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ADB:Schulze, Johannes

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Artikel „Schulze, Johannes“ von Martin Hertz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 5–18, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schulze,_Johannes&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 22:47 Uhr UTC)
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Schulze: Johannes Karl Hartwig S., Mitbegründer und langjähriger Leiter des höheren preußischen Unterrichtswesens, wurde am 15. Januar 1786 in dem mecklenburg-schwerinschen Städtchen Bruel im Hause seines mütterlichen Großvaters als der älteste Sohn tüchtiger und wohlhabender Eltern geboren. Den Vater, Elbzollverwalter zu Dömitz an der Elbe, verlor er bereits in seinem zehnten Jahre, die lebhafte, menschenfreundliche Mutter blieb ihm bis in die höheren Mannesjahre erhalten. Seine Ausbildung erhielt er auf der Stadtschule zu Dömitz, später auf der damals ziemlich vernachlässigten Domschule zu Schwerin; nachdem er dieselbe durchgemacht, begab er sich nach höherer Vorbildung strebend statt auf die Universität zunächst noch für zwei und ein halbes Jahr auf die damals hochangesehene Schule zu Kloster Berge. Hier herrschte unter dem Einflusse des Rectors Fr. Straß ein tüchtiger und humaner Geist, durch den S. sich ebenso sehr angezogen und befriedigt fand als durch den Unterricht wackerer Lehrer; vor allen war es der jugendfrische Ribbeck (A. D. B. XXVIII, 801), der auf seine logische und ästhetische Ausbildung förderlich einwirkte. [6] Nicht minder in der Mathematik als in den classischen Studien wohl vorbereitet, verließ er im Frühjahr 1805 die geliebte Anstalt. Statt, wie ursprünglich beabsichtigt, die Rechte in Göttingen zu studiren, ließ er sich nunmehr als Theolog und Philolog in Halle immatriculiren. So gewannen F. A. Wolf und Schleiermacher, denen er auch persönlich näher treten durfte, vorwiegenden und dauernden Einfluß auf Richtung und Entwicklung seiner Studien. Nach der Aufhebung der Hallischen Universität im Herbste 1806 begab er sich zunächst auf einige Zeit nach Berlin, darauf nach dem heimathlichen Dömitz, wo er durch seine Sprachkenntniß sich seiner Vaterstadt den Franzosen gegenüber nützlich zu erweisen vermochte und verstand, dann als Führer eines jungen Grafen Pückler nach Leipzig. Hier setzte er unter dem von ihm lebhaft bewunderten Gottfried Hermann, daneben auch unter dem bescheidenen, von ihm stets in dankbarem Gedächtniß bewahrten G. H. Schäfer seine Studien fort. Am 19. Juli 1807 wurde er nach Einreichung einer Arbeit über das ihm gestellte Thema „De linguarum inter sese cognatione“ und nach einer zu besonderer Zufriedenheit bestandenen Prüfung promovirt. Er verließ Leipzig im Frühjahr 1808. Zunächst beschäftigte er sich einige Zeit in Dresden mit Fortsetzung schon von Halle aus begonnener Kunststudien und mit den dortigen Sallusthandschriften, dann wirkte er vorübergehend als Hauslehrer auf einem schlesischen Gute in der gräflich Stoschischen Familie. Aber ein zufälliges kurzes, jedoch folgenschweres Zusammentreffen in Dresden mit seinem Landsmanne und gleichalterigen Freunde Franz Passow führte ihn noch im Herbste desselben Jahres nicht, wie ursprünglich die Absicht war, als Lehrer der hinterlassenen Kinder Schiller’s, sondern, da diese Stelle inzwischen schon anderweit besetzt war, als Professor des Gymnasiums nach Weimar. Mit Passow vereint hatte und löste er hier die Aufgabe, das schlecht organisirte und lässig geleitete Gymnasium emporzuheben; vor allem war es das griechische Alterthum, in das er begeistert und begeisternd mit dem ebenbürtigen Genossen die Schüler ein- und dadurch zu wahrhaft humaner Bildung emporführte. Aber der feurige junge Mann beschränkte sein Interesse und seine wirksame Bethätigung in Rede und Schrift nicht nur auf die Schule: auf der Kanzel in Weimar wie in Rudolstadt und in Schwarzburg verkündete er mit hinreißender Beredsamkeit nicht ohne romantischen Anhauch das Wort Gottes („Predigten“, Leipzig 1810; „Reden über die christliche Religion“, Halle 1811). Im Gotteshause und, wie bereits in Leipzig, in der Loge nicht minder als bei geeigneten Veranlassungen in der Schule suchte er freimüthig und unerschrocken, nicht ohne drohende persönliche Gefahr und trotz ausdrücklicher Warnung des Herzogs, vaterländische Gesinnung und muthige Bewährung derselben gegenüber dem fränkischen Eroberer hervorzurufen und zu stählen. Auch Anregungen, die er durch bedeutende Werke und ihre Darstellung auf der Bühne empfing, wußte er für weitere Kreise zu verwerthen. („Ueber Ifflands Spiel auf dem Weimarischen Hof-Theater im September 1810“, Weimar in demselben Jahre; im nächsten: „Ueber den standhaften Prinzen des Don Pedro Calderon“.) Vor allem aber wandte er auf litterarischem Gebiete einen von Begeisterung und Einsicht getragenen, trotz vielfacher Schwierigkeiten nicht erlahmenden Fleiß der von ihm in Gemeinschaft mit Heinrich Meyer nach Fernow’s Tode fortgesetzten Herausgabe der Werke Winckelmann’s zu: in den Jahren des Weimarischen Aufenthaltes erschienen davon die drei ersten Bände der Geschichte der Kunst der Alterthums (Werke Bd. III–V, Dresden 1809 bis 1811); seine sehr intensive, aber bescheidene, der philologischen Seite der umfassenden Aufgabe zugewandte Thätigkeit fand nicht voll die ihr gebührende Anerkennung neben der Leistung des kunstgelehrten Genossen. Inzwischen verließ im Herbst 1810 Passow Weimar. In seinem Nachfolger Hand (A. D. B. X, 499) fand S. trotz seiner auch von ihm anerkannten Gründlichkeit nicht völligen Ersatz; [7] dagegen trat er in diesem Jahre, indem er Ernst v. Schiller unentgeltlichen Privatunterricht ertheilte, in ein näheres Verhältniß zu dessen Mutter, die ihm dauernd Dankbarkeit und Anhänglichkeit bewies. Goethe wurde mehrfach durch sein maurerisches und dramaturgisches Auftreten verstimmt, doch gestaltete sich allmählich auch zu ihm wenn auch kein nahes, doch ein leidliches Verhältniß. Mehr und mehr gelang es ihm überhaupt allmählich seinen lebhaften und übersprudelnden Geist zur Sammlung und zur Selbstbeschränkung zu lenken; doch war für ihn zuletzt in mehr als einer Hinsicht eine Veränderung erwünscht und förderlich. Diese wurde ihm, nachdem es Passow nicht gelungen war, ihm wieder eine Stätte neben sich zu bereiten, und nachdem er selbst das ihm angetragene Directorat des Gymnasiums in Hildburghausen abgelehnt hatte, durch Dalberg, damals Großherzog von Frankfurt, zu Theil. Durch persönliche Bekanntschaft wie durch seine Predigten hatte er S. so sehr schätzen gelernt, daß er ihn trotz seines Protestantismus und Antinapoleonismus zu Anfang des Jahres 1812 nach Hanau berief. Hier bald nach seinem Eintreffen im Frühjahr dieses Jahres zum Mitgliede der Ober-Schul- und Studiencommission und darin zum Referenten über ein neu zu errichtendes confessionsloses Gymnasium ernannt, dessen Leitung er übernehmen sollte, gelang es ihm nach Ueberwindung mancher Schwierigkeiten mit keineswegs ausreichenden, durch Friedrich Rückert’s Flucht noch vor Antritt seiner Lehrstelle (A. D. B. XXIX, 447) von vorn herein noch mehr gelichteten Lehrkräften am 14. Januar 1813 die neue Anstalt zu eröffnen. Inzwischen hatte er die ihm durch diesen Aufschub gewährte Muße theils zur Fortsetzung der Ausgabe Winckelmann’s benutzt, theils zur Beendigung der Borheck’schen Uebersetzung von Arrian’s sechs[1] Feldzügen Alexander’s des Großen (Frankfurt a. M. 1813), sowie zur Vorbereitung ähnlicher Arbeiten für die auf die bildende Kunst bezüglichen Epigramme der griechischen Anthologie und für Thukydides; von letzterer Arbeit veröffentlichte er als Probe die Grabrede des Perikles im nächsten Herbstprogramm. Auch griechischen und lateinischen Unterricht hatte er bereits seit dem Herbste mit Eifer und entsprechendem Erfolge in der ersten Classe des alten reformirten Gymnasiums ertheilt. Nun wandte er sich mit voller Energie der neu gegründeten Anstalt zu; trotz der ungünstigen Verhältnisse gelang es ihm, zunächst bedeutende Erfolge zu erzielen. Auch nach der Rückkehr des vertriebenen Kurfürsten Wilhelm im Spätjahre 1813 und der damit einziehenden Reaction und einer um Beschaffung selbst des unumgänglich Nothwendigen unbekümmerten Sparsamkeit hielt er Jahre lang in muthigem Ringen tapfer Stand. Außer der hierbei bewährten Energie und Tüchtigkeit hatte er sich auch in diesen schweren Zeitläuften als echter deutscher Mann bewährt: nur Müffling’s Einfluß hatte es vermocht, ihn nach der Hanauer Schlacht vom Eintritt in das preußische Heer abzuhalten und bei jedem geeigneten Anlasse hatte er durch zündende Worte wie durch schwungvolle Lieder seine Mitbürger für die Sache des Vaterlandes zu begeistern verstanden. Die schwer drückenden Lasten der Einquartirung in den vorhergehenden Monaten hatten seinen Muth ebenso wenig zu beugen vermocht als der gleich nach jener Schlacht infolge unmittelbar drohender, wenn auch schließlich abgewendeter Feuersgefahr erfolgte Verlust seiner Handschrift zum vierten Bande des Winckelmann, der trotzdem überaus stattlich mit Anmerkungen ausgerüstet bis gegen Ende des Jahres 1815 zur Herausgabe abgeschlossen werden konnte, und seiner Arbeiten für Thucydides und für eine Geschichte der griechischen Dichtkunst. In jenen schweren Stunden aber knüpfte sich unauflöslich das Band zwischen ihm und seiner Hauswirthin, Frau Caroline Böhm geb. Rößler; ihre eheliche Verbindung aber wurde durch die Unsicherheit der Verhältnisse, schließlich noch durch eine schwere Krankheit Schulze’s bis in den Frühsommer 1815 verzögert. Die [8] Vereinigung mit dieser trefflichen Frau ist ihm eine Quelle dauernden Segens geworden: ihrem Sohne erster Ehe, dem später rühmlich bekannten Chirurgen und Augenarzt Ludwig Böhm (A. D. B. III, 65), wurde er nicht minder ein Vater im vollen Sinne des Wortes als dem eigenen, von mehreren Geschwistern nach dem Tode auch des von Jugend auf siechen ältesten Bruders (1843) schließlich übrig gebliebenen Sohne Max, der kunstbegabt, doch zu seinem Berufe die Rechtswissenschaft wählte.

Während aber S. sein häusliches Glück begründete, gestalteten sich durch die Versagung der nothwendigsten Mittel für die Erhaltung der Schule nicht minder als durch seine persönliche Lage, die auch bei seiner schließlichen Ernennung zum Oberschulrath keine materielle Sicherung erfuhr, seine amtlichen Verhältnisse zu einem so hohen Grade von Unerträglichkeit, daß er, trotz aller Anstrengung und persönlichen Aufopferung unvermögend sie zu bessern, sich dringend nach einem anderen Wirkungskreise umsah, womöglich in Preußen, wo er dachte „für seine deutsche Gesinnung den freiesten und günstigsten Spielraum zu finden“.

Die Erfüllung dieses Wunsches wurde ihm, vornehmlich auf des einsichtigen Süvern Betrieb, der auf einer Reise im Sommer des vorhergehenden Jahres mit ihm in persönliche Verbindung getreten war, durch seine im Frühjahr 1816 erfolgende Ernennung zum Schulrathe bei dem Consistorium und Schulcolleg in Coblenz zu Theil. Nur wenig über zwei Jahre blieb er in dieser Stellung. Aber sie waren von einem reichen und vielseitigen Inhalt erfüllt. Es galt eine Reorganisation des Kirchen- und Schulwesens am Niederrhein und vornehmlich im Regierungsbezirk Coblenz durchzuführen: auf der einen Seite mußten die bisherigen, vielfach verwahrlosten Zustände mit den bewährten altpreußischen möglichst in Uebereinstimmung gebracht werden, auf der anderen Seite bedurfte es großer Vorsicht, taktvoller Schonung und weitgehenden Entgegenkommens, um die der neuen Herrschaft wenig geneigten Rheinländer zu gewinnen, um namentlich auch sich in ein gutes Einvernehmen mit der katholischen Geistlichkeit zu setzen. In Uebereinstimmung mit dem ihm vorgesetzten einflußreichen Oberpräsidenten von Ingersleben und unter treuer Mitarbeit eines und des andern gleich gesinnten Amtsgenossen, nicht ohne Ueberwindung mancher Schwierigkeiten auch innerhalb seiner Behörde und sonstiger persönlicher wie sachlicher Hemmungen gelang es dem von feurigem patriotischen Eifer beseelten jungen Rath, auf diesem für die gesammte Zukunft der Rheinländer hochwichtigen Gebiete im Anschlusse an eine am Ende des ersten Jahres seiner Amtsführung vollendete Denkschrift, die sich jetzt im Berliner geheimen Staatsarchiv befindet, manches zu erreichen, anderes wenigstens anzubahnen. Vor allem richtete er seine Aufmerksamkeit auf die bessere Vorbildung und entsprechend strengere Prüfung der Geistlichen beider Confessionen wie auf die Neugestaltung der vielfach verwahrlosten Gymnasien unter Einführung der in Preußen bestehenden Abiturientenprüfung. Trotz seiner ohnehin bedeutenden Arbeitslast betheiligte er sich auch selbst an der unmittelbaren Ausführung der für nothwendig erkannten Maßregeln: auf dem Coblenzer Gymnasium übernahm er zunächst mit seinem Amtsgenossen Lange einen Theil des griechischen und lateinischen Unterrichts in den Oberclassen und betheiligte sich mit demselben an den Prüfungen der evangelischen Candidaten der Theologie, ließ sich auch im Herbste 1817 die Ordination als evangelischer Geistlicher ertheilen: Zwar als Prediger trat er nicht wieder auf, wol aber als kirchlicher Festredner bei bedeutungsvollen Anlässen, der Todtenfeier zum Andenken an die für das Vaterland Gefallenen und dem Reformationsjubelfeste am 31. October 1817 unter Betheiligung an der Darreichung des Abendmahls an die vereinigten Lutheraner und Reformirten. Auch als erwählter Redner vom Stuhl in der in Coblenz mit dem Namen Friedrich zur Vaterlandsliebe gegründeten Loge hielt [9] er dieser patriotischen Bezeichnung entsprechende Ansprachen, zog sich aber dann noch in Coblenz von weiterer Thätigkeit im Orden zurück. Bei so vielfach verzweigter, schaffender Thätigkeit, die erst im Herbste 1817 einigermaßen erleichtert wurde, blieb ihm doch noch Muße zur Pflege der Geselligkeit: der erlesenste Kreis war es, dem er sich gleich von vornherein anschließen durfte. Um Gneisenau als um seinen allverehrten Mittelpunkt geschaart vereinte er namentlich Clausewitz, K. v. d. Gröben, Meusebach, Schenkendorf, Görres in ebenso Geist und Gemüth anregender als zwangloser Weise. Freilich erlitt er schwere Einbuße schon durch Gneisenau’s baldigen Abgang noch im Sommer 1816, im nächsten Jahre durch Schenkendorf’s frühen Tod, und der Verkehr mit dem von S. trotz seines erbitterten Antipreußenthums voll anerkannten Görres bot doch manche Schwierigkeit. Daß er sich an der von diesem 1817 angeregten Adresse an den König (A. D. B. IX, 384) um baldige Verleihung der verheißenen Verfassung in patriotischem Eifer seiner Ueberzeugung gemäß durch seine Unterschrift betheiligte, zog ihm den einzigen Tadel zu, den er je von einer vorgesetzten Behörde erhielt. Noch bevor jene Erleichterung eintrat, hatte er auch zu litterarischer Thätigkeit wenigstens einige Muße gefunden: die bereits im März 1815 begonnene Uebersetzung von Winckelmann’s vorläufiger Abhandlung (Trattato preliminare) vor seinen Monumenti inediti gelang es ihm noch bis zum Schlusse des Jahres 1816 (erschienen 1817 als siebenter Band der Werke) zu Ende zu führen.

Im Anfange des Jahres 1818 während eines längeren Aufenthaltes des Staatskanzlers Hardenberg am Rhein wurde durch seinen Begleiter Eichhorn, den späteren Minister, S. in persönliche Verbindung mit ihm gebracht. Die bei dieser Gelegenheit dem jungen Rathe von ihm gegebenen Aufträge erledigte dieser so sehr zu seiner Zufriedenheit, daß er ihn Altenstein, dem Leiter des erst gegen Ende des Jahres 1817 gegründeten Cultus- und Unterrichtsministeriums, warm empfahl. Im Juli 1818 wurde darauf S. als Hülfsarbeiter in das Ministerium berufen, schon am 18. November desselben Jahres zum Geheimen Oberregierungsrath und vortragenden Rath in demselben ernannt. Volle vier Jahrzehnte hat er ihm angehört; seit dem Jahre 1849 als Director der Unterrichtsabtheilung, seit 1852 als Wirklicher Geheimer Oberregierungsrath mit dem Range eines Rathes erster Classe. Während der ersten etwas größeren Hälfte dieser Zeit, so lange Altenstein an der Spitze stand, erscheint er, schnell mit dem höchsten Vertrauen des Ministers beehrt, in bevorzugter Stellung schöpferisch thätig und ist im Verein mit dem gleich gesinnten Minister als der eigentliche Schöpfer des höheren preußischen Bildungswesens zu betrachten. Er trat in das Ministerium unter Verhältnissen, die von vornherein seine ganze Kraft in Anspruch nahmen, ihm aber auch, da er sich ihnen völlig gewachsen zeigte, von Anbeginn an eine bevorzugte Stellung sicherten. Zu dem ihm zugetheilten Referat über die Gymnasien mußte er bald auch die Universitätsangelegenheiten übernehmen, anfänglich sogar auch auf dem Gebiete des Volksschul- und des Seminarwesens thätig sein, wovon er aber 1820 durch den an und für sich freilich unerwarteten und unwillkommenen Eintritt Beckedorff’s in das Ministerium (A. D. B. II, 220) befreit wurde, dem zehn Jahre später Schulze’s Landsmann und Studiengenosse Kortüm folgte. Jenen umfassenden Wirkungskreis aber behielt er während der ganzen Dauer des Ministeriums Altenstein mit Einschluß der Akademien und sonstigen gelehrten Anstalten, der öffentlichen Sammlungen und Bibliotheken. Dazu traten allmählich noch mehrfache, Zeit und Kraft in Anspruch nehmende Nebenämter: 1826 wurde er zum Mitgliede der Militärstudiencommission ernannt, 1830 zum Mitgliede des Curatoriums der Charité, mit welcher Stellung sich seit 1836 auch eine Theilnahme an der Leitung der Thierarzneischule [10] verband, 1831 zum Mitgliede des Directoriums der allgemeinen Kriegsschule, der späteren Kriegsakademie.

Einen glänzenden Beweis seiner Leistungsfähigkeit gab er bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritte während des Aachener Congresses, wohin er den Minister begleitet hatte. Im letzten Augenblicke schien die nach langem Schwanken vom Könige Friedrich Wilhelm III. genehmigte Gründung der rheinischen Hochschule in Bonn wieder in Frage gestellt; es war die höchste Zeit, ihn schließlich dennoch dafür zu gewinnen und ihn zur Unterzeichnung der dazu nöthigen Actenstücke zu veranlassen: in einer Nacht (17./18. October) fertigte S. die sämmtlichen dazu nothwendigen Entwürfe an und konnte sie in früher Morgenstunde dem Minister überbringen. Mit ihm war er fortan beflissen, die Bonner Universität mit den geeigneten Persönlichkeiten und Mitteln für die Lösung ihrer schwierigen Aufgabe auszustatten und nicht minder der jungen blühenden Hochschule in der Hauptstadt ihren Glanz zu erhalten und zu mehren, als den entsprechenden Bedürfnissen der anderen Universitäten in den Provinzen gerecht zu werden und sie, so weit er vermochte, zu heben.

Aber freilich setzten sich ihrem Streben hierbei wie auf dem gesammten Gebiete ihrer Thätigkeit anderweit große, oft unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen: vielfach zunächst bei der Befriedigung vorhandener Bedürfnisse Schwierigkeiten finanzieller Art, gesteigert durch lästige Gepflogenheiten der Verwaltung auf diesem Gebiete, dann aber in principiell wichtigen Dingen theils die Unentschlossenheit und zaghafte Scheu des Königs, theils der jeder freien Bewegung gegenübettretende Einfluß einer Reihe hoher und bei ihm wohl angesehener Beamten: Schuckmann’s, des 1819 zum Regierungsbevollmächtigten an der Berliner Universität ernannten Staatsraths Schultz, des 1824 als Director der Unterrichtsabtheilung in das Ministerium selbst versetzten Kamptz und des dem Könige selbst von allen zunächst stehenden Fürsten Wittgenstein, und ihrer unter dem Banne Metternich’scher Anschauungen stehenden Gesinnungsgenossen. Wenn Altenstein selbst gegenüber, den, wie sie wußten, der König nicht aufgeben würde, von den Gegnern eine gewisse Zurückhaltung beobachtet wurde, so gelang es doch im April 1822 Wittgenstein und Schultz, eine Cabinetsordre an ihn hervorzurufen, durch die ihm die Entlassung des schon im Herbste 1819 infolge eines mit dem Großherzoge Karl August von Weimar in Dornburg gehaltenen Gesprächs verdächtigten S. und des ihm gleich gesinnten Justitiarius Frick angekündigt wurde. Nur seiner energischen, namentlich Schulze’s Verdienste in anerkennendster Weise hervorhebenden Vorstellung gelang es, ihre Ausführung abzuwenden. Aber unter den unheilvollen Nachwirkungen des Wartburgfestes, der Ermordung Kotzebue’s, unter dem Drucke der Karlsbader Beschlüsse, gegenüber den Demagogenverfolgungen, der Centraluntersuchungscommission und nach ihrer endlichen Beseitigung (1829) gegenüber den infolge der Julirevolution ergriffenen Maßregeln galt es nach wie vor Universitäten und Gymnasien vor beengenden Hemmungen, Professoren, Lehrer, ehemalige und gegenwärtige Studirende so viel als möglich vor Unheil und Vernichtung ihrer Existenz zu schützen (wie es namentlich gelang, Schleiermacher und F. G. Welcker ihrem Wirkungskreise zu erhalten), auch des verfehmten Turnens sich anzunehmen, das nach langer Unterdrückung von oben und allmählicher sporadischer Duldung erst unter Friedrich Wilhelm IV. (1842) zu voller Anerkennung als Unterrichtsgegenstand an den höheren öffentlichen Schulen gelangte. Trotz aller dieser Schwierigkeiten aber wurde Bedeutendes, hoher Bewunderung Würdiges geleistet, und wenn dabei in allen die Universitäten betreffenden Angelegenheiten eine specielle Kenntnißnahme und unmittelbare Betheiligung des Ministers und von Seiten Schulze’s bei seinen Vorschlägen von vornherein, soweit es mit seinen Ueberzeugungen übereinstimmte, [11] Rücksicht auf Altenstein’s Ansichten stattfand, so durfte S. in Bezug auf die Gymnasien fast uneingeschränkt selbständig vorgehen. Aber auch in den ersteren wußte er bei abweichenden Anschauungen voll eines zunächst sprudelnden, auch wohl übersprudelnden Feuereifers, der ihn auch in höheren Jahren nicht verließ, den bedächtigen und, nicht selten auch zum Vortheile der Sache, zum Zögern geneigten, aber der Einsicht und Sachkenntniß seines bevorzugten Rathes vertrauenden Altenstein in weitaus den meisten Fällen schließlich für seine Ansicht zu gewinnen.

So war das nach mehrfachen anderen vorbereitenden Maßregeln zur Abhaltung unreifer Elemente von den Universitäten zum Ersatz des Reglements von 1812 erlassene neue Abiturientenreglement vom Jahre 1834 ausschließlich sein Werk, das von Altenstein „mit voller Anerkennung des ausgezeichneten Werthes dieser Arbeit“ unterzeichnet wurde. Auch an die Studirenden wurden seinen Anschauungen gemäße, strenge Anforderungen gestellt: namentlich wurde 1826 für die Mediciner statt des bisherigen dreijährigen ein vierjähriges Studium angeordnet und im Zusammenhange damit das tentamen philosophicum als eine theoretische Vorprüfung in den allgemeinen Hülfswissenschaften der Arzneikunde eingeführt. Ueberhaupt wurde auf eine zweckmäßige Gestaltung der akademischen und Staatsprüfungen hingewirkt, andererseits wurden die Studirenden zu selbstständiger wissenschaftlicher Forschung durch die bereits seit 1812 in Königsberg bestehende, nun aber seit 1820 auf alle preußischen Universitäten ausgedehnte Ausschreibung von Preisaufgaben angeregt. Auch für Vollständigkeit, für zweckmäßige Benutzung des Unterrichts durch Einführung von Lectionsplänen und namentlich für die Ergänzung desselben durch Seminare wurde Sorge getragen. So weit es innerhalb der steten Geldnoth möglich war, sorgte S. auch für die Bibliotheken und die sonstigen Sammlungen und Institute der Universitäten; daß er über seinen eigentlichen Amtskreis hinaus auch für die Begründung des königlichen Museums mit Ernst, Gründlichkeit und Sachkenntniß thätig war, wird von zuständigster Stelle bezeugt. Jene Sorge aber erstreckte sich nicht minder auf die Medicin und auf die Naturwissenschaften als auf die seinem unmittelbaren Gesichtskreise näher liegenden Wissenschaftszweige: wenn hier trotz Altenstein’s persönlicher kenntnißreicher Vorliebe besonders für die Botanik mancher Wunsch unerfüllt blieb, wenn namentlich Liebig nicht unberechtigte Klagen über den Mangel an ausreichenden physikalischen und zumal an chemischen Instituten und Laboratorien in Preußen erheben durfte, so hat es auch an Anschuldigungen entgegengesetzter Art über unverhältnißmäßigen Aufwand für die naturwissenschaftlichen Disciplinen von bestberufenen Männern nicht gefehlt und in jedem Falle sind weder Altenstein noch S., sondern jene ungünstigen Verhältnisse deshalb anzuklagen, gegen die sie überall eben so beständig als mit vielfach ungünstigem Erfolge ankämpften; namentlich ist hier auf die beabsichtigte Gründung eines umfassenden polytechnischen Seminars in Berlin hinzuweisen, in welchem nach dem von S. ausgearbeiteten Plane Lehrer der Mathematik, Physik und Chemie für das ganze Bedürfniß des höheren Unterrichts ausgebildet werden sollten, die zwar zunächst an der Ablehnung von Gauß scheiterte, dann aber wegen des Mangels genügender finanzieller Mittel vertagt und schließlich überhaupt aufgegeben werden mußte.

In anderer Beziehung fehlte es auch auf dem naturwissenschaftlichen Gebiete Schulze’s Bemühungen nicht am besten Erfolge; vor allem für Berlin gelang es eine Reihe ausgezeichneter Lehrer (wie, um nur bei der Chemie und Physik zu bleiben, Mitscherlich, H. Rose, Magnus, Dove) zu gewinnen. In gleicher Weise ging das Bestreben dahin, jeden Zweig an allen Universitäten so gut als irgend möglich zu besetzen: mit Hintansetzung persönlicher Rücksichten [12] legte S. dabei seinen Vorschlägen allein den Maßstab der vorliegenden und der nach den bisherigen Leistungen zu erwartenden wissenschaftlichen und Lehrerfolge an, unermüdlich bestrebt, sich überall aus den zuverlässigsten Quellen über die in Frage kommenden Männer zu unterrichten und trotz seiner umfassenden Amtsthätigkeit die Litteratur aller ihm näherstehenden Fächer selbst gründlich kennen zu lernen. Wenn das im allgemeinen mit gebührendem Lobe anerkannt wurde, so wurde doch vielfach hervorgehoben, daß die Vertreter der Hegel’schen Philosophie besonders begünstigt erschienen, und da es dem Minister selbst zwar an philosophischen Interessen nicht mangelte, er aber in seinen eigenen Studien nicht über Fichte hinausgekommen war, so war es S., den man dafür besonders verantwortlich machte. Dieser hatte vor seiner Berufung nach Berlin verhältnißmäßig wenig umfassende philosophische Studien gemacht, er fühlte jetzt das lebhafte Bedürfniß, sie durch eingehende Kenntnißnahme des neuesten Systems der Philosophie zu ergänzen: zu diesem Ende besuchte er in den Jahren 1819 bis 1821 in zwei Abendstunden sämmtliche Vorlesungen des unmittelbar vorher dorthin berufenen Hegel, wiederholte sie aus seinen sorgfältig nachgeschriebenen Heften und sprach sie vielfach mit Hegel selbst durch. So entwickelte sich denn ein nahes Verhältniß zwischen beiden, so daß S. Hegel’s Rath auch in amtlichen Angelegenheiten viel und gern in Anspruch nahm. Daß nun dies Verhältniß neben Schulze’s Ueberzeugung von der Wahrheit der Hegel’schen Lehre nicht ohne Einfluß bei der Besetzung besonders der philosophischen Professuren geblieben ist, daß namentlich in Berlin eine über das Bedürfniß hinausgehende Anzahl außerordentlicher Professoren der Philosophie ernannt wurde, kann nicht geleugnet werden; als ein schlimmer, wenn auch nach den vorher sehr sorgfältig angestellten Ermittelungen erklärbarer Mißgriff erscheint es ferner, wenn nach Hegel’s Tode nach mehrjährigem Zaudern und Suchen nicht nur „der trockenste Hegelianer strictester Observanz“ (A. D. B. VIII, 294), ein Docent von unergründlicher Langweiligkeit, wie ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann, als sein Nachfolger berufen, sondern zugleich einer von jenen Extraordinarien, zu nur einigermaßen genügendem Ersatze des dahingeschiedenen Meisters auch in zweiter Linie wenig geeignet (A. D. B. XI, 777) zum ordentlichen Professor befördert wurde; andererseits aber darf nicht unbeachtet bleiben, was S. selbst Anklagen dieser Art gegenüber hervorgehoben hat, daß neben Schülern oder Anhängern Hegel’s auch die Vertreter anderer philosophischer Systeme angestellt worden sind. Auch Hegel’s Antrag auf Gründung einer recensirenden Zeitschrift nach Art des Journal des savants als Staatsanstalt fand nicht die Billigung des Ministeriums; den an Stelle derselben begründeten Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, die seinen philosophischen Standpunkt vertraten, wurde allerdings nach einiger Zeit ein staatlicher Zuschuß bewilligt; S. selbst betheiligte sich eifrig sowohl an den Redactionsgeschäften als durch eigene Beiträge: Anzeigen von Fr. Thiersch’s Schrift „Ueber gelehrte Schulen mit besonderer Rücksicht auf Bayern“ Band 1, 1827, I. Nr. 11 ff., und von der ersten Abtheilung von Cousin’s „Rapport sur l’état de l’instruction publique dans quelques pays de l’Allemagne et particulièrement en Prusse“, 1832, I. Nr. 61 f. Daß auf Hegel’s Betrieb Beneke die venia legendi an der Berliner Universität vom Ministerium entzogen wurde, ist freilich eine Thatsache, die dadurch nicht im besseren Lichte erscheint, daß er nach Hegel’s Tode nicht nur wieder zum Halten von Vorlesungen zugelassen, sondern auch zum außerordentlichen Professor ernannt wurde (A. D. B. II, 328; XI, 370); wie weit dabei aber S. persönlich betheiligt war, habe ich nicht ermitteln können. Jedenfalls wäre es eine nur durch besondere Beweggründe zu erklärende Abweichung von seiner sonst in Wort und That stets bethätigten Anerkennung der Freiheit der Forschung und der Lehre. Seine Zugehörigkeit zu Hegel aber [13] bezeugte er auch durch seine Theilnahme an der Herausgabe seiner hinterlassenen Werke, von denen er die Sorge für den Neudruck der Phänomenologie des Geistes übernahm.

Noch freiere Hand als bei den Universitäten ließ ihm, wie bemerkt, Altenstein in Bezug auf die Gymnasien. Für diesen Zweig seiner Thätigkeit war er von vornherein völlig vorbereitet und gerüstet durch seine Wirksamkeit als Lehrer in Weimar, als Leiter in Hanau, als Verwaltungsbeamter in Coblenz. Was er am Rhein in einem beschränkteren Kreise, mit beschränkteren Befugnissen, in kurzer Zeit einsichtig und energisch vollführt oder doch eingeleitet hatte, das war ihm nun beschieden, während eines ungefähr zehnmal so großen Zeitraums ununterbrochen und in bevorzugter Stellung ungehemmt für die ganze Monarchie ins Werk zu setzen. An diesem großen Werke, das mehr als eines Mannes Kraft zu erfordern schien, das aber die seine nicht einmal ausschließlich in Anspruch nehmen durfte und in Anspruch nahm, hat er mit voller Erkenntniß seiner Bedeutung nicht nur für Preußen, sondern für das gesammte deutsche Vaterland mit äußerster Anspannung, aber auch mit dem dieser Leistungsfähigkeit und aufopfernden Leistungswilligkeit entsprechenden Erfolge gearbeitet.

Vieles war auf diesem Gebiete in den letzten Jahrzehnten seit der Einführung der Abiturientenprüfung (1788) in Preußen geleistet worden; besonders galt es auf dem fortzubauen, was von W. v. Humboldt ins Auge gefaßt und vorgezeichnet und namentlich von Süvern ins Werk gesetzt war; hier sei davon wenigstens die neue 1812 erlassene Instruction für das Abiturientenexamen und das Edict vom Jahre 1810 über die Prüfung aller Candidaten des höheren Schulamts erwähnt. Nichts was Beachtung verdiente entging hier Schulze’s Scharfblick, und wenn er einigen wegen ihrer Bedeutung besonders bevorzugten Anstalten in Berlin wie in den Provinzen (vor allen der Landesschule Pforta) in besonderem Maße persönliche Sorgfalt widmete, so hielt er sich doch stets in Kenntniß über sämmtliche ihm anvertraute Schulen und wandte ihnen, ohne dadurch in die freie Bewegung der Provinzialbehörden und der Lehrer eingreifen zu wollen, ununterbrochen seine fördernde Thätigkeit zu. Erleichtert wurde sie ihm durch die 1825 ins Werk gesetzte Abtrennung der ausschließlich für die Leitung des höheren Schulwesens bestimmten Behörden, der Provinzialschulcollegien, von den Consistorien.

Auch auf diesem Gebiete fand er sich vielfach durch die Knappheit der der Unterrichtsverwaltung zu Gebote gestellten Mittel beschränkt und nicht im Stande alles Wünschenswerthe durchzusetzen: trotzdem gelang die Gründung einer nicht geringen Anzahl von Gymnasien nicht nur in den neuen westlichen Provinzen und die Ausstattung aller Gymnasien mit Lehrerbibliotheken, deren weitaus die meisten bis dahin entbehrt hatten, sowie vieler auch mit Schülerbibliotheken und mit sonstigen mannichfachen Lehrmitteln, namentlich auch für den physikalischen und naturwissenschaftlichen Unterricht. Ein für die Lehrer entworfenes Pensionsreglement konnte allerdings nicht zur Ausführung gelangen. Dagegen wurde eine allgemeine Erhöhung ihrer Besoldungen und eine Erleichterung ihres Eintrittes in die allgemeine Wittwenverpflegungsanstalt durchgesetzt.

Um einen geeigneten Lehrerstand zu schaffen, wurde eine Reihe von Maßregeln getroffen. Die philologischen Seminare auf den Universitäten wurden theils mit neuen Instructionen versehen, theils neu gegründet, in Münster ein philologisch-pädagogisches Seminar, und auch sonst wurde auf die Stiftung neuer, die Umgestaltung und Erweiterung der bestehenden pädagogischen Seminare der Blick gerichtet. Nach manchen vorbereitenden Anordnungen wurde am 20. April 1831 ein neues Prüfungsreglement, nach Schulze’s bis auf einige, mehr formale Aenderungen von Altenstein unter Anerkennung der Schwierigkeit [14] und der Verdienstlichkeit dieser Arbeit durchweg gebilligtem Entwurfe erlassen. Allerdings erscheint die allzugroße Mannichfaltigkeit der für alle Candidaten gleich verordneten Prüfungsgegenstände auch in der dabei angegebenen Beschränkung der Forderungen in den Nebenfächern unstatthaft; dagegen wird man das Gewicht, das darin und in einer erläuternden Verfügung vom November desselben Jahres neben der classischen Bildung auf die Kenntniß sowohl der Logik, der Psychologie und der Geschichte der Philosophie als der deutschen Sprache und Litteratur gelegt wird, als berechtigt anerkennen müssen, wenn auch die Forderung, daß nur derjenige die unbedingte facultas docendi in den classischen Sprachen erhalten dürfe, der auch in der höchsten Classe mit Nutzen im Deutschen unterrichten könne, nach den damaligen Ansprüchen für die Ertheilung dieser Lehrbefähigung wohl gerechtfertigt erscheinen konnte, jetzt mit Recht beseitigt worden ist. Schon einige Jahre früher (September 1826) war das Probejahr nach abgelegter Prüfung eingeführt worden; einerseits sollten die Candidaten während desselben durch Lehre und Beispiel von den Directoren und älteren Lehrern für die Praxis eine Vorbildung erhalten, andererseits einen Einblick in ihr Lehrgeschick und in ihre danach zu bemessende Anstellungsfähigkeit gewähren. Als ein Mittel auch die Directoren und die älteren Lehrer zu wissenschaftlicher Fortarbeit zu veranlassen, erschien die den jährlichen Programmen der Gymnasien beizufügende Abhandlung; auch sonst wurden zuerst Bestimmungen über die regelmäßige Abfassung und über die Einrichtung der Programme getroffen und wie durch sie eine nähere Verbindung mit dem Publicum, so durch den für alle preußischen Gymnasien angeordneten, mit den meisten deutschen Gymnasien herbeigeführten Programmentausch eine Verbindung aller dieser Anstalten mit einander sowie durch die Directorenconferenzen,[2] eine solche zum Behuf des Austausches pädagogischer Erfahrungen für den engeren Kreis der Gymnasien der einzelnen Provinzen herbeigeführt.

Dem Bestehen und der Errichtung von höheren Bürger-, allgemeinen Stadt- und Gewerbeschulen neben den Gymnasien an Orten, wo ein Bedürfniß dazu vorlag, war S. keineswegs entgegen, wohl aber den zwitterhaften „sogenannten Realschulen“; er selbst hatte mit diesen Kategorien von Schulen amtlich nur bei der Ausarbeitung des Prüfungsreglements für die Candidaten des höheren Schulamts zu thun; das Recht der Entlassung zur Universität wurde unter ihnen allen einzig und allein nur dem Kölnischen Realgymnasium in Berlin gegen seine Ansicht verliehen. Die Fahne der humanistischen Gymnasien hielt er hoch; wie die Universitäten, so suchte er auch sie, und namentlich die oberen Classen, vor dem Eindringen ungeeigneter Schüler möglichst zu bewahren, und wußte sie, von Altenstein unterstützt, unter voller Anerkennung der Bedeutung nicht nur, wie erwähnt, des deutschen, sondern auch des mathematischen Unterrichts „gegen die offenbaren und heimlichen Feinde classischer Bildung“, vornehmlich auf Seiten der kirchlichen wie der staatlichen Reaction sowie namentlich auch gegen die 1836 aus wenig reiner Quelle geflossenen Anklagen Lorinser’s (A. D. B. XIX, 197; ins rechte Licht gerückt erst von Varrentrapp a. u. a. O. S. 415 ff.) über die der Gesundheit nachtheiligen Einflüsse der Schulen mannhaft zu vertheidigen. Stets hielt er dabei fest an dem obligatorischen Charakter des griechischen Unterrichts und nur so weit führte eine entgegengesetzte, namentlich von Kamptz im Ministerium selbst vertretene Strömung, daß nach einem von ihm selbst nach längeren Verhandlungen darüber schließlich entworfenen Erlasse die Dispensation davon nur in seltenen außerordentlichen Fällen gestattet und ein für allemal die betreffenden Schüler von dem Erreichen eines Abgangszeugnisses mit dem Prädicat unbedingter Tüchtigkeit ausgeschlossen wurden. Andererseits trat er zu weit- und über den Standpunkt der Schüler hinausgehenden [15] Forderungen und jeglicher Ueberbürdung auf diesem Gebiete wie überhaupt entgegen, während er eine wohlgeordnete und wohlgeleitete Privatlectüre der Classiker lebhaft empfahl. In die obersten Classen selbst aber wurde im Falle des Vorhandenseins geeigneter Lehrkräfte die Einführung des Unterrichts in den Elementen der Logik und der empirischen Psychologie angeordnet. Im Interesse der einheitlichen Durchbildung der Schüler wie der Disciplin wurde schon bald nach seinem Amtsantritt (seit dem Frühjahr 1820) und wiederholt darauf gedrungen, den Unterricht in den einzelnen Classen auf möglichst wenige Lehrer zu vertheilen und jeder Classe einen Ordinarius vorzusetzen, der in den Unterricht und die Disciplin die nöthige Einheit zu bringen und eine entschiedene Einwirkung auf ihre Mitglieder zu üben vermöchte.

Die Summe der durch das Gymnasium zu erreichenden und von dem zur Universität Abgehenden zu fordernden Bildung wurde dann durch das S. 11 bereits erwähnte Abiturientenreglement von 1834 gezogen. Durch dasselbe wurde zunächst unter Wegfall solcher Prüfungen bei den Universitäten die Reifeprüfung den Gymnasien übertragen und als ihr Ergebniß nur die Ertheilung des Prädicats der Reife oder der Unreife, wie schon 1788, statt der bisherigen drei Zeugnißnummern angeordnet, wodurch manche Unzuträglichkeiten, die sich inzwischen herausgestellt hatten, beseitigt wurden. Ohne hier specieller in alle Einzelheiten eingehen zu können, sei nur bemerkt, daß die, durch genaue Begrenzung vor Uebertreibung gesicherte Reife im Deutschen und Lateinischen als Hauptforderung hingestellt wurde; in Bezug auf die anderen Fächer wurde durch die Gestattung von Compensationen der individuellen Ausbildung Rechnung getragen, auch wurden besondere Bestimmungen gegeben, um den für nichtreif erklärten sowie unter gewissen Voraussetzungen auch solchen, die sich keiner Prüfung unterzogen hatten, den Weg zu den Universitätsstudien wenn auch in beschränkter Weise zu eröffnen. Neu war, daß nicht nur eine mündliche Prüfung in der Religionslehre, sondern auch eine solche in der philosophischen Propädeutik angeordnet wurde.

Wenn durch dieses Reglement Schulze’s Bemühungen um die Gymnasien einen gewissen Abschluß fanden, so fällt volles Licht auf sie durch ein mehr als drei Jahre später (24. October 1837) zunächst auf Veranlassung eines von dem Könige erforderten Berichts über die zu weiter Verbreitung gelangten und auch ihm mit seiner Zustimmung bekannt gewordenen Lorinser’schen Anklagen an alle Provinzialschulcollegien, Prüfungscommissionen und Regierungen erlassenes, von S. verfaßtes Circularrescript, das sogenannte „blaue Buch“. Ganz abgesehen von den darin gegebenen Nachweisungen der Unrichtigkeit und Uebertreibung vieler von Lorinser vorgebrachter und von ihm selbst auf eine an ihn ergangene amtliche Aufforderung nicht näher begründeter Thatsachen auf Grund sorgfältiger Ermittelungen enthält dasselbe eine Reihe positiver Bestimmungen, die von dem Bestreben zeugen, die wirklich an den Gymnasien vorhandenen, auch durch eingeforderte fachkundige Berichte anerkannten Mängel zu heben. Sie beziehen sich, um auch hier eine kurze Skizze zu geben, sowol im Anschluß an ältere Bestimmungen auf die Gesundheit der Schüler unter, so weit die herrschenden Verhältnisse es zuließen, warmer Empfehlung körperlicher Uebungen als auf den gesammten Unterricht unter begründetem Hinweis auf die innere Zusammengehörigkeit und die erprobte Tüchtigkeit aller Hauptgegenstände desselben, „um durch sie alle geistigen Kräfte zu wecken, zu entwickeln, zu stärken und der Jugend zu einem gründlichen und gedeihlichen Studium der Wissenschaften die erforderliche Vorbereitung zu geben.“ S. warnte ebenso vor stofflicher Ueberfüllung der Schüler als vor zu großer Belastung der Lehrer, er empfahl aufs neue die Durchführung des Classensystems unter geeigneten Ordinarien, von der auch eine Besserung der Lehrmethode erwartet wurde, er verbot dringend die Ueberschreitung [16] von 32 wöchentlichen Lehrstunden unter Aufstellung eines seinen aus allem Vorhergehenden bekannten Ansichten entsprechenden Normallehrplans und schrieb geeignete Maßregeln zur Verhütung der Ueberlastung der Schüler mit häuslichen Arbeiten vor; bei Versetzungen wie bei der Reifeprüfung solle das Hauptgewicht nicht auf die Kenntnisse in einzelnen Lehrgegenständen, sondern auf die gesammte Bildung gelegt werden; aufmerksam wird auch auf die Sorge für die Ausbildung der jungen, das Probejahr ablegenden Lehrer in ihrem Berufe gemacht und die Provinzialcollegien werden unter genauem Eingehen ermahnt, ihren Einfluß auf die Besetzung von Lehrstellen und auf die Lehrer selbst in zweckmäßiger Weise geltend zu machen.

In diesem Sinne war es S. nicht lange Zeit mehr vergönnt, in einem für die Sache selbst heilsamen Verein für die Universitäten und die Gymnasien thätig zu sein. Nach dem Tode Altenstein’s und Friedrich Wilhelm’s III. (am 14. Mai und am 7. Juni 1840), seit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm’s IV. und der Ernennung Eichhorn’s zum Minister wurde sein Wirkungskreis und seine Wirksamkeit beschränkt. 1841 bereits wurde gleichzeitig mit der Einrichtung einer besonderen Abtheilung für katholische Kirchenangelegenheiten auch in Brüggemann ein besonderer Referent für die katholischen Gymnasien bestellt, im nächsten Jahre wurden auch die evangelischen Gymnasien S. abgenommen und Kortüm übertragen, mit dem übrigens S. ihrem altbegründeten Verhältniß (siehe S. 9 u.) entsprechend in den besten collegialischen Beziehungen stand und blieb (vgl. seinen Aufsatz über Kortüm’s Thätigkeit im Ministerium in [Deyck’s] Gedenkschrift auf Kortüm, Berlin 1860). Aber auch innerhalb des ihm gebliebenen Geschäftskreises fand er sich durch die auf dem Throne und bei dem vorgesetzten Minister, der einst zu seiner Berufung nach Berlin die erste Veranlassung gegeben hatte (s. S. 9), maßgebenden kirchlichen und kirchenpolitischen Ansichten beengt. Nachdem ein Versuch des Ministers sich seiner und anderer ihm gleichgesinnter Amtsgenossen zu entledigen trotz anfänglicher Geneigtheit des Königs schließlich doch nicht zur Ausführung gelangt war, übertrug jener ihm zwar manche Arbeit, bediente sich aber namentlich in rücksichtsloser Weise bei Berufungsangelegenheiten vielfach fremder Mittelspersonen und vor allem überall, wo es ihm gefiel, des in das Ministerium seit Anfang des Jahres 1841 berufenen Eilers (A. D. B. X, 756). Ein von S. in Eilers’ Beisein hart gerügter, heftiger Angriff auf das Altensteinische Ministerium in der von jenem amtlich, ohne Schulze’s Wissen, beeinflußten Literarischen Zeitung führte sogar 1845 auch einen persönlichen Conflict mit Eichhorn herbei, der aber schließlich so weit beigelegt wurde, daß S. ohne sich etwas zu vergeben im Amte verbleiben konnte. Daß er seine Unabhängigkeit auch Eichhorn gegenüber zu wahren verstand, bewies er auch durch seinen Rücktritt von der Theilnahme an der Redaction der Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, als Eichhorn auf sie in seinem Sinne einzuwirken versuchte.

Auf die Stürme des März 1848, den Sturz Eichhorn’s, den des kurzen Ministeriums Schwerin und des noch kürzeren Ministeriums Rodbertus folgte zunächst eine Zeit ruhiger, auch wieder auf die ihm unter Eichhorn völlig entzogenen evangelisch-theologischen Facultäten ausgedehnter Wirksamkeit Schulze’s unter dem durch eine Reihe von Jahren (seit 1839) in dem Ministerium als Director neben ihm thätigen Ladenberg. Von diesem wurden die Geschäfte wesentlich nach altpreußischer bureaukratischer Ueberlieferung geführt, nicht ohne Beflissenheit, den Rath des bewährten Mitarbeiters in Universitätsangelegenheiten einzuholen. Ihm übertrug er auch die Abfassung des Abschnitts über die Universitäten für das in Aussicht genommene Unterrichtsgesetz und den Vorsitz in der zur Vorbereitung desselben einberufenen Versammlung von Vertretern deutscher [17] Hochschulen. Der Bericht über ihre Verhandlungen wurde (December 1849) von S. in Gemeinschaft mit Böckh und Lachmann veröffentlicht. Nicht überall, aber doch in vielen wesentlichen Punkten stimmte diese Versammlung mit seinen Anschauungen überein; im Ministerium aber erlitt sein mit Rücksicht auf ihre Ansichten abgefaßter Entwurf in wesentlichen Stücken Abänderungen. Ueber dieses Stadium gelangte schließlich die ganze Angelegenheit nicht hinaus.

Nach dem Tage von Olmütz (December 1850) schied Ladenberg aus dem Ministerium. Mit seinem Nachfolger Raumer hielt die politisch-kirchliche Reaction aufs neue ihren Einzug in dasselbe, wobei die von Seite des Königs geübte Nachgiebigkeit gegen ultramontane Einflüsse und Ansprüche noch über das von dem gut protestantischen Raumer gebilligte Maß hinausging. Daß er die Vorlage des Unterrichtsgesetzes zunächst nicht für geboten erachtete, war auch Schulze’s Ansicht nicht zuwider. Seine eigene Wirksamkeit aber wurde freilich wiederum eingeschränkt: für die evangelisch-theologischen Facultäten wurde statt seiner Hengstenberg herangezogen und auch für andere Universitätsangelegenheiten blieb sein Einfluß nicht maßgebend, während namentlich Ludwig Wiese, der 1852 an Kortüm’s Stelle trat, über seinen Geschäftskreis hinaus, mit denselben vielfach betraut wurde: aber wie dieser, so war auch Raumer ein aufrichtiger Freund und Schützer der classischen Studien und der auf sie gegründeten Bildung und soweit nicht jene principiellen Meinungsverschiedenheiten ins Spiel kamen, schenkte er, Schulze’s Tüchtigkeit in vollem Maße würdigend, auch seinem Rathe, wie jener es selbst anerkannte, gebührende Beachtung, vor allem bei der energisch durchgesetzten Berufung der drei in Leipzig auf Beust’s Betrieb abgesetzten ausgezeichneten Lehrer und Gelehrten Moriz Haupt (1853), Otto Jahn und Theodor Mommsen (1854) an preußische Hochschulen. Als aber von dem Prinzregenten nach Uebernahme der Regierung 1858 in Bethmann-Hollweg ein neuer Leiter an die Spitze des Ministeriums berufen wurde, da erbat S., nachdem er kurz zuvor (30. August) in stiller Zurückgezogenheit, aber unter vielfachen Zeichen der Verehrung und der Anerkennung sein Jubiläum hatte begehen können, unmittelbar nach dem Amtsantritt des neuen Ministers (8. November) in Anbetracht seines Alters und seines unsicheren Gesundheitszustandes seinen Abschied, der ihm in ehrenvollster Weise gewährt wurde.

Länger als zehn Jahre war es ihm noch vergönnt, sich der ihm nach so langer, ebenso schwerer als gesegneter Arbeit gegönnten, ungestörten Muße zu erfreuen. Schon im Frühjahr 1846 hatte er, schon hart geprüft durch den Tod des unglücklichen älteren Sohnes (1843), durch eigene lebensgefährliche Krankheit (1845), die sorgsame und treffliche Gattin verloren, aber durch das Zusammenleben mit seinem geliebten Max, namentlich nachdem auch dieser einen glücklichen Ehebund geschlossen hatte, blieb ihm wenigstens eine behagliche Häuslichkeit und nicht minder fühlte er sich durch die Treue und Sorgfalt des wackeren und von ihm gleich geliebten Stiefsohns Böhm beglückt. In den nächsten Jahren bis 1864 blieb er noch Mitglied der Militärstudiencommission und der Direction der Kriegsakademie, regelmäßig betheiligte er sich während der ganzen Zeit an den Sitzungen der Akademie der Wissenschaften, deren Ehrenmitglied er seit 1854 war. Zwanzig Jahre zuvor hatte er die Wahl zum ordentlichen Mitgliede der historisch-philologischen Classe abgelehnt: die mit dem ihm damals vorbehaltenen Eintritt verbundenen Verpflichtungen trug er Bedenken jetzt zu übernehmen. Ihren Zwecken und Arbeiten, die er stets zu fördern bemüht war, was namentlich für die Herausgabe der Werke Friedrich’s des Großen gilt, widmete er weiter unausgesetzte Theilnahme. Mit jugendlichem Eifer aber ergab er sich nun, unterstützt durch seine stets gepflegte, reiche Bibliothek den Studien, denen er [18] während langer Jahre nur spärlich und mühsam im Drange der Geschäfte gewonnene Stunden hatte widmen können, vor allem den griechischen Classikern und der auf sie bezüglichen Litteratur und der Philosophie. Sein preußisches, sein deutsches, von echter tiefer Liebe zum Vaterlande erfülltes Herz durfte sich noch der Erfolge von 1866, nicht mehr der größeren von 1870 erfreuen.

Stets war er von wahrem Wohlwollen für tüchtige und strebsame Menschen erfüllt und, wo er es mit seiner Pflicht vereinen konnte, vielen ein wohlwollender Freund, ein gütiger Gönner gewesen, in ansprechendster Weise trat in dieser Zeit ruhigen Behagens der volle Reiz seiner wahrhaft hinreißenden, von Geistesblitzen belebten Liebenswürdigkeit dem Begegnenden, dem Besuchenden, gastlich Empfangenen entgegen. In den letzten Monaten seines Lebens aber, seit dem Herbst 1868 entschloß er sich, nachdem er vielfachen Aufforderungen dazu widerstanden hatte, zur Aufzeichnung von Lebenserinnerungen; mit ununterbrochenem Eifer gefördert, zwar nicht zum Drucke fertig durchgearbeitet, aber doch wenige Tage vor seinem Tode in naher Voraussicht desselben abgeschlossen, bieten sie ein reiches, unschätzbares Material zur Kenntniß seines Lebens und Wirkens. Nach kurzem Krankenlager entschlief er sanft in der Frühe des 20. Februar 1869.

Mit Benutzung der von S. hinterlassenen Denkwürdigkeiten sowie reicher amtlicher Materialien und mit umfassendster Beherrschung der Litteratur ist sein Leben und Wirken in geschichtlichem Rahmen geschildert in dem vortrefflichen Werke von C. Varrentrapp, Johannes Schulze und das höhere preußische Unterrichtswesen in seiner Zeit (Leipzig 1889), das ich hier nach Gebühr zu Grunde gelegt habe. Ein fein und pietätvoll gezeichnetes, auf genauer persönlicher Bekanntschaft beruhendes Lebensbild gab Rud. Köpke (Kl. Schriften S. 802 ff. und vorher gedruckt an dem von Varrentrapp S. 570 Anm. a. O.).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 7. Z. 24 von oben ist das Wort „sechs“ zu streichen. [Bd. 33, S. 800]
  2. S. 14. Z. 25 v. u. das Komma zu streichen. [Bd. 33, S. 800]