherzigkeit ist zu brünstig und deine Liebe zu feurig! Darum kann und will ich nicht glauben, daß du mich werdest verdammt sein laßen. Ich kann und will nicht glauben, daß du mein Aechzen, Seufzen und Flehen verschmähen werdest. Ich weiß, du wirst an mir nicht dein Richteramt, sondern deine Vaterliebe erweisen, um dessen willen, der Mensch geworden wie ich, doch ohne Sünde, und sich nicht geschämt hat, mich seinen Bruder zu nennen. Diesen, diesen sieh an und seine meinetwegen verwundete Seite, und| laß mich seines Verdienstes jetzt und in meinem letzten Seufzen genießen. Laß mich nur dies erlangen, um alles Andere kümmere ich mich nichts. Gewährst du mich des Ewigen, was sollte ich mich sehr um das Zeitliche sorgen?
Nun, liebster Herr, ich hoff auf dich;
Ich weiß, daß du nicht läßest mich!
Amen. Um Jesu willen! Amen.
27. Gib mir, Herr, nicht Gold oder Silber, sondern einen starken festen Glauben. Ich suche nicht Lust oder Freude der Welt, sondern Trost und Erquickung durch dein heilig Wort. Nichts begehr ich, das die Welt groß achtet, denn ich bin dessen vor dir nicht um ein Haar breit gebeßert; sondern deinen heiligen Geist gib mir, der mein Herz erleuchte, mich in meiner Angst und Noth stärke und tröste, im rechten Glauben und Vertrauen auf deine Gnade erhalte bis an mein Ende! Amen.
Sonnabend vor Mariä Heimsuchung
1527. (Vgl. S. 120)
29. Du treuer Heiland Jesu Christe, ich bitte dich durch dein bitteres Leiden, laß mich allezeit wohnen unter dem Schatten deiner Flügel, auf daß ich, vor aller Anfechtung sicher, bei dir Trost und Ruhe finden und vor allem Anlauf unversehrt bleiben möge! Amen.
30. O Herr Jesu Christe, du mein treuer Heiland, Erlöser und Seligmacher, der du gesprochen hast: „Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken:“ auf diese deine Worte komm ich zu dir, beladen mit| großer Schwachheit Leibes und der Seelen. Ich bitte dich von Herzen, erbarme dich mein und erquicke meine Seele mit deinem Troste. Herr Jesu Christe, dir ergeb ich meinen Leib und Seele und alles, was ich habe. Du bist mein treuer Heiland, du hast mich durch dein theures Blut erlöset: dir leb ich, dir sterb ich, dein bin ich todt und lebendig. Laß mich mit Geduld deiner Hilfe warten, auf daß ich deinen Namen loben und dich ewig preisen möge! Amen.
31. Zu Gott, dem Allerhöchsten, will ich rufen, zu Gott, der meines Jammers ein Ende macht, mein Herz erfreuen, mein Angesicht wieder fröhlich machen und mir Gesundheit, Leben und Segen nach seiner großen Barmherzigkeit geben wird. – Herr, ich säe jetzt mit vielen Thränen, laß mich doch mit Freuden ärnten. Sei nahe bei mir, weil ich dich mit Ernst anrufe und mein betrübtes Herz vor dir ausschütte. Erhöre| mein Flehen. Schweige doch nicht über meine heißen und häufigen Thränen. Nimm mein Gebet an und heile mein erschrockenes Gebein. – Du hast mir einen bittern Trank eingeschenkt, daß ich weinen muß. Ach Herr, gib mir für Weinen und Heulen deinen Freudenwein. Salbe mich mit dem Oel deines göttlichen Trostes, überschütte mich nach Heulen und Weinen mit Freude. Hast du mich nun getränkt mit einem großen Maß voll Thränen; so reiche mir auch wieder einen Labetrunk, daß meine bekümmerte Seele nicht verschmachte. Ich will auch, lieber Vater, deiner Tröstung nicht vergeßen und dich nach der Erquickung mit fröhlichem Herzen und Munde loben mein Leben lang. Amen.
32.* „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat.“ – Wie war ich so traurig! Kein Trost besuchte mein Herz; kein Gebet entwand sich meiner Seele; ich dachte, Gott hätte mein vergeßen: kein Mensch war elender und verlaßener in meinen Augen als ich selber[.] Du aber hast mir meine Klage in einen Reigen verwandelt. Du ließest mich erfahren viele und große Angst und machtest mich wieder lebendig. Du hörst das Verlangen des Elenden: mein Herz ist nun gewis, daß dein Ohr darauf merkt. Dein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Meine Lippen und meine Seele, die du erlöset hast, sollen fröhlich sein und dir lobsingen.
| Vorhin war ich betrübt, jetzt bin ich fröhlich in Gott, meinem Heil. Vorhin sahen mich alle Kreaturen sauer an, jetzt lachen sie mich wieder an: mein Herz ist, ob ich schon am Leibe leide, voll Süßigkeit, mein Geist voll Freuden geworden, da du mir halfest aus meiner Finsternis, da mir deine Sonne wieder aufgieng in der Nacht. Nun will ich im Lichte deines Angesichts wandeln; laß mich ferner dein leuchtendes Angesicht sehen und erhalte mir ein fröhliches Herz durch deine Gnade. Hilf, daß mir nichts Aergeres widerfahre: deine Barmherzigkeit hat mich geheilt, gib, daß ich meine Seele nicht aufs neue verwunde durch meine Sünden. Regiere mich, daß ich durch vorige Anfechtung recht klug werde, zu meiden die Betrübnis meiner Seele. Stärke mich durch deine Macht und laß deinen Geist in meinem Herzen wohnen, daß er mich zu allem Guten treibe, und ich ein angenehmes Gefäß deiner Barmherzigkeit in Ewigkeit bleiben möge! Amen.
33. Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. Matth. 26, 39.
Mein Vater, ists nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille. V. 42.
Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen, denn du bist mein Ruhm. Jer. 17, 14.
leiblichen Anfechtung und Todeskampf 1527.
34. Mein allerliebster Gott, wenn du es haben willst, daß dies die Stunde sei, die du mir versehen hast, so geschehe dein gnädiger Wille!
Herr, mein allerliebster Gott, ach wie gerne hätte ich mein Blut vergoßen um| deines Wortes willen, das weißest du; aber ich bins vielleicht nicht werth; dein Wille geschehe. Willst du es so haben, so will ich gerne sterben, alleine daß dein heiliger Name gelobet und gepreiset werde, es sei durch mein Leben oder Tod. Wenns aber, lieber Gott, möglich wäre, möchte ich noch gerne länger leben um deiner Gottseligen und Auserwählten willen. Ist aber das Stündlein kommen, so mache es, wie dirs gefällt; du bist ein Herr über Leben und Tod.Du weißt, Herr, daß ihrer viele, denen du es gegeben hast, um des Bekenntnisses willen deines Evangelii ihr Blut vergoßen haben. Ich hoffte, es würde mir auch dazu kommen, daß ich auch mein Blut um deines heiligen Namens willen hätte sollen vergießen, aber ich bins nicht werth: dein Wille geschehe. Du weißt, Herr, daß mir der Satan auf mancherlei Weise nachgestellt hat, daß er mich leiblich umbrächte durch Tyrannen, Könige, Fürsten und Geistliche, durch seine feurigen Pfeile und schrecklichen geistlichen Anfechtungen. Aber du hast mich bisher wider all ihr Toben wunderbarlicher Weise erhalten; erhalte mich ferner, du treuer Herr, ists dein Wille.
| Mein allerliebster Gott, du bist ja ein Gott der Sünder und Elenden, die ihre Angst, Noth und Jammer fühlen und deiner Gnade, Trost und Hilfe begehren, wie du sprichst: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“. Herr, ich komme auf deine Zusage, ich bin in großer Angst und Noth, hilf mir um deiner Gnade und Treue willen! Amen.O mein allerliebster Gott und Vater, du hast mir viel edler, theurer Gaben gegeben vor vielen andern tausend: wäre es dein Wille, ich wollt ja ihrer gern noch zu Lob und Preis deines heiligen Namens, zu Nutz und Trost deiner kleinen Heerde brauchen. Aber dein göttlicher, väterlicher Wille geschehe, allein daß dein Name durch mich, ich lebe oder sterbe, geehret werde! Amen.
36. Allmächtiger Gott, himmlischer Vater, weil du uns geboten hast und gesprochen: „Rufe mich an in der Noth, so will ich dich erretten und du sollst mich preisen:“ so schreie ich auch zu dir in| dieser meiner großen Noth durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, und bitte, du wollest mich armen sündigen Menschen nicht verlaßen. So nun diese meine Krankheit nicht ist zum Tode, so hilf mir auf, daß ich genese, um deiner Barmherzigkeit willen, auf daß ich deine Macht und Kraft, an mir erwiesen, verkündige und preise. Ist es mir aber nützlicher, zeitlich sterben, als hier in diesem Jammerthal länger zu bleiben, so geschehe, Herr Gott, dein gnädiger guter Wille: verleihe mir nur Gnade, daß ich mich in deinen Willen, der allezeit der beste ist, gänzlich ergebe. Erhalte mich fest im christlichen Glauben und wahrer Erkenntnis bis an mein Ende. Laß mich von dir nimmermehr abgeschieden werden, sondern nimm meine Seele zu dir in dein Reich, durch deinen lieben Sohn Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.
38.* Herr Christe, ich darf dir meine Noth nicht erzählen, noch mein Anliegen entdecken, es ist dir bekannt wie mir selber; denn du bist ja unser Gott und trägst für| uns Sorge Tag und Nacht, schläfst und schlummerst nicht, sondern wendest deine väterlichen Augen ohn Unterlaß auf uns, daß ohne dein Wißen und Wollen auch nicht ein Härlein von unserm Haupt fallen kann. Nur hilf mir, Herr, wie du am besten weißt, daß mir zu helfen ist. Du bist der allmächtige Gott; du kannst uns bald Hilfe und Rath schaffen, auch wo keine erscheinet. Alles, was du willst, das thust du im Himmel und auf Erden, und ist niemand, der wider dich streben darf, oder dich hindern kann, uns zu helfen. Herr, hilf mir nach deinem Willen, wie du weißt, daß es mir nütz und selig ist. Nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Herr, wie du es machst, so bin ich mit dir zufrieden: all deine Fügung, sie gerathe wie sie will, muß mir doch zum besten gedeihen. Sterb ich, so bin ich dein; leb ich, so bin ich auch dein. Verleih mir nur Geduld, daß ich ausharren und dir alles anheim stellen kann. Du wirst mir nichts verderben, sondern| alles wohl machen, daß ich dich werde von Herzen loben und sagen: Du hast alles recht und wohl gemacht, beßer als ichs hätte sagen dürfen, bitten oder begehren. In solcher Hoffnung sprech ich fröhlich Amen.
40. Ach lieber Vater im Himmel, wie große Schmerzen, Angst und Noth habe ich an meinem Leibe, die ich leider mit meinen Sünden wohl verdient habe. Lieber Vater, sieh an, wie meine Krankheit tobt und wüthet und so gar anhält, und laß dich das erbarmen, denn ich bin ja dein liebes Kind und ein Bruder deines geliebten Sohnes Jesu Christi. Thuts doch einem irdischen Vater wehe und geht ihm ins Herz, wenn er sein Kind sieht Noth und Schmerzen leiden: so wirst ja du viel mehr Mitleid mit mir haben und aus großem Erbarmen mir zu Hilfe kommen in meiner großen Leibesnoth. Lindere| meine Schmerzen, und gefällt es dir, so nimm sie gar hinweg. Ach Herr, wie willst du mein so gar vergeßen: eile mir zu helfen, ich verzage sonst in dieser Angst. Du hast mir ja befohlen, dich um Hilfe anzurufen in der Noth, und versprochen, daß du mich erretten wollest. So komm mir nun auch zu Hilfe, und soll ich ja mein Leben mit solchem Schmerz und großer Noth beschließen, so wende doch dein väterliches, freundliches und gnädiges Angesicht nicht von mir, sondern hilf mir durch den heiligen Geist, daß ich das unaussprechliche, große Leiden und die große Qual meines Herrn Christus vor Augen habe und ihm nach mein Leiden mit Geduld ertrage, damit ich nicht solcher Leibesnoth halber mich irgend versündige, sondern beständig bleibe in Glauben und Anrufung bis an mein Ende wie die lieben Märtyrer, um Jesu Christi, deines lieben Sohnes, willen! Amen.
41. O Herr Jesu Christ, mein einziger und bester Arzt, zu dir fliehe ich in dieser meiner Krankheit. Herr, zu dir rufe ich in meiner Noth: nimm du dich meiner in Gnaden an, vergib mir meine Sünde, damit ich diese Ruthe verschuldet habe, und benimm mich dieser Schwachheit nach deinem väterlichen Willen. Mir ist angst und wehe, aber ich habe noch viel mehr verdient. Herr, gehe nicht mit mir ins Gericht nach meinem Verdienst. Wende noch einmal deinen Zorn von mir ab: ich will, hilf du mir selber dazu mit deinem heiligen Geiste, ich will mich beßer vorsehen, vor Sünden mich hüten und mich beßern. Amen.
42. Wahrhaftiger und gütiger Gott, du hast uns heißen beten und daneben| treulich zugesagt, uns alles zu geben, was wir nach deinem Willen bitten. So bitte ich dich von Herzen um Jesu Christi, deines lieben Sohnes, willen, du wollest mir wieder helfen zu meiner Gesundheit, mich stärken und meine großen Leibesschmerzen lindern und wegnehmen, wie du leicht thun kannst, und solches herrlich an Hiskias, Hiob und andern Kranken bewiesen hast. Ach Herr, strafe mich nicht nach deinem Grimm, sondern sei mir gnädig. Wie lange soll ich mich ängsten in dieser Leibesnoth. Hilf mir, damit ich dich auch in dieser Welt mehr loben und preisen und andern dienen möge. Weil aber wir armen Menschen nicht wißen, was wir beten, ob uns, was wir suchen, nützlich oder schädlich sein möge; so stelle ich alles dir anheim, der du vollkommen weißest, was mir heilsam ist. Ist es dein göttlicher Wille, so gehe dieser Kelch und diese Schwachheit von mir; doch nicht was ich will, sondern dein Wille geschehe. Allein darum bitte ich, o Herr, daß solche meine| Schwachheit ein seliges Ende gewinne. Dazu wollest du Gnade verleihen um Jesu Christi willen! Amen.
44. O himmlischer Vater, du Herr des Lebens und Todes, wir wißen zwar gewiß, daß wir einmal sterben müßen, und unser Leben sich wie Waßer im Sande verliert. Weil du aber durch deine gnädige Vorsehung, so lang dies Leben in uns ist, Mittel verordnet hast, deren sich deine Kinder gebrauchen, und deren Segen und Benedeiung sie von dir erwarten sollen; so bitte ich deine unergründliche Barmherzigkeit in kindlicher Zuversicht, du wollest selber diese mir verordnete Arznei heiligen und ihr die Kraft verleihen, daß sie mir zur Gesundheit diene. Herr, sprich nur ein Wort, so werde ich gesund. Wofern aber meine Tage sollen ein Ende haben, und du mir diese Krankheit als einen Boten zugeschickt hast, mich aus diesem Jammerthale abzufordern, so geschehe, o Herr, dein heiliger Wille. Nur verleihe mir Glauben und Geduld und laß| Deine Gnade und Barmherzigkeit nicht ferne von mir sein, sondern mitten in meiner Noth sei bei mir mit deinem heiligen Geiste, daß ich meine Seele, die du mit deinem heiligen Blute so theuer erlöset hast, willig und getrost in deine heiligen Hände zur Verwahrung gebe und befehle! Amen.
45. Abba, mein Vater, es ist dir alles möglich. Du kannst helfen, heilen und gesund machen. Krankheit und Gesundheit, Tod und Leben steht alles in deiner Hand. Du allein weißt auch, was mir am besten ist. Darum befehle ich dir, lieber Gott und Vater, mein Kranken und Genesen in deine allmächtige gnädige Hand und bitte dich demüthig und von Herzen, du wollest schaffen und geben, was deinem heiligen Namen zu Ehren und mir an Leib und Seele zu zeitlicher und ewiger Wohlfahrt gereichen mag. Es ist dir nur um ein Wort zu thun, das du zu dieser Arznei sprechest, so werde ich dadurch gesund. Darauf traue ich,| und will dies Mittel auf deinen Namen versuchen und gebrauchen mit der gewissen Zuversicht, du werdest es wohl machen. So bin ich bereit, nach deinem väterlichen guten Willen, noch länger hier zu leben, dir und meinem Nächsten zu dienen, oder von hinnen seliglich abzuscheiden und zu sein bei Jesu Christo, meinem Heilande, der mit dir und dem heiligen Geiste lebt und regiert, wahrer Gott, hochgelobt in alle Ewigkeit! Amen.
47.* O Herr Jesu Christe, mein Heiland, ich klage dir, daß mich meine Noth drückt, und meine Krankheit so lange währt. Ich bitte dich, du wesentliches Wort deines Vaters, du heilsamer Tröster, sprich mir diesen Trost tief in mein Herz, daß ich allezeit, ja mitten in der größten Schwachheit, ja in höchsten Schmerzen und Todesängsten dein liebes Kind sei, dir in deinen Armen und in deinem Schooße liege, und dein gnädiges Angesicht alle Augenblicke auf mich gerichtet sei. Da du, Herr Jesu, am Kreuze hiengest, unsere Schmerzen, Schmach und Hohn trugest und von allen Kreaturen verlaßen warest, warest du dennoch der eingeborene Sohn deines lieben himmlischen Vaters, bist es auch geblieben. Da Joseph im Gefängnis lag| und keine menschliche Hilfe sah, warest du dennoch mit ihm, hattest ihn lieb und errettetest ihn zu rechter Zeit. Da Stephanus zum Tode geführt wurde, und ihm die Steine um den Kopf flogen, hattest du ihn dennoch lieb und gabest dich ihm zu schauen, daß er mit fröhlichem Herzen rufen konnte: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und des Menschen Sohn zur rechten Hand Gottes stehen!“ Da Lazarus vor des reichen Mannes Thüre lag, und ihm kein Mensch helfen wollte, waren doch deine heiligen Engel um ihn her, nahmen seine Seele und trugen sie in Abrahams Schooß, in das ewige Leben. O mein Gott, ich bin wohl auch dein Lazarus, liege hier und klopfe an deiner Gnadenthür mit meinem Seufzen. Die Noth ist wohl groß, mein Herr, der Schmerzen sind viele, und die Angst will mich überwältigen: ich weiß aber gewiß und habe des tausend Zeugen in meinem Herzen durch deinen heiligen Geist, daß du mich nicht wirst verlaßen. Deine Augen stehen Tag| und Nacht offen über mir. Ich bin dein liebes Kind und ein Erbe des ewigen Lebens. Darum bist du mit mir in dieser Noth. Du wirst mich auch herausreißen und zu ehren machen – in diesem oder jenem Leben, wie es dir gefällig ist. Das ist gewißlich wahr. Amen.
48. O Herr Jesu Christe, das Fleisch ist schwach und ungeduldig. Ach lieber Herr, brenne, haue, stich und plage mich, wie du willst, nur aber bitte ich dich um Geduld und Sanftmuth. Amen.
| 49. Lob, Ehre und Dank sei dir, mein allerliebster Herr Jesu Christe, für deine heilige Menschwerdung, für deine Marter und bitteres Leiden, aus dem ich erkenne, daß du mein Erlöser und Seligmacher bist, und glaube, daß du Sünde, Höll und Teufel überwunden hast, daß die mir nicht schaden mögen. Des allein tröste ich mich, darauf baue ich, da steht meine Hoffnung, da will ich mich laßen finden. Allein sei mir gnädig und barmherzig, wie ich deiner wahrhaftigen Zusage nach nicht zweifle. O Herr, laß mich nicht in diesen großen Nöthen, gib mir Geduld in meiner Krankheit! Ob ich durch Schmerzen, Unvernunft und andere große Anfechtung würde oder wollte abfallen; o Herr, laß mich in Unglauben und Gotteslästerung nicht stecken, sondern stärke und mehre meinen Glauben, daß mir Sünde, Höll und Teufel nicht schaden. Du bist stärker und gewaltiger, denn die alle: darauf verlaße ich mich! Amen.
| 50. O du heiliger Geist, du Tröster aller Elenden und Betrübten, du weißt am besten, was unser Fleisch und Blut im Kreuz vermag, wie es so gar niedersinket auch unter einem kleinen Rüthlein, was für Ungeduld, Zweifel und Zagen in uns kommt, wie es unserthalben mit uns ganz und gar verloren wäre. Darum sei du mein Trost, meine Stärke, meine Hilfe, mein Schild und Burg. Stärke mich durch deine große Macht; hilf mir in meiner großen Schwachheit und stehe mir bei; erwecke mein Herz und Gemüth, daß ich in meinen Nöthen nach Hilfe rufe und schreie; stärke meinen Glauben, daß ich in fester Zuversicht und völligem Vertrauen möge Hilfe und Rath von oben herab erwarten. Und weil wir im Kreuz und Anliegen nicht wißen, was wir bitten und begehren sollen, so thue du das Beste, bete in uns und mit uns, nachdem du weißt, wie es dir gefällig ist! Amen.
| 51.* Nimm weg von mir, Herr Jesu, und tilge aus meinem Herzen alle Ungeduld. Behüte mich, daß sie nicht überhand nehme in mir, auf daß ich mir mein Kreuz nicht größer mache. Pflanze mir aber die liebe Geduld in mein Herz, daß ich deinem Beispiel folge, stille und geduldig sei und auf deine Hilfe warte. Rüttele deinen Zeiger, laß kommen deine Stunde, denn deine Zeit ist die rechte Zeit, und deine Stunde ist die rechte Stunde. Gib, daß ich stets hoffe und stark sei in gewisser Zuversicht. Du bist getreu und läßest keinen Menschen versucht werden über sein Vermögen; ach so schaff auch, daß all mein Kreuz und Kranksein ein solches Ende gewinne, daß ich es könne ertragen. Ich weiß, du wirst es nicht laßen. Amen.
52. Barmherziger Gott, dieweil ich weiß, daß du getreu bist und niemand über sein Vermögen versuchen läßest, sondern es also zu machen pflegst, daß die Versuchung ein Ende gewinnt, und wir sie ertragen können;| so bitte ich dich demüthiglich, du wollest mir in diesem, meinem Elend ein solches Herz geben, das sich dir ganz ergebe und aus deiner väterlichen Hand in kindlichem Gehorsam annehme, was du mir wirst auflegen. Ach, ohne deine Hilfe ist bei mir nichts als Murren und Ungeduld, durch welche ich dich nicht zur Gnade, sondern zum Zorn bewege. Darum wie du mir eine Last hast aufgelegt, also hilf mir auch und laß in mir hervorleuchten die Früchte des heiligen Geistes, Glauben und Geduld, mit welchen ich durch deine göttliche Kraft alle Trübsal überwinden und dir bis in den Tod getreu sein und bleiben möge. Amen.
53.* Allmächtiger, gütiger Gott, der du bist eine Stärke der Schwachen, ein Heil der Kranken, eine Kraft der Mühseligen, ein Trost der Betrübten, eine Freude der Traurigen, eine Zuflucht der Verlaßenen, eine Hilfe der Angefochtenen, ein Leben der Sterbenden, ein Gott der Geduld und| alles Trostes: du siehst und weißt, daß wir von Natur schwach, blöde und verzagt sind und im Kreuz ohne deine göttliche Hilfe und Beistand nicht können bestehen. Darum rufe ich zu dir, wenn du mir Krankheit oder sonst Widerwärtigkeit zuschickst, du wollest mich fest im Glauben und beständig in der Geduld erhalten. Verleih mir Gnade, daß ich deine väterliche Hand und Züchtigung möge erleiden mit sanftem Geist und stillem Herzen. Gib mir Geduld, welche mir hoch vonnöthen ist in Leidenszeit, auf daß ich deinen Willen thue und die Verheißung empfange. Lehre mich, daß ich dir, meinem Gott, still halte, wenns übel geht, damit ich die Trübsal nicht für ein Zeichen deiner Ungnade achte und in meinem Herzen nicht etwa wider dich murre oder sonst unleidlich werde. Laß mich erkennen, daß du, welchen du lieb hast, auch züchtigest zu seiner Beßerung, auf daß ein Mensch in Gottes Furcht demüthig wandele, sein Vertrauen nicht auf das Zeitliche stelle, sondern auf Gott,| der die Todten auferweckt, auf daß unser Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold. Denn die Trübsal bringt Geduld, die Geduld bringt Erfahrung, Erfahrung bringt Hoffnung, Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden, und selig ist der Mann, den du, Gott, strafest. Darum soll sich niemand weigern, der Züchtigung des Allmächtigen. Denn du verletzest und verbindest, du zerschmeißest, und deine Hand heilt. Aus sechs Trübsalen wirst du mich erretten und in der siebenten wird mich kein Uebel rühren. So hilf nun, ewiger Gott, daß ich mit Geduld meine Seele faße und in gewisser Hoffnung unabgewendet bleibe, auf daß ich mit kindlicher Zuversicht dein väterliches Herz, unter dem Kreuze verborgen, möge erkennen, mit aller Kraft mächtig und gestärkt werde nach der großen Macht deiner Glorie, und zu aller Geduld und Langmuth in Anfechtung, Widerwärtigkeit und Leiden gewappnet möge bestehen, und fröhlich,| mit dankbarem Gemüthe in aller Noth dich preisen, auf daß, die wir mit Christo allhier leiden, auch mit ihm zur ewigen Herrlichkeit erhaben werden! Amen.
54.* O Herr Jesu Christe, der du bist ein Gott der Geduld und alles Trostes, in den Tagen deines Fleisches in höchster Geduld all dein Elend ausgestanden und uns unsere Seelen mit Geduld zu faßen befohlen hast! Du siehst mein betrübtes Elend, hörest mein Seufzen, das ich auf meinem Angstlager ausgieße. Du weißt, wie meine Schwachheit und Gebrechlichkeit so groß und heftig ist. Wie soll ich aber thun, du frommer Herr? Keine Arznei weiß ich, als das Kräutlein Geduld[3]. Dieweil aber dasselbe nicht wächst in dem ungebauten Garten| meines Fleisches und Blutes, denn der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach: so stärke du mich mit dem Geiste der Gnaden und des Trostes, gib mir Geduld in Leidenszeit, gehorsam sein in Lieb und Leid, damit ich deine Gerichte nicht anbelle und wider dich murre, sondern mit Freuden ein Halleluja drein singe, und gewiß dafür halte, du meinest es dennoch nicht böse mit mir, wie fremd und feindselig du dich auch stellest, und wollest mitten unter deinen Zuchtruthen gedenken deiner väterlichen Barmherzigkeit, mich züchtigen, aber mit Maßen, mich strafen, aber nicht in deinem Zorn, mich töden, aber wieder lebendig machen, mir eine Last auflegen, aber wiederum aushelfen. Du bist ja der Gott, der da hilft, und der Herr Herr, der vom Tode errettet, hochgelobt in Ewigkeit. Amen.
55. Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichtes Hilfe und mein Gott ist.
Ach mein Herr und Gott, erhalte doch von nun an meine Gänge in deinen Fußsteigen und laß meine Tritte nicht gleiten. Laß den Feind an mir nichts gewinnen und den Sohn der Ungerechtigkeit mich nicht beschädigen, sondern verzeih mir meine Ungeduld und Halsstarrigkeit, denn ich habe geirrt wie ein irriges Schaf, das zum Verderben eilt. Meiner Sünden sind viel mehr denn des Sandes am Meer, ich empfinde sie nicht nach ihrer Last und Menge, aber nunmehr ist mir Heil widerfahren. Du, Herr, hast mich vom Schlafe des Todes wieder erweckt, daß ich meinen Irrweg| erkannt habe, und meine Seele sich wieder zur Ruhe begeben hat. O du Vater der Barmherzigkeit, nimm mich doch wieder zu Gnaden an und gedenke nicht meiner Halsstarrigkeit und Ungeduld, sondern, daß Christus, dein geliebter Sohn, mein und der ganzen Welt Heiland, alle meine Sünde mit seinem allerheiligsten Blute bezahlt und mir das Leben und die ewige Seligkeit geschenkt hat. Darum, o Herr, wende doch ab dein Angesicht von meinen Sünden und tilge alle meine Missethaten. Ach Gott, schaffe in mir ein reines Herz und gib mir einen neuen gewissen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesichte und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir, so will ich dir allhier zeitlich dafür danken und dich in deinem himmlischen Paradies lieben, loben, ehren und preisen ewiglich. Amen.
59. Herr, allmächtiger Gott, der du wohl weißt wie unsere sichtbaren und unsichtbaren Feinde wachsam und sorgfältig sind, auch die Gebrechen unsers dürftigen Fleisches erkennest, da du es geschaffen hast: dir befehlen wir uns ganz in deinen Schutz und Bewahrung, Schirm und Zuflucht, Hilfe und Trost. Behalte uns, Herr Gott, unter den Flügeln deiner Güte, daß wir nimmermehr im Tode entschlafen. Erleuchte die Augen unsers Herzens mit dem Lichte der himmlischen Gnadensonne, mit der Wonne und Lust deines göttlichen Wortes, und erhalte uns allezeit nüchtern und zu allen guten Werken wacker, klug, weise und vorsichtig, auf daß wir dich mögen loben und preisen. Denn du bist allein gütig und voll Gnaden! Amen.
61. Kommet her, höret zu alle, die ihr Gott fürchtet, ich will erzählen, was er meiner Seele gethan hat. Zu ihm rief ich mit meinem Munde und preisete ihn mit meiner Zunge; darum erhörte mich Gott und merkte auf mein Flehen. Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir und errettete mich aus aller meiner Furcht. Welche ihn ansehen und anlaufen, deren Angesicht wird nicht zu schanden. Da dieser Elende rief, hörte es der Herr und half ihm aus allen seinen Nöthen. Wo ist so ein herrlich Volk, zu dem Götter so nahe sich thun, als der Herr, unser Gott, sooft wir ihn anrufen? Ich danke dir ewiglich, denn du kannst es wohl machen, und will harren auf deinen Namen, denn deine Heiligen haben Freude daran.
Wohl dem, des Hilfe der Gott Jakobs| ist, des Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, steht. Meine Seele harret nur auf Gott, denn er ist meine Hoffnung. Er ist mein Hort, meine Hilfe und mein Schutz, daß ich nicht fallen werde. Bei Gott ist mein Heil und meine Ehre. Er ist der Fels meiner Stärke. Meine Zuversicht ist auf Gott. Hoffet auf ihn allezeit, lieben Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus. Gott ist unsre Zuversicht, eine Hilfe in den großen Nöthen. Halleluja.62. Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Er zürnet nicht ewiglich; sein Zorn währet einen Augenblick und er hat Lust zum Leben. Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte, daß du mein Elend ansahest und meine Seele erkanntest in der Noth. Du handeltest nicht mit mir nach meinen Sünden und vergaltest nicht nach meiner Missethat; sondern so hoch der Himmel über der Erde ist,| ließest du deine Gnade über mir walten und erbarmtest dich über mich, wie ein Vater über sein Kind. Es umfiengen mich des Todes Bande, und die Bäche Belials erschreckten mich; der Höllen Bande umfiengen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich. Da mir Angst war, rief ich den Herrn an und schrie zu meinem Gott, da erhörte er meine Stimme von seinem Tempel, und mein Geschrei kam vor ihn zu seinen Ohren. – Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast meinen Sack ausgezogen und mich mit Freuden gegürtet, auf daß dir lobsinge meine Ehre und nicht stille werde. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit. Der Herr tödet und macht lebendig. Er führt in die Hölle und wieder heraus. Das ist mein Gott, ich will ihn preisen. Er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben. Halleluja. Gelobet sei Gott und der Vater unsers Herrn Jesu Christi, der Vater der Barmherzigkeit und Gott alles Trostes, der uns tröstet in aller| unsrer Trübsal, daß wir auch trösten können, die da sind in allerlei Trübsal, mit dem Troste, damit wir getröstet werden von Gott! Halleluja. Amen.
63. Gelobt sei der Herr, denn er hat erhört die Stimme meines Flehens. Der Herr ist meine Stärke und mein Schild; auf ihn hofft mein Herz, und mir ist geholfen; und mein Herz ist fröhlich und ich will ihm danken mit einem Liede. ((Ps. 28.) Denn ich rief zum Herrn in meiner Angst, da antwortete er mir; ich schrie, und du hörtest meine Stimme und hast mein Leben vom Verderben geführt, Herr, mein Gott.
Du ließest mich entschlafen und machtest mich leben. Ich sprach in meinem Elende: Meine Zeit ist dahin und aufgeräumt wie eines Hirten Hütte, und ich reiße mein Leben ab wie ein Weber; er sauget mich dürre aus; du machst es| mit mir ein Ende den Tag vor Abend. ((Jes. 38.)Ich sprach: Nun muß ich nicht mehr sehen den Herrn, ja den Herrn im Lande der Lebendigen: nun muß ich nicht mehr schauen die Menschen bei denen, die ihre Zeit leben.
Ich dachte: Möchte ich bis Morgen leben. Aber er zerbrach mir meine Gebeine wie ein Löwe; denn du machst es mit mir aus den Tag vor Abend. Ich winselte wie ein Kranich und wie eine Schwalbe und girrte wie eine Taube: meine Augen wollten mir brechen. Ich werde mich scheuen all mein Lebtage vor solcher Betrübnis meiner Seele. Aber siehe, da meine Seele verzagte, gedachte ich an den Herrn, und mein Gebet kam vor dich in deinen heiligen Himmel. ((Jon. 2.)
Ich hatte viel Bekümmernis in meinem Herzen, aber deine Tröstungen ergetzten meine Seele. ((Ps. 94, 19.) Siehe, um Trost war mir sehr bange, du aber hast| dich meiner Seele herzlich angenommen, daß sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück. Denn die Hölle lobt dich nicht, so rühmt dich der Tod nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Wahrheit, sondern allein, die da leben, loben dich, wie ich jetzt thue. Der Vater wird den Kindern deine Wahrheit kund thun. ((Jes. 38.) Ich will dem Herrn Dank opfern, meine Gelübde will ich dem Herrn bezahlen, daß er mir geholfen hat. Ich will ihm Lieder singen, so lang ich lebe im Hause des Herrn. – Ihm, dem getreuen, allmächtigen, gnädigen, wahrhaftigen und allein weisen Gott sei Lob, Ehr und Preis gesagt in alle Ewigkeit. Amen.64. Barmherziger Gott, ich danke dir von ganzem Herzen, daß du mich so väterlich gezüchtigt und doch dem Tode nicht übergeben, sondern deinen Zorn wieder von mir abgewendet und das Licht deines Antlitzes über mich erhoben hast, daß ich nicht| im Tode entschlafen bin. O Herr, es ist mir gut, daß du mich gedemüthiget hast, auf daß ich deine Rechte lerne. Freilich ist es mir sehr gut, daß du mich in meinen Sünden nicht immer hast fortfahren laßen, sondern mich durch die ausgestandene Krankheit zurückgezogen und mir doch wieder geholfen hast. „Nun lob mein Seel den Herren“, und was in mir ist, seinen heiligen Namen. O Herr, wie kann ich dir vergelten diese und andere Wohlthaten, so du mir erzeiget hast? Ich will dich loben allezeit; dein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Meine Lippen und meine Seele, die du erlöset hast, sollen sich freuen und dir lobsingen. Verleihe mir, o Herr, deine Gnade, daß ich stets an diese Züchtigung gedenke, damit ich hinfür nicht sündige und mir eine neue Ruthe binde; sondern mit der neuen Gesundheit in ein neues Leben trete, durch Jesum Christum! Amen.
| 65. Ach großer, barmherziger, wahrhaftiger Gott und Vater, ich sehe und erfahre, was ich längst aus deinem heiligen Worte vernommen habe, nemlich daß du nahe bist bei denen, welche dich in ihren Nöthen und Anfechtungen treulich und kindlich anrufen, und sie nicht verläßest, sondern ihnen Kraft gibst, ihr Kreuz zu tragen, und es ihnen zugleich schwer machst, bis du sie genug geprüft, gedemüthigt und zu dir gezogen hast, sie hernach gnädiglich zu erlösen und zu erfreuen, auf daß du von ihnen herzlich gelobet und gepriesen werdest, und sie fortan in keinen Nöthen an deiner Güte zweifeln, sondern stark werden in Glauben und Hoffnung. Dafür sage ich dir durch deinen Sohn Jesum Christum, unsern Herrn, Lob und Dank ohne Aufhören und bitte dich als den einigen Nothhelfer und Tröster im Namen deines allerliebsten Sohnes Jesu Christi und um deiner Wahrheit und Ehre willen, du wollest mich in meiner Schwachheit weiter stärken und erhalten bis zur endlichen| Erlösung und Befreiung, auf daß ich dich, mein Gott und Herr, mit allen Gläubigen in Ewigkeit loben und preisen möge! Amen.
- ↑ Schöne Stelle aus dem gemeinen Gebete am Sonntag: „Tröste sie (die da leiden), Gott, mit deinem heiligen Geiste, daß sie solches alles als deinen väterlichen Willen aufnehmen und erkennen“.
- ↑ Vgl. andere Gebete, auch vorher. Das Gebet um Geduld hängt sich schier an alle Krankengebete, auch an die, die nicht zunächst um Geduld bitten.
- ↑
Das Kräutlein Patientia
Wächst nicht in allem Garten.
Ach Gott, schaff du mirs immerdar,
Daß ich könn deiner warten;
Sonst bin ich sehr betrübt und schwer
Von Angst auf dieser Erden.
« I. Worte aus Gottes Munde für Kranke und Sterbende | Wilhelm Löhe Rauchopfer für Kranke und Sterbende und deren Freunde |
III. Gebete für Sterbende » | |||
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|