Geschichte von Kloster Heilsbronn/Rechtspflege

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B. Rechtspflege.

Abt und Konvent gaben und vollzogen die Gesetze und waren dabei, vermöge kaiserlicher Privilegien, lediglich und unmittelbar dem Kaiser und seinen Gerichtshöfen untergeben. Sie bestellten in verschiedenen Theilen des Mönchsstaates Klostergerichte (zugleich Verwaltungsämter), bei welchen Klosterunterthanen einzig und allein ihr Recht suchen und belangt werden durften. Solcher Klostergerichte waren fünf, nämlich in Bonhof, Neuhof, Merkendorf, Waizendorf und Windsheim. In Bonhof, Neuhof und Merkendorf wohnten exponirte Mönche, [576] die den Titel „Praepositi, Pröbste“ führten und bei Gericht präsidirten. In Waizendorf und Windsheim stellte das Kloster weltliche Personen, Vögte, als Richter und Verwaltungsbeamte an, im Jahre 1523 einen Oberrichter weltlichen Standes, wie oben beim 26. Abt berichtet wurde. Von den fünf Gerichtsbezirken waren nur die von Bonhof und Merkendorf leidlich arrondirt, indem beispielsweise der bonhofer Bezirk sich nicht weiter als bis Nürnberg, Schwabach und Ansbach erstreckte. Dagegen gehörten in die Bezirke Neuhof, Waizendorf und Windsheim heilsbronnische Unterthanen, die mehrere Stunden fern von ihren Gerichtssitzen wohnten. Dadurch wurden die Unterthanen vielfach belästigt und zwischen den Behörden zahllose Kompetenzkonflikte hervorgerufen. Hier einige Beispiele: Der heilsbronner Vogt Dotzer im Mönchshofe zu Randersacker gerieth wegen Markung in Streit mit einem Nachbar, wurde deßhalb beim Ortsgerichte in Randersacker verklagt, von diesem vorgeladen, leistete aber keine Folge, sondern berichtete an seinen Abt Schopper, welcher dem Schultheiß in Randersacker notifizirte: „Der Verklagte ist eurem Gerichtszwang nicht unterworfen. Kein geschworener Diener unseres Gotteshauses steht unter einem andern Gericht, als unserem. Laut königlichem Landfrieden und Kammergerichtsordnung ist Jeder bei seinem Gericht zu lassen. Wir sind aber erbötig, den Verklagten entweder in Windsheim oder in Neuhof vor unser Gericht zu stellen.“ Drei Jahre darauf (1541) wurde Dotzer’s Wittwe wegen Forderung beim Landgericht Würzburg verklagt, worauf der Abt Wagner an den Landrichter G. von Maßbach in Würzburg schrieb: „Die Frau ist dorthin nicht gerichtbar, sondern lediglich uns, und zwar nach unserem Gericht in Neuhof, wo sie verklagt werden mag.“ Ein heilsbronner Unterthan in „Mindern–Altheim“ bei Nördlingen wurde beim Landgericht in Oettingen verklagt und dahin vorgeladen, worauf der Abt Wenk an den Landrichter und die Urtheilssprecher der Grafschaft Oettingen schrieb: „Der Zitirte gehört laut unsern kaiserlichen Freiheiten und Begnadungen vor unser Gotteshausgericht in Waizendorf an der Wieseth; daselbst wollen wir dem Kläger Recht ergehen [577] lassen.“ Gleichen Protest richtete der Abt an den Grafen Ludwig von Oettingen und dessen Landgericht, als ein heilsbronner Unterthan in Trochtelfingen wegen eines Schlaghandels gen Oettingen geladen wurde. Dergleichen Proteste ergingen nicht nur nach Würzburg, Oettingen etc., sondern auch nach Onolzbach. Balth. von Rechberg, Landrichter des kaiserlichen Landgerichts in Onolzbach, zitirte heilsbronner Unterthanen in Rohr. Sofort remonstrirte der Abt Wirsing: „Die Vorgeladenen sind unseres Gerichts Bonhof Verwandte. Zu solcher Citation haben Euer Streng kein Recht. Wir haben dem Kläger noch kein Recht verweigert. Euer Streng wollen ihn an uns als ordentlichen Richter weisen. Wollten Euer Streng in der Sache weiter verfahren, so müßten wir es für nichtig erklären und öffentlich dagegen protestiren. Denn in einem Artikel kaiserlicher Majestät Bestätigung der Freiheiten des Klosters heißt es: Auch erkennen wir, daß der Abt und sein Konvent und die Schaffer des Klosters Heilsbronn laut der Briefe, die sie von andern Kaisern, unsern Vorfahren, empfangen haben, volle Gewalt haben, ihre Leute selber zu richten, und daß sie aus ihren Gerichten zu niemand anders geladen werden sollen, als allein vor die kaiserlichen und königlichen, und daß der Abt wegen aller seiner Güter und Hintersassen, darum er angesprochen werden sollte, an keiner Statt vor weltlichem Gericht zu Recht stehen soll, als allein vor uns und unsern nachkommenden Kaisern und Königen, oder vor dem Hofrichter eines kaiserlichen oder königlichen Hofes. Jedes Urtheil eines Gerichts wider diesen Abt und Konvent, welches diesem unserem Verbot zuwider ist, erklären wir als nichtig.“ Der Abt Wunder gebot einer Wittwe in Ketteldorf, welche der kaiserliche Landrichter von Giech vorgeladen hatte, vor dem Landgerichte nicht zu erscheinen; denn zuerst sei sie bei ihrem Gericht in Bonhof zu belangen, und erst im Fall der Appellation sei die Sache beim kaiserlichen Landgericht in Onolzbach anzubringen.

Bei den genannten fünf Klostergerichten waren den Vorsitzenden Pröbsten und Vögten einige Beisitzer („Urtheiler, Urtheilsprecher“) beigegeben, insgesammt Ansässige im Gerichtsbezirk und [578] vom Abt erwählt auf Vorschlag der Pröbste und Vögte. Die Äbte schrieben den Gerichten eine Gerichtsordnung vor, welche von den Äbten Bamberger und Schopper in den Jahren 1514 und 1533 aufs Neue eingeschärft wurde. Schopper’s deßfallsige Instruktion lautete: „Wir vernehmen, daß gegen die Satzungen unserer Vorfahren, namentlich Herrn Abts Sebald, bei allen unsern Gerichten die Gerichtsstatuten nicht ordentlich gehalten werden, was uns von euch befremdet, uns auswärts Spott, und euch den Vorwurf der Ungeschicklichkeit zuzieht. Wir schreiben euch daher folgende Artikel vor: 1) Alle Gerichts- oder Rathspersonen sitzen dem Alter nach im Kreis, ehrsam, still und bescheiden, als wären wir, ihr Eigenherr, (der Abt) selbst gegenwärtig, ohne leichtfertige, schimpfliche oder zornige Rede, bei 15 dl. Strafe ans Gericht, sondern ernst nach Eidespflicht, eingedenk, warum sie erwählt sind und daß sie Gott um solcher verliehenen Gewalt und aller ihrer Handlungen und Versäumnisse willen Rechnung zu thun schuldig sind. 2) Fragt der Richter anstatt des Eigenherrn eine Gerichtsperson, so soll diese sitzend und ehrerbietig nach Abziehung des Hutes antworten, bei Strafe von 15 dl. 3) Während der Sitzung und ehe der Richter aufschlägt (nämlich mit dem Richterstabe, den er während der Sitzung in der Hand tragen muß), soll Keiner den Andern tauzen, höntaydigen oder sonst unziemlich anreden, bei 15 dl. Strafe. 4) Wer ohne erhebliche Ursache, ohne Bewilligung des Probsts oder Richters ausbleibt, zahlt ein Pfund. 5) Präsenz in der Gerichtsstube von Ostern bis Michaelis von 12 bis 1 Uhr, von Michaelis bis Ostern von 11 bis 12, bei 15 dl. Strafe. Zu diesen Stunden hat der Gerichtsknecht die zu bestellen, welche mit dem Gericht zu schaffen haben. 6) Keinem soll gebühren, über drei Handlungen anzunehmen und vor Gericht zu reden, damit auch die jüngeren Mitglieder geübt und beherzter werden, bei 15 dl. Peen. 7) Der Beklagte hat dem Richter gebührlich zu antworten, bei 15 dl. Strafe. 8) Übertreter von Nr. 1 bis 6 zahlen ihre Strafgelder am folgenden Gerichtstag an den Bürgermeister. 9) Hat der Richter aufgeschlagen und den Stab hingelegt, so darf Keiner [579] das Gericht verlassen, ohne seinen Abschied beim Richter anzuzeigen, bei 15 dl. Strafe. 10) Wenn die Sitzung geschlossen ist, so soll auch im Wirthshause bei den Urtheilssprechern untereinander Eintracht und Freundschaft sein, nicht Zorn, Frevelworte, Spiel, Schwören, Fluchen, lästerliches Über- und Zusaufen und schändliche Leichtfertigkeit, sonderlich vor fremden Leuten. Über das Verhandelte herrsche Verschwiegenheit bei Strafe; die darauf zu setzende Peen behalten wir uns vor. Alle andere ehrliche alte Gerichtsgebräuche bleiben in Kraft. Bei geringen Handlungen dürfen Urtheile nicht geschoben (verzögert) werden. Auch darf man in solchen nicht appelliren wegen der Kosten und Mühe. Ein Urtheil darf nicht geschoben werden bei Injurien und Sachen von nicht 10 fl. Keine Appellation ohne unser Wissen und Willen, wenn es sich nicht wenigstens um 20 fl. handelt. Diese Artikel habt ihr treu zu halten, bis wir dieselben mehren oder mindern, wie das allweg bei uns und in unserer Gewalt stehen soll. Damit der Eid von Keinem vergessen werde, fügen wir ihn bei. Er lautet: „„Ich schwöre zu Gott, daß ich meinem gnädigen Herrn zu Heilsbronn und dem Gericht allhie (zu Bonhof etc.) getreu und gewärtig sein, ihren und den gemeinen Nutzen fördern, Schaden wenden, pünktlich erscheinen, über das Gefragte gerecht urtheilen, ohne Ansehen der Person, ob Arm oder Reich, Freund oder Feind, keine Gab nehmen, das Verhandelte nicht offenbaren, der Stimmenmehrheit mich unterwerfen will.““ Nach Verlesung dieses Eides soll Jeder gefragt werden, ob er dem Allen nachkommen wolle? und dann schwören, dem getreulich nachzukommen. Zu Urkund haben wir unser Secret unter diese Schrift gedruckt. Gegeben zu Heilsbronn, Sonntag nach Exaudi 1533.“ In Kriminalsachen (davon nachher) entschieden in der Regel die fünf Klostergerichte nicht, sondern lediglich bei Klagen über Injurien, Schulden, Erbschaften, Hut, Markung, Wässerung, Zehnten, Waldfrevel, Schlägereien etc. Dazu kam die freiwillige Rechtspflege. Erwiesen sich die Gerichte als säumig, so beschwerte man sich bei dem Abt und seinen Altherren.

Der 25. Abt Bamberger, welcher unmittelbar vor Anfang [580] der Reformation regierte, sah „die zunehmenden Übertretungen der Gesetze“, und beschloß daher, die Gerichtsordnung zu verschärfen. Er befahl seinen fünf Gerichtsvorständen, sich vorläufig über einige ihnen bezeichnete Punkte zu besprechen und dann am Sonntag Judica 1514 zur weiteren Rücksprache bei ihm in Heilsbronn sich einzufinden. Es erschienen die fünf Gerichtsvorstände (drei Pröbste und zwei Vögte), Jeder begleitet von einem Gerichtsbeisitzer (vier Bauern aus Weiterndorf, Kleinhaslach, Merkendorf, Königshofen und der Müller von der Klingenmühle). Mit diesen zehn Einberufenen verfaßte der Abt die geschärfte Gerichtsordnung „zur Steuerung von Absagen, Raub, Diebstahl, Einbruch, Nothschatzung, Brand, Mord und Androhung davon.“ Dann forderte er die Einberufenen auf, diese Ordnung zu handhaben und setzte den Gastmeister, Bruder Conrad Haugk, als Prinzipal oder Obmann ein, bei dem die Gerichtspersonen Rath und Hilfe bei Handhabung der Gerichtsordnung finden könnten. Beim 25. Abt haben wir den Bruder Haugk als Mann von Rath und That, als Vorstand der Laienbrüder kennen gelernt, der prompte Justiz übte, indem er einen Schädiger des Klosters an einen Baum hängen ließ.

Am Ostermontag 1515 erschien ein Erlaß des 25. Abts Bamberger, worin Appellation in Bagatellsachen verboten wurde. Als einige Jahre darauf im Gerichtsbezirk Waizendorf ein Kläger in Bagatellsachen appelliren wollte und zu diesem Behufe Aktenabschrift verlangte, dekretirte der Abt Schopper auf Grund jenes Erlasses, den muthwilligen Appellanten abzuweisen und ihm die Aktenabschrift zu verweigern. Da dergleichen Appellationen wiederholt vorkamen, so eröffnete Schopper seinen fünf Klostergerichten: „Wir vernehmen, wie ihr an unsern Gerichten viel Haders habt, daß Urtheile bei geringfügigen Sachen geschoben werden und daß in dergleichen Sachen unnöthigerweise appellirt wird, was Kosten verursacht, die der Prozeß nicht werth ist, dazu Versäumniß und Mühe, zum Schaden für Weib und Kind. Wir schärfen euch daher die anliegende Verordnung (von 1515) auf’s Neue ein. Glaubt sich Jemand durch euer Urtheil [581] beschwert, der mag nach unserer Gerichtsordnung es uns (dem Abt) binnen zehn Tagen anzeigen, damit wir ihn in Güte hören und berathen können. Wir werden ihm die Appellation nicht abschlagen. Doch darf nicht appellirt werden, bevor nach altem Brauch und Herkommen des Klosters Heilsbronn die Sache für uns und für Diejenigen, so wir aus Anderen unserer besetzten Gerichte zu uns berufen haben, gebracht worden ist.“ In den letzten Worten bezeichnet Schopper die sogenannten Gastgerichte, an welche nach dem Instanzenzuge von den Klostergerichten aus auf Verlangen zunächst appellirt werden konnte, was aber nicht oft geschah. Über die Elemente, woraus ein Gastgericht zusammengesetzt war, gibt folgende Mittheilung Aufschluß: Zwei heilsbronner Unterthanen in Ammerndorf prozessirten zur Zeit des Abts Bamberger bei ihrem treffenden Klostergericht Bonhof, welches gegen den Kläger entschied. Der Verurtheilte appellirte an Bamberger und als dieser inzwischen (1518) starb, an den nachfolgenden Abt Wenk mit der Bitte um Einberufung eines Gastgerichts. Wenk berief hierauf nach Heilsbronn in das Wirthshaus zum Steinhof zu einem Gastgericht 13 Mitglieder, 3 aus der Probstei Merkendorf, und zwar den dortigen Vogt Puderlumpf mit den Gerichtsmännern Prunner und Widmann; 3 aus der Vogtei Waizendorf: den Vogt mit zwei Gerichtsmännern; 3 aus der Probstei Neuhof: zwei Gerichtsmänner und den Pfarrer von Trautskirchen; 4 aus der Probstei Bonhof: Bauern von Steinhof, Berghof und Drachenhofstett. Als Gerichtsschreiber durfte der Gerichtsschreiber des Gerichts, von welchem aus (hier Bonhof) appellirt wurde, nicht fungiren; Wenk übertrug daher diese Funktion dem Pfarrer von Trautskirchen.

Das Verfahren bei den fünf Klostergerichten war mündlich; warum nicht schriftlich, erhellt aus folgender Verhandlung vom November 1529: Nach dem Tode zweier Eltern und ihres einzigen Kindes in Gottmannsdorf erhob sich wegen der Erbschaft Streit zwischen H. Müller von Zenn und H. Binstein von Petersaurach. Beide Parteien erschienen beim Gericht in Bonhof, jede mit einem „Fürsprech.“ Zuerst sah man im Gerichtsbuche [582] nach, was die verstorbenen Eltern bezüglich ihres Vermögens verordnet hatten. Der Fürsprech des „Antwurters“ (Beklagten) begehrte, seine Antwort schriftlich geben zu dürfen, was aber sogleich von Gerichtswegen verweigert wurde, da dieses nicht Brauch sei bei einem Gerichte, welches nicht mit hochgelehrten, sondern nach altem Herkommen mit schlechten Dorfleuten besetzt sei, wo Klage und Antwort mündlich erfolgen müssen. Das Gericht entschied für die klägerischerseits gemachten Erbansprüche. Der Beklagte erhielt nach der Gerichtsordnung 10 Tage Bedenkzeit, erschien nach 10 Tagen wieder bei Gericht und erklärte: „Er habe sich bedacht, fühle sich aber durch das Urtel beschwert, appellire an das kaiserliche Landgericht des Burggrafthums Nürnberg und begehre dazu Urtelbrief und Akta, auch was sonst noch, vermöge der Landgerichtsordnung, zu solcher Berufung erforderlich sei.“ Richter und Urtelsprecher gaben hierauf dem Appellanten Apostolos mit des Gerichts zum Bonhof aufgedrucktem Insiegel. Der Betreff einer jeden Handlung wurde kurz in das Gerichtsbuch eingetragen, z. B.: „Klage der Schreinerin gegen den Schmiedhans, der sie auf freier Straße eine Hure gescholten. A verweigert dem B Zahlung wegen einer abgehauenen Hand, wegen Liedlohn, Viehkauf etc., wegen einer fließenden Wunde, ihm geschlagen mit dem Schweinsspieß, Schrotbeil oder Hellebarde; daß er Mörder, Bluthund, Dieb, Bösewicht gescholten worden sei etc. etc.“ Die Frauen stellten immer ein zahlreiches Kontingent. Nach Vernehmung der Zeugen äußerten sich die Beisitzer z. B. in folgender Weise: „Hans Rummel hat durch Zeugen genugsam erwiesen, daß er beim Spiel gegen Hans Reuter aus Nothwehr vom Leder gezogen und ihn verwundet hat. Darauf sprach der Richter zu Recht, daß Reuter das soll wandeln mit anderthalb Pfund, dem Richter 45 dl., dem Gericht sechs Pfund.“ Wenn mittellose Klosterunterthanen sich durch ein Erkenntniß des Klostergerichts beschwert glaubten und an das Hof- oder kaiserliche Kammergericht appellirten, so bezeugten die Äbte in einem Schreiben an die Hof- oder Kammergerichtspräsidenten, daß die Appellanten arm seien, und bat, diese zum Eid der Armuth kommen zu lassen.

[583] Von außerehelichen Geburten nahmen die Klostergerichte nur dann Notiz, wenn es darüber zur Klage kam. In diesem Falle wurde beispielsweise erkannt, wie folgt: „Der außereheliche Vater zahlt ... Gulden (z. B. 11) an die Eltern der Kindesmutter, welche dann das Kind erziehen soll, ohne weitere Ansprüche an den Vater zu machen. Anna Heinlein soll dem Pülk das Kind mit seinem Decklein und Windelein in sein Haus tragen, dasselbe soll er sein Leben lang als sein Kind erziehen und dazu für ihre Ehr und alle Anforderung ihr geben 10 fl., die er ihr auch bezahlt hat. Damit sollen sie einander ungeschmäht lassen, ingleichen die Freundschaft. Das Alles haben sie durch Handgelübde versprochen und Bürgen gestellt.“ Von einer weitern Bestrafung war um 1530 noch keine Rede. Erst zur Zeit der letzten Äbte fing man an, Skortationsstrafen zu verhängen, und zwar ein- oder zweitägigen Arrest und Zahlung von 10 fl. an den Abt. 1566 reskribirten Regenten und Räthe an den Abt Wunder, welcher Fürbitte eingelegt hatte: „Ob wir wohl Ursache hätten, zu strafen, Andern zum Abscheu und in Erwägung, daß solches Laster jetzo gemein und überhand genommen, so lassen wir doch die Strafe schwinden, um keine böse Ehe zu machen.“

In den Dörfern auf dem Klostergebiete schlichteten und richteten die von der Gemeinde erwählten Vertreter. Der Erste unter ihnen hieß Dorfmeister, der Zweite Bürgermeister (Kassier). Den Titel Schultheiß führte in diesen Orten derjenige heilsbronner Unterthan, welchem der Abt auf Vorschlag der Pröbste und Vögte die Funktion übertrug, die Gefälle zu erheben und an das Kloster abzuliefern. Wie den fünf Klostergerichten, so wurde auch den Klosterdörfern von den Äbten eine Ordnung vorgeschrieben. Waren im Orte noch andere Dorfherrschaften, so wurde die Dorfordnung gemeinschaftlich mit diesen verabfaßt. Zur Zeit der letzten Äbte wurden die Gerichtssitzungen für den Bezirk Bonhof abwechselnd in Petersaurach (im Wirthshause) gehalten. Petersaurach hatte daher ein eigenes Gerichtsbuch und ein eigenes Siegel mit dem Brustbilde des Apostels Petrus und der Randschrift: Sigillum judicii in Pettersaurach.

[584] Die von den fünf Klostergerichten verhängten Strafen waren Geld- und Gefängnißstrafen, oft auch Landesverweisung. Des Landes verwiesen wurden beharrliche Renitenten und Excedenten, diebische oder liederliche Haushälter und Ehebrecher. Ansässigen wurde nach geschworener Urphede aufgegeben, binnen einer gesetzten Frist zu verkaufen, das Müncheigen zu räumen, sich unter eine andere Herrschaft zu thun und sich nicht wieder auf dem Klostergebiete betreten zu lassen. Man denke dabei nicht an außerdeutsche oder überseeische Länder: die Ausgewiesenen hatten nur einen Schritt in das Ausland, nämlich in onolzbachisches, nürnbergisches, edelmännisches oder deutschordenisches Gebiet. Diese Strafart kam oft in Anwendung, z. B. 1573 beim Gerichte Bonhof in dem einzigen Monat Mai dreimal, und zwar zuerst bei dem Müller Vogel in Wollersdorf. Dieser hielt seine Mühle nicht in baulichem Stande, bewirthschaftete Mühle und Felder schlecht, war unfügsam, kam in das Klostergefängniß, aber nach Zahlung von 10 fl. Strafe und geschworenem Urphaid auf Fürbitte seiner Freunde los, mußte binnen Monatsfrist verkaufen und stellte die Müller von Aich und Geichsenhof als Bürgen, welche angelobten, sich statt seiner zu stellen und für allen Schaden zu haften, wenn er seinen Urphaid brechen und Schaden zufügen würde. Der zweite in demselben Monat des Landes Verwiesene war der Müller Himler auf der Weihersmühle. Der Dritte war Hans Wittauer von Mausendorf, welcher fremde verdächtige Personen beherbergte, die Ehe gebrochen und sich sonst verdächtig gemacht hatte. Seine drei Bürgen, Bauern in Mausendorf, mußten sich verpflichten, wenn er seinen Urphaid bräche, nach ihm zu trachten und ihn zur Haft zu bringen; könnten sie das nicht, sich selbst zur Haft zu stellen und jeden durch ihn verursachten Schaden zu ersetzen. Die geschworenen Urphaide waren in ähnlicher Weise formulirt, wie der S. 537 beim 35. Abt mitgetheilte.

Über die Schuldhaft und das sogenannte „Laisten und Mahnen“ siehe oben beim 30. Abt.

Eine Bestrafung in Zucht- und Arbeitshäusern konnte, [585] da dergleichen Anstalten im Mönchsstaate nicht vorhanden waren, nicht vorkommen.

Todesstrafen vollzogen die Äbte nicht gerne, jedoch ausnahmsweise in Nothfällen, wie oben beim 25. Abt berichtet wurde. Daß sie aber dazu berechtigt waren, soll nun gezeigt werden.

Die Kriminalrechtspflege oder „Fraisch“ stand dem Abt und Konvent zu, wenn auch nicht an allen Orten auf dem Klostergebiete. Unten Abschn. VII[,] A bei Großhaslach werden wir sehen, daß die Grafen von Oettingen ihr Kastrum zu Großhaslach und alle ihre dortigen Besitzungen, cum omnibus juribus pleno rerum dominio, im Jahre 1299 an das Kloster verkauften. Dieses kaufte ferner Alles, was Albert von Vestenberg dort besaß, laut Bestätigungsurkunde des Kaisers Adolf von 1295, worin es heißt: Vendidit omnia bona sua in Haselach cum omnibus juribus suis et etiam partem judicii, videlicet medietatem juris judicandi in eodem loco, cujus altera medietas judicii ad comitem de Ottingen dinoscitur pertinere. Dasselbe bezeugt der Kaiser Albrecht im J. 1302. Nachdem nun der ganze Ort heilsbronnisch geworden war, bestätigte auch der Bischof von Würzburg, daß Heilsbronn die Oettingischen und Vestenbergischen Besitzungen gekauft habe cum omnibus juribus, jurisdictione seu jure judicandi, civiliter et criminaliter, in causis pecuniariis et sanguinis. Dem Kloster stand sonach in Großhaslach nicht nur die Civilrechtspflege, sondern auch der Blutbann zu. Dasselbe war auch der Fall in Ammerndorf. Denn inhaltlich der unten Abschn. VII, A bei Ammerndorf zu besprechenden Urkunde von 1246 erklärten die Burggrafen von Nürnberg dem Kloster Heilsbronn: Omni jure nostro atque dominio, quod nos in bonis eorundem et hominibus ipsorum in Amelradorf habere credebamus, totaliter renunciavimus, nihil prorsus nostri juris et potestatis in illis deinceps habituri. Jedoch war oder blieb das Kloster nicht überall auf dem Klostergebiete im Besitze der Kriminaljustiz, z. B. nicht im Territorium der Grafen von Oettingen im Ries. Der 29. Abt [586] Greulich verurtheilte den des Ehebruchs überwiesenen heilsbronnischen Bauer in Baldingen, L. Widmann, zu einer von 10 auf 5 fl. reduzirten Strafe. Daraus erwuchs ein Kompetenzkonflikt mit den Grafen von Oettingen, welche dem Kloster die Gerichtsbarkeit nicht gestatteten und den Ehebrecher zu 50 fl. Strafe verurtheilten. Dagegen protestirte der Abt, indem er den Grafen keine Strafbefugniß über heilsbronnische Unterthanen im Ries zugestand und sich dabei auf den Markgrafen Georg Friedrich berief. Der Markgraf und seine Räthe erklärten darauf dem Abt: „Es ist ein Malefizhandel, welcher sonach nicht dem Kloster, sondern den Grafen zur Entscheidung und Bestrafung zusteht. Der Ehebrecher hat sich sonach wegen der Strafsumme mit den Grafen abzufinden.“ Daß das Kloster von seinem Recht Gebrauch machte und Todesurtheile vollstreckte, ist oben beim 25. Abt berichtet worden. So verfuhr es aber nur, wenn es in Zeiten der Anarchie sich genöthigt sah, rasch einzuschreiten, um sich gefährliche Individuen durch die Todesstrafe vom Halse zu schaffen. In der Regel lieferte es, um nicht Todesurtheile vollziehen zu müssen, Kriminalverbrecher an benachbarte Halsgerichte ab, bat um Untersuchung und Bestrafung und zahlte die dabei sich ergebenden Kosten.

Kriminalverbrechen, bei welchen auf Todesstrafe erkannt werden konnte, waren qualifizirter Mord, Einbruch, Straßenraub, Brandstiftung, Nothzucht („Nothzerrung“), Blutschande, Zauberei. Über das Verfahren der Klostergerichte bei derartigen Reaten zur Zeit der früheren Äbte finden sich keine Aufzeichnungen. Zur Zeit der späteren Äbte verfuhr man wie folgt: Das Klostergericht verhaftete den Thäter, vollzog die Voruntersuchung, machte Anzeige bei einem benachbarten Fraischamt und lieferte den Thäter zur weitern Untersuchung und Bestrafung dahin ab. Hier ein Paar Beispiele von dem Verfahren. Die Tochter eines frommen alten Mannes, Kellner in Ketteldorf, gebahr 1546 heimlich. Als dieses ruchbar wurde, drangen der Dorfmeister und drei Nachbarn sammt deren Frauen in das Haus, ließen von den Frauen die Dirne untersuchen, wobei sich ergab, daß [587] sie wirklich geboren hatte. Darauf durchsuchte man das Haus, den Stall und fand das Kind mit durchschnittenem Halse. Der Abt Greulich machte bei Statthalter und Räthen Anzeige über den Befund. Die Dirne wurde verhaftet, nach Ansbach gebracht und drei Wochen darauf ersäuft. Am 6. Nov. 1574 fuhr ein Junge mit zwei Pferden von Nürnberg nach Schwarzenlohe und wurde auf nürnberger Gebiet bei Kornburg am steinernen Brücklein beraubt und ermordet. Die „Fünf Herren“ (Fünfer, Kriminalrichter) in Nürnberg boten 100 fl. dem Entdecker des von ihnen signalisirten Mörders. Hager aus Schwand erbot sich zur Entdeckung, traf im Wirthshause zu Heilsbronn einen Burschen, den er daselbst, da das Signalement auf ihn paßte, ins Gefängniß legen ließ. Der dortige Richter verhaftete zugleich auch den Anzeiger und berichtete nach Nürnberg, zugleich nach Ansbach, von woher ihm befohlen wurde, den Anzeiger frei zu lassen, den Angezeigten (Nik. Geiger, Bürger und Schmied in Roth) an das Halsgericht abzuliefern, und zwar nach Windsbach, nicht nach Onolzbach, „da man ihn wegen anderer Verhafteten daselbst nicht unterbringen könne.“ Das Weitere über die Verhandlungen und das Resultat findet sich in den heilsbronner Aufschreibungen nicht, da, wie erwähnt, die Klostergerichte sich auf die Voruntersuchungen zu beschränken pflegten. Nur für einen Fall hatte sich das Kloster vorbehalten, ganz allein Kriminaljustiz zu üben, wenn nämlich ein Verbrechen von einem Bewohner des Klosters selbst verübt werden würde. In diesem Falle sollten Abt und Konvent einzig und allein untersuchen und richten. Der 20. Abt Stromer bat den Kaiser Ruprecht ausdrücklich, diesen Vorbehalt in dem oben beim Abt Stromer besprochenen Bestätigungsdiplom von 1401 mitaufzunehmen. Demzufolge urkundete der Kaiser: „Auch setzen wir, daß keine geistliche oder weltliche Person um Todtschlag, Wunden, Stümmeln, Diebstahl oder alle andere Schuld, begangen von Leuten, die innerhalb der Ettern oder Mauern daselbst wohnen, es seien Mönche, Laienbrüder, Pfründner, Diener, Amtleute, Knechte oder andere Leute, ein Recht haben soll, sie zu verurtheilen, zu richten und zu büßen, ohne allein der Abt [588] und Convent des Klosters, oder der Orden von Cittel.“ Spätere Äbte wiesen wiederholt darauf hin, daß Fraischfälle eigentlich und von Rechtswegen vor ihr Forum gehörten, aber von ihnen benachbarten Halsgerichten zur Behandlung überlassen würden.

Einbruch sollte inhaltlich der Halsgerichtsordnung mit dem Tode bestraft werden. Die Kriminalgerichte ließen sich aber bisweilen bestimmen, anders zu erkennen. 1534 erbrach der Schmiedeknecht Eisenfeind in Petersaurach im Wirthshause des Nachts eine Truhe, stahl 60 fl., wurde vom Wirth ertappt und vom Richter Hartung nach Ansbach abgeliefert. Hartung trug, da Eisenfeind schon öfter gestohlen hatte, auf Leibesstrafe an. Die Mutter des Diebes that Fürbitte bei der Markgräfin, diese bei dem Markgrafen Georg, worauf die Räthe und Richter erkannten, daß Eisenfeind gegen Scheinbürgschaft auf Urphaid entlassen werden sollte. Heilsbronn zahlte 4 Gulden, 6 Pfund und 24 dl. für Atzung und Thurmgeld. Hartung fügt seinen Verhandlungen die Worte bei: „Und steht ihm also der Henker und Galgen noch bevor.“ Hans Heinlein hielt sich 1530 in Stein auf, trennte sich von seinem Weibe, that Bauernarbeit in Aich, Reuth etc., schlug wiederholt Schlösser ab, brach ein, stahl und verkaufte Viktualien, Kleider etc., wurde vom Richter Hartung nach Heilsbronn in’s Gefängniß und schon am dritten Tage zum Geständniß gebracht. Hartung machte Anzeige in Onolzbach und fragte an: ob er den Thäter dahin oder in ein anderes markgräfliches Halsgericht abliefern sollte, oder ob der Markgraf ihn begnadigen und verfügen wolle, ihn auf Urphaid und gegen Scheinbürgschaft, weil er andere Bürgen nicht stellen könne, zu entlassen und des Müncheigens zu verweisen? Der Malefikant wurde an das Halsgericht Schwabach abgeliefert, daselbst mit Thurm und Pranger bestraft, darin zum Thor hinausgeführt und auf Urphaid des Landes verwiesen, „wie es in meines gnädigen Herrn Halsgericht Brauch und Ordnung ist“, schreibt Hartung. Der Verbrecher kam gleichwohl wieder nach Aich und Reuth, angeblich um Kleider zu holen, worauf die dortigen Bewohner dem Richter Anzeige machten mit dem Bemerken: „Heinlein sei bei ihnen [589] geboren und erzogen, wisse alle Gelegenheit bei Tag und Nacht und habe mit Brandlegung gedroht; sie hofften daher, man werde ihn, der seinen Urphaid gebrochen und mit Brand gedroht habe, hinrichten lassen.“ Die Procedur endete mit abermaliger Verhaftung und Landesverweisung.

Blutschande wurde, wie auch Einbruch und Ehebruch, um 1571 nicht mehr mit dem Tode, sondern mit Thurm, Pranger und Landesverweisung bestraft. „Vormals wurde eine Ehebrecherin in einen Sack gestoßen und mit dem Henker bestraft.“

Prügelstrafe wurde bei kleinen Diebstählen verhängt.

Durch die Folter wollte man, wie oben beim 35. Abt berichtet wurde, nicht strafen, sondern Geständnisse erzwingen. Die nach überstandener Folter verhängte Strafe war meist weit weniger qualvoll, als die Folter, z. B. bei folgender Procedur: Mich. Paurnfeindt, Weber und Gütler in Ornbau, lebte in Feindschaft mit seinen theils heilsbronnischen, theils eichstättischen Ortsnachbarn, besonders aber mit den heilsbronnischen Bauern in Hirschlach. Er bedrohte seine Feinde nicht nur mündlich in den Wirthshäusern mit Brandlegung, sondern auch schriftlich, indem er „Feindsbrief und Abklage“ nach Hirschlach schickte, von wo aus man Anzeige nach Heilsbronn machte. Der Richter Hartung machte von dem Kriminalfall beim Markgrafen Georg und dem Hofgericht Anzeige. Mit Hartung einverstanden waren der eichstättische Pfleger von Leonrod zu Arberg und die Gemeindeverwaltung in Ornbau, welche insgesammt wünschten, eines so gefährlichen Menschen durch dessen Hinrichtung auf immer los zu werden. Sie beriefen sich auf Artikel 153 der markgräflichen Halsgerichtsordnung, laut welchem im vorliegenden Falle auf Todesstrafe erkannt werden konnte. Sie stellten dem Markgrafen vor: „Daß er als von Gott verordnete Obrigkeit schuldig sei, die Bosheit zu strafen und die Frommen zu schützen, auch zum warnenden Exempel für dergleichen muthwillige Leute, deren dieser Zeit (1534) allenthalben viele seien.“ Der Vogt und Hofrichter Georg Keck ließ den Delinquenten verhaften und nach Ansbach bringen. Man fand bei ihm zwei Feinds- oder Absagebriefe, gerichtet [590] gegen die Hirschlacher und gegen die bischofischen Unterthanen in Ornbau, ferner zwei Bündel Pulver und Stoffe zum Feuereinlegen. In den zwei Briefen erklärte der Schreiber seinen Adressaten: „Er werde ihnen Brand legen und auflauern, sie um Leib und Gut bringen, wenn sie sich nicht mit ihm verglichen.“ Es ruhte auf ihm der Verdacht, an dem Tage, da man des Nehr Weib zu Onolzbach verbrannte, in Kleinbreitenbronn heilsbronnische Güter, ingleichen vor 4 bis 5 Jahren fünf Scheunen in Hirschlach angezündet, auch einen Handelsmann hinter Rothenburg beraubt zu haben. Der Hofrichter Keck erhielt vom Markgrafen den Befehl, erst gütlich, dann peinlich zu inquiriren. „Erst ist der Verhaftete in Gegenwart des Hofrichters Keck und der Räthe Heftlein und Knorr gütlich bespracht worden wegen der Brände in Breitenbronn und Hirschlach und des Raubes bei Rothenburg, hat aber der keines bekennen wollen. Als er auf vielfältig Bedrohen mit der Marter nichts bekennen wollte, ist er letztlich peinlich gefragt, zweimal ledig und viermal schwerlich mit angehängten Steinen aufgezogen worden, also daß er zweimal in Ohnmacht gefallen und seines Leibes halben zu besorgen gewesen. Sein Vorhaben der Brandstiftung gesteht er ein, will aber Raubens und Mordens halben nichts bekennen und sagt: er wolle sich zerreißen lassen, seinem himmlischen Vater befehlen und darauf sterben, daß er nichts gethan, als wie von ihm gemeldt.“ Das Urtel des Gerichtshofes lautete: „Paurnfeindt trug zwar seine Feindsbriefe bei sich, brachte aber seine Drohungen nicht in Ausführung, kann daher nicht hingerichtet werden; ist nach geschworenem Urphaid zu entlassen, wenn er und die von ihm gestellten fünf Bürgen die Atzung zahlen.“ Die Verkläger wendeten gegen dieses Urtel ein: „Die fünf Bürgen sind sämmtlich ungesessen, nicht stattlich, arm, dem Verklagten verwandt, daher zu verwerfen. Sollte sich aus seiner Urgicht ergeben, daß er das Leben nicht verwirkt hat, so bitten wir doch, daß man ihm eine wohlverdiente Leibesstrafe auflege und zwar die, daß er geblendet werde.“ Die Antwort des Gerichtshofes lautete: „Wir finden in der Halsgerichtsordnung nicht, daß der [591] Verklagte mit dem Tode oder mit Augenausstechen zu bestrafen sei, da er sein Vorhaben nicht ausgeführt hat, und halten daher für gut, daß er gegen Bürgschaft auf Urphaid entlassen und des Landes verwiesen werde und zweifeln nicht, daß er sich anderwärts fortan redlich halten und seines Handwerks warten werde.“ Dieses Erkenntniß wurde vollzogen, die Habe des Verurtheilten in Ornbau von der Kanzel feilgeboten und dann verkauft. Der Erlös reichte aber nicht hin, die Atzung während der 154tägigen Haft zu zahlen, so daß Heilsbronn und Ornbau noch draufzahlen mußten, aber gelobten: bei dergleichen Vorkommnissen ihr Recht nicht wieder dort zu suchen.

Bei einem Selbstmord, gleichfalls ein „Malefizhandel“, verfuhren die Klostergerichte wie bei einem qualifizirten Mord: sie beschränkten sich auf Voruntersuchung und Anzeige bei einem auswärtigen „Fraischamt“, dem sie die weitere Prozedur überließen. 1535 erhängte sich der 13jährige Stiefsohn des Hirten zu Gottmannsdorf. Vorübergehende Knechte sahen den Knaben an einem Baume hängen, ließen ihn hängen, machten dem Stiefvater Anzeige, welcher mit der Mutter zur Stelle kam, aber den Knaben gleichfalls hängen ließ. Die Mutter fiel ohnmächtig nieder. Der Vater eilte nach Heilsbronn zum Richter Hartung, welcher hinausritt, den Knaben noch hängend fand, die Beerdigung verbot und dem Markgrafen Georg und seinem Vogtamt Anzeige machte mit dem Beifügen: „Dieweil dieß Orts alle Obrigkeit E. F. G. zusteht, ist mein Bitten, mir durch den Zeiger dieses verstehen zu geben, wie ich mich weiter verhalten und wer den Erhängten begraben soll?“ Der Sekretär Berchtold antwortete im Auftrag des Kanzlers: „Ihr habt zu verfügen, daß der Knabe zunächst bei dem Baume, also auf dem Felde, begraben werde. Morgen früh wird der Peinlein verordnet werden, ihn zu begraben.“ „Am folgenden Tag – schreibt Hartung – ist Meister Augustin, der Henker, von Onolzbach gen Gottmannsdorf kommen und hat den Knaben begraben. Dem hab ich einen Gulden geben; denn er zeigte an, man wäre ihm dafür eben so viel schuldig, als wenn er ihn verbrannt hätte.“ 1544 erhängte [592] sich bei Triebendorf in einem Hölzlein ein Bauernsohn. Hartung zeigte den Fraischfall in Onolzbach an und stellte die Frage: „Ob der Leichnam durch den Nachrichter verbrannt oder begraben werden würde?“ Die Antwort lautete: „Ist bei dem Hölzlein im Feld durch den Nachrichter begraben zu lassen. Die Kosten sind nicht von der Verwandtschaft zu berichtigen, sondern vom Kloster, weil bei Fraischfällen die Obrigkeit die Kosten zu tragen hat.“

Mönche, die sich eines Kriminalverbrechens schuldig machten, sollten, wie vorhin angedeutet wurde, nicht an auswärtige Fraischgerichte abgeliefert, sondern vom Abt und Konvent im Kloster selbst gerichtet werden. Hier galten aber nicht die Halsgerichtsordnungen des Reiches als Strafkodex, sondern die im Vorwort zu besprechenden Statuta ordinis Cisterciensium in den Kapiteln: de poena levioris et gravioris culpae, de homicidis, percussoribus, incendiariis et furibus, de deprehensis in contagione carnis. Diesen Statuten zufolge waren Folter, Landesverweisung und Todesstrafe bei Klösterlingen nicht zulässig. Die höchste Kriminalstrafe für Klösterlinge war Einzelhaft in Fesseln auf Lebenszeit; daher für alle Mönchs- und Nonnenklöster dieses Ordens die Weisung: In abbaciis fortes et firmi carceres habeantur. Wurde einem Klösterling, der sich eines Kriminalverbrechens schuldig gemacht hatte, das höchste Strafmaß zuerkannt, so lautete das Urtel: Perpetuo carceri mancipetur seorsum ab aliis in vinculis absque rasura barbae et sine regulari habitu. Dem Büßer wurde ein bejahrter verständiger Klosterbruder zugeordnet, ihn zu trösten und zur Unterwerfung zu ermahnen, damit ihn nicht noch größere Traurigkeit verzehre. Inzwischen beteten für ihn im Kapitol die übrigen Brüder. Verschwörer, Brandstifter und Diebe sollte der Abt bei seinem jährlichen Besuch in Cisterz dem Generalkapitel namhaft machen, worauf der Vorsitzende des Kapitels mit Stola, Pastoralstab und brennender Kerze, im Namen Gottes, der Jungfrau Maria, aller Heiligen und des ganzen Ordens, am Palmsonntage die Verbrecher exkommuniziren sollte. Bei geringeren Reaten diktirten [593] die Statuta: Fasten bei Wasser und Brot, Stock- oder Ruthenstreiche im Kapitol, Liegen auf der Erde vor der Thür während des Gottesdienstes nach Abnahme der Kapuze, Verweisung an die unterste Stelle im Chor, fußfällig den Abt und Konvent um Verzeihung bitten, endlich Rückkehr an die frühere Stelle im Chor. Die Statuta gebieten Stillschweigen, welches nur da gebrochen werden durfte, wo geredet werden mußte. Bei Tisch durften nur Magistri Theologiä sprechen. Wer ohne Noth sprach, mußte fasten bei Wasser und Brot und erhielt Schläge. Gleiche Strafe folgte auf den Genuß von Fleischspeisen (carnes vel pulmenta cum carnibus condita vel decocta). Frauen durften die Schranken (septa) der Abteien nicht überschreiten. Nur nach einer Neuweihe der Klosterkirche (nicht an der alljährlichen Kirchweih) sollten Frauenspersonen an neun Tagen dem Gottesdienste beiwohnen dürfen, aber nicht innerhalb der Schranken des Klosters übernachten. Geschieht dieses gleichwohl, so sollen die Altäre aufgedeckt und der Gottesdienst in der Kirche nicht gefeiert werden, so lang noch Frauen daselbst sind (altaria discooperiantur et divinum officium inecclesia minime celebretur, quamdiu ibidem fuerint mulieres). Gestattet ein Abt den Aufenthalt, so soll er bis zum nächsten Generalkapitel zur Strafe je am sechsten Tage bei Wasser und Brot fasten, dann beim Kapitel um Verzeihung bitten und von diesem weiter bestraft werden. Tragen Prior, Subprior oder Cellarius die Schuld, so sollen sie abgesetzt werden und je am dritten Tage bei Wasser und Brot fasten. Keine der vielen vorhandenen heilsbronner Aufschreibungen meldet, daß ein heilsbronner Mönch sich eines Kriminalverbrechens im obigen Sinne schuldig gemacht habe und deßhalb bestraft worden sei. Wie streng man schon gegen Unachtsame und Unvorsichtige verfuhr, erhellt aus einigen Mittheilungen oben und aus einer heilsbronner Urkunde, welche Folgendes berichtet: Mit Genehmigung des Abts (Wegel) vertrieben sich einige Mönche die Zeit durch Schießübungen mit dem Blaserohr (recreationis causa emittebant per quandam cannam sive lignum concavum flatu oris certum globum sive lapillum ad metas signatas). Unter [594] den Schießgesellen waren auch einige Pfarrer (presbyteri seculares). Einer derselben lief unvorsichtigerweise in die Schußlinie, wurde von einer Blaserohrkugel getroffen und verlor dadurch das linke Auge. Nun sollte der Mönch Johann Korner, welcher die Kugel entsendet hatte, bestraft werden. Da man aber über Strafart und Strafmaß sich nicht einigen konnte, so bat man beim römischen Stuhl um Entscheidung. Papst Paul II. entschied in einer an den Probst zu Onolzbach gerichteten Bulle wie folgt: „Da Johannes Korner, unser geliebter Sohn, Mönch in Heilsbronn, den Pfarrer nicht vorsätzlich verwundet hat und den Vorfall innig bedauert, so absolviren wir ihn; doch sollen ihm Pönitenzen auferlegt werden. Datum Rome Id. Jun. anno 1470, pontificatus nostri sexto.



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