Etwas für Forscher der Eichstättischen Geschichte

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Autor: Sch**r [Anonym]
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Titel: Etwas für Forscher der Eichstättischen Geschichte
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 177-197
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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IV.
Etwas für Forscher der Eichstättischen Geschichte.


 Es gibt noch so manche reichhaltige, aber im Fürstenthum Eichstätt bisher noch wenig zur Geschichte benützte Quellen, aus welchen sich häufige Daten von den Gebräuchen, Gesetzen und Strafen des mittlern Zeitalters sowohl, als auch von den Sitten, Aberglauben und Gewohnheiten jüngerer Zeiten schöpfen ließen. In deren Zahl stehen gleich oben an


I.
 Die alten Herbstrechte, Ehhaften, oder Land- und Rügegerichte, wie sie| in dem nördlichen Theile Frankens auch genennet werden. Man wird dadurch mit der ältern Gerichts- und Justizverfassung näher bekannt, lernt daraus besondere Arten von Strafen kennen, und stößt darin manchmahl auf die seltsamsten Gesetze und Gebräuche. Um Liebhaber und Forscher Eichstättischer Alterthümer etwas aufmerksamer darauf zu machen, und ihnen einen Vorschmack von dem zu geben, was sie allenfalls darin zu finden hoffen können, will ich nur einige Stellen davon als Beyspiele wörtlich mittheilen.

1. Einen Beytrag zur alten Baupolizey aus dem Ehhaftrechte des in das Pfleg- und Kastenamt Dollnstein gehörigen Dorfes Schönfeld:
 „Wenn einer ein Haus zimern will, so sol er legen ein Wichtstein an die Fürstsaul, und geht er einwärts hinein und legt das Maul auf den Wichtstein und bleibt ihm der Nagel unterhalb des Geschwölls, so hat er die Herrschaft und das Gut gewehret.“

2. Ein Muster der alten Lehenverfassung aus eben diesem:
 „Item ob ein derselbigen Lehen innen hat und Freundschaft hat, oder ein| Wehrmann wär, so soll er gehen drey Schritt vom Holz und soll drey Stund schreyen: Komm Meister, holl meines Herrn seinen Zinß; und das soll er thun zu St. Walburgentag, kommbt er nit, so soll er wieder hinter sich gehen in das Holz, und soll den Zins legen auf einen Stock, so hat er die Herrschaft und das Gut gewehret.“

3. Ein Fragment der alten Forstordnung aus ebendemselben:
 „Item so haben sie ein Bauholz. Wen man ein Aufman ergreift, und als oft er eines abhaut, ist er verfallen sechzig Pfennig, und zehen Pfundt, oder er soll bey dem Stock sitzen, bis ein ander Holz hierwieder erwachsen.“

4. Die alte Ehhafts-Ordnung des Dorfes Raitenbuch, welches zu dem Pflegamt Tilling gehört, und der Sitz des Vogtamts ist, überliefert der Nachkommenschaft eine alte Lehre von den Pfandschaften in folgender Stelle:
 „Der Wirth zu Raitenbuch hat auch Macht vnd Gwald zu allen Zeytten yde Pfand einzunemen, ausgenomen plutig Pfand, ungesotten Garn, vnd ungworfn Trayd.“

| 5. Aus dem Ehhaftsbuche der Herrschaft zu Rhumburg und Enkering, einem Markte des Amtes Kipfenberg, lernt man unter andern auch einige jetzt ganz fremde Arten von Strafen kennen: z. B.

 „Item welche Frau Magd oder Tochter der andern ihr Ehr freuentlich redt und flucht, die soll geben hundert Eyer und dazu strafbar seyn mit dem Stein gegen dem Gericht.“
 Zu Eichstätt am Rathhause der Stadtpfarrkirche gegen über hangen unter den Fenstern noch dergleichen Gewichtern ähnliche Steine.

6. In der Ehhaft des Dorfes Untermässing im Richteramte Greding ist eine besondere alte Ordnung des Fischverkaufes aufbewahret:
 „Item wer Visch fäht, der sol sy zum ersten tragen geen Hoff, nachmals in die Dalfern, darnach in die Padstuben und zum letzten in den Pfarrhoff.“

7. In dem Herbstrechte des Marktes Dollnstein, welcher der Sitz eines eignen Kastners ist, enthält folgende Stelle eine ganz eigne Art der Scharwerk:

 „Item auch gedenken die Bürger, daß der Mayr mer warten soll stätigs vnnsern| Herrn mit ainen halben Wagen vnnd mit zweyen Pferdten also, daß die Deixel auswerts stee, wenn vnnser Her raisen wil oder muß, es sey uffwerts oder abwerts in das Land zwischen den vir Wäldern, so sol dem Mayr der Stuller (Wagner) ain Rad leichen vnnd ain Pferdt von seinen Lehen etc. etc.“


II.

 Den zweyten Platz verdienen wohl die ältern Polizey-Ordnungen. Ich habe so eben nur die vom J. 1658 vor mir, und da fallen mir gleich die Verfügungen in Betreff der Gunklhäuser, der Klöpfl- und Lößlnächte, des Johannis- oder Sommerfeuer, der Spenden, der Weinmärkte, welche damahls noch alle Montage in der Stadt Eichstätt gehalten wurden, des Springers oder Schnellers auf der Spitalbrücke, und der Schandsäule auf dem Markte, als der zwey gewöhnlichsten Strafen etc. etc. in die Augen. Auch da will ich aber nur eine einzige Rubrik, und zwar,

Von Heyrathstagen und Hochzeiten

liefern.

„Zu dem Versprechen oder Heyrathstag – hier zu Lande der Pflumpf, oder das| Pflumpfen genannt – sollen über 10 und zur Hochzeit selbst über 60 Persohnen mit Ausschluß der Spielleuthe nicht mehr ohne besondere höchste Erlaubniß geladen werden.“

 Daraus kann man auf die vorher gewöhnliche übergroße Zahl der Hochzeitgäste schließen.

„Indessen als das Brautpaar vor der Kirchenthür steht, soll der Löw“ – so wurde der Amtknecht genennet[1] – „die muthwillige und leichtfertige Waare, welche dieser Thür zulauft, und durch Gelächter auch freye Reden die Andacht stört, zum Schweigen anhalten oder gar wegjagen.“
 Dieser Gebrauch – die Brautleute, wie die Juden vor der Taufe, eine Weile vor verschlossener Kirchenthüre stehen zu lassen, wo sie anklopfen, und unter andern auch antworten mußten: machts auf, es ist hohe Zeit – kam eben so ab, wie die alte Gewohnheit, nach welcher das Brautpaar in den schönsten Meßgewändern, die da waren, um die Vermählung Christi mit seiner| Braut der Kirche desto würdiger und natürlicher vorzustellen, vor den Altar trat, und nach der Sumtion selbst aus des Priesters Kelche trank.
„Mit Ausnahme der nächsten Blutsfreunde und fremden Gäste soll eine Person bey einer geschenkten – das ist, freyen Hochzeit über einen Reichsthaller, bey angedingten Mahlen aber nebst dessen Bezahlung über einen halben Gulden dem Brautpaar nicht verehren.“

 Da wollte es nämlich einer dem andern zuvor thun, wie es auch jetzt wieder bey Schenkungen dieser Art zu geschehen pflegt.

„Am Hochzeitstage soll nur ein Mahl, und zwar bey einem Weinmahle mit 8, und bey einem Biermahle mit 6 Speisen gehalten werden. Die Speisen sind: eine Suppe, ein Vorbraten, ein eingemachtes Fleisch, ein Rindfleisch samt einer Henne, ein Essen gute Fisch, ein Nachbraten und Küchlein mit Krebsen. Bey einem Biermahle bleiben die Krebse und das eingemachte Fleisch aus. Die Taffel soll nicht über 4-41/2 Stunden dauern.“
|  Jetzt wird von Mittag bis auf die Nacht immer fort aufgetragen – aber doch werden an Fleischtagen keine Fische mehr aufgesetzt:
„Jede Manspersohn muß für ein Weinmahl 1 fl., für ein Biermahl 24 Kr., die Jungfrauen, ledige Gesellen, und Frauen aber um ein Viertl Wein an Geld weniger bezahlen. Bey einem trocknen Mahl wird der Betrag von 3 Maß Wein davon abgezogen, und da zahlt jeder seinen Wein selbst besonder. Alles einschieben und Nachhaustragen der Speisen, dann die Bescheidessen“ – welche man einem in das Haus schickt – „seyn bey Strafe abgestellt, ausser der Brautleute Eltern oder Vormünder könten Alters oder anderer ehhaften Ursachen halber nicht zum Mahl gehen.“

 Dermahlen wird unter den Personen kein Unterschied mehr gemacht, das Mahlgeld ist indessen, wie der Preis der Victualien weit über die Hälfte hinaufgestiegen, und das Bescheidessen geht noch immer fort. Übrigens kann man daraus auf die damahlige Wohlfeilheit des Weins schließen, wovon jetzt die Maaß des allergeringsten auf 24 Kr. steht.

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„Auf dem Tanzboden des Rathhauses darf man nie über 1 höchstens 11/2 Stund tanzen, und dem Brautpaar niemand vortanzen. Die iunge Gesellen müssen ihr Gewehr allda ablegen, und nach dem Tanz begleitet das junge Gesindl das Brautpaar nach Haus – Da soll zwar wieder ein Mahl und Nachtrunk, aber keine warme Speisen mehr gegeben, nicht mehr bis in die tiefe Nacht hinein getanzt werden, sondern das Trinken und Tanzen nicht länger als 1, höchstens 2 Stund dauern – niemand durch leichtfertige Reden und muthwillige Gebärden wie bisher die Sittsamkeit mancher Braut beleidigen – die Begleitung nach Hauß selbst aber so wie die Gassenmusik zwischen Ostern und Michaelis bis 11, und die übrige Zeit nur bis 10 Uhr erlaubt seyn.“

 Das Tanzen auf dem Rathhause, das Nachtmahl und der Nachttrunk in des Hochzeiters Hause, so wie auch die Gassenmusik kam ganz aus der Gewohnheit.

„Außer den adelichen und graduirten Personen, dann Räthen und ihren Töchtern sol niemand ohne besondere gnädige Erlaubniß zwey Brautführer haben.“
|  An mehrere als einen Brautführer denkt man gar nicht mehr, und auf dem Lande führt derselbe einen großen Säbel bey sich. Man pflegt auch daselbst der Braut das Kränzchen zu rauben, welches sie, wenn es der Brautführer selbst raubet, sonst aber, letzterer lösen muß. Übrigens bemerket man auch aus dieser Stelle, wie aus allen ältern und jüngern Verordnungen, daß die Graduirten und Räthe immer den Adelichen in allen Privilegien und Vorzügen durchaus ganz gleich gesetzt wurden.
„Am zweyten, dem Nachhochzeitstage dörfen die iunge Gesellen Vormittags nicht mehr mit den Spielleuthen von Hauß zu Hauß herumgehen, die Jungfern einzuladen. Am dritten Tag, an welchem die Abrechnung gepflogen wird, sol es fürohin nicht mehr so bunt wie die zwey erste Tage zugehen, zur Abrechnung auser den Brautleuthen, deren Eltern und nächsten Anverwandten, beyden Hochzeitladern und dem Brautführer niemand kommen und um 7 Uhr das Brautpaar sich durch die Spielleuthe zwar, doch ohne großen Schreyen und Singen nach Haus begleiten lassen.“
|  Von Kindstaufen und Weißathen,[2] wobey sich oft 15 bis 18 Frauen, auch manchmahl derselben Männer mit einfanden, Essen und Trinken nach Überfluß aufgetragen wurde, dem Pathen das Einbinden, Kindbettschenken, Pathenhemd, und in der Zeitfolge das Osterey, die Weihnachtssemmeln, die Wecken am Spizltage, der Nikolaus etc. etc. ungemein viel kosteten, endlich der Badwein und bey dem Westenbad gewöhnliche Mahlzeit gar sehr übertrieben wurde, so wie auch von den Todenmahlen und dergleichen mehr findet man allenthalben unter diesen Rubriken die ehmahligen Mißbräuche, welche aber großentheils auch heut zu tage noch, besonders bey der mittlern Classe, herrschen.


III.
 Was die Polizeyordnungen im weltlichen Fache sind, das sind die Synodalstatuten im geistlichen und kirchlichen, diese nehmen also hier billig die dritte Classe ein. Wenn man die Statuten Bischoffs Johannes von Eych vom Jahre 1447 vom 11 des Weinmonats, und eben desselben 14 Artikel vom| Jahre 1453 aufschlägt, so fallen einem gewiß gleich Stellen, wie die folgenden, sehr auf, z. B. in letztern:
„Quinto cum sint nonnulli utriusque sexus homines, qui sacerdoti in altari existenti in faciem prospiciant, seque etiam super altaribus appodiant etc. etc. Nono In quibusdam ecclesiis diocoesis nostrae quidam abusus excrevit, quod Plebisani eiusdem praetextu presbiteros ad personaliter custodiendum pecora cogere non erubescunt etc. etc.“

 Und in erstern der ganze Titel de spectaculis in ecclesia non faciendis.

„Turpem illum abusum in quibusdam frequentatum ecclesiis, quo certis anni celebritatibus nonnulli cum mitra baculo et vestibus pontificalibus more episcoporum benedicunt. Alii ut Reges ac duces induti, quod festum fatuorum innocentum seu puerorum in quibusdam Regionibus nuncupatur Alii larvales ac theatrales jocos. Alii coreas et tripudia marium et mulierum facientes homines ad spectacula et cachinationes movent. Alii commessationes et convivia ibidem praeparant. Ne haec et similia ludibria, | neque etiam Mercantias seu negotiationes Nundinarum in ecclesia, quae Domus orationis esse debet ac etiam cimeterio exerceri amplius permittatur.“

 Auf gleiche Art kann man auch aus den verschiedenen Klösterreformationen auf die ehemahligen Alfanzereyen derselben kommen, und dergleichen Reformationen gibt es von eben diesem Bischoff Johann mehrere.


IV.

 Endlich dürfen hier auch nicht ganz vergessen werden die einzelnen Verordnungen sowohl, als die Generalausschreiben, in welchen der vaterländische Geschichtschreiber manchfaltige Spuren von den in jedem Jahrhunderte üblichen Gebräuchen und abergläubischen Wesen entdecken, den allmähligen Fortschritten der Aufklärung in diesem Fache nachspüren, und daraus zeigen kann, wie solche immer mehr gesieget, bald da einen Mißbrauch aufgehoben, bald dort ein Vorurtheil gestürzet habe: denn die Ahndungen und Abstellungen der Mißbräuche setzen doch immer derselben Existenz und Übung in solchen Orten voraus. Hier nur einige Beyspiele von diesem und dem vorigen Jahrhunderte:

| 1. Am Feste, und zu einem Andenken der unschuldigen Kinder pflegten die Kinder einander mit Ruthen um die Füße zu hauen, welches man hier zu Lande das Kindeln oder Fetzeln nannte. Auch Erwachsene, Handwerksbursche, Knechte, Mägde und selbst Bauern machten diese Kinderey mit, vergassen dabey das Geschlecht der unschuldigen Kinder, machten sich dafür hinter hübsche Mädchen, und trieben dabey, wie man sichs wohl vorstellen kann, manchen Muthwillen. Durch übergroßen Unfug und durch die Fornicationsprotokolle darüber aufmerksam gemacht, verbot endlich die Obrigkeit unter dem 14 des Wintermonats 1672 bey 10 Rthl. oder einer empfindlichen Leibesstrafe ernstlich, nicht das Fetzeln selbst, sondern nur den leichtfertigen Mißbrauch desselben unter erwachsenen Leuten, welche das 8te oder 9te Jahr schon zurückgelegt haben. Den Kindern unter diesen Jahren war also dieses alberne Possenspiel selbst Obrigkeits wegen noch erlaubt.
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2. Von diesem Kindeln sind noch Überreste übrig geblieben; von dem sogenannten Pfingst- oder Wasservogel aber ist keine Spur mehr da, mit welchem in manchen| Hochstiftsorten großer Mißbrauch getrieben wurde. Die Veranlassung dazu gab vermuthlich die an einigen Orten übliche Gewohnheit, am Pfingsttage um 12 Uhr Mittags in der Kirche von der Diele herab eine Taube fliegen zu lassen, und gleich darnach auf die unten stehenden, welche gegen diese Öffnung hinaufsehen, Wasser herabzuschütten – ein ärgerlicher Gebrauch. – Man umwand nämlich zur Nachahmung dieses Mißbrauchs einen Jüngling mit Reisig und Ästen allenthalben, und warf ihn in das Wasser; wie er wieder heraus kam, so ritt er in grosser Begleitung überall herum, oder man trug ihn herum, und tanzte bey dieser Mummerey. Dieses alles wurde den 16 August 1696 ganz und so nachdrücklich verboten, daß die Übertreter, wo immer, sogleich weggenommen, in das Gefängniß gesteckt, die Wirthe und Hausväter, welche solchen Muthwillen gestatten, um 30, die Dorfsführer oder Bürger, welche es zugeben, um 10, jede tanzende Person aber um 2 Rthl. gestraft, endlich diejenigen, welche dergleichen Schandvögel machen, mit öffentlicher Schandstrafe belegt werden sollen.
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| 3. So stark dieses Verbot wirkte, weil starke Strafen darauf geschlagen waren, so wenig verfingen aus Mangel der letztern folgende: es wurde nämlich den 16 März 1758 das aberglaubische Wesen, welches man am Charsamstage mit dem sogenannten Osterlichte trieb, und das Jahr darauf das Adam- und Evaspiel abgeschafft, welche von verkleideten Personen, die deßwegen von Weihnachten bis Ostern auf dem Lande herumzogen, aufgeführet wurden.

4. Das Ausschreiben vom 17 März 1766 verbietet allen Amtsstellen bey Haltung der Charfreytagsprocessionen die thörichten Mißbräuche, komödiantischen Vorstellungen, albernen Sprüche und ungeschickten Reimen ferner zu dulden. Darin zeichnet sich noch heut zu Tage das Municipalstädtchen Beilngries aus, und die Obrigkeit scheint aus ökonomischen Gründen hier durch die Finger zu sehen, weil die Leute weit und breit von allen Seiten her dieser Komödie zulaufen, und durch ihre Zehrung dem Städtchen keinen geringen Verdienst bringen.

5. Den 23 Weinmonats 1784 stellte der geistliche Rath das unausgesetzte Läuten| während der Gewitter ein, zu deren Anfange und Ende nunmehr ein Zeichen mit der Glocke gegeben wird.

Bey dieser Gelegenheit muß ich doch erinnern, daß wir einen eigenen geschickten Mathematiker und doch keinen einzigen Blitzableiter im ganzen Fürstenthume, dafür aber noch immer Wetterkerzen, Osterbrände und Lorettoglöcklein haben.

6. Gleichwie nicht alle Possen und Mißbräuche allen Orten im Hochstifte gemein, sondern oft nur einem Amte, oder einem Orte eigen sind, so findet man auch letztere noch in einzelnen Verordnungen, in deren Zahl gehören z. B. das Schlegelhängen, wo nämlich jenem Manne, welcher sich von seinem Weibe schlagen ließ, ein Schlegel vor die Hausthüre gehangen wird; das Brautausstossen, gemäß welchem Gebrauche der Brautführer die Braut, wenn er sie von dem Altar zurückführet, mit Gewalt in den Kirchenstuhl hinein, und so aus der Gesellschaft der Ledigen ausstößt; endlich der Löll – da wird zur Fastnachtszeit eine große Figur von Stroh in Art eines grotesken Mannes gemacht, solche öffentlich herumgeführt, förmliches| Gericht darüber gehalten, derselben ein Urtheil, in welchem alle das ganze Jahr über in diesem Orte geschehene lächerliche Streiche dem Löll zu Schulden gelegt werden, vorgelesen, und der Löll sodann verbrennet.


 Letztere zwey Gebräuche waren vorzüglich dem Markte Pleinfeld vor Zeiten eigen, und da ging es selten ohne Schläge ab; deswegen vereinigten sich die verdienstvollen Pfleg- und Kastenbeamten zu Sandsee-Pleinfeld solche gänzlich abzuschaffen, welches ihnen auch gelang.

 Endlich gibt es fast kein Fach der Polizey, von welchem man nicht die Geschichte desselben, oder wenigstens doch wichtige Beyträge dazu in den Universalien findet, z. B. wer eine Geschichte von Epidemien und Viehseuchen, welche in diesem Fürstenthume jemahls geherrschet haben, zusammen schreiben will, entdecket in einer vollständigen Generaliensammlung umständlich, welche Arten der Krankheiten unter Menschen, und welche Seuchen unter dem Vieh grassirten – in welchen Jahren, und wie oft sie wiederkamen, welche Gegenden und welche Gattungen der Menschen oder des Viehes denselben vorzüglich ausgesetzt waren, was für| Präservativ- und Heilmittel vorgeschrieben, auch wie die Symptomen angegeben wurden etc. etc. Will einer auf eine Tanzpolizey sammeln, so findet er z. B. in den Ausschreiben, daß den 23 des Christmonats 1741 das Schleifer und Bexheimer Tanzen, weil solches allgemeines Ärgerniß, und Anlaß zur Verführung der Jugend, dann zu einem sündhaften Lebenswandel gibt, bey Vermeidung schwerer Strafe ganz und für allemahl abgeschafft wurde, und daß das Generale vom 22 August 1699 wider alle ärgerliche und abscheuliche Tänze, welche sogar ihre eigne Namen hatten, wider die schändliche zu weite Entblösung und wider das Sprengen der Weibspersonen auch wider den Mißbrauch eifern, daß die Jugend beyderley Geschlechts von der Zeit an, wo sie das erstemahl zu dem Tisch des Herrn ging, auch das Tanzgeld bezahlen sollte, wie das Tanzgeld regulirt wurde etc. etc. Suchet einer gerne Data zur Geschichte der Künste und Handwerker, zur Gewerbspolizey, zur Beschreibung der Handwerkspossen und Mißbräuche, so kann er in dem Ausschreiben vom 8 Jänner 1729 die Abstellung solcher Mißbräuche, und in dem vom 27 Jänner 1783 die Aufhebung der eingebildeten Unehrlichkeit und Unfähigkeit| der Amtknechts-Kinder zu den Zünften; – die Verordnungen in Betreff der rohen Materialiensperre, die verbotene Einfuhr solcher Handlungsartikel, die man im Lande selbst haben kann, die Preise der Fabrikaten, und die Einführung neuer Künste, endlich z. B. finden, daß man erst im Jahre 1715 einen verpflichteten Großuhrmacher für das ganze Land aufstellen wollte, weil die Stimper und Schlosser mehr an dergleichen Uhren verdarben als gut machten, und das Geld aus dem Lande zogen; daß man zu Anfange dieses Jahrhunderts noch keine ordentliche Hebamme im Land hatte, und einen Geburtshelfer erst in den 1770ger Jahren aufstellte; daß, um das Geld im Lande zu behalten, im Jahre 1712 zu Obereichstätt ein Blechhammer errichtet, und allerley Blech allda verfertiget; auch erst vor einigen Jahren unweit der Residenzstadt eine Pechhütte aufgeführt, und darin Pech und Wagenschmier gebrennt, nicht minder daselbst eine Siamoisfabrik angefangen wurde etc. etc. Anderer Merkwürdigkeiten gar nicht zu gedenken, z. B. der Ehhalten und Taglöhner Soldordnung von verschiedenen Zeiten, des Wolfjagens und Wolfsgeldes,| des im Jahre 1788 verbotenen Lottospieles und dergleichen mehr.

 Möchten doch nur diese wenige Beyspiele andere aufmuntern, dergleichen Data sorgfältiger zu sammeln und diese Quellen zu verschiedenen Zweigen der vaterländischen Geschichte mehr zu benutzen!

Sch**r.     



  1. In Nürnberg hat diesen Namen noch einer von den peinlichen Knechten.     d. H.
  2. D. i. Kindbettschenken.