Benutzer Diskussion:Fw/Anthologie auf das Jahr 1782
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[II]
[III][IV]
[V]Unergründlicher Nimmersatt in der
ganzen Natur!
Mit unterthänigstem Hautschauern unterfange ich mich, deiner gefräßigen Majestät klappernde Phalanges zu küssen, und dieses Büchlein vor deinem dürren Kalkaneus in Demut niederzulegen. Meine Vorgänger haben immer die Weise gehabt ihre Sächlein und Päklein, dir gleichsam recht vorsezlich zum Aerger, hart an deiner Nase vorbei, ins Archiv der Ewigkeit transportiren zu lassen, und nicht gedacht, daß sie dir eben dadurch um so mehr das Maul darnach wässern machten, denn auch an dir wird das Sprüchwort nicht zum Lügner: Gestohlen Brod schmeckt gut. Nein! dediziren will ich dir’s lieber, so bin ich doch gewiß, daß du’s – weit weglegen werdest.
[VI] Doch Spaß beiseite! – Ich denke, wir zween kennen uns genauer, denn nur vom Hörensagen. Einverleibt dem äskulapischen Orden, dem Erstgebornen aus der Büchse der Pandora, der so alt ist als der Sündenfall, bin ich gestanden an deinem Altare, habe, wie der Sohn Hamilkars den sieben Hügeln, geschworen unsterbliche Fehde deiner Erbfeindin Natur, sie zu belagern mit Medikamenten Heereskraft, eine Wagenburg zu schlagen um die Stahlische Seele, aus dem Feld zu schlagen mit Sturm die Trozige die deine Sporteln schmälert, und deine Finanzen schwächt, und auf dem Wahlplaz des Archaeus hoch zu bäumen deine mitternächtliche Kreuzstandarte. – Dafür nun (denn eine Ehre ist werth der andern) wirst du mir auswürken den köstlichen Talisman, der mich mit heiler Haut und ganzer Wolle an Galgen und Rade vorübergeleitet –
Jusque datum sceleri –
Ey ja doch! Thue das goldiger Maezenas; denn siehst du, ich möchte doch nicht [VII] gern, daß mirs gienge wie meinen tollkühnen Kollegen und Vettern, die mit Stilet und Sakpuffer bewaffnet in finstern Hohlwegen Hof halten, oder im unterirrdischen Laboratorium das Wunderpolychrest mischen, das, wenns hübsch fleißig genommen wird, unsere politische Nasen, über kurz oder lang, mit Thronvakaturen und Staatsfiebern kizelt. – D’amiens und Ravaillac! – Hu! hu! hu! – Es ist ein gut Ding um gerade Glieder!
Ob du auch deinen Zahn auf Ostern und Michaelis gewezt hast? – Die grose Bücherepidemie in Leipzig und Frankfurt! – Juch heisa Dürrer! – wird ein königlich Fressen geben. Deine fertigen Mäkler, Völlerey und Brunst liefern dir ganze Frachten aus dem Jahrmarkt des Lebens. – Selbst der Ehrgeiz dein Großpapa, Krieg, Hunger, Feuer und Pest deine gewaltigen Jäger haben dir schon so manche fette Menschenklopfjagd gehalten – Geiz und Golddurst, deine mächtigen Kellermeister trinken dir ganze schwimmende Städte im [VIII] sprudelnden Kelch des Weltmeers zu. – Ich weiß in Europa eine Küche, wo man dir die raresten Gerichte mit Festtagsgepränge auf die Tafel gesezt hat – Und doch – wer hat dich je satt gesehen, oder über Indigestionen klagen gehört? – Eisern ist deine Verdauung; grundlos deine Gedärme!
Puh – Ich hätte dir noch so manches zu sagen, aber ich tummle mich, daß ich wegkomme – Du bist ein garstiger Schwager – Geh – Du machst dir Rechnung, höre ich, eine Generalcollazion zu erleben, wo dir Groß und Klein, Weltkugeln und Lexika, Philosophieen und Puzwerk in Rachen fliegen sollen – Guten Appetit, wenns so weit kommt! – Doch, Hungerwolf der du bist! siehe zu, daß du dich da nicht überessest, und deinen ganzen Fraß haarklein wiedergeben müssest, wie dir’s ein gewisser Athenienser, der dir gar nicht wohl will, prophezeyt hat.
[IX]
– Tum primum radiis gelidi incaluere Triones. –
Blumen in Sibirien? – Dahinter stekt eine Schelmerey, oder die Sonne muß Front gegen Mitternacht machen. – „Und doch – wenn ihr euch auf den Kopf stelltet! Es ist nicht anders; – Wir haben lange genug Zobel gefangen, laßt’s uns einmal auch mit Blumen versuchen. Sind nicht schon Europäer genug zu uns Stiefsöhnen der Sonne gekommen, und durch unsern hundertjährigen Schnee gewatet, irgend ein bescheidenes Blümchen zu pflücken? Schande unsern Ahnen – wir wollen sie selbst sammeln, und einen ganzen Korb [X] voll nach Europa frankiren. – Zertretet sie nicht, ihr Söhne des milderen Himmels!
Aber im Ernst zu reden – Das eiserne Gewicht des widrigen Vorurtheils, das schwer über dem Norden brütet, von der Stelle zu räumen, foderte einen stärkeren Hebel als den Enthusiasmus einiger wenigen, und auch ein festeres Hypomochlion als die Schultern von zween oder drey Patrioten. Doch wenn schon auch diese Anthologie euch lekerhafte Europäer, so wenig, als – wenn ich den Fall seze – unser Musenalmanach, den wir – wenn ich ja den Fall sezen wollte – hätten können geschrieben haben, mit uns Schneemännern versöhnen wird, so bleibt ihr doch mindestens das Verdienst, Hand in Hand mit ihren Kamerädinnen im weitentlegenen Teutschland dem ausröchelnden Geschmack den G’nikfang geben [XI] zu helfen, wie wir Tobolskianer zu sprechen belieben.
Wenn eure Homere im Schlaf reden, und eure Herkules Müken mit ihren Keulen erschlagen – Wenn jeder, der seinen bezahlten Schmerz in Leichenalexandriner auszutropfen versteht, das für eine Vokazion auf den Helikon auslegt – wird man uns Nordländern verdenken mitunter auch in den Leyerklang der Musen zu klimpern? – Eure Matadore wollen Silbergeld gemünzt haben, wenn sie ihr Brustbild auf elendes Meßing prägten; – und zu Tobolsko werden die Falschmünzer aufgehangen. Zwar möcht ihr oft auch bei uns Papiergeld statt rußischen Rubels finden, aber Krieg und theure Zeit entschuldigen alles.
So geh dann hin, Sibirische Anthologie – Geh – du wirst manchen Süßling beseeligen, [XII] wirst von ihm auf den Nachttisch seiner Herzeinzigen gelegt werden, und zum Dank ihre alabasterne Lilienschneehand seinem zärtlichen Kuß verrathen. – Geh – du wirst in den Assembleen und Stadtvisiten manchen gähnenden Schlund der Langenweile ausfüllen, und vielleicht eine Circassienne ablösen, die sich im Plazregen der Lästerung müde gestanden hat. – Geh – du wirst die Küche mancher Kritiker berathen; sie werden dein Licht fliehen, und sich gleich den Käuzlein in deinen Schatten zurükziehen. – Hu hu hu! – Schon hör ich das ohrzerfezende Geheule im unwirthbaren Forst, und hülle mich angstvoll in meinen Zobel.
[XIII]
Die Journalisten und Minos 1781. | Seite 1 |
Fantasie an Laura | 7 |
Bacchus im Triller | 12 |
An die Sonne | 16 |
Laura am Klavier | 19 |
Die Herrlichkeit der Schöpfung, eine Fantasie | 22 |
Elegie auf den Tod eines Jünglings | 26 |
Der wirthschaftliche Tod | 32 |
Roußeau | 33 |
An den Galgen zu schreiben | 37 |
Die seeligen Augenblike an Laura | 38 |
Spinoza | 41 |
Die Kindsmörderin | 42 |
Aufschrift einer Fürstengruft | 48 |
In einer Bataille von einem Offizier | 49 |
Grabschrift | 53 |
[XIV]
An die Parzen | Seite 54 |
Der Triumf der Liebe, eine Hymne | 58 |
Klopstock und Wieland (als ihre Silhouetten neben einander hiengen) | 68 |
Gespräch | 69 |
Vergleichung | 70 |
Die Rache der Musen, eine Anekdote vom Helikon | 72 |
Das Glück und die Weisheit | 76 |
Räzel | 77 |
An einen Moralisten, Fragment | 78 |
Grabschrift eines gewissen - Physiognomen | 81 |
Eine Leichenfantasie 1780 (in Musik zu haben beim Herausgeber) | 82 |
Aeschylus | 87 |
Der hypochondrische Pluto, Romanze | 88 |
Die Buße | 99 |
Aktäon | 100 |
Zuversicht der Unsterblichkeit | 100 |
Vorwurf an Laura | 101 |
Die Alten und Neuen | 105 |
Der einfältige Bauer | 106 |
Edgar an Psyche | 107 |
Sitten und Zeiten | 109 |
Ein Vater an seinen Sohn | 110 |
Die Meßiade | 111 |
Oßians Sonnengesang * aus dem Gedichte Karthon (in Musik zu haben beym Herausgeber) | 112 |
[XV]
In Fulda’s Wurzellexikon | Seite 114 |
Kastraten und Männer | 115 |
Doktor Pandolff | 122 |
An den Frühling | 123 |
Polizeyordnung | 124 |
Die alten und neuen Helden | 125 |
Unterschied der Zeiten | 125 |
Hymne an den Unendlichen | 126 |
Auf den Herrn R * | 127 |
Die Gröse der Welt | 128 |
Gegründete Furcht | 130 |
Passantenzettel am Thor der Höllen | 131 |
Meine Blumen | 132 |
Fluch eines Eifersüchtigen | 134 |
Das Geheimniß der Reminiszenz, an Laura | 137 |
Gruppe aus dem Tartarus | 147 |
Die Freundschaft, (aus den Briefen Julius an Raphael; einem noch ungedrukten Roman) | 148 |
An Fanny | 152 |
Gefühl am ersten Oktober 1781 | 156 |
Peter | 162 |
Der Wirtemberger | 162 |
An mein Täubchen | 163 |
Melancholie an Laura | 166 |
Die Pest, eine Fantasie | 173 |
Das Muttermahl | 174 |
[XVII]
Die Spinne und der Seidenwurm | Seite 175 |
Monument Moors des Räubers | 177 |
Auf Chloes Geburtstag den 4. Januar | 181 |
Morgenfantasie | 184 |
Lied eines abwesenden Bräutigams | 187 |
An Minna | 190 |
Der Unterschied | 193 |
Elisium, eine Kantate | 196 |
Quirl | 198 |
Semele, eine lyrische Operette von zwey Scenen | 199 |
Die Büchse der Pandora | 243 |
Die schlimmen Monarchen | 244 |
Graf Eberhard der Greiner von Wirtemberg | 251 |
Alte Jungfern | 257 |
An Gott | 258 |
Baurenständchen | 260 |
Der Satyr und meine Muse | 263 |
Die Winternacht | 268 |
Mir kam vor wenig Tagen
Wie? fragt mich eben nicht,
Vom Reich der ewgen Plagen
Die Zeitung zu Gesicht.
Wo noch kein Kopf zerbrach,
Dem Freykorps unsrer Pressen
Wie billig, wenig nach.
Doch eine Randgloß lokte
Denkt! wie das Blut mir stokte,
Als ich das Blatt begann:
„Seit zwanzig herben Jahren“
(Die Post, versteht sich, muß
Hieher vom Erebus)
„Verschmachteten wir Arme
„In bittrer Wassersnoth,
„Die Höll kam in Allarme
„Den Styx kann man durchwaten,
„Im Lethe krebset man,
„Freund Charon mag sich rathen,
„Im Schlamme liegt sein Kahn.
„Hinüber, jung und alt,
„Der Schiffer kommt vom Brode
„Und flucht die Hölle kalt.
„Fürst Minos schikt Spionen
„Die Teufel müssen frohnen,
„Ihm Kundschaft einzuziehn.
„Juhe! Nun ists am Tage!
„Erwischt das Räubernest!
„Komm Hölle komm zum Fest!
„Ein Schwarm Autoren spükte
„Um des Kozytus Rand,
„Ein Dintenfäßgen schmükte
„Hier schöpften sie, zum Wunder
„Wie Buben süssen Wein
„In Röhren von Hollunder,
„Den Strom in Tonnen ein.
„Die Schlingen über sie! –
„Man wird euch schön empfahen
„Kommt nur nach Sanssouci.
„Schon wittert sie der König,
„Und schnauzte drauf nicht wenig
„Die Delinquenten an.
„Aha! sieht man die Räuber?
„Weß Handwerks? Welches Lands?
„Da haben wir den Tanz!
„Schon hätt ich Lust gleichbalden
„Euch, wie ihr geht und steht,
„Bei’m Essen zu behalten,
„Doch schwör’ ichs hier bei’m Styxe,
„Den eure Brut bestahl!
„Euch Marder und euch Füchse
„Erwartet Schand und Qual!
„Spaziert zum Born der Krug!
„Was nur nach Dinten wittert
„Entgelte den Betrug!
„Herab mit ihren Daumen!
„Schon wässert ihm der Gaumen
„Nach einem solchen Schmaus.
„Wie zukten ihre Waden
„Vor dieses Bullen Zahn!
„Und Joli pakte an.
„Man schwört, daß noch der Stumpen
„Sich krampfigt eingedrukt,
„Den Lethe auszupumpen
Und nun, ihr guten Christen
Beherziget den Traum!
Fragt ihr nach Journalisten,
So sucht nur ihren Daum!
Wie Jauner ohne Ohr
Sich helfen mit Perüken, –
Probatum! Gut davor!
Meine Laura! Nenne mir den Wirbel
Der an Körper Körper mächtig reißt,
Nenne, meine Laura, mir den Zauber,
Der zum Geist monarchisch zwingt den Geist.
Ewgen Ringgangs um die Sonne fliehn,
Und gleich Kindern um die Mutter hüpfend
Bunte Zirkel um die Fürstin ziehn;
Durstig trinkt den goldnen Stralenregen
Trinkt aus ihrem Feuerkelch Erquikung
Wie die Glieder Geister vom Gehirn.
Sonnenstäubchen paart mit Sonnenstäubchen
Sich in trauter Harmonie,
Weltsysteme dauren nur durch sie.
Tilge sie vom Uhrwerk der Naturen –
Trümmernd auseinander springt das All,
In das Chaos donnern eure Welten,
Tilg die Göttinn aus der Geister Orden,
Sie erstarren in der Körper Tod,
Ohne Liebe kehrt kein Frühling wieder,
Ohne Liebe preißt kein Wesen Gott!
Purpurflammen auf die Wangen geußt,
Meinem Herzen raschern Schwung gebietet,
Fiebrisch wild mein Blut von hinnen reißt?
Aus den Schranken schwellen alle Sennen,
Körper will in Körper über stürzen,
Lodern Seelen in vereinter Glut;
Gleich allmächtig wie dort in der todten
Schöpfung ewgen Federtrieb,
Der empfindenden Natur die Lieb’.
Siehe Laura, Frölichkeit umarmet
Wilder Schmerzen Ueberschwung,
An der Hoffnung Liebesbrust erwarmet
Schwesterliche Wollust mildert
Düstrer Schwermuth Schauernacht,
Und entbunden von den goldnen Kindern,
Stralt das Auge Sonnenpracht.
Fürchterliche Sympathie?
Mit der Hölle bulen unsre Laster,
Mit dem Himmel grollen sie.
Um die Sünde flechten Schlangenwirbel
Um der Gröse Adlerflügel windet
Sich verräth’risch die Gefahr.
Mit dem Stolze pflegt der Sturz zu tändeln,
Um das Glük zu klammern sich der Neid,
Offnen Armes, Schwester Lüsternheit.
Mit der Liebe Flügel eilt die Zukunft
In die Arme der Vergangenheit,
Lange sucht der fliehende Saturnus
Einst – so hör ich das Orakel sprechen, –
Einsten hascht Saturn die Braut,
Weltenbrand wird Hochzeitfakel werden,
Wenn mit Ewigkeit die Zeit sich traut.
Laura, dann auch unsrer Liebe sich,
Die so lang als jener Brautnacht dauert,
Laura! Laura! freue dich!
Trille! Trille! blind und dumm,
Taub und dumm,
Trillt den saubern Kerl herum!
Manches Stük von altem Adel,
Vetter, übel kommst du weg,
Manchen Kopf mit Dampf gefüllet,
Manchen hast du umgetrillet,
Manchen klugen Kopf berülpet,
Umgewälzt in seinem Spek,
Manchen Hut krumm aufgesezet,
Manches Lamm in Wut gehezet,
Bäume, Heken, Häuser, Gassen,
Darum kommst du übel weg,
Darum wirst auch du getrillet,
Wirst auch du mit Dampf gefüllet,
Darum wirst auch du berülpet,
Umgewälzt in seinem Spek,
Darum kommst du übel weg.
Trille! Trille! blind und dumm,
Taub und dumm,
Siehst, wie du mit unsern Zungen,
Unserm Wiz bist umgesprungen,
Siehst du jezt du lokrer Specht?
Wie du uns am Sail gezwirbelt,
Daß uns Nacht ums Auge graußte,
Daß ’s uns in den Ohren saußte.
Lerns in deinem Käfigt recht;
Daß wir vor dem Ohrgebrümmel
Nimmer sahen Stok und Steine,
Knakten auf die lieben Beine.
Siehst du izt, du lokrer Specht?
Daß wir Gottes gelbe Sonne
Berge, Bäume, Thürme, Schlösser,
Angesehn für Schoppengläser,
Lernst du’s izt, du lokrer Specht?
Lern’s in deinem Käfigt recht.
Taub und dumm,
Trill den saubern Kerl herum!
Schwager, warst doch sonst voll Ränke,
Schwager, wo nun deine Schwänke,
Ausgepumpt sind deine Pfiffe,
Und zum Teufel sind die Kniffe!
Albern, wie ein Stuzer plaudern,
Wie ein Waschweib wirst du kaudern.
Nun so weist du’s – magst dich schämen,
Magst meintwegen Reißaus nehmen,
Dem Hollunken Amor rühmen,
Dran er soll Exempel nehmen.
Unser Wiz aus Glas gekerbet,
Wie der Bliz ist er zerscherbet;
Soll dich nicht der Triller treiben,
Laß die Narrenspossen bleiben!
Wüster Vogel! pake dich.
Preis dir, die du dorten heraufstrahlst, Tochter des Himmels!
Preis dem lieblichen Glanz
Deines Lächelns, der alles begrüsset und alles erfreuet!
Trüb in Schauern und Nacht
Lang dem lechzenden Blik:
Aber liebevoll stiegst du früh aus dem rosigen Schoose
Deiner Wolken empor,
Wektest uns auf die Morgenröthe; und freundlich
Ueber die Berg’ und verkündete deine süsse Hervorkunft.
Schnell begann nun das Graun
Sich zu wälzen dahin in ungeheuern Gebürgen.
Dann erschienest du selbst,
Ach! wie Liebende nun
Lange getrennt liebäugelt der Himmel zur Erden, und diese
Lächelt zum Liebling empor;
Und es küssen die Wolken am Saume der Höhe die Hügel;
Alle Fluren baden in deines Angesichts Abglanz
Sich; und es wirbelt der Chor
Des Gevögels aus der vergoldeten Grüne der Wälder
Freudenlieder hinauf;
Seelig die ganze Natur!
Und dieß alles o Sonn’! entquoll deiner himmlischen Liebe.
Vater der Heil’gen vergieb,
O vergieb mir, daß ich auf mein Angesicht falle
Aber nun schwebet sie fort im Zug der Purpurgewölke
Ueber der Könige Reich,
Ueber die unabsehbarn Wasser, über das Weltall:
Unter ihr werden zu Staub
Ach! die Erde ist selbst
Grabeshügel geworden. Sie aber bleibt in der Höhe,
Lächelt der Mörderin Zeit
Und erfüllet ihr groses Geschäft, erleuchtet die Sphären.
Herrlichstes Fürbild der Edeln! mit mildem freundlichem Blicke
Unsre Wohnung, bis einst
Vor dem Schelten des Ewigen sinken die Sterne
Und du selbsten erbleichst.
Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –
Laura, itzt zur Statue entgeistert,
Izt entkörpert steh ich da.
Du gebietest über Tod und Leben,
Seelen fordert Philadelphia; –
Ehrerbietig leiser rauschen
Dann die Lüfte, dir zu lauschen;
Hingeschmidet zum Gesang,
Einzuziehn die Wonnefülle,
Lauschende Naturen stille,
Zauberin! mit Tönen, wie
Mich mit Blicken, zwingst du sie.
Ein wollüstig Ungestüm,
Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln
Neugebohrne Serafim;
Wie des Chaos Riesenarm entronnen,
Funkend fuhren aus der Finsternuß,
Strömt der goldne Saitenguß.
Lieblich izt wie über bunten Kieseln
Silberhelle Fluten rieseln, –
Wie des Donners Orgelton,
Stürmend von hinnen izt wie sich von Felsen
Rauschende schäumende Gießbäche wälzen,
Holdes Gesäusel bald,
Wie durch den Espenwald
Buhlende Winde,
Schwerer nun und melankolisch düster
Wie durch todter Wüsten Schauernachtgeflüster,
Thränenwellen der Kozytus schleift.
Mädchen, sprich! Ich frage, gieb mir Kunde:
Stehst mit höhern Geistern du im Bunde?
Ists die Sprache, lüg mir nicht,
Von dem Auge weg der Schleyer!
Starre Riegel von dem Ohr!
Mädchen! Ha! schon athm’ ich freier,
Läutert mich ätherisch Feuer?
Neuer Geister Sonnensize
Winken durch zerrißner Himmel Rize –
Ueberm Grabe Morgenroth!
Weg, ihr Spötter, mit Insektenwize!
Vorüber war der Sturm, der Donner Rollen
Das hallende Gebirg hinein verschollen,
Geflohn die Dunkelheit;
In junger Schöne lächelten die Himmel wieder
Voll Zärtlichkeit.
Es lagen lustig da, die Auen und die Thale,
Aus Maigewölken von der Sonnen Strahle
Holdseelig angelacht:
Bewegten freudig sich im thauigen Crystalle
In funkelndlichter Pracht.
Und sieh! da hebt von Berg zu Berg sich prächtig ausgespannt
Ein Regenbogen über’s Land. –
Mein Auge trunken, als ich aufgehoben
Mich plözlich fühlte . . . . Heilig heil’ge Lüfte kamen
Und webten zärtlich mich, indessen über mir
Stolztragend über’s All den Ewigen daher
Und izt trieb ein Wind
Fort die Wolken, mich auf ihrem Zuge,
Unter mir wichen im Fluge
Schimmernde Königesstädte zurük,
Länderbeschattende Berge zurük,
Und das schönste Gemisch von blühenden Feldern,
Goldenen Saaten und grünenden Wäldern,
Himmel und Erde im lachenden Glanz
Da schweb ich nun in den saphirnen Höhen
Bald über’m unabsehlich weiten Meer;
Bald seh’ ich unter mir ein langes Klippenheer,
Izt grausenvolle Felsenwüsten stehen,
Und hier die Lichtesköniginn,
Auf rosichtgoldnen Wolken hingetragen,
Zu ihrer Himmelsruhe ziehn.
O welch Gesicht! Mein Lied! wie könntest du es sagen
Der Schöpfung ganze Pracht, die Herrlichkeit,
Die in dem Einsamen der dunkeln Ewigkeit
Der Allerhöchste ausgedacht,
Und sich zur Augenlust, und euch, o Menschen!
Lag vor mir da! . . . Und welche Melodien
Dringen herauf? welch unaussprechlicher Klang
Schlägt mein entzüktes Ohr? . . Der grose Lobgesang
Tönt auf der Laute der Natur! . . In Harmonien,
Den Herrn des Alls mein Geist!
Banges Stöhnen, wie vor’m nahen Sturme,
Hallet her vom öden Trauerhauß,
Todentöne fallen von des Münsters Thurme,
Einen Jüngling trägt man hier heraus:
In des Lebens Mai gepflükt,
Pochend mit der Jugend Nervenmarke
Mit der Flamme, die im Auge zükt;
Einen Sohn, die Wonne seiner Mutter,
Meinen Busenfreund, Ach! meinen Bruder –
Auf! was Mensch heißt, folge nach!
Prahlt ihr Fichten, die ihr hoch veraltet
Stürmen stehet und den Donner nekt?
Und ihr Himmel die ihr Sonnen hegt?
Prahlt der Greiß noch, der auf stolzen Werken
Wie auf Woogen zur Vollendung steigt?
Prahlt der Held noch, der auf aufgewälzten Thatenbergen
Wenn der Wurm schon naget in den Blüthen:
Wer ist Thor zu wähnen, daß er nie verdirbt?
Wer dort oben hofft noch und hienieden
Auszudauren – wenn der Jüngling stirbt?
Seine Tage hin im Rosenkleide
Und die Welt, die Welt war ihm so süß –
Und so freundlich, so bezaubernd winkte
Ihm die Zukunft, und so golden blinkte
Noch, als schon das Mutterauge thränte,
Unter ihm das Todtenreich schon gähnte,
Ueber ihm der Parzen Faden riß,
Erd und Himmel seinem Blik entsanken,
Ach die Welt ist Sterbenden so süß.
Stumm und taub ists in dem engen Hause
Tief der Schlummer der Begrabenen;
Bruder! Ach in ewig tiefer Pause
Oft erwärmt die Sonne deinen Hügel,
Ihre Glut empfindest du nicht mehr;
Seine Blumen wiegt des Westwinds Flügel,
Sein Gelispel hörest du nicht mehr;
Nie umhalsen deine Braut wirst du,
Nie, wenn unsre Thränen stromweis rollten, –
Ewig, ewig sinkt dein Auge zu.
Aber wohl dir! – köstlich ist dein Schlummer,
Mit der Freude stirbt hier auch der Kummer,
Röcheln auch der Menschen Qualen aus.
Ueber dir mag die Verläumdung geifern,
Die Verführung ihre Gifte spein,
Fromme Mordsucht dich der Hölle weihn,
Gauner durch Apostel Masken schielen
Und die Bastarttochter der Gerechtigkeit,
Wie mit Würfeln, so mit Menschen spielen,
Ueber dir mag auch Fortuna gaukeln,
Blind herum nach ihren Buhlen spähn,
Menschen bald auf schwanken Thronen schaukeln,
Bald herum in wüsten Pfüzen drehn;
Diesem komischtragischem Gewühl,
Dieser ungestümmen Glückeswelle,
Diesem possenhaften Lottospiel,
Diesem faulen fleißigen Gewimmel,
Bruder! – diesem teufelvollen Himmel
Schlos dein Auge sich auf ewig zu.
Fahr dann wohl, du Trauter unsrer Seele,
Eingewiegt von unsern Segnungen,
Schlummre ruhig bis auf Wiedersehn!
Bis auf diesen leichenvollen Hügeln
Die allmächtige Posaune klingt,
Und nach aufgerißnen Todesriegeln
Bis befruchtet von Jehovahs Hauche
Gräber kreisen – auf sein mächtig Dräun
In zerschmelzender Planeten Rauche
Nicht in Welten, wie die Weisen träumen,
Auch nicht in des Pöbels Paradiß,
Nicht in Himmeln, wie die Dichter reimen, –
Aber wir ereilen dich gewiß.
Daß noch jenseits ein Gedanke sey?
Daß die Tugend über’s Grab geleite?
Daß es mehr denn eitle Fantasey? – –
Schon enthüllt sind dir die Räthsel alle!
Wahrheit, die in tausendfachem Strale
Von des grosen Vaters Kelche fleußt –
Zieht dann hin, ihr schwarzen stummen Träger!
Tischt auch den dem grosen Würger auf!
Thürmet auf ihm Staub auf Staub zu Hauf.
Wo der Mensch der Gottes Rathschluß prüfte?
Wo das Aug den Abgrund durchzuschaun?
Heilig! Heilig! Heilig! Bist du Gott der Grüfte,
Erde mag zurük in Erde stäuben,
Fliegt der Geist doch aus dem morschen Hauß!
Seine Asche mag der Sturmwind treiben,
Seine Liebe dauert ewig aus!
Will denn Markolf der Doktor ewig leben?
Was säumt der Tod ihm seinen Rest zu geben?
Gemach! ihm fällt Aesopus Fabel bei
Vom goldnen Ey.
Monument von unsrer Zeiten Schande!
Ew’ge Schandschrift deiner Mutterlande!
Roußeaus Grab! Gegrüßet seyst du mir.
Fried und Ruh den Trümmern deines Lebens!
Fried und Ruhe fandst du hier.
Kaum ein Grabmal ist ihm überblieben,
Den von Reich zu Reich der Neid getrieben,
Frommer Eifer umgestrudelt hat.
Wem’s gebühr’ ihn pralend Sohn zu grüßen,
Fand im Leben keine Vaterstadt.
Und wer sind sie die den Weisen richten?
Geisterschlaken die zur Tiefe flüchten
Abgesplittert von dem Schöpfungswerke
Gegen Riesen Roußeau kind’sche[1] Zwerge,
Denen nie Prometheus Feuer blies.
Brüken vom Instinkte zum Gedanken,
Wo schon gröbre Lüfte wehn.
In die Kluft der Wesen eingekeilet,
Wo der Affe aus dem Thierreich geilet,
Und die Menschheit anhebt abzustehn.
Standest du am Ufer der Garonne
Meteorisch für Franzosenhirn.
Schwelgerei und Hunger brüten Seuchen,
Tollheit raßt mavortisch in den Reichen
Deine Parze – hat sie gar geträumet?
Hat in Fieberhize sie gereimet
Die dich an der Seine Strand gesäugt?
Ha! schon seh ich unsre Enkel staunen,
Aus Franzosengräbern – Roußeau steigt!
Wann wird doch die alte Wunde narben?
Einst wars finster – und die Weisen starben,
Nun ists lichter, – und der Weise stirbt.
Roußeau leidet – Roußeau fällt durch Christen,
Roußeau – der aus Christen Menschen wirbt.
Ha! mit Jubel die sich feurig gießen
Sey Religion von mir gepriesen,
Welten werden durch dich zu Geschwistern,
Und der Liebe sanfte Odem flistern
Um die Fluren die dein Flug begrüßt.
Aber wehe – Basiliskenpfeile
Deiner Stimme sanfte Melodien
Menschen bluten unter deinem Zahne,
Wenn verderbengeifernde Imane
Zur Erennys dich verziehn.
Seit das Weib den Himmelsohn gebare,
(Kroniker vergeßt es nie)
Hier erfanden schlauere Perille
Ein noch musikalischer Gebrülle,
Mag es Roußeau! mag das Ungeheuer
Vorurtheil, ein thürmendes Gemäuer
Gegen kühne Reformanten stehn,
Nacht und Dummheit boshaft sich versammeln,
Himmelstürmend dir entgegen gehn.
Mag die hundertrachigte Hyäne
Eigennuz die gelben Zackenzähne
Hungerglühend in die Armuth haun,
Thurmumrammelt gegen Jammertöne,
Goldne Schlösser auf Ruinen baun.
Geh du Opfer dieses Trillingsdrachen,
Hüpfe freudig in den Todesnachen,
Geh erzähl dort in der Geister Kraise
Diesen Traum vom Krieg der Frösch’ und Mäuse,
Dieses Lebens Jahrmarktsdudelei.
Nicht für diese Welt warst du – zu bider
Roußeau doch du warst ein Christ.
Mag der Wahnwiz diese Erde gängeln!
Geh du heim zu deinen Brüdern Engeln,
Denen du entlaufen bist.
Wer zu mir kömmt passirt durch manche Grade,
Venus, Merkur, und – Fürstengnade.
Laura, über diese Welt zu flüchten
Wähn ich – mich in Himmelmaienglanz zu lichten
Wenn dein Blik in meine Blike flimmt,
Aetherlüfte träum’ ich einzusaugen,
Himmelblauem Spiegel schwimmt; –
Leyerklang aus Paradises Fernen,
Harfenschwung aus angenehmern Sternen
Ras’ ich in mein trunken Ohr zu ziehn,
Wenn von deinem wollustheißem Munde
Silbertöne ungern fliehn; –
Amoretten seh ich Flügel schwingen,
Hinter dir die trunknen Fichten springen
Rascher rollen um mich her die Pole,
Wenn im Wirbeltanze deine Sole
Flüchtig wie die Welle schwebt; –
Deine Blike – wenn sie Liebe lächeln,
Felsenadern Pulse leihn,
Träume werden um mich her zu Wesen,
Kann ich nur in deinen Augen lesen:
Laura, Laura mein! –
Zwei Gestirn, in Körper Körper wachsen,
Mund an Mund gewurzelt brennt,
Wollustfunken aus den Augen regnen,
Seelen wie entbunden sich begegnen
Qualentzüken – – Paradisesschmerzen! – –
Wilder flutet zum beklommnen Herzen,
Wie Gewapnete zur Schlacht, das Blut,
Die Natur, der Endlichkeit vergessen,
Schwindelt ob der acherontschen Flut.
Eine Pause drohet hier den Sinnen
Schwarzes Dunkel jagt den Tag von hinnen,
Nacht verschlingt den Quell des Lichts –
Stirbt . . . allmälig . . in den trunknen . . . Ohren . . .
Und die Welt ist . . . . Nichts . . . .
Ach, vielleicht verpraßte tausend Monde
Laura, die Elisiumssekunde,
Weggewirbelt von der Todeswonne,
Landen wir an einer andern Sonne,
Laura! und es war ein Traum.
O daß doch der Flügel Chronos harrte,
Wie ein Marmorbild – – die Zeit!
Aber ach! ins Meer des Todes jagen
Wellen Wellen – über dieser Wonne schlagen
Schon die Strudel der Vergessenheit.
Hier ligt ein Eichbaum umgerissen,
Sein Wipfel thät die Wolken küssen,
Er ligt am Grund – warum?
Die Bauren hatten, hör ich reden,
Und rissen ihn deßwegen um.
Horch – die Gloken weinen dumpf zusammen,
Und der Zeiger hat vollbracht den Lauf,
Nun, so sey’s denn! – Nun, in Gottes Namen!
Grabgefährten brecht zum Richtplaz auf.
Diese Thränen nimm o Welt noch hin.
Deine Gifte – o sie schmekten süße! –
Wir sind quitt du Herzvergifterin.
Fahret wohl ihr Freuden dieser Sonne
Fahre wohl du Rosenzeit voll Wonne,
Die so oft das Mädchen lustberauscht;
Fahret wohl ihr goldgewebten Träume,
Paradiseskinder Fantasie’n! –
Ewig nimmer an das Licht zu blühn.
Schön geschmükt mit rosenrothen Schlaifen
Dekte mich der Unschuld Schwanenkleid,
In der blonden Loken loses Schweifen
Wehe! – Die Geopferte der Hölle
Schmükt noch izt das weißlichte Gewand,
Aber ach! – der Rosenschlaifen Stelle
Nahm ein schwarzes Todenband.
Denen noch der Unschuld Liljen blühn,
Denen zu dem weichen Busenwallen
Heldenstärke die Natur verliehn!
Wehe! menschlich hat diß Herz empfunden! –
Weh! vom Arm des falschen Manns umwunden
Schlief Louisens Tugend ein.
Ach vielleicht umflattert eine andre
Mein vergessen dieses Schlangenherz,
An dem Puztisch in verliebten Scherz?
Spielt vielleicht mit seines Mädchens Loke?
Schlingt den Kuß, den sie entgegenbringt?
Wenn versprizt auf diesem Todesbloke
Joseph! Joseph! auf entfernte Meilen
Folge dir Louisens Todenchor,
Und des Glokenthurmes dumpfes Heulen
Schlage schröklichmahnend an dein Ohr –
Dir der Liebe sanft Gelispel quillt,
Bohr es plözlich eine Höllenwunde
In der Wollust Rosenbild!
Ha Verräther! Nicht Louisens Schmerzen?
Nicht des Weibes Schande harter Mann?
Nicht was Löw’ und Tiger milden kann?
Seine Seegel fliegen stolz vom Lande,
Meine Augen zittern dunkel nach,
Winselt er sein falsches Ach! – –
Und das Kindlein – in der Mutter Schoose
Lag es da in süßer goldner Ruh,
In dem Reiz der jungen Morgenrose
Tödlichlieblich sprang aus allen Zügen
Des geliebten Schelmen Konterfey;
Den beklommnen Mutterbusen wiegen
Liebe und – Verrätherey.
Seiner Unschuld stumme Donnersprach,
Weib, wo ist dein Gatte? hallte
Jeder Winkel meines Herzens nach –
Weh, umsonst wirst Waise du ihn suchen,
Wirst der Stunde unsrer Wollust fluchen,
Wenn dich einst der Name Bastard schwärzt.
Deine Mutter – o im Busen Hölle! –
Einsam sizt sie in dem All der Welt,
Die dein Anblik fürchterlich vergällt,
Ach, in jedem Laut von dir erwachet,
Todter Wonne Qualerinnerung,
Jeder deiner holden Blike fachet
Hölle, Hölle wo ich dich vermiße,
Hölle wo mein Auge dich erblikt,
Eumenidenruthen deine Küße,
Die von seinen Lippen mich entzükt,
Ewig, ewig würgt sein Meineid fort,
Ewig – hier umstrikte mich die Hyder; –
Und vollendet war der Mord –
Joseph! Joseph! auf entfernte Meilen
Mög mit kalten Armen dich ereilen,
Donnre dich aus Wonneträumen wach,
Im Geflimmer sanfter Sterne zuke
Dir des Kindes grasser Sterbeblik,
Geißle dich vom Paradiß zurük.
Seht! da lag es – lag im warmen Blute,
Das noch kurz im Mutterherzen sprang,
Hingemezelt mit Erinnysmuthe,
Schröklich pocht schon des Gerichtes Bote,
Schröklicher mein Herz!
Freudig eilt’ ich in dem kalten Tode
Auszulöschen meinen Flammenschmerz.
Dir verzeiht die Sünderin.
Meinen Groll will ich der Erde weihen,
Schlage Flamme durch den Holzstoß hin –
Glüklich! Glüklich! Seine Briefe lodern,
Seine Küße! – wie sie hochan flodern! –
Was auf Erden war mir einst so theu’r?
Trauet nicht den Rosen eurer Jugend,
Trauet, Schwestern, Männerschwüren nie!
Auf der Richtstatt hier verfluch ich sie! –
Zähren? Zähren in des Würgers Bliken?
Schnell die Binde um mein Angesicht!
Henker kannst du keine Lilje kniken?
Zurük! Hier ruhn die Erdenriesen,
Fern von dem Volk in ihrer Gruft –
Um mit dem Volk nicht auferstehn zu müssen,
Wenn einstens die Trompete ruft.
Schwer und dumpfig
Eine Wetterwolke
Durch die grüne Ebne schwankt der Marsch.
Zum wilden eisernen Würfelspiel
Blicke kriechen niederwärts,
An die Rippen pocht das Männerherz,
Vorüber an holen Todengesichtern
Niederjagt die Front der Major,
Und Regimenter fesselt das starre Kommando.
Lautlos steht die Front.
Prächtig im glüenden Morgenroth
Was blizt dorther vom Gebürge?
Wir sehn des Feindes Fahnen wehn,
Gott mit euch Weib und Kinder.
Lustig! hört ihr den Gesang?
Trommelwirbel, Pfeiffenklang
Wie braußt es fort im schönen wilden Takt!
Und braußt durch Mark und Bein.
Gott befohlen Brüder!
In einer andern Welt wieder.
Dumpf brüllt der Donner schon dort
Die Wimper zukt, hier kracht er laut,
Die Losung braußt von Heer zu Heer,
Laß brausen in Gottes Namen fort,
Der Tod ist los – schon woogt sich der Kampf
Eisern im wolkigten Pulverdampf
Eisern fallen die Würffel.
Nah umarmen die Heere sich,
Auf die Kniee geworfen
Feur’n die Vordern, viele stehen nicht mehr auf,
Lücken reißt die streifende Kartetsche,
Auf Vormanns Rumpfe springt der Hintermann,
Bataillone niederwälzt der Tod.
Die Sonn löscht aus – heiß brennt die Schlacht,
Schwarz brütet auf dem Heer die Nacht.
Gott befohlen Brüder!
Hoch sprizt an den Nacken das Blut,
Lebende wechseln mit Toden, der Fuß
Strauchelt über den Leichnamen –
„Und auch du, Franz?“ – „„Grüße mein Lottchen Freund;““
„Grüßen will ich“ – Gott! Kameraden! seht
Hinter uns wie die Kartetsche springt!
„Grüßen will ich dein Lottchen, Freund
„Schlummre sanft! wo die Kanone sich
Hieher, dorthin schwankt die Schlacht,
Finstrer brütet auf dem Heer die Nacht,
Gott befohlen Brüder!
In einer andern Welt wieder!
Die Adjutanten fliegen:
Dragoner rasseln in den Feind
Und seine Donner ruhen.
Victoria Brüder,
Und seine Fahne sinkt.
Entschieden ist die scharfe Schlacht,
Der Tag blikt siegend durch die Nacht!
Horch! Trommelwirbel, Pfeiffenklang
Lebt wohl ihr gebliebenen Brüder
In einer andern Welt wieder.
Hier liegt ein Mann, er starb zu früh
Für alle guten Christen;
Für Todengräber starb er spät
Zu spät für – Journalisten.
Nicht ins Gewühl der rauschenden Redouten,
Wo Stuzerwiz sich wunderherrlich spreißt,
Und leichter als das Nez der fliegenden Bajouten,
Die Tugend junger Schönen reißt; –
Wovor die Eitelkeit, als ihrem Gözen, kniet,
Und oft in wärmere Gebete,
Als zu dem Himmel selbst entglüht;
Nicht hinter der Gardinen listgen Schleyer
Und Herzen, kalt im Sonnenfeuer,
In glüende Begierden wiegt,
Wo wir die Weisheit schaamroth überraschen,
Die kühnlich Föbus Stralen trinkt,
Und Plato von den Sfären sinkt –
Zu dir – zu dir, du einsames Geschwister,
Euch Töchtern des Geschickes, flieht
Bey meiner Laute leiserem Geflister
Ihr einzigen für die noch kein Sonnet gegirret,
Um deren Geld kein Wucherer noch warb,
Kein Stuzer noch Klagarien geschwirret,
Kein Schäfer noch arkadisch starb.
Durch weiche Finger sorgsam treibt,
Bis unterm Klang der Scheere sich vergebens
Die zarte Spinnewebe sträubt.
Daß du auch mir den Lebensfaden spinntest,
Daß du noch nicht den jungen Faden trenntest,
Nimm Lachesis diß Blumenband.
Oft hast du Dornen an den Faden
Noch öfter Rosen dran gereiht.
Sey Klotho dir diß Lied geweiht;
Oft haben stürmende Affekte
Den weichen Zwirn herumgezerrt,
Oft riesenmäßige Projekte
Oft in wollüstig süser Stunde
War mir der Faden fast zu fein,
Noch öfter an der Schwermut Schauerschlunde
Mußt’ er zu fest gesponnen seyn:
Bitt ich dir izt mit Thränen ab,
Nun soll mir auch fortan genügen
Was mir die weise Klotho gab.
Nur laß an Rosen nie die Scheere klirren
Laß wenn du willst die Todenscheere klirren
Wenn du diß eine nur erfüllst.
Wenn Göttin izt an Laurens Mund beschworen
Mein Geist aus seiner Hülse springt,
Mein junges Leben schwindelnd hängt,
Laß ins Unendliche den Faden wallen,
Er wallet durch ein Paradis,
Dann, Göttinn, laß die böse Scheere fallen!
Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich!
Liebe macht den Himmel
Zu dem Himmelreich.
Einstens hinter Pyrrhas Rüken,
Stimmen Dichter ein,
Sprang die Welt aus Felsenstüken,
Stein und Felsen ihre Herzen
Ihre Seelen Nacht,
Von des Himmels Flammenkerzen
Nie in Glut gefacht.
Banden junge Amoretten
Ihre Seelen nie –
Noch mit Liedern ihren Busen
Huben nicht die weichen Musen
Ach! noch wanden keine Kränze
Liebende sich um!
Traurig flüchteten die Lenze
Nach Elisium.
Aus dem Schoos Ozeanus.
Ungeküsset sank die Sonne
In die Arme Hesperus.
Wild umirrten sie die Hayne,
Trugen eisern Joch.
Sehnend an der Sternenbühne
Suchte die geheime Thräne
Keine Götter noch.
[60]
Die Himmelstochter sanft und mild,
Getragen von Najaden
Zu trunkenen Gestaden.
Ein jugendlicher Mayenschwung
Auf das allmächtge Werde
Luft, Himmel, Meer, und Erde.
Schon schmilzt der wütende Orkan,
(Einst züchtigt’ er den Ozean
In lispelndes Gesäusel.
Des holden Tages Auge lacht
In düstrer Wälder Winternacht,
Balsamische Narzissen
Schon flötete die Nachtigall
Den ersten Sang der Liebe.
Schon murmelte der Quellen Fall
In weiche Busen Liebe.
Es schmilzt! es glüht dein Marmor schon!
Gott Amor Ueberwinder!
Glükseeliger Deukalion,
Wie hüpfen deine Felsen schon!
Glükseeliger Deukalion,
Umarme deine Kinder!
Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
[62]
Unter goldnem Nektarschaum
Ewig Lustgelage
Fliehn der Götter Tage.
Prächtig spricht Chronions Donnerhorn,
Der Olympus schwankt erschroken
Sfärenwirbeln gibt sein Athem Sporn,
Göttern läßt er seine Throne,
Niedert sich zum Erdensohne,
Seufzt arkadisch durch den Hayn,
Schläft, gewiegt von Ledas Küssen,
Schläft der Riesentöder ein.
Majestätsche Sonnenrosse
Durch des Lichtes weiten Raum
Völker stürzt sein rasselndes Geschosse
Seine weissen Sonnenrosse,
Seine rasselnden Geschosse
Unter Lieb und Harmonie
Zitternd vor der Götterfürstin
Krümmen sich die Götter, dürsten
Nach der Gnade goldnem Thau.
Sonnenglanz ist ihre Schminke
Stolz vor ihrem Wagen prahlt der Pfau.
Schöne Fürstin! ach die Liebe
Zittert mit dem süßen Triebe
Deiner Majestät zu nahn.
Geister kann ihr Wink verneinen,
Herzen weißt sie nicht zu fahn.
Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Liebe sonnt das Reich der Nacht,
Ist der Orkus unterthänig,
Freundlich schmollt der schwarze König
Wenn ihm Zeres Tochter lacht;
Liebe sonnt das Reich der Nacht.
Und den wilden Beller zwangen
Deine Lieder, Thrazier –
Minos, Thränen im Gesichte,
Mildete die Qualgerichte,
Küßten sich die wilden Schlangen,
Keine Geissel klatschte mehr,
Aufgejagt von Orfeus Leyer
Flog von Tityon der Geyer
Lethe und Kozytus, lauschten
Deinen Liedern Thrazier,
Liebe sangst du Thrazier.
Seelig durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Düftet ihre Blumenspur,
Weht ihr goldner Flügel.
Winkte mir vom Mondenlicht
Afroditens Auge nicht
Lächelte vom Sternenmeer
Nicht die Göttin zu mir her,
Wehte nicht ihr Flügel
In des Frühlings Balsamhauch
Nicht im Kuß der Weste,
Stern, und Sonn und Mondenlicht,
Frühling, Rosen, Weste nicht
Lüden mich zum Feste.
Aus dem Auge der Natur
Wie aus ihrem Spiegel!
Liebe rauscht der Silberbach,
Liebe lehrt ihn sanfter wallen;
Klagenreicher Nachtigallen,
Unnachahmliches Gefühl
In der Saiten Wonnespiel
Wenn sie Laura! hallen.
Auf der Laute der Natur.
Weisheit mit dem Sonnenblik,
Große Göttin tritt zurük,
Weiche vor der Liebe.
Beugtest du ein Sklavenknie
Beug es izt der Liebe.
Wer die steile Sternenbahn
Gieng dir Heldenkühn voran
Wer zerriß das Heiligthum
Zeigte dir Elisium
Durch des Grabes Rize?
Lokte sie uns nicht hinein,
Suchten auch die Geister
Ohne sie den Meister?
Liebe Liebe leitet nur
Zu dem Vater der Natur
Seelig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Zu dem Himmelreich.
Gewiß! bin ich nur überm Strome drüben,
Gewiß will ich den Mann zur Rechten lieben,
Dann erst schrieb dieser Mann für mich.
Für Menschen hat der linke Mann geschrieben,
Komm linker Mann! Ich küsse dich.
Herr Doktor Sänftel, hör ich sagen,
Ist euch noch frisch und ganz
Wenn zu Paris gar herben Tanz
Und hat doch ’n Churfürsten todgschlagen?
Das macht, er hat euch ’n Diplom
Das thät jener nicht haben.
Kauft sich das auch in Schwaben?
Frau Ramlerin befiehlt ich soll sie wem vergleichen,
Ich sinne nach und weiß nicht wem und wie.
Nichts unterm Mond will mir ein Bildniß reichen,
Wohl! mit dem Mond vergleich ich sie.
Thut auf gestohlen Brod sich wunderviel zu gut.
Auch sie gewohnt ihr Nachtgesicht zu malen
Und kokettirt mit einer Büchse Blut.
Der Mond – und das mag ihm Herodes danken!
Frau Ramlerin verzehrt bei Tag die Franken,
Die sie zu Nachtzeit eingebracht.
Der Mond schwillt an und wird dann wieder mager,
Wenn eben halt ein Monat über ist;
Doch, sagt man, braucht sie längre Frist!
Der Mond prunkirt auf sein paar Silberhörner,
Und dieses macht er schlecht,
Sie sieht sie an Herrn Ramler gerner,
Weinend kamen einst die Neune
Zu dem Liedergott.
„Hör Papachen, rief die kleine,
Wie man uns bedroht!
Um den Helikon.
Rauffen sich, handthieren, lermen
Bis zu deinem Thron.
Galoppiren auf dem Springer,
Nennen sich gar hohe Sänger
Barden ein’ge, denk!
Wollen uns – wie garstig! – nöthen,
Ey! die Grobian!
Nicht erzählen kann;
Einer brüllt heraus vor allen,
Schrei’t: Ich führ das Heer!
Schlägt mit beiden Fäust und Ballen
Pfeift wohl gar – wie ungeschliffen!
Andre Schläfer wach.
Zweimal hat er schon gepfiffen,
Doch kommt keiner nach.
Da sey Zevs dafür!
Vater, liebst du Sang und Lieder,
Weis’ ihm doch die Thür!“
Vater Föbus hört mit Lachen
„Wollens kurz mit ihnen machen,
Kinder zittert nicht!
Eine muß ins höllsche Feuer,
Geh Melpomene!
Einer Furie.
Sie begegn’ in dem Gewande
Als wär sie verirrt
Einem dieser Jaunerbande
Mögen dann in finstern Küssen
An dem artgen Kind
Ihre wilden Lüste büßen,
Wie sie würdig sind.“
War schon aufgeschmükt,
Man erzählt, die Herren hätten
Kaum den Raub erblickt,
Wären wie die Gey’r auf Tauben
Etwas will ich daran glauben,
Alles glaub ich nie.
Waren hübsche Jungens drunter,
Wie geriethen sie,
In die Kompagnie?
Die Göttinn abortirt hernach:
Kam ’raus ein neuer – Allmanach.
Entzweit mit einem Favoriten,
Flog einst Fortun’ der Weisheit zu.
„Ich will dir meine Schäze bieten,
„Sei meine Freundinn du!
„In seinen Schoos, so mütterlich!
„Und sieh! Er fodert drum nicht minder,
„Und nennt noch geizig mich.
„Komm Schwester laß uns Freundschaft schliessen,
„In deinen Schoos will ich sie giessen,
„Auf, folge mir! – Du hast genug.“
Die Weisheit läßt die Schaufel sinken
Und wischt den Schweiß vom Angesicht.
„Versöhnet euch – ich brauch dich nicht.“
Ich weis ein Ding – für Götter
Ists nicht gemacht – für Engel
Ists überley – für Thiere
Unbrauchbar; unentbehrlich
Und wandelt unter Menschen,
Und lacht und weint mit ihnen,
Und liebt so sehr die Menschen:
Es heißt – Religion.
Betagter Renegat der lächelnden Dione!
Du lehrst, daß Lieben Tändeln sey,
Blikst von des Alters Winterwolkenthrone
Und schmälest auf den goldnen May.
Für eine warme Welt – taugt ein erfrorner Sinn?
Die Armuth ist, nach dem Aesop, der Schäze
Verdächtige Verächterin.
Einst als du noch das Nymfenvolk bekriegtest,
Ein Himmelreich in beiden Armen wiegtest,
Und Nektarduft von Mädchenlippen zogst?
Ha Seladon! wenn damals aus den Achsen
Gewichen wär so Erd als Sonnenball,
Du hättest überhört den Fall.
Und wenn nach manchen fehlgesprengten Minen
Ihr eignes Blut, von wilder Lust geglüht,
Die stolze Tugend deiner Schönen
Wie? oder wenn romantisch im Gehölze
Ein leiser Laut zu deinen Ohren drang,
Und in der Wellen silbernem Gewälze
Ein Mädchen Sammetglieder schwang?
Aufrührerisch das scharfgejagte Blut!
Zukt jede Senn – und jeder Muskel pochte
Wollüstig in die Flut!
Wenn dann gewahr des Diebs, der sie belauschte,
Ins blaue Bett die Schöne niederrauschte,
Und hintennach mein strenger Zeno – schwamm.
Ja hintennach – und sey’s auch nur zu baden!
Mit Rok und Kamisol und Strumpf –
– – – – – – – – – –
– – – – – – – – – –
Der Grazien Triumf!
O denk zurük nach Deinen Rosentagen,
Und lerne, die Philosophie
Schlägt um, wie unsre Pulse anders schlagen,
Wohl! wenn ins Eis des klügelnden Verstandes
Das warme Blut ein bischen muntrer springt!
Laß den Bewohnern eines bessern Landes
Was ewig nie dem Erdensohn gelingt.
[81]
Den gottgebornen Geist in Sklavenmauren ein –
Er wehrt mir, daß ich Engel werde;
Ich will ihm folgen Mensch zu seyn.
Weß Geistes Kind im Kopf gesessen,
Konnt’ er auf jeder Nase lesen:
Und doch – daß er es nicht gewesen,
Den Gott zu diesem Werk erlesen,
Mit erstorbnem Scheinen
Steht der Mond auf todenstillen Haynen,
Seufzend streicht der Nachtgeist durch die Luft –
Nebelwolken schauern,
Bleich herab, wie Lampen in der Gruft.
Gleich Gespenstern, stumm und hohl und hager
Zieht in schwarzem Todenpompe dort
Ein Gewimmel nach dem Leichenlager
Zitternd an der Krüke
Wer mit düstern rükgesunknem Blike
Ausgegossen in ein heulend Ach,
Schwer genekt vom eisernen Geschike
Floß es, Vater, von des Jünglings Lippe?
Nasse Schauer schauern fürchterlich
Durch sein gramgeschmolzenes Gerippe,
Seine Silberhaare bäumen sich. –
Durch die Seele Höllenschmerz!
Vater floß es von des Jünglings Munde,
Sohn gelispelt hat das Vaterherz.
Eißkalt, eißkalt liegt er hier im Tuche,
Süß und golden Vater dir zum Fluche!
Eißkalt, eißkalt liegt er hier im Tuche!
Deine Wonne und dein Paradis. –
Mild, wie umweht von Elisiumslüften,
Himmlisch umgürtet mit rosigten Düften,
Florens Sohn über das Blumenfeld hüpft,
Flog er einher auf den lachenden Wiesen
Nachgespiegelt von silberner Flut,
Jagten die Mädchen in liebende Glut.
Mutig sprang er im Gewüle der Menschen,
Wie auf Gebirgen ein jugendlich Reh,
Himmelum flog er in schweifenden Wünschen,
Stolz wie die Rosse sich sträuben und schäumen,
Werfen im Sturme die Mähnen umher,
Königlich wider den Zügel sich bäumen,
Trat er vor Sklaven und Fürsten daher.
Floh ihm vorüber in Hesperus Glanz,
Klagen ertränkt’ er im Golde der Reben,
Schmerzen verhüpft’ er im wirbelnden Tanz.
Welten schliefen im herrlichen Jungen,
Freue dich Vater! – im herrlichen Jungen
Wenn einst die schlafenden Keime gereift.
Nein doch Vater – Horch! die Kirchhofthüre brauset,
Und die eh’rnen Angel klirren auf –
Nein doch laß den Thränen ihren Lauf. –
Geh du holder, geh im Pfad der Sonne
Freudig weiter der Vollendung zu,
Lösche nun den edeln Durst nach Wonne
Wiedersehen – himmlischer Gedanke! –
Wiedersehen dort an Edens Thor!
Horch! der Sarg versinkt mit dumpfigem Geschwanke,
Wimmernd schnurrt das Todenseil empor!
Lippen schwiegen, und das Auge sprach –
Haltet! haltet! da wir boshaft grollten –
Aber Thränen stürzten wärmer nach – –
Mit erstorbnem Scheinen
Seufzend streicht der Nachtgeist durch die Luft.
Nebelwolken schauern,
Sterne trauern
Bleich herab wie Lampen in der Gruft.
O um Erdballs Schäze nur noch einen Blik!
Starr und ewig schließt des Grabes Riegel,
Dumpfer – dumpfer schollerts über’m Sarg zum Hügel,
Nimmer gibt das Grab zurük.
In Griechenland sind, wie die Sagen gehn,
Bei Aeschylus Tragödien
Die schwangern Weiber – welche Scene!
Entbunden worden auf der Bühne.
Schrieb dieser Kezer wieder,
Izt kämen gar – die Jungfern nieder.
Der grobe Schulz im Tartarus,
Marks Pluto zubenamset,
Der mit Abschied und Morgengruß,
Monarchisch in dem Erebus,
Verlor zum Fluchen seine Brust,
Und fast zum Peitschen den Gelust.
Sein Vita sedentaria
Auf seinem eh’rnem Sessel
Und hin und her und dort und da
Stach’s ihn wie Salz und Nessel,
Das heiße Wetter obendrein
Kocht sein Geblüt zu Sulzen ein.
Vom Flegeton geschöpfet,
Und durch Skarifikazion,
Blutigel, Venäsekzion
Viel Blut ihm abgezäpfet.
Auch offner Leib effektuirt.
Sein Leibarzt, ein studirter Herr
Mit knotigter Perüke,
Argumentirte ohn Beschwer
Wo’s Ihro Gnaden spüke:
„Gestrenger Schulz im Tartarus
Sind Hämorrhoidarius!“
„„Und Er ist mir ein dummer Tropf
Ein Mann wie ich – wo steht sein Kopf?
Ein junger Mann noch, Sauertopf!
Im Frühling meiner Jahre!
Komm er mir mit Latwergen nicht.
Wol oder übel – wollt’ ers nicht
Mit Ihr Gestreng verderben,
(Weh dem der Fürstengunst zerbricht!
Husch! fleischen ihm ins Angesicht
Er schweigt wohlweislich – weil er muß,
Das lernte sich – beim Zerberus.
„Apolln den himmlischen Barbier
Soll man herunter holen!“
Vorbei am Mond ein Luftkourier
Vorüber an den Polen;
Punkt vier Uhr flog mit ihm der Rapp,
Schlag fünf Uhr stieg er droben ab.
Gar ein Sonnet gedichtet?
O pfuy doch! Nein! bei Mamsell Jo
(Zum mindsten schwazt die Muse so)
Hebammendienst verrichtet.
Ward Vatern Zevs fürs Hauß gelegt.
Der Gott durchlas den Höllenbrief
Und stuzte drob nicht wenig,
Der Weg ist weit, die Hölle tief,
Doch zalt mich ja ein König!
Frisch nimmt er Pelz und Nebelkapp, –
Und durch die Lüfte strampft der Rapp.
Die Loken à la mode gerollt,
Im Gallakleid von Spiegelgold
(Ein Schmuk den ihm Aurora zollt)
Mit kostbarn Uhrenketten
Die Zähen auswärts, chapeau bas –
Der alte Murrkopf, wie bekannt,
Bewillkommt ihn mit Flüchen:
„Ey pak er sich ins Pommerland!
Wie stinkt er doch nach Eau d’Lavande?
Puh! schier’ er sich doch himmelan,
Er stekt mir ja die Hölle an.
Betroffen wich, wie angeblizt,
Der Pillengott zurüke. – –
Im Cerebello, merk ich, sizt
Das Uebel – welche Blike!
Wie rollen sie! wie flammt ihr Feu’r!
Der Fall ist schlimm! der Rath ist theur!
Wird die Infarktus schmelzen,
Und freier in dem Zirkel um
Durch Bauch und Kapitolium
Die zähen Säfte wälzen.
Sie reisten – doch! incognito! –“
„Ja schöner Herr! ich glaubs ihm gern!
Und wär nur hier zu Lande,
Wie bei euch balsamirten Herrn,
Faullenzen keine Schande.
Und brauchte nur – ich folgte gleich!
Kein Oberhaupt das Höllenreich.
Ha! wär die Kaz zum Loch hinaus,
Sie liefen mir von Hof und Haus
Und jagten meinen Mufti ’naus!
Würd drauf und drunter gehen!
Poz alle Donner! geh er mir!
Was wars nicht schon für ein Tumult
Der Thürme eingeschmissen!
Und wars denn damals meine Schuld,
Daß meine Filosofen Pult
Wie? rissen erst Poeten los?
Hilf Himmel! welch ein Ohrenstoß!
Bei langem Tage schwazt sich viel!
Mag wohl auf euren Bänken
Und Dudeldum und Federkiel
Die Zeit vorüber hinken.
Der Müssiggang beißt wie ein Floh
Auf Sammetpolstern – wie auf Stroh.
Mein Bruder nichts zu treiben;
Und zündelt mit dem Donnerkeil,
Und schießt, ich hör’s ja am Geheul,
Mit Wettern nach der Scheiben;
Und mir für meine Hölle bangt.
Großvater Cölus sollt’ ich seyn!
Ich wollt mir Ruhe schaffen.
Ihr müßtet mir in Leiber ’nein,
Und durch fünf Fenster gaffen!
Vorerst noch über meinen Strom,
Und dann erst nach Elisium! –
Nun denk ich sezt er sich zu Pferd,
Auch ists vielleicht der Mühe werth,
Er sagt was er izt angehört
Dem Zevs beim Barteinsaifen.
Er mache was er wolle draus!
Und damit kehrt der Herr zurük!
Sein Servus! Gott befohlen!
Man kann ihm – Halt ’n Augenblik! –
Für seine Müh ein hübsches Stük
Mag droben doch was rares seyn,
Wir Tartarer hofiren drein.““ –
Somit beurlaubt sich der Gott
Mit kurzen Reverenzen.
Hindurch sich riß ein Flügelbot.
(Er kam von Tellus Gränzen)
Monarch! Ein Arzt! ein Wundermann.
Kommt hinterdrein – ich ritt voran.
Er kommt mit Peitsch’ und Sporen.
Nikt freundlich jedem seinen Gruß,
Als wär’ er hier im Tartarus
Erzogen und gebohren;
Wie Britten in dem Unterhaus.
„Gott grüß die Herren allesamt!
So trift man hier zu Lande,
Wohin, wer von Prometheus stammt,
Noch trefliche Bekannte!
Wer weis’t mich nach Elysen hin?
Möcht gern die Brunnen springen sehn.“
„„Gemach! – der Fürwiz wird den Herrn
Er muß mir izt beim Siebenstern!
Er muß mir ungern oder gern
Noch ein Rezept verschreiben.
Die Höll’ ist mein – Pluto mein Nam!
Mit einem scharfen Blike mißt
Der Arzt den schwarzen Kaiser.
Zwar riecht er nicht am gnädgen Mist,
Beäugelt nicht was er gepißt,
Durchdringend wie elektrisch Feu’r
Erspäht sein Blik – das Ungeheu’r.
„Monarch! Ich schenke dir die Beicht
Der schlimmen Siebensachen.
So ist doch auch der Fall nicht leicht –
Und Kinder fürchten Drachen.
Ein Teufel frißt den andern! – kurz!
Ein Weibchen - oder – Niesewurz!
(Ich weiß von keinem Dritten)
So jagt sie doch den Alp davon
Der dich auf deinem Eisenthron
Erbärmlich zugeritten.
Berg auf zum Kopf die Spiritus.“
Vivat der Doktor hochgelehrt,
Der diesen Spruch thät fällen!
Ein ewig Denkmal ist er werth
Von Phidias zu stellen.
Ein Monument, das nie verdirbt,
Wenn Hippokrat und Boerhaave stirbt.
Kek nahen izt die Todte sich
Der Frau Plutonin in die Küch
Ein Lapperdan – macht gute Sprüch,
Und fromme Aristarchen.
Hieroben frommte der Gebrauch!
Jung bulte sie mit groß und klein
So recht ein epikurisch Schwein
Izt waidet sie an fremdem Glüke
Platonisch die bekehrten Blike,
[100]
Wart! Deine Frau soll dich betrügen,
Ein andrer soll in ihren Armen liegen,
Und Hörner dir hervor zum Kopfe blühn!
Entsezlich! mich im Bad zu überraschen,
Und mir nichts, dir nichts – fortzufliehn.
Zum neuen Leben ist der Todte hier erstanden,
Das weiß und glaub ich festiglich.
Mich lehrens schon die Weisen ahnden,
Und Schurken überzeugen mich.
Mädchen, halt – wohin mit mir du Lose?
Bin ich noch der stolze Mann? der Grose?
Mädchen, war das schön?
Sieh! Der Riese schrumpft durch dich zum Zwerge,
Zu des Ruhmes Sonnenhöhn.
Abgepflücket hast du meine Blume,
Hast verblasen all die Glanzfantome
Narrentheidigst in des Helden Raub.
Trippelst du mit leichten Zefyrtritten
Schäkernd in den Staub.
Zu der Gottheit flog ich Adlerpfade,
Lächelte Fortunens Gaukelrade,
Jenseits dem Kozytus wollt’ ich schweben,
Und empfange sklavisch Tod und Leben,
Leben, Tod von einem Augenspiel.
Siegern gleich, die wach von Donnerlanzen
Losgerissen von der Frynen Brust,
Wallet aus Aurorens Rosenbette
Gottes Sonne über Fürstenstädte,
Lacht die junge Welt in Lust!
Trink ich, Adler, noch den Flammenregen
Ihres Auges das vernichtend brennt?
In den Bliken die vernichtend blinken
Seh ich meine Laura Liebe winken,
Meine Ruhe, gleich dem Sonnenbilde
In der Welle, wolkenlos und milde,
Mädchen hast du hingemordt.
Schwindelnd schwank ich auf der gähen Höhe,
Und hinunterstrudelt mich das Wort.
Hell ertönt das Evoe der Zecher,
Freuden winken vom bekränzten Becher,
Scherze springen aus dem goldnen Wein.
Haben mich die Jünglinge verloren,
Freundlos irr ich und allein.
Lausch ich noch des Ruhmes Donnergloken?
Reizt mich noch der Lorbeer in den Loken?
Nimmer, nimmer wiederhallt mein Busen,
Traurig fliehen die beschämten Musen,
Flieht Apollo Zynthius?
Will ich gar zum Weibe noch erlahmen?
Meine Pulse lebend aus der Gruft?
Will ich noch nach Varus Adler ringen?
Wünsch ich noch in Römerblut zu springen,
Wenn mein Hermann ruft? –
Seiner Tempel Weihrauchduft zu saugen,
Stolzer, kühner schwillt die Brust. –
Kaum erbettelt izt ein halbes Lächeln
Was in Flammen jeden Sinn zu fächeln
Daß mein Ruhm sich zum Orion schmiegte,
Hoch erhoben sich mein Name wiegte
In des Zeitstroms woogendem Gewühl.
Daß dereinst an meinem Monumente
Chronos Sense splitternd niederfiel –
Lächelst du? – Nein! nichts hab ich verloren!
Stern und Lorbeer neid ich nicht den Thoren,
Leichen ihre Marmor nie –
Ueber Menschen hätt’ ich mich geschwungen,
Izo lieb ich sie!
Am Pfluge, wie die Chronik lehrt,
Philosophirten unsre Väter –
Nun hat der Fall sich umgekehrt,
Izt pflügt man am Katheder!
Gevatter! hört ’nmal die Späße!
Bliz! hab euch da ein hochg’studirt Gelese,
Meßias schreibt sich ’s Buch, der Mann
Hat Reisen durch die Luft gethan
Manch Solenleder sizen lassen,
Hat gesehen den Himmel offen,
Ist hautganz durch die Höll geloffen,
Da hab ich nun so bei mir selbst gedacht,
Sagt unser ein’m, wie Flachs und Waizen wachse.
Wie meint ihr? – ’s käm aufs Fragen an? –
Narr meinst, ein so fürnehmer Mann
Der frag nach unser eines Korn und Flachse?
Welch ein Leben, kleine Psyche,
Wenn ich Nachtigallen gliche?
O ich lokte dich
Flötend zu willkommnen Thränen,
Und du liebtest mich!
Welch ein Leben, fromme Psyche,
Wenn ich Turteltäubchen gliche?
Ich umhüpfte dich,
Girrte schmachtend Zärtlichkeiten,
Und du liebtest mich.
Welch ein Leben, schöne Psyche,
Wenn ich Frühlingsrosen gliche?
Rings mit Wohlgerüchen, blühte
Froh in deines Busens Mitte:
Und du liebtest mich.
Welch ein Leben, sanfte Psyche,
Ich umwehte dich,
Tränke deines Athems Schwüle,
Hauchte dir ins Antliz Kühle:
Und du liebtest mich.
Wenn dein Edgar allen gliche?
Ich umschwebe dich,
Opfre Blumen alle Tage,
Girre, singe, flöte, klage:
Psyche bleib! – Warum denn Rosen
Nachtigallen Täubchen kosen?
Mehr o mehr kann ich!
Lieben kann ich, fühlen, küssen,
Psyche liebe mich!
Vor alters zankten sich, die Wahrheit aufzuklären,
Gelehrten, ob die Weiber Menschen wären:
Jüngst fragten Geken und galante Bengel:
„Sind sie nicht Engel?“
Wie die Himmelslüfte mit den Rosen
An den Frühlingsmorgen zärtlich kosen;
Kind, so schmeichelt dir
Izt das äusre Glük in deinen Jugendtagen,
Sich aus deiner Brust herfür.
Aber sieh! der Hain, der kaum entzüket,
Neigt sich, plözlich rast der Sturm, zerkniket
Liegt die Rosenblum!
Unserm Golde, unsern lichten Herrlichkeiten,
So mit unserm Flitterruhm.
Nur des Höchsten Abglanz, der Gerechte,
Welcher in dem schröklichen Gefechte
Jener sich entringt, der höhern Weisheit Stimme
Folget, troz der Selbstsucht heißem Grimme,
Die sein Herz mit Schwerdern sticht.
Dessen Wollust trägt von hier die Bahre
Nicht die Ewigkeit:
Angeleuchtet könnt’ er in den lezten Blizen,
Und vom Weltenumsturz angeschwungen sizen
Ohne Menschenbangigkeit.
Religion beschenkte diß Gedicht,
Auch umgekehrt? – Das fragt mich nicht.
O die du, rund wie meiner Väter Schild,
Wandelst, Sonne, dort oben!
Woher dein ewig Licht? Von wannen quillt
Dein Stralenstrom? Mit Majestät erhoben
Die dunkeln Gestirne vom tagenden Himmel:
Frostig bleich fliehet der Mond ins Abendwellengewimmel
Finster vor deinem allherrschenden Blik!
Einsam gehst du, angethan mit Lichte! –
Von den Bergen stürzt die stolze Fichte;
Berge selbst zerstäuben für der Zeit;
Gen Himmel steigt und niederfällt das Meer:
Aber du jauchzest unwandelbar herrlich daher.
Wenn Orkane heulen durch der Felsen Rize;
Hagel regnet, wenn der Donner kracht,
Und die Welt der Sturm begräbt in Nacht; –
Schauest du aus deiner Wolkenwiege,
Aber ach! für Ossian vergebens
Lächelst du, du Quelle alles Lebens,
Nimmer sieht er deinen goldnen Stral
Niederfliessen in das Morgenthal,
Niederwiegen in des Abends Arme!
Doch, o Sonne, wirst auch du vielleicht –
Sonne ach! wie Ossian verschwinden?
Daß auch deine Jugendkraft entweicht,
Daß du schläfst in deiner Wolkengruft,
Hörest nimmer, wenn der Morgen ruft!
O so freu’ dich deiner Jugendschöne!
Bleich und unhold ist des Alters Mine,
Durch zerrißne Winterwolken bricht,
Wenn hinauf der Nebel strömt am Hügel,
Durch die Ebne rasselt Nordwinds Flügel,
Und in Mitte seiner Fahrt
Woher mag wol das Wörtchen Hochzeit stammen?
Nur eine kleine Pauß!
Sezt hohe – Zeit zusammen,
So kommt Hochzeit heraus.
Ich bin ein Mann! – wer ist es mehr?
Wers sagen kann, der springe
Frei unter Gottes Sonn einher
Und hüpfe hoch und singe!
Kann ich den Stempel zeigen,
Zum Born woraus der Himmel quillt
Darf ich hinunter steigen.
Und wol mir, daß ichs darf und kann!
Rufts laut in mir. Du bist ein Mann!
Und küsse sie so lieber.
Und röther wird das Mädchen dann,
Und ’s Mieder wird ihr enge –
Drum wird ihr ’s Mieder enge.
Wie wird sie erst um Gnade schrei’n,
Ertapp ich sie im Bade?
Ich bin ein Mann, das fällt ihr ein,
Ich bin ein Mann, mit diesem Wort,
Begegn’ ich ihr alleine,
Jag ich des Kaisers Tochter fort,
So lumpicht ich erscheine.
Mir manche Fürstin holde,
Mich ruft sie – habt indessen Wacht
Ihr Buben dort im Golde!
Ich bin ein Mann, das könnt ihr schon
Sie donnert wie im Sturm davon,
Sonst würde sie ja kriechen.
Zum Feuergeist im Rückenmark
Sagt meine Mannheit: Bruder;
Umarmend an dem Ruder.
Aus eben diesem Schöpferfluß,
Woraus wir Menschen sprudeln,
Quillt Götterkraft und Genius,
Tyrannen haßt mein Talisman
Und schmettert sie zu Boden,
Und kann er’s nicht, führt er die Bahn
Freiwillig zu den Todten.
Bei Pharsalus bezwungen,
Roms Wollüstlinge Mann für Mann
Auf teutschen Sand gerungen.
Saht ihr den Römer stolz und kraus
Sein Aug speit Feuerflammen aus
Als säht ihr Hekla blizen.
Da kommt ein Bube wolgemut,
Gibt manches zu verstehen –
Den Marius gesehen!“ –
So spricht der stolze Römersmann,
Der Bub thät fürbaß eilen;
Das dankt der stolze Römersmann,
Drauf thäten seine Enkel sich
Ihr Erbtheil gar abdrehen,
Und huben jedermänniglich
Anmuthig an zu krähen. –
Den Elenden! – sie haben
Verlüderlicht in einem Hui
Des Himmels beste Gaben.
Dem lieben Herrgott sündiglich
Und in die Menschheit schweiniglich
Von diesem Nu gegrunzet.
Und schlendern elend durch die Welt,
Wie Kürbisse von Buben
Die Schädel leere[2] Stuben!
Wie Wein von einem Chemikus
Durch die Retort getrieben,
Zum Teufel ist der Spiritus,
Und fliehen jedes Weibsgesicht,
Und zittern es zu sehen, –
Und dörften sie – und können nicht!
Da möchten sie vergehen! –
Und wenn die Kugelwaden,
Wenn lüstern Mund und Augenpaar
Zum Lustgenusse laden,
Und zehenmal das Halstuch fällt,
Halbkugeln einer bessern Welt,
Die vollen Brüste springen, –
Führt gar der höllsche Schadenfroh
Sie hin, wo Nimfen baden,
Von diebschen Flammen braten,
Wo ihrem Blik der Spiegelfluß
Elisium entziffert,
Arkana die kein Genius
Und Ja! die tollen Wünsche schrei’n,
Und Nein! die Sinne brummen –
O Tantal! stell dein Murren ein!
Du bist noch gut durchkommen! –
Das heiß’ ich auch beteufeln!
Gefühl ist Ihnen Kontreband,
Sonst müssen sie verzweifeln!
Drum fliehn sie jeden Ehrenmann,
Wer keinen Menschen machen kann,
Der kann auch keinen lieben.
Drum tret ich frei und stolz einher
Und brüste mich und singe:
Der hüpfe hoch und springe.
Glük zur Genesung. Herr Pandolff;
Frißt doch kein Wolf den andern Wolf.
Willkommen schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
Und bist so lieb und schön!
Und freun wir uns so herzlich
Entgegen dir zu gehn.
Denkst auch noch an mein Mädchen?
Dort liebte mich das Mädchen,
Und ’s Mädchen liebt mich noch!
Fürs Mädchen manches Blümchen
Erbettelt’ ich von dir –
Und du? – du gibst es mir?
Willkommen schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Getrost! Izt würgt das Pfuscherheer
Mit Henkers Hand das Volk nicht mehr,
Das Mittel ist jezt ausgedacht,
Das man sie all – zu Doktors macht.
[125]
Wie tief sank unser Sekulum herunter!
Da rühm ich mir die alte Welt!
Giengs in die Schlacht, war jeder Held,
That aus dem Stegreif blaue Wunder,
Man trug die Baarschaft dort im Kopfe,
Und Weisheit wohnte unterm Schopfe,
Jezt kommt sie mit Bagage nach.
Wer frey’te, kauft’ sein Weib sich sonst –
Jezt kriegt man eine Frau – umsonst.
Zwischen Himmel und Erd, hoch in der Lüfte Meer,
In der Wiege des Sturms trägt mich ein Zakenfels,
Wolken thürmen
Unter mir sich zu Stürmen,
Und ich denke dich, Ewiger.
Deinen schauernden Pomp borge dem Endlichen
Ungeheure Natur! Du der Unendlichkeit
Riesentochter!
Seinen Gott dem vernünftgen Wurm
Orgle prächtig, Gewittersturm!
Horch! er orgelt – Den Fels wie er herunterdrönt!
Brüllend spricht der Orkan Zebaoths Namen aus.
Mit dem Griffel des Blizes:
Kreaturen, erkennt ihr mich?
Schone, Herr! wir erkennen dich.
Der kupferreiche R – (denn was vermag der Wein!)
Wünscht Janus mit dem Doppelkopf zu seyn,
Den er im Wappen führt – dann erst sollt’s ihm behagen,
Könnt’ er zumal zwey Gläser niederjagen.
Die der schaffende Geist einst aus dem Chaos schlug,
Durch die schwebende Welt flieg ich des Windes Flug,
Bis am Strande
Ihrer Wogen ich lande.
Und der Markstein der Schöpfung steht.
Sterne sah ich bereits jugendlich auferstehn,
Tausendjährigen Gangs durchs Firmament zu gehn,
Sah sie spielen
Irrend suchte mein Blik umher,
Sah die Räume schon – sternenleer.
Anzufeuren den Flug weiter zum Reich des Nichts,
Steur’ ich muthiger fort, nehme den Flug des Lichts
Himmel an mir vorüber
Weltsysteme, Fluten im Bach
Strudeln dem Sonnenwandrer nach.
Sieh, den einsamen Pfad wandelt ein Pilger mir
„„Zum Gestade
Seiner Welt meine Pfade!
Seegle hin wo kein Hauch mehr weht,
Und der Markstein der Schöpfung steht!““
„„Steh! du seegelst umsonst – Pilger auch hinter mir! –
Senke nieder
Adlergedank dein Gefieder,
Kühne Seeglerin, Fantasie,
Wohl nicht ums ganze Erdenrund
Möcht ich, spricht Fräulein Kunigund,
Des Nachts mehr in den Spiegel schauen –
Des Satans scheußlich Angesicht
Bei Gott! spricht Veit, ich zweifle nicht,
Man siehts ja selbst beim Tageslicht.
Früh morgends zehen Advokaten
Zu Pferd, acht Schreiber hinterdrein,
Darauf ein Herr mit runden Waden,
Soll gar ein Hum! gewesen seyn.
Drauf acht besoffene Studenten,
Ein gar fürnehmer Herr hopp hopp
Im majestätischen Galopp,
Nach Mittag mit zerzaußten Haaren
Voran Sn Gnaden Herr Major –
Zulezt – doch nur gemach ihr Herren!
Wills denn zum jüngsten Tage währen?
Und plözlich fiel der Schlagbaum vor.
Vor Mittag nichts – Mittags ein Heid, zwey Kinder;
Spät Abends noch – ein armer Sünder.
Schöne Frühlingskinder lächelt,
Jauchzet Veilchen auf der Au!
Süser Balsamathem fächelt
Aus des Kelches Himmelblau.
Schön hat Flora euch geschmüket
Mit des Busens Perlenthau!
Holde Frühlingskinder weinet!
Seelen hat sie euch verneinet,
Nachtigall und Lerche flöten
Minnelieder über euch,
Und in euren Balsambeeten
Gattet sich das Fliegenreich.
Euren Kelch zum Thron der Liebe
So wollüstig die Natur.
Sanfte Frühlingskinder weinet,
Liebe hat sie euch verneinet,
Aber wenn, vom Dom umzingelt,
Meine Laura euch zerknikt,
Und in einen Kranz geringelt,
Thränend ihrem Dichter schikt –
Flügelboten süser Schmerzen!
Goß euch diß Berühren ein.
Von Dionen angefächelt,
Schöne Frühlingskinder lächelt,
So flieh mich dann, verruchte falsche Seele,
So flieh mich dann, geh, wälze dich
In wilder geiler Lust, und lachend quäle
Jüngst deinen Liebling mich!
Der feurig liebt und gränzenlos wie ich?
Brennt Gottes unbeflekte Sonne reiner
Als dieses Herz – für dich?
Der Himmel sah’s, wie ich oft wollusttrunken
Wie ich oft in Entzükung hingesunken
Ohnmächtig rang an ihr.
Flog nicht, wenn ich vor Gott voll heiser Reue
Gekniet, schnell mein Gedanke weg von Gott?
Ward mein Gebeth, mein Gott.
Und nun, wer ists? – o laßt mich ihn nicht nennen,
Ihr Furien, daß nicht von Fieberwut
Empört, entfesselt meine Geister rennen
Doch Narr! was winsl’ ich denn der Ungetreuen?
Sie fleht mein sterbend rauchend Blut umsonst,
Frohn’, frohn’ nur stinkend geilen Bulereyen,
Frohn’ ewig wilder Brunst.
Ein fressend peinigendes Gift durchnagt,
Und Mark und Bein und alle Eingeweide
In frühe Moder jagt.
Bis dann, besät von Pest und Eiterbeulen,
Die qualzermalmte Lungen in dir heulen,
Der Nerv Zernichtung stöhnt.
Dann seh ich jauchzend die verweßten Glieder,
Wollüstig saugt den Jammerton mein Ohr,
Und lache laut empor.
Ewig starr an Deinem Mund zu hangen,
Wer enträzelt dieses Wutverlangen?
Wer die Wollust, Deinen Hauch zu trinken,
In Dein Wesen, wenn sich Blike winken,
Fliehen nicht verrätherisch, – wie Sklaven,
Weggeworfen faigen Muths die Waffen, –
Meine Geister, hin im Augenblike,
Stürmend über meines Lebens Brüke,
Sprich, warum entlaufen sie dem Meister?
Suchen dort die Heimat meine Geister?
Oder küssen die getrennten Brüder,
Losgeraft vom Kettenband der Glieder,
Laura? träum’ ich? ras’ ich? – die Gedanken
Ueberwirbeln des Verstandes Schranken –
Sieh! der Wahnsinn ist des Räzels kunder,
Staune Weisheit auf des Wahnsinns Wunder
Waren unsre Wesen schon verflochten?
War es darum, daß die Herzen pochten?
Waren wir im Stral erloschner Sonnen
In den Tagen lang begrabner Wonnen,
Ja wir warens – Eins mit Deinem Dichter
Warst du Laura – warst ein Weltzernichter! –
Meine Muse sah es auf der trüben
Tafel der Vergangenheit geschrieben:
Aber ach! – die sel’gen Augenblike
Weinen leiser in mein Ohr zurüke –
Könnten Grolls die Gottheit Sünder schelten,
Laura – den Monarchen aller Welten
Aus den Angeln drehten wir Planeten,
Badeten in lichten Morgenröthen,
In den Loken spielten Edens Düfte,
Und den Silbergürtel unsrer Hüfte
Uns entgegen gossen Nektarquellen
Tausendrörigt ihre Wollustwellen,
Unserm Winke sprangen Chaosriegel,
Zu der Wahrheit lichtem Sonnenhügel
Unsern Augen riss’ der Dinge Schleyer,
Unsre Blike, flammender und freyer,
Sahen in der Schöpfung Labyrinthen,
Wo die Augen Lyonets verblinden,
Tief o Laura unter jener Wonne
Wälzte sich des Glükes Nietentonne,
Schweifend durch der Wollust weite Lande
Warfen wir der Sätt’gung Ankerbande
Weine Laura – dieser Gott ist nimmer,
Du und ich des Gottes schöne Trümmer,
Und in uns ein unersättlich Drängen
Das verlorne Wesen einzuschlingen,
Darum Laura dieses Wutverlangen,
Ewig starr an deinem Mund zu hangen,
Und die Wollust, deinen Hauch zu trinken,
In dein Wesen, wenn sich Blike winken,
Darum fliehn, verrätherisch, wie Sklaven,
Weggeworfen faigen Muts die Waffen,
Meine Geister, hin im Augenblike!
Stürmend über meines Lebens Brüke,
Darum nur entlaufen sie dem Meister,
Ihre Heimat suchen meine Geister,
Losgeraft vom Kettenband der Glieder,
Küssen sich die langgetrennten Brüder
Töne! Flammen! zitterndes Entzüken!
Wesen lechzt an Wesen anzurüken –
Wie, beim Anblik einer Freundsgaleere,
Friedensflaggen im Ostindermeere
Aufgejagt von froher Pulverweke,
Springt das Schiffsvolk freudig auf’s Verdeke,
Hoch im Winde schwingen sie die Hüte,
Posidaons woogendes Gebiete
War es nicht dis freudige Entsezen,
Als mir’s ward an Lauren mich zu lezen?
Ha! das Blut, voll wütendem Verlangen,
Drängte sich muthwillig zu den Wangen,
Und auch Du – da mich dein Auge spähte,
Was verrieth der Wangen Morgenröthe? – –
Floh’n wir nicht als wären wir verwandter,
Freudig, wie zur Heimat ein Verbannter,
Sieh, o Laura, deinen Dichter weinen! –
Wie verlor’ne Sterne wieder scheinen,
Flimmen öfters, flüchtig, gleich dem Blize,
Traurigmahnend an die Göttersize,
Oftmals lispeln der Empfindung Saiten
Leise Ahndung jener goldnen Zeiten –
Wenn sich schüchtern unsre Augen grüsen,
Seh ich träumend in den Paradiesen
Ach zu oft nur waffn’ ich meine Mächte,
Zu erobern die verlornen Rechte –
Klimme kühner bis zur Nektarquelle,
Poche siegend an des Himmels Schwelle, –
Wenn dein Dichter sich an deine süsen
Lippen klammert mit berauschten Küssen,
Fremde Töne um die Ohren schwirren,
Unsre Wesen aus den Fugen irren
Und verkauft vom Meineid der Vasallen
Unsre Seelen ihrer Welt entfallen,
Mit des Staubs Tyrannensteuer pralen,
Tod und Leben zu wollüstgen Qualen
Und wir beide – näher schon den Göttern –
Auf der Wonne gähe Spize klettern,
Mit den Leibern sich die Geister zanken,
Und der Endlichkeit despotsche Schranken –
Waren, Laura, diese Lustsekunden
Nicht ein Diebstal jener Götterstunden?
Nicht Entzüken, die uns einst durchfuhren?
Ineinanderzukender Naturen,
Hat dir nicht ein Stral zurükgeglostet?
Hast du nicht den Göttertrank gekostet? –
Ach! ich sah den Purpur deiner Wangen! –
War es doch der Wesen die sich schlangen
Laura – majestätisch anzuschauen
Stand ein Baum in Edens Blumenauen;
„Seine Frucht vernein’ ich eurem Gaume,
„Wißt! der Apfel an dem Wunderbaume
Laura – weine unsers Glükes Wunde! –
Saftig war der Apfel ihrem Munde – – –
Bald – als sie sich Unschuldsvoll umrollten –
Sieh! – wie Flammen ihr Gesicht vergoldten! –
Horch – wie Murmeln des empörten Meeres,
Wie durch hohler Felsen Beken weint ein Bach,
Stöhnt dort dumpfigtief ein schweres – leeres,
Qualerpreßtes Ach!
Ihr Gesicht – Verzweiflung sperret
Ihren Rachen fluchend auf.
Hohl sind ihre Augen – ihre Blike
Spähen bang nach des Kocytus Brüke,
Fragen sich einander ängstlich leise:
Ob noch nicht Vollendung sey? –
Ewigkeit schwingt über ihnen Kraise
Bricht die Sense des Saturns entzwey.
Freund! genügsam ist der Wesenlenker –
Schämen sich kleinmeisterische Denker,
Die so ängstlich nach Gesezen spähn –
Geisterreich und Körperweltgewüle
Hier sah es mein Newton gehn.
Sfären lehrt es Sklaven eines Zaumes
Um das Herz des grosen Weltenraumes
Labyrinthenbahnen ziehn –
Nach der grosen Geistersonne strömen,
Wie zum Meere Bäche fliehn.
War’s nicht diß allmächtige Getriebe,
Das zum ew’gen Jubelbund der Liebe
Raphael, an deinem Arm – o Wonne!
Wag auch ich zur grosen Geistersonne
Freudigmutig den Vollendungsgang.
Glüklich! glüklich! Dich hab ich gefunden,
Und aus Millionen mein bist Du –
Laß das Chaos diese Welt umrütteln,
Durcheinander die Atomen schütteln;
Ewig fliehn sich unsre Herzen zu.
Meiner Wollust Wiederstralen saugen?
Nur in Dir bestaun ich mich –
Schöner malt sich mir die schöne Erde,
Heller spiegelt in des Freunds Gebärde
Schwermut wirft die bange Thränenlasten,
Süßer von des Leidens Sturm zu rasten,
In der Liebe Busen ab; –
Sucht nicht selbst das folternde Entzüken
Ungeduldig ein wollüstges Grab? –
Stünd im All der Schöpfung ich alleine,
Seelen träumt’ ich in die Felsensteine,
Und umarmend küßt’ ich sie –
Freute mich, antworteten die Klüfte,
Thor genug! der süßen Sympathie.
Tode Gruppen sind wir – wenn wir hassen,
Götter – wenn wir liebend uns umfassen!
Aufwärts durch die tausendfache Stufen
Zalenloser Geister die nicht schufen,
Waltet göttlich dieser Drang.
Arm in Arme, höher stets und höher,
Der sich an den lezten Seraf reyht,
Wallen wir, einmüth’gen Ringeltanzes,
Bis sich dort im Meer des ew’gen Glanzes
Sterbend untertauchen Maaß und Zeit –
Fühlte Mangel – darum schuf er Geister,
Sel’ge Spiegel seiner Seligkeit! –
Fand das höchste Wesen schon kein Gleiches,
Aus dem Kelch des ganzen Seelenreiches
Mit müdem Schritte steigt vom fernen Hügel
Einsam die Nacht,
Und schwingt um mich die sorgenschwere Flügel
In ernster Pracht;
Schon über mir,
Kaum bricht ein zitternd todenblasses Feuer
Vom Mond herfür.
Im tiefen Schatten schlummern eingehüllet
Und grauenvolle Todtenstille füllet
Bang die Natur.
Nur weichgeschaffne sanftempörte Herzen,
Voll theurer Quaal,
Am Mondenstral.
Jezt irrst du, Trautester, mit bangem Sehnen
Im Todtenhaus,
An Julchens Grab und hauchst in tausend Thränen
Du eilest junge Rosen abzupflüken
Vom heil’gen Grab,
Und blätterst sie mit traurigem Entzüken
Zu ihr hinab.
Den schönen Blik)
Und rufte laut den fliehenden Geliebten
Vom Meer zurük.
Nun weinet einsam in verschloßnen Mauern,
Das heil’ge Mädchen, dem vom stillen Trauern
Die Seele bricht.
Ihr Busen brennt von zärtlichem Verlangen,
Ihr schmachtend Herz
Vom ewgen Schmerz.
So welkt die Rose in dem fernen Thale
Früh abgeknikt,
Eh sie, gelokt vom milden Frühlingsstrale,
O Mädchen, die voll unschuldsvoller Triebe
Das Laster höhnt,
Und sich nach edlen Freuden reiner Liebe
Unwissend sehnt.
Im Busen nährt,
Du, deren Klagen oft in tiefstem Schlummer
Die Nacht gehört,
Wer Du auch bist, Du bist für mich geboren
Hat Dir mein Herz, hat mir Dein Herz geschworen
Zum süsen Band.
Längst, längst, o Du Geliebteste von allen!
Fleh ich nach Dir,
Entgegen Dir.
Ein Engel lisple, schlummerst Du auf Rosen
In holder Ruh,
Dir meinen Namen, und mir Ruhelosen
Woher das Jauchzen dort auf jenen Traubenhügeln?
Woher das Evan Evoe?
Wem glüht die Wang’? wer ists, den ich in bunten Flügeln
Den hohen Thyrsus schwingen seh?
Und zahlreich sein Gefolg umher? –
Im offnen Füllhorn trägt er das Geschenk des Himmels,
Und vor Entzükken taumelt er! –
Wie prächtig glänzt sie dort hervor die goldne Traube:
Wie freundlich winkt er nicht den Schatten jener Laube,
Die voll von Seegen überfließt!
Ha! sey willkommen mir, du festlicher Oktober!
Sey, Erstling! ganz willkommen mir!
Bring ihn mit mehr Empfindung dir.
Denn du bist es, der mir Ihn, den ich theuer schäze,
Und zärtlich liebe bis zum Grab,
Ihn, der verdient, daß Ihm mein Herz ein Denkmal seze,
Zwar wigt dein Hauch, - kömmst du, - den letzten Schmuck der Bäume,
Die Blätter in Melancholie:
Still sinken sie herab: und schnell, – wie Morgenträume
Bei dem Erwachen – fliehen sie.
Den jede Saite der Natur
Im dumpfen Mißklang stimmt, daß öder dann und leerer
Rings um sie trauren Hain und Flur.
Doch sieh, wie schwindet es bei jedem frohen Mahle,
Wann in gehobner Hand aus schäumendem Pokale
Der Freude edler Purpur quillt!
Wie schwindet es, wann bei vertraulichen Gesprächen,
Der Freund von seinem Freund umarmt,
An seines Busens Glut erwarmt!
Und lächeln sie uns einst des Frühlings Kinder wieder,
Wann all die jugendliche Pracht,
Wann jede Melodie der wonnevollen Lieder,
Wie heiter strömts alsdann durch unsre ganze Seele:
Welch Leben stralt in unserm Blick!
Ruft uns nicht der Akzent der sanften Philomele
Und jugendliche Kraft zurück!
Des Sturms, der uns im Alter beugt: –
Leis’ Ihm Sein Schuzgeist zu, wann von den blauen Schranken
Herab der Abendstern sich neigt.
Still führ’ er Ihn hinaus auf jene Donnerhöhe,
Auf dem Gefild umher, – all Seine Freunde sehe,
Und daß Ihm hoch bey Ihrer Zahl,
Und höher Ihm alsdann auf jener heil’gen Stelle,
Dekt er Ihm die Gesinnungen
Fühlt Er: sie alle lieben Ihn!
Laut wird sie dann – hinauf, die ferne Stimme, schallen:
„Auch G * * * ist ein Freund von Dir!
Wann Silberlokken ihm nicht mehr die Schläf’ umwallen,
Auch jenseits“, – und nun glänz Ihm die krystallne Zäre
Im Aug’: – „Auch dorten liebt er dann,
Dich einst noch, wann sein Herz in jener Frühlingssphäre
Sich an das Deine schliesen kann.“
[162]
Wenn’s wahr ist, wie der Pastor schrie,
Und wahr ists ohne Zweifel,
Ein jeder führ’ in Kompagnie
So Engel mit als Teufel,
Denn das muß, ohne zu verschnaufen,
Nur dreimal hundert fünf und sechzigmal im Jahr
Mit ihm zur Schenke laufen.
Der Name Wirtenberg
Schreibt sich von Wirt am Berg –
Ein Wirtemberger ohne Wein
Kann der ein Wirtemberger seyn?
Geh trautes liebes Täubchen du
Zu Minna meiner kleinen,
Und was ich sag, das thu, das thu
Bei Minna meiner kleinen.
Die sanft von Sehnsucht glühen,
Und Wangen, die gleich Rosenthau
In Frühlingsanmuth blühen;
Lacht aus den Bliken Himmelsruh
O Täubchen, trautes Täubchen du,
’S ist Minna meine kleine!
Nun fliehe zärtlich schmeichelnd hin
Der kleinen liebzukosen,
Durch Düfte junger Rosen.
„Ich bin ein Täubchen jung und zart
Aus Zypris Myrtenhayne,
Bin auch gar freundlich, frommer Art,
„Ein Täubchen liebt mich, schöner ist
Kein Täubchen in dem Hayne,
Scherzt, tändelt, nikt und pikt und küßt,
Heißt der verliebte kleine.
Wie Wonnethränchen süße,
Süß wie ein Wollustseufzergen
Im Taumel trunkner Küsse.„
Dann flattre zärtlich um sie her
In bangem süßen Krais umher
Und liebeseufzend girre,
Bis sich die liebetrunkne Brust
Von sanfter Ahnung hebet,
Im bangen Busen bebet.
Dann flieh ich, zitternd fliehe ich
Zur kleinen Liebewarmen,
Ach Minna, Minna höre mich!
Laura – Sonnenaufgangsglut
Brennt in deinen goldnen Bliken,
In den Wangen springt purpurisch Blut,
Deiner Thränen Perlenflut
Dem der schöne Tropfe thaut,
Der darinn Vergöttrung schaut,
Ach dem Jüngling der belohnet wimmert,
Sonnen sind ihm aufgedämmert!
Silberklar und Sonnenhelle,
Mayet noch den trüben Herbst um dich,
Wüsten öd und schauerlich
Lichten sich in deiner Stralenquelle,
Goldet sich in deinem Sterne;
Lächelst du der Reizeharmonie?
Und ich weine über sie. –
Untergrub denn nicht der Erde Veste
Unsre stolz aufthürmenden Palläste,
Unsrer Städte majestätsche Pracht
Ruhen all auf modernden Gebeinen,
Deine Nelken saugen süßen Duft
Aus dem Beken einer – Menschengruft.
Blik empor – die schwimmenden Planeten,
Laß dir Laura seine Welten reden!
Unter ihrem Zirkel flohn
Thürmten tausend Throne sich
Heulten tausend Schlachten fürchterlich
In den eisernen Fluren,
Suche ihre Spuren.
Laufen ach die Räder ab
An Planetenuhren.
Blinze dreimal – und der Sonnen Pracht
Löscht im Meer der Todennacht!
Pralst du mit des Auges Glut?
Mit der Wangen frischem Purpurblut?
Abgeborgt von mürben Modern?
Wuchernd fürs geliehne Roth,
Schwere Zinsen fodern!
Rede Mädchen nicht dem Starken Hohn!
Eine schönre Wangenröthe
Ist doch nur des Todes schönrer Thron,
Spannt den Bogen der Verderber schon –
Glaub es – glaub es Laura deinem Schwärmer,
Nur der Tod ist’s dem dein schmachtend Auge winkt,
Jeder deiner Stralenblike trinkt
Meine Pulse, pralest Du,
Hüpfen noch so jugendlich von dannen –
Ach! die Kreaturen des Tyrannen
Schlagen tükisch der Verwesung zu.
Dieses Lächeln, wie der Wind
Regenbogenfarbigtes Geschäume,
Ewig fruchtlos suchst du seine Spur,
Aus dem Frühling der Natur
Wächst der ew’ge Würger nur.
Weh! entblättert seh ich deine Rosen liegen,
Bleich erstorben deinen süßen Mund,
Deiner Wangen wallendes Rund
Düstrer Jahre Nebelschein
Wird der Jugend Silberquelle trüben,
Dann wird Laura – Laura nicht mehr lieben,
Laura nicht mehr liebenswürdig seyn.
Stumpf an meiner Jugend Felsenkraft
Niederfällt des Todenspeeres Schaft,
Meine Blike brennend wie die Lichter
Seines Himmels – feuriger mein Geist,
Der im Meere eignen Weltgewimmels
Felsen thürmt und niederreißt.
Kühn durchs Weltall steuern die Gedanken,
Fürchten nichts – als seine Schranken.
Lern’ es, Mädchen, dieser Trank der Lust,
Dieser Kelch, woraus mir Gottheit düftet –
Laura – ist vergiftet!
Unglükselig! Unglükselig, die es wagen,
Ach die kühnste Harmonie
Wirft das Saitenspiel zu Trümmer,
Und der lohe Aetherstral Genie
Nährt sich nur vom Lebenslampenschimmer –
Frohnt ihm jeder Wächter schon!
Ach! schon schwören sich mißbraucht zu frechen Flammen
Meine Geister wider mich zusammen!
Laß – ich fühls – laß Laura noch zween kurze
Wiegt sich schwankend über mir zum Sturze,
Und in eignem Strale lösch ich aus. – –
Weinst du Laura? – Thräne, sei verneinet,
Die des Alters Strafloos mir erweinet,
Laura will, daß meine Kraft entweiche,
Daß ich zitternd unter dieser Sonne schleiche,
Die des Jünglings Adlergang gesehn? –
Daß des Busens lichte Himmelsflamme
Daß die Augen meines Geists verblinden,
Daß ich fluche meinen schönsten Sünden?
Nein! versiege Thräne Sünderin! –
Brich die Blume in der schönsten Schöne,
Meine Fakel weinend aus,
Wie der Vorhang an der Trauerbühne
Niederrauschet bei der schönsten Scene,
Fliehn die Schatten – und noch schweigend horcht das Haus. –
Gräßlich preisen Gottes Kraft
Pestilenzen würgende Seuchen,
Die mit der grausen Brüderschaft
Durchs öde Thal der Grabnacht schleichen.
Gichtrisch zuckt die starre Sehne,
Gräßlich lacht der Wahnsinn in das Angstgestöhne,
In heulende Triller ergeußt sich der Schmerz.
Raserei wälzt tobend sich im Bette –
Menschen – hager – hohl und bleich –
Wimmeln in das finstre Reich.
Brütend liegt der Tod auf dumpfen Lüften,
Häuft sich Schäze in gestopften Grüften
Leichenschweigen – Kirchhofstille
Wechseln mit dem Lustgebrülle,
Schröklich preiset Gott die Pest.
Sieh Schäzchen wie der Bub mir gleicht,
Selbst meine Narbe von den Poken!
Mein Engel, das begreif ich leicht,
Bin auch ’nmal recht an dir erschroken.
In ein gewißes Haus kam einmal eine Spinne,
Und hub allda zu spinnen an,
Und sprach zum Seidenwurm: „Sieh da, was ich beginne!
„Ein Beytrag stünde mir von dir nicht übel an.“ –
Sich sogleich dazu willig finden,
Und fängt wohl an, ihr ellenlang=
Gedrehte Fäden einzusenden;
Die legt sie dann in ihr Gemächt
Da sizt sie nun entzükt in sich verloren
Ob ihrem Wunderding, das sie zur Welt gebohren;
Als plözlich aufgemacht
Die Stubenthüre kracht. –
Gerüstet steht sie da, die Stube auszufegen;
Da glänzt und schimmert von der Wand
Das Spinngewebe ihr entgegen. –
„Herunter du!“ – Sie sagt es kaum, so riß
Wie ein Komet mit seinem Flammenschwanze,
Den eine Welt der Herr zertrümmern hieß,
Das Spinngeweb, nach hundertfachem Riß,
Zu Boden in den Staub, troz seinem Seidenglanze;
Er schlich gelassen fort und sprach: –
„Wer sollt sich wohl ob solchem Unstern grämen?
„Ich schrieb an einem Almanach! ! !„ –
Monument
Moors des Räubers.
Vollendet!
Heil dir! Vollendet!
Majestätischer Sünder!
Deine furchtbare Rolle vollbracht.
Deines Geschlechts Beginner und Ender!
Seltner Sohn ihrer schröklichsten Laune,
Erhabner Verstoß der Mutter Natur!
Durch wolkigte Nacht ein prächtiger Bliz!
Geizig schlingt ihn der Rachen der Nacht!
Unter seiner verderbenden Pracht!
Aber Heil dir! vollendet!
Deine furchtbare Rolle vollbracht!
Modre – verstieb
In der Wiege des offnen Himmels!
Fürchterlich jedem Sünder zur Schau,
Heißer Ruhmsucht furchtbare Schranke steigt!
Siehe! der Ewigkeit übergibt dich die Schande!
Zu den Sternen des Ruhms
Klimmst du auf den Schultern der Schande!
Und dich reicht – die Bewunderung.
Nassen Auges an deinem schauernden Grabe
Männer vorüber –
Freue dich der Thräne der Männer,
Nassen Auges an deinem schauernden Grabe
Jüngst ein Mädchen vorüber,
Hörte die furchtbare Kunde
Deiner Thaten vom steinernen Herold,
Wischte die Thräne nicht ab.
Ferne stand ich – sah die Perle fallen,
Und ich rief ihr: Amalia!
Jünglinge! Jünglinge!
Lernt behutsamer spielen.
Störrig knirscht in den Zügel das Sonnenroß,
Wie’s am Seile des Meisters
Erd und Himmel in sanfterem Schwunge wiegt,
Erd und Himmel in lodernden Brand!
Unterging in den Trümmern
Reizet dich das Mal meines Räubers?
War wie du glüenden thatenlechzenden Herzens,
War wie du des himmlischen Genius Kind.
Aber du lächelst und gehst –
Moorn den Räuber findest du nicht –
Steh und lächle nicht Jüngling!
Seine Sünde lebt – lebt seine Schande,
Räuber Moor nur – ihr Name nicht.
Ein schöner Tag entsteigt dem Meere!
Zwar kalt und trüb und überschneyt
Schrökt uns sein Anblick schon: doch heut
Behaupt ich, was du willst, behaupt ich dir zur Ehre,
Kommt lange nicht dem Wintertage bey!
May wars, als einst dem blauen Meere
Frau Venus lobesan entstieg!
Schön blieb der Tag zu ihrer Ehre
Die Götter prahlten mit dem Weibe,
Das ihre Macht vereint erschuf:
Da zürnte die Natur, und sprach: zum Zeitvertreibe
Schaff ich ein schönres Ding, und nur aus Schnee – Seht zu,
Doch, liebes Mädchen! komm, und laß die Narren stehen,
Du bist zu schön zur Schmeicheley!
Man mag sie, wie man will, auf alle Seiten drehen,
So ist sie, leider! nicht mehr neu!
Wann diese Schönheit gleich mein schwächres Aug entzükt:
Die Freundschaft wünscht dir: Sey beglükt!
Der Mädchen Glük – darf ich es wagen,
Worinn ihr Glük besteht, dir nur ins Ohr zu sagen?
Ihm folgen Jahre voll von Freuden
Ihm folg ein Leben zum beneiden,
Und ewig soll diß Leben seyn.
Dann müsse sich ein Freund bey deiner Freude freu’n,
Frisch athmet des Morgens lebendiger Hauch,
Purpurisch zukt durch düstre Tannenrizen
Das junge Licht, und äugelt aus dem Strauch,
In goldnen Flammen blizen
Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied
Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne,
Die schon in lachender Wonne
Jugendlichschön in Auroras Umarmungen glüht.
Dein Stralenguß regnet
Erwärmend hernieder auf Anger und Au.
Wie silberfarb flittern
Die Wiesen, wie zittern
In säuselnder Kühle
Beginnen die Spiele
Der jungen Natur,
Die Zephyre kosen
Und Düfte beströmen die lachende Flur.
Wie hoch aus den Städten die Rauchwolken dampfen,
Laut wiehern, und schnauben und knirschen und strampfen
Die Rosse, die Farren,
Ins ächzende Thal.
Die Waldungen leben
Und Adler, und Falken und Habichte schweben,
Und wiegen die Flügel im blendenden Stral.
Den Frieden zu finden,
Wohin soll ich wenden
Am elenden Stab?
Die lachende Erde
Mit Jünglingsgebärde
Steig empor, o Morgenroth, und röthe
Mit purpurnem Kusse Hain und Feld,
Säusle nieder Abendroth und flöte
Sanft in Schlummer die erstorbne Welt.
Eine Todenflur,
Ach! und du o Abendroth umflötest
Meinen langen Schlummer nur.
Verfliegen noch zwey Jahre, dann
Nenn’ ich mein Mädchen mein!
Und gieng es noch so schlimm, es kann
Kein ganzes drüber seyn!
Zwar eine hübsche Zeit!
Doch die zwey längsten Jahre sind
Lang keine Ewigkeit!
Und ist nicht diese ganze Zeit
Sie wirds gewiß nicht mehr als heut
In zehen Jahren seyn!
Zwar dann in meinen Armen mein,
Und das ist freilich viel!
Ist auch kein Kinderspiel.
Der Freude wird die Zeit nicht lang
Und mir ist bis dahin
Deswegen nicht für Freuden bang
Dann bin ichs nur, so giebt sie mir
Solch einen Vorrath mit,
Der mich mit guter Laune schier
Ein Vierteljahr versieht.
Das macht das Jahr durch vier!
Das sind nur wenig – denkt ihr zwar
Doch schmek ich die dafür
Die ich bekomme, mehr als ihr!
Und erst vier Wochen drauf wird mir
Die Wange wieder kühl!
Zwey hab ich noch für heuer gut,
Zwey hab ich schon geschmekt,
Die ihr euch ewig lekt!
Zwey hab’ ich jezt noch gut – die zwey
Nicht einen gäb ich euch
Um tausend andre, meiner Treu!
Den dritten hol’ ich bald bey ihr!
Wie fliegt die Zeit vorbey?
O Mädchen! Mädchen! bleibe mir
Nur noch zwey Jahre treu.
Doch zur Beständigkeit
Du lieber Gott! – zwey Jahre sind
Gar eine lange Zeit!
Träum’ ich? Ist mein Auge trüber?
Nebelt’s mir ums Angesicht?
Meine Minna geht vorüber?
Meine Minna kennt mich nicht?
Blähend mit dem Fächer ficht,
Nimmer satt sich zu begaffen? –
Meine Minna ist es nicht.
Von dem Sonnenhute niken
Schlaifen, die den Busen schmüken,
Rufen: Minna, sei gedenk!
Blumen, die ich selbst erzogen,
Zieren Brust und Loken noch –
Und die Blumen blühen doch!
Geh! umhüpft von leeren Schmeichlern!
Geh! vergiß auf ewig mich.
Ueberliefert feilen Heuchlern,
Geh! dir hat ein Herz geschlagen,
Dir ein Herz das edel schlug,
Groß genug, den Schmerz zu tragen,
Daß es einer Hure schlug.
Dein Gesichtchen! schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich.
Schwalben, die im Lenze minnen,
Buler scheucht dein Herbst von hinnen,
Einen Freund hast du verschmäht.
In den Trümmern deiner Schöne
Seh ich dich verlassen gehn,
Deines Mays zurüke sehn.
Die mit heißem Liebesgeize
Deinem Kuß entgegen flohn,
Zischen dem erloschnen Reize,
Schönheit hat Dein Herz verdorben,
Dein Gesichtgen! – schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich –
Höhnen? Gott bewahre mich!
Weinen will ich bittre Thränen,
Weinen Minna über dich.
Nein, Liebe, nein! du kannsts nicht seyn!
Dich kenn ich! Freundschaft ists allein,
Was mich zu Daphnen zieht!
Bey ihr wird jezt mein Herz kaum warm,
Es ist – ein Unterschied!
Wann Chloe mir entgegen gieng,
Wie klopfte zitternd mein Herz? Wie hieng
Der Himmel um mich her?
Ich sah ihr Aug auf mich gewandt,
Und sah den Himmel nicht mehr!
Wann Daphne mir in Garten winkt,
So oft sie ihre Blumen tränkt,
Doch klopft nur vom Gefühl der Lust
Und nicht von Liebe meine Brust,
Doch fühl ich nur den May.
Wann ich an Chloens Busen lag,
Ob unsren Häuptern fort!
Der Stern des Morgens kam zurük
Als Stern des Abends, da fand sein Blik
Uns noch am nehmlichen Ort.
Ist jezt mein Abend nur geweyht,
Der uns zum Scherz vereint.
Und komm ich jemals ungefragt
So werd ich lachend fortgejagt,
Wann Chloe bebend mich umfieng,
Ihr Mund untrennbar an meinem hieng,
Wann aufgelößt im Kuß
Ganz ihre Seele sich ergoß,
Da hieng mein Leben am Kuß!
Wann Daphne mich zuweilen küßt,
So selten auch der Zufall ist,
Brennt auch die Wange mir.
So kühlt ihr Scherz die Flamme bald,
Und Wasser hilft dafür.
Nein, Mädchen! Liebe kanns nicht seyn,
Sie kenn’ ich! Freundschaft ists allein
Zwar machst du mir oft ziemlich warm.
Doch glüht’ ich nur in Chloens Arm!
Es ist – ein Unterschied!
Vorüber die stönende Klage
Elisiums Freudengelage
Ersäufen jedwedes Ach –
Elisiums Leben
Durch lachende Fluren ein flötender Bach.
Jugendlich milde
Beschwebt die Gefilde
Ewiger May,
Die Seele schwillt aus in unendlichen Räumen,
Wahrheit reißt hier den Schleyer entzwei.
Unendliche Freude
Durchwallet das Herz.
Sanfter Entzüken nur heißet hier Schmerz.
Hier streket der wallende Pilger die matten
Brennenden Glieder im säuselnden Schatten,
Leget die Bürde auf ewig dahin –
Eingesungen von Harfengezitter,
Träumt er geschnittene Halmen zu sehn.
Dessen Fahne Donnerstürme wallte,
Dessen Ohren Mordgebrüll umhallte,
Schläft hier linde bei des Baches Rieseln,
Der wie Silber spielet über Kieseln,
Ihm verhallet wilder Speere Klang.
Hier umarmen sich getreue Gatten,
Liebgekoßt vom Balsamwest,
Ihre Krone findet hier die Liebe,
Sicher vor des Todes strengem Hiebe,
Feyert sie ein ewig Hochzeitfest.
Euch wundert, daß Quirls Wochenblatt
Heut um ein Heft gewonnen hat
Und hörtet doch den Stadtausrufer sagen,
Daß Brod und Rindfleisch aufgeschlagen.
Juno. Zevs.
Semele. Prinzessin zu Thebe. Merkur.
Hinweg den geflügelten Wagen
Pfauen Junos! Erwartet mich
Auf Zythärons wolkichtem Gipfel!
Ha! sey gegrüßt Haus meines grauen Zornes!
Verhaßtes Pflaster! – Hier also die Stätte,
Wo wider meinen Torus Jupiter
Im Angesicht des keuschen Tages frevelt?
Hier – wo ein Weib, ein sterblich schwaches Weib
Den Donnerer aus meinem Arm zu schmeicheln,
An ihren Lippen ihn gefangen hält? –
Juno! Juno! traurig
Stehst du, tief verachtet
Zevs liebt dich nicht mehr!
Götterbrod und Nektarpunsch
Ueberflügeln meinen Wunsch,
Reichlich dampfen mir Altäre –
Was ist, ohne Liebe, Ehre?
Was Zytherens Gürtel ohne sie?
Weh mir! meinen Stolz zu beugen,
Mußt’ schon Venus aus dem Schaume steigen –
Weh mir! meinen Gram zu mehren,
Mußt Hermione gebähren
Und dahin auf ewig meine Ruh! – –
Nein, im Staube will ich nicht mehr trauern,
Bin ich nicht Fürstin der Götter?
Nicht Schwester des Donnerers?
Nicht des Flammenschleuderers Frau?
Aechzen nicht die Axen des Himmels
Ha! ich fühle mich! – Kronos Blut in den unsterblichen Adern!
Königlich schwillt mein göttliches Herz! – Rache! – Rache!
Soll sie mich ungestraft schmähen?
Ungestraft mit des Donnrers Umarmungen pralen,
Ha! der Würmerfraß! – Auf ein lakirtes Gesichtgen
Aufgebläht, wagt’s – das Ding von gestern und heute
Wagt’s um den Rang zu buhlen mit Göttern?
Staub will mit Aether wetteifern? – Stolze! Vergessene!
Oder frohlockt nicht Verwesung schon
Durch die Larve der welkenden Pracht? –
Stirb! Lern am stygischen Strom von Unsterblichkeit Staub
Unterscheiden! – Deine Riesenrüstung mag dich erdrücken, dich
Rachegepanzert
Schmeichelnde Reden
Tod und Verderben lauren darinn.
Horch
Ihre Tritte!
Sie naht!
Verhülle dich Gottheit in sterblich Gewand!
Tief ist der Sturz
Von Göttern in Würmer der Sturz!
Doch! Doch!
Was darf die Rache nicht?
(In die Scene.) Die Sonne neigt sich schon – Auf Zofen, eilt!
Durchbalsamet den Saal mit Weihrauchdüften,
Streut Rosen und Narcissen rings umher,
(vor sich.) Er kommt noch nicht – die Sonne neigt sich schon –
(in die Scene.) Und haltet köstliche Früchte
Bereit. –
Gelobet seyen die Götter! Meine Tochter!
Sollt ihre alte Amme Semele
Vergessen haben?
Beroe! beym Zevs.
Ich bins!
Laß an mein Herz dich drücken – deine Tochter –
Zu mir? Wie lebst du? Du bist doch noch immer
Meine Mutter?
Mutter?
Eh nanntest du mich so.
Du bist es noch,
Wirst’s bleiben, bis von Lethes Taumeltrank
Bald wird wohl Beroe
Vergessenheit aus Lethes Kelche trinken,
Die Tochter Kadmus trinkt vom Lethe nicht.
Wie das? den doch mein Eltervater Agenor
Gekostet hat? –
Wird Semele nicht kosten.
Nie deine Rede, nie geheimnißvoll,
Der Geist der grauen Haare spricht aus dir –
Ich werde, sagst du, Lethes Trank nicht kosten?
So sagt’ ich, ja! was spottest du
Noch keinen Gott bestriket wie die blonden –
Verzeih der Unbesonnenen[4] – wie wollt’ ich
Der grauen Haare spotten, werden wohl
Die meinen ewig blond vom Nacken fliesen? –
Du murmeltest? – Ein Gott? –
Sagt’ ich, ein Gott?
Nun ja, die Götter wohnen überall:
Sie anzuflehn, steht schwachen Menschen schön.
Die Götter sind wo du bist – Semele!
Wie? meine Beroe?
So fremd? warum diß Herz vor mir verschlossen,
Das einst so froh in mein Herz überwallte?
Das wolltest du nicht sagen? –
Wollt’ ich mehr
Die Götter sind wo du bist – konnt’ ich mehr noch sagen?
Boshaftes Herz! – doch sprich was führte dich
Den weiten Weg von Epidaurum her,
Das doch wohl nicht, daß gern die Götter wohnen
Um Semele?
Beim Jupiter nur das!
Als ich das Jupiter aussprach? – nichts anders
Als jenes, meine Tochter – schröklich rast
Die Pest zu Epidaurum, tödtend Gift
Ist jeder Hauch, und jeder Athem würget,
Der Bräutigam, die feuerflammenden
Holzstöße machen Tag aus Mitternacht,
Und Klagen heulen rastlos in die Luft,
Unüberschwänglich ist das Weh! – entrüstet
Vergebens strömt ihm Opferblut, vergebens
Zermartert am Altare seine Knie
Der Priester, unserm Flehen ist sein Ohr verriegelt –
Drum sandt’ zu Kadmus groser Königstochter mich
Von ihr erbitten könnte seinen Grimm
Von uns zu wenden – Beroe die Amme
Gilt viel, gedachten sie, bey Semelen – bey Zevs
Gilt Semele so viel – mehr weiß ich nicht,
Bedeuten: Semele vermag bey Zevs so viel.
Die Pest wird morgen weichen – sags dem Volk,
Zevs liebt mich! sags! heut muß die Pest noch weichen!
Ha! ist es wahr? was tausendzüngiges Gerücht
Zevs liebt dich? Zevs grüßt dich in aller Pracht,
Worinn des Himmels Bürger ihn bestaunen,
Wenn in Saturnia’s Umarmungen er sinkt? –
Laßt Götter! laßt die grauen Haare nun
In seiner Götterpracht steigt Kronos groser Sohn
Zu ihr, zu ihr, die einst an dieser Brust
Getrunken hat – zu ihr –
O Beroe! er kam.
Ein schöner Jüngling reizender als keiner
Als Hesperus, wenn er balsamisch haucht,
In Aetherflut die Glieder eingetaucht,
Die Haare seidenweich und säuselnd aufgehoben,
Den Schwanenhals in Lockennacht verschoben,
Elysium sein Blik, sein schimmernd Angesicht
Mit Rosenroth purpurisch durchgewoben,
Voll Ernst sein Gang, und majestätisch, wie
Hyperions, wenn Köcher, Pfeil und Bogen
Vom Ozean sich heben Silberwoogen
Auf Mayenlüften hintennach geflogen
Sein Lichtgewand, die Stimme Melodie,
Ein Ohrenmahl wie Sphärenharmonie!
Entzükender als Orpheus Saiten schallen –
Ein Zauberbild wie noch vor keinem Auge schwam,
Das Statuen belebt, und Lebende versteinert,
Diß, tausendfach erhöht, und tausendfach verfeinert,
Ha! meine Tochter! – die Begeisterung
Erhebt dein Herz zum helikonschen Schwung!
Wie muß das Hören seyn! wie himmelvoll das Bliken!
Wenn schon die sterbende Erinnerung
Wie aber? warum schweigst du mir
Das kostbarste? Chronions höchste Zier,
Die Majestät auf rothen Donnerkeulen
Die durch zerrissene Wolken eilen,
Mag auch Prometheus und Deukalion
Verliehen haben – Donner wirft nur Zevs!
Die Donner die zu deinen Füßen
Er niederwarf, die Donner sind es nur
Wie, was sagst du? hier ist von keinen Donnern
Die Rede. –
Semele! auch Scherzen steht dir schön!
So himmlisch, wie mein Jupiter, war noch
Kein Sohn Deukalions – von Donnern weiß ich nichts!
Nein Beroe! beim Zevs!
Du schwörst?
Beim Zevs! Bei meinem Zevs!
Du schwörst?
Wie wird dir? – Keine Spur von Donnern!
Keine Spur
Unglückliche?
Wahrhaftig, kein Gedanke!
Entsezlich! was nicht ein Gedanke?
Beroe!
Auf Tellus ganzem großem Rund dich macht! –
Nicht eine Spur von Donnern, kein Gedanke?
Ihr Götter! kann ich anders sagen?
Ha!
Vernahmt ihrs auch ihr der Olympus Mächte!
Du Trillingsstirn der Gräber Pilgerin!
Ihr des Neptunus Schrecken! Ihr des Orkus Nächte!
Vernahmt ihrs auch? – Sie kann nichts anders sagen –
Verlohrene! das war nicht Zevs!
Nicht Zevs
Ein lockerer Geselle
Aus Attika, der unter Gottes Larve
Die Ehre, Schaam und Unschuld wegbetrog! –
Ja stürz nur hin! Steh ewig niemals auf!
Laß ew’ge Nacht dein Licht verschlingen, laß
Bleib ewig hier ein Felsenzaken kleben! –
O Schande! Schande! die den keuschen Tag
Zurük in Hekates Umarmung schleudert!
So Götter! Götter! so muß Beroe
Die Tochter Kadmus wiedersehn! – Frohlockend
Zog ich von Epidaurum her, mit Schaam
Muß ich zurük nach Epidaurum kehren! –
Verzweiflung bring ich mit! O Jammer! O mein Volk!
Fortwüten, mag mit aufgebäumten Leichen
Den Oeta übergipfeln, mag
Ganz Griechenland in ein Gebeinhaus wandeln,
Eh Semele den Grimm der Götter beugt.
O meine Beroe!
Ermuntre dich mein Herz!
Vielleicht ists Zevs! Wahrscheinlich doch wohl nicht!
Vielleicht ists dennoch Zevs! Izt müssen wir’s erfahren!
Izt muß er sich enthüllen oder du,
Der ganzen Todesrache Thebens Preiß. –
Schau, theure Tochter auf – schau deiner Beroe
Ins Angesicht, das sympathetisch dir
Sich öffnet – wollen wir ihn nicht
Nein bei den Göttern!
Ich würd ihn dann nicht finden –
Würdest du
Wohl minder elend seyn, wenn du in bangen Zweifeln
Fortschmachtetest – und wenn ers dennoch wäre?
Ach! Er ists nicht!
Und sich in allem Glanz
Verdunkelte, er je ein endlich Aug
Verblendete, vor dessen scharfem Schauen
(Dir ist es Abenddämmerung)
Die Sonnen schwarz vorüber schwanden,
Dir sichtbar stellte? – Semele! wie nun?
Dann sollte dichs gereuen ihn versucht
Zu haben?
Ha! Enthüllen muß er sich!
Eh darf er nicht in deine Arme sinken –
Was dir die redliche getreue Amme räth,
Was Liebe mir izt eben zugelispelt,
Vollbringen Liebe wird – sprich, wird er bald erscheinen?
Eh noch Hyperion in Thetis Bette steigt,
Wirklich? Ha?
Versprach er? heut schon wieder? (faßt sich.) Laß ihn kommen
Und wenn er eben Liebestrunken nun
Die Arme auseinander schlingt nach dir,
So trittst du – Merk dirs – wie vom Bliz
Nicht lange lässest du mein Kind ihn stuzen,
Du fährst so fort, mit frostgen Minen die
Die Seele morden, (liebenden Megären!)
Ihn wegzustoßen – wilder, feuriger
Ist nur ein Damm der einen Regenstrom
Zurükepreßt, und ungestümer prallen
Die Fluten an – Izt hebst du an zu weinen –
Giganten mocht er stehn, mocht ruhig niederschaun
Den Oßa und Olymp nach seinem Erbthron jagte –
Die Thränen einer Schönen fällen Zevs –
Du lächelst? – Gelt? die Schülerin
Ist weiser hier als ihre Meisterin? –
Unschuld’ge Bitte zu gewähren, die
Dir seine Lieb und Gottheit siegeln sollte –
Er schwörts beym Styx! – Der Styx hat ihn gebannt!
Entschlüpfen darf er nimmermehr! Du sprichst:
In aller Kraft, worinn dich Kronos Tochter
Umarmt, du zu der Tochter Kadmus steigest!“
Laß dichs nicht schröken, Semele, wenn er
Die Grauen seiner Gegenwart, die Feuer
Den Kommenden umknallen, zu Popanzen
Aufstellen wird, den Wunsch dir zu entleiden,
Das sind nur leere Schreken Semele,
Die Götter thun mit dieser herrlichsten
Beharre du nur starr auf deiner ersten Bitte,
Und Juno selbst wird neidisch auf dich schielen.
Die Häßliche mit ihren Ochsenaugen!
Er hat mirs oft im Augenblik der Liebe
Ihn martere –
Ha! Wurm! den Tod für diesen Hohn!
Wie meine Beroe? – Was hast du da gemurmelt?
Nichts – meine Semele. Die schwarze Galle quält
Auch mich – Ein scharfer strafender Blik
Und Ochsenaugen sind so wüste Augen nicht.
O pfui doch! Beroe! die garstigsten
Die je in einem Kopfe steken können! –
Und noch dazu die Wangen gelb und grün,
Mich jammert Zevs, daß ihn die Keiferin
Mit ihrer ekelhaften Liebe keine Nacht
Verschont und ihren eifersücht’gen Grillen,
Das muß Ixions Rad im Himmel seyn.
Wie Beroe? so bitter?
Hab ich wohl mehr gesagt, als wahr ist, mehr
Als klug ist? –
Mehr hast du gesagt
Als wahr ist, mehr als klug ist junges Weib!
Preiß dich beglükt, wenn deine blauen Augen
Saturnia hat auch Altär’ und Tempel,
Und wandelt unter Sterblichen – die Göttinn
Rächt nichts so sehr als höhnisch Nasenrümpfen.
Sie wandle hier, und sey des Hohnes Zeugin!
Mir jedes Haar, was kann mir Juno laiden? –
Doch laß uns davon schweigen Beroe,
Zevs muß mir heute noch in seiner Pracht erscheinen,
Und wenn Saturnia darob den Pfad
Diesen Pfad
Wird eine andre wohl noch vor ihr finden,
Wenn je ein Bliz Chronions trift! – (zu Semele.)
Ja Semele, sie mag vor Neid zerbersten
Wenn Kadmus Tochter, Griechenland zur Schau
Meinst du?
Man werd’ in Griechenland von Kadmus Tochter hören?
Ha! ob man auch von Sidon bis Athen
Von einem andern höret: Semele!
Götter, Götter, werden sich vom Himmel neigen,
Sterbliche in demuthsvollem Schweigen
Vor des Riesentöders Braut sich beugen
Und in zitternder Entfernung – –
Beroe!
Ewigkeiten – grauen Welten
Hier verehrt’ man Semele!
Semele der Frauen Schönste,
Die den Donnerschleuderer
Vom Olymp zu ihren Küssen
Und auf Famas tausendfach rauschenden Flügeln
Wirds von Meeren schallen, und brausen von Hügeln –
Pythia! Apollo! – Wenn er doch
Nur erschiene!
Und auf dampfenden Altären
Und erhören will ich sie!
Seinen Grimm mit Bitten söhnen,
Löschen seinen Bliz in Thränen!
Glüklich glüklich machen will ich sie!
Bald zerschmilzt – – – doch – garstig mich zu heißen! –
Nein! Das Mitleid in den Tartarus! (zu Semele.)
Flieh nur! Flieh nur meine Liebe,
Daß dich Zevs nicht merke, laß ihn lang
Nach dir schmachte –
Beroe! der Himmel
Hat erkohren dich zu seiner Stimme!
Ich Glüksel’ge! vom Olympus neigen
Werden sich die Götter, vor mir niederknien
Laß nur – laß – ich muß von hinnen fliehn!
Schwaches! stolzes! leichtbetrognes Weib!
Fressendes Feuer seine schmachtenden Blicke,
Seine Küsse Zermalmung, Gewittersturm
Mögen nicht ertragen die Gegenwart
Deß der die Donner wirft! – Ha! (in rasender Entzükung.)
Wenn nun ihr wächserner sterblicher Leib
Unter des Feuertriefenden Armen
Flokigter Schnee, – der Meineidige
Statt der sanften, weicharmigten Braut,
Seine eig’nen Schrecken umhalßt – wie frohlokend dann
Will ich herüber vom Zythaeron waiden mein Auge!
Niederbebt! – Pfui doch! umarme
Nicht so unsanft Saturnius.
Sohn Maja!
Zevs!
Auf! Eile! Schwing
Die Flügel fort nach des Skamanders Ufer,
Ein Schäfer – Niemand soll weinen
Wenn Saturnius liebet –
Ruf die Tode ins Leben zurük.
Deines Hauptes ein allmächtiger Wink
In einem Huy –
Verzeuch! Als ich ob Argos flog,
Kam wallend mir ein Opferdampf entgegen
Aus meinen Tempeln – das ergözte mich,
Daß mich das Volk so ehrt – Erhebe deinen Flug
Zehntausendfach soll sie auf fünfzig Jahr
Den Argiern die Halmen wiedergeben –
Mit zitternder Eile
Vollstrek ich deinen Zorn – mit jauchzender
Den Göttern Menschen zu beglüken, zu verderben
Die Menschen ist den Göttern Schmerz – Gebeut!
Wo soll ich ihren Dank vor deine Ohren bringen,
Nieden im Staub, oder droben im Göttersitz?
Meiner Semele! Fleuch!
– – – – – – – Sie kommt mir nicht entgegen
Wie sonst, an ihre wollustschwellende Brust
Den König des Olympus zu empfangen?
Entgegen? – Oedes – todes – grauenvolles Schweigen
Herrscht rings umher im einsamen Pallast,
Der sonst so wild und so bachantisch lermte –
Kein Lüftchen regt sich – auf Zythärons Gipfel
Will Semele nicht mehr entgegen eilen – – –
Ha! sollte wohl die Frevlerin gewagt
In meiner Liebe Heiligthum sich haben? –
Saturnia – Zythäron – ihr Triumf –
Getrost! Ich bin dein Zevs! Der weggehauchte Himmel
Solls lernen: Semele! Ich bin dein Zevs!
Wo ist die Luft, die sich erfrechen wollte
Rauh anzuwehn, die Zevs die seine nennt? –
Lang schmachtet’ ich mein weltbelastet Haupt
An deinem Busen zu begraben, meine Sinnen
Vom wilden Sturm der Weltregierung eingelullt,
Und Zügel, Steur, und Wagen weggeträumt,
O Wonnerausch! Selbst Göttern süßer Taumel!
Glüksel’ge Trunkenheit! – Was ist Uranos Blut,
Was Nektar und Ambrosia, was ist
Der Thron Olymps, des Himmels goldenes Zepter,
Ohne Liebe?
Der Schäfer, der an seines Stroms Gemurmel
Der Lämmer an der Gattinn Brust vergißt,
Beneidete mir meine Keile nicht.
Weib! – Anzubeten ist der Künstler, der
Dich schuf – – Ich schuf dich – bet mich an,
Zevs betet an vor Zevs, der dich erschuf!
Ha! wer im ganzen Wesenreiche, wer
Verschwinden meine Welten, meine stralenquillenden
Gestirne, meine tanzenden Systeme,
Mein ganzes großes Saitenspiel, wie es
Die Weisen nennen, wie das alles tod
Mein Stolz! Mein Thron ein Staub! O Semele!
Du fliehst? – Du schweigst? – Ha! Semele! du fliehst?
Hinweg!
Träumt Jupiter? Will die Natur
Zu Grunde stürzen? – so spricht Semele? –
Nach dir sich aus – so pochte nie mein Herz
Der Tochter Agenors entgegen, so
Schlugs nie an Ledas Brust, so brannten meine Lippen
Nach Danaes verschloßnen Küssen nie
Schweig Verräther!
Semele!
Fleuch!
Ich bin Zevs!
Du Zevs?
Erzittre Salmoneus, mit Schreken wird
Er wiederfodern den gestohl’nen Schmuck
Den du gelästert hast – Du bist nicht Zevs!
Und nennt mich so –
Ha! Gotteslästerung!
Wie, meine Göttliche? Von wannen dieser Ton?
Wer ist der Wurm der mir dein Herz entwendet?
Mein Herz war dem geweyht, deß Aff du bist –
Ein Weib zu fangen – Fort! Du bist nicht Zevs!
Du zweifelst? Kann an meiner Gottheit Semele
Noch zweifeln?
Wärst du Zevs! Kein Sohn
Des Morgennimmerseyns soll diesen Mund berühren,
Du weinest? Zevs ist da, und Semele soll weinen?
(niederfallend.) Sprich, fodre und die knechtische Natur
Soll zitternd vor der Tochter Kadmus liegen!
Gebeut! und Ströme machen gählings Halt!
Und Athos, Mykale, und Rhodope und Pindus,
Von meines Winkes Allgewalt
Entfesselt, küssen Thal und Triften
Und tanzen Floken gleich in den verfinsterten Lüften
Belagern den Allmächtigen Trident,
Durchrütteln Posidaons Throne,
Empöret steigt das Meer Gestad und Damm zu Hohne,
Der Bliz prahlt mit der Nacht, und Pol und Himmel krachen,
Der Ocean lauft gegen den Olympus Sturm,
Dir flötet der Orkan ein Siegeslied entgegen,
Gebeut –
Ich bin ein Weib, ein sterblich Weib,
Wie kann vor seinem Topf der Töpfer liegen,
Pygmalion beugt sich vor seinem Meisterstücke –
Zevs betet an vor seiner Semele!
Steh auf – Steh auf – O weh! mir armen Mädchen!
Zevs hat mein Herz, nur Götter kann ich lieben,
Zevs der zu deinen Füßen ligt –
Steh auf!
Zevs thronet über höhren Donnerkeulen,
Und spottet eines Wurms in Junos Armen.
Ha! – Semele und Juno! – Wer
O unaussprechlich glücklich wär
Die Tochter Kadmus – wärst du Zevs – O weh
Du bist nicht Zevs!
Ich bin’s! (rekt die Hand aus, ein Regenbogen steht im Saal.)
(Die Musik begleitet die Erscheinung.)
Kennst du mich nun?
Stark ist des Menschen Arm, wenn ihn die Götter stüzen,
Dich liebt Saturnius – Nur Götter kann
Noch! Noch zweifelst du
Ob meine Kraft nur Göttern abgeborget
Nicht Gottgebohren sey? – Die Götter, Semele,
Verleih’n den Menschen oft wohlthätige Kräfte,
Doch ihre Schreken leihen Götter nie –
Tödend enthüllt sich Jupiter dir!
und Erdbeben. Musik begleitet hier und
in Zukunft den Zauber.)
Zieh deine Hand zurük! – O Gnade! Gnade!
Dem armen Volk! – Dich hat Saturnius
Gezeuget –
Ha! Leichtfertige!
Planeten drehn, und Sonnen stillsteh’n heißen?
Zevs wird es thun! – Oft hat ein Göttersohn
Den feuerschwangern Bauch der Felsen aufgerizt,
Doch seine Kraft erlahmt in Tellus Schranken;
Sonne verschwindet, es wird
plözlich Nacht.)
Allmächtiger! – O wenn
Du lieben könntest! (es wird wiederum Tag)
Ha! die Tochter Kadmus fragt
Chronion, ob Chronion lieben könnte?
Ein Wort, und er wirft seine Gottheit ab,
Wird Fleisch und Blut, und stirbt und wird geliebt.
Sprich, Semele, was mehr?
Apollo selbst gestand, es sey Entzüken
Mensch unter Menschen seyn – Ein Wink von dir! Ich bins!
O Jupiter, die Weiber Epidaurum schelten
Ein thöricht Mädchen deine Semele
Von ihm erbitten kann –
Erröthen sollen
Die Weiber Epidaurum! – Bitte! Bitte nur!
Und bei dem Styx, deß schrankenlose Macht
Selbst Götter sklavisch beugt – Wenn Zevs dir zaudert,
Hinunter mich in die Vernichtung donnern!
Daran erkenn ich meinen Jupiter!
Du schwurest mir – der Styx hat es gehört!
So laß mich dann nie anders dich umarmen
Unglükliche halt ein!
Saturnia –
Verstumme!
Dich umarmt!
Zu spät! Der Laut entrann! Der Styx! Du hast den Tod
Erbeten Semele! –
Ha! So liebt Jupiter?
Den Himmel gäb’ ich drum, hätt’ ich dich minder nur
Jupiter!
Ha! merk ich nun dein Siegfrohloken, Juno?
Verwünschte Eifersucht! – O diese Rose stirbt!
Zu schön – O weh! Zu kostbar für den Acheron!
Du geizest nur mit deiner Herrlichkeit!
Verblendete! Fluch über meine Größe,
Die dich zerschmettert! Fluch! Fluch über mich!
Daß ich mein Glük auf morschen Staub gebaut!
Das sind nur leere Schrecken, Zevs, mir bangt
Bethörtes Kind!
Geh – nimm das lezte Lebewohl auf ewig
Von deinen Freundinnen – nichts – nichts vermag
Dich mehr zu retten – Semele! ich bin dein Zevs!
Auch das nicht mehr – Geh –
Neidischer! der Styx!
Nein! triumfiren soll sie nicht. – Erzittern
Soll sie – und kraft der tödenden Gewalt,
Die Erd und Himmel mir zum Schemel macht,
Will an den schrofsten Felsen Thraziens
Auch diesen Schwur –
Was will dein rascher Flug?
Feurigen geflügelten weinenden Dank
Der Glüklichen –
Verderbe sie wieder!
Zevs!
Glüklich soll niemand seyn!
Als aus Pandora’s Jammerbüchse
Das Weh auf unsre Kugel lief,
Versezten ein’ge schlaue Füchse:
„Du gabst was nur die Büchs’ begriff,
Euren Preiß erklimme meine Leyer –
Erdengötter – die der süsen Feyer
Anadyomenens sanft nur klang;
Leiser um das pompende Getöse,
Zittert der Gesang.
Redet! soll ich goldne Saiten schlagen,
Wenn vom Jubelruf empor getragen
Euer Wagen durch den Wahlplaz rauscht?
Schwere Panzer mit den weichen Rosenarmen
Eurer Phrynen tauscht? –
Soll vielleicht im Schimmer goldner Raifen,
Götter, euch die kühne Hymne greifen
Euer Spleen mit Donnerkeilen tändelt,
Mit Verbrechen eine Menschlichkeit bemäntelt
Bis – das Grab verstummt?
Sing ich Ruhe unter Diademen?
Wenn der Wurm am Königsherzen zehrt
Weht der goldne Schlummer um den Mohren,
Der den Schatz bewacht an des Pallastes Thoren,
Und – ihn nicht begehrt.
Könige auf einem Polster schlafen,
Die gelöschten Blize freundlich thun,
Wo nun nimmer ihre Launen foltern,
Nimmer die Theaterminotaure poltern,
Auf! Betaste mit dem Zaubersiegel,
Hekate, des Gruftgewölbes Riegel!
Horch! die Flügel donnern jach zurük!
Wo des Todes Odem dumpfig säuselt,
Sing ich – Fürstenglük. – –
Hier das Ufer? – Hier in diesen Grotten
Stranden eurer Wünsche stolze Flotten?
Hier – wo eurer Gröse Flut sich stößt?
Schmiedet hier die Nacht mit schwarzen Schauerarmen
Potentaten fest.
Traurig funkelt auf dem Todenkasten
Eurer Kronen, der umperlten Lasten,
Wie so schön man Moder übergoldet!
Doch nur Würmer werden mit dem Leib besoldet.
Dem – die Welt gewacht.
Stolze Pflanzen in so niedern Beeten!
Garstig spaßt der unverschämte Tod!
Die durch Nord und Ost und West geboten –
Dulden sie des Unholds ekelhafte Zoten,
Und – kein Sultan droht?
Schüttelt ab den tausendpfundgen Schlummer,
Siegespauken trommeln aus der Schlacht,
Höret doch, wie hell die Zinken schmettern!
Wie des Volkes wilde Vivat euch vergöttern!
Siebenschläfer! – o so hört die hellen
Hörner klingen und die Doggen bellen!
Tausendrörigt knallt das Jagdenfeu’r:
Muntre Rosse wiehern nach dem Forste,
Und – der Sieg ist eu’r!
Was ist das? – Auch Fürsten schweigen selber?
Neunfach durch die heulenden Gewölber
Spottet mir ein schleifend Echo nach –
Euch beehrt Madonna mit geheimen Schlüsseln
In – ihr Schlafgemach.
Keine Antwort – Ernstlich ist die Stille –
Fällt denn auch auf Könige die Hülle,
Und ihr fodert Anbetung in Asche,
Daß die blinde Meze Glük in eure Tasche
Eine – Welt gestekt?
Und ihr rasselt, Gottes Riesenpuppen,
Gleich dem Gaukler in dem Opernhaus? –
Pöbelteufel klatschen dem Geklimper,
Aber weinend zischen den erhabnen Stümper
Seine Engel aus.
Würden – überwänden sie die Schranken –
Schlangenwirbel eure Mäkler drehn;
Lernt doch, daß die euren zu entfalten,
Blike, die auch Pharisäerlarven spalten,
Prägt ihr zwar – Hohn ihrem falschen Schalle! –
Euer Bild auf lügende Metalle,
Schnödes Kupfer adelt ihr zu Gold –
Eure Juden schachern mit der Münze, –
Wo die Waage rollt!
Deken euch Seraile dann und Schlösser,
Wann des Himmels fürchterlicher Presser
An des grosen Pfundes Zinsen mahnt?
Mit Gelübden, und mit lächerlicher Tugend,
Die – Hanswurst erfand.
Berget immer die erhabne Schande
Mit des Majestätsrechts Nachtgewande!
Aber zittert für des Liedes Sprache,
Kühnlich durch den Purpur bohrt der Pfeil der Rache
Fürstenherzen kalt.
Ihr – ihr dort aussen in der Welt
Die Nasen eingespannt!
Auch manchen Mann, auch manchen Held,
Im Frieden gut, und stark im Feld
Prahlt nur mit Karl und Eduard
Mit Fridrich, Ludewig.
Karl, Fridrich, Ludwig, Eduard
Ist uns der Grav, der Eberhard,
Und auch sein Bub, der Ulerich,
War gern, wo’s eisern klang;
Des Grafen Bub der Ulerich,
Kein Fußbreit rükwärts zog er sich,
Die Reutlinger, auf unsern Glanz
Erbittert, kochten Gift,
Und bulten um den Siegeskranz,
Und wagten manchen Schwerdertanz,
Er grif sie an – und siegte nicht,
Und kam gepantscht nach Haus,
Der Vater schnitt ein falsch Gesicht,
Der junge Kriegsmann floh das Licht,
Das wurmt ihm – Ha! Ihr Schurken wart!
Und trugs in seinem Kopf.
Auswezen, bei des Vaters Bart!
Auswezen wollt er diese Schart
Und Fehd entbrannte bald darauf,
Und zogen Roß und Mann
Bei Döffingen mit hellem Hauf,
Und heller gings dem Junker auf,
Und unsers Heeres Losungswort
War die verlohrne Schlacht:
Das riss’ uns wie die Windsbraut fort,
Und schmiss’ uns tief in Blut und Mord
Der junge Grav voll Löwengrimm
Schwung seinen Heldenstab,
Wild vor ihm ging das Ungestüm,
Geheul und Winseln hinter ihm,
Doch weh! ach weh! ein Säbelhieb
Sunk schwer auf sein Genik,
Schnell um ihn her der Helden Trieb,
Umsonst! Umsonst! erstarret blieb
Bestürzung hemmt des Sieges Bahn,
Laut weinte Feind und Freund –
Hoch führt der Grav die Reuter an:
Mein Sohn ist wie ein andrer Mann!
Und Lanzen sausen feuriger,
Die Rache spornt sie all,
Rasch über Leichen gings daher,
Die Städtler laufen kreuz und queer
Und zogen wir mit Hörnerklang
Ins Lager froh zurük,
Und Weib und Kind im Rundgesang
Beim Walzer und beim Becherklang
Doch unser Grav – was thät er izt? –
Vor ihm der todte Sohn.
Allein in seinem Zelte sizt
Der Grav, und eine Thräne blizt
Drum hangen wir so treu und warm
Am Graven unserm Herrn.
Allein ist er ein Heldenschwarm,
Der Donner ras’t in seinem Arm,
Drum ihr dort aussen in der Welt,
Die Nasen eingespannt,
Auch manchen Mann, auch manchen Held,
Im Frieden gut und stark im Feld,
Schon freuen sich aufs Paradies
Die Reichen und die Armen.
Nur alter Jungfern soll gewiß
Auch das sich nicht erbarmen.
Au weh! Sie kamen schon zu spät
In diesem Jammerleben,
Und werden, wie die Sage geht,
Auch dort nicht viel erheben.
Sie haben’s Maul umsonst gespizt!
Dort freyet man nicht wieder,
Und zwischen beiden Stühlen sizt
Das arme Korpus nieder.
Du, der du Erd und Himmel riefst,
Und Erd und Himmel kam,
Der Welten spricht, und Welten stehn,
Wer bist du, großes Ding?
In stiller Majestät
Die königliche Sonne steigt,
Ruf ich: Du großes Ding!
Des Nachts, wenn über meinem Haupt
Und Welt auf Welt vorüberrollt,
Ruf ich: Du großes Ding!
Wenn gros und vest gleich Gottes Berg
Der Leviathan steht,
Ruf ich: Du großes Ding!
O großes wundergroßes Ding!
Mir schwindelt dich zu sehn.
Ich schaudere erstarrt zurük
Mensch! Ich bitte guk heraus!
Kleken nicht zwo Stunden,
Steh ich so vor deinem Haus,
Stehe mit den Hunden.
S’g’wittert wie zum jüngsten Tag
Pudelnaß die Hosen!
Platschnaß Rok und Mantel ey!
Rok und Mantel nagelneu,
Draussen, draussen Sauß und Brauß!
Mensch! ich bitte guk heraus.
Ey zum Henker guk heraus!
Löscht mir die Laterne –
Weder Mond noch Sterne.
Stoß ich schier an Stein und Stok,
Reisse Wams und Ueberrok,
Ach daß Gott erbarme!
Gräben, Hügel kreuz und queer,
Breche Bein und Arme.
Draussen, draussen Nacht und Grauß!
Ey zum Henker guk heraus!
Höre mein Gesuche!
Beten, Singen geht mir aus,
Willst du, daß ich fluche?
Muß ich doch ein Hans Dampf seyn,
Wenn ich länger bliebe?
Liebe das verdank ich dir,
Winterbeulen machst du mir,
Du vertrakte Liebe!
Ey zum Teufel guk heraus.
Donner alle! Was ist das,
Das vom Fenster regnet,
Garstge Hexe, kothignaß,
Regen, Hunger, Frost und Wind
Leid ich für das Teufelskind,
Werde noch gehudelt!
Wetter auch! Ich pake mich!
Habe satt gedudelt!
Draussen, draussen Sauß und Brauß!
Fahre wol – Ich geh nach Haus.
Ein alter Satyr spukte
Um meine Muse, die
Umherzog und begukte
Durch eine Brille lüstern sie.
Bei Lunas bleichem Licht,
Schlich um ihr Tabernakel
Der arme spizgeöhrte Wicht,
Und trillte manches Liedel
Und strich auf seiner Fiedel
Wol manche fürchterliche Weis.
Und seine Augen schwollen
Von Thränen Nüsse groß,
Wie Lieder von Silenus Roß.
Die Muse saß und spielte
In ihrer Grotte drinn,
Sah grämlich aus, und schielte
Dich garstigen Pedanten!
Wer dich auch küssen soll!
Spielst du nicht den Galanten
Wie Meister Midas den Apoll?
Was ist scharmant an dir?
Schwarz bist du wie ein Neger,
Rauch bist du wie ein Zottenthier.
Mich liebt ein junger Sänger,
An ihn den Saitenschwinger
Knüpft mich ein ewig Liebesband.
Sie sprachs und husch! und wischet
Dem Räuber aus, er nach,
Und haschte sie und plerrt und sprach:
Halt an! Halt an! du Spröde!
Halt an und höre mich!
Dein Dichtergen, ich wette!
Schau dieses hübsche Dingel,
Zu melden ohne Ruhm
Auf manchem breiten Bengel,
Flog weidlich frisch das Dingel ’rum.
Und würzet seine Lehr,
Und macht dir derbe Säze
Auf Kapp und Stekengäulen her.
Das beste Lied gewinnet
Was von der Geisel rinnet,
Ist doch nichts mehr als – Narrenblut.
Die Geisel soll er haben,
Gibst du mir einen Schmaz,
Mamsell, zu deinem teutschen Schaz.
Die Muse, schlau besonnen,
Ging den Vertrag bald ein –
Der Satyr ist entronnen,
Und soll auch hier nicht feyren,
Das glaubt mir kek!
Die Küsse seiner Theuren
Schenkt man doch in den Tag nicht weg.
Doch Narren zünden nie!
Vor Würden soll die fromme Muse knieen,
Doch Würdenschänder geiselt sie.
Ade! Die liebe Herrgottssonne gehet,
Grad über tritt der Mond!
Ade! Mit schwarzem Rabenflügel wehet
Die stumme Nacht ums Erdenrund.
Als tief im Felsenloch
Die Murmelquell, und aus dem Wald das wilde
Geheul des Uhus hör ich noch.
Im Wasserbette ruhen alle Fische,
Das Hündchen schlummert sicher unterm Tische,
Mein Weibchen nikt im Schlafgemach.
Euch Brüderchen von meinen Bubentagen,
Mein herzliches Willkomm!
Um einen teutschen Krug herum.
Im hochgefüllten Deckelglase malet
Sich purpurfarb die Welt,
Und aus dem goldnen Traubenschaume stralet
Im Hintergrund vergangner Jahre findet
Nur Rosen euer Blik,
Leicht, wie die blaue Knasterwolke, schwindet
Der trübe Gram von euch zurük.
Stört ihr im Zeitbuch um,
Und zählt nunmehr mit federleichtem Mute
Schweißtropfen im Gymnasium.
Wie manchen Fluch – noch mögen unterm Boden
Terenz erpreßt, troz Herrn Minellis Noten,
Wie manch verzogen Maul gesehn.
Wie ungestüm dem grimmen Landexamen
Des Buben Herz geklopft;
Der helle Schweiß aufs Buch getropft –
Wohl redt man auch von einer –e– gewissen –
Die sich als Frau nun spreißt,
Und mancher will der Leker baß nun wissen,
Nun ligt diß all im Nebel hinterm Rüken,
Und Bube heißt nun Mann,
Und Fridrich schweigt der weiseren Perüken
Was einst der kleine Friz gethan –
Wohl gar – beim Regiment!
Und hat vielleicht – doch nicht zu früh, gerochen,
Daß Plane – Saifenblasen sind.
Hauch immer zu – und laß die Blasen springen;
Und bleibt mir nur – errungen mit Gesängen –
Zum Lohn ein teutscher Lorbeerkranz.
- ↑ WS: Druckfehler in der Vorlage: kind sche.
- ↑ Vorlage: leree
- ↑ Der würdige Mann, den diese Ode feiert, möge mir die Kühnheit vergeben, daß ich meine Sammlung mit Seinem Namen und Lobe kröne. Ob ich mich schon nicht für den Verfasser davon bekennen darf, so glaubte ich doch durch Aufnahme derselben in meine Anthologie ihr den Stempel des Gleichgefühls aufgedrükt zu haben, und ich freute mich dieses Anlasses meine wärmste Hochachtung gegen Denselben vor der ganzen Welt entblösen zu können.
Der Herausgeber.
- ↑ Vorlage: Unbesonnnen
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