RE:Domänen
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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I. Der Orient. II. Griechenland. III. Die hellenistischen Reiche und Karthago. | |||
Band S IV (1924) S. 227–268 | |||
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Domänen.
I. Der Orient. II. Griechenland. III. Die hellenistischen Reiche und Karthago. IV. Das Römerreich: 1. Rom und Italien unter der Republik; 2. in der Kaiserzeit; 3. die Provinzen mit einem Schlußabschnitt über römische D.-Gesetzgebung und D.-Verwaltung im allgemeinen. V. Spätrom und Byzanz. VI. Die Kirche. VII. Der Übergang zum Mittelalter. VIII. Literatur.
Der Besitz an Grund und Boden spielt im Wirtschaftsleben des Altertums eine viel größere Rolle als in der modernen Welt. Auch als neben den Besitz von Vieh und Land in vorgeschrittener Zeit das Geld getreten war, hat der Grundbesitz bei dem Fehlen der Wertpapiere und der Existenz der Sklavenwirtschaft seine große Bedeutung als vornehmste Kapitalanlage von ehedem nicht verloren, ja stellenweise, sowohl bei den Griechen wie bei den Römern, in erhöhtem Maße behalten. Was die Griechen betrifft, so hat Pöhlmann Soziale Frage I² 225, 2 darauf hingewiesen, daß die Gerichtsreden des Lysias, Isaios und Demosthenes diese Vorliebe für Kapitalanlagen in Grund und Boden deutlich erkennen lassen. Für die römische Welt dagegen sind Ciceros bekannte Worte in de off. I 151 charakteristisch: si satiata quaestu vel contenta potius, ut saepe ex alto in portum, ex ipso portu se in agros possessionesque contulit, videtur iure optimo posse laudari. Omnium autem rerum, ex quibus aliquid adquiritur, nihil est agri cultura melius, nihil uberius, nihil dulcius, nihil homine, nihil libero dignius, eine Stelle, zu der Mommsen die Bemerkung gemacht hat (R. Gesch. III⁷ 521 Anm.): ,Es ist die vollkommen ausgebildete Plantagenbesitzeraristokratie mit einer starken Schattierung von kaufmännischer [228] Spekulation und einer leisen Nuance von allgemeiner Bildung‘, dazu Pöhlmann II² 456ff. Wertvoll ist auch M. Webers Hinweis (Archiv f. Sozialwissensch. XLVII 699ff.) auf ein Rentnertum als die eigentlich vornehme Schicht des Altertums, die im Grunde weder Grundbesitzer noch Kaufmann war, sondern nur ,Geldgeber‘ für die verschiedensten Einzelunternehmungen, vor allem landwirtschaftlicher Art. Die Tendenz zum Großgrundbesitz war daher für das Altertum von frühester Zeit an gegeben. Der antike Staat, zunächst, soweit er Monarchie war, bedurfte einer angesessenen Herrenschicht, aus der die Beamten und sonstigen Helfer (Offiziere und Soldaten) des Königs genommen wurden. Wo der Staat Republik geworden war, wie in manchen Landschaften Griechenlands und in Rom, hatte er dieses Bedürfnis noch mehr, weil, abgesehen von der Spätantike, keine Gehälter gezahlt wurden. ,Die hohe Aristokratie‘, sagt Kromayer N. Jahrb. XXXIII 1914, I 166 mit Rücksicht auf Rom, ,mußte alle ihre Pflichten für den Staat, die nicht nur einzelne Jahre des Lebens, sondern oft das ganze Leben in Anspruch nahmen, umsonst erfüllen. Das konnte nur ein Stand tun, der ökonomisch so sicher dastand, daß er von Sorgen für den Lebensunterhalt völlig frei war. Der Großgrundbesitz des römischen Adels war also die notwendige ökonomische Grundlage für dessen staatliche Tätigkeit. . . . Der große Grundbesitz hatte im damaligen Staatsorganismus ebenso notwendige Funktionen, wie die großen Lehen im Organismus des mittelalterlichen Staates.‘ Diese Sätze gelten bis zu einem gewissen Grade vom gesamten Altertum. Der Großgrundbesitz war also ein integrierender Bestandteil des antiken Staats- und Wirtschaftslebens.
I. Der Orient. Rostowzew hat in dem grundlegenden Werk (Kolonat 281ff.) auf das Bild hingewiesen, das die griechische Wissenschaft, vor allem die Staatstheorie, von der Verschiedenheit der Struktur eines monarchischen Reiches im Vergleich mit derjenigen der Polis sich gemacht habe, insofern in den Monarchien das souveräne Recht des Königs auf das ganze Land, weiter die Existenz einer besonderen Klasse von halbfreien Landarbeitern, endlich die anscheinend streng berufliche Organisation des ganzen Staates in die Erscheinung tritt. Darin kommt der Gegensatz des Orients zu Griechenland und weiterhin dem europäischen Staatensystem zum Ausdruck. ,An der Spitze steht dort ein König und sein alter ego, der Hauptrichter und Generalissimus. Die drei privilegierten Klassen bestehen aus den Priestern, Militärs und Landbesitzern, und als wirtschaftliche Basis erscheinen die λαοί, die halbfreien Landarbeiter.‘ ,Charakteristisch ist es, daß diese λαοί, obwohl sie wahrscheinlich unter die einzelnen Grundbesitzer verteilt waren, doch λαοὶ βασιλικοί sind, d. h. dem König als solchem gehören‘; Musterbeispiel ist die Schilderung Strabons von Iberien (XI 501). Man versteht, welche Rolle der Großgrundbesitz in einem solchen Staate gespielt hat. Der König war nicht nur der Herr und Leiter des Ganzen, sondern auch der größte Großgrundbesitzer, vgl. Meissner Babylonien u. Assyrien [229] I 53 (für Babylonien). 188 (Assyrien). Neben den königlichen D. standen an Größe oft fast gleich die Tempelgüter. Denn ,mit den Königen rivalisierten als Großgrundbesitzer die Götter‘ (Meissner an der zweiten der angeführten Stellen). Was noch übrig blieb, war Privatbesitz, über den frei verfügt werden konnte, abgesehen von dem Lehensland, mit dem Hammurapi seine Soldaten ausgestattet hatte (Meissner 86), die aus Militärkolonisten allmählich freie Besitzer wurden, indem sie neben ihrem unveräußerlichen Lehen andere Ländereien pachteten und allerlei Geschäfte machten. Die Verwaltung der D. erforderte ein großes Personal an Bauern, Knechten, Beamten und Schreibern (Meissner 188). Die Bewirtschaftung geschah gewöhnlich durch Verpachtung entweder gegen eine feste, meist in Naturalien zu entrichtende Abgabe oder gegen Drittelpacht (ebd. 190). Bei der Selbstbewirtschaftung spielten Sklaven auch in der Landwirtschaft eine große Rolle, sie gehörten zum Grund und Boden, mit welchem sie vererbt wurden. In der Erntezeit wurden noch Aushilfssklaven herangezogen, wobei die Sklavenbesitzer mit der jeweiligen Vermietung gute Geschäfte machten (Meissner 378). Die Erben vieler der großen D. der altorientalischen Zeit wurden die persischen Könige, von denen dann wieder Alexander und seine Nachfolger das ,Königsland‘ übernommen haben (Haussoullier Revue de Phil. 1901, 39. Rostowzew Klio I 297).
Ganz ähnlich wie in Babylonien und Assyrien lagen die Verhältnisse in Ägypten, nur daß hier der Landbesitz der Könige und Götter noch ungleich größer war als in Asien. Schon im alten Reich gab es daneben eine Klasse von vornehmen Großgrundbesitzern, Breasted-Ranke Gesch. Ägyptens 81ff., deren blühende Land- und Viehwirtschaft uns die Reliefs der ägyptischen Gräber dieser Familien so glänzend veranschaulichen (Material bei Wreszinski Atlas zur altägypt. Kulturgesch., 12 Lieferungen bis jetzt, vgl. z. B. Taf. 95–100). Ihre Zahl hat sich im mittleren Reich stark vermehrt, wo sie zum Teil als mächtige Gaufürsten mit doppeltem Grundbesitz, dem altererbten ,väterlichen Besitz‘ und dem durch das Amt übernommenen Grund und Boden, der beim Tode des Gaufürsten vom König neu verliehen werden mußte, uns entgegentreten, Breasted-Ranke 150f. Im Laufe des neuen Reiches kommt dann infolge des Wachsens von Amons Macht vor allem der Tempelbesitz auf den Höhepunkt (ebd. 371ff.). Nicht weniger als 11/4, ja sehr wahrscheinlich 2 Prozent von der ganzen Bevölkerung gehörten den Tempeln als Sklaven bezw. Pächter, und die Ländereien, über welche die Heiligtümer verfügten, enthielten bis zu 15 Prozent des kulturfähigen Landes. Davon gehörten Amon mehr als zwei Drittel. Sein Grundbesitz und seine Einkünfte standen nur denen des Königs nach. Die Bewirtschaftung der Großgüter geschah weniger durch Sklaven als durch Kleinpächter, auf den Königs-D. durch die Vorgänger der späteren γεωργοὶ (λαοὶ) βασιλικοί. Der Betrieb war hier daher, was die Feldbestellung betraf, wenig unterschieden von demjenigen im bäuerlichen Besitze; die [230] fast primitiven Bebauungsmethoden sind hier wie dort mit ungemeiner Zähigkeit festgehalten worden (A. Wiedemann Das alte Ägypten 1920, 267ff.). Sehr ausgedehnt war in den Großbetrieben, vor allem des Deltas, die Viehzucht, die ganz im Freien mit Benutzung großer Weideflächen sich abspielte. In den Reliefs der Gräber ist vielfach dargestellt, ,wie der Gutsherr den Auszug oder die Rückkehr der Rinder besichtigt, wobei häufig eine Registrierung der Tiere stattfand‘, L. Klebs Die Reliefs des alten Reiches, Abh. Akad. Heidelb., phil.-hist. Kl., Abh. 3, 1915, 119ff. Budge Wall Decorations of Egyptiens Tombs, Brit. Mus. Taf. 1 (farbig). Wiedemann 280. Die Viehzucht auf den Großgütern diente der Schlachtvieh- und Milchgewinnung, vor allem aber auch Zuchtzwecken, weil der Bauer die Kühe auch als Zugtiere benutzte. Die große Bedeutung der Viehzucht in Ägypten tritt auch in den regelmäßig wiederkehrenden staatlichen Viehzählungen, nach denen in älterer Zeit oft das Jahr seinen Namen bekam, und in den besonderen Viehsteuern zutage, Wiedemann 282f. Die königlichen D. waren Mustergüter; von hier aus wurde oft Vieh an Privatpersonen zur Benutzung vergeben, Müller Ägypt. Ztschr. XXVI 86. Wiedemann 283.
II. Griechenland. Hier stehen schon in der kretisch-mykenischen Epoche in den am dichtesten bewohnten Gebieten, z. B. in Kreta, der Argolis, Boiotien, Thessalien bäuerlich besiedelte Dörfer und größere Herrensitze nebeneinander. Die letzteren liegen zum großen Teil auf Stätten, die bereits seit der neolithischen Zeit besiedelt waren, Erdwellen, die leicht über die Ebene ringsum sich erheben, Kornemann Klio VI 171ff. W. Müller ebd. X 390f. Fimmen Die kretisch-myk. Kultur² 1921, 24ff. Ohne die Annahme eines landbesitzenden Gaufürsten- und Grundherrentums unter den Landeskönigen kommen wir schon für die genannte Epoche nicht aus. Auch die homerische Zeit des griechischen Mittelalters mit ihrem Aufbau des ganzen Wirtschaftslebens auf Viehzucht und Ackerbau zeigt neben stark ausgedehntem bäuerlichem Besitz (darüber Art. Bauernstand) eine Großgrundwirtschaft, die in den größeren Ebenen mit Rossezucht verbunden ist. Der größte Grundherr aber war auch jetzt der König (βασιλεύς), der in der Theorie Herr von Grund und Boden überhaupt war, Kahrstedt Griech. Staatsr. I 1922, 372, insonderheit aber Besitzer des größten aus dem Gemeindeland herausgeschnittenen ,Temenos‘, das das erste Beispiel einer Kron-D. auf europäischer Erde darstellt, da es auf den Nachfolger vererbt wurde, ähnlich wie D. gleicher Art, die den Tempeln gehörten, immer im Besitz des betreffenden Gottes blieben (vgl. Weiss Art. Kollektiveigentum o. Bd. XI S. 1093). Daneben hatten um den König verdiente Männer auch Großgüter im Besitz, Busolt Griech. Staatsk. I 319ff. Ein solcher Großgrundbesitzer erscheint inmitten seiner Arbeiter auf dem Erntebild des Achilleusschildes, Pöhlmann Soziale Frage I² 24ff. und 162. Durch den starken Betrieb der Pferdezucht auf den Großgütern erhielt der grundbesitzende Adel frühe einen ritterschaftlichen Charakter: daher neben Bezeichnungen [231] wie γεομόροι oder γαμόροι (Samos und Syrakus) gern ἱππεῖς, wie in Thessalien, Eretria und einer Anzahl kleinasiatischer Städte, oder ἱπποβόται (Chalkis) als Standesbezeichnung (Busolt I 345). Die Frage, ob die Grundherren der homerischen Zeit ähnlich wie später ihren Wohnsitz schon ausschließlich in der Stadt hatten, wird verschieden beantwortet, Ed. Meyer Gesch. d. Alt. II 333 verneinte sie, dagegen A. Fanta Der Staat in der Ilias und Odyssee 1882, 42. Pöhlmann Aus Altertum u. Gegenwart² 1911, 146, 1. Busolt 319, 1 sind, wenigstens für die vorgeschrittenen Gegenden, vor allem in Kleinasien, mit Recht der entgegengesetzten Ansicht.
Mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft, des Handels und der Kolonisation hat dieser Stand der homerischen Großgrundbesitzer und des adeligen Rittertums eine Weiterentwicklung in der Richtung auf eine Plutokratie durchgemacht, zu jenem Rentnertum der Geldgeber in den Poleis, von dem in der Einleitung gesprochen war. Über den ἱππεῖς erhoben sich dann, z. B. in Attika, die in der Steuerklasse der Πεντακοσιομέδιμνοι zusammengefaßten Höchstbesitzer an Grund und Kapital. Teils waren das alte Großgrundbesitzer, die in die neuen Aufgaben der industriellen und kommerziell-maritimen Unternehmungen hineingewachsen waren, teils umgekehrt Kapitalisten, die von hier aus reich geworden, ihr Geld in Grund und Boden angelegt hatten. Wie hoch nämlich Grund und Boden auch fernerhin als Quelle des Reichtums geschätzt wurde, zeigt ein Fragment des Phokylides, Pöhlmann I 169. Busolt I 177, 6. Ein Beispiel aus dem Kreise dieser Neureichen, allerdings aus späterer Zeit, war Pasion, ,der Rothschild seiner Zeit‘, Beloch Griech. Gesch. II¹ 352, vgl. III 1², 333. Der Besitz der Grundherren lag im besten Ackerland, in Attika z. B. in der Kephisosebene, während die freien Kleinbauern in der Paralia und Diakria saßen, Busolt I 359, 1. Ihr Wohnsitz befand sich in Attika, wie überall sonst in Griechenland, wo die Polis Platz gegriffen hatte, in der Stadt, weil sie in erster Linie an der Staatsverwaltung beteiligt waren. Anderswo, wie z. B. in Lakonien und Thessalien, blieben die Verhältnisse der mittelalterlichen Zeit länger erhalten. Der spartanische Staat blieb durch seine besondere Organisation der obersten dorischen Kriegerkaste immer ein Staat von Grundherren, die im Zentrum der Landschaft in der dörflichen Samtgemeinde Sparta zusammensaßen und von der Arbeit ihrer Heloten (Leibeigenen) lebten, die seit dem Bauernlegen des 8. und 7. Jhdts. v. Chr. entstanden waren (Kahrstedt Herm. LIV 1919, 279ff.; ders. Griech. Staatsr. I 1922, 11 u. 57ff.). Eine ähnliche Entwicklung schien die thessalische Kriegerkaste, gestützt auf die Beherrschung der dortigen Leibeigenenkaste, der Penesten, nehmen zu wollen, Ed. Meyer Theopomps Hellenika 1909, 235: aber einerseits waren die Güter dieser thessalischen Herren viel umfangreicher als diejenigen der Spartaner, wahre Rittergüter von großer Ausdehnung (6–7000 Morgen), auf denen die Wehrordnung des thessalischen Staates fernerhin ruhte (Ed. Meyer 225), und anderseits drang in dieses Land der frühzeitig ausgeprägten Großgutswirtschaft allmählich auch die Stadt [232] ein (Ed. Meyer 235), wodurch der alte Stammstaat allmählich zersetzt wurde, Busolt I 359, 1. Überhaupt war die Ausdehnung der Großgüter gemäß dem Vorhandensein größerer oder kleinerer Strecken wirklich guten Ackerbodens in Griechenland sehr verschieden. Im Attika der besten Zeit galt schon ein 300 Plethra (281/2 Hektar) umfassendes Gut als recht groß (Lysias XIX 29). Der größte uns bekannte Grundbesitz dortselbst, der des Phainippos (Ps.-Demosthenes gegen Phain. XLII 20. Guiraud La propriété foncière en Grèce 394), umfaßte 300 Hektar, Busolt I 180, 1. Viel größer waren die Güter in den Kolonialgebieten, in denen zum großen Teil die Besiedlung von der Gewinnung agrarischen Neulandes, zumal in Sizilien und Unteritalien, ausgegangen war (s. den Art. Bauernstand).
In der klassischen Zeit des Griechentums nahm der Betrieb der Großgüter einen immer stärker werdenden kapitalistischen Zug an, je mehr Land in die Hände reichgewordener Leute gelangte. Infolgedessen wurde der Landbau immer mehr industriell betrieben, sein Absatz kommerziell ausgestaltet, Poehlmann I² 228. Die Produktion richtete sich nach der Aufnahmefähigkeit des Marktes. So fand bei der unterdessen eingetretenen Getreideversorgung von auswärts in immer stärkerem Maße die längst begonnene Umstellung auf Wein- und Ölproduktion im Großbetrieb statt sowie in der Nähe der Städte auf Gemüsebau, letzteres allerdings mehr durch den mittleren und kleineren Besitzer, Ed. Meyer Forschungen II 190ff.
Nach dem Peloponnesischen Krieg war der Wohlstand des Mittelstandes erschüttert, und den Nutzen der jetzt einsetzenden wirtschaftlichen Depression hatte der landwirtschaftliche Großbetrieb, der sich, wie zu allen solchen Zeiten, besser den Bedürfnissen des Marktes anpassen konnte, Poehlmann I² 220. Im 4. Jhdt., mehr noch im 3. und 2., machte so bei der jetzt eingetretenen Verarmung der Massen der Großbetrieb weitere Fortschritte. Aber in den zuletzt genannten Jahrhunderten waren infolge der beständigen Kriege und infolge des übermäßigen Aufwandes auch die Großgrundbesitzer allmählich stark verschuldet, Beloch Griech. Gesch. III 1 (1. Aufl.), 328; über Heilungsversuche Polyb. XIII 1f. Das Ende waren auch damals offene Bürgerkriege, Liv. XLII 5; dazu Beloch 329. Die Gutswirtschaft wurde in dieser Epoche eine immer mehr mit Sklaven arbeitende kapitalistische Betriebsweise. Das Material für die allmähliche Ausdehnung der Ackersklaverei in Griechenland hat Poehlmann I² 233 mit Anm. 1 zusammengestellt. Nur in den binnenländischen und abgelegenen Landschaften kam daneben noch bäuerliche Arbeitskraft, die in patriarchalischer Ackerknechtschaft gehalten wurde, vor, Busolt I³ 180.
III. Die hellenistischen Reiche und Karthago. Seit Alexanders Eroberung des Perserreiches und der Erschließung weiter Gebiete des Orients für den griechischen Landwirt und Kaufmann lag der wirtschaftliche Schwerpunkt des Altertums in den Gebieten des Ostens, Beloch III 1 (1. Aufl.), 330. In den aus dem Alexanderreich hervorgegangenen Diadochenstaaten treten uns im allgemeinen für den landwirtschaftlichen [233] Großbetrieb Verhältnisse entgegen, wie sie oben in Abschn. I geschildert worden sind. Der Herrscher, die Priester und Tempel sowie die Großen des Landes waren Inhaber von weiten Strecken des Grund und Bodens.
In dem fast städtelos gebliebenen Ägypten haben sich die Verhältnisse der Vorzeit am reinsten erhalten, wie vor allem Rostowzew auf Grund des Papyrusmaterials nachgewiesen hat, Kolonat 42ff. und 80f., dazu neuerdings auf Grund der neugefundenen Zenon-Korrespondenz desselben Verfassers Buch A large estate in Egypt in the third century b. C., Univ. of Wisconsin, Studies in the soc. sciences and hist. nr. 6, 1922, 42ff., zusammenfassend 142ff. Das Recht des Landeskönigs auf allen Grund und Boden Ägyptens in Gestalt eines königlichen Obereigentums war so groß, daß sich Latifundienbildungen hier nur in beschranktem Umfang entwickeln konnten. Das alte Königsland (γῆ βασιλική) der Pharaonen war auch im ptolemäischen Ägypten die Grundlage der ganzen Staatswirtschaft. Die Bildung eines privaten Besitzes der königlichen Familie geht daneben her, ob auch des Königs selber, bleibt bei der weiten Ausdehnung des ,Königlandes‘ unsicher. Dieser Familienbesitz bestand jedoch nur nominell. Die Besitzer scheinen nur die Einkünfte der κεχωρισμένη πρόσοδος genossen zu haben. Der Tempelbesitz war nicht verschwunden, hat sich aber stark parzelliert und war teilweise auch in andere Hände übergegangen. Was den Großgrundbesitz der Magnaten betrifft, so sind an die Stelle der pharaonischen Beamten makedonische Große, Feldherren und Beamte der neuen Könige getreten, die für ihre Dienste durch Schenkungen ganzer Dörfer und des dazu gehörigen Grund und Bodens belehnt worden sind, ähnlich wie die Perserkönige dies getan hatten. In dem oben angeführten neuen Buch Rostowzews handelt es sich um das von Ptolemaios II. seinem Dioiketen Apollonios bei Philadelphia im Fayum geschenkte Territorium von 10 000 Aruren Umfang (in anderen Papyri werden die großen Lehnsbesitzer direkt als μυριάρουροι bezeichnet), neben dem Apollonios noch ein zweites Lehnsgut in der Nähe von Memphis besaß, Rostowzew 53ff. Diese Lehnsgüter (γῆ ἐν δωρεᾷ) wurden aber nicht zu selbständigen Latifundien. Das geschenkte Land scheint vielmehr zu seinen Besitzern nur in ganz losem Verhältnis gestanden zu haben. Viel fester waren die Bande, die es auch fernerhin an den König banden. Es blieb im Grunde genommen γῆ βασιλική, Rostowzew A large estate 49. Die Bearbeiter der γῆ ἐν δωρεᾷ blieben ebenso wie diejenigen des Tempellandes (γῆ ἱερά) rechtlich Teile der großen Gruppe der Königsbauern und daher dem Einfluß des Gutsinhabers entrückt, vielmehr auch weiterhin in direkter Beziehung zum Staate stehend. Bei der großen Ausdehnung der Latifundien aber, die hier in Betracht kommen, ist die königliche Administration für diese Territorien und die umliegenden Dörfer in die Hände der Grundherren bezw. deren Vertreter gelegt worden, Rostowzew 50 und 142f., die Generalgefällpächter für den ganzen Bezirk waren. Im Laufe des 2. Jhdts. v. Chr. ist diese Klasse von Großgütern allmählich [234] ausgestorben. Vom königlichen Familienbesitz waren die einzigen Überbleibsel die Apanagen an die Mitglieder des königlichen Hauses. In der Kaiserzeit traten, wie wir sehen werden (s. u. IV), an die Stelle die als οὐσίαι bezeichneten Großgüter, deren Inhaber aber, soweit sie Beamte des Königs waren, des militärischen Charakters entbehrten, Rostowzew 145. Bemerkt sei noch, daß die Ptolemäer großen Besitz an D. in den Außenländern ihres Reiches besaßen, vgl. Hygin. de condic. agr., Gromat. vet. I p. 122 L.: in provincia Cyrenensium ... agri sunt regii, id est illi, quos Ptolemaeus rex populo Romano reliquit.
Die Seleukiden sind ursprünglich als die Haupterben der ehemals persischen Lande sehr reich an D. gewesen, die meist aus älterer Zeit stammten, Strab. XIII 589, andere Quellenbelege bei Beloch III 1, 342. Alles, was nicht zu den Stadt- oder Tempelterritorien gehörte, war χώρα βασιλική, die auch hier die Grundlage der königlichen Finanzwirtschaft bildete und daher von größtem Interesse für die Herrscher war, Rostowzew Kol. 247. Grundlegend für die ältere hellenistische Grundwirtschaft dieser Länder ist Ps.-Aristoteles, Oikon. II 1, worüber zuletzt Rostowzew Kol. 240ff. gehandelt hat. Auch aus dieser Quelle geht hervor, daß die ganze Ordnung auf die persische Zeit zurückgeht. Verwaltet wurde die χώρα βασιλική, wie in der vorhellenistischen Zeit, nach Satrapien. An der Spitze stand der königliche Oikonomos, untergeordnet dem Satrapen, aber übergeordnet dem Hipparchen, vgl. die sehr wichtige Laodike-Urkunde Dittenberger OGI Ι 225, 34ff., dazu Haussoullier Milet et la Didym. 97ff. Cardinali II regno di Pergamo 186. Im Gegensatz zu den Ptolemäern sind die Seleukiden gegenüber der χώρα βασιλική ganz neue Wege gegangen, einmal durch die Gründung von möglichst viel neuen Städten, deren Territorium vielfach aus dem ,Königsland‘ herausgenommen wurde, und anderseits dadurch, daß sie bei Schenkungen und Belohnungen mit Grund und Boden nicht, wie die Ptolemäer, das königliche Obereigentumsrecht festgehalten, sondern das Land den neuen Inhabern nach griechischem Recht zu Eigenbesitz überlassen haben, Beloch III 1, 343. Rostowzew Kol. 250ff. So hat das Königsland im Seleukidenreich die Tendenz gehabt, sich fortwährend zu vermindern, einmal zugunsten der fortschreitenden Verstädtischung des Reiches und dann zugunsten der Entwicklung des privaten und kommunalen Großgrundbesitzes. Antiochos I. verkaufte z. B. gleich nach der Eroberung Kleinasiens an die Stadt Pitane in der Aiolis D. im Werte von 380 Talenten (Dittenberger OGI I 335, 133), und Antiochos II. Theos veräußerte an seine Gemahlin Laodike D. bei Zeleia für 30 Talente, Dittenberger I 225 vom J. 254/3, ein Neufund zu der Urkunde bei Wiegand Abh. Akad. Berl. 1908, Milet 35ff. Neben der Verwaltung des Königslandes lernen wir hier also eingehender dank der Funde die Verwaltung privater D. kennen, die zum großen Teil ähnlich exterritorial sind und von Bauern, die an die Scholle gebunden sind, bewirtschaftet werden, wie die in Abschn. IV zu betrachtenden [235] D. der römischen Epoche, Rostowzew Klio I 297. Das Neue, was also das Seleukidenreich als Vorgänger Roms gebracht hat, ist der Gegensatz von Stadtgebiet und königlichem bzw. privatem D.-Besitz, Rostowzew Kol. 231. Bezeichnend hierfür ist die Formel in dem Friedensschluß der Römer mit Antiochos III., dazu Viereck Klio IX 371ff., wo es heißt nach Polybios XXI 45, 5: ἐκχωρείτο (Ἀ.) δὲ πόλεων καὶ χώρας, nach Livius XXXVIII 38, 4: excedito urbibus, agris, vicis, castellis cis Taurum montem. Hier ist die außerstädtische χώρα des Polybios bei Livius ganz richtig als agri, vici, castella spezifiziert und damit das um die befestigten Gutshöfe (castella, darüber s. u.) gelegene königliche und sonstige D.-Land (agri) mit seinen Kolonendörfern (vici) gemeint, Rostowzew 283, 1. An Großgütern reich war z. B. Phrygien (Plut. Eum. 8), wo schon zum J. 321 die Existenz von zahlreichen Gütern mit burgartigen Landhäusern, τετραπυργίαι, in der Gegend von Kelainai bezeugt wird, dazu W. Ramsay The cities and bishopr. of Phrygia I 2, 419f. Rostowzew 253f. Hier lernen wir zugleich in diesen sogenannten τετραπυργίαι den Typus des östlichen befestigten Gutshofes kennen, der außer in Kleinasien auch in Nordsyrien begegnet und offenbar auch auf ältere Vorbilder aus persischer und älterer Zeit zurückgeht, wie auch die Besitzer dieser Güter wohl persische Magnaten oder einheimische Aristokraten waren. Dieser östliche Gutshof mit befestigtem Herrenhaus und Hof ist in Syrien niemals erloschen (Rostowzew 259) und hat, nachdem die aus dem griechischen Wohnhaus hervorgegangene hellenistische Luxusvilla auch im Orient lange Zeit geherrscht hatte, in der Spätantike mit ihrer Rückkehr zum älteren Feudalsystem diese wieder verdrängt, man vgl. die Darstellung einer solchen Anlage auf einem in Venedig, Museo Civico, aufbewahrten Mosaik, abgebildet bei Rostowzew Hellenistisch-römische Architekturlandschaft, Röm. Mitt. 1911, 150ff. Eine Zusammenstellung der Quellen (besonders aus Strabon) und Literatur für das Vorkommen von D. umfangreicher Art auch in den anderen Teilen Kleinasiens, z. B. in Pontos und Kappadokien, weiter in Armenien und Syrien bietet Rostowzew Kol. 254f. Ehemals muß Innerkleinasien von solchen D. bedeckt gewesen sein. Während im Westen schon sehr früh, in Lydien z. B. schon durch die einheimischen Könige (Radet La Lydie et le monde grec au temps des Mermnades 86ff. H. Gelzer Rh. Mus. XXXV 523ff.) diese feudalen Zustände zugunsten der Städte und Herrscher zurückgedrängt worden waren, woran dann die hellenistischen Könige anknüpften (in welcher Weise, zeigt gerade das Vorgehen des Eumenes, s. o., der als Obereigentümer des Landes im Namen des verstorbenen Alexander die alten Eigentümer von Grund und Boden kurzerhand verjagte und die Offiziere der Reichsarmee an ihre Stelle setzte), haben sie sich in Ostkleinasien viel länger erhalten, stellenweise, wie wir noch sehen werden, bis tief in die römische Kaiserzeit hinein; z. B. Pontos und Kappadokien repräsentieren uns an vielen Stellen noch in der Spätzeit die alten Zustände und brauchten die Rückkehr zum früheren Feudalismus [236] in der Spätantike nicht mitzumachen, weil sie denselben nie verlassen hatten, Rostowzew Kol. 297f.
Auch die Attaliden haben einen großen D.-Besitz gehabt, wenngleich unsere Nachrichten darüber sehr wenig präzis sind. Sie sind nicht, wie die Seleukiden, auf Verminderung der D. bedacht gewesen, sondern eher auf deren Vermehrung, vor allem aus ehemaligen Tempelterritorien, Strab. XIII 642. Ramsay Studies in the history and art of the Eastern provinces of the Rom. Emp. IX 305ff. Rostowzew Kol. 280ff. Ein Verzeichnis der uns bekannten D. der Attaliden bei Cardinali II regno di Pergamo, Studi di storia antica V 1906, 181. Was speziell die königlichen D. betrifft, so werden die agri Attalici auf der thrakischen Chersones bei Cic. de lege agr. II 50 erwähnt, solche im Gebiet von Priene im Dekret zu Ehren des Krates aus dem Anfang des 1. Jhdts., Inschr. von Priene 111 Z. 112, wahrscheinlich die früher Alexander d. Gr. gehörigen Ländereien, Dittenberger OGI I 1, dazu Rostowzew Kol. 243; weiter solche in der Nähe von Ephesos, Strab. XIII 642, dazu Cardinali 181. Die Bewirtschaftung sowohl des seleukidischen wie des attalidischen D.-Landes geschah, wie in Ägypten, durch die λαοὶ βασιλικοί, die ihre φόροι entweder in Geld oder in Naturalien (δεκάτη) zu zahlen hatten. Zusammengefaßt waren diese Königsbauern in χῶμαι. Ihre Stellung war eine niedrigere als in Ägypten, insofern sie, offenbar in Weiterführung älterer Verhältnisse der persischen Epoche, vielfach als Leibeigene behandelt wurden. In der Laodike-Urkunde (Dittenberger OGI I 225, 17ff.; dazu Rostowzew Kol. 258) werden sie mit dem Gutsterritorium, zu dem sie gehören, verkauft. Es war eine abgeschlossene Bevölkerungsklasse, für die eigene königliche Richter bestellt waren, Beloch III 1, 406. Cardinali 188. Rostowzew Kol. 258; über ihre soziale Lage M. Weber Handwörterbuch der Staatswiss. I³ 128 S.-A. Teile dieser Bevölkerungsklasse begegnen auch auf den privaten D., und Rostowzew Kol. 260ff., bes. 260, 3, vermutet, daß unter diese die in den Urkunden der kleinasiatischen Gemeinden vorkommenden κατοικοῦντες (κάτοικοι) oder παροικοῦντες (πάροικοι) zu rechnen sind. Die Hypothese ist quellenmäßig noch nicht genügend fundiert, doch vgl. man aus dem neuen Material, das Keil-v. Premerstein aus Lydien beigebracht haben, Denkschriften der Wien. Akad. LIV 1911, 27 nr. 51 aus der Nähe von Thyateira, wo erwähnt werden οἱ ἀπὸ βασιλέων Ἀττάλου καὶ Εὐμένους κατοικοῦντες Μερνούφυτα Ἡρακληασταί, worin die Herausgeber τὰ Μερνούφυτα, falls es aus dem Griechischen abzuleiten sei, mit Pflanzung des Mernos oder Mernas wiedergeben und auf ähnliche Namenbildungen aus dem Kaystertal wie Ἰδειφυτηνῶν κατοικία, Διδειφυτηνῶν κατοικία, Διδείφοιτα, aufmerksam machen, Denkschr. LVII 1, 1914, 66 nr. 86. 87. 110. 113.
Wenn wir uns nun nach Westen wenden, treffen wir in Sizilien ein Land, in dem die hellenistische und karthagische Bodenwirtschaftsform zusammengestoßen sind. Es ist sehr zu bedauern, daß wir über die vorrömischen karthagischen [237] Verhältnisse so wenig unterrichtet sind, Rostowzew Kol. 230f. und 313f. sowie neuerdings Hesselmeyer Das vorröm. Karthago in seiner Bedeutung für den spätröm. Kolonat, Württemb. Korr.-Bl. XXIII 1916, 393ff. Die Karthager sind nicht nur große Praktiker, sondern auch große Theoretiker der Bodenwirtschaft gewesen und haben als solche durch das 28bändige Werk des Mago, das sowohl ins Lateinische wie ins Griechische übersetzt worden ist, also eine Art ,internationaler Landwirtschafts-Enzyklopädie‘ geworden ist (Hesselmeyer 411), auf den Westen des Mittelmeers, nicht zum wenigsten auf Rom (Cato, Varro und Columella haben Mago eifrig studiert) gewirkt, wie sie ihrerseits wohl unter dem Einfluß der hellenistischen Fachliteratur gestanden haben (Rostowzew 314). Das Charakteristische der karthagischen Wirtschaftsweise war der Großbetrieb, dabei die Verbindung von Acker- und Kapitalwirtschaft, die den Grund und Boden ganz einseitig unter kapitalistischen Gesichtspunkten als Objekt zur Gewinnung einer möglichst hohen Rente im Stile großer Plantagenwirtschaft betrachtete, Mommsen R. Gesch. I⁸ 500. Hesselmeyer 412. Der Grund und Boden war zum Teil in den Händen des Staates selber, zum anderen Teil im Besitz großer privater Unternehmer, die beide teils mit Sklaven arbeiteten – das ist das Neue dieser westlichen Großwirtschaft auf dem Lande, worin von den östlichen Staaten höchstens Pergamon sich näherte –, teils in der aus der Ostwelt uns bekannten Weise, daß nämlich die Eingeborenen als Kolonen, zunächst wohl auf dem Staats-D.-Land, verwendet wurden (Rostowzew 314, 2, besonders aber Hesselmeyer 414ff.). Dieses System der Karthager hat sich auch Sizilien, soweit es in ihren Besitz gekommen ist, also vornehmlich die westlichen und inneren Teile, erobert und hat aus der herrlichen Insel jenen Vulkan des westlichen Sklaventums gemacht, der in den sizilischen Sklavenkriegen der Römerzeit so furchtbar sich entlud, Rostowzew 239. Leider können wir hier nur durch Rückschlüsse aus der römischen Zeit ganz wenig feststellen. Dagegen für die ehemals syrakusanischen Gebiete Siziliens besitzen wir in Ciceros Verrinen eine ausgezeichnete Quelle. Rostowzew Kol. 238f. hat auch für den hier vorkommenden Großgrundbesitz, sei es den staatlichen, d. h. ehemals königlichen, sei es privaten oder aus konfiszierten Gebieten feindlicher Städte bestehenden – letzterer vornehmlich im Territorium von Leontinoi, Rostowzew Philol. Suppl. IX 424 – an der Hand dieser Quelle das Fortleben der alten hellenistischen Terminologie und damit das Fortleben der Sache selbst dargetan. Es sind zum Teil Eigenbesitzer, zum Teil Erbpächter, die ersteren heißen nach hellenistischem Sprachgebrauch domini = κύριοι, Verr. II 3, 47, die anderen possessores, ebd. II 3, 97 und 108; das väterliche Gut dieser Besitzer oder Erbpächter heißt patrimonium (ebd. 121). Manche unter diesen Großbesitzern sind zur Zeit des Verres römische Bürger, sogar Ritter (59. 60. 61f.), und Senatoren (93). Das Eigentümliche aber der sizilischen Bodenwirtschaft schon der hieronischen Zeit war einerseits die Tatsache, daß alle D., große wie [238] kleine, den Territorien der über das ganze Land verbreiteten Städte inkorporiert waren, und anderseits, daß auch die Großbesitzer infolge der rechtlichen Qualität des Grund und Bodens, der wie in Ägypten im Obereigentum der Könige stand (Rostowzew Kol. 236ff., neuerdings darüber Carcopino La loi de Hieron et les Romains, Paris 1919 [mir noch unzugänglich]), wie das gesamte Reich der δεκάτη unterworfen waren und es auch in der Römerzeit blieben, endlich die fortschreitende Tendenz zum Großpachtsystem überzugehen. Die Feldmark von Leontinoi, 30 000 Iugera, die römische Staats-D. wurde, war vor der Praetur des Verres auf 84, nach derselben auf nur 32 Pächter verteilt, Cic. Verr. III 51, 120. Mitteis Erbpacht 62f.
IV. Das Römerreich. 1. Rom und Italien unter der Republik. Über die Auffassung des ältesten Rom mit seiner patrizischen Herrenschicht als eines grundherrlichen Organismus mit nachfolgender Bauernbefreiung vgl. den Art. Bauernstand. Nur kurze Zeit waren dann Rom und Italien ein wirkliches Bauernland. Mit dem Augenblick, da Rom den Weg der Eroberung, zunächst in Italien, gegangen ist, zeigt sich von neuem die Tendenz zur Bildung von Großgrundbesitz, zuerst in Latium, dann auch in den am frühesten unter Roms Einfluß geratenen Landschaften Mittelitaliens. Durch die Niederringung Karthagos in den beiden großen Kriegen während des 3. Jhdts. ist dieser Prozeß besonders stark beschleunigt worden, um von da ab in steigendem Maße das Zentralland des schnell entstehenden Mittelmeerreiches zu erfassen, darüber nach Mommsen R. Gesch. I⁸ 830f. am besten Kromayer N. Jahrb. XXXIII 1914, I 145ff. Auf der einen Seite wuchs durch die fortwährenden Eroberungen das Staatsland, der ager publicus populi Romani, das nicht ausschließlich zu Assignationen und Koloniegründungen verwendet wurde, auf der anderen Seite der private Großgrundbesitz in den Händen der führenden Männer aus der herrschenden Nobilität. Das um 220 v. Chr. erlassene claudische Gesetz, das den Senatoren und ihren Söhnen die Teilnahme an der kaufmännischen Spekulation der Zeit verbot, Liv. XXI 63. 3. Mommsen R. Gesch. I⁸ 853, verwies diese zur Anlage ihrer Kapitalien auf den italischen Grundbesitz. Livius hat aus der Zeit unmittelbar nach dem Hannibalischen Krieg einen Bericht erhalten (XXXI 13, 6) über eine stürmische Sitzung des Senates, wonach die Kapitalisten, bei denen der Staat in der Kriegszeit eine Anleihe gemacht hatte, sofort ihr Geld zurückverlangten, weil sie die damals sich bietende günstige Konjunktur zu Landerwerb nicht vorübergehen lassen wollten (Kromayer 149). Wenn man solches liest, versteht man, wie es gekommen ist, daß die oberste Schicht der römischen Bevölkerung in Italien so schnell zur Großgrundbesitzerklasse geworden ist. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch das bestehende ius occupandi, d. h. das Recht, brachliegendes öffentliches Land gegen eine Abgabe unter den Pflug zu nehmen und bis auf Widerruf im Besitz zu behalten, wovon naturgemäß nur größere Besitzer Gebrauch machen konnten und offenbar [239] auch in solchem Umfang Gebrauch machten, daß frühzeitig ein Gesetz diesem Okkupationswesen eine Maximalgrenze setzen mußte, Appian. bell. civ. I 7. 27. Das größte Staats-D.-Gebiet befand sich seit dem Hannibalischen Krieg in Campanien, der Ager Campanus. Die privaten Großgüter erstreckten sich durch ganz Mittelitalien, ja griffen seit diesem Krieg auch auf Süditalien, hier vor allem in Gestalt von großen Weidegütern, saltus genannt, über. Rom hatte Karthago wohl auf dem Schlachtfeld besiegt, aber das karthagische Bodenbewirtschaftsystem (darüber o. S. 237) wurde in Italien ebenso heimisch, wie es schon lange vorher Sizilien sich erobert hatte. Schon der in Catos Werk von der Landwirtschaft uns entgegentretende Betrieb war kein bäuerlicher mehr, sondern ein solcher, der durchaus von kapitalistischen Gesichtspunkten beherrscht wurde. ,Die konsequente Richtung der Produktion auf den Absatz, die Abschätzung der verschiedenen Bodenkulturen nach ihrer Rentabilität, die Anschauung, daß jede verlorene Zeit verlorenes Geld ist, die rücksichtslose Ausbeutung der Sklaven, das Bestreben, alle unproduktiven Glieder aus der Wirtschaft möglichst zu entfernen, alles dies zeigt den Kapitalisten, dem – nach karthagischem Vorbild – die Landwirtschaft nichts ist als die Kunst, aus dem Grund und Boden mit Hilfe gekaufter Arbeilskräfte die höchstmögliche Rente herauszuwirtschaften‘, Gummerus Klio 5. Beiheft 94. So entwickeln sich damals schon zwei für den italischen landwirtschaftlichen Großbetrieb fortan charakteristische Momente: einmal, was die Bodennutzung betrifft, die Ersetzung des Zerealienanbaus durch zwei lukrativere Kulturen, die Wein- und Ölproduktion (Gummerus 18f.), wodurch das Land in den besten Bodenlagen ein ganz neues Aussehen bekam, und anderseits – bezüglich der Eigentümer – der bekannte Absentismus derselben und die Überlassung der Gutsverwaltung an einen Verwalter (vilicus) meist aus dem Sklavenstand, Gummerus 24. Der vornehme reiche Grundbesitzer wohnte in der Stadt, wie heute noch vielfach in Italien, und überließ die Bewirtschaftung seinen Arbeitskräften. Das hängt im Altertum zusammen mit der der allmählichen Ausdehnung des Reiches parallel gehenden Umwandlung der alten Ackerbau treibenden Bevölkerung römischer Zunge in eine Oberschicht von Beamten, Kaufleuten und Berufssoldaten, die nicht mehr selber Hand anlegen konnten, Kromayer 155. Wie rapid der Umfang der Ländereien, die diesen italischen Großgrundbesitzern, die im Staatsdienst und in der Staatswirtschaft tätig waren, gehörten, gestiegen ist, beweist ein Vergleich der drei großen Agrarschriftsteller Roms, Cato, Varro, Columella, von denen Cato noch ausschließlich mittelgroße Güter im Auge hat, während Varro daneben auch die Großwirtschaft einigermaßen berücksichtigt und Columellas Normalgut durchaus den Großbetrieb darstellt (Gummerus 96), und ergibt sich ferner aus der Tatsache, daß Ti. Gracchus das Maximalmaß an Besitz von staatlichem Lande (ager publicus) auf 1000 Iugera oder 25 Hektar festsetzte, also zwanzigmal mehr als die größten Bauerngüter, die wir durch die Alimentartafeln von Veleia und Placentia (CIL XI 1147) sowie [240] von Benevent (CIL IX 1455) kennen (Kromayer 156f.), eine Gesetzesbestimmung, mit der die betroffenen Kapitalistenkreise durchaus unzufrieden waren, so daß der Schluß zulässig ist, daß sie neben ihrem sicher bereits sehr großen Privateigentum an Grund und Boden zum größten Teil viel mehr Okkupationsland in Händen hatten, Kromayer 157. Was das Resultat der gracchischen Bewegung betrifft, so ist wohl allgemein anerkannt, daß der Eingriff der Brüder die Tendenz zur Latifundienbildung in Italien nicht aufgehalten hat. Bezeichnend für Gaius ist der Übergang zur Kolonisation in den Provinzen, wie sie dann Marius, Pompeius und Caesar weiter betrieben haben. ,Das hieß auf eine positive Kleinbauernpolitik in Italien verzichten und das Land seiner natürlichen, auf den Großgrundbesitz hinstrebenden Entwicklung überlassen‘, Kromayer 159. Ebendasselbe bewirkten die Gesetze der Reaktionszeit, die nach dem Scheitern der Gracchen folgte, von denen das letzte, dasjenige vom J. 111 (CIL I 200), alles noch vorhandene okkupierte D.-Land bekanntlich in steuerfreies Privateigentum umwandelte; über die weitere Zunahme des Großgrundbesitzes in Italien trotz der Neusiedlungen des Sulla, Pompeius, Caesar und der Triumvirn s. den Art. Bauernstand. Nachdem Caesar im J. 59 durch die Lex Iulia auch noch die große Staats-D. in Campanien geopfert hatte, geschah die Landnahme zugunsten der Veteranen-Proletarier, die jetzt zu versorgen waren, vor allem aus den Beständen des großen und mittleren privaten Grundbesitzes. Aber das Land der künstlich gezüchteten Neubauern kehrte, wie im Art. Bauernstand schon nachgewiesen ist, sehr bald wieder zum Großbesitz zurück, und viele der wirtschaftlich vorübergehend selbständig gemachten ehemaligen Soldaten endeten wohl im Kolonat, der seit dem Ende der langen Kriegsepoche der ausgehenden Republik an die Stelle des karthagischen Sklavenbetriebs in der Landwirtschaft getreten war. Den Zustand der beginnenden Kaiserzeit hat Kromayer 169 sehr gut in die Worte zusammengefaßt: ,Der soziale Aufbau der italischen Gesellschaft hatte ein Stockwerk mehr erhalten. Auf dem Bauernstand setzte sich ein Stand von Grundherren auf, die, wie die heutigen Grundherren Italiens, als Bodenrentner von der Arbeit des Bauern mitlebten.‘
2. Rom und Italien in der Kaiserzeit. Der italische Großgrundbesitz der Kaiserzeit ist vielfach durch Zusammenlegung entstanden, wie die Alimentartafeln (s. o.) beweisen, Mommsen Ges. Schr. V 126ff. Schulten Grundherrschaften 14. Hinter dem Worte fundus, das das ursprüngliche Einzelgut, die Bauernhufe, bezeichnet, steht dort eine ganze Anzahl von Grundstücksnamen, zumeist ohne Copula, z. B. fundus Metilianus, Velleianus, Helvianus, Granianus (Tab. Vel. VI 11); der so entstandene Komplex, der latus fundus oder das latifundium, wird also sprachlich als Einheit behandelt und ist es tatsächlich wohl auch gewesen. Daneben begegnen in denselben Urkunden Weideländereien, die den Namen saltus tragen. Deren Benennung ist nicht wie diejenige der fundi von römischen Geschlechtsnamen entlehnt, sondern ist [241] oft unlateinisch und offenbar aus der vorrömischen Zeit herrührend, Mommsen 134f. Damit haben wir die beiden für Italien charakteristischen Arten von Großgütern vor Augen, das erst allmählich gewordene Ackergroßgut und das Weideland, das von Anfang an auf weite Flächen angewiesen war, jenes mehr in Ober- und Mittelitalien, dieses mehr im Süden, wo seit den Verwüstungen des Hannibalischen Krieges die vorhandene Tendenz zum Großbetrieb noch verschärft worden war. Die größte Eigentümlichkeit des Großgrundbesitzes der Kaiserzeit, die Exemtion von den städtischen Territorien und der städtischen Verwaltung (s. darüber unten IV 3), ist in Italien, wenigstens anfangs nicht, die Regel, vgl. die Epistula praeff. praet. an die Beamten von Saepinum vom J. 168, Bruns Fontes⁷ 242 nr. 71. Schulten Grundherrschaften 15. Rostowzew Kol. 375, 2; etwas schärfer gefaßt bei Hirschfeld Kl. Schr. 545, 2; Kaiserl. Verw. B.² 128, 3. Anfangs waren nur die kaiserlichen D. zumeist eximiert. Über die fundi excepti, welche von den eigentlich exterritorialen D. (saltus) sich dadurch unterscheiden, daß sie zwar innerhalb der Grenzen eines Stadtterritoriums liegen, aber doch eine gewisse rechtliche Sonderstellung genießen, eine besonders häufige Form des Grundbesitzes in Italien, vgl. Schulten Grundherrschaften 5f. His Domänen 16. Unter Augustus und Tiberius war der senatorisch-ritterliche Großgrundbesitz gegenüber dem kaiserlichen noch überwiegend; vgl. Tac. ann. IV 7: rari per Italiam Caesaris agri. Seit Claudius und Nero begann der kaiserliche D.-Besitz in stärkerem Umfang neben den bürgerlichen zu treten. Doch blieb der letztere in Italien auch fernerhin sehr ausgedehnt, da nach einem Erlaß Traians ein gewisser Prozentsatz des senatorischen Vermögens in italischem Grundbesitz angelegt werden mußte (Plin. ep. VI 19) und Kaiser Marcus von den außeritalischen Senatoren verlangte, daß sie den vierten Teil ihres Vermögens in italischem Land nachweisen mußten (Hist. aug. Marc. 11; dazu Mommsen St.-R. III 2, 900, 1). Aber immerhin war schon im Laufe des 1. Jhdts. der Kaiser zum größten Großgrundbesitzer in Italien geworden, und neben ihm traten die Angehörigen des Kaiserhauses stark hervor, Hirschfeld Kl. Schr. 545ff. Auf das Verhältnis von kaiserlichem und privatem Landgroßbesitz in Italien werfen Licht die Ziegelstempel der großen mit den Latifundien verbundenen Figlinen, Dressel CIL XV 8ff. 204ff. Auch sie beweisen deutlich das Fortschreiten des kaiserlichen Großgrundbesitzes in Italien seit Tiberius infolge von Erbschaft, Heirat und Konfiskationen, am stärksten in Süditalien. Hirschfeld Kl. Schr. 546ff. Sehr groß war der Landbesitz der jüngeren Faustina, da Antoninus Pius seinen Privatbesitz auf diese übertrug (Hist. aug. Pius 7, 9); ebenso war groß derjenige des allmächtigen Praetorianerpraefecten Plautianus unter Septimius Severus (Dressel 22), der nach dessen Ermordung an den Kaiser zurückfiel (Hirschfeld 547); vorübergehend war dafür ein eigener Procurator bestellt, CIL III 1464. Zu Zwecken der Verwaltung waren, wie in den Provinzen (s. u. IV. 3) so auch in Italien die [242] vom Munizipalverband eximierten, innerhalb einer Landschaft gelegenen kaiserlichen D. der res privata zu größeren Komplexen (tractus und regiones) zusammengefaßt, an deren Spitze Procuratoren aus dem Ritterstande standen. Hirschfeld Verw.-B.² 126f., Kl. Schr. 551ff., glaubt Übereinstimmungen der italischen D.-Distrikte mit den seit Marcus nachweisbaren, allerdings nicht ganz festen Distrikten der italischen Iuridici feststellen zu können; vgl. im übrigen Schluß von IV, 3.
3. Die Provinzen. Die in Italien beobachtete Entwicklung wiederholt sich bis zu einem gewissen Grade in den Provinzen. Das Eingreifen der Römer hat auch hier die vielerorts schon längst vorhandene Tendenz zum landwirtschaftlichen Großbetrieb verstärkt, und zwar waren es, was die älteren Provinzen betrifft, zum Teil aus der Republik stammende Besitzungen der privaten Domini, die jetzt eine starke Vermehrung erfuhren. Allgemein beobachten wir aber seit der claudisch-neronischen Zeit auch hier den Übergang vieler dieser privaten Großgüter in den kaiserlichen Besitz und in der flavisch-traianischen Zeit dann die Organisation dieses kaiserlichen D.-Besitzes in den Provinzen, während die spätere Kaiserzeit charakterisiert wird durch die nunmehr einsetzende Rückwanderung des übergroß gewordenen Kaiserbesitzes an Land in Privathände, wodurch das System der ausgedehnten Privatgroßgrundherrschaften der byzantinischen Epoche mit seinen mittelalterlich-feudalen Zuständen sich anbahnt.
Für Ägypten, von wo wir ein großes Quellenmaterial auf Papyrus besitzen, dazu Rostowzew Kol. 119ff.; A large estate 12 und 145f. Wilcken Grundzüge 298ff., ist die Beantwortung der Frage nach der Entstehung des neuen Großgrundbesitzes sehr schwierig. Vor allem werden Konfiskationen, daneben Ankäufe, letztere auch von Staats wegen, eine große Rolle gespielt haben. An Private sind die Güter dann zum Teil durch Schenkung gekommen, woher es zu erklären ist, daß so viele Güter nach Günstlingen und Familienangehörigen des Kaiserhauses benannt sind. Stellenweise sind die Großgüter auch die Nachfolger der δωρεαί oder ἐν δωρεᾷ aus der ptolemäischen Epoche und wie diese vielfach privilegiert. Die technische Bezeichnung des Latifundiums im kaiserlichen Ägypten lautete οὐσία = patrimonium. Es war Eigentum einer individuellen oder auch kollektiven Person. P. M. Meyer Hirschfeld-Festschrift 140f., hier auch (142) ein vereinzeltes Beispiel der Anwendung von οὐσία = D. bereits aus ptolemäischer Zeit: Pap. Teb. I 6 I 23: über städtische D. der Kaiserzeit, die zum Teil auch οὐσίαι genannt werden, vgl. Wilcken Grundzüge 308f. und 314. Ein Verzeichnis der uns bekannten ägyptischen οὐσίαι, die den saltus im übrigen Reiche entsprechen, bei Rostowzew Kol. 120ff., dazu Hirschfeld Kl. Schr. 554f., besonders 556, 1, neues Material: Pap. Hamb. I 3 (74 n. Chr.), Pap. Ryl. II 383 (2. Jhdt.), Pap. Giss. I 42. 16 (224 n. Chr.). Die οὐσίαι werden durch die Namen der Besitzer oder Vorbesitzer bezeichnet. Die Namen zerfallen in zwei große Gruppen: 1. Namen hochstehender römischer [243] Persönlichkeiten, und zwar von Angehörigen der kaiserlichen Familie (bis auf Galba), von angesehenen Römern aus senatorischen oder ritterlichen Familien und von kaiserlichen Günstlingen (fast alle auch aus dem 1. nachchristl. Jhdt.); 2. griechische Namen, die aber zum Teil auch römischen Bürgern angehören, während ägyptische Namen sehr selten vorkommen. Etwas sehr Auffallendes an diesen ägyptischen D. ist die Tatsache, daß ihnen öfter die topographische Geschlossenheit fehlt, manche vielmehr aus Parzellen bestehen, die zu den Gebieten verschiedener ägyptischer Dörfer gehören. Aber auch in diesem Falle wird jede οὐσία administrativ als eine Einheit behandelt. In der Zeit vor Nero treffen wir in Ägypten keine Güter, die den Kaisernamen tragen. Der Schluß ist also trotz des geringen Materials wohl berechtigt, daß die οὐσίαι der früheren Kaiserzeit fast alle Privatgüter waren, die dann zum Teil seit der genannten Regierung in den Besitz des Kaisers bezw. des Staates übergegangen sind. Die Flavier, vor allem wohl Vespasian, sind es dann gewesen, welche für die unter Nero stark angewachsene Zahl der kaiserlichen οὐσίαι eine besondere staatliche Verwaltungs-Instanz, den λόγος οὐσιακός = ratio usiaca gebildet haben. Seitdem stehen an der Spitze der einzelnen Güter nicht mehr προεστῶτες, wie in der ptolemäischen und frühkaiserlichen Zeit, sondern in Anpassung an die Verhältnisse des Reiches ἐπίτροποι (procuratores), die einem ἐπίτροπος τῶν οὐσιακῶν (procurator usiacus) in Alexandreia unterstellt waren, der seinerseits ein Untergebener des Idioslogos war, P. M. Meyer Pap. Giss. I 40 II. Wilcken Grundzüge I 1, 158. Daneben her gehen, wenn auch in geringerer Zahl jetzt, die Privat-D., deren Zahl dann vom 3. Jhdt. ab wieder zu steigen beginnt. In diesem Jahrhundert begegnen unter den kaiserlichen οὐσίαι solche, die als zum ταμιεῖον = fiscus gehörig bezeichnet werden, οὐσίαι ταμιακαί, was wohl mit den Neuerungen des Septimius Severus auf dem Gebiet der kaiserlichen Finanzverwaltung zusammenhängt, darüber P. M. Meyer Hirschfeld-Festschrift 136f. Wilcken Grundzüge 155, mit φροντισταί und προνοηταί als Verwaltern, zu diesen jetzt auch P. M. Meyer Pap. Giss. I 101 Einleitung. Nach Wilcken Grundzüge 312 können wir die kaiserlichen οὐσίαι, wenigstens unter diesem Namen, nicht über das 4. Jhdt. hinaus verfolgen, und es lassen sich innere Gründe dafür anführen, daß das kaiserliche Domanialland in Ägypten damals tatsächlich zusammengeschrumpft ist. In Abschnitt V wird gezeigt werden, daß sich damals immer größere private Latifundien gebildet haben, wohl zum Teil auch auf Kosten des kaiserlichen Landes. Was die Bewirtschaftung der ägyptischen οὐσίαι betrifft, so finden sich auch auf ihnen Kleinpächter (γεωργοί = coloni), die, wie der durch die Gießener und Bremer Papyri aus Heptakomia überlieferte Erlaß Hadrians, betreffend bäuerliche Pachtangebote auf Staatsland, ergibt, darüber Kornemann Pap. Giss. I nr. 4–7, als γεωργοὶ οὐσιακοί neben den alten Königsbauern, γεωργοὶ βασιλικοί und δημόσιοι, erscheinen, Kornemann Klio VIII 406. Wilcken Arch. Pap. V 248ff. Rostowzew Kol. [244] 180f. Daneben begegnet eine in Ägypten weitverbreitete Form der Ausnutzung der οὐσίαι, die wohl noch aus der Zeit stammt, da die οὐσίαι zumeist noch Privatgüter waren (Rostowzew 181), nämlich die zeitlich begrenzte μίσθωσις im großen, wie sie namentlich bei reichen Alexandrinern beliebt war, darüber Edikt des Ti. Iulius Alexander Dittenberger OGI II 669, wovon jetzt eine Abschrift auf Papyrus vorhanden ist, Wilcken Ztschr. d. Sav.-Stift. R. Abt. XLII 1922, 125ff. Z. 10ff. Rostowzew 181, daneben grundlegend für diese μίσθώσεις οὐσιακαί die große Sammelurkunde aus hadrianischer Zeit BGU 1047, neugedruckt und erklärt von Rostowzew 183ff. Hier treten neben den eigentlichen Pächtern auch Unterpächter (ὑπομισθωταί) auf, die aber nicht reine Afterpächter sind, sondern die wie die Pächter auf direktem Wege vom Staate selbst gepachtet haben, ebenso dem Staate gegenüber selbständig haften und mit diesem von sich aus abrechnen, während sie dem Haupt- oder Oberpächter nur einen Anteil zukommen lassen, so daß letztere, die sog. οὐσιακοὶ μισθωταί, vor allem Gefällpächter waren, Oertel Liturgie 95, 3. Die Zeitpacht im großen und im kleinen war also auf alle Fälle zunächst die Hauptform der Ausnutzung der οὐσίαι. Daneben kommen auch unbefristete γεωργοί vor, besonders für die vollwertigen Saatländereien, Mitteis Erbpacht 34ff. Alle Pacht, die zunächst Zeitpacht und freie Pacht war, hatte aber die Tendenz, wie auf dem übrigen Staatsland, allmählich in langdauernde Zwangspacht sich zu verwandeln, Rostowzew 191. Wie δημόσιοι γεωργοί gibt es auch D.-Bauern, die an eine οὐσία gebunden sind, und zwar frühzeitig, bereits im 1. Jhdt. n. Chr. Anderseits haben wir aus dem J. 126 im P. Straßb. 74 die Kündigung eines Pachtvertrags nach Ablauf der Pachtzeit durch einen γεωργός auf γῆ οὐσιακή, Oertel Liturgie 96f. Rostowzew (194) vermutet, daß die auf den großen Gütern ansässigen Eingeborenen zuerst als Bestandteile der οὐσίαι angesehen worden sind. Doch scheint ihm diese Bindung mit der Verwandlung der οὐσίαι in eine Abart des Staatslandes durch die allgemeine Bindung der Staatsbauern an ihr Dorf beseitigt worden zu sein. Mit der hier berührten Anpassung der γῆ οὐσιακή an das übrige Staatsland hängt auch die Unterwerfung des D.-Landes unter die Zwangspacht (ἐπιβολή, iunctio) zusammen. Genauer gesagt handelt es sich dabei um die zwangsweise Aufbürdung der staatlichen Ländereien auf die Schultern der vermögenden Anwohner, der proximi quique possessores, Rostowzew 196ff. Mitteis Erbpacht 36f. u. 64f. Wilcken Grundzüge 319ff. Oertel Liturgie 102ff. Seeck im Art. Ἐπιβολή o. Bd. VI S. 30ff. In Betracht kommt dabei natürlich in erster Linie minderwertiges Land, welches auf diese Weise untergebracht werden soll. Es war dies eine schwere Belastung des Privatbesitzes und machte diesen immer mehr zu einer Art Staatsliturgie. ‚Kein Wunder, daß die Landbesitzer sich je länger desto mehr als an die Scholle gefesselte Staatsliturgen fühlten und in derselben Weise wie die Kolonen mit Auswanderung drohten‘, Rostowzew Kol. 204. Von hier aus versteht man die [245] Bedeutung des unterdessen wieder angewachsenen Großgrundbesitzes, der in den Händen hoher Reichsbeamten seit dem Ende des 3. Jhdts. angehäuft, zur Zufluchtsstätte wurde für diese unter der scharfen Überspannung der Staatswirtschaft seufzenden Kolonen und Privatbesitzer, die sich zu diesen großen Grundherren flüchteten und sie als Patrone annahmen, Rostowzew 217f. und 224f. Über die Weiterentwicklung dieses privaten Großgrundbesitzertums in byzantinischer Zeit s. u. Abschn. V.
In den östlichen Reichsprovinzen außerhalb Ägyptens reichen heute unsere Kenntnisse über das D.-Wesen am weitesten auf dem Boden Kleinasiens dank der Vermehrung der Inschriftenfunde in den letzten Jahrzehnten. Hier knüpften die Römer vornehmlich an die Seleukiden und Attaliden an, vgl. Rostowzew Kol. 283ff., der hier die ausgezeichneten Forschungen Ramsays (Literatur s. u. bei Phrygien) weitergeführt und bereits die Hauptresultate der beiden ersten Reisen Keils und v. Premersteins in Lydien benutzt hat, während die Ergebnisse der dritten Reise der beiden österreichischen Forscher erst in den Denkschr. Akad. Wien LVII 1, 1914, erschienen sind, hier besonders wichtig nr. 28 S. 24ff. (Bittgesuch der Bauern von Mendechora) und nr. 55 S. 37ff. (Inschrift von Aga Bey Kjöi, Gesuch kaiserlicher Kolonen an Septimius Severus und Caracalla). In der republikanischen Zeit hatten reiche Römer in Kleinasien, wie auch anderswo (z. B. Atticus in Epirus, Cato in Kypros, der die ganze dortige χώρα βασιλική zum Verkauf brachte und das vereinnahmte Geld in den römischen Staatsschatz fließen ließ, Strab. XIV 685), große Landgüter zusammengekauft. Viele der im Osten konsistierenden Römer, Ῥωμαῖοι κατοικοῦντες, s. o. Kornemann Art. Consistere Bd. IV S. 922ff. und Conventus Bd. IV S. 1188ff., hatten, reich geworden durch Bankgeschäfte und durch Handel in Landesprodukten, Grundbesitz innerhalb der kleinasiatischen Städte, zum Teil in großem Umfang, erworben. Die ehemalige χώρα βασιλική wurde in der Regel ager publicus populi Romani. Dieser aber kam, da das ganze Land nach dem Vorbild Siziliens gleichmäßig mit der decuma belegt wurde, in die Hände der diese Steuer pachtenden Publikanengesellschaften, Rostowzew 283ff. Diese hatten ein großes Interesse daran, daß der Umfang des ager publicus, aus dem sich große Beträge herauswirtschaften ließen, nicht vermindert wurde. In der Zeit nach den mithradatischen Kriegen, als der Einfluß einzelner römischer Machthaber im Osten wuchs, der Publikaneneinfluß aber sank, ist dann viel Land aus dem Bereich des ager publicus in Privathände übergegangen, und damals sind die großen römischen Besitzungen an Land im Osten entstanden. Nach Tac. ann. XIV 22 hatten z. B. die Vorfahren des Rubellius Blandus umfangreichen Großgrundbesitz in Asien. Rostowzew 287 macht weiter darauf aufmerksam, daß Agrippa später die ganze thrakische Chersonesos, ursprünglich pergamenische ἀώρα βασιλική (s. o. S. 236), dann römischer ager publicus, besessen hat, und daß dies wohl nur so zu erklären sei, daß er oder sein Vorgänger das Land dem Staate tatsächlich [246] oder fiktiv abgekauft habe, während Hirschfeld Kl. Schr. 518 an eine Belohnung durch Augustus denkt, an den die Riesen-D. nach dem Tode des Besitzers wieder zurückfiel, vgl. Cass. Dio LIV 29, der seinerseits ausdrücklich erklärt, daß er nicht wisse, wie das Land an Agrippa gekommen sei. Ebenso weist nach Rostowzew 290 vieles darauf hin, daß M. Antonius als Triumvir in Kleinasien, vor allem in Lydien, einen großen D.-Besitz zusammengebracht hat, der dann ebenfalls von Augustus übernommen wurde und hier wie anderswo den Grundstock von Augustus’ und Livias D. bildete, zustimmend Keil-v. Premerstein Denkschr. 1914, 41. Es ist auch wahrscheinlich, daß schon Antonius eine große D.-Bezirksverwaltung in Asien geschaffen hat, in der seine Bevollmächtigten tätig waren. Auch diese D.-Verwaltungen übernahm Augustus. Pompeius Macer, der Sohn des Theophanes von Mitylene, erscheint bei Strab. XIII 618 als Procurator von Asien, d. h. offenbar als Oberleiter des kaiserlichen Besitzes in der Provinz, wie die dann ebd. auch bei Tiberius erwähnte persönliche Vertrauensstellung beweist. Es ist augenscheinlich dieselbe Stellung, die unter Tiberius Lucilius Capito inne gehabt hat, dessen Prozeß bei Tac. ann. IV 15 (vgl. Cass. Dio LVII 23) erwähnt wird, und später unter Nero der römische Ritter P. Celer und sein Gehilfe, der Freigelassene Helius, die von Tac. ann. XIII 1 bezeichnet werden als rei familiari principis in Asia inpositi, vgl. über P. Celer auch Tac. ann. XIII 33. Augustus hat, in den Bahnen der Seleukiden wandelnd, manche κώμη und κατοικία auf ehemaligem D.-Boden in eine Stadt verwandelt, Chapot La prov. rom. d’Asie 102. Rostowzew Kol. 291. Frühestens in der flavischen Zeit wurde dann der gesamte D.-Besitz der Kaiser auch in Asien in Sprengel (regiones) geteilt, Zusammenstellung einzelner dieser Sprengel bei Keil-v. Premerstein Denkschr. 1914, 41, die von Procuratoren nicht nur in der Einzahl, sondern auch in der Mehrzahl und deren Untergebenen (βοηθοί = adiutores, Dittenberger OGI II 526) nebst einem großen Kassenpersonal an der Spitze der einzelnen Bezirkskassen, die in den Städten der betreffenden Gegend untergebracht waren, verwaltet wurden. Die Bezirksprocuratoren unterstanden dem schon vorher existierenden Provinzialprocurator (s. o. die Stellen aus der Zeit des Augustus bis Nero), der seinen Sitz mit der Hauptkasse und Hauptkanzlei in Ephesos hatte, CIL III 431. 607, 1 = 1419526, 6075. 6081. 7121. 7123. 7126. 7127. 7130. 7332, dazu Vaglieri Diz. epigr. I 724. Rostowzew ebd. III 124. Der letztere Forscher hat Kol. 291, 2, vgl. auch 326f., eine sehr interessante Vermutung aufgestellt, um die Einführung der Bezirksgliederung in die asiatische D.-Verwaltung gerade in der flavischen Zeit zu erklären. Er glaubt, daß damals in bezug auf die Verpachtung eine Vereinigung des gesamten ager publicus mit den unterdessen mächtig angewachsenen Kaiser-D., die durch den Sturz der alten Dynastie Krongut geworden waren, stattgefunden habe, d. h. er nimmt eine administrative Wiedervereinigung der gesamten ehemaligen χώρα βασιλική an, die vor Zeiten in D.-Land und ager publicus infolge [247] der großen Veräußerungen von Staatsland an Private in der spätrepublikanischen Zeit (s. o.) zerfallen war. Ist diese Ansicht richtig, dann erklärt sich die Tatsache, daß die nun folgenden Kaiser wieder in größerem Umfange Stadtgründer auf dem vergrößerten D.-Boden geworden sind, wie z. B. Hadrians Tätigkeit in dieser Beziehung längst noch nicht genügend gewürdigt worden ist, so richtig Rostowzew 294, 2. Einen besonders tiefen Einblick in die kaiserliche D.-Verwaltung in Kleinasien bietet uns das ausgezeichnete Material, das Ramsay für Phrygien und Pisidien zusammengetragen hat, Asia minor 173ff.; Cities and bishoprics of Phrygia I passim, dazu Schulten Röm. Mitt. XIII 1898, 221ff., der das ältere Material lokal vorzüglich geordnet zur Darstellung gebracht hat, Ramsay Studies in the history and art of the eastern prov. of the rom. empire 1908, 305ff. und das zum Teil schon Hirschfeld Kl. Schr. 562ff. und vollständig Rostowzew Kol. 299ff. bearbeitet haben. Es sind das die kaiserlichen D. um Kibyra, dann die Gruppe um die pisidische Askania Limne, weiter bei Alastos am Lysis, um das pisidische Antiocheia, endlich zwischen Prymnessos und Dokimion, auch weiter nördlich die große D. im Flußtal des Tembrogios, woher die wichtigste hierhergehörige Urkunde stammt, die von Anderson gefunden (Journ. hell. stud. 1897, 418ff. 1899, 76ff.) und von Schulten mit Kommentar versehen worden ist (s. o. 364ff.), neugedruckt bei Dittenberger OGI II 519. CIL III Suppl. 14, 191, auch bei Bruns Fontes⁷ 265 nr. 93, eine an Philippus Arabs und seinen Sohn gerichtete Bittschrift der kaiserlichen Kolonen, Ἀραγουηνῶν πάροικοι καὶ γεωργοί. Von der Ausdehnung dieses ganzen phrygischen Domanialbesitzes legen auch die zahlreichen Inschriften kaiserlicher Procuratoren aus dieser Gegend Zeugnis ab (Hirschfeld Kl. Schr. 564). Es ist das ganze Gebiet, abgesehen von Resten der attalidischen χώρα βασιλική, wohl in der Hauptsache ein Stück aus dem reichen D.-Besitz des Amyntas, des letzten Königs von Galatien, dessen Reich im J. 25 durch Augustus römische Provinz geworden war (Hirschfeld 562. Rostowzew 299f.). Sein Vorgänger Deiotaros ward von Cicero pro Deiot. 27 als ein Vertreter rationeller Agrarwirtschaft geschildert: ut non solum tetrarches nobilis, sed etiam optimus pater familias et diligentissimus agricola et pecuarius haberetur, dem Diophanes aus Nikaia einen Auszug aus der Enzyklopädie des Mago (darüber o. S. 237) übermittelt hatte, Varro de re rust. I 1, 10, ein Beweis, daß er seine Landwirtschaft und vor allem seine ausgedehnte Viehzucht, von der auch Strab. XII 568 im Gebiet von Lykaonien erzählt, in karthagischer Weise organisieren wollte, Rostowzew 296: also keltische Großgrundwirtschaft auf altem hellenistischen Boden nach karthagischer Methode betrieben! Die Bewirtschaftung dieser D. geschah in der Hauptsache durch Kolonen, die wie früher in der hellenistischen Zeit in Komen zusammensaßen. Sie zeigen auf diesen phrygischen Gütern einen gewissen Wohlstand, weil sie von den städtischen Liturgien und Steuern, die immer drückender wurden, befreit waren, Rostowzew [248] 301f. Keil-v. Premerstein 45. Dafür aber liegen auch auf diesem Teil der Reichsbevölkerung gewisse Verpflichtungen, die durch die Willkür der Beamten und Pächter sehr drückend wurden, so die σταθμοί und ξενίαι der Beamten und sonstigen privilegierten Durchreisenden, die angariae (darüber Rostowzew Klio VI 249ff.), der Druck der staatlichen und städtischen Polizeiorgane. Im übrigen gehören im 2. nachchristl. Jhdt. die Bauern der D. gemäß der Lehre von der ἰδία zu diesen, wie sich an der Geschichte der D. von Ormeleis zeigen läßt, mit der die Bauern bei Besitzwechsel an den neuen Eigentümer übergehen, Ramsay Cities I 286ff. Rostowzew Kol. 304. Keil-v. Premerstein 45f. Über eine Gliederung dieser phrygischen D. in Bezirke fehlt es noch an Material. Dagegen sei auf die schon im Artikel Dioecesis o. Bd. V S. 724 vermerkte Tatsache hingewiesen, daß neben den procuratores Augusti provinciae Asiae, die schon auf die Zeit des Augustus zurückgehen (Joseph. ant. Iud. XVI 26), frühestens seit dem 2. Jhdt. procuratores provinciae Hellesponti, CIL V 875 vom J. 105, und Procuratoren von Phrygien auftreten, bald nur bezeichnet als procurator Phrygiae, Perrot Inscr. d’Asie min. 16. CIG 3888, bald als proc(urator) prov(inciae) Frygiae, CIL III 348. Dies sind wohl die die Regionen zusammenfassenden Oberbezirke, die in Afrika (s. u.) tractus oder dioecesis, ja abusiv auch dort provincia heißen, die sich daselbst an die Verwaltungsbezirke der drei dem Proconsul unterstellten Legati anschlossen. Eine Sonderstellung hatte in Kleinasien Kappadokien inne, wo eine sehr ausgedehnte Tempel- und Dynastenwirtschaft mit halbfeudalen Zuständen aus sehr alter Zeit sich am längsten erhalten hat. Hier befanden sich schon in hellenistischer Zeit D. mit einer ausgedehnten Pferdezucht, Plutarch Eumenes 8, ähnlich Strab. XVI 752 für Syrien, Polybios V 44. X 27 für Medien; über die hellenistische Pferdezucht überhaupt Lafaye bei Daremberg-Saglio Dict. II A, 791ff., die sich hier wie in den benachbarten Provinzen Pontos, Paphlagonien und Bithynien erhalten hat, vgl. die Inschrift des Timesitheus CIL XIII 1807 = Dessau 1330. Rostowzew Annual of the Brit. School at Athens XXII 19, 16/18, 12; Kol. 297, 1. In der späteren Kaiserzeit, vor allem vom 4. Jhdt. ab, konzentrierte sich die römische Pferdezucht immer mehr auf die kappadokischen und kilikischen Kaiser-D. Schon Ramsay hat die für Kappadokien typische Entwicklung vom Tempelland der vorhellenistischen und hellenistischen Zeit zu kaiserlichen D. und von da stellenweise zu städtischen Gemeinwesen erwiesen, so Hist. Geogr. 366; Cities I 10f. an Hierapolis-Koropissos auf Grund der Inschrift CIL X 8261, weiter an Tyana, Hist. Geogr. 15. 348. 449. Rostowzew Kol. 298. Die Tempel sind dadurch nicht untergegangen, sondern nur in ihrem riesengroßen D.-Besitz beschränkt worden, Strab. XII 577. Sicher ist also, daß viel kaiserliches D.-Land des Ostens, nicht nur in Kappodokien, wo wir diese Verhältnisse am besten verfolgen können, säkularisiertes Tempelland war. Nicht nur die alten Herrscher, sondern auch die Götter des Landes haben also von ihrem großen Landbesitz hergeben [249] müssen, um hier den ager publicus p. R. und den kaiserlichen D.-Besitz zu speisen.
Unter den Provinzen des Westens ragt an D.-Land Afrika hervor; Zusammenstellung des kaiserlichen Besitzes in den occidentalischen Provinzen bei Hirschfeld Kl. Schr. 556 und 569ff., für Afrika speziell Schulten Grundherrschaften 28ff. mit Nachträgen in desselben Verfassers Berichten über Neufunde im Arch. Anz. des Jahrbuchs des Deutschen archäologischen Instituts 1898ff. Die römischen Grundbesitzverhältnisse sind eine Fortsetzung der karthagischen, die bereits eine starke Neigung zum Großbetrieb gezeigt hatten (darüber s. o. Abschnitt III am Ende). Römischerseits wurden dann nach der definitiven Niederwerfung und Zerstörung Karthagos große Teile der Provinz zum ager publicus gemacht, Mommsen Ges. Schr. I 127ff. auf Grund des Ackergesetzes von 111 v. Chr. CIL I 200, dazu M. Weber Röm. Agrargesch. 1891, 152ff. Rostowzew Kol. 314ff. Das neue Staatsland wurde zum Teil an römische Bürger verkauft und dadurch zu Privatbesitz (ager privatus vectigalisque), der bald große Dimensionen annahm und Großgrundbesitz wurde. Ein anderer Teil wurde den Provinzialen zurückgegeben (ager stipendiarius; es war wohl in der Hauptsache Kleinbesitz der in den einheimischen Untertanenstädten zusammensitzenden Afrikaner, meist Numider). Der Rest, meist wohl unbebauter Boden oder Weideland, das aber allmählich in Ackerland sich verwandelte, wurde in Pacht gegeben, und zwar sowohl an römische Bürger wie an Latiner und Peregrinen. Auch von hier aus, wo oft größere Kapitalien zur Urbarmachung notwendig waren, entwickelte sich an manchen Stellen die Großwirtschaft. Dies alles wurde begünstigt durch die Tatsache, daß Afrika immer mehr die eigentliche Kornprovinz Roms im Westen wurde und in dieser Beziehung an die Stelle Siziliens trat, das frühzeitig durch den republikanischen Raubbau heruntergewirtschaftet worden war. Dieser Übergang zur erhöhten Kornproduktion brachte es mit sich, daß die karthagische Sklaven- und Plantagenwirtschaft (darüber s. o. S. 237) auch in diesem, ihrem Mutterland, allmählich verlassen und die auch in der karthagischen Zeit bereits daneben hergehende Kolonenwirtschaft immer stärker bevorzugt wurde. Die Epoche der römischen Bürgerkriege führte dann innerhalb des Großgrundbesitzes Afrikas zu weiterer Konzentration. In der Kaiserzeit traten die Herrscher in die Reihe der Großgrundbesitzer sehr bald auch in Afrika ein, und zwar hier sehr schnell in vorderster Reihe. Schon unter Augustus fungierte in Afrika ein besonderer Procurator für die kaiserlichen D., Plin. n. h. XVIII 94. Auch hier wird dann vor allem Nero als derjenige genannt, der auf dem Wege der Proskription und Konfiskation große Teile des Landes in seine Hände brachte; übertreibend Plin. n. h. XVIII 35: sex domini semissem Africae possidebant, cum interfecit eos Nero princeps. ,Gegen Mitte des 1. Jhdts. n. Chr. standen sich also in Afrika zwei mächtige Schichten von Landbesitzern gegenüber: die Kaiser einerseits, die Privaten, wenige Familien römischer Senatoren, andererseits‘, Rostowzew 320. Dies ergibt sich vor allem aus [250] Frontin. de controv. agr. 53: in Africa, ubi saltus non minores habent privati quam res p. territoria: quin immo multis saltus longe maiores sunt territoriis, dazu auch Hirschfeld Kl. Schr. 556, 4. Nero verschob dann das Verhältnis in starkem Umfang zugunsten der Krone. Der kaiserliche Großgrundbesitz war seitdem derjenige, um den sich aller übrige herumlagerte. Wieder waren es nach der Ansicht von Rostowzew 321 und 327 die Flavier, allen voran Vespasian, der auch hier die Verwaltung der Reste des ager publicus mit der Verwaltung der kaiserlichen D. vereinigte und die Gliederung der Riesen-D.-Massen in Sprengel, größere (tractus) und kleinere (regiones), Unterabteilungen der tractus, beide mit Procuratoren an der Spitze, durchführte, Mommsen Ges. Schr. III 165f., eingehender mit Darbietung des ganzen Materials Schulten Grundherrschaften 62ff. Rostowzew 327ff. Die tractus wurden im Anschluß an die drei Dioecesen, die Verwaltungsgebiete der drei legati proconsulis, organisiert, die ursprünglich in Karthago, Hadrumetum und Theveste, später (seit 37) in Karthago, Hadrumetum und Hippo regius stationiert waren, während Theveste der Sitz des kaiserlichen Legionslegaten, wenigstens während des 1. Jhdts., war. Von hier aus erklären sich die drei tractus: der Karthaginiensis, der Hadrumetinus und der Hipponiensis, während der vierte, der Thevestinus, bald an die Hipponiensis, bald an den Hadrumetinus angeschlossen erscheint (s. den Art. Dioecesis o. Bd. V S. 721 ff.). Die Procuratoren dieser größeren Bezirke heißen bald kurzerhand procuratores Augusti tractus, so z. B. procurator Aug(usti) tractus Karthaginiensis, bald in breiterer Titulatur proc. Aug. provinciae Africae tractus Karthaginiensis, also genau so wie die legati proconsulis Africae (Material im Art. Dioecesis). Sie gehörten der Rangklasse der ducenarii an, während die Regionsprocuratoren nur centenarii waren. Es ist daher der Ansicht Rostowzews Kol. 327ff. von einer sukzessiven Entstehung der tractus von der flavischen Zeit ab nicht zuzustimmen. Die mehrfach vorkommende Verwendung der Bezeichnung dioecesis statt tractus, die, wie dieser Titel, immer lokal zu fassen ist (gegen Rostowzew Kol. 328), erklärt sich einfach daher, daß die D.-Sprengel mit den diesen Namen tragenden Amtsbezirken der legati proconsulis zusammenfielen. Wenn daneben sogar provincia auch als Bezeichnung des tractus vorkommt, so haben wir dafür schon Analogien aus der Provinz Asia kennengelernt (s. o. S. 249). Was die Gliederung der tractus in regiones betrifft, so sind uns für den tractus Karthaginiensis inschriftlich die regiones Thuggensis, Assuritana, [?Uci]tana belegt; es kommen weiter kaiserliche Banken vor, offenbar nach ägyptischem Muster, vgl. Hirschfeld Verw.-Beamte² 72, für die D.-Verwaltung eingerichtet und in den Städten inmitten der D.-Bezirke untergebracht, wie die mensa Vagensis und Thisiduensis, daher vielleicht auf weitere Regionen mit diesen Vororten geschlossen werden kann, Schulten 67. Offenbar selbständig waren andere regiones, wie die regio (einmal auch dioecesis genannt, Rostowzew 328, 1) Leptitana oder Leptiminensis, die regio Tripolitana, [251] Hirschfeld Kl. Schr. 558. Am besten sind wir über den tractus Karthaginiensis unterrichtet durch die Auffindung der Grabstätte der Kanzleibeamten des betreffenden Bezirksprocurators in Karthago, die von der flavischen Zeit ab belegt worden ist, CIL VIII Suppl. 12590ff., dazu Mommsen Kommentar ebd. S. 1335ff. und Schulten 67, vgl. noch CIL VIII 24678ff., bes. 24686. In der Grabstätte haben neben dem Procuratoren selber tabularii und ihre Gehilfen, dispensatores, librarii, notarii, commentarienses, saltuarii, nomenclatores, praecones, tabellarii, ministratores, cursores mit ihrem exercitator und doctor, Numidae pedisequi, agrimensores und chorographi, medici, paedagogi, aeditui, ja selbst ein custos Larum ihre Grabstätte gefunden, Hirschfeld Kl. Schr. 557. Während der tractus Karthaginiensis offenbar den Norden der Provincia proconsularis mit dem mittleren und unteren Bagradastal nebst seinen Nebentälern umfaßte, in denen kaiserliche D. in großer Zahl gefunden worden sind, erstreckte sich der tractus Hadrumetinus, der nächstgrößte Bezirk, über den Süden der Provinz längs der kleinen Syrte. Auch der tractus Thevestinus hatte offenbar eine große Ausdehnung. Ob Theveste auch der Zentralpunkt für die regio Tripolitana war, weil einem procurator privatae reg(ionis) Tripolitanae zwei Inschriften von den Oeenses und Sabrathenses in dieser Stadt gesetzt worden sind, CIL VIII Suppl. 16542f., bleibt zweifelhaft, Hirschfeld 559f., eher ist die Regio Tripolitana als selbständiger Bezirk zu denken (darüber s. o.). Möglicherweise bestand auch noch in Thamugadi eine gesonderte Bezirksverwaltung für die D. des westlichen Numidien, CIL VIII 2757, dazu Hirschfeld 560 mit Anm. 3. In Mauretanien lagen große Kaiser-D. vor allem in der Sitifensis, darunter in der Ebene von Medjana die umfangreichen, ursprünglich der sehr reichen jüngeren Matidia gehörigen Güter, Schulten 35ff. Doch begegnet hier keine Bezirkseinteilung für die kaiserliche D.-Verwaltung wie in Afrika und Numidien. Die oberste Verwaltung lag vielmehr hier offenbar in der Hand des Provinzialprocurators selber, später eines procurator rationis privatae, wie er jeweils für eine der beiden mauretanischen Teilprovinzen bestellt war, CIL VIII 1456. 8812. Dessau 9382, dazu Hirschfeld 560f.
Domänengesetzgebung. In Afrika ist uns am besten Gelegenheit geboten, die kaiserliche D.-Gesetzgebung zu studieren. Das älteste auf uns gekommene Gesetz zur Regulierung der Großgrundwirtschaften ist die Lex Manciana, von der uns Teile in einer Epistula kaiserlicher Procuratoren aus Henchir Mettich traianischer oder noch späterer Zeit (wegen des Zusatzes totiusque domus divinae zwischen Z. 2 und 3, dazu Seeck Ztschr. für Sozial- u. Wirtschaftsgesch. VI 322f. Kornemann Berl. phil. Woch. 1898 [10. Aug.], anders Hirschfeld Verw.-B.² 123, 4) erhalten sind, am besten publiziert bei Bruns-Gradenwitz Fontes⁷ 295 nr. 114. Wie Rostowzew Kol. 321ff. nachgewiesen hat, handelt es sich hier um ein in vordomitianischer Zeit, am ehesten unter Vespasian, geschaffenes Gesetz, welches die Beziehungen [252] des Staates zu den verschiedenen Inhabern des afrikanischen Ager publicus sowohl den privaten wie den kaiserlichen geregelt hat. Veranlaßt war das Gesetz durch die starken Eingriffe Neros in den privaten Großgrundbesitz, über die oben schon gehandelt worden ist. Seitdem war der Ager publicus von Afrika zum großen Teile in den kaiserlichen Händen konzentriert, und es war nur konsequent, daß die Flavier eine gesetzliche Regelung für alle D.-Wirtschaft, sei es staatliche oder kaiserliche oder private, eintreten ließen. Das Gesetz wurde von einem kaiserlichen Bevollmächtigten (außerordentlichen Legaten?) namens Mancia wohl im Namen des Kaisers verfaßt und publiziert: daher hieß es offiziell Lex Manciana. Es ist also kein Zweifel, daß wir schon hier ein offizielles D.-Gesetz vor uns haben. Diese mit den Flaviern beginnende kaiserliche D.-Gesetzgebung ist die Fortsetzung der Eingriffe der Regierung in die Verhältnisse des Ager publicus. Diese setzen schon mit Claudius ein, wie sich bei dem von den Ptolemäern ererbten D.-Besitz des Staates in Kyrene (darüber o. Abschn. III) zeigt. Hier hat Claudius den Anfang gemacht, Nero die Fortsetzung und Vespasian hat schließlich die Entscheidung getroffen, Tac. ann. XIV 18. Hygin. de cond. agr. p. 122. So sehen wir auch hier in Vespasian den abschließenden Ordner, und ebenso wird es auch anderswo gewesen sein. Die ungeheuren Konfiskationen unter der neronischen Regierung machten eine Neuordnung durch die nachfolgende Dynastie notwendig. Dazu kam dann die das neue Regime kennzeichnende Fürsorge für die kleinen Leute, hier die Kolonen auf dem Lande. Alles dies brachte die Zusammenfassung der Privat- und Krongüter der Kaiser in eine staatlich-kaiserliche ratio (λόγος οὐσιακός in Ägypten, s. o. S. 243) zuwege, zunächst in den großen kornliefernden Provinzen des Südens, Ägypten, Kyrenaika, Afrika und Sizilien, Rostowzew 326f., zusammenfassend 379f. In diesen Zusammenhang gehört der Erlaß der Lex Manciana, des ersten großen auf die D. Nordafrikas bezüglichen Gesetzen, das nach dem Muster der republikanischen leges censoriae und der hellenistischen νόμοι τελωνικαί durch allgemeine Normen die Beziehungen zwischen dem Staat und den Großgrundbesitzern (domini) bezw. deren Vertretern (conductores) zu regeln sowie die Bedürfnisse der eigentlichen ackerbetreibenden Bevölkerung (coloni) nach erträglicher wirtschaftlicher Lage zu befriedigen suchte. Das Gesetz hat längere Zeit ausschließlich den kaiserlichen Procuratoren als Norm gedient, und auf Grund dieser allgemeinen Norm sind die Statuten der einzelnen Großgüter in der Form einer epistula (litterae) oder eines sermo procuratorum ausgearbeitet und auf einer ara – weil die Lex unter den Schutz des Gott-Kaisers gestellt war – für das betreffende Einzelgut publiziert worden, wovon mehrere uns erhalten sind (s. u.). Die flavische D.-Gesetzgebung hat dann eine Weiterbildung durch Hadrian erfahren. Teile aus dessen Gesetzgebung besitzen wir in dem Decretum des Commodus für den saltus Burunitanus, CIL VIII 10570. Suppl. 14464. Dessau 6870. Bruns-Gr. Fontes⁷ 258 nr. 86, Reste eines ähnlichen Dekrets [253] desselben Kaisers aus Gasr-Mezuar CIL VIII Suppl. 14428, dazu Mommsen Ges. Schr. III 153ff., weiter in den Inschriften von Ain-Wassel, ara legis Hadrianae, CIL VIII Suppl. 15470. Bruns-Gr.⁷ 300 nr. 115 und Ain-Dschemala, sermo et epistulae procuratorum de terris vacuis excolendis, Bruns-Gr.⁷ 302 nr. 116. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob wir in den erhaltenen Abschnitten der hadrianischen Gesetzgebung die Reste eines oder zweier D.-Gesetze dieses Kaisers zu erblicken haben. Rostowzew Kol. 337 entscheidet sich im Anschluß an Woldemar (russ., zitiert bei Rostowzew 337, 1) zugunsten der zweiten Alternative, vor allem deshalb, weil Bruns-Gr. 115 II 10f. eine lex Hadriana de rudibus agris et iis qui per X annos continuos inculti sunt nicht als Kapitel des Hauptgesetzes, sondern scheinbar selbständig zitiert wird. Da dies als Beweis meines Erachtens nicht ganz ausreicht, ist die Frage zunächst offen zu lassen. Sicher ist, daß die hadrianische Gesetzgebung die Lex Manciana nicht außer Kraft gesetzt, sondern nur den neuen Zeitverhältnissen in manchen Punkten angepaßt und erweitert hat, so richtig Rostowzew 324. 335. 337f. 349. 380 gegen Schulten Klio VII 201f., und daß sie nicht auf das Gesamtreich, sondern nur auf die Provinz Afrika sich bezog, Rostowzew 325, 1 gegen Carcopino Klio VIII 182f. Wie die Lex Manciana war auch die Lex Hadriana eine allgemeine Norm, eine sog. perpetua forma, wie die Inschriften es jetzt ausdrücken – vgl. dazu den Ausdruck τὸ τῆς γεωργίας δίκαιον in dem Bittgesuch der Kolonen von Aga Bey Kjöi in Lydien, Keil-v. Premerstein Denkschr. LVII 1, 40 –, aus welcher die epistulae oder sermones procuratorum das individuelle für das Einzelgut geltende Statut gemacht haben, Rostowzew 333ff. Wie die Lex Manciana bezog sich auch die Lex Hadriana auf die Beziehungen der Domini und Conductores zum Staat, weiter auf die Normierung der Leistungen der Kolonen, die gegenüber der Ausbeutung durch die wirtschaftlich stärkere Oberschicht in unmittelbare kaiserliche Obhut genommen wurden, ähnlich wie die βασιλικοὶ γεωργοί des Ostens, endlich auf die Okkupation des ager rudis bezw. daneben auch des verpachteten aber liegen gelassenen Landes, das nach 10 Jahren wie ager rudis ebenfalls den Okkupanten offen stehen sollte, Schulten Klio VII 202. Gerade in dem letzteren Punkte zeigt sich das Interesse der hadrianischen Regierung an der Schöpfung neuer Kolonenwirtschaften auch in Afrika, wie wir das oben (S. 244) schon für Ägypten beobachtet hatten, was nur eine Weiterführung der seit den Flaviern hervortretenden Kleinleutepolitik darstellt. Die uns überlieferten Teile der Lex Manciana und Lex Hadriana beziehen sich zum größten Teil auf diese Kolonen-Neuwirtschaften, wie sie auf dem Wege der Okkupation entstanden waren, ein Beweis, wie gerade dieser Prozeß im Interessenkreis der kaiserlichen Regierung lag. Die Lex Manciana berücksichtigte zwei Arten, wie neue Kolonenstellen entstehen konnten, einmal durch Besäen der subseciva (§ 1), dann durch Bepflanzen derselben mit allerlei Baumkulturen (§ 4–9), [254] wobei aber ausdrücklich festgestellt wird, daß das Recht in beiden Fällen nur die Kolonen mit Wohnsitz innerhalb des Gutsterritoriums haben sollen, Rostowzew 343ff., und daß die Erlaubnis der Procuratoren dazu eingeholt werden muß. Was das Saatiand betrifft, muß die übernommene Kulturpflicht ununterbrochen ausgeübt werden, damit, wie die Lex Manciana es ausdrückt, der usus proprius an diesem Lande entstehen kann; über diesen für den rein römischen juristischen Sprachgebrauch höchst merkwürdigen Ausdruck vgl. Mitteis Erbpacht 30f. Rostowzew 345 mit der in Anm. 1 und 2 angegebenen Literatur: es ist eine nur individuell in Bearbeitung und Nutzung übergegangene Parzelle, deren Besitz prekär bleibt; denn zweijährige Nichtbestellung führt zum Verlust des okkupierten Bodens. Von Baumkulturen kommen für Afrika vor allem die Feigen- und Olivenkultur in Betracht, während der Weinbau wegen der Boden- und klimatischen Bedingungen hier weniger bedeutete. Der bepflanzte Boden wird im Gegensatz zum Kornland zum erblichen freien Besitz, der nach einer mehrjährigen Zeit der Steuerfreiheit (in der Regel für ein Quinquennium, für die jungen Olivenpflanzungen sogar für zehn Jahre) nur durch die üblichen partes belastet wird, eine Verschiedenheit, für die Rostowzew 351 als Parallele auf die hellenistische Praxis in Ägypten aufmerksam macht, die ebenfalls lange Zeit ein richtiges Besitzrecht nur für Wein- und Gartenländereien anerkannt hat. Die Neuerungen der Lex Hadriana gegenüber diesen Regeln des älteren Gesetzes zerfallen in solche, welche eine Vereinfachung der Verhältnisse, und in solche, die eine weitere Befreiung der Kolonen von der Willkür der Großpächter zum Ziele haben, Rostowzew 347ff. Das Recht der Okkupation wird über die agri rudes hinaus auf die loca a conductoribus neglecta erweitert, offenbar um der beginnenden Verödung der in Erbpacht gegebenen Ländereien und damit dem Sinken der Pachtpreise der großen Güter zu steuern. Gleichzeitig werden die typischen intensiven Wirtschaftsformen des Kleinbesitzes (Zerealien-, Oliven-, Feigen- und Weinbau) gegenüber der extensiven Viehwirtschaft des Großpächters begünstigt. Endlich wird das Recht der Vererbung der okkupierten Ländereien auch auf das Kornland ausgedehnt, ara legis Hadrianae II 7ff. Was die Lex Hadriana in Afrika geschaffen hat, ist also eine eigentümliche Mischung zwischen Kolonen nach italischer Art und hellenistischen Staats- und Königsbauern, daher die Bezeichnung possessor in der Lex Hadriana (ara III 13–14) für den Okkupanten. Es sind in letzter Linie die Grundsätze der besseren hellenistischen Zeit, die, wie Rostowzew 352ff. nachgewiesen hat, Hadrian in Afrika zur Durchführung zu bringen gesucht hat, um eine kräftige Schicht von fast selbständigen Kleinbauern auf den D. zu schaffen, die direkt mit dem Kaiser durch seine Beamten verkehren konnten, während die Großpächter mehr und mehr zu Gefällpächtern und damit zu Gehilfen der Procuratoren herabgedrückt werden sollten, Rostowzew 361. Allerdings sind die flavischen wie die hadrianischen Maßregeln ins Gegenteil umgeschlagen und haben infolge des [255] schnell wachsenden Übergewichts der Konduktoren und der Procuratoren sowie infolge der einseitig fiskalisch gerichteten Politik der nachfolgenden Kaiser den Kolonat entstehen lassen, der durch die Willkür der Beamten und Pächter immer tiefer sank, Rostowzew 362ff. und 381ff. Das Ende war, daß die Kaiser seit dem ausgehenden 2. Jhdt., um der fortschreitenden Landflucht und dem Verfall der Landwirtschaft zu begegnen, das Steuer umwarfen und nach dem Versagen der Kleinkolonisation wieder zur Begünstigung der Großbetriebe griffen. Der Anfang ist der Erlaß des Kaisers Pertinax, Herodian. II 4, 6; dazu Mitteis Erbpacht 32f. Rostowzew 391, 1. Der Kaiser gibt die Okkupation wieder vollkommen frei, ohne irgendwelches Maximum festzusetzen, mit Einschluß der kaiserlichen D., die seither der Hort der Kleinwirtschaft gewesen waren, ὁπόσην τις βούλεται καὶ δύναται εἰ καὶ βασιλέως κτῆμα εἴη. Zugleich gilt die Verordnung für das ganze Reich, Italien eingeschlossen, ein Beweis für die unterdessen eingetretene Uniformierung der Verhältnisse. Wenn auch diese Maßregel des kurz regierenden Kaisers ephemer geblieben ist, geht doch die Entwicklung in der dadurch gewiesenen Richtung weiter. Seit dem 3. Jhdt. beginnen infolgedessen die Privatgroßwirtschaften auf dem staatlichen Boden neben den kaiserlichen D.-Gebieten wieder zu wachsen, Rostowzew 390f. Wir stehen an der Schwelle der Geschichte der spätrömischen und byzantinischen D., für die das 3. Jhdt. mit seinem Verfall der Kaisergewalt grundlegend ist. Die Geschichte der Konzentration des D.-Landes in der Hand des Kaisers und seiner Angehörigen ist vorüber. Ein System der Dezentralisation, das Charakteristische der neuen Zeit, beginnt wie auf anderen Gebieten des Staates so auch im D.-Wesen. ,Das D.-Land verwandelt sich wieder in einen Komplex privater Besitztümer und das Reich kehrt zurück, wenn auch nur allmählich und langsam, zu den vorhellenistischen feudalen Zuständen‘, Rostowzew 395f.; vgl. darüber unten Abschn. V.
Domänenverwaltung. Wie die D.-Gesetzgebung können wir die D.-Verwaltung nirgends so eingehend studieren wie in Afrika, vor allem an den dortigen großen kaiserlichen D.-Bezirken. Nachdem im Vorhergehenden bei Betrachtung der einzelnen Provinzen die domaniale Bezirksverwaltung bereits behandelt worden ist, soll hier unter Zuhilfenahme des neuen durch Keil-v. Premerstein für Lydien erschlossenen Materials die Verwaltung und Bewirtschaftung der einzelnen D. kurz skizziert werden. In das in der Hauptsache städtisch organisierte römische Reich ist durch die D. technisch saltus, im Osten – wenigstens die Privat-D. – auch ἰδιωτικὴ γῆ genannt, ein nichtstädtisches Element gekommen. Bei dem Mangel wirklicher Landgemeinden ist dieser exterritoriale saltus im Altertum der einzige selbständige Landbezirk gewesen, der der Stadt koordiniert war, Schulten Grundherrschaften 3 und 41ff. (an letzterer Stelle über Grenzsteine zwischen Stadt- und Domanialgebiet, ergänzend dazu jetzt Keil-v. Premerstein Denkschriften LIII 64 nr. 133f.). Kein Hoheitsrecht des saltus beweist so deutlich [256] die Gleichstellung mit der Stadt wie die frühzeitig eingetretene (sicher seit Claudius nachweisbare, Suet. Claud. 12, 2) Verleihung des Marktrechts (ius nundinarum) an einzelne saltus: Plin. ep. V 4. SC de nundinis saltus Beguensis vom J. 138 aus Afrika, Bruns-Gr.⁷ 205 nr. 61. CIL VIII 8280. III 4121. In der Regel wird ein zentral gelegenes Kolonendorf zum Marktort erhoben, wie z. B. im erwähnten saltus Beguensis der Vicus Casae. Auf diese Weise wurden in städtearmen Gebieten die Gutsbezirke auch Verkehrszentren für die Landbevölkerung ringsum. Wie die städtischen Magistrate in den civitates hatten die kaiserlichen Procuratoren in den saltus öffentlich-rechtliche Befugnisse. Sie bezogen allerlei Gebühren, konnten Geldstrafen verhängen und besaßen über die Gutsbewohner ein mäßiges Züchtigungsrecht, His Domänen 15. In der späteren Zeit begegnen in den afrikanischen Bischofslisten auch Bischöfe von Grundherrschaften, Schulten 23 und 115ff. In fast allen Provinzen gab es Teile, in denen diese ländlichen Territorien über die Stadtbezirke dominierten. Relativ am seltensten waren sie in dem fast gänzlich städtisch organisierten Italien, wo das Hauptverbreitungsgebiet der fundi excepti (darüber s. o. S. 241) war. Der Übergang des Einzelbezirks aus dem Zustand des saltus in denjenigen der civitas kommt nicht nur im Osten (s. o. S. 246), sondern auch im Westen vor, wie wir das für den saltus Sumelocennensis, Rottenburg am Neckar, beweisen können, CIL XIII 2 p. 216 (interessant ist hier, daß nach nr. 6365 bereits der saltus Sumelocennensis einen ordo hat, dazu Mommsen a. a. O. 216); vgl. auch die Erzählung des Chron. Marc. zum J. 518 (Chron. min. II = Mon. Germ. auct. ant. XI p. 100) über die Anlage einer Stadt in der possessio Daras, Schulten 46 mit Anm. 51. Wenn die saltus auch von dem Stadtterritorium und der Stadtwirtschaft eximiert waren, unterstanden sie, eingeschlossen die kaiserlichen, der Provinzialverwaltung, His Domänen 15. Hirschfeld 128, 3. Der Beweis für diese These, den Hirschfeld noch vermißte, ist jetzt durch die Bittschrift der Kolonen von Aga Bey Kjöi erbracht, wonach mehrere von behördlichen Organen verhafteten Personen auf dem Wege über die hierarchisch geordneten D.-Procuratoren dem Aelius Aglaus, nicht so sehr in seiner Stellung als Procurator Asiae, sondern in seiner ausdrücklich hervorgehobenen Eigenschaft eines Stellvertreters des Proconsuls von Asien vorgeführt werden sollen. Keil-v. Premerstein LVII 1, 42.
Die einzelnen Bestandteile eines Gutsbezirks (saltus) waren die villa und die casae bezw. vici, der im Zentrum gelegene Herrnhof mit dem Hofland und die Gehöfte bezw. Ortschaften der gutsherrlichen Kolonen. Der Herrenhof bestand aus dem Schloß, der villa im engeren Sinne, und dem Komplex der Wirtschaftsgebäude. Das Schloß war auf den größeren saltus in der Regel mit allem Luxus der Stadthäuser der großen Aristokratie, z. B. mit Thermen, CIL VIII 14457, ausgestattet und umgeben nicht nur von den der Bewirtschaftung dienenden Hofgebäuden, sondern auch mit großartigen, den Vergnügungen der Grundherren dienenden Anlagen wie Ställen für [257] Rennpferde, deren Bild mit Namen auf dem Mosaik des Pompeianus, Tissot Géogr. de l’Afrique I 360, erscheint, und anderem dergleichen mehr. Alles, was dem Wirtschaftsbetriebe diente, war demgegenüber nach Columella die pars rustica des Hofes. Die Gesamtanlage war meist mit Mauer und Graben umgeben, wie die Ausgrabungen gelehrt haben und wie aus Ammian. XXX 5, 25 fundus muro circumdatus valido, sich ergibt. Auch die Kolonengehöfte, und die Kolonendörfer, waren sehr häufig befestigt, weshalb in Afrika oft turres statt casae und castella statt vici genannt werden. Wenn Frontin gelegentlich von vici circa villam in modum municipiorum spricht, so war es wohl vor allem die Befestigung, welche den gutsherrlichen Dörfern den munizipalen Charakter verlieh. Erbaut wurden die Mauern, wie so vieles andere, durch die Fronleistungen der Kolonen, operae iussu imperatoris aut procuratorum, wie die Bauinschriften zeigen, CIL VIII 8701. 8710. 8777, vgl. zum Vorstehenden die Darstellung von Schulten Grundherrschaften 44ff. Was die Bewirtschaftung der saltus betrifft, so war bei der Vorliebe des Südländers für die städtische Wohnweise diejenige in eigner Regie die seltenere, namentlich wo der Kaiser und die Mitglieder der hohen römischen Aristokratie in Betracht kamen, Columella I praef. 15. Aber schon bei der Regiebewirtschaftung zeigt sich die Trennung des vom actor, griech. πραγματευτής, oder vilicus meist mit Hilfe von Sklaven bewirtschafteten Hoflandes und des in kleinen Pachtstellen an Kolonen vergebenen Pachtlandes, M. Weber Agrargesch. 248 Anm. Schulten 60. Die Regel jedoch war die Verpachtung, und zwar kurz- oder langfristige Verpachtung an einen conductor, einen angesehenen begüterten Mann des betreffenden Landstriches, d. h. also einen Großpächter. Mommsen Ges. Schr. III 169f. hat die Ansicht aufgestellt, daß der Konduktor nur der Pächter des Hoflandes gewesen sei, während das übrige Land direkt an die Kolonen verpachtet worden sei. Demgegenüber haben Schulten 85ff. und Ed. Cuq Mém. prés. à l’Acad. des inscr. 1901, 126 zu erweisen gesucht, daß der Konduktor der Generalpächter der ganzen D. gewesen sei, wobei Schulten so weit gegangen ist, daß er die Kolonen Afterpächter des Konduktors nannte. Die Konduktoren waren für die Gesamt-D. in der Hauptsache Gefällpächter, so richtig Rostowzew s. v. conductor, Diz. epigr. II 588f., Kolonat 381f. Kornemann Berl. phil. Woch. 1898 (20. Aug.), weshalb an sie auch die Futterkräuter abzuliefern und das Weidegeld zu entrichten war, Schulten Lex Manciana 29; sie hatten daneben ab und zu auch den eigentlichen Gutshof mit dem Weideland und der Viehzucht in eigener Bearbeitung; über die ganze Kontroverse Hirschfeld Verwaltungsb.² 130f. Die Kleinpächter nennen sich in der Regel ,Kolonen des Kaisers‘, in der Bittschrift der Kolonen des saltus Burunitanus III 28f. rustici tui vernaculae et alumni saltu(u)m tuorum, in der Bittschrift von Aga Bey Kjöi (Lydien) ähnlich wie in früher schon bekannt gewordenen Inschriften des Ostens οἱ ὑμέτεροι γεωργοί. Ihr Land wurde ihnen im Auftrag des Kaisers durch den Procurator angewiesen. Hieraus geht deutlich [258] hervor, daß die Kaiser die Politik verfolgt haben, diese Kleinpächter in direkten Beziehungen zu ihrer Person zu erhalten, ja womöglich die Konduktoren aus der beherrschenden Stellung, die ihnen die Beitreibung der Gefälle gab, zu verdrängen, Rostowzew Kol. 380ff. Aber dazu erwies sich die Stellung des Kaisers als nicht stark genug, vor allem deshalb, weil der Weg zu ihm zu weit war und die von ihm eingesetzten Beamten (Procuratoren) nur allzu häufig unter einer Decke mit den Großpächtern steckten, weil für beide die Kolonenschaft nur ein Objekt zur Ausbeutung darstellte. Daß man die Position der Kolonen in der besseren Zeit nicht unterschätzen darf, ergibt sich daraus, daß sie sämtlich freie Leute waren und darunter sogar römische Bürger sich befanden, CIL VIII 10570 II 14, dazu Hirschfeld Verw.-Beamte² 132. Rostowzew Kol. 381. Sie werden als populus oder plebs fundi bezeichnet, entsprechend σύνοδος γεωργῶν Καίσαρος unter Tiberius auf einer ägyptischen Inschrift, Ziebarth Griech. Vereinswesen 213, oder κοινά mit quasistädtischer Organisation in Kleinasien, z. B. das κοινὸν τῶν Ἀραγουηνῶν παροίκων καὶ γεωργῶν τῶν ὑμετέρων, CIL III Suppl. 14191. Dittenberger OGI II 519. Bruns-Gr. Fontes⁷ 265 nr. 93. Schulten Röm. Mitt. XIII 1898, 231ff. Keil-v. Premerstein Denkschr. LVII 1, 39; bezw. δῆμος Ὀρμηλείων auf den Gütern der Numidia Cornificia Faustina, der Nichte des Kaisers Marcus, bei Ormeleis in Phrygien, Ramsay Cities I 286ff. An ihrer Spitze standen magistri, auch sacerdotes, einmal (Villa Magna) auch ein defensor, die in der späteren Zeit, wenigstens seit Septimius Severus, von den munizipalen Lasten befreit waren, um sich ganz ihrer Pflicht gegen den Kaiser widmen zu können, Callistratus Dig. L 6, 6 § 11. Schulten Grundherrsch. 101. Hirschfeld Verw.-Beamte² 132. Keil-v. Premerstein Denkschr. LVII 1, 45. Außer den auf dem saltus selber wohnenden Kolonen – es sind das die in der Lex Manciana IV 27ff. als coloni inquilini bezeichneten Bauern, Gummerus Die Fronden der Kolonen 21. Rostowzew Kol. 341 – gab es auch andere, die neben ihren Kolonen-Parzellen auch außerhalb des Gutes Äcker, gewöhnlich eigene, bewirtschafteten, stipendiarii in der Lex Manc. IV 36ff. genannt, worunter Rostowzew die einheimischen Inhaber des ager stipendiarius, die Bewohner des in der Urkunde genannten Dorfes Mappalia Sige vermutet. Für den colonus inquilinus gilt die Forderung, daß er auf dem Gute wohnen und dasselbe, vor allem in den eigentlichen Wirtschaftszeiten nicht verlassen darf, wie wir das auch für den Osten auf Grund der Lehre von der ἰδία wissen (s. o.). Auf diese auch im Bewußtsein der Kolonen selber längst faktisch eingetretene Bindung an die Scholle, lange vor der gesetzlichen, die bekanntlich erst im Jahre 332 erfolgte, wirft helleres Licht wiederum das neue Material aus Lydien, vor allem die Bittschrift in Aga Bey Kjöi (Keil-v. Premerstein Denkschr. LVII 1, 45ff., im übrigen vgl. den Art. Colonatus von Seeck o. Bd. IV S. 483ff.).
Die eigentliche Verwaltung der einzelnen Kaiser-D. lag in den Händen eines procurator saltus = ἐπίτροπος τῆς οὐσίας im Osten; Pap. Straßburg [259] I 74, 11. In der Regel war es ein kaiserlicher Freigelassener, während seine früher genannten Vorgesetzten, die Procuratoren der tractus und regiones, meist dem Ritterstand angehörten. Wo die D.-Procuratoren paarweise auftreten, handelt es sich bei dem zweiten um einen beigegebenen adiutor, der an den in Ägypten begegnenden ἀντιγραφεύς, oder den römischen contrascriptor erinnert, die im antiken Beamten- und Geschäftsleben als Kontrolleure oder Assessoren auftreten; Rostowzew Kol. 333ff. und 408. Der Procurator vertrat den Kaiser in der Verwaltung der D., aber darüber hinaus erstreckte sich seine Funktion auch auf die Rechtspflege, und zwar allmählich weit hinausgehend über die Wahrung der fiskalischen Interessen des Staates; daneben hatte er das Coercitionsrecht in gewissem Umfang gegenüber den Kolonen, darüber Beaudouin Les grands domaines 54ff. 178ff. Bolkestein De colonatu Romano eiusque origine 73ff. Hirschfeld Verw.-Beamte² 134. Die Grundlage für seine Tätigkeit bildete das für die D. gültige Statut (darüber o. S. 252f.). Es umgaben ihn mehrere Unterbeamte, wie die Flurhüter, custodes fructuum auf den kaiserlichen Gütern = saltuarii auf den Privatgütern, meist Sklaven; über ihre Funktionen Ulp. Dig. XXXIII 7, 12 § 4, dazu Hirschfeld 133, 3. Ähnliche Beamte im Osten nennen uns die Glossarien, die wohl die Nachfolger der für die ptolemäische Zeit bezeugten liturgischen γενηματοφύλακες sind, Rostowzew Staatspacht 297ff.; Kol. 365f. Auch Polizei und Militär kann nötigenfalls von den Domanialprocuratoren mit Hilfe ihrer Vorgesetzten requiriert werden. Unter ihnen stellen wohl die stationarii (über sie v. Domaszewski Röm. Mitt. XVII 1902, 330ff.) eine dauernde Belegung dar und erklären vielleicht das Fehlen der saltuarii auf den kaiserlichen D. In Lydien erscheinen neuerdings auch sog. κολλητίωνες, die wir seither nur aus Pap. Oxy. VIII 1100 kannten, vielleicht ein Sammelbegriff, der in sich frumentarii stationarii und ähnliche Organe vereinigte, zusammenhängend vielleicht mit dem lat. Wort collectio, der Entstehung nach auf die Zeit der Antonine zurückgehend und vor allem für die Regierung des Septimius Severus bezeugt (Keil-v. Premerstein Denkschr. LVII 1, 43f.). Neben diesen Sicherheitsorganen, die Verbrechen nachspüren, werden in der Urkunde von Aga Bey Kjöi auch solche erwähnt, die diejenigen aufsuchten, die den städtischen Ämtern und Leistungen sich entzogen hatten. Gegen den Übereifer dieser niederen Beamten richtete sich u. a. die oben erwähnte Bittschrift. Anderswo waren es die Lasten der Angarien, die Bedrückungen durch Durchreisende und Quartiersucher, gegen die sich die Kolonen wenden mußten. So versteht man, wenn die γεωργοί an ihre bisher bewährte ,Treue gegen die kaiserliche Finanzverwaltung‘ erinnern und die Schädigung der fiskalischen Interessen hervorheben, die bei Beeinträchtigung ihrer Arbeitskraft und ihres Vermögens zu befürchten ist. Nach dem δίκαιον τῆς γεωργίας (= lex, D.-Ordnung o. S. 252) soll die gesamte Habe des Kolonen in erster Linie dem kaiserlichen Fiskus zur Sicherstellung seiner Ansprüche, vor allem auf pünktliche Zahlung des Pachtzinses, haftbar sein und nicht [260] durch willkürliche Forderungen selbst behördlicher Organe geschmälert werden. Diese Haftung mit dem Gesamtvermögen geht weit über das, was im Westen nach römischem Recht Brauch war, hinaus, Keil-v. Premerstein 40 und 45f. Wenn der Procurator selber sich Übergriffe erlaubte, so blieb den Kolonen als Rechtsmittel nur die Beschwerde an den Kaiser selber. Der kaiserliche Bescheid ging an die Petenten direkt zurück. Verboten war dem Procurator in erster Linie die Erhöhung der im Statut festgesetzten Abgaben und Fronden der Kolonen, CIL VIII 10 570 III 4ff. und IV 7. Dagegen hatte der Procurator offenbar das Recht, die Arbeitskraft des Kolonen bei Instandsetzung von Mauern und Gebäuden des saltus heranzuziehen, CIL VIII 587, dazu Mommsen Ges. Schrift, III 166. Hirschfeld Verw.-B.² 135, 3. Das Hauptgebiet der Tätigkeit des Procurators lag aber in der Verhinderung von Streitigkeiten zwischen Konduktor und Kolonen bezüglich der Abgaben und Leistungen der letzteren. Aus der Lex Manciana wissen wir, daß in Afrika, wo meist die colonia partiara galt und die Pachtzinszahlung meist in natura erfolgte, für die Ermittlung des Fruchtertrages und des davon als Zins abzugebenden Quantums ganz bestimmte Vorschriften galten, die sich auf die drei Akte erstreckten: 1. die schriftliche delatio oder professio des Kolonen über die Höhe der Ernte, 2. die renuntiatio des Konduktors über die ihnen zukommenden partes und 3. die ebenfalls schriftlich erfolgende cautio des Kolonen, in der sich dieser verpflichtete, die dem Konduktor zukommenden partes zu zahlen, Rostowzew Kol. 363ff. Sehr schön wird von Rostowzew nachgewiesen, wie diese Vorschriften und die Aufsicht darüber durch den kaiserlichen Beamten nicht aus der alten italischen, sondern aus der provinzialen Praxis des Ostens und Siziliens (Lex Hieronica) entsprungen und von hier aus auf die afrikanischen Verhältnisse übertragen worden sind. Die Verwaltungspraxis des hellenistischen Ostens hatte bereits das Bestreben gehabt, die niedere Landbevölkerung der D. einerseits in möglichst naher Berührung mit dem Gutsherrn zu erhalten und andrerseits sie möglichst außerhalb der allgemeinen Reichsgesetzgebung nach eigenen Gesetzen und Verordnungen zu regieren. Das Resultat war unbeabsichtigt dort wie hier, daß die Kolonen der Willkür und Habsucht der Beamten und Pächter ausgeliefert wurden. Schuld daran war nicht die Verpflichtung der Abgabenzahlung, sondern vielmehr das große Gebiet der Leistungen, Liturgien und Fronden, darüber Gummerus Die Fronden der Kol., Helsingfors 1906/7. Rostowzew Kol. 373ff.; s. den Art. Colonatus o. Bd. IV S. 483ff. Als in der nachflavischen Zeit das riesenhaft angeschwollene kaiserliche D.-Land mit den Resten des alten ager publicus zu einer großen Masse, ähnlich der hellenistischen χώρα βασιλική geworden war (o. S. 246 und 252), wurden die Insassen des D.- und Staatslandes wie die alten λαοὶ βασιλικοί zum Staate im Staate, der regiert wurde von den kaiserlichen Mittelsmännern, Konduktoren und Procuratoren, einer kapitalistischen Oberschicht, die sich mächtiger erwies als die kleinen Leute, die ihre Parzellen [261] selbst bearbeiteten (αὐτουργούμενοι). Wenn diesen alle Mittel, dem auf sie ausgeübten Druck Widerstand zu leisten, versagten, kamen sie mit dem letzten und ihrer Ansicht nach wirksamsten, der Drohung mit der Flucht von der seitherigen Arbeitsstätte und dem Übertritt in die ἰδιωτικὴ χώρα (Privat-D.), so in der Urkunde von Aga Bey Kjöi Z. 46ff., dazu Keil-v. Premerstein 46, ähnlich CIL VIII 14 428, 6, dazu Rostowzew Kol. 375, 1, was dem modernen Mittel des Streiks entspricht. Erinnert wird man dadurch an ägyptische Bittschriften auf Papyrus, an deren Schluß ebenfalls unter Hinweis auf die eventuell notwendige ἀναχώρησις gebeten wird, das Verbleiben in der Heimat zu ermöglichen, Rostowzew 205. Wilcken Papyruskunde I 1, 324, 2. Das Neue in der lydischen Urkunde ist die Drohung nicht nur mit dem Verlassen des kaiserlichen Gutes, sondern auch mit dem Übertritt auf eine Privat-D. Damit kündigt sich jetzt schon auch in der Verwaltung die neue Zeit an, in welcher mit dem Zerfall der Kaisergewalt die Privatwirtschaft im Großgrundbesitz wieder mächtiger zu werden beginnt.
V. Spätrom und Byzanz. Nach dem Gesagten ist jetzt eine Teilung des Stoffes nötig, indem zunächst die kaiserlichen D., dann die Privat-D. behandelt werden.
1. Die kaiserlichen Domänen haben in der Zeit Constantins noch einmal eine starke Ausdehnung erfahren, vor allem durch umfangreiche Konfiskation der Tempelländereien und des städtischen Gemeindelandes seitens des Kaisers, His 35f. Schulten Österr. Jahresh. IX 1906, 46 und 52. Der hier veröffentlichte Erlaß des Kaisers Valens gibt Z. 14f. einen Überblick über den Umfang des Grundbesitzes der res privata in der Provinz Asia, dazu Schulten 45ff., besonders interessant ist der in dieser Spätzeit auch vorkommende Prozeß der Umwandlung einer Stadtgemeinde in eine D. (Schulten 46f.). Die Kaiser-D. teilen sich in der Spätzeit in fundi rei privatae, fundi patrimoniales und fundi domus divinae, His Domän. 27ff. Seit dem 3. Jhdt. war eine starke Zentralisation in der kaiserlichen D.-Verwaltung eingetreten, die aus dem Leiter des Ressorts der von Septimius Severus geschaffenen res privata, nicht mehr procurator oder magister rei privatae genannt, sondern seit Constantin rationalis (summae) privatae, CIL VI 1133, und später comes rerum privatarum, umgeben von einem großen Personal (Hirschfeld Verw.-B.² 47), eine Art D.-Minister gemacht hatte, eine allmähliche Entwicklung, die Mitteis Röm. Priv.-Recht I 358f. fälschlich Septimius Severus’ Eingreifen allein zugeschrieben hat, besser Erbpacht 42. Die res privata war also das eigentliche D.-Ressort. Über die ungemein ausgedehnte Tätigkeit des D.-Ministers hat schon Seeck Art. Comites nr. 79 o. Bd. IV S. 664ff. eingehend gehandelt. Es ist wahrscheinlich, daß in der Zeit von Constantin ab auch die fundi patrimoniales, abgesehen von einzelnen Provinzen mit Sonderorganisation, dem comes rerum privatarum unterstellt waren (His 72 und Mitteis Erbpacht 43). Der Unterschied der Patrimonial-D. von den sonstigen beschränkt sich jetzt darauf, daß auf jenen die Emphyteuse, die jetzt zur Erbpacht [262] geworden war, vgl. die Bezeichnung fundi patrimoniales sive emphyteutici Cod. Theod. I 13, 19. 20. Cod. Iust. XI 62, 3, auf den übrigen das zeitlich unbegrenzte und unkündbare ius perpetuum (über den Unterschied vgl. Mitteis Erbpacht 43ff.) zur Anwendung kam. Mit Kaiser Anastasius (491–518) trat wieder eine Änderung der D.-Verfassung ein. Er schuf neben dem comes rerum privatarum um das J. 509 den comes sacri patrimonii, dem in der Hauptsache die D.-Verwaltung übertragen wurde, während jener auf richterliche Funktionen beschränkt wurde, s. Seeck Art. Comites o. Bd. IV S. 669f. und 676f. Ungefähr zur gleichen Zeit erfolgte auch in Italien die Einsetzung eines comes patrimonii, aber mit zum Teil anderen Kompetenzen, His 74. Hirschfeld Verw.-B.² 47, 4. Die fundi domus divinae wurden in der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. von der res privata abgezweigt, His 25ff. und 75ff.; es waren Güter zunächst in Kappadokien und Afrika, erst später auch in anderen Provinzen, die für den Unterhalt des Hofes zu sorgen hatten, entsprechend der modernen Zivilliste. Sie unterstanden in den einzelnen Provinzen einem comes domorum, der bald der Verwaltung des comes rerum privatarum unterstellt war, bald wie in Kappadokien, wo Güter dieser Art auch praedia tumiaca genannt werden, darüber His 29ff., dem praepositus sacri cubiculi. Über die Verwaltung der kappadokischen Güter sind wir unterrichtet durch Nov. 30 (536). Der comes domorum war wohl schon vor der im J. 386 erfolgten Teilung der Provinz bestellt worden, da sein Verwaltungsgebiet sich auf beide Provinzen erstreckte; ihn umgab eine große Kanzlei (darüber His 77). Der ganze ihm unterstehende Domanialbezirk zerfiel in 13 Gutsbezirke (οἰκίαι), von denen wohl jeder seinen Verwalter (ἐπίτροπος) hatte. Der Nov. 30 c. 7 genannte Praepositus war wohl der Vorsteher der Gestüte oder der Webereien. Erwähnt werden als Pächter nur Kolonen (γεωργοί), keine Großpächter. Iustinian hat die Verhältnisse des kappadokischen D.-Gebietes neu geordnet, indem er die Ämter des comes domorum und der beiden Statthalter beseitigte und an ihre Stelle einen proconsul Cappadociae, ausgestattet mit höchster Zivil- und Militärgewalt, setzte, der auch die Aufsicht über die D. bekam, Nov. 30 vom J. 536, dazu His 78. Derselbe Iustinian hat auch für das Ostreich besondere oberste Beamte dieses Domanialressorts geschaffen, nämlich zwei curatores dominicae domus, Cod. Iust. VII 37 (531) 3, seit 566 dann in der Einzahl, in der byzantinischen Zeit als ὁ μέγας κουράτωρ bezw. als ὁ κουράτωρ τῶν βασιλικῶν οἴκων bezeichnet. Seit dieser Einrichtung der eigenen Verwaltung durch Curatoren steht die domus divina durchaus gleichberechtigt neben der res privata und dem sacrum patrimonium, vgl. Ed. Iust. IV 2: τὸ θεῖον πατριμόνιον, τὰ θεῖα πρίβάτα, ὁ θεῖος οἶκος, ebenso Nov. 102 (536) und Cod. Iust. VIII 2. In der Verwaltung der domus divina waren jetzt eingeschlossen die D. der Kaiserin, für die dann Iustinian eine besondere Oberbehörde einsetzte in Gestalt des curator divinae domus serenissimae Augustae. Die domus der Prinzen und Prinzessinnen, die man der modernen Apanage [263] vergleichen darf (His 82), unterstanden dagegen, wie es scheint, dem comes rerum privatarum, später allerdings auch dem curator domus divinae.
Die meisten kaiserlichen D. der Spätzeit waren exterritorial. Doch gab es daneben bei der fortgeschrittenen Verstädtischung des Reiches auch Kaisergüter im Territorium von Städten, in erster Linie in Italien. Viel zu weit geht also His 115, 4, wenn er behauptet, daß die kaiserlichen Güter normalerweise innerhalb einer Stadtflur lagen, richtig Schulten Grundh. 2. Das einzelne Gut heißt auch jetzt noch wie früher praedium, griechisch χωρίον, possessio, griechisch κτῆμα, κτῆσις, fundus, saltus, daneben kommen dann sehr häufig vor casa, domus, griechisch οἰκία, οἶκος, letztere Ausdrücke auch sehr gern von Privat-D., Gütern der hohen Aristokratie (Senatoren), vor allem aber massa (sc. fundorum) besonders im Westen, während das griechische σύγκτησις schon im 3. Jhdt. auch im Osten begegnet, dazu His 67ff. Was die Bewirtschaftung der D. in dieser Zeit betrifft, so ist der Eigenbetrieb durch kaiserliche Beamte auch jetzt die Ausnahme. In eigener Verwaltung behielt man vor allem die kaiserlichen palatia, Cod. Theod. V 14, 4, und andere Güter zum direkten Unterhalt des Hofes, weiter Güter mit kaiserlichen Fabriken oder kaiserlichen Gestüten, wie sie vor allem in Spanien, Griechenland und Kleinasien, Kappadokien und Kilikien nachweisbar sind, His 82f. Die Regel aber war auch jetzt wie früher die Verpachtung der D., und zwar auf dem Wege der Erbpacht im großen, wie oben schon angedeutet, auf den Patrimonialgütern durch Emphyteuse, auf denen der res privata vermittelst des ius perpetuum. Wie ebenfalls schon kurz dargelegt wurde, hat nach den Ausführungen von Mitteis (Erbpacht 43ff.) die Emphyteuse ursprünglich ein ewiges Recht gar nicht geschaffen, sondern lief in der Regel auf eine oft langfristige und wohl auch vererbliche, aber doch zeitlich begrenzte Pachtung hinaus, während das ius perpetuum von vorneherein, schon seit Septimius Severus, zeitlich unbegrenzt war. Entscheidend ist, daß der Perpetuarius dominus fundi genannt wird Cod. Theod. V 14, 1 und V 14, 4, während diese Qualität dem Inhaber von emphyteutischem Gute gerade abgesprochen wird (Mitteis 44, falsch His 92). Dazu stimmt, daß dem Perpetuarius ein Gut nicht anders als durch besondere kaiserliche Verordnung entzogen werden darf; hier ist also das Recht des Staates an seinem Grund und Boden lediglich auf ein bloßes Obereigentum beschränkt. Seit dem Ende des 4. Jhdts. tritt dann eine innere Ausgleichung und schließlich eine Verschmelzung der beiden Rechtsinstitute ein, vgl. die sehr instruktive Tabelle bei Mitteis 52ff., insofern die Grundsätze des nach ius perpetuum vergebenen D.-Bodens der res privata auch auf die Patrimonialgüter zur Anwendung kommen. In das Gebiet der Veräußerung, nicht nur der Verpachtung, gehört die Begründung des ius privatum an D.-Boden. Schon der Name ius privatum klingt an den alten ager privatus vectigalisque in Afrika an, His 94ff. Mitteis 38ff. Wie dieses Land ist das ius privatum [264] auf Domanialgut eigentlich ein Widerspruch in sich selbst und eine hybride Bildung. Genau genommen scheidet ein derartig verliehenes Grundstück aus der D. aus, Mitteis 39. Man unterscheidet ius privatum salvo canone und solches demto canone. In ersterem Falle bleibt das neue Eigentum mit einer Abgabe an den Kaiser belastet, welche in dieser Zeit immer mehr den Charakter einer Grundsteuer hat, oder wie es His 95 ausdrückt: ,Das ius privatum salvo canone ist das mit einer ewigen Rente belastete Eigentumsrecht an ehemaligem Domanialland‘. Wo dagegen das ius privatum demto canone verliehen worden ist, entfällt dann auch noch diese Abgabe, und wir stehen vor gänzlich freiem Eigentum. Mitteis macht mit Recht darauf aufmerksam, daß das Privatrecht auf Domanialboden ein exorbitantes Privileg gewesen und in normalen Zeitläuften von der Kaisergesetzgebung als eine unzulässige Maßregel verboten worden ist (Cod. Iust. XI 62, 9 ca. 398). Was das Verhältnis der D. – und nicht nur der Kaiser- sondern auch der Privat-D. – zur staatlichen Verwaltung betrifft, so ist die Frage, wie sich dieselben gegenüber der mannigfachen Steuern und Leistungen, ordentlichen wie außerordentlichen, verhalten haben, sehr umstritten. E. Kuhn Verfassung des röm. Reiches I 275, Wiart Le régime des terres 55ff. His 107ff. Nach anfänglicher Befreiung einzelner Teile des Dominiallandes von einzelnen Abgaben und Leistungen ist die Heranziehung später doch die Regel. Das Wichtigste der munera war die Rekrutengestellung. In einigen Provinzen zahlten die D.-Inhaber Geld statt der Rekruten, anderswo erfolgte die praebitio tironum selber. Zuerst von der letzteren, später auch vom pretium tironum war die res privata befreit. Für das Verhältnis der D. zu den Gemeinden in der Spätzeit ist wichtig der Erlaß des Kaisers Valens an Eutropius, den Statthalter der Provinz Asia im J. 370/1 (Schulten Österr. Jahresh. IX 40ff. mit nicht ganz einwandfreiem Kommentar). Darnach haben Valentinian und Valens im Gegensatz zu Constantin (s. o.) große Teile der D. der res privata den notleidenden Gemeinden überwiesen mit der Bestimmung, daß sie einen Teil der Einkünfte behalten, den Rest aber an den Statthalter für die kaiserliche Domanialkasse abliefern sollen. Die Städte befinden sich also der D. gegenüber gewissermaßen im Verhältnis des Teilpächters was auch durch eine Konstitution des Arcadius und Honorius vom J. 395, Cod. Theod. XV 1, 33 über die Verwendung eines Drittels dieser Einkünfte zum Mauerbau, die ebenfalls auf einen Erlaß Valentinians I. zurückgeht, erwiesen wird, Schulten 557. Im Gegensatz zu dieser Abhängigkeit von der staatlichen Steuerverwaltung wird das Verhältnis der D. zur ordentlichen Jurisdiktion immer freier. Während, wie wir sahen, in der früheren Kaiserzeit der kaiserliche Procurator nur eine gewisse Polizeigewalt und die niedere Gerichtsbarkeit besaß, wurden seit Constantin die D. auch in Sachen der höheren Gerichtsbarkeit besser gestellt. Jetzt bildete sich allmählich die Praxis heraus, nach welcher die Rechtsprechung – zunächst in Strafsachen – in Gegenwart eines Beamten der [265] D. (des Rationalis oder Procurator) vor sich ging. Nach einer Konstitution Valentinians II., Cod. Theod. I 11, 2, darf der ordentliche Richter bei Verfolgung eines Schuldigen die D. nicht betreten, eine Bestimmung, die aber wieder aufgehoben wurde. Zivilsachen und leichtere Strafsachen der Kolonen untereinander richtete der erwähnte D.-Beamte selber. Wir haben hier die Anfänge zu einer grundherrlich-patrimonialen Gerichtsbarkeit vor uns, die natürlich von den D. der damals allmächtigen Kaiser ihren Ausgang nahmen, His 113f. Dopsch Grundlagen I 327f.
2. Die Privatdomänen. Nirgendwo können wir das Niedergehen der staatlichen D. und die Entwicklung des privaten Großgrundbesitzes in der späteren Zeit so gut verfolgen wie in Ägypten, wo das Papyrusmaterial uns täglich neuen Zuwachs bringt. Wenngleich Ägypten eine vom Reich abweichende Kurve auch auf diesem Gebiete zeigt (darüber J. Jung Histor. Ztschr. N. F. VI 76. M. Gelzer Studien z. byzant. Verwaltg. Ägyptens 69), sei zum Schluß noch ein Blick auf dieses Land, von dem wir unseren Ausgang genommen haben, geworfen. Einzelne der privaten οὐσίαι der byzantinischen Zeit, die schließlich zu den großen Latifundien des grundherrlichen ägyptischen Adels der letzten Zeit sich entwickelt haben, sind bei Wilcken Grundz. I 316f. zusammengestellt. Neben nicht allzuvielen Großgütern des 4. Jhdts. haben wir vor allem aus dem 6. und 7. Jhdt. eine Fülle von Beispielen solcher privater οὐσίαι, Wessely P. Klein. Form. Index 272, die in der Zwischenzeit, besonders im 5. Jhdt., ungeheuer gewachsen waren. Der Anlaß hierzu war die Patrociniumsbewegung. Grundlegend sind hierfür die Arbeiten von M. Gelzer Studien 72ff. Zulueta De patrociniis vicorum 44ff., zusammenfassend Wilcken Grundzüge I 322ff. Unter Patrocinium versteht man den Schutz gegen die Steuererhebung, den viele seither freie Grundbesitzer in Ägypten seit dem 4. Jhdt. nachsuchten, um sich als Klienten einem mächtigen Großbesitzer als ihrem Patronus hinzugeben. Der Staat hat, nachdem er gegen die Bewegung lange angekämpft hatte, im J. 415 endlich kapituliert, Cod. Theod. XI 24, 6, indem durch diesen Erlaß das Patronat, wenn auch ohne dauernde Wirkung, aufgehoben, dafür aber den betreffenden Großbesitzern die in Schutz genommenen Ländereien, stellenweise die Gebiete ganzer Dörfer, überlassen blieben, allerdings unter der Bedingung, daß sie von nun an dem Staat für die Steuern und Liturgien ihrer seitherigen Klienten, die nun hörige Kolonen waren, zu haften hatten. Auf diesem Wege wurden die seitherigen Patrone zu Latifundienbesitzern mit einer Menge von Hintersassen, die gesetzlich an die Scholle gebunden sind. Eine Feudalisierung des Landes trat ein, wie in alter Zeit, Rostowzew Kol. 395f. Ein Musterbeispiel der großen Betriebe dieser späten Grundherren (γεοῦχοι) besitzen wir in den Papyri der Apione, der großen Pagarchen von Oxyrhynchos im 6. und 7. Jhdt., P. Oxy. I 130. 133–138. P. Lond. IV S. 279ff., dazu Gelzer 83ff.; von diesen Texten enthält P. Oxy. I 135 = Wilcken Chrest. 384 ca. 579) eine Bürgschaftsurkunde für einen hörigen Kolonen (adscripticius = ἐναπόγραφος) dieses [266] Gutsbetriebs, Wilcken 326. Neben freien Gemeinden, metrocomiae = vici publici, bestand das spätere Ägypten im wesentlichen aus solchen Latifundien eines grundherrlichen Adels: an sie haben die einbrechenden Araber angeknüpft, C. H. Becker Klio IX 206ff. und Enzykl. des Islam, Ägypten S. 12f. (S.-A.)
VI. Die Kirche. Eine große Masse von Land ist seit dem 4. Jhdt. durch Schenkungen in den Besitz der Kirche gekommen. Auf diesen Kirchengütern setzt sich die antike D.-Wirtschaft ins christliche Mittelalter hinein fort. Das Register Papst Gregors d. Gr. ist unsere beste Quelle für den Zustand des Kirchengutes, dazu Mommsen Ges. Schr. III 177ff., Beaudouin Les grands domaines 202ff. und 323ff., auch über anderes Material, L. M. Hartmann Zur Wirtschaftsgesch. im fr. Mittelalter 1904, 42ff. Dopsch Grundl. II 205ff.; ders. Die Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit I² 202ff. Die Forschung Mommsens hat ergeben, daß die Verwertung des kirchlichen Grundbesitzes weniger durch Verpachtung als durch eigene Bewirtschaftung erfolgte. Durch die Verordnung Iustinians Nov. 120 (a. 544) war das Verbot der Vergabung des Kirchenguts zu dauernder Emphyteuse für Italien aufgehoben worden. Ein Vertrag dieser Art konnte nur vom Bischof selbst und schriftlich geschlossen werden. Der Pachtnehmer hieß aber niemals mehr conductor. Die viel häufigere Eigenbewirtschaftung geschah durch unfreie oder halbfreie Kleinbauern. Der kirchliche Grundbesitz der einzelnen Provinzen war in Bezirke (condumae) zerschlagen und einem jeden ein aus den Kolonen selbst genommener Pächter vorgesetzt, und dieser heißt conductor. Diese Konductoren lebten gleich den Kolonen auf den Landgütern und waren gleich diesen unfrei oder halbfrei. Ihre Hauptfunktion war die Besorgung der Hebungen, und zwar sowohl der öffentlichen Steuern als auch der grundherrlichen Leistungen. Für Gallien gehen z. B. die päpstlichen Anweisungen an die conductores massarum sive fundorum per Gallias constituti. Das sizilische Kirchengut war offenbar in 400 Konductorenbezirke eingeteilt. Wir haben hier also doch ein Konductorat vor uns, das sich von demjenigen der Kaiserzeit stark unterscheidet. Die Konductoren dieser späten Zeit stehen den Kolonen viel näher als die früheren.
VII. Der Übergang zum Mittelalter. Die Frage nach dem weiteren Leben der spätrömischen Wirtschaftsorganisation auf dem Gebiete der Grundherrschaften und die Übereinstimmung mit der germanisch-mittelalterlichen Organisation hat neuerdings Dopsch Grundlagen 319ff. im Anschluß an Beaudouin (315ff. 733) in positivem Sinne zu beantworten gesucht. Gelungen ist der Nachweis, daß die kaiserlichen D., soweit sie nicht bereits an die Kirche vergeben waren, von den Herzögen oder sonstigen Führern der germanischen Völker in Besitz genommen und auf diesem Wege vielfach Königsgut geworden sind (Dopsch 104ff.). Zu weit aber geht Dopsch vielleicht in der Annahme einer Kontinuität in bezug auf fast alle Seiten der Bewirtschaftung und der Rechtsstellung der D. und ihrer Insassen. Immerhin ist erfreulich, daß endlich von germanistischer Seite in immer steigendem [267] Maße über den Zaun herübergeblickt wird, den eine die Dinge zerreißende Geschichtsbetrachtung viel zu hoch emporgerichtet hatte, aber es geht doch nicht an, daß in der Freude des Entdeckens mannigfacher Zusammenhänge, die zweifellos vorhanden sind, dieser Zaun gleich vollkommen niedergelegt wird, vgl. v. Below Handwörterb. d. Staatsw. I⁴ 52.
VIII. Literatur. Im allgemeinen: Max Weber Agrarverhältnisse im Altertum, Handwörterb. d. Staatsw. I³ 52ff.; für Literatur auch Geffcken-Ziebarth in Lübkers Reallexik.⁸ Art. Landwirtschaft 577ff. und Latifundia 582ff. a) Der Orient: Meissner Babylon. u. Assyrien, Kulturgesch. Bibl., herausg. von W. Foy, 1. Reihe Ethnolog. Bibl. Bd. III 1 (1920), 188ff. Wiedemann Das alte Ägypten, in ders. Reihe Bd. II (1920) 269ff. Breasted-Ranke Gesch. Ägyptens 80ff. 150ff. Erman Ägypten u. äg. Leben im Altertum, neu herausg. von Ranke 1922ff. – Wrešzinski Atlas der ägypt. Kulturgesch. b) Griechenland: Pöhlmann Die soziale Frage im Altertum I² 1912. Fanta Der Staat in d. Ilias u. Odyssee 1882. Kahrstedt Griech. Staatsrecht I 1922, Anhang 3: Vom Wesen des archaischen Staates (369ff.). Busolt Griech. Staatskunde (Handbuch d. klass. Altertumswiss. Bd. IV 1) I³ 1920. Guiraud La propriété foncière en Grèce jusqu’à la conquête Rom., Paris 1893. K. J. Neumann Die Entstehung des spartiatischen Staates, Hist. Ztschr. LX 1896, 27ff. Kahrstedt Die spartan. Agrarwirtschaft, Herm. LIV 1919, 279ff. Ed. Meyer Wehrkraft, Bevölkerungszahl u. Bodenkultur Attikas, Forsch. zur alten Gesch. II 149ff.; ders. Gesch. d. Altert. III 545ff. V 281ff.; ders. Theopomps Hellenika 1909. Beloch Griech. Gesch. I–III² passim. v. Wilamowitz Staat u. Gesellsch. d. Griech. in Kultur der Gegenwart IIIV I² 1923. – Hellenistische Zeit: Kaerst Gesch. d. Hellenism., 2. Aufl. Beloch Griech. Gesch. III 1 (1. Aufl.) Wilcken Grundz. u. Chrestom. der Papyrusk. I Kap. VII: Die Bodenwirtschaft 270ff.; ders. Alexander d. Gr. und die hellenist. Wirtsch. in Schmollers Jahrb. XLV 2, 45 [349]ff. Rostowzew Studien z. Gesch. d. röm. Kolonats 1. Beih. zum Archiv f. Pap.-Forsch. 1910; ders. A large estate in Egypt in the third century b. C., Univ. of Wisconsin, Stud. in the soc. scienc. and hist. nr. 6, 1922. Ramsay Studies in the history and art of Asia minor 173ff. und 305ff.; ders. The cities and bishoprics of Phrygia I 419ff. 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Westgermanen, Römer usw. 1895 I 322ff. d) Spätrom und Byzanz. Wiart Le régime des terres du fisc au Bas Empire 1894. His Die Domänen der Röm. Kaiserzeit 1896. Schulten Österr. Jahresh. IX 1906, 40ff. M. Gelzer Stud. z. byzant. Verw. Ägyptens, Leipz. hist. Abhandl. XIII 1909. de Zulueta De patrociniis vicorum, Oxford Studies in social and legal history ed. P. Vinogradoff 1909. Wilcken Grundzüge I 309ff. Heisenberg Staat und Gesellsch. des byzantin. Reiches in Kultur der Gegenwart IIIV I² 406. Brentano Die byzantinische Volkswirtschaft in Schmollers Jahrb. XLI 2, 1917, 29 [591] ff. e) Die Kirche und Übergangszeit zum Mittelalter. Mommsen Ges. Schriften III 177ff. L. M. Hartmann Zur Wirtschaftsgesch. im frühen Mittelalter 1904, 42ff. Dopsch Wirtschaftl. und soziale Grundlagen der europ. Kulturentwicklung I 1918, 322ff. II 1920, 205ff.; ders. Die Wirtschaftsentwicklung der Karolingerzeit I² 1921, 202ff. C. H. Becker Grundlinien der wirtschaftl. Entwicklung Ägyptens in den ersten Jahrhunderten des Islam, Klio IX 1909, 206ff.; ders. Steuerpacht und Lehnswesen, eine histor. Studie über die Entstehung des islamisch. Lehenswesens, Islam V 1914, 81ff.; ders. Art. Egypten in der Enzyklopädie des Islam.
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