Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1/Achtes Kapitel

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[448] Achtes Kapitel.

Die frankfurter Messe.

Alter der Messe. – Auftreten des Buchhandels. – Peter Schöffer und die Baseler. – Mittelpunkt des deutschen Buchhandels um 1500. – Teilnahme der Italiener und Franzosen am Meßverkehr. – Die Reise zur Messe. – Leben und Weben auf derselben. – Besuch seitens der Gelehrten. – Geschäftsverkehr auf der Messe. – Der Meßkatalog. – Die Bücherproduktion von 1564 bis 1765. – Die Wirkungen des großen deutschen Kriegs. – Überwuchern des Nachdrucks. – Verkehrtheiten der Behörden. – Streben nach lokalem Privilegienschutz. – Übergewicht und Überhebung des holländischen Buchhandels. – Verfall der deutschen Buchausstattung. – Der niederländische Buchhandel in seinen Beziehungen zum Meßverkehr. (Christoph Plantin. Die Elseviere.)

Frankfurt a. M. ist schon in alten Zeiten als einer der bedeutendsten deutschen Markt- und Meßplätze berühmt. Kaiser Friedrich II. nimmt es bereits 1240 unter seinen mächtigen Schutz; spätere Kaiser, wie Ludwig von Bayern, Karl IV. und Ruprecht, verleihen der Stadt zu den ihr früher eingeräumten Vorrechten neue und wertvolle Privilegien, und selbst die Päpste Bonifacius IX. und Sixtus IV. erweisen den dortigen Messen ihre Gunst, sodaß diese gegen Ende des Mittelalters einen der wichtigsten internationalen Märkte Europas bildeten.

Zwei Umstände wirkten zusammen, um diese Bedeutung Frankfurts für den damaligen Großhandel zu befestigen und noch zu erhöhen. Einmal war es die günstige Lage der Stadt. Ziemlich im Mittelpunkte der damaligen civilisierten Welt gelegen, ja fast gleichweit von Lübeck, Wien, Venedig, Lyon, Paris, Antwerpen und Amsterdam entfernt, knüpfte Frankfurt in erster Linie mittels des Rheins, der im Mittelalter bedeutendsten Wasserstraße des Kontinents, ebenso leicht Verbindungen mit [449] Straßburg und Basel und von da mit dem Süden an, als es über Köln rege Beziehungen mit dem Norden, Nordosten und Nordwesten unterhielt. Daran schloß sich der lebhafte Verkehr mit dem Binnenlande, namentlich den Hauptsitzen deutschen Gewerbfleißes und kaufmännischer Unternehmungen, wie Ulm, Augsburg und Nürnberg, welche teils zu Wasser, teils zu Lande ihre Waren nach Frankfurt schafften. Zu den von der Natur gebotenen Vorzügen kam nun aber noch die Rührigkeit der Bürger, welche für die Vergrößerung und gleichzeitige Sicherheit ihres Handels keine Opfer scheuten und bei ihren Bündnissen mit den Nachbarn für den vollen Schutz der Messen zu sorgen wußten.

Nach diesem natürlichen Vereinigungspunkt zwischen Nord- und Süddeutschland sandten nun schon im 14. und 15. Jahrhundert Augsburg seine Zeuge, Ulm seine Leinwand, Nürnberg seine Kunsterzeugnisse, die übrigen deutschen und schweizer Städte aber Tuch, Teppiche, Gold- und Silbergeräte, süße italienische Weine und Öle. Vom Rhein kamen Wein und Tuch, Handschuhe und Hüte, die See- und Hansestädte brachten Fische und Pferde, Hopfen, Metall- und Rauchwaren, Böhmen bot sein Glas, während Steiermark sein Eisen, Sachsen sein Silber und Zinn, Thüringen Kupfer, Pech, Theer und Waid schickten. Auch kostbare Manuskripte, wie die für den kirchlichen Dienst und die Andacht bestimmten Meßbücher und Breviarien, und weniger gut ausgestattete, aber gelehrte Litteratur haben hier schon früher einen lohnenden Markt gefunden. Wenn bereits zu Anfang des 15. Jahrhunderts Kaufleute aus dem Westen und Norden Europas derartige Werke in Basel, Augsburg oder Nördlingen kauften, so liegt der Schluß nahe, daß eine so reich beschickte Messe in einer so kunstsinnigen Stadt wie Frankfurt auch auf litterarischem Gebiet ähnliche, wenn nicht größere Schätze bot. Von Gerhard Groote (1340 bis 1384), dem Begründer der Brüderschaft vom gemeinsamen Leben, wird sogar ausdrücklich erwähnt, daß er vorzugsweise seine Bücher in Frankfurt gekauft habe.[1]

Während in der Folge die übrigen Binnenstädte fast ausnahmslos durch die Auffindung des Seewegs nach Indien und die Entdeckung Amerikas verloren, zog Frankfurt aus beiden Ereignissen noch Gewinn, weil sie den Welthandel nach dem Westen Europas lenkten und namentlich gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts Antwerpen in immer lebhaftere und gewinnreichere Beziehungen zu der Freien Reichs- und Krönungsstadt [450] am Main brachten. Schon die Schriftsteller des Mittelalters erschöpfen sich im Lobe ihrer Messen. Einer nennt sie das Haupt aller Jahrmärkte auf Erden, der andere den kleinen Inbegriff der Welt, der dritte das Kaufhaus der Deutschen, der vierte den berühmtesten Markt Europas.

Diesem blühenden Verkehr führte die nach der Einnahme von Mainz, also seit 1462 sich ausbreitende Buchdruckerkunst gegen den Anfang des letzten Drittels des 15. Jahrhunderts einen neuen einträglichen und den für die Gesittung der Welt bedeutendsten Meßartikel zu. Es war der Buchhandel mit seinen Erzeugnissen, nicht nur von Deutschland und den angrenzenden Ländern, sondern auch von Italien, Frankreich, England und Spanien.

Man hat bisher in Ermangelung quellenmäßiger Nachweise fast allgemein angenommen, daß die ersten Bücherumschläge auf der frankfurter Messe etwa um die Wende des 15. und 16. Jahrhunderts begonnen haben könnten; indessen steht nach den inzwischen aufgefundenen Akten fest, daß sie jedenfalls schon in den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts stattgefunden haben. Das ergibt sich klar aus der schon im zweiten Kapitel erwähnten Interzession des frankfurter Rats vom 3. Juni 1469 für Fust und Schöffer bei dem Magistrat von Lübeck. Die betreffende Schuldforderung konnte nicht vor 1462 entstanden sein, da die achtundvierzigzeilige Bibel erst am 14. August 1462 vollendet wurde, auch nicht nach 1466, da Fust in diesem Jahre starb und Schöffer erst von 1467 an das Geschäft für sich allein weiter führte. Man kann also mit einigem Recht sagen, daß bereits die ersten Buchdrucker, welche ihre Kunst geschäftsmäßig ausbeuteten, daß Fust und Schöffer die große frankfurter Messe zugleich zur Buchhändlermesse prädestinierten. Die aus der Ferne herzuströmenden Kaufleute, wie jene hier in Betracht kommenden lübecker, konnten wohl in Frankfurt in die neuen Buchläden kommen, würden aber schwerlich den Umweg über Mainz zum Verleger gemacht haben, um einige verhältnismäßig unbedeutende Artikel einzukaufen. Früher oder später hätten allerdings die Erzeugnisse der neuen Kunst wohl den alten bewährten Markt aufsuchen müssen; aber fraglich kann es dennoch sein, ob Fust und Schöffer ihr Samenkorn im vollen Bewußtsein der spätern Tragweite ihres Vorgehens ausstreuten. Denn bekannt ist ja, daß beide, obschon sie es mit beiden Parteien gehalten [451] hatten, ebenso wie die andern Drucker Ende 1462 von dem siegreichen Adolf von Nassau aus Mainz gewiesen wurden und sich ihrerseits nach Frankfurt wandten. Erst 1465 brachten sie wieder neue größere Verlagsartikel. Zunächst gehorchten sie also vielleicht nur dem Gebote des Zwanges wenn sie, wie in Paris, so auch in Frankfurt ihr buchhändlerisches Geschäft fortzubetreiben und hier mittels der Messen möglichst auszudehnen suchten. Dadurch aber hat jene mainzer Katastrophe, wie zur Ausbreitung der Buchdruckerkunst im allgemeinen, so auch speziell zur Entwickelung des eigentlichen Buchhandels unbeabsichtigt mitgewirkt.

Es war ein glücklicher Zufall, daß die Wiege der neuen Erfindung so nahe bei einem der besuchtesten Mittelpunkte des europäischen Handels stand. Jeder andere große deutsche Meßplatz, wie z. B. Straßburg, Basel und Augsburg, hätte den Erzeugnissen der Buchdruckerkunst ebenso gut als Vermittler dienen können. Paris, der bisherige bedeutendste Sitz des Handschriftenhandels, nahm erst 1470 deutsche Drucker in seine Mauern auf; seine damaligen litterarischen Bedürfnisse aber konnten ganz gut von einer Filiale, wie Fust sie dort errichtet hatte, befriedigt werden. Zufall und Notwendigkeit also führten gleich den ersten und dabei unternehmenden Verleger, Fust, nach Frankfurt, welches auch den neuen Handelszweig zu schützen und für seine Messen festzuhalten wußte. Es war eine ebenso natürliche Folge dieser Verhältnisse, daß die über ganz Europa sich zerstreuenden deutschen Jünger Gutenbergs, namentlich aber die, welche in den rheinischen Städten und in den benachbarten Landschaften ihre Druckereien gleich von Anfang an auf großem Fuße einrichteten, dem von Fust gegebenen Anstoße folgten und gleichfalls in Frankfurt Käufer für ihre Bücher suchten. Die aus allen Weltgegenden zu den Messen zusammenströmenden Kaufleute und neuerstehenden Buchführer konnten hier aber bequemer und leichter kaufen, weil sie mit jedem Jahre eine größere und mannigfaltigere Auswahl von Büchern vorfanden und ebenso günstige, als sichere Zahlungsbedingungen hatten. Zudem konnte das, was auf der einen Messe gerade nicht vorrätig war, auf der nächsten leicht genug geliefert, also auch jede feste Bestellung übernommen werden.

Von Peter Schöffer werden im Jahre 1480 wieder zwei Forderungen gegen Lübecker erwähnt, eine nämlich gegen Friedrich Pfennighudel und Dietrich von der Beeke, welche ihm Waren und Briefe vorenthielten, [452] die ihm von seinem Geschäftsführer Gotman Ravensburg aus Schweden nach Lübeck geschickt seien, und eine andere gegen die Erben des in Lübeck verstorbenen Hans Blitz. Auch in diesem Falle trat der frankfurter Rat in einem Schutzbriefe vom 1. April 1480 (s. Anhang Nr. III) energisch für Peter Schöffer, der allerdings im Jahre 1479 Bürger von Frankfurt a. M. geworden war, und dessen Partner Konrad Henkis ein. Wenn auch über die Natur der Waren nichts gesagt wird, so können es kaum andere als Bücher gewesen sein, da über eine Beteiligung der Firma am sonstigen Warenhandel nichts bekannt ist. Auch über den Ausgang der Sache schweigen die Akten. Schöffer betrieb jedenfalls sein Geschäft in Frankfurt, wenn er auch seine Druckerei in Mainz beibehielt. Welchen Grund hätte er wohl sonst gehabt, sich unter die Bürger der Meßstadt aufnehmen zu lassen, wenn ihn nicht wichtige Geschäftsinteressen bestimmt hätten? Dafür, daß er während der Meßzeit stets dort anwesend war, spricht noch eine andere gelegentlich angeführte Thatsache, wonach er 1485 einen säumigen Schuldner mahnt, ihm auf der nächsten frankfurter Messe sein Guthaben zu zahlen.

Nach den ältesten, urkundlich beglaubigten Angaben waren, soweit jetzt bekannt, von andern deutschen Druckern die beiden Baseler Johann Amerbach und Michael Wenszler 1478 die ersten weitern fremden Verleger, welche die frankfurter Messe besuchten. J. J. Amiet hat diese Thatsache in den baseler Gerichtsprotokollen aus den Jahren 1469 bis 1483 entdeckt. Derartige Aufzeichnungen finden sich leider überhaupt nur gelegentlich; man hielt es offenbar für kaum der Mühe wert, dergleichen ausdrücklich zu erwähnen. Johann Amerbach besuchte in der Folge die frankfurter Messe sogar ziemlich regelmäßig. Am 10. März 1480 oder 30. März 1481 (im Original nicht klar, ob 6 post Oculi 1480 oder 1481 gemeint ist) lud ihn unter anderm der straßburger Buchhändler Adolf Rusch ein, er möge doch auf dem Wege dahin bei ihm wohnen.[2] Auch die bereits im ersten Kapitel erwähnten Bücher, welche Rudolf Agricola am 27. März 1485 bei dem in Frankfurt sich aufhaltenden A. R. (nach Schmidt der ebengenannte Adolf Rusch) bestellte, liefern, wie man den Brief auch erklären möge, den Beweis dafür, daß Frankfurt gegen Ende des 15. Jahrhunderts entweder noch ein bekannter Markt für den Handschriftenhandel, oder schon eine junge Messe für den Verkauf gedruckter Bücher war. Das Datum weist auf die Fastenmesse [453] hin, und es knüpft sich an diesen Umstand die weitere Wahrscheinlichkeit, daß A. R. ein die frankfurter Messe besuchender Handschriften- oder Buch-Händler war. Wenn die oben vertretene Auffassung der Bestellung die richtige ist, so handelte es sich sogar schon zwölf Jahre früher, als die urkundlichen Nachrichten reichen, um den Ankauf einzelner in Italien gedruckter Bücher, und es müssen damals schon italienische Buchhändler die frankfurter Messen beschickt, wenn nicht besucht haben. Übrigens stand bereits zu jener Zeit der Sinn der Bücherfreunde – und solche waren sowohl die Pfalzgrafen wie auch Agricola – mehr nach den Erzeugnissen der neuen Kunst, als nach alten Handschriften.

Wie bedeutend aber der buchhändlerische Meßverkehr schon im Jahre 1485 in Frankfurt entwickelt war, beweist ein Schreiben des mainzer Erzbischofs Berthold von Henneberg vom 24. März 1485 an den frankfurter Rat, worin er diesen auffordert, die zur Fastenmesse zum Verkauf auszulegenden Bücher vorher durchsehen und auf ihren Inhalt hin prüfen zu lassen.[3] Es ist derselbe Kurfürst, der auch am 4. Januar 1486 ein Mandat gegen Übersetzungen ins Deutsche erließ und sich sogar herausnahm, zur Durchführung seines Verbots eine Kommission für Frankfurt einzusetzen. Es muß zu dieser Zeit in der That auch schon eine ziemliche Zahl von Buchdruckern und Buchhändlern zur Messe gekommen sein, denn im Jahre 1488 trugen nach Ausweis des städtischen Rechnungsbuchs „die Buchdrucker am Main“ zu den während der Fastenmesse gezahlten 248 Hellern Haus- (für den Verkauf von Meßwaren in den Häusern) und Marktgeld 19 Heller und 4 Schillinge, also etwa 8 Prozent der Gesamteinnahme bei. Nun erhielt Frankfurt viel später, 1530, in der Person Christian Egenolphs seinen ersten ständigen Drucker; es können also nur fremde Drucker, beziehungsweise Verleger gemeint sein, zumal einheimische ihre Offizinen doch in der Stadt zerstreut gehabt und kaum außerdem noch Läden am Main – d. i. in der Meßlage – gemietet haben würden.

Für das letzte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts ist nun endlich die allgemeine Bedeutung der frankfurter Buchhändlermessen durch mancherlei, mit jedem Jahre sich häufende Zeugnisse erwiesen. Im Herbst 1495 wurde dort der schon im fünften Kapitel erwähnte Vertrag zwischen baseler und nürnberger Verlegern über Nachdrucksunterlassung geschlossen (Brief Anton Kobergers an Johann Amerbach vom 17. Mai 1496). Koberger selbst besuchte [454] die frankfurter Messe im Herbst 1495, 1498 und 1499 und Ostern 1503, hatte jedoch stets einen Diener (Faktor, Vertreter) dort. Amerbach konnte krankheitshalber die Herbstmesse 1496 nicht besuchen, traf aber in der Herbstmesse 1498 mit dem nürnberger Geschäftsfreund dort zusammen. Wenn sie beide verhindert sind, einander in Frankfurt zu sehen, so melden sie es sich vorher unter Mitteilung des Grundes: so im Herbst 1496, Ostern 1500, Herbst 1501 und Ostern und Herbst 1502. „Item, lieber meister Hans“, heißt es in Kobergers Brief vom 19. August 1502 an Amerbach, „jch fug euch zu wissen, das jch auff die künfftig Herbstmeß nicht wird komen, ursach das jch wissen hab, das es über die meß here da stirbt.“ Einmal sind es also Epidemien, dann wieder unruhige Zeiten, wie Krieg oder auch mangelndes Geleit, welche allein den regelmäßigen Meßbesuch verhindern. Wenn aber der sonst so bescheidene Koberger mit gerechtem Selbstgefühl (21. März 1502) schreiben kann, daß auf ihm, Amerbach und Johann Petri fast ausschließlich der deutsche Buchhandel ruhe, so läßt sich doch voraussetzen, daß die kleinern Verleger und Buchführer, schon damals so gut wie später, dem Beispiel der großen gefolgt sind und regelmäßig die Messe besucht haben; denn obgleich der buchhändlerische Meßbesuch ebenso gut den Verkehr mit dem großen Publikum, anfänglich wohl sogar ausschließlich, ins Auge faßte, so mußten doch jene Kleinen immerhin die Hauptabnehmer für diese Großen sein. Frankfurt tritt also ins neue Jahrhundert als der allgemein anerkannte Mittelpunkt des deutschen, ja des europäischen Buchhandels ein, und Koberger spricht von dieser seiner Bedeutung als einer sich ganz von selbst verstehenden Thatsache; von ihrem Ausfall hängt – wie sich das schon aus der Darstellung im fünften Kapitel ergibt – gewissermaßen das Geschäft überhaupt ab. Auf die Messe richten sich die Verleger ein, streben danach, ihre neuen Verlagswerke rechtzeitig für dieselbe fertig zu stellen; auf den Meßbesuch auch der Buchdrucker und Buchführer spekulieren bereits die frankfurter Hausbesitzer. Unterm 15. Februar 1506 weist Koberger Amerbach an, 100 Exemplare des von diesem gedruckten Hugo nebst 300 bis 400 Registern nach Frankfurt zu senden, weil ihm sein Wirt ein gutes Gewölbe habe bauen lassen, in welchem die Bücher so schön und sicher lägen als in Nürnberg. Wenn aber ein Hauswirt einen Teil seines Hauses zu einem Gewölbe einrichtet, so muß der Handelszweig, für den es geschieht, sich doch [455] schon fest und dauernd eingelebt haben. In dem Explicit des „Epitome rerum Germanicarum“ Wimphelings, welches am 11. März 1505 bei Johann Prüß in Straßburg erschien, sagt schon der Korrektor Martin Schürer[4], wenn Druckfehler stehen geblieben seien, so möge man sie zum Teil damit entschuldigen, daß „wir gezwungen waren, wegen der bevorstehenden frankfurter Messe das Werk in möglichst kurzer Zeit zu drucken“ (coacti sumus ob imminentes nundinas Francofordenses intra brevissimum tempus id opus formis excudere). Thomas Anshelm besucht noch von Pforzheim aus zuerst im Jahre 1507 die frankfurter Messe[5], wird aber dort auch, als er nach Tübingen und später nach Hagenau gezogen war, 1513 und 1518 angetroffen und scheint überhaupt keine einzige Messe versäumt zu haben. Im letztgenannten Jahre muß er von dem berüchtigten Pleban Peter Meyer denunziert worden sein, denn dieser schreibt an den Rat: „Es ist ein buchfuerer heist mit namen Thomas Anshelmi oder antzel von Hagenaw der veil hodt ynn her Brünnen Hauß bey sant Lienhart (St. Leonhard) welger vbertretthen hadt das mandat vnnseres g. H. von Meintz famoses libelles veilgehabt, den gib ich ewren Ersamen und vorsichtigen weisheit an, welt den selbigenn mit leib vnd gut alhie verhafften oder wie jr wyste handlen bis zu erkentenes der sach vff das jr vnd ich bey vnserem g. H. nit werden gespürdt als verachter vnseres g. H. vnd seiner (1517 erlassenen) mandat.“ Es scheint aber, daß Rat und Kurfürst den Denunzianten zur Genüge kannten; wenigstens blieb Anshelm unbehelligt.

Vom zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts an fließen die Nachrichten über Frankfurts Bedeutung als buchhändlerischer Mittelpunkt Europas viel reicher, sodaß es genügen mag, nur noch einige hervorragende Beispiele anzuführen. Als mittelbarer Beweis für das Ansehen seiner Buchhändlermessen spricht schon der Umstand, daß in den Reuchlinschen Händeln der bekannte Pfefferkorn sich beeilte, seinen „Handspiegel“ auf die frankfurter Fastenmesse 1511 und von hier aus unter die Leute zu bringen, während Reuchlin seine Antwort, den „Augenspiegel“, für die Herbstmesse desselben Jahres fertig stellte, damit er möglichst bald seinen Weg durch Deutschland finde. Der Befehl des Kaisers Maximilian vom 7. Oktober 1512, Reuchlins Streitschriften zu konfiszieren, wurde sofort an der St. Leonhardskirche im Buchhändlerviertel angeschlagen. Auch die auswärtigen Städte, wie z. B. Nürnberg, und [456] Staaten, wie Würtemberg oder Braunschweig, wandten sich, wenn sie eine ihnen unbequeme Schrift unterdrückt sehen wollten, später stets in erster Linie nach Frankfurt, denn wenn irgendwo, so wußten sie, daß man hier wegen der Messen ganzer Auflagen habhaft werden, also den beabsichtigten Zweck am leichtesten erreichen konnte.

Auch der berühmte kölner Verleger Franz Birckmann ist schon von 1516 an und später ein eifriger Besucher der frankfurter Büchermessen; ebenso versäumte sie Johann Froben aus Basel selten. Der Züricher Christoph Froschauer erwähnt die frankfurter Büchermessen zuerst 1522 und zuletzt 1551; er hat sie innerhalb dieser Zeit nur ausnahmsweise nicht besucht. Immer wichtiger werden sie als Erscheinungstermin der Neuigkeiten, je mehr der Jahrmarktsverkehr seitens der größern Verleger in den Hintergrund tritt. Manchmal soll die unerwartete und unvermutete Veröffentlichung überraschen oder die Neugier reizen, manchmal einer zu erwartenden Gegenschrift oder einer Konkurrenzausgabe gegenüber wenigstens eine Zeit lang das freie Feld sichern. „Die beiden Werke“, schreibt Erasmus am 11. Juni 1521 (nämlich die „Adagia“ und das Werk des Polydorus Vergilius über die Erfinder der Dinge), „werden auf meinen Antrieb von Froben gedruckt und zur nächsten frankfurter Messe unter günstigen Auspizien erscheinen“, und in seiner Verantwortung wegen Übertretung des Fastengebots entschuldigt sich Froschauer 1522 vor dem züricher Rate damit, daß er in den letzten Monaten unaufhörlich habe arbeiten lassen müssen, um die Epistel St. Pauli für die frankfurter Messe fertig zu stellen. „Jene (Schriften) sind fromm und gelehrt“, antwortet Zwingli dem Vadian am 31. März 1525, „allein die Presse mußte bis zur frankfurter Messe diese notwendigen Arbeiten fertig stellen.“ „Ich bitte also“, schreibt ähnlich Zasius am 9. Juli 1530[6], „diese zweite Ausgabe“ (der „Intellectuum juris“) „möglichst zu beschleunigen, damit sie zur frankfurter Messe erscheinen kann“, und ferner am 9. August 1530: „Diese und andere Werke werden zur nächsten frankfurter Fastenmesse erscheinen.“ „Das ganze Werk (Augustinus)“, meldet Erasmus am 27. März 1530, „wird zur frankfurter Herbstmesse fertig werden“, und fährt am 30. März 1530 fort, daß er zur Zeit der frankfurter Messen stets mit gelehrten Arbeiten überhäuft sei, weil dann bei Froben nicht weniger als sechs Pressen unablässig arbeiteten. Endlich vertröstet Erasmus am 13. April 1530 aus Freiburg den Johann Choler damit, [457] daß über sein Verlagsanerbieten entschieden werden solle, sobald die Drucker (Froben und die baseler Verleger) von der frankfurter Messe zurückgekehrt sein würden.

Von jetzt an reicht es vollständig hin, wegen Frankfurts Bedeutung als buchhändlerischen Mittelpunkts für Deutschland auf die zeitgenössische Litteratur, die Schriften der Reformatoren, den Briefwechsel Gelehrter, wie des Erasmus, Vadian und Zasius, oder auf teilweise buchhändlerische Aufzeichnungen, wie die Selbstbiographie Thomas Platters, zu verweisen.

Nach Jahr und Tag läßt sich dagegen nicht nachweisen, wann die nichtdeutschen Buchhändler zuerst die frankfurter Messe besucht haben; es scheint aber, daß die Italiener, Franzosen, Belgier und Holländer etwa um die Wende des Jahrhunderts dahin gekommen sind. Die ältesten buchhändlerischen Beziehungen zu Deutschland hatten die italienischen Buchhändler; sie haben aber wahrscheinlich früher mit Wien, Augsburg, Nürnberg und Basel in Geschäftsverkehr gestanden, als mit Frankfurt. Justus de Albano in Venedig besaß schon in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts Filialen in Regensburg und Ulm. Die venezianischen Verlagsartikel waren früher in Augsburg, Nürnberg und Basel zu haben, als in Frankfurt, weil zwischen jenen Städten und Venedig, wie bereits im sechsten Kapitel des nähern ausgeführt wurde, seit Jahrhunderten ein direkter und regelmäßiger Handelsverkehr bestand. Erst 1497 scheinen die venezianischen Drucke überhaupt nach Frankfurt gekommen zu sein. Wenigstens erwähnt der frankfurter Kanonikus Johann Rohrbach unter seinen Ausgaben auf den Fastenmessen 1497 und 1498 den Ankauf einiger dieser Bücher. Ob aber die Verleger Baptista de Tortis und Petrus de Ferrariis selbst zur Messe anwesend waren, das bleibt noch zweifelhaft.[7] Daß Aldus Manutius zwar seine Bücher in alle Welt sandte, doch aber keine geregelten Verbindungen mit Deutschland unterhielt, daß selbst der Name Frankfurts in seinem ausgedehnten Briefwechsel gar nicht vorkommt, wurde schon im sechsten Kapitel betont. Zum Teil lag dies wohl mit daran, daß die öftern Kriege Maximilians mit den Venezianern im Beginn des 16. Jahrhunderts, dann auch Epidemien die venezianer Buchhändler vom Besuch der frankfurter Messen zurückhielten; Konrad Brunner und Frobens Korrektor Wilhelm Nesenus heben dies ausdrücklich in den Jahren 1510 und 1516 in Briefen an Ulrich Zwingli hervor. Zwar wundert sich Johann Locher (Philomusus) bereits in [458] der Vorrede zu seiner Ausgabe dreier Tragödien Seneca’s (Nürnberg 1520), daß Venezianer und Franzosen so große Massen Bücher in Deutschland einführten; aber selbst noch um die Mitte des Jahrhunderts wurden die Verbindungen mit Italien noch teilweise durch persönlichen Verkehr, speziell von Basel aus, unterhalten. Peter Perna, selber ein Italiener, aus Lucca gebürtig, und Johann Herwagen reisten z. B. nach Italien, und andererseits besorgte Pietro Antonio Sessa in Mailand persönlich seine Einkäufe in Basel.[8] Die buchhändlerische Führerschaft Frankfurts war eben in Bezug auf das Ausland damals noch keine unbedingte, sondern wurde es erst infolge der Nachwirkungen der Reformation.

Ein in dieser Beziehung interessantes Beispiel liefert auch das Testament des 1539 gestorbenen Admirals Ferdinand Columbus, welcher unter anderm ein Legat für eine in Sevilla zu begründende öffentliche Bibliothek, die spätere Columbina, aussetzte und sechs Städte: Rom, Venedig, Nürnberg, Antwerpen, Paris und Lyon, für den Ankauf von Büchern bestimmte. Obgleich Frankfurt damals schon unbestritten seine maßgebende Stellung für den deutschen Buchhandel einnahm, so scheint Columbus es nicht einmal dem Namen nach gekannt zu haben, während zu jener Zeit Nürnbergs Handel sich über ganz Spanien erstreckte und der Ruhm seines Gewerbfleißes alle Welt erfüllte. Es war also kein Wunder, wenn der Admiral, vielleicht auch von einigen schönen Kobergerschen Ausgaben der Kirchenväter, der Bibel, der Schedelschen Weltchronik, oder auch von der Erinnerung an den nürnberger Geographen Martin Beheim am portugiesischen Hofe bestochen, Nürnberg zugleich für den größten deutschen Büchermarkt hielt und hier seine Zwecke am besten erreichen zu können glaubte.

Noch schwerer, wenn nicht unmöglich ist es, da hier so ziemlich alle zeitgenössischen Urkunden fehlen, den Zeitpunkt genau festzustellen, in welchem zuerst die übrigen fremden Buchhändler mehr oder weniger regelmäßige Besucher der frankfurter Messen wurden. Es liegt aber die Vermuthung nahe, daß sie sich schon frühzeitig eingestellt haben. Die französische, belgische und holländische Druckerthätigkeit entwickelte sich nämlich, wie aus dem dritten Kapitel mit zu ersehen ist, schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts zu einer solchen Blüte, daß sie auch im Auslande für ihre Erzeugnisse Absatz suchen mußte. Die fremden Verleger hatten [459] deshalb auch ein großes Interesse daran, mit deutschen Kollegen anzuknüpfen, mit deutschen Gelehrten in Verbindung zu treten und einen Teil ihrer Einnahmen in deutschen Verlagswerken anzulegen. In welcher Stadt hätten sie das besser thun können als in Frankfurt a. M.? Waren doch auch die Kommanditen deutscher Verleger im Auslande, z. B. die Kobergers und Hittorp-Hornckens in Paris, vor dem Jahre 1520 eingegangen. Johann Schabeler aus Bottwar, früher Drucker in Basel und Lyon, dann Vertreter von Johann Amerbach in Paris, wanderte von einer Messe zur andern und besuchte zu Anfang des Jahrhunderts auch Frankfurt. Hans Koberger ritt 1504 von Lyon zur Messe dahin – allerdings im Interesse des nürnberger Hauses – und Jean Vaugris, ein lyoner Buchhändler, war dort in der Herbstmesse 1524 ebenfalls anwesend. Jakob du Puys von Paris besuchte in den vierziger Jahren zweimal im Jahre die baseler und frankfurter Messen und kaufte 1548 unter anderm Thomas Platter in Basel dessen Büchervorräte ab; noch 1565 stand er mit Sigismund Feyerabend in Frankfurt a. M. im Geschäftsverkehr. „Er spricht deutlich, welches er in Basel gelernt hat“, so schildert ihn Tanner, „ist ein gewandter, verschmitzter Kerl, der sich auf jede Weise einzuschmeicheln weiß und kein Vertrauen verdiente, wenn die Früchte, die er täglich aus den baseler Büchern genießt, ihm nicht rieten, sich den Baselern gegenüber billiger zu benehmen.“ Wenn nun schon in der Mitte des Jahrhunderts lyoneser, pariser, genfer, antwerpener und löwener Firmen in Frankfurt auf den Messen vertreten sind, so deutet diese Thatsache auf eine alte Praxis, deren Anfänge voraussichtlich bis in die frühesten Meßzeiten zurückreichen.

Den ersten festen Anhaltspunkt für diesen Rückschluß bietet das Rechnungsbuch der baseler Firma Froben und Episcopius aus den Jahren 1557 bis 1564. Es erscheinen gleich im Herbst 1557 und noch in den folgenden Messen, soweit die Unterlagen erhalten sind, in den Büchern dieses Hauses: Clemens Baudouin und G. Roville aus Lyon (ersterer hatte gleichzeitig auch in Leipzig eine durch Jakob Apel vertretene Niederlage); Joh. Fouchier, Jakob Dupuys, Sebastian Nivelle und Andreas Wechel aus Paris; Nic. Barbier und J. Guychette aus Genf; Johann von Loe, Johann Steels, Johann Beller, Martin Nutius und vor allen Christoph Plantin aus Antwerpen, sowie Buchhändler aus Löwen, Amsterdam und Utrecht.

[460] Schon der Briefwechsel Kobergers mit Amerbach hat gezeigt, wie übel es damals mit den Landstraßen bestellt, wie unsicher der Verkehr und wie groß namentlich die Gefahr der Überfälle und Plünderungen friedlicher Warenzüge, des „Werfens“ der Fuhrleute, war. Auch in spätern Zeiten trieb sich infolge der zahlreichen Kriege, jahrein jahraus, und vorzugsweise in den Meßzeiten, viel unnützes Gesindel im Lande umher. Ja, selbst die Truppen der Kriegführenden betrachteten geraubtes fremdes Privateigentum als rechtmäßige Kriegsbeute. Während des Schmalkaldischen Kriegs wurden auf Herzog Moritz’ Befehl sogar in Leipzig zur Meßzeit die Güter des wittenberger Buchführers Johann Löffler mit rechtlichem Kummer (Arrest) beschlagen. Es dauerte Jahrhunderte, bis diesem öffentlichen Unfug wenigstens in seinen Hauptauswüchsen das allgemein ersehnte Ende bereitet werden konnte. So groß war die allgemeine Gewaltthätigkeit, daß man an vielen Orten, über welche die Meßreisenden ziehen mußten, für ihre glückliche Ankunft in Frankfurt betete. Die Verleger selbst ritten vielfach in Gesellschaft und bis an die Zähne bewaffnet auf die dortige Messe. Wie gegen Ende des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts Anton und Hans Koberger, Amerbach und Petri sich zu Pferde auf den Weg nach Frankfurt machten, so thaten es etwa hundert Jahre später Heinrich Estienne (Stephanus) aus Paris und Christoph Plantin aus Antwerpen. Moretus, der Schwiegersohn Plantins, ging sogar auf seiner Reise zur Messe 1566 noch zu Fuß von Antwerpen nach Köln, von wo er das Schiff bis Frankfurt nahm. Und das war keine etwa auffällige Ausnahme. Zur Ostermesse 1543 wanderte auch der Buchführer Heinrich Altingk von Greifswald zu Fuß „gen Leybtzig Bucher einzukauffen“; bei der Heimkehr wurde er zwischen Anclam und Stralsund erschlagen.[9] Man denke nur, welch kostbare Zeit mit solchen langen Ritten und Wanderungen verloren ging! Indessen waren die Herren für ihre Büchersendungen auf den gewöhnlichen Frachtverkehr angewiesen und konnten für diesen und ihre eigenen Reisen nur innerhalb einer gewisser Zeit und gewisser Grenzen freies Geleit beanspruchen. Ursprünglich ein ausschließlich kaiserliches Hoheitsrecht, hatten es sich mit der Zeit auch die kleinen Landesherren angemaßt. Regelmäßig in jedem Jahre suchte daher das ganze 16. Jahrhundert hindurch der leipziger Rat bei dem Kurfürsten von Sachsen, später bei den thüringischen Herzögen und den Landgrafen von Hessen, um das Geleit für seine Kaufleute [461] zur frankfurter Messe nach; im Jahre 1595 zogen fünf leipziger Buchhändler in diesem Geleit nach Frankfurt. Vielfach wurde das Geleitsrecht sogar zu persönlichen Vorteilen und selbst zu Erpressungen mißbraucht. Heute versagten es die Herzöge von Bayern, morgen die von Würtemberg und ein andermal die Pfalzgrafen. Oder sie kündigten es auch unmittelbar vor einer Messe und ließen dann den Überfall ungeschützter Kaufleute straflos geschehen. Am schlimmsten trieben es die kleinen Dynasten in der nächsten Umgebung von Frankfurt, die zum Teil förmlich von derartigen Raubzügen lebten und wenn sie nicht in Feindschaft zu den Kaufleuten standen, doch als Freunde von ihnen gefüttert sein wollten. Dieser Zustand dauerte hier bis in die Reformationszeit hinein. Vor und nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde das Übel durch die zahlreichen Marodeure und entlassenen Soldaten noch schlimmer. So sagt z. B. Tobias Ruprecht in der Leichenrede auf den am 17. Mai 1659 verstorbenen Buchhändler Wolfgang Endter den Ältern in Nürnberg[10]: „Er war ein kluger und verständiger Mann, der seine Sachen weißlich angefangen, wohlbedachtsam fortgeführt, und glücklich vollendet, hat sich auch nicht leichtlich eine Mühe dauern lassen, sondern in dem dreißigjährigen Krieg die meiste Zeit mit Reisen Tag und Nacht zugebracht, und darüber von den Soldaten vielmalen angefallen, ausgeplündert, und einsmals gar gefänglich weggeführt worden, da er denn etliche Wochen in nicht geringer Leibs und Lebensgefahr gesteckt, zu geschweigen des vielmaligen Verlustes, so er durch Plünderung auf den Straßen erlitten.“

Aus diesem Grunde war das Geleit eine Forderung der Sicherheit. Langten nun die Geleitstruppen glücklich vor Frankfurt an, so wurden sie an einem bestimmten Tage eingeholt. Die Reisigen und die weltlichen Richter der Stadt trafen mit den Gästen an der städtischen Grenze zusammen und boten ihnen hier den Willkommentrunk. Der große Markt wurde zur Bezeichnung des Anfangs und Endes der Messe mit der großen Glocke ein- und ausgeläutet. Das Einläuten bezeichnete den Beginn des Meßverkehrs und der vollen Marktfreiheit, welche darin bestand, daß Käufer und Verkäufer im offenen Gewölbe miteinander handeln durften. Die Reichsfahne auf dem Turm oder ein Schild auf einem Turm oder Thor waren die sichtbaren Zeichen dafür, daß diese Freiheit unbeschränkt herrschte, während das Einziehen der Fahne oder [462] die Wegnahme des Schildes den Befehl enthielten, mit allem Geschäft aufzuhören. Schuldner und Güter durften wegen alter Schulden nicht arrestiert werden und verfielen erst nach dem Ausläuten, d. h. nach dem Ende der Messe, dem ordentlichen Richter; nur die Abfuhr der Güter konnte bis zur Einigung der streitenden Parteien inhibiert werden. Das Fehde- und Repressalienrecht der Ritter und adeligen Schnapphähne ward während der Dauer der Messe nicht anerkannt. Selbst Geächtete durfte man in dieser Zeit beherbergen, und im Umkreise der Stadt waren sie sicher vor Verfolgung.

Das Buchhändlerviertel lag im Süden der Stadt und stieß unmittelbar an den jetzigen Mainkai (damaligen Weinmarkt), von welchem aus die schweren, mit Büchern gefüllten Fässer bequem durch das Thor in die Straßen und in die Häuser gerollt werden konnten; diese Verpackungsweise bildete damals, wie schon wiederholt bemerkt, die Regel. Froschauer bittet einmal förmlich um Entschuldigung, daß er wegen Mangel an Zeit Kisten verwandt habe. Der Mittelpunkt jenes Viertels war derjenige Teil der früher Kornmarkt, später aber Buchgasse genannten Straße, welcher von der Leonhardskirche aus nördlich bis zum kleinen Kornmarkt läuft. Indessen darf man diese Begrenzung nicht zu wörtlich nehmen. Während sie heutzutage nur von der genannten Kirche aus bis zum großen Kornmarkt bei der Einbiegung in die Paulsgasse läuft, erstreckte sie sich zur Zeit der buchhändlerischen Blüte Frankfurts in östlicher Richtung in die Mainzer Gasse zwischen Leonhards- und Fahrthor. Der Name Buchgasse kommt zuerst 1518 vor. Reuchlin schrieb nämlich in jenem Jahre, daß Melanchthon auf der nächsten frankfurter Messe um des heiligen Kreuzes-Erhöhungstag in der „Büchergasse“ bei Meister Thomas Anshelm, Druckerherrn und Buchverkäufer von Hagenau, zu finden sein werde. Auch der kaiserliche Fiskalprokurator und frankfurter Bücherkommissar Dr. Vest in Speyer spricht in einem Briefe, den er am 16. August 1593 an den Rat der Stadt Augsburg schrieb, noch von der Büchergasse in Frankfurt a. M. Der Name Buchgasse bürgerte sich erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts allmählich ein. Eine Zeit lang lief er neben der alten Bezeichnung Mainzer Gasse her, sodaß beide Namen willkürlich nebeneinander galten. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts scheint die Straße übrigens auch allgemein Meßzwecken gedient zu haben. So findet sich in dem Hause Nr. 15 Buchgasse, [463] Ecke der Schippengasse, noch heute ein großes Wandgemälde von einem Strauß aus Tunis, der, wie die Unterschrift meldet, 1577 zuerst in Frankfurt als große Naturmerkwürdigkeit bekannt und gezeigt wurde. Vom Anfang des 17. Jahrhunderts an bediente sich aber der Rat in seinen amtlichen Erlassen stets des Namens der Buchgasse. Thatsächlich bildete diese übrigens schon von den ersten Anfängen des buchhändlerischen Meßverkehrs an die Hauptniederlage der fremden Buchführer und Verleger. Hier hatten sie ihre Lager in alten festen Gebäuden, die noch zu Anfang des laufenden Jahrhunderts (Kirchner, der diese Thatsache meldet, schrieb 1810) die seitdem verblichene Inschrift „Officina libraria“ führten. Jahrein jahraus lag hier zur Ersparung der Fracht und sonstiger Spesen ein Theil der nach Frankfurt gebrachten Verlagsartikel. Am 17. November 1569 weigerte sich z. B. der Rat dem kaiserlichen Ansinnen gegenüber, Bürgschaft von den fremden Buchführern zu verlangen, weil diese „von einer Messe zur andern in ihren Buchläden und Gewölben Bücher für viele hundert Gulden zu hinterlassen pflegten“. Die Wahl dieser Gegend war eine sehr verständige, da namentlich in der ersten Zeit die Büchersendungen fast ausschließlich zu Wasser ankamen und mit verhältnismäßig geringer Mühe aus- und eingeladen werden konnten. Erst später dehnten sich dann die Niederlagen weiter von hier aus. „Auch haben“, schreibt der Rat der Stadt Frankfurt am 26. Juli 1690 an den Kaiser, „unsere Vorfahren zur Erhaltung dieses (Buch-) Handels allhier den Buchführern und Händlern absonderliche, von anderm Commercio etwas separirte, aber doch nahegelegene Gassen eingeräumt, damit sie Buchhändler beysammen und umb sich desto besser correspondiren, und die käufer und gelehrte, selbige ohne sondere mühe und nachfrage finden und ein gutes genügen darob haben konnten. Es ist aber mit ihnen Buchhändler dahin gerathen, daß in vielen Jahren keinerley Buchhändler auß obgedachten Königreichen mehr anhero gekommen und die Messen besuchen, und dadurch unsere in gedachter Buchgassen wohnende Bürger nit geringen abgang dero einkünfften, welche Ihre Heußer getragen, empfinden.“

Natürlich war auch für den Genuß und die Bequemlichkeit der Meßgäste reichlich gesorgt. In der wohlhabenden Stadt, von welcher es im Sprichwort hieß, daß sie mehr Wein in den Kellern als Wasser in den Brunnen habe, durften in der Regel Fremde keinen Weinhandel treiben. [464] Während der Messe aber war es diesen gestattet, an Nichteinheimische Wein zu verkaufen, wenn er unverfälscht war. In den Weinstuben gab es zu dieser Zeit auch keine Polizeistunde, überall ging es hoch her, und Gelage und Zechereien dauerten meistens bis zum Morgen. Heinrich Stephanus (Henry Estienne, 1528 bis 1598) aus Paris (später in Genf und zeitweise in Augsburg), gleich berühmt als Buchdrucker wie als Gelehrter, war seit 1572 ein ziemlich regelmäßiger Besucher der frankfurter Messen. Sie gehörten so sehr in seine geschäftlichen Berechnungen, daß er noch 1571, im Jahre vor dem Erscheinen seines „Thesaurus linguae graecae“ an den Arzt Crato von Krafftheim schrieb: das Werk werde nicht vor der nächsten frankfurter Messe herauskommen. Er verherrlichte den frankfurter Meßverkehr auch in einer kleinen, 1574 erschienenen Schrift: „Francofordiense Emporium s. Francofordienses Nundinae“, und schildert darin die günstige Lage der Stadt für den Meßverkehr, das liebenswürdige Entgegenkommen der Frankfurter, die Annehmlichkeit des dortigen Aufenthalts, die Unparteilichkeit der Gerichte und den großartigen Verkehr der aus aller Herren Länder hier zusammenströmenden Fremden. Gibt er auch mehr allgemeine Gesichtspunkte als Thatsachen, so macht er doch den Eindruck eines zwar begeisterten, aber immerhin wahren Berichterstatters, dessen Angaben auch anderweitig bestätigt werden. Aus der poetischen Sprache des Stephanus in die nüchterne Prosa des täglichen Lebens übersetzt, erfährt man also, daß die Schriftsteller, Dichter und Gelehrten zur Zeit der Messen mit den Buchhändlern und Buchdruckern nach Frankfurt strömten und sich namentlich in dem der Litteratur bestimmten Stadtteil (der Buchgasse) zusammenfanden. „Daher kommt es“, möge jetzt Stephanus selbst das Wort ergreifen, „daß man auf dieser litterarischen Messe über Dinge unterrichtet wird, über die man sonst auf allen Bibliotheken vergeblich Nachrichten sucht. Jeder vernimmt das lebendige Wort der vielen Lehrer von den verschiedensten Universitäten, man hört sie mitunter in den Läden der Buchhändler ebenso ernsthaft philosophieren, wie früher Sokrates und Plato mit ihren Schülern inmitten des Lyceums. Aber nicht nur Philosophen entsenden die berühmten Universitäten von Wien, Wittenberg, Leipzig, Heidelberg, Straßburg und unter den ausländischen Löwen, Padua, Oxford und Cambridge hierher nach Frankfurt, sondern auch Dichter, Redner, Geschichtschreiber, Mathematiker und solche, welche in [465] allen diesen Disziplinen bewandert sind und, wie die Griechen sich ausdrücken, die Encyklopädie zu ihrem Studium gemacht hatten. Die Italiener haben daher ganz Unrecht, wenn sie sagen, die Deutschen hätten ihren Verstand in den Fingern, als wenn sie sich nur im Handwerk und in den mechanischen Künsten auszeichneten. Wahrlich, sie mögen doch einmal die frankfurter Messe besuchen! Beim ersten Eintritt in das Bücherviertel werden sie einsehen, daß das Sprichwort lügt und diesem Volke großes Unrecht thut. Auch übertrifft diese Messe der Musen die des Merkur nicht allein durch Würde und Ansehen, sondern, was noch merkwürdiger ist, sie macht ihr auch durch die Menge des Gebotenen gewissermaßen den Rang streitig. Denn die litterarischen Arbeiten der Deutschen kommen an Zahl ihren andern Arbeiten beinahe gleich, an denen die Italiener den Geist der Hände bewundern, und ebenso können es die Studierenden der Zahl nach mit den Kaufleuten aufnehmen.“

Viel schwerer als diese allgemeinen Lobpreisungen, welche eine genauere Ortskenntnis vermissen lassen, wiegt die Thatsache, daß Frankfurt sich bald auch als Gelehrtenmesse entwickelte. Melanchthon wird 1518, wie schon angeführt, als der erste genannt, welcher mit seinem Verleger und Freunde Thomas Anshelm dort zusammentraf; ihm aber folgten bald andere. So verkehrten denn in der Buchgasse alljährlich immer mehr Gelehrte, welche mit der Absicht nach Frankfurt kamen, sich den Verlegern als Korrektoren und als eine Art litterarischer Berater anzubieten, oder um mit ihnen zu verhandeln, sei es zur Anknüpfung neuer Beziehungen, sei es, um sich nach den neuesten litterarischen Erscheinungen umzusehen. Auch kauften sie hier an der Quelle für sich oder ihnen befreundete Bücherliebhaber ein und fanden, namentlich vor dem Erscheinen des Meßkatalogs (1564) Gelegenheit, in sonst kaum zu ermöglichender Weise eine größere Auswahl neuer Werke kennen zu lernen. Ein vereinzelt dastehender Fall ist der Besuch des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg in Frankfurt, der hier 1552 einer Buchhändlerwitwe ihren ganzen, mit vielen und kostbaren Büchern ausgestatteten Buchladen abkaufte und mit ihm die Grundlage zur spätern rostocker Universitätsbibliothek legte.[11] Als Maximilian II. im Jahre 1562 in Frankfurt zum deutschen König gekrönt wurde, trafen im Gefolge des Kaisers Ferdinand unter andern auch damals namhafte Gelehrte dort [466] ein, wie Seld, Zasius, Agricola, Prätorius, Johannes Sturm, Johann Lauterbach, Michael Beuther u. a., deren Wohnung bei den Buchführern zu erfragen war. Aus dem allerdings einer spätern Zeit angehörenden Briefwechsel Melchior Goldasts geht hervor, daß er und andere süddeutsche Gelehrte sich während der frankfurter Buchhändlermesse oft dort trafen und miteinander abrechneten, oder auch Verträge abschlossen und ihre Werke austauschten. Ebenso sandten öffentliche Bibliotheken ihre Bibliothekare nach Frankfurt, um sich durch deren Berichte auf dem Laufenden zu erhalten, oder durch größere Ankäufe einzelne Lücken billiger auszufüllen, als beim heimischen Sortimenter. So hatte seit 1569 der straßburger Bibliothekar die Pflicht, sich auf den frankfurter Messen nach den neuerschienenen Büchern umzusehen, durfte jedoch nichts kaufen ohne die Genehmigung der Scholarchen. Der erste neue Bibliothekar war der Professor der Rechte und Geschichte, Michael Beuther, der früher an der heidelberger Bibliothek angestellt gewesen war und gleich im ersten Jahre seiner neuen Amtsführung 21 theologische Bücher, 7 juristische, 2 geschichtliche, 2 mathematische, 1 geographisches und 7 Klassiker anschaffte. Vom Jahre 1609 ab wurde auf Anordnung des Rats seitens der Scholarchen eine jährliche Summe speziell zu diesen Bücherankäufen auf der frankfurter Messe angewiesen, und 1616 bestimmte die neue Bibliothekordnung unter anderm: „Der Bibliothekar soll den Buchhändlern insinuiren, auf den frankfurter und straßburger Messen die neuen Bücher aufzubringen. Er selber soll jährlich einmal, im Frühling oder Herbst, nach Frankfurt reisen und alle officinas typographicas perlustrieren, nicht nur nach neuen, sondern auch nach alten Sachen.“ Dem 8. Artikel sind einige Bemerkungen über die Mittel angehängt, wie man die auf der frankfurter Messe gekauften Bücher am wohlfeilsten nach Straßburg bringen könne.[12] Als Isaak Elsevier 1620 zum Universitätsdrucker in Leyden ernannt wurde, mußte er sich unter anderm auch verpflichten, diejenigen Bücher, welche die Professoren oder akademischen Würdenträger von Frankfurt zu beziehen wünschten, auf seine eigene Gefahr von dort kommen zu lassen und zu demselben Preise zu berechnen, den die übrigen Buchhändler forderten.[13] Überhaupt ließen es sich die Universitätsbehörden, da feststehende Verkaufspreise (Ladenpreise) ja noch nicht bestanden, vielfach angelegen sein, sich über die „Frankfurter Tax“, d. h. über den Preis zu informieren, welchen die [467] Bücher im Verkehr der Buchhändler untereinander auf der Messe hatten, um wirklichen oder angeblichen Überteuerungen seitens ihrer Sortimentsbuchhändler vorzubeugen. Georg Gruppenbach in Tübingen wurde z. B. im Jahre 1597 unter Androhung einer Strafe von 10 Gulden durch die Universitätsbehörden gezwungen „ein Taxzettel einzugeben“. Nur mit Widerstreben gab er sein Verzeichnis, „in was gelt yedes Buch zu Franckfort eingekaufft worden“, ein.[14] Auf dieser frankfurter Tax basierten denn auch im Anfang des 17. Jahrhunderts die Versuche der sächsischen Regierung, die Höhe des den Buchführern zu verstattenden Aufschlags zu regeln, beziehungsweise zu beschränken.

Es liegt in der Natur jedes gesunden Werdens, daß es sich auf der Grundlage bereits bestehender Satzungen und Gebräuche entwickelt. So lehnten sich denn auch die Verleger und Buchführer, als die später Gekommenen, an die bewährten Geschäftsusancen der schon vor ihnen nach Frankfurt gezogenen Kaufleute, und namentlich der Großhändler, an. Seit den ältesten Zeiten gewährten diese Kredit und rechneten von Messe zu Messe ab. Um aus zahlreichen Beispielen nur ein paar herauszugreifen, so kaufte 1446 Otto Ruland, ein reicher Handelsherr aus Ulm, in der Woche nach Mittfasten Waren, welche er auf der frankfurter Herbstmesse zu zahlen sich verpflichtete, oder er machte eine Bestellung von 50 Stück Arras gen Frankfurt auf sein Wagnis, und was sie in der Herbstmesse gelten würden, das sollte er zahlen in der Fastenmesse. Weitere urkundliche Beweise für die Abrechnung von Messe zu Messe liefern, neben mancherlei vereinzelt berichteten Daten, das bereits erwähnte Rechnungsbuch der Firma Froben und Episcopius in Basel und die gleichfalls publizierten Meßregister Sigismund Feyerabends und des Agenten Michael Harder in Frankfurt a. M. Das erstgenannte Rechnungsbuch trägt auf der zweiten Seite die Überschrift: „Beschreibung der Schuldnerenn so in Gmeind sindt schuldig wordenn umb Buocher die sey zu Franckfort in septembri 1557 von uns gnummen hant undt in der fastmeß 1558 zalenn sollenn von welcher sum ist Nicolai Episcopii f. der achtest theyll.“ Darunter sind links die Namen der Schuldner jeden Jahres mit den betreffenden Beträgen angeführt, rechts aber die geleisteten Zahlungen gebucht – wie „dedit nobis in Martio Franckforti 1558“ oder „Heruff hat zahlt der 1559“ – und wird dann die Rechnung unter den Teilhabern selbst ausgeglichen. Grundsätzlich wird also [468] – worauf schon im fünften Kapitel hingewiesen wurde –, wenn nicht bare Zahlung erfolgte, noch immer ein Kredit von Messe zu Messe gewährt, und es verdient besonders hervorgehoben zu werden, daß die Schuldner nur selten im Rückstand blieben. Abnehmer, welche ungewöhnlich großen Bedarf hatten, wie z. B. Georg Willer in Augsburg und Arnold Birckmann in Köln, erhielten unter Umständen auch wohl teilweise Jahreskredit.

Auch aus den andern glücklich vom Untergang geretteten Meßregistern geht hervor, daß der Buchhandel in Frankfurt auf die Messe beschränkt war und daß nicht nur auswärtige, sondern auch frankfurter Verleger für die Meßgeschäfte innerhalb und in nächster Nähe der Buchgasse eigene Gewölbe hatten, welche außer der Meßzeit geschlossen blieben. Nur wenige Handlungen – und dies waren hauptsächlich frankfurter – erhielten zwischen den Messen Bücher ausgeliefert, welche in der nächsten Messe bezahlt wurden. Von Tauschgeschäften (Verstechen) ist erst häufiger in und nach dem Dreißigjährigen Kriege die Rede.

Es war eine große Mannigfaltigkeit von Geschäften, welche während der kurzen Zeit der Messe erledigt werden wollten; streng und energisch war also das Arbeiten, groß das Hasten in ihrer Bewältigung. Josua Maler, der schweizerische Grammatiker – ein Stiefbruder der Neffen Christoph Froschauers in Zürich –, schreibt darüber in sein Tagebuch vom Jahre 1551: „Am 18. September fuhrend wir von Maynz uff dem Mayn bis gen Frankfurt die wytberümpte und in allen Landen wolbekante Statt. In derselben fanden wir den Ehrenhaften Herrn Christoffel Froschauer, den alten, Burger und Truckerherrn vonn Zürich, der hielt uns by ihm uff zehen ganzer Tag in syner Herberg. Und wyl ich im in synen Buchladen nit unnütz war, als der ich von Kindswesen uff im Buchladen glych als ufferzogen war, gar kommlich auch frömden Leuten in Latein und Französisch antworten und Bescheyd geben konnt, wolt er mich gar nit von im lassen, bis das die Meß wölt enden. Ich hat übel Zyt mit Bücher uff und abtragen, konnt nienenhin entrinnen die Statt zu besehen, als dann in järlichen Märkten sich mancherley da sehen läßt.“[15]

Bereits aus der Heimat hatten die fremden Buchhändler noch besondere Kommissionen mitgebracht: sie vermittelten vielfach den brieflichen Verkehr der Gelehrtenwelt, nicht nur auf den Messen, sondern [469] auch auf ihren größern Geschäftsreisen. Der wittenberger Buchführer Jost Sturtzkopff z. B., welcher von 1545 bis 1555 regelmäßig von Zeit zu Zeit Dänemark mit einem Bücherlager besuchte, besorgte dabei die Korrespondenz und die Geschäfte zwischen Bugenhagen und Christian III., war sogar eine Art von Vertrauensperson, welche dem König mündlich über kirchliche Verhältnisse und Vorkommnisse Bericht erstatten mußte.[16] Derartige Kommissionen wollten bei der Ankunft in Frankfurt erledigt werden, vielleicht wurden die Briefe auch wohl von persönlich anwesenden Gelehrten bei den Überbringern abgeholt. Unzählig sind die Notizen darüber in den gedruckten Briefwechseln des 16. und 17. Jahrhunderts; der jenaer Buchhändler Konrad König sagt im Jahre 1558, daß er „viel briev die messe pflegte hinabzuführenn“ und „wan es messe Zeit ime von vilen orthenn brieve hinabzuführen zugeschickt wurdenn“.[17] Bis in die neueste Zeit hat dieser Postdienst des Buchhandels gedauert; erst das billige Porto hat ihm ein Ende bereitet.

Die Läden oder Gewölbe mußten dann in Ordnung gebracht, die Lagervorräte revidiert und in Stößen zurechtgesetzt werden; bedenkliche Artikel oder Nachdruckssachen, bei denen man eine Beschlagnahme befürchten konnte, oder derenthalben vielleicht gar schon ein Verbot stattgefunden hatte, wollten unter andere versteckt sein, oder mußten möglichst hoch oben oder in finstern Ecken des Gewölbes den spähenden Augen des Fiskals (anfänglich des mainzischen [des Plebans zu St. Leonhard], später des kaiserlichen) entzogen, eventuell doppelte „Register“ (Lagerinventuren) – das eine für den Geschäftsgebrauch, das andere für das Auge der Behörde – vorbereitet werden.[18] An Thür und Fenster wurden die Titelblätter der neu zur Messe gebrachten Bücher angeschlagen, daneben die Verlagskataloge in Plakatform; Sigismund Feyerabend und Theodor de Bry in Frankfurt schmückten die ihrigen, an sich schon elegant ausgestatteten, gar mit ihren eigenen von Raphael Sadeler und Matthäus Merian gestochenen Bildnissen. Daneben hingen dann bald kurze Auszüge aus den neuerhaltenen Privilegien (Tenor privilegii) zur schnellern Information für die Geschäftsgenossen, in späterer Zeit auch förmliche Prospekte über künftig erscheinende Bücher. Flugschriften und Klein-Litteratur boten sich wohl auch in besondern Auslagen selber an.

So harrte das vorgerichtete Gewölbe der Einkäufer. Große Handlungen, mit starkem in die Ferne sich ausdehnendem Sortimentsbetrieb, [470] gaben ihren die verschiedenen Gebiete bereisenden Dienern wohl gar ein förmliches Rendezvous auf der Messe. Arnold Birckmann von Köln z. B. erschien auf der Fastenmesse 1565 mit nicht weniger denn acht Reisedienern; jeder einzelne derselben entnahm für sich seinen Bedarf von Sigismund Feyerabend. Sie genossen wohl einer gewissen Selbständigkeit und das auch mit Recht, denn sie kannten das von ihnen bereiste Terrain am besten. Nach beendigter Messe zogen sie dann mit ergänzten und neuassortierten Vorräten – gleich den kleinen Buchführern, die allein diese Absicht zur Messe führte – wieder von dannen in die Weite, wohl auf die Messen in den Niederlanden, nach Straßburg, nach Zurzach u. s. w., vielleicht gar nach Italien; denn ein Philipp Junta befand sich unter ihnen.[19] Namentlich die zurzacher Messe scheint von Bedeutung gewesen zu sein; sie war wenigstens für Birckmann ein wichtiger Saldierungstermin gegenüber der Firma Froben-Episcopius. Im Jahre 1563 hatte er an demselben nicht weniger als 2000 Gulden zu zahlen!

In den Gewölben aber drängten und hasteten, wie Josua Maler andeutet, die Einkäufer, um schnell ihre Geschäfte zu beenden und wieder heim, auf die Jahrmärkte oder auf die leipziger Messe ziehen zu können. Denn dicht folgten die leipziger Oster- und Michaelis- auf die frankfurter Fasten- und Herbstmessen, und die Reise dahin währte lange, und noch langsamer fuhren die Frachtwagen. Eilig wurden die Vorräte durchmustert, was notwendig gebraucht wurde, was von den Neuigkeiten Absatz versprach oder durch den Titel lockte und reizte, das wurde „ausgesetzt“, „eingeschlagen“ (verpackt) und fortspediert. Als im Jahre 1557 die leipziger Buchhändler vor dem Rate wegen des Vertriebs der von dem Dr. Basilius Monner in Jena unter dem Pseudonym Christian Aleman bei Nikolaus Brylinger in Basel verlegte Schrift über den Schmalkaldischen Krieg vernommen wurden, rechtfertigten sich die Inquisiten mit dem Drange der Meßgeschäfte, daß sie „solch buch zu Frangkfurt nicht gelesen, sondern wie es pflegt inn Messen in gedreng und eil zuzugehen, nicht mehr dann den Titel gesehen, und ein anzahl Exemplaria hingesetzt und alsobald eingeschlagen und aufladen lassen, und nicht ehe inn erfarung kommen seind, was inn gemeltem Buche stehet, bis das sie die Buecher anher gebracht, und aus den Fassen genommen“.[20]

Dann waren Kommissionen zu erledigen: Aufträge auf Besorgung [471] fremdländischer Litteratur, die nicht immer sofort ausgeführt werden konnten; das Gesuchte war eben nicht auf den Meßlagern. Da mußte bei französischen und italienischen Buchhändlern herumgefragt und gesucht, die eventuelle Lieferung für die nächste Messe verabredet werden; „Moreto dabis curam“, heißt es in Christoph Plantins Notizen für die Herbstmesse 1575, „agendi in proximis nundinis cum Veneto aliquo bibliopola, ut afferat nobis librum magnum: Moses Aegypticus, quod quatuordecim libris divisus est.“

Dabei mochten sich alle diese Geschäfte auch nicht so ganz glatt und einfach abwickeln. Denn in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren die buchhändlerischen Usancen bezüglich des Rabatt- und Rechnungswesens noch keineswegs völlig geregelt und feststehend. Der eine Verleger lieferte, wie dies schon im fünften Kapitel erwähnt worden ist, nur zu seinem bestimmten (Netto-)Preis, der „Frankfurter Tax“, der andere gewährte Rabatt, aber willkürlich, von verschiedener Höhe, je nach dem Bedarfsquantum der Geschäftskunden; Großsortimenter erhielten einen wesentlich höhern. Andere Verleger wieder rechneten nach dem Riespreis. So gab Christoph Plantin, worauf gleichfalls schon hingewiesen wurde, an Herwagens Erben in Basel 12 ½, an Claudius Meig in Basel 12, an Konrad Waldkirchs Erben ebendaselbst 15, an Nikolaus Bock (d. i. Vögelin) in Leipzig 16, an Hans Stern in Lüneburg 12 ½, an Willer in Augsburg anfänglich 20, später 25, an Jacques de Zetter in Frankfurt 16 2/3, an seinen Agenten in London sogar 40 Proz. Rabatt.

Weiter mußten die halbjährlichen Rechnungen abgeschlossen, die Zahlungen geleistet werden. Ersteres aber begann verwickelter zu werden, denn die gleichzeitige Ordinär- und Netto-Rechnung, die vielfach noch bis zum Ende der vierziger Jahre des laufenden Jahrhunderts bestanden hat, fing an sich zu bilden. Die Conten wurden nicht mehr ausschließlich „lauter“ (netto) geführt, vielfach auch – eben wegen der Fraglichkeit der Rabattgewährung und des Schwankens in der Höhe derselben – „unlauter“ (ordinär), wie man sich im 16. und 17. Jahrhundert auszudrücken pflegte. Christoph Plantin führte seine frankfurter Schuldregister „unlauter“; erst bei der Abrechnung und Zahlung wurde der von Anfang an oder nachträglich bewilligte Rabatt in Abzug gebracht. So heißt es bei ihm im September 1578 „A. M e. Willer qui doibt fl. 140 s. 16 voyérés le rabat que on luy est accoustumé de [472] faire au grand livre“, und als mit Claude Marne in Frankfurt a. M., der von 1580 bis 1586 für 2783 Gulden von Plantin bezogen hatte, in der Fastenmesse 1587 die Schlußabrechnung vorgenommen ward, wurde erst jetzt ein Rabatt von 721 Gulden 16 Kreuzer (also etwa von 26 Proz.) in Abzug gebracht; bis dahin war der Betrag im Hauptbuch voll fortgeführt worden. Da mochte denn wohl um den Rabatt und um die Höhe desselben, sowie beim Stechen genug gemarktet und gefeilscht werden!

Unterbrechungen dieses geschäftigen Treibens brachten nur die Besuche von Gelehrten, die Abwickelung der Geschäfte mit Buchdruckern und Papiermachern oder -Händlern, die Insinuationen kaiserlicher Bücherprivilegien, die Besuche des Fiskals, der nach verbotenen Büchern, nach angeblichen Libellen und Famosschriften spähte, Unterbrechungen, von denen die beiden zuletzt erwähnten recht unbehaglich empfunden wurden. Waren doch mit jenen Insinuationen zugleich auch die Mahnungen an endliche Ablieferung der für die Privilegien stipulierten Pflichtexemplare und an Bezahlung der hohen Transportspesen nach Wien (mit einem Groschen für das Pfund) verbunden und knüpften sich doch an den Besuch des Fiskals oft genug Citationen vor den Rat, später gar vor den Fiskal selbst, oder vor den Bücherkommissar. Solche Citationen trugen von vornherein einen etwas unheimlichen Charakter an sich, denn die Handhabung der Preßpolizei war regellos, rein willkürlich. Ging die Beschwerde, die zu dem Verbote Veranlassung gab, von hoher und einflußreicher Seite aus, so begann das etwa eingeleitete sogenannte Rechtsverfahren meist mit Beschlagnahme des Lagers, mit Bestrickung der Angeklagten auf das Gebiet der Stadt bis zum Austrag der Sache, wenn nicht gar sofort mit Verhaftung der vermeintlichen Delinquenten. Die aber einmal konfiszierten angeblichen Famosschriften blieben konfisziert, auch wenn die Behörde anerkennen mußte, daß sie voreilig gehandelt habe. Nur zwei Beispiele hierfür aus der sächsischen Meßpraxis in Leipzig; sie können hier angezogen werden, da die Verhältnisse an den beiden Meßplätzen sich völlig gleich gestalteten. Abraham Lamberg in Leipzig gab seit 1605, in Nachahmung der frankfurter Meßrelationen, ähnliche von Hieronymus Megiser redigierte heraus. Die vierte Relation wurde für anstößig erachtet und mit Beschlag belegt, Lamberg dann aber doch für unschuldig befunden; trotzdem erfolgte am 9. April 1607 die Schlußresolution, daß es „auß beweglichen Ursachen bey der beschehenen [473] Confiscation verbleiben solle“. Im zweiten Fall waren zweien erfurter Buchhändlern, Johann Birckner und Andreas Michael, in der Ostermesse 1623 drei angebliche Famosschriften konfisziert worden; Michael hatte keine Kaution bis zum Austrag der Sache zu bestellen vermocht und war deshalb in Haft genommen worden. Erst auf Drängen des Rats von Leipzig erfolgte am 27. Mai der von Kurfürst Johann Georg I. eigenhändig unterzeichnete Bescheid: „Nun befindet sich gleichwohl so viel, daß die drey Schrifften nicht alle Famos schrifften, sondern nur die Erleuterung wider unsern Ober Hoffprediger D. Matthien Hoen dergleichen, die andern beide aber Historische Relationen seyen, Jedoch laßen wir es bey der beschehenen confiscation bewenden, Undt seindt zufrieden, daß Andres Michel mit einem verweiß, und kegen angelobung hinfüro dergleichen famos schrifften nicht zuführen, wider uf freyen Fuß gestellet werde“.[21] Andreas Michael mußte noch dankbar sein; er kam besser und schneller aus seiner Klemme, als 1557 Nikolaus Brylinger aus Basel in Frankfurt a. M.

So gestaltete sich das geschäftliche Treiben in den Gewölben. Draußen auf den Gassen aber herrschte ein ebenso reges Leben. Hier hauste und herrschte das schon erwähnte leichte Fußvolk des Buchhandels, die Hausierer: Männer, Weiber und Knaben. Flugschriften, Neue Zeitungen, Mord- und Wundergeschichten, Kalender, Schöne neue Lieder in altbekanntem Ton (Melodie) u. dgl. wurden feilgeboten, mit großem Geschrei ausgerufen. Sigismund Feyerabend sagt darüber bei Gelegenheit seines Streites mit den wittenberger Bibelverlegern in seiner letzten Verteidigungsschrift vom Jahre 1570 gegen Christoph Walther, den litterarischen Klopffechter der erstern: „wie oben gemeldt, ist sein Schandgeticht hie in Franckfurt allein heimlich undergeschoben worden, zu Leipzig aber in offenem Marckt durch alle Gassen von den Jungen als Freyharten hin unn wider mit großem Triumph und frolocken, ja mit solchem jubileo (daß sie es auch in henden auffgeworffen) außgeschryen, gegeyffert, gespeyt und geplaudert haben, Nemblich: Hie hie neuwe Zeitung von Feyerabends falschnachgedruckten Biblien.“[22]

Wie sich aber der Hauptumschlag der Bücher im Verkehr der Buchhändler untereinander, wie bereits erwähnt, so gut wie ausschließlich auf die Messen konzentrierte, so waren auch die sonstigen geschäftlichen Beziehungen der Verleger auf den Meßtermin und die Messe zugeschnitten; [474] selbst die Autoren wurden schon in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts oft genug mit ihren kümmerlichen Honorarbezügen auf die Messe vertröstet.[23] Für die bei der Herstellung der Bücher beteiligten Gewerbe war daher die Messe von gleich großer Bedeutung; auch ihre Vertreter strömten zu ihr hin. Waren doch schon in den Anfangszeiten des jungen Bücherhandels manche, und selbst namhafte Buchdrucker nach Frankfurt geritten, weniger um die Erzeugnisse ihrer Pressen im einzelnen an das Publikum und die fremden Buchführer zu verkaufen, als um womöglich ganze Auflagen en bloc an den Mann zu bringen, Aufträge und neue Beschäftigung für ihre Pressen zu finden, oder, wie man sich ausdrückte, Buchführer aufzusuchen, welche „sie (die Buchdrucker) verlegten“.

Sie kamen auch fernerhin, und nicht nur, um Arbeit für ihre Pressen zu suchen – speziell die kleinern Buchdrucker aus den Provinzialorten jetzt auch noch, um zugleich ihr bischen Verlag an Buchführer zu verhandeln, ihnen denselben zum kommissionsweisen Vertrieb zu übergeben, über den erzielten Absatz mit ihnen abzurechnen. Denn fast alle kultivierten zur Beschäftigung ihrer Presse oder ihrer Pressen, falls Aufträge fehlten, wenigstens etwas den Verlag von Schriften von lokalem oder vorübergehendem Interesse, vor allem von sogenannten Scholastikalien: Schulbüchern, wie ABC- und Rechenbüchlein, Donat, Katechismus, Evangelien und Episteln, Gesangbüchlein u. dgl. Buchführer, welche keinen eigenen Verlag besaßen, übernahmen derartige Kleinlitteratur gern in Kommission; hatten sie dann doch wenigstens etwas Material zum Stechen in der Hand, wenn sich die Gelegenheit dazu bot, brauchten sie doch – zur Genugthuung für ihre Landesherrschaften – nicht das bare Geld aus dem Lande zu führen. Als im Jahre 1558 der Konkurs über die Hinterlassenschaft des Buchführers Wolf Günther in Leipzig ausgebrochen war, meldete sich in der Ostermesse 1559, neben Privatpersonen, welche ihm ihren Selbstverlag in Kommission gegeben hatten, auch der Buchdrucker Johann Wolrabe der Jüngere von Bautzen, der eine ganz ansehnliche Partie „Scholasticalia“ bey „Guntern zuvorkauffen eingesatzt, welches Lorenz des Gunters knabe wohl wisse“.

Diese Arbeit und fällige Zahlung suchenden Buchdrucker zogen aber wieder die Schriftgießer nach sich. Die großen und berühmten Gießereien in Basel, Nürnberg, Wittenberg bedurften des Meßbesuchs wohl weniger; sie konnten ruhig der Kunden und Aufträge am Sitze ihrer [475] Geschäfte warten; aber die kleinern mußten ihre Kundschaft unter den weniger bedeutenden Buchdruckern, die Zahlung zu der Zeit und an dem Orte suchen, wo letztere größerer Einnahmen gewärtig sein durften: auf der Messe. Bis von Köln her kamen Schriftgießer zur leipziger Messe; 1558 und 1559 wurden von solchen auf ihr die kleinen Buchdrucker Urban Gaubisch von Eisleben und Georg Baumann von Erfurt mit Kummer beschlagen.

Vor allem aber wurde gleichzeitig auf der Messe der Papierhandel schwunghaft betrieben; die Geschäfte darin bildeten ein wichtiges Item unter den Aufgaben der meßfremden Verleger. Bei der steigenden Bücherproduktion mußte ganz natürlich die Beschaffung des erforderlichen Papiers viel Mühe, Sorge und Verdruß verursachen. Zwar sank der Preis desselben mehr und mehr, dabei aber auch die Güte des Fabrikats; seit dem Jahre 1540 wird schon von „Druckpapier“ (ungeleimtem) gesprochen, und das schon wiederholt angeführte Froben-Episcopiussche Rechnungsbuch kennt bereits das „Planieren“. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Papiermühlen aber war immerhin nur eine beschränkte; dem großen, viel druckenden Verleger bot die Geschäftsverbindung mit einer einzelnen keine Sicherheit rechtzeitiger Deckung seines Bedarfs. Meist lagen auch die Mühlen fern von den Verlagsorten, der benötigten Wasserkraft halber im Gebirge, namentlich im Osten und Nordosten Deutschlands nicht allzu stark verbreitet und hier namentlich in ihren technischen Leistungen am wenigsten hervorragend. So war denn der direkte Verkehr der Verleger mit den Fabrikanten nur ein schwacher; seit den Anfangszeiten der Buchdruckerkunst und des Buchhandels hatte der Papierhandel eine große Rolle gespielt und spielen müssen. Das hat schon die Schilderung des Geschäftsbetriebs Anton Kobergers im fünften Kapitel gezeigt; sie hat auch schon zur Genüge die Ungelegenheiten und Verdrießlichkeiten erkennen lassen, welche den Verlegern dabei erwuchsen. Mit der fortschreitenden Entwickelung und dem Erstarken der frankfurter Büchermesse scheint dieselbe nun aber auch der Mittelpunkt des Papierhandels geworden zu sein. „Die Ingolter“ aus Straßburg, „die Dürren“ aus Nürnberg – diese Stadt und neben ihr Augsburg hatten bereits im 15. Jahrhundert die bessern Papiersorten nach Leipzig geliefert – waren auf der Messe zu finden, schlossen hier ihre Lieferungs- oder Kontantgeschäfte mit Zwischenhändlern und Buchführern ab; über Nürnberg und Leipzig gingen die [476] Sendungen transito nach dem Osten. Schon seit den zwanziger Jahren des 16. Jahrhundert brachte Melchior Lotter in Leipzig „ravensburger“ Papier für den leipziger Rat von der frankfurter Messe mit nach Hause, schon vor ihm hatte Dominikus Ponat (selbst Papiermüller, anfänglich in Leipzig, dann in Mühlhausen i. Th.) solches in vorzüglicher Qualität, ja selbst – die leipziger Stadtkassenrechnungen zweier Jahre erweisen es durch den Augenschein – italienisches Fabrikat geliefert. Nickel Wolrabe in Leipzig bietet 1539 wegen des bedeutenden Bedarfs für seine weitaussehenden Unternehmungen alles auf, um Kredit bei den Ingoltern in Straßburg zu erlangen; in den fünfziger Jahren schießt der leipziger Rat Valentin Bapsts Witwe sogar 200 Gulden ausdrücklich zu dem Zweck vor, um auf der frankfurter Messe Papier einkaufen zu können, bringt Lorenz Finckelthaus in Leipzig seinen Papierbedarf von dort mit. Zwölf Ballen „verfaulen“ letzterm das eine mal allein auf dem Transport, sodaß sie kaum zu „Mackelthur“ zu gebrauchen sind.[24] Auch der Papierbedarf für die jenaer Ausgabe von Luthers Werken wurde, jedenfalls über Frankfurt, von Barbirius und Gabriel Fritz in Genf und aus andern Quellen jener Gegend bezogen.

Die Hauptbezugsquellen für die Papierhändler bildeten aber Thann im Elsaß, Epinal in Burgund und dann Lothringen. Alles aus und über Frankfurt bezogene Papier wurde dabei, selbst von norddeutschen Geschäftsleuten, zu 12 Ries pro Ballen gehandelt, nur norddeutsches zu 10 Ries. Fraglich bleibt es dabei, wann sich der Unterschied in der Bogenzahl des Ries Schreib- oder Druckpapier (480, beziehungsweise 500) gebildet hat, oder ob das Ries in der Zeit, in der man nur geleimtes Papier kannte, auch schon nur 480 Bogen enthielt. Die Abwickelung der Zahlungsverpflichtungen für diese Geschäfte bildete natürlich auch einen Teil der Meßarbeit.

Aber manche Buchhändler kauften das Papier nicht nur für den eigenen Bedarf, sie trieben vielfach sogar einen nicht unansehnlichen Zwischenhandel damit, ein Nebengeschäft, welches von alters her mehr oder weniger mit dem Buchhandel verbunden gewesen war; die Buchführer in Breslau betonen dies ausdrücklich in ihren Streitigkeiten mit dem dortigen Buchdrucker Georg Baumann.[25] Sehr bedeutend war dies Nebengeschäft z. B. bei Nickel Nerlich in Leipzig und dem namhaftesten Verleger Wittenbergs im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, bei Samuel [477] Seelfisch; auch Johann Oporin in Basel pflegte es. Seelfisch hielt Lager in Frankfurt a. M. und Wittenberg, Lager von solchem Umfang, daß er Abschlüsse bis zu 100 Ballen eingehen konnte. Die Abschlüsse und Lieferungstermine aber waren die Messen: wiederholt vertröstet er Leonhard Thurneyser in Berlin, einen seiner Hauptkunden, für weitere Lieferungen auf die nächste Messe. Spesen oder Verdienst waren bei diesen Transaktionen so bedeutend, daß für Leipzig die doppelten Papierpreise galten, wie für Frankfurt.[26]

Waren aber alle diese Geschäfte abgewickelt, dann galt es noch, das eigene wieder in die gehörige Ordnung zu bringen: das zurückbleibende Lager wieder in Stand zu setzen, die Meßregister in alphabetischer Folge der Konten der einzelnen Firmen ins Reine zu schreiben; denn in der Hast der eigentlichen Meßwoche wurde wohl nur eine fliegende Kladde geführt. Das Meßregister Sigismund Feyerabends von 1565 läßt dies deutlich erkennen; es nennt sich selber „Copey oder Abschrift“. So verlängerte sich denn der Aufenthalt der fremden Buchhändler an den Meßplätzen wohl oft genug über die eigentliche Meßzeit hinaus und wurde dann der Sortimentsvertrieb, der direkte Verkehr mit dem Publikum, gern fortzusetzen gesucht, obschon er – wenigstens in Leipzig – herkömmlich auf eine einzige Woche beschränkt war. Frühzeitig entwickelten sich daraus schon Streitigkeiten. Es muß dahingestellt bleiben, inwieweit dies auch für Frankfurt zutreffend ist; in Leipzig aber traten bereits 1556 die einheimischen Buchhändler deshalb gegen Clemens Baudouin aus Lyon mit Beschwerden bei dem Rat der Stadt auf. Nur im verschlossenen Laden (camera clausa) durfte er fernerhin nach Schluß der Messe vom Lager abgeben, und noch hundert Jahre später erging es Clemens Schleich von Frankfurt und Hanau ganz ebenso, als auch er seinen Geschäftsbetrieb in Leipzig über die Meßzeit auszudehnen versuchte. Durch Erwerbung des Bürgerrechts zu seinem Ziele zu gelangen, war für ihn unmöglich; er war „differenter Religion“, nämlich ein Reformierter.

Was die Frequenz der Messen und den Umfang der Geschäfte auf denselben anbetrifft, so fehlt es leider an genügendem Material, um sich davon ein auch nur annähernd treues Bild gestalten zu können. Das im Dokumentenanhang unter IX abgedruckte Verzeichnis der in der Herbstmesse 1569 vor den frankfurter Rat beschiedenen „Buchdrucker, [478] Buchhendler und Buchfurer“ kann unmöglich alle zur Messe anwesend gewesenen umfassen; das zeigt schon eine einfache Vergleichung mit der Zahl der Geschäfte machenden Meßfremden, welche sich aus den erhaltenen, fast gleichzeitigen Geschäftsdokumenten, dem Rechnungsbuch der Firma Froben-Episcopius, den Meßregistern Michael Harders (des Agenten der Witwe Gülfferich) und Sigismund Feyerabends[27]) ergibt. Hier erscheinen mehr Firmen und namentlich ist der Osten Deutschlands in den beiden letzten Quellen stärker vertreten. Daneben ist im Auge zu behalten, daß es sich bei diesen geschäftlichen Reliquien nicht um die Rechnungsbücher ganzer großer Geschäfte, vielmehr nur um Separatkonten besonderer Associationen innerhalb solcher, oder neben ihnen, handelt. Als aber jene Vorladung in der Herbstmesse 1569 erfolgte, mochten auch schon manche Fremde abgereist gewesen sein, manche der Citation auch keine Folge gegeben haben. Immerhin finden sich unter den Erschienenen 5 aus Antwerpen, 4 aus Lyon, 3 aus Genf und 3 aus Venedig, unter letztern allerdings auch Pietro Valgrisi, der schon seit 1564 eine stehende Kommandite in Leipzig errichtet und dort das Bürgerrecht erworben hatte.

Jene Rechnungsbücher und Meßregister gestatten aber aus dem schon angegebenen Grunde ebenso wenig Schlüsse auf den Gesamtumsatz der in Frage kommenden Firmen zu ziehen; in dem Feyerabendschen Meßregister handelt es sich auch überhaupt nur um 18 Werke. Dagegen sind die Resultate nicht uninteressant, welche Heinrich Pallmann durch eine statistische Bearbeitung des letztern gewonnen hat. Der Gesamtabsatz in der Fastenmesse 1565 hatte 2627 Gulden betragen; davon entnahmen Süddeutschland (der Handverkauf an Private bleibt außer Beachtung) 1684 Gulden, Norddeutschland 742 Gulden, das Ausland (einschließlich der Schweiz) nur 135 Gulden. Mit dem größten Bedarf treten auf: Augsburg (mit 413), Frankfurt a. M. selbst (mit 352), Nürnberg (mit 275), Köln (mit 192), Leipzig (mit 205) und Wittenberg (mit 131). Die Verhältniszahlen verschieben sich aber nicht unwesentlich, wenn man – was nötig ist – beachtet, daß Simon Hütter mit 245 Gulden unter Frankfurt erscheint. Dieses Bücherquantum übernahm er aber von der Association (Sigism. Feyerabend, Georg Rabe und Weigand Hahn), um es auf seinen für eigene und für Feyerabends Rechnung ausgeführten Handelsreisen im deutschen Osten, speziell in Leipzig zu vertreiben. Im [479] Jahre 1568 wurden ihm auf der dortigen Neujahrsmesse seine gesamten Vorräte wegen eines gegen Feyerabend schwebenden Preß- und Nachdruckprozesses (Chronicon Carionis) mit Beschlag belegt.[28]

Erst von dem Zeitpunkt ab, aus welchem obige Daten stammen, fängt man an, sichern Boden unter den Füßen zu gewinnen. Zwei bedeutsame Ereignisse sind es, die fast gleichzeitig eintreten, gleich bedeutsam und von folgenschwerem Einfluß auf den Gang der Entwickelung der Verhältnisse im deutschen Buchhandel: die Errichtung der kaiserlichen Bücherkommission in Frankfurt a. M. und die Entstehung des Meßkatalogs. Beide Ereignisse besiegeln gleichsam und beglaubigen zugleich den Sieg der Centralisierung des buchhändlerischen Verkehrs, die Erhebung der Messe – zunächst der frankfurter – zum Angelpunkt, um welchen sich dieser Verkehr fortan ausschließlich dreht, von welchem die Eigenartigkeit seiner Organisation in ihrer Weiterentwickelung bedingt wird. Die Geschichte der kaiserlichen Bücherkommission wird ihre ausführliche Schilderung in dem zehnten Kapitel finden; sie deckt sich förmlich mit der Geschichte des deutschen Buchhandels des 17. Jahrhunderts. Die äußere Geschichte des Meßkatalogs aber bildet noch eine notwendige Ergänzung der Schilderung des Meßverkehrs überhaupt.

Der frankfurter Meßkatalog[29], im Anfang nur uneigentlich so zu nennen, verdankt sein Entstehen einem geschäftlichen Bedürfnis des schon mehrfach genannten augsburger Großsortimenters Georg Willer, eines der bedeutendsten, vielleicht des bedeutendsten derjenigen Buchführer, welche für eigene Rechnung Lager von Büchern fremden Verlags hielten und auch außer den Messen an kleinere Geschäftsleute, wie an Private lieferten, natürlich auch, um ihren eigenen festen Kundenkreis versorgen zu können. Willer, ein regelmäßiger Besucher der frankfurter Messe, unterhielt eine Filiale in Tübingen und einen Faktor in Wien[30] und hatte so Gelegenheit, die litterarischen Bedürfnisse Süddeutschlands nach verschiedenen Richtungen hin kennen zu lernen und zu versorgen. Wie ausgebreitet seine Kundschaft war, geht unter anderm daraus hervor, daß der laibacher Buchbinder Leonhard Stegmann in der Mitte des 16. Jahrhunderts nach Augsburg ritt, um dort Einkäufe zu machen.[31] Durch Reisediener, wie der Kölner Arnold Birckmann, scheint Willer sein Geschäft nicht betrieben zu haben; dagegen schlug er einen andern Weg ein: er druckte und verbreitete Kataloge derjenigen Bücher, welche von ihm [480] auf der frankfurter Messe „ad exterorum Bibliopolarum, omniumque rei Literariae Studiosorum gratiam et usum coëmpti“ waren, wie es auf dem Titel seines ersten Meßkatalogs[32] heißt, und die er nun neben ältern Werken seines Lagers zum Verkauf darbot (venales expositi Augustae in officina libraria Georgij Vvilleri). Wenn Nikolaus Basse in der Praefatio dedicatoria zu seiner sogenannten „Collectio in unum corpus“ – einer Zusammenfassung der Willerschen Meßkataloge von 1564 bis 1592 – erzählt, Willer sei auf der frankfurter Büchermesse mit großen Büchervorräten erschienen, welche er durch seine Kataloge habe wollen verbreiten helfen, so scheint dem der oben citierte Hinweis auf das augsburger Lager zu widersprechen. Die Zahl der außer den neuen Erscheinungen der Messe aufgeführten ältern Werke ist sehr klein, und die bald so genannten Meßkataloge sollten eben ein Vertriebsmittel für diejenigen Bücher sein, welche Willer erst auf der Messe selbst hatte anschaffen können. Die spätern Kataloge, von der Fastenmesse 1568 an, sprechen allerdings auch von solchen neu oder verändert herausgegebenen Werken, welche in den Zwischenräumen zwischen den Messen erschienen waren; diese bildeten aber damals eine verschwindende Minderheit, und gerade auf dem Katalog der Fastenmesse 1568 ist ausdrücklich gesagt: „Newe Bücher, so zum theil inn Augspurg, seidt der nechst verschinen Franckfurter Herbstmeß, zum theil in der Fastenmeß dieß Jars zusammen gebracht worden vnd zu Augspurg bey Georgen Willer zuuerkauffen sein.“ Auch der Umstand, daß fast ohne Ausnahme der Druck der Willerschen Kataloge (wie später auch der Portenbach- und Lutzschen) bis dahin, wo der frankfurter Rat den Druck von Privatmeßkatalogen verbot, in Frankfurt ausgeführt wurde, widerspricht dem nicht. Ein so bedeutender Kunde, wie Willer, wurde jedenfalls vor allen gefördert, und da die Buchführer schon in den ersten Tagen der ersten Meßwoche ihre Einkäufe machten, „aussetzten und einkauften“[33], so konnten Manuskript und Druck des Katalogs in Frankfurt selbst so schnell hergestellt werden, daß die Verbreitung noch während der übrigen Zeit der Messe stattfinden konnte, während dagegen die Verpackung der Bücher und der Transport derselben nach Augsburg und die nachher erst erfolgende Verfertigung des Katalogs viel mehr Zeit erfordert und damit der beabsichtigten Wirksamkeit desselben bedeutend geschadet hätten. Diese Hast bei Herstellung der Meßkataloge zeigt sich besonders in mehrern [481] auffallenden Druckfehlern. Herbstmesse 1567 steht in einer großgedruckten Überschrift: Trologen; auf dem Titel von Herbstmesse 1572 liest man statt nundinarum: nuntinarum; der Text desselben Katalogs beginnt, großgedruckt, mit Partes (für Patres) orthodoxi; Herbstmesse 1569 lautet der Titel: Catalogus librorum a nundinis quadragesimalibus Francofurti anno MDLXIX celebratis ad nundinas autumnales eiusdem anni, tum recens editorum, tum accessione quadam auctorum Index. (Auf dem in der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler vorhandenen Exemplar ist das Wort Catalogus – eins von beiden, Catalogus oder Index, war überflüssig – durchstrichen, wohl seitens der Verlagshandlung, die den Fehler erst nach dem Druck bemerkt haben mag.) Wie störend dagegen die, wenn auch nur unbedeutende, Entfernung vom Druckort sein konnte, zeigt eine Anmerkung zu dem ausnahmsweise in Lauingen gedruckten Herbstmeßkatalog von 1565. Derselbe enthält einen kleinen Nachtrag mit der Bemerkung: „Hi libri sub titulo artium &c. collocandi erant. sed quia in imprimendo Typographus aliquantulum acceleraret, nobisque copia eorum eo tempore non esset, hic subijcere voluimus.“ Die Bücher waren zu spät in Willers Besitz gelangt, um unter der betreffenden Rubrik eingeschaltet werden zu können, und konnten nun nur noch nachträglich als Anhang aufgeführt werden. Nach dem Verbote des Katalogdrucks in Frankfurt mußte der dann nicht mehr zu vermeidende Übelstand freilich in den Kauf genommen werden.

Bis zur Fastenmesse 1570 sprechen die Meßkataloge von den erschienenen Büchern überhaupt; dann aber tritt zuerst die Bemerkung auf: „Neuwe Bücher... So vil deren in Georgen Willers Liberey eynkaufft vnd zu handen gebracht.“ Eine ähnliche Beschränkung findet sich auf dem Katalog von der Herbstmesse 1573: „Catalogus... librorum,... quorum maxima pars Augustae... venalis habetur. Verzeichnus der neuwen Bücher, welche seidher der nechstuerschienen Fastenmeß, so viel mir bewust, in offentlichen Truck außgangen, vnd zu Franckfurt diese Herbstmeß mehrer theils feil gehabt worden sind“; oder Fastenmesse 1574: „Catalogus... librorum.., quorum plerique Augustae... venales habentur. Verzeichnuß vast aller newer Bücher, welche seidher der nechstuerschienen Franckfurter Herbstmeß in offentlichen Truck außgangen“. Diese und ähnliche mehrfach wiederkehrende Zusätze [482] zeigen, wie schnell sich die Willerschen Meßkataloge aus einfachen Vertriebsmitteln zu wirklichen, auf den selbständigen Verkauf berechneten Verlagsartikeln entwickelt hatten, zu dem, was der Meßkatalog später sein sollte: ein allgemeines Neuigkeitenverzeichnis. Dieser Bestimmung entsprach auch die Einrichtung der Kataloge. Im Anfange sind die Titel ohne Angabe von Verlagsorten und Verlegern aufgeführt, später findet sich die Angabe des Verlagsorts in der Regel, die des Verlegers nur vereinzelt; es war immer noch das Interesse des Sortimenters, welches vorwog. Daß nirgends Preise angegeben sind, versteht sich nach dem früher Angeführten von selbst.

Das neue Vertriebsmittel muß sofort Anklang gefunden haben; denn Willer setzte dasselbe von seinem ersten Beginn, Herbstmesse 1564, an fast ohne Unterbrechung (nur von den Fastenmessen 1566 und 1567 sind keine Kataloge bekannt) mit jeder der folgenden frankfurter Büchermessen fort. Nach seinem Tode wurde das Unternehmen durch seine Söhne und Erben fortgeführt und sind Willersche Meßkataloge bis zum Jahre 1627 nachweisbar.

Ebenso fand das Unternehmen bald genug Nachahmung. Die erste Konkurrenz erstand Willer in den von 1577 bis 1616 durch die augsburger Firma Johann Portenbachs Erben und Tobias Lutz, dann Hans Georg Portenbach und Tobias Lutz, ferner nacheinander Hans Georg Portenbach, Tobias Lutz und Hans Georg Lutz allein herausgegebenen Meßkatalogen, die ihrem Charakter nach den gleichzeitigen Willerschen durchaus entsprechen. Inwieweit dies der Fall war mit dem von Christian Egenolphs Erben in Frankfurt für die Fastenmesse 1594 herausgegebenen Katalog, der keinen Nachfolger fand, muß dahingestellt bleiben. Dagegen gilt dies unbedingt von dem Unternehmen von Paul Brachfeld in Frankfurt, der von 1595 bis 1598 Konkurrenzkataloge herausgab. In einer Ansprache „An den Leser“ sagt er, er habe, weil bisher nach gehaltenen oder zwischen den Messen viel hohe und anderes Standes Personen ihre Leute vergeblich nach Frankfurt a. M. abgefertigt, weil daselbst von niemand von allerlei Materien offene Buchladen gehalten würden, für gut angesehen, damit die Studien desto mehr gefördert und solche vergebliche Kosten und Reisen verhütet würden, einen wohlbestellten Buchladen daselbst aufzurichten, in dem man allerlei Materien und Bücher so viel möglich um die Gebühr auch außerhalb der Messen finden könne. [483] Da übrigens die Brachfeldschen Kataloge mit den Portenbach-Lutzschen im Texte genau übereinstimmen, beide auch bei einem und demselben Drucker hergestellt sind[34], so darf man vielleicht an ein gemeinschaftliches Unternehmen denken und das um so mehr, als auch dieses Unternehmen nicht nur hiernach noch den Charakter eines rein privaten geschäftlichen Vertriebsmittels trägt, sondern Brachfeld selber noch diesen Zweck direkt auf dem Titel andeutet, indem er ausdrücklich von den verzeichneten Büchern sagt, „qui plerique apud Paulum Brachfeld Bibliopolam Francofurtensem, Lipsiae et Francofurti ad Viadrum venales habentur“. Der Katalog war also in aller Form mit zum Verteilen auf seinen Handelsreisen bestimmt.

Den ersten Anlauf aber, wirklich einen Katalog aller erschienenen Neuigkeiten herauszugeben, nahm zur Fastenmesse 1590 Peter Schmidt (Fabricius) in Frankfurt a. M. Er motiviert sein Unternehmen damit, daß „offtermal mancherley vnnd fürneme Bücher bißhero in Catalogis seind außgelassen worden, mehr auß wolbedachten muth, dan hinderlässigkeit derjenigen, so die Catalogos verlegt haben (dann dieweil dieselbigen, an end vnd orten, wohnen, da nicht allerley Bücher offentlich dörffen verkaufft werden, haben sie nicht vnbillich jren Nutzen vnn Reputation zu vorderst vnd ersten bedacht, wiewol die Buchtrucker vnd Buchhändler darvon großen schaden litten)“. Schmidt kann hier nur Augsburg im Auge haben, und er verspricht nun die Herausgabe solcher Kataloge, welche die Titel aller erschienenen Bücher, „es seyen groß oder klein, fürnem oder gering“, enthalten sollen. In ähnlicher Weise spricht sich auch Basse in der erwähnten „Epistola dedicatoria“ aus. Sehr viele nicht unbedeutende Bücher, sagt er, fehlten in den Katalogen – zunächst in den Willerschen, denn nach ihnen und für Willer ist die „Collectio in unum corpus“ bearbeitet –, weil sie entweder gar nicht nach Frankfurt gekommen oder durch Nachlässigkeit der Sammler nicht in die Kataloge aufgenommen worden seien – ein Übelstand übrigens, der dem Meßkatalog bekanntlich bis zu Ende seines Erscheinens vorgeworfen worden ist. Aber dennoch ist es bei dem einen Schmidtschen Meßkatalog geblieben; jedenfalls fehlte Schmidts, wie auch wohl dem Egenolphschen Unternehmen, welches letztere vielleicht an das seinige anzuknüpfen suchte, die Gunst der Buchhändler, die an die bisherigen Kataloge gewöhnt waren. Auch Schmidts Katalog dürfte übrigens an dem bei andern gerügten [484] Fehler gelitten haben: in einer Schlußschrift beklagt er sich darüber, daß ihm die Titel nicht rechtzeitig genug zugekommen seien.

Die Meßkataloge waren inzwischen nach und nach zu einem Hilfsmittel des litterarischen Verkehrs von solcher Bedeutung herangewachsen, daß die wieder erstarkte und immer kühner auftretende katholische Partei sich ihrer zu bemächtigen, sie unter ihre Aufsicht zu bringen suchte. In den Jahren 1596 und 1597 waren Irrungen entstanden (welcher Art ist nicht klar), die den frankfurter Rat vorsorglich bewogen, den Druck von Privat-Meßkatalogen in Frankfurt hinfort nicht mehr zu gestatten, vielmehr selbst einen einzigen, angeblich vollkommenen Katalog drucken und publizieren zu lassen, der von Obrigkeits wegen gefertigt werden sollte. Die Buchführer sollten zu dem Ende angehalten werden, ihre Büchertitel in die Ratskanzlei zu liefern[35] (anfänglich die Titelblätter selbst, später wurden nur Titelabschriften, in duplo, verlangt). Motiviert wurde dieser Beschluß durch die Rücksichten auf die Censur; es waltete dabei, wie sich das des Nähern aus dem zehnten Kapitel ergeben wird, die Absicht ob, dem Andrängen der immer selbstherrlicher sich geberdenden kaiserlichen Bücherkommission die Spitze abzubrechen. Nachdem nun im Herbst 1597 dieser Ratsbeschluß in der Buchgasse (den Buchhändlern) publiziert worden war, erschien der sogenannte Ratsmeßkatalog, zusammengestellt durch den Syndikus Dr. Kaspar Schacher, wahrscheinlich von Herbstmesse 1598 an, und zwar, während bis dahin der Titel vielfach gewechselt hatte, unter der von nun an feststehenden Benennung „Catalogus universalis“.

Die beiden ersten dieser Meßkataloge erschienen bei Johann Feyerabend in Frankfurt a. M., der dafür dem Bearbeiter zu Ausgang der Messen durch Geld oder Bücher entschädigte. „Vnd ist damit“, sagt Schacher, „einem E. Rath, ein Werk erhalten worden, daß derselbige in das obrigkeitliche Amt der Inspection vm so viel tiefer impatronirt vnd die Jesuiten durch dies Mittel abgehalten worden, daß sie auch bis auf diese Stunde nichts weiter tentiren oder vnterstehen können.“ Nach Feyerabends Tode übertrug Schacher den Verlag an den Buchdrucker Johann Sauer, der ihm dafür ein Honorar von messentlich 60 Gulden gewährte – der Verlag des Meßkatalogs muß demnach recht einträglich gewesen sein – und der nun die Meßkataloge von der Herbstmesse 1599 bis zur Fassenmesse 1608 druckte. Infolge von Differenzen [485] Sauers mit Schacher ging dann der Verlag an Sigismund Latomus (Meurer) über, der ihn von der Herbstmesse 1608 bis dahin 1617 behielt.

Einer der Sauerschen Kataloge, der von der Herbstmesse 1602, erhält dadurch ein besonderes Interesse, daß er angedruckt (nicht, wie später mehrfach vorkommt, angehängt) wohl zum ersten mal eine Buchhändleranzeige enthält. Dem Schluß des Katalogtextes folgt nämlich unmittelbar noch ein Abschnitt: „Catalogus der Newen Bücher, so in dem Ingolstäter Laden diese Herbstmeß 1602. gefunden werden.“ Es ist dies lauter Verlag von Elias Willer in München, Ingolstadt und Freiburg. Dieser, ein Sohn Georg Willers, hatte in Gemeinschaft mit seinem Bruder Georg das väterliche Geschäft in Augsburg fortgeführt, wie es scheint bis Ostern 1598. Am 8. April dieses Jahres hatte er die Buchhandlung von Johann Wolf Wiederhold in Frankfurt a. M. gekauft[36], wo er bis zum Jahre 1602 geblieben zu sein scheint.

Es ist schon aus dem Vorstehenden zu ersehen, daß die Hofpartei in Wien, oder die Jesuiten, sich des Meßkatalogs zu bemächtigen, denselben ihren Zwecken dienstbar zu machen strebten. Der Plan scheint von langer Hand her vorbereitet worden zu sein. Bereits seit dem Jahre 1606 erschienen in Mainz katholische Meßkataloge, ob als Privatunternehmen, ob von seiten der erzbischöflichen Kurie veranlaßt oder beeinflußt, steht dahin. Die mainzer Erzbischöfe beanspruchten als Erzkanzler des Reichs ein Aufsichtsrecht über den Buchhandel, speziell über den auf der frankfurter Messe, und vom letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts ab bis zum Jahre 1524 lassen sich die Versuche verfolgen, dieses angebliche Aufsichtsrecht zur faktischen Geltung zu bringen. Es ist daher wohl kein bloßer Zufall, vielmehr ein Glied in der Kette der geplanten Maßregeln, wenn gleichzeitig mit dem Hauptansturm vom Jahre 1608 gegen die Hoheitsrechte des frankfurter Rats in Büchersachen der Versuch gemacht wurde, die katholischen Meßkataloge nach Frankfurt zu verpflanzen und ihnen, und zwar ihnen ausschließlich, einen offiziellen Charakter aufzudrücken. Ein Gesuch des katholischen Buchdruckers Nikolaus Stainius in Frankfurt im wiener Archiv – es ist leider undatiert, muß aber notwendigerweise vor Erlaß der Konstitution Kaiser Rudolfs II. „von Visitation der Druckereyen etc.“ d. d. 15. März 1608 eingegangen sein – bittet nämlich um Bewilligung eines Privilegiums für den Druck des frankfurter Meßkatalogs. Die katholischen Bücher, heißt es in diesem [486] Gesuch, würden teils ausgelassen, teils unvollständig aufgenommen. Der frankfurter Rat habe den Advokaten Dr. Schacher mit Anfertigung des Katalogs beauftragt, was sowohl den katholischen Buchhändlern, als der katholischen Religion selbst zum Präjudiz gereiche. Er bitte also um ein Privilegium, den Katalog aller zu jeder Messe einkommenden Bücher zu drucken; dagegen sei er erbötig, nicht nur den Katalog unter Rat und Vorwissen des Bücherkommissars Dr. Val. Leucht (Rei librariae Revisor et Commissarius), oder wen sonst der Kaiser dazu anstellen würde, zu drucken, sondern auch 50 Freiexemplare an den kaiserlichen Hof einzuliefern.

Die Spuren dieser Bestrebungen zeigen sich denn auch in der eben angeführten Konstitution, in welcher jene Beschuldigung des teilweisen Weglassens der katholischen Litteratur in dem nunmehr amtlichen Meßkatalog wiederholt werden, noch deutlicher aber in den „Punkta, welche an den Rat zu Frankfurt zu schreiben“, welche jedenfalls als Direktive für die Beantwortung der Vorstellungen des letztern gegen die angeordneten Maßregelungen dienen sollten. Der frankfurter Rat soll danach bedeutet werden: „auch die Ausfertigung des catalogi librorum nicht allein vor und ahn sich zu ziehen und dardurch sich zu mechtigen Ihres gefallens Bucher in denselbigen zu setzen und andere auszulassen, sondern die verordnete Commissarios in deme mit zuzulassen“.

Der ganze Plan scheiterte aber zunächst, wie die ausführliche Darstellung im zehnten Kapitel zeigen wird, an dem energischen Auftreten von Kurpfalz im Interesse des freien litterarischen Verkehrs, welchem Auftreten sich Kursachsen etwas zaghafter anschloß. Der katholische Meßkatalog mußte zunächst sein Domizil in Mainz behalten und erschien hier unter Leuchts Aufsicht und Redaktion. Er sollte nun wenigstens einen Gewissensberater der katholischen Buchhändler, einen Index expurgatorius des amtlichen frankfurter Meßkatalogs bilden. In der aus Frankfurt datierten Vorrede zu dem Katalog der Herbstmesse 1611[37] sagt Leucht, er sei vom Papst und Kaiser wiederholt beauftragt, den Buchhandel sorgfältig zu überwachen und vor allem halbjährlich einen Index expurgatorius der neuerschienenen Bücher herzustellen und zu veröffentlichen; so habe er denn an die meisten Buchdrucker und Buchhändler ein Cirkular verschickt, um die Titel ihrer neuen Publikationen zu erhalten, und aus den ihm zugesandten sei der vorliegende Index zusammengestellt; [487] er ermahne nun alle Buchhändler, bevor sie Bücher von andern kauften, diesen Index zunächst zu Rate zu ziehen, um nicht aus Unkenntnis zu ihrem Schaden schädliche Bücher zu verbreiten.

Erst später, während der Fettmilchschen Unruhen, gelang es dem Kurfürsten Johann Schweickard von Mainz, diesen mainzer katholischen Meßkatalog nach Frankfurt zu verpflanzen. Ein in der Bibliothek des Börsenvereins vorhandenes Exemplar[38] datiert von 1615. Später scheinen die katholischen Meßkataloge nach München übergesiedelt zu sein, wo bestimmt von 1625 an ein „Catalogus universalis catholicus“ erschienen ist.[39]

In der Herbstmesse 1616 und in der Fastenmesse 1617 gab außerdem auch der Notar Heinrich Kröner einen Meßkatalog in Frankfurt heraus. Kröner, der wohl nebenbei mit Büchern handelte, hatte schon in der Herbstmesse 1611 ein Bücherverzeichnis herausgegeben.[40] Jetzt hatte er sich „per sub- et obreptionem“, wie es in einem frankfurter Ratsprotokoll heißt[41], ein kaiserliches Privilegium verschafft; sein Unternehmen wurde jedoch, als dem Rate präjudizierlich, unterdrückt. Jedenfalls ist auch dieses schnell scheiternde Unternehmen als ein Glied in der Kette der Versuche zu betrachten, welche dem Rate jeden Einfluß auf die Herausgabe des Meßkatalogs aus der Hand zu winden bezweckten.

Mit dem Jahre 1618 beginnt dann die Reihe derjenigen frankfurter Meßkataloge, die bis zum Jahre 1749 bei Sigismund Latomus und dessen Nachfolgern mit kaiserlichem Privilegium erschienen. Wie schon früher in einzelnen Fällen, wiederholt sich nun häufiger die Erscheinung, daß Meßkataloge „mit Firma“ der ausgebenden, im Besitz einer großen Partie befindlichen Handlung erschienen, wie das ja bis zum heutigen Tag bei manchen Publikationen häufig vorkommt. Einer der ersten Latomusschen Meßkataloge, der von der Fastenmesse 1625, bietet die besondere Erscheinung, daß neben der in sich vollständigen, aus Bogen A-E bestehenden und mit „Finis“ schließenden Ausgabe noch eine andere existiert, welcher ein Bogen F angefügt ist mit der Überschrift: „Catalogi librorum appendix. Hoc est. Consignatio illorum librorum, quí cùm ex nundinis Francofurtensibus vernalibus 1625. peregréque aliunde comparati sint, quamvis Catalogo certas quasi ob caussas non inserti, venales nihilominus reperiuntur. Anhang des Franckfortischen Catalogi: Darinnen diejenigen Bücher, welche in verschienener Fastenmeß 1625. zu Franckfort vnd sonsten von andern [488] Orthen gern zu wegen gebracht, aber (vielleicht auß vrsachen,) dem Catalogo nicht sein einverleibt worden.“ Ein Grund hierfür ist aus dem Inhalt des Anhangs selbst nicht zu ersehen[42], vielleicht aber war es in jener Zeit, in welcher die kaiserlichen und ligistischen Heere siegreich am Rhein standen, dem damaligen Bücherkommissar Ludwig von Hagen – sein herrisches Auftreten ist im zehnten Kapitel nachzulesen – dennoch gelungen, den Meßkatalog vorübergehend in seine Gewalt zu bekommen, und jener Anhang könnte dann als ein von protestantischen oder norddeutschen Buchhändlern veranlaßtes Supplement aufgefaßt werden.

Ebenso wenig zu erklären ist zunächst das, allerdings aus wesentlich späterer Zeit stammende Faktum, daß Hagens Adjunkt Hörnigk bei der Liquidation seiner Auslagen vom 8. September 1651 der Hofburg eine Rechnung des Buchdruckers Siegfried vom 10. Februar desselben Jahres einreichte, worin die Position vorkommt: „Vom Catalogus libr. ist die Auflage wie allezeit gewesen 1200 Exemplare, übrig geblieben 400. Rest 800, die zu 1 fl. für 12 Exemplare verkauft worden fl. 66. 32.“ Wie kommt Hörnigk zur Abrechnung über den Meßkatalog?

Im Anfang behalten diese Kataloge auf dem Titel den bis dahin gebräuchlichen Ausdruck bei: Bücher.. welche.. in der Buchgasse verkaufft worden; erst später heißt es regelmäßig: verkaufft werden. Sonst ist über dieselben nichts Besonderes zu bemerken; wie die frankfurter Buchhändlermesse selbst, sanken auch sie unablässig an Bedeutung und selbst in der äußern Ausstattung, bis sie endlich, fast unbeachtet, einschliefen. Frankfurter Meßkataloge des 18. Jahrhunderts sind jetzt fast unfindbar.

Die Einrichtung aller dieser Kataloge ist der von Anfang an durch Willer angenommenen, abgesehen von kleinen Abweichungen, nachgebildet. Die Anordnung nach wissenschaftlichen oder vielmehr bibliographischen Rubriken wechselt so oft, wie die Fassung des Titels. Hierauf näher einzugehen, würde hier zu weit führen. Nur die Folge der Konfessionen bei der theologischen Litteratur bietet bei der alles beherrschenden Stellung der religiösen Parteien zueinander interessante Momente. Willer ließ sich dabei entschieden von rein geschäftlichen Gesichtspunkten leiten; so lange er seine Kataloge in Frankfurt drucken lassen und hier noch auf der Messe selbst einen wesentlichen Absatz damit erzielen konnte, solange stellte er auch die protestantisch-theologische Litteratur voran, nur selten die lutherische und reformierte trennend. Mit der Verlegung des [489] Drucks nach Augsburg aber, von wo ab sein Hauptabsatz wahrscheinlich für katholische Litteratur ein überwiegenderer wurde, nimmt diese auch den Vortritt, zeigt sich die protestantische immer schwächer und schwächer vertreten, obschon der Titel des Katalogs unverändert bleibt. In den Ratsmeßkatalogen erscheint selbstverständlich die lutherische Theologie voran; erst unter dem wachsenden Druck der kaiserlichen Bücherkommission sieht sich der Rat, wie im zehnten Kapitel näher ausgeführt werden wird, genötigt, die katholische voranzustellen. Aber konsequent steht die reformierte theologische Litteratur erst in dritter Linie. Die Anordnung der Titel innerhalb der einzelnen Abteilungen ist dagegen nirgends systematisch oder alphabetisch. Was die Willerschen Kataloge betrifft, so scheint es, als ob dieselben nach Ordnung des Lagers nach den Büchertiteln aufgenommen wären; bei den Ratsmeßkatalogen und ihren offiziellen Nachfolgern läßt der Umstand, daß fast immer der Verlag eines und desselben Verlegers in derselben Rubrik hintereinander aufgeführt ist, darauf schließen, daß die betreffenden Bearbeiter einfach die eingelieferten Titelblätter oder die auf Zettel geschriebenen Titel jedes Verlegers zusammen auf die die betreffenden Rubriken enthaltenden Päckchen gelegt und so das Manuskript für den Druck gebildet haben.

Es erübrigt noch, die Entstehungsgeschichte des leipziger Meßkatalogs zu besprechen[43], da dieselbe nicht füglich von der des frankfurter getrennt werden kann. Der im zweiten Kapitel erwähnte Henning Große hatte zur Ostermesse 1595 (eigentlich für die Michaelismesse 1594) aus den verschiedenen frankfurter Katalogen einen einzigen zusammengestellt, seiner in einem Aktenstück gegebenen Erklärung zufolge, um seine Kunden billiger befriedigen zu können. Möglicherweise hatte ihm sogar die gewiß schon länger bekannte oder besprochene Absicht des frankfurter Rats, die Herausgabe des Meßkatalogs an sich zu ziehen, den Anlaß zu seinem Unternehmen gegeben; er mochte der Meinung sein, mit der Begründung einer Konkurrenz in Leipzig nicht nur seine eigenen Interessen, sondern auch die des leipziger Platzes zu fördern. Nachdem er sein Unternehmen mehrere Jahre fortgesetzt hatte, trat Abraham Lamberg als Konkurrent auf, indem er in der Michaelismesse 1598 ebenfalls einen Meßkatalog druckte, zunächst ohne Privilegium, während dagegen, wie schon erwähnt, Große im Besitze eines Generalprivilegiums sich befand. Im nächsten Jahre wußte sich Lamberg aber ein eigenes kursächsisches Privilegium [490] (vom 24. März) zu verschaffen und verklagte nun im April Henning Große’s Sohn, Friedrich Große, unter dessen Firma des erstern Ostermeßkatalog von 1599 erschienen war, durch Vermittelung der Universität – der für sich allein eigentlich nur die Aufsicht über die Censur zustand – wegen Nachdruck des seinigen bei dem Administrator von Kursachsen. Henning Große wurde auch, trotz seines moralischen Vorzugsrechts, verurteilt, sich des Drucks und Vertriebs des Meßkatalogs zu enthalten und die Strafe von 30 rheinischen Gulden Gold wegen Verletzung von Lambergs Privilegium zu bezahlen. Um sein Unternehmen aufrecht erhalten zu können und das Verbot des Weiterdrucks zu umgehen, veranstaltete er nun in aller Eile und zwar angeblich als Fortsetzung der obenerwähnten in Frankfurt erschienenen „Collectio in unum corpus“ einen „Elenchus“ aller seit 1593 bis 1600 (richtiger 1594 bis 1599) erschienenen Bücher, für welchen er nun seinerseits ein kursächsisches Spezialprivilegium erhielt, und gab nun seinen Meßkatalog unter den Titeln von „Continuationes Elenchi“ heraus, deren sechs erschienen sind. Die erste „Continuatio“, der Sicherheit wegen in Eisleben gedruckt, ist von der Neujahrsmesse 1600 datiert, aber in Wirklichkeit nichts als ein Michaelismeßkatalog von 1599 und zugleich der einzige Neujahrsmeßkatalog, der, abgesehen von den Jahren 1703 bis 1709, überhaupt erschienen ist.

Lamberg suchte nun zwar Große auf Grund seines Privilegiums wenigstens an dem Einzelverkauf dieser sogenannten „Continuationes“ zu verhindern, erreichte sein Ziel aber nicht. Die sächsische Regierung wußte sich nicht anders aus der sich selbst geschaffenen Sackgasse herauszuhelfen, als daß sie entschied: jeder Teil sei bei seinem Privilegium zu schützen. Die Parteien waren verständig genug, sich zu einigen. Große gab den selbständigen Druck seiner „Continuationes“ auf, während Lamberg eine Verlängerung seines Privilegiums auf weitere 15 Jahre, bis Michaelis 1619, erlangte und nun den Meßkatalog sowohl für sich als für Große derart druckte, daß jede Partei ihre Exemplare mit der eigenen Firma erhielt und vertrieb. Nach dem Erlöschen von Lambergs Privilegium blieben Große und seine Nachfolger im unbestrittenen und ungestörten Besitz des Meßkatalogs. Diese Andeutungen müssen hier genügen; das Weitere würde in die Geschichte des leipziger, resp. norddeutschen Buchhandels gehören.

Keins der Kulturvölker Europas kann eine so ununterbrochene systematische [491] bibliographische Aufzeichnung seiner litterarischen Produktion aufweisen, in keinem derselben reichen die Originalquellen so weit zurück, als in Deutschland – ja, in dem anfänglich internationalen Charakter der frankfurter Büchermessen und in der Aufnahme auch der fremdländischen Litteratur in die Meßkataloge hat selbst letztere, speziell die französische, die Anfänge ihrer bibliographischen Annalen zu suchen. Kann man die Meßkataloge auch aus verschiedenen Gründen nicht als unbedingt zuverlässige Quelle für den vollen Umfang der litterarischen Produktion anerkennen, so entrollt sich doch in einer statistischen und graphischen Bearbeitung des in ihnen niedergelegten Materials ein annähernd entsprechendes Bild der Bewegungen des litterarischen Verkehrs und dieser Produktion im allgemeinen und des Ganges und Charakters der wissenschaftlichen Studien im besondern, ein Bild, wie sich ein solches kaum durch das geschriebene Wort geben ließe. Dieses sinnliche Bild vorzuführen bezwecken die diesem Bande beigegebenen graphischen Tafeln der Bücherproduktion in dem Zeitraum von 1564 bis 1765; sie werden am Schlusse von berufenster Hand ihre Erläuterung finden.

Mit kräftigen und deutlichen Zügen, mit erschreckender Klarheit prägen sich in ihnen und in ihren Zahlen die verhängnisvollen Einflüsse der trüben Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs aus, – zeigt sich mit einem Blick, wie auch auf dem Gebiete der litterarischen Produktion die Entwickelung in Deutschland zurückgeworfen, um ein volles Jahrhundert aufgehalten wurde. Der bei dem Beginn des großen Kriegs blühend und kräftig dastehende deutsche Buchhandel wurde halb zu Grunde gerichtet. Mögen die beteiligten Kreise zunächst selber sprechen.

In einem Bittgesuch vom 31. März 1648 um ein kaiserliches Privilegium sagt Johann David Zunner in Frankfurt a. M.: „Bei diesem zerrütteten Zustand des heil. R. Reichs ist bald kein Handelsverkehr rückstelliger worden als eben die Truckerey und das Bücherverlegen.“ Ganz ähnlich drücken sich die leipziger Buchhändler in einer Eingabe vom 9. November 1671 an den Kurfürsten von Sachsen aus; sie behaupten, daß dem Buchhandel der völlige Untergang drohe, „daß gegen die vorigen Zeiten, da hier in Leipzigk allein statliche Handlungen undt Wohlhabende Leuthe unter Unß gewesen, Wir anitzo (aber) so ruiniret, daß nicht allein in Unsern Mittel viel arme Leute seyn, sondern auch ingesampt jährlich kaum so viel erwerben können, daß Wir Unß kümmerlich [492] davon erhalten mögen“, – und in einer andern aus dem September 1683 nennt der Buchhändler Johann Christoph Tarnovius die damaligen Zeiten noch immer solche, „da von allen andern Handlungen leider! diese (nämlich der Buchhandel) crepiren muß, einem ehrlichen Buchhändler auszukommen unmöglich“.[44] Vierzig Jahre nach Beendigung des verheerenden Kampfes – allerdings wieder während der unglücklichen Reichskriege mit Frankreich – ein solcher Ausspruch, aber verständlich und wahr! Denn nur aus idealen Bestrebungen und aus einem, damals durch den Krieg begrabenen, frischen geistigen Leben kann der Buchhandel seine Kraft schöpfen.

Deutschland aber hatte nur das nackte Leben aus dem Schiffbruch gerettet, und entmutigt, gebrochen und verarmt war es in den Frieden eingetreten. Es war je zunächst die Stillung des Hungers, der Wiederaufbau der zerstörten Häuser, die Neubestellung der verwüsteten Felder, welche das Dichten und Trachten der Menschen auf Jahrzehnte hinaus ausschließlich in Anspruch nahmen. Wer aber seine Fenster mit einem Stück Papier oder einem alten Strumpf statt einer Glasscheibe ausflicken muß, um sich gegen Regen und Frost zu schützen, der kann nicht an die Behaglichkeit des Daseins denken. Und Bücher waren schon damals, wie noch heute, Luxusartikel, ein Luxus, dessen man sich zuerst entschlug, wenn Verluste, wenn die Sorgen und Schrecknisse der Zeit an die Thür pochten. Der Sinn für geistigen Genuß mußte unter dem Druck der Not des Lebens ersterben, – dem Buchhandel die Kraft erlahmen, dem selber dahinsiechenden litterarischen Schaffen Genüge zu leisten. Wer sollte denn auch Bücher kaufen, wenn es an Brot mangelte? Höchstens Gebet- und Erbauungsbücher; nur in ihnen suchte und fand das fast verzweifelnde Gemüt gläubiges Vertrauen und Hoffnung auf eine bessere Zeit, Stärke zum Ausharren in der leiblichen Not der Gegenwart. Diese Produktion blühte also allenfalls fort in Nürnberg, Leipzig, fand eine neue fruchtbare Pflegestätte in dem sonst unbedeutenden Lüneburg.[45] Fast die ganze zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts verging mit jener täglichen Sorge für des Leibes Notdurft. Und doch hatte selbst der materielle Jammer dieser trostloser Zeit den deutschen Buchhandel nicht ganz zu brechen vermocht. Seine Kraft wurzelte zu fest im eigentlichen Geiste der Nation, der im Protestantismus seinen Ausdruck fand, sein Ansehen im Auslande stand zu hoch, seine Verbindungen mit der europäischen Gelehrtenwelt [493] reichten zu weit, als daß es selbst den Stürmen des Dreißigjährigen Kriegs gelungen wäre, ein so mächtiges Getriebe mit einem Schlage gänzlich stillzustellen.

Langsam, aber unaufhaltsam, hatte sich vielmehr im Verlaufe des Kriegs dieser Niedergang des Buchhandels entwickelt; es war ein langsames Verbluten, jeweilig verschärft noch durch besondere, den geschäftlichen Verkehr besonders schädigende Einflüsse. Gleich die erste Periode des Kriegs brachte den Sieg der Gegenreformation in den österreichischen Erblanden. Gegenüber dem sonst in den Buchhändlerdenkschriften älterer Zeit oft genug nur zu stark auftretenden Farbenauftrag sagen die leipziger Buchhändler verhältnismäßig sehr gemäßigt darüber in einer Eingabe vom 3. März 1667, daß „vor den Kriegs Zeiten und do in dem Königreich Böhmen, Oesterreich, Schlesien, Mehren und andern Keyserlichen Landen, das Babstumb noch nicht eingeführet gewesen, ein großer Abgang von guten Lutherischen Büchern gewesen, seithero aber alles reformiret, ist ohne Unsern erinern hieraus auch zu schließen, daß auch hierdurch Unsere Nahrung nicht wenig geschwächet worden.“[46] Anfänglich zwar war es noch möglich, die betreffende Litteratur auf Um- und Schleichwegen einzuschmuggeln; die Gebrüder Johann und Heinrich Stern in Lüneburg bemerken noch im Jahre 1637, daß selbst damals noch „auß Oesterreich Ao. 1626 bey sperrung der Donau über Salzburgk auch auff Sawm Straßen durch Tyrol vnsere Verlage zutragen, von hieraus auf Nürnbergk gefordert“ worden seien.[47] Aber lange dauerte dies nicht mehr: der Sieg der Jesuiten ward zu einem unbestrittenen, dem norddeutschen Verlagsbuchhandel war definitiv ein großes Absatzgebiet verloren.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß sich seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts der geschäftliche Verkehr der Buchhändler untereinander auf die Messen centralisiert hatte. In dem das ganze Reich wild und wüst durchtobenden Kriegsgetümmel war derselbe bald in Frankfurt, bald in Leipzig gehindert, wurde er bald hier, bald dort von der gerade herrschenden Partei gemaßregelt, wurde der Handelsverkehr gelegentlich ganz zur Unmöglichkeit oder auf weite Umwege gewiesen, die Reise zur Messe, wie das bereits erwähnte Geschick Wolfgang Endters des Ältern von Nürnberg zeigt, gefährlich. Selbst die bedeutendsten Verlagsfirmen mußten da in Verfall geraten, und beweglich genug schildern Thomas Schürers Erben in Leipzig, eine der bedeutendsten [494] leipziger Firmen, diese direkte Wirkung des Kriegs in einer Eingabe an den Kurfürsten vom 14. Oktober 1652. Sie weisen darauf hin[48], in welchen „vnwiederbringlichen schaden dero arme Lande vnd Leute durch die leidigen Kriegszeiten“ gebracht worden; auch sie seien „bei vnserer schweren Buchhandlung, der vielen plünderungen vnd Straßenraubereyen zu geschweigen, nicht allein durch die harten vnd vnertreglichen Kriegsbeschwerungen vnd Contributiones, die sich vber 5000 Thlr. erstrecken, sehr mittgenommen vnd hefftig ausgesauget worden“. Jetzt, im Frieden, würden ihnen nun von „nachgriffischen“ Leuten gar noch ihre privilegierten Bücher nachgedruckt, ja auf Schleichwegen von Andern Privilegien über ebendieselben erwirkt, z. B. von Wolfgang Endter in Nürnberg, Christian Klein in Frankfurt a. M., Zilliger in Braunschweig, „vnd noch andere mehr mit vnserm eigenthümlichen Verlag zuverfahren fürhabens seyn sollen“; nur durch kräftigen, landesherrlichen Schutz könne „vnserm zwar weitbekandten, aber die warheit zubekennen, ziemlich eingegangenen Buchhandel“ wieder aufgeholfen werden.

Die letzterwähnte Plage des Buchhandels, der Nachdruck, entwickelte sich in der That im Verlaufe des Kriegs zu einem fast unerträglichen Krebsschaden. Der Erwerbstrieb und der Eigennutz einerseits, der Kampf um das geschäftliche Dasein andererseits, hießen nach allen Mitteln greifen, welche unter den obwaltenden trostlosen Erwerbsverhältnissen eine Verbesserung dieser letztern zu verheißen schienen, und dies um so mehr, als ja der Nachdruck an sich noch keineswegs allgemein als ein Unrecht anerkannt, er als solches vielmehr nur von denen betrachtet wurde, welche er gerade traf; von Rechtsbegriffen über Verlagseigentum oder gar Autorenrechte hatten sich kaum erst schüchterne Keime zu entwickeln begonnen. So haben denn die leipziger Buchhändler sicherlich recht, wenn sie sagen, daß „das Bücher nachdrucken bei vergangenen Krieges Zeitten gar gemein worden“, und schildern die Verhältnisse in der schon erwähnten Eingabe von 1667 wohl verständlich genug und zutreffend[49]:

„Fünftens thut der schädliche Nachtrukk dergleichen Schaden, welcher weder zur genüge kan ausgesprochen noch beschrieben werden, Maßen denn nur die Endter zu Nürnberg und Sterne zu Lüneburg, die wichtigsten Buchhandlungen in Churf. Durchl. Landen, sonderlichen zu Leipzig und Wittenberg, zu Grunde ruiniret, Und entgegen sich in deroselben Landen stattlichen bereichert, worzu sie auch leichtlichen haben können gelangen, [495] In dem Sie diejenigen Beschwehrungen, so andere Buchhändler in diesen Landen, so wohl nebenst anderen Einwohnern als vor sich selbsten, haben ausstehen müssen, Im geringsten nicht gefühlet, Alle Nuzungen hingegen an sich gezogen, und das Geld hauffenweise aus dem Lande geführet, Maßen denn zu Wittenberg, da vor diesen die Teuzschen Biebeln mit großen Nuzen selbiger Stadt, ja dieses ganzen Landes, seynd getrukket worden, in vielen Jahren keine getrukket.“

„Mit denen Teuzschen Gebet-Büchern, uf welche meistenteils die Leipziger privilegiret seynd, ist es gleichesfals also hergangen, Und haben, sowohl die Sterne als die Endter, hierinnen mit dem Nachtrükken grose Excesse begangen, dieselben Teils ganz, Teils in etwas verändert, nachgetrukket, ja Ihre Herren Geistlichen, ob gleich Herr D. Lutherus in seiner Vorrede über die Teutzsche Biebel, den Nachtrukk vor eine grose Sünde wieder das 7 te Gebot ausgiebet, haben selbst Vorreden, Gesänge, Predigten und anders dazu trukken laßen, blos zu dem Ende, daß man davor halten solle, als wenn es neue Werkke weren, Wenn man aber eines und das andere collationiret, hat sich dann befunden, daß die meisten Gebet aus dem Habermann, Brandenburgischen Gebetbuch, Kegel’s zwölf Andachten, der Waßer Quelle und anderen Teuzschen alten Gebetbüchern, worauf die Leipziger Buchhändler privilegiret, ausgeschrieben gewesen. Do Wir gleich haben klagen wollen, ist es doch Uns allenthalben schwehr gemachet worden, In dem die Verbrecher Uns ein disputat und Process daran gegeben, welcher lang gnug gewehret, Und wenn es zur Execution kommen, ist doch wenig daraus worden, Und haben die Verbrechere Uns nachmahls andere privilegia vorgeleget, so Sie sowohl als Wir überkommen gehabt.“

In den Privilegien, als Ausfluß eines wundersam ersonnenen kaiserlichen, beziehungsweise landesherrlichen Bücherregals lag nun aber der einzige Schutz gegen diesen Krebsschaden. Doch auch sie waren nur ein Palliativ; in ihrem Schutzbezirk eng begrenzt – die kaiserlichen hatten eigentlich nur für die Reichsstädte Bedeutung, wurden selbst in den kaiserlichen Erblanden nicht beachtet, die landesherrlichen nur in den betreffenden Territorien – versagten sie in den rechtlosen Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs völlig den Dienst. In dem allgemeinen Wirrsal stockte die Regierungsmaschine: der verheißene und bezahlte Schutz wurde nicht gehandhabt, der Nachdruck privilegierter Bücher wurde [496] nicht gezügelt, ja – die leipziger Buchhändler deuten mit gutem Recht darauf hin – zum Schaden vieler berechtigten Verleger wurden in schmählicher Voranstellung des finanziellen Interesses nur zu viele Privilegien an Unberechtigte gegeben, die erstern einiger Sporteln halber von Staats wegen geradezu ihres rechtmäßigen Eigentums entäußert. Sprächen die leipziger Buchhändler dies auch nicht im Jahre 1667 mit dürren Worten selber aus, so müßte sich dasselbe schon einfach aus dem Umstande ergeben, daß die kurfürstlich sächsische Bücherkommission in dem langen Zeitraum von 1633 bis 1651 nur spärliche, von 1643 ab überhaupt gar keine Lebenszeichen mehr von sich gab, ihre Thätigkeit geradezu eingestellt gehabt zu haben scheint. Erst mit dem Abzuge der Schweden aus Leipzig im Jahre 1650 erwacht sie zu neuem Leben; die alten Verordnungen werden „aufgesucht“!

Statt aber bei der Wiederkehr geordneterer Verhältnisse ihr Hauptaugenmerk auf die Gesundung des daniederliegenden Geschäftsgangs, auf Hebung des Vertrauens auf bessere Zeiten, auf treue Handhabung des verheißenen Rechtsschutzes zu richten, zielt das Streben der Behörden im wesentlichen nur auf die Sicherung und Steigerung der fiskalischen Erträgnisse jenes behaupteten Bücherregals hin; nur hierin zeigt sich Eifer und Energie. Statt den Buchhandel von unnützen und ungerechten Lasten zu befreien, werden die alten verstärkt: die Pflichtexemplare für kaiserliche Privilegien werden auf drei erhöht, die für sächsische von 15 auf 18, dann von 18 auf 20; in Frankfurt wird die Ablieferung eines Exemplars von jedem neuen zur Messe gebrachten Buche verlangt und schließlich erzwungen, gleichviel ob es als Propre- oder als Kommissionsgut dorthin gelangt. Statt die Verhältnisse einer natürlichen Gesundung entgegenreifen zu lassen, werden behördlicherseits Gewaltkuren zu inscenieren versucht, wird von der Einführung einer schematisch aufgestellten Büchertaxe das vermeintliche Heil erwartet, fast zwei Jahrzehnte hindurch der gesamte Buchhandel durch dieses über seinem Haupte schwebende Damoklesschwert beunruhigt. Und das geschieht in so gedankenloser Weise, daß während der ganzen Verhandlungen darüber – sie werden im zehnten Kapitel eingehend geschildert werden – es niemand einfällt, daß mit einer taxmäßigen Regelung der Bücherpreise doch zum mindesten auch eine solche bezüglich der Druckpreise Hand in Hand gehen müsse; eine solche hinsichtlich der Papierpreise faßt nur die sächsische Regierung, [497] und auch diese nur vorübergehend im Beginn der Verhandlungen, ins Auge.

Zu verwundern ist es also nicht, wenn in so gedrückter allgemeiner Geschäftslage sich vielfach ein Streben der Buchhändler nach Sicherung konkurrenzfreier Absatzgebiete durch örtliche Beschränkung der Zahl der Geschäfte zu entwickeln beginnt, ein Streben, welches sich auch unter den Buchdruckern, z. B. in Leipzig, bemerklich macht. Aus der Initiative der Buchhändler hervorgehend – in seinen Anfängen bis vor den Beginn des Dreißigjährigen Kriegs zurückreichend und in ihnen mehrfach mit einem förmlich vertragsmäßigen Versprechen, sich der mehr und mehr geregelten Censur zu unterwerfen, verknüpft – bahnt es gleichsam die erst viel später auftretende staatliche Konzessionierung an und mag deshalb hier nur flüchtig angedeutet werden. Hand in Hand damit ging die Schaffung geschützter Absatzgebiete für die einer größern Verbreitung fähige Kleinlitteratur, wie Schulbücher, Kalender, Gesangbücher u. dgl., für welche einzelne Buchdrucker und Buchhändler privilegiert wurden, – Begünstigungen, welche zu schweren Unzuträglichkeiten, speziell im Meßverkehr führen mußten. Gleicherweise fand auch die Einführung der Bücherauktionen zunächst in den Buchhändlerkreisen lebhaften Widerstand, ein Widerstand, der jedoch nur betreffs der Abhaltung solcher mit neuen Büchern zur Meßzeit von Erfolg gekrönt wurde.

Die Bücherauktionen aber waren ein aus Holland überkommener Brauch. Deutschland hatte seinen Anteil an der Führerschaft in Kunst und Wissenschaft eingebüßt; sie war ganz auf Franzosen, Holländer und Engländer übergegangen. Wie konnte es auch anders sein, da das Kapital sich scheu aus dem Geschäft zurückzog, wenn der Krieg es nicht schon völlig verschlungen hatte! Dagegen war der holländische Buchhandel im Laufe des 17. Jahrhunderts zur tonangebenden und herrschenden Macht für die den internationalen Büchermarkt vertretende frankfurter Messe herangewachsen. Die Niederlande hatten allerdings in ihrem Kampfe gegen das spanische Joch auch schwere und trübe Zeiten zu durchleben gehabt, aber diese Kämpfe hatten doch nicht in dem Maße verwüstend und kulturschädigend eingewirkt, wie dies betreffs des Dreißigjährigen Kriegs bezüglich Deutschlands der Fall war. Als diese Prüfungszeit für Deutschland begann, war die Freiheit und Selbständigkeit der vereinigten Provinzen so gut wie gesichert, sie wurden von den Schrecken des Kriegs [498] verhältnismäßig nur noch wenig berührt. Während in Deutschland die Verwüstung und Verödung immer weitere Kreise zogen, blühten in Holland Handel und Gewerbe, Künste und Wissenschaften, es wurde der Sitz und der Zufluchtsort voller Glaubensfreiheit, eine Stätte, wo unbedingte Preßfreiheit herrschte. Die freiere Publizistik, namentlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die liberalen theologischen Richtungen und die Litteratur der Sekten, z. B. der Socinianer und Mystiker, fanden hier eine sichere Zufluchtsstätte, eine Stätte, von der aus sie unter den Fittichen des geschäftlichen Übergewichts und des berechtigten Ansehens des holländischen Buchhandels eine um so kräftigere und gesichertere Verbreitung gewinnen konnten und auch thatsächlich gewannen.

Für sehr viele dieser Publikationen wurden zwar ein fingierter Druckort und eine fingierte Firma gewählt; aber ihr holländischer Ursprung war meist unzweifelhaft, schon der Charakter der Ausstattungsweise deutete ihn an. Typisch wurde die Firma: Cologne, chez Pierre Marteau, in allen Sprachen wurde sie variiert, deutsch als Köln, bei Peter Hammer, und speziell in Deutschland bis in das 19. Jahrhundert hinein gern und viel ausgenutzt. Dabei war die Wahl des Ortsnamens als fingierter Druckort keine rein willkürliche gewesen, sie hatte vielmehr einen gewissen historischen Hintergrund. Schon im Anfang des 17. Jahrhunderts war es nicht ungewöhnlich, daß Werke, deren Druck in Belgien seitens der spanischen Censur beanstandet worden war, in Köln erschienen, oder daß ihnen wenigstens Köln als Verlagsort aufgedruckt wurde.[50]

Aber die ausländische Litteratur war in Holland vogelfrei; kein ausländischer Autor oder Verleger erhielt von den Generalstaaten ein Privilegium gegen den Nachdruck. Namentlich wurde letzterer hinsichtlich der französischen Litteratur in ausgedehnter Weise geübt, ganz systematisch gepflegt. Doch die Beliebtheit der holländischen Ausgaben war der geschmackvollen und zierlichen Ausführung halber eine so große, daß selbst in Frankreich die Schädigung der rechtmäßigen Verleger weniger betont und empfunden wurde, als man annehmen sollte; die Autoren fanden sogar eine Ehre darin, wenn ihre Werke „Jouxte la copie de Paris“ in Amsterdam nachgedruckt wurden. Neben den Ausgaben der Elseviere waren und sind noch jetzt besonders geschätzt diejenigen Abraham Wolfgangs, Sambix’ und die à la Sphère.

[499] Wenn auch nicht in dem Maße, wie der französische Verlagshandel, so doch in weit stärkerm, als man gewöhnlich annimmt, wurde auch der deutsche durch diese planmäßig betriebene Piraterie der Holländer betroffen. In die Augen springen meist nur die Nachdrucke aus der theologischen und aus der deutschen Nationallitteratur, hier besonders die der Werke von Opitz, Moscherosch, Zinkgref, Harsdörfer, Zesen u. s. w., aber viel bedeutender und umfangreicher war jene Nachdruckerthätigkeit auf dem Gebiete der Erbauungslitteratur und wurde gerade hier von den dadurch betroffenen Verlegern um so schwerer empfunden, je weniger gerade der Absatz dieser Litteratur an sich in den trüben Zeiten gelitten hatte. Bereits im Jahre 1629 heben die Gebrüder Stern in Lüneburg hervor, daß, wenn man sich in Deutschland einer bessern Ausstattungsweise der Bücher befleißigt hätte, „die Amsterdamer vnd Leyder nicht verursachet, vnser Evangelische Bücher zu drücken“, und acht Jahre später (1637), daß es dem deutschen Lande wenig Ehre gebracht haben würde, wenn man – falls sie nicht selbst, wie sie sehr selbstbewußt und doch nicht ganz zutreffend sagen, mit ihrer guten Ausstattung eingetreten wären – „auß Hollandt solche gemeine Teutzsche Bücher hette holen müßen“. Sie wurden aber doch geholt, denn natürlich wagten sich, wenn überhaupt, diese Nachdrucke nur verstohlen in den Meßverkehr; ihr Vertrieb erfolgte meist auf dem Korrespondenzwege. Aber der Schaden der deutschen Verleger blieb doch ein ganz unberechenbarer. Im Jahre 1653 betont Wolfgang Endter von Nürnberg in einer umfänglichen Beschwerdeschrift an das Oberkonsistorium in Dresden, wie er und andere Buchhändler bereits früher dem Rate zu Frankfurt a. M. dargelegt hätten, „wie großen Schaden vns Teutschen Buchführer durch frembde vnd benamtlichen durch dießen Holländer mit nachtruckung dergleichen privilegirten und anderer Bücher zugefüget werde“.[51]

So hatte denn alles dazu mitgewirkt, den holländischen Buchhandel während der trostlosen Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zu einer dominierenden Macht im allgemeinen Geschäftsgetriebe und auf der frankfurter Messe heranwachsen zu lassen, zu einer Macht, der sich alles beugen mußte und beugte. Schmerzlich genug empfanden die deutschen Buchhändler dieses Übergewicht. Denn die Holländer waren sich ihrer Machtstellung bewußt und verstanden es, sie zu voller Geltung zu bringen, die Deutschen aber litten unter ihren Folgen, fühlten ihre Interessen [500] dadurch bei den in Scene gesetzten nationalökonomischen Experimenten empfindlich bedroht und mußten mit ansehen, wie ihnen von der Reichsregierung im Meßverkehr angesonnene Lasten den Holländern erlassen wurden, sobald letztere sich zu fügen ablehnten, mit dem Fernbleiben von der frankfurter Messe drohten. Die Holländer weigerten sich dabei nach dem Dreißigjährigen Kriege Bogen gegen Bogen zu stechen (zu changieren); sie wollten es nur noch im Verhältnis von 1 zu 3 oder 4. Selbstverständlich mußte also der Verkaufspreis des holländischen Verlags in Deutschland ein verhältnismäßig hoher sein; nichtsdestoweniger sollte die im Reich und in Sachsen geplante Büchertaxe eine schematisch ganz gleiche werden. Den Bedrückungen und Quälereien des kaiserlichen Bücherkommissars gegenüber waren die deutschen Buchhändler in Frankfurt fast schutzlos, wurden bei ihren Vorstellungen von ihren Landesregierungen nur zaghaft, wenn überhaupt, unterstützt. Die Weigerung der Holländer, sich zu fügen, fand sofortige Vertretung durch den Residenten der Generalstaaten in Wien und war dann von Erfolg.

Diese Verhältnisse blieben schließlich nicht ohne Einfluß auf den Niedergang der frankfurter Messe. Aber zunächst war das Selbstbewußtsein, mit welchem die holländischen Buchhändler auftraten, ein gerechtfertigtes, ihr Übergewicht ein erklärliches. Es war nicht allein erlangt durch die dominierende Bedeutung ihres wissenschaftlichen Verlags, es wurde auch getragen und erhalten durch die Überlegenheit ihrer Leistungen, durch die um die Mitte des 17. Jahrhunderts unbestritten als fast unerreicht dastehende Vorzüglichkeit der technischen Ausstattung ihres Verlags.

Das wurde in den beteiligten Kreisen Deutschlands selbst erkannt und anerkannt; Johann und Heinrich Stern in Lüneburg betonen ja schon 1629 die Überlegenheit der holländischen Nachdrucke, sie beklagen es 1637 und empfinden es schmerzlich, daß „der Jesuit Tannerus in seinem Antichristo zu Ingolstadt 1630 gedruckt, in praefatione so schimpflich die Evangelischen Drückereyen anstechen dürffen, alß Er mit diesen Worten thut, (Charta nigra, bibula, sordida, flaccida, nec Institorum cucullis apta: atramentum sutorium, infiguratum, maculosum: typus et Impressio neglectissima, cui vix lyncei etiam oculi legendae sufficiant, ita belle scriptoris editionisque operi operae Typographicae respondent, dignum scilicet patella operculum) Wann mann rechtschaffen arbeit gemacht hette, Aber vnser [501] viele (nämlich Buchdrucker und Buchhändler) haben vnterm Schutz deß Privilegij den vnfleis zu marck geführet, vnndt hat doch an hohen taxt nichts gemangelt, darüber dann gnug geclagt, vndt mügen wol etzliche sein, so wüntzschen, es were nimmer ein guter bogn gedruckt, damit Ihr vnfleis nur vor Verstendigen nicht gescholten werde, da es doch der Drückereyen großer spot, daß soviel vornehmer Evangelischer Herren Theologen nutzbare scripta durch so elenden druck durch gantz Teutzschlandt außgestreuet worden sein, alß hette man nicht von Gott auch nicht soviel gnade, vndt gabe, so wol alß Papisten vndt Calvinisten (die Holländer), Vnsere Bücher mit einem guten druck zuziehren“.[52] Aber diese Erkenntnis brachte keine Einkehr in sich und keine Umkehr. Immer verwahrloster und erbärmlicher wurde im allgemeinen während des langen Kriegs die deutsche Buchausstattung, immer schlechter und brauner das Papier, immer liederlicher der Satz, immer verquetschter und unsauberer der Druck; höchstens wurde mit dem Blendwerk eines in Kupfer gestochenen Titels die Häßlichkeit der Gesammtausstattung zu verdecken gesucht. Die Kunst des Holzschnitts war völlig in Verfall geraten, wurde kaum noch geübt; der Kupferstich trat für den Schmuck der Bücher an seine Stelle, man kann sagen, zum Glück. Noch während des Kriegs leistete er für die Buchausstattung Vorzügliches, verfiel aber dann im allgemeinen für diese ebenfalls dem Verhängnis. Denn mit dem Abschluß des großen Kriegs war die auf diesem Gebiete herrschende Gleichgültigkeit und Verwilderung noch keineswegs auf dem tiefsten Standpunkt angelangt: die Nachwirkungen desselben auf alle Verhältnisse des Lebens steigerten sie nur noch in verstärktem Maße bis in das 18. Jahrhundert hinein, und kläglich sind die Versuche, den Holländern Gleiches mit Gleichem zu vergelten, ihre Ausgaben gar mit ihren Firmen nachzudrucken, das Publikum damit täuschen zu wollen. Erbärmlich fallen die kindlichen Versuche aus, der nunmehr wuchernden schönwissenschaftlichen und Unterhaltungslitteratur, sowie der populär-historischen, durch Bilderschmuck einen erhöhten Reiz zu geben, oder, wie der Buchhändler Heybey in Leipzig 1695 sich auszudrücken beliebt, diesen beizugeben[53], „damit es desto beßer abgehen möchte, wie insgemein vor Romanen allerhand inventiones pflegten gemacht zu werden“.

Aber die Leistungsfähigkeit war noch nicht ganz verloren gegangen, das zeigen die während dieser Zeit der Verwilderung und Versumpfung [502] fort und fort vorkommenden erfreulichen und Hoffnung erweckenden Ausnahmen. Mit dem Ende des 17. Jahrhunderts beginnt sich auch hierin eine Reaktion zu entwickeln; der Verlagshandel fängt wieder an, eine energische Thätigkeit zu entfalten, eine Verschiebung der hervorragendern Produktionsstätten macht sich bemerklich, und sichtlich blüht der deutsche Buchhandel wieder empor unter der fortgesetzten Führung der Endter in Nürnberg, unter der Führung der Cotta in Tübingen, Veith in Augsburg, Zunner in Frankfurt a. M., Metternich in Köln, Weidmann, Gleditsch und Fritsch in Leipzig, Zimmermann in Wittenberg.

Aber der alten Herrlichkeit der frankfurter Büchermesse grub diese Renaissance das Grab.

Den Abschluß des fünften, den buchhändlerischen Geschäftsbetrieb der ältesten Zeit behandelnden Kapitels bildete das geschäftliche Lebensbild Anton Kobergers; er brachte dies, um in der Hervorhebung des persönlichen Moments frischer und anregender die fortschreitende Entwickelung zu versinnlichen, als sich dies in der trockenen Vorführung und Gruppierung der sachlichen Einzelheiten des Geschäftslebens ermöglichen läßt. So mögen denn in gleicher Weise hier zwei kurze Lebensskizzen aus dem Kreise des mit dem deutschen Buchhandel zwei Jahrhunderte hindurch so eng verknüpften niederländischen folgen, das eine aus dem 16., das andere aus dem 17. Jahrhundert, – das eine den unter spanischer Herrschaft und katholisch verbleibenden belgischen Provinzen, das andere den ihre Freiheit erkämpfenden protestantischen holländischen entnommen: Christoph Plantin und die Familie Elsevier. Die voraufgehende Darstellung hat die dominierende Stellung des holländischen Buchhandels auf der frankfurter Messe während des 17. Jahrhunderts anzudeuten versucht; mit dem Schlusse dieses Zeitraums schied er sich mehr und mehr von dem deutschen. Um so gerechtfertigter dürfte hier also dieser Abschiedsgruß sein. –

Christoph Plantin war 1514 in St. Avertin bei Tours geboren und bei der Armut seines unsteten Vaters schon früh umhergeschleudert worden. Dieser zog mit ihm nach Lyon, Orleans und Paris, bis später der bereits herangewachsene Sohn bei Robert Macé in Caen als Druckerlehrling eintrat. Hier aber scheint er es nicht lange ausgehalten zu haben, [503] da er, nachdem er 1545 oder 1546 geheiratet hatte, sich bald darauf in Paris als Buchbinder und Saffiangerber niederließ. Aber auch hier blieb er nur wenige Jahre, denn schon 1549 begab er sich nach Antwerpen, welches damals die zweitbedeutendste Stadt des westlichen kontinentalen Europas war und unter anderm 30 Druckereien in voller Thätigkeit zählte. Hier erwarb er sich durch seinen Fleiß und seine Geschicklichkeit einen guten Namen als Buchbinder und Portefeuille-Arbeiter, namentlich übertrafen seine eingelegten und vergoldeten Lederarbeiten alles, was bisher auf diesem Gebiete in den kunstsinnigen und kunstfertigen Niederlanden geleistet worden war. Infolge eines körperlichen Unfalls sah sich Plantin jedoch 1555 außer Stande, sein Geschäft fortzusetzen, weshalb er sich wieder dem früher erlernten Buchdruck zuwandte. Noch 1555 gab er seine ersten vier Verlagsartikel heraus, denen im Laufe der nächsten sechs Jahre noch 55 folgten. Zugleich trieb Plantin einen kleinen Buchhandel und erweiterte diesen allmählich; selbst später, als er schon wohlhabend geworden war, hielten seine Töchter während der antwerpener Messe noch einen Buchladen im Kreuzgang von Notre-Dame, während seine Frau Leinwand verkaufte.

Im Jahre 1562 wurde der junge Verleger angeklagt, ein ketzerisches Buch, „Briefve instruction pour prier“, gedruckt und verbreitet zu haben. Die Statthalterin ließ eine Untersuchung gegen ihn einleiten, mußte sie aber wegen mangelnder Beweise niederschlagen, während dagegen drei seiner Arbeiter schuldig befunden und zu den Galeeren verurteilt wurden. Plantin fühlte sich jetzt in den Niederlanden nicht mehr sicher, ging nach Paris und blieb dort ein Jahr. Sei es, daß er noch weitere Belästigungen fürchtete, sei es, daß er durch mächtige und angesehene Gesellschafter seine wirtschaftliche Stellung und zugleich seine politische Sicherheit verbessern wollte, genug, nach seiner Rückkehr ließ er sein ganzes Besitztum, einschließlich der Druckerei, von seinen angeblichen Gläubigern mit Beschlag belegen und öffentlich versteigern. Im Jahre 1563 schloß dann Plantin einen Gesellschaftsvertrag mit Cornelius und Karl de Bomberghe, deren ersterer zu seinen angeblichen Gläubigern gehörte, mit dem Venezianer Jakob Schotti und dem Dr. Goropius Becanus. Er selbst stand, wie man heutzutage sagen würde, als persönlich haftender Gesellschafter an der Spitze des Unternehmens, welches offenbar die Ausdehnung seiner Verlagsthätigkeit fördern sollte und in [504] der That auch förderte. Plantin druckte während der Dauer dieses Verhältnisses eine große Anzahl alter Klassiker, lateinische, griechische und hebräische Bibeln, juristische, philologische und medizinische Werke, die durch ihren korrekten Text, ihr handliches Format, meist in Oktav, Duodez und Sedez, und ihre hübsche Ausstattung allgemeinen Beifall fanden und sich eines reichlichen Absatzes erfreuten. Es scheint, daß er 1567 seinen Zweck bereits erreicht hatte, da er in diesem Jahre mit seinen Partnern brach, indem er – der bis dahin selbst mehr zu den protestantischen Sektirern hingeneigt hatte – sie ketzerischer Ansichten beschuldigte. Eine solche gehässige Anklage erschien damals in den Augen der mißtrauischen spanischen Behörden als ein besonderes Verdienst, konnte ihrem Urheber auf alle Fälle nützen, während sie das Opfer nur zu leicht auf den Scheiterhaufen brachte.

Dieser überlaute Eifer, mit dem sich Plantin auf die königliche Seite schlug, trug seine Früchte; er gewann ihm die Gunst des Kardinals Granvella und des königlichen Sekretärs Gabriel de Cayas und durch sie 1570 den Titel eines Prototypographen des Königs. Schon zwei Jahre vorher hatten ihm die genannten beiden Gönner im Namen des Königs den Druck der Polyglottenbibel (in hebräischer, chaldäischer, syrischer, lateinischer und griechischer Sprache) übertragen.

Die Herstellung der acht Foliobände dieses großen Werks nahm fast sechs Jahre (von 1568 bis 1573) in Anspruch; die Auflage belief sich auf 1400 Exemplare, deren teuerste Ausgabe 200 und deren billigste 70 Gulden kostete. Außerdem wurden noch zwölf zu Geschenken bestimmte Exemplare für den König auf Pergament gedruckt, welcher in der Folge dafür 21200 Gulden an Plantin zahlte. Diese Bibel, so manche finanzielle Verlegenheit sie zunächst auch für den Verleger im Gefolge hatte, legte den Grund zu dem spätern Weltruhm und Reichtum des Hauses Plantin-Moretus.

Von jetzt an widmete Plantin auch einen bedeutenden Teil seiner Thätigkeit der Herstellung von Breviarien und Missalen in der Form, welche von dem Tridentiner Konzil festgestellt worden war, von spanischen Liturgien, Psalmen und Antiphonarien, ohne dabei seine frühern Unternehmungen wesentlich einzuschränken. Trotzdem daß Philipp II. ihm die versprochene Unterstützung nicht zahlte, trotzdem daß der Bürgerkrieg das Land zerriß und Antwerpen 1576 der Wut der spanischen Soldateska [505] zum Opfer fiel, gelang es Plantin, sein Geschäft mit jedem Jahr sogar noch mehr auszudehnen und es bis zu seinem am 1. Juli 1589 erfolgten Tode zu einem der größten der damaligen Zeit zu erheben. Während der höchsten Blüte desselben beschäftigte Plantin 22 Pressen. Seine Verlagsartikel werden von Ruelens und de Backer auf 1030, von Rooses auf etwa 1500 angegeben, sodaß während der 35 Jahre von 1555 bis 1590 im Durchschnitt etwa 30, beziehungsweise 42 Bücher auf jedes Jahr kommen würden.

Zu diesem großartigen Erfolge trug wesentlich sein geregelter Verkehr mit allen Ländern Europas, namentlich Paris und Frankfurt, bei, dessen Messen er von 1558 an regelmäßig beschickte. Wenn er selbst nicht hinging, so unternahmen seine spätern Schwiegersöhne Johann Moretus oder Franz Raphelingen – Söhne hatte Plantin nicht – oder einer seiner Mitarbeiter die Reise dahin. Plantin pflegte die in Frankfurt gemachten Geschäfte, wie dies übrigens allgemein bräuchlich war, in besondere Bücher einzutragen. Das erste noch erhaltene derselben stammt aus dem Jahre 1579; von 1586 bis 1631 befindet sich die vollständige Sammlung derselben im Museum Plantin-Moretus in Antwerpen. Alles ist in diesen Registern auf Heller und Pfennig berechnet, sodaß man ein genaues und getreues Bild von den Einnahmen und Ausgaben des Meßbesuchs erhält.

Plantin und Moretus also, um hier ein paar Beispiele zu geben, reisten zur Fastenmesse 1566 nach Frankfurt. Jener nahm einen Wagen von Antwerpen nach Köln und bezahlte dafür 4 Gulden 10 Sous. Auf der Fahrt verausgabte er 3 Gulden. Von Köln bis Frankfurt fuhr er im Boot und entrichtete für seinen Platz und sonstige Ausgaben 5 Gulden 6 Sous. Jean Moretus ging zu Fuß bis Köln und gab auf der Reise 5 Gulden 15 Sous aus. Während der Messe brauchten sie im ganzen 11 Gulden und 2 Sous. Die Ladenmiete betrug 10 Gulden. Sie kehrten miteinander zu Wasser bis Köln zurück und bezahlten mit Einschluß aller Ausgaben 5 Gulden 14 Sous. Von Köln wanderten sie zu Fuß nach Maestricht und brauchten 1 Gulden 18 Sous. Von hier nach Antwerpen nahmen sie einen Wagen und verzehrten bis dahin 4 Gulden 17 Sous. Ihre gesamten Reisekosten beliefen sich also auf 57 Gulden 13 Sous. Hierzu kamen nun die Fracht für die Bücherfässer, der Zoll bei der Hin- und Herfahrt und die Trinkgelder der Arbeiter, sodaß sämtliche Kosten dieser Meßreise 131 Gulden 5¾ Sous betrugen. Im April 1567 fuhr [506] Plantin wiederum im Wagen bis Köln und von da zu Wasser; bei seiner Rückkehr fuhr er ebenfalls den Rhein hinunter, ritt aber von Köln über Lüttich nach Antwerpen. Diesmal hatte er in Frankfurt 9 Gulden 4 ½ Sous für die Mahlzeiten zu entrichten. Von 1571 bis 1576 begab sich Johann Moretus ohne seinen Herrn nach Frankfurt, nur im Jahre 1574 von Franz Rapheleng begleitet. Die Herbstmesse 1577 besuchte dann wieder Plantin selbst, und zwar allein, während 1579 und 1580 der Gehilfe Peter van Tongheren ganz allein nach Frankfurt ging. Später, 1586, wurde der letztere einmal, als er zur Fastenmesse reiste, von Soldaten beraubt und gefangen genommen.

Seine Meßgüter schickte Plantin gewöhnlich an seinen Kollegen Maternus Cholin in Köln, welcher sie den Rhein hinauf zu spedieren hatte. Zur Fastenmesse des Jahres 1579 gingen z. B. sechs Fässer mit Büchern nach Frankfurt, enthaltend 67 verschiedene Werke in zusammen 5212 Exemplaren. Natürlich sind darunter die Neuigkeiten am stärksten vertreten, so 500: „Sommaire annotation des choses plvs memorables aduenues es XVII. provinces du païs bas“, 200: „Goltzii Thesaurus rei antiquariae“, 200: „Jani Lernutii carmina“, 130: „Poemata Francisci Haemi“, 121: „Bizari Senatus populique genuensis historia“, 140: „Numismata Occonis“, 90: Pasino, „L’architecture de guerre“, 160: „Aitsingeri Pentaplus regnorum mundi“, 175: „Cantiques de Navières“ u. s. w. Der Absatz betrug 1809 Gulden, eingekauft wurde für 1625 Gulden, an Zahlungen eingenommen 1831 Gulden und selbst gezahlt 1644 Gulden. Nach Beendigung der Messe blieb nunmehr in der frankfurter Niederlage ein Lagerbestand von 240 Werken in insgesamt 11617 Exemplaren in Kisten verschlossen zurück. Der Geschäftsabschluß ergab dabei, daß von der „Sommaire annotation“ 75 Exemplare verkauft waren, von „Goltzii Thesaurus“ 98, von „Lernutii“ 25, von „Haemi poemata“ 101, von „Bizarus“ 16, von „Numismata Occonis“ 24, von Pasino’s „Architecture“ 20, von „Aitsingeri Pentaplus“ nur 2 und von den „Cantiques de Navières“ 20.

Neben seinem eigenen an sich schon so umfangreichen Verlage vertrieb Plantin aber auf der Messe noch kommissionsweise den des berühmten Kupferstechers Hubert Goltzius, außerdem Karten, Kupferstiche (schwarz und gemalt), Bilder auf Leinwand gedruckt, selbst Globen von Gemma Frisius. Bezüglich des erstern besagt das Hauptbuch: „Le 11 jour [507] d’Aoust 1558 reçu de Hubert Goltz pour porter à Francfort les livres suivants et accord fait que je lui payerai 55 patards pour chacun livre ou les lui rendrai. Reçu 44 Vitae imperatorium imagines.“ „Reçu le 17 jour de Juin en commission du dit Hubert Goltz 18 Empereurs (français) à 2 fl. 10 pat. (blancs – d. i. roh, in albis), 4 en allemand reliés, 6 en italien (blancs).“ Zur Fastenmesse 1557 sandte Plantin eine größere Partie Karten (darunter 100 Cartes de Vermandois eigenen Verlags), Ornamentstiche von Jacques du Cerceau, zur Fastenmesse 1561 aber „10 Roulleaux les Hist. de Cock, dont il y en a qu’un pour sorte au Roulleau, qui font dix Rouleaux. Item encore 57 autres pièces d’une feuille de Coq lavées.“

Plantins Buchführung über seinen ausgedehnten Geschäftsbetrieb war eine sehr sorgfältige; er führte Memorial und Kladde, Journal und Hauptbuch (Grand Livre). Die frankfurter Messe hatte ihr besonderes Hauptbuch (Le Grand Livre de Francfort); das über die Jahre 1570 bis 1599 enthält übrigens nur die Generalsumme der Beträge, welche die einzelnen Buchhändler schuldeten oder gezahlt hatten, dagegen keine Einzelheiten. Bezüglich dieser verweist es auf das Journal.

Am greifbarsten prägt sich Plantins und seiner Geschäftsnachfolger Bedeutung bezüglich ihrer Beziehungen zu Deutschland und zum frankfurter Meßverkehr aus in den Zahlen der neuen Verlagsartikel, mit welchen sie in den Meßkatalogen auftreten. Das Jahr 1565 weist nur einen, 1566 deren drei, 1567 deren sechs auf. Diese niedrigen Zahlen besagen jedoch zunächst nur, daß Plantins Geschäfte mit Georg Willer vorerst nur unbedeutende waren und erläutern damit zugleich anschaulich genug die Entstehungsgeschichte des Meßkatalogs. Mit dem Jahre 1568 ändert sich dies aber plötzlich; der Meßkatalog verzeichnet in demselben 39 Plantinsche Verlagswerke, 1569 deren 18, 1570: 15, 1571: 18, 1572: 38, 1573: 19, 1574: 29, 1575: 24, 1576: 17, 1577: 15, 1578: 21, 1579: 36, 1580: 34, 1581: 21, 1582: 19, 1583: 23, 1584: 22, 1585: 34, 1586: 17, 1587: 19, 1588: 22, 1589: 25, 1590: 24, 1591: 17. Daß für das Jahr 1592 eine schnell vorübergehende Stockung eintrat – der Meßkatalog führt nur vier Artikel auf – kann wohl kaum als eine verspätete Nachwirkung von Plantins im Jahre 1589 erfolgtem Tode betrachtet werden, denn schon das nächste Jahr bringt bereits wieder einen energischen Aufschwung mit 20 Werken. Die folgenden [508] Jahre zeigen dann wiederum ein starkes Schwanken in den Beziehungen zur frankfurter Messe; das Jahr 1594 bringt 14 neue Verlagsartikel dorthin, 1595 deren 19, 1596: 15, 1597: 9, 1598: 11, 1599: 21, 1600: 17, 1601: 27 (wovon 2 in Nürnberg gedruckt,) 1602: 25, 1603: 10, 1604: 18, 1605: 21, 1606: 8, 1607: 25, 1608: 17, 1609: 23, 1610: 20, 1611: 33, 1612: 21, 1613: 21, 1614: 14, 1615: 23, 1616: 12, 1617: 18, 1618: 25, 1619: 16, 1620: 20, 1621: 30, 1622: 6, 1623: 14, 1624: 18, 1625: 14, 1626: 19, 1627: 14, 1628: 21 und 1629: 25. Die Höhepunkte bilden die Jahre 1630 mit 53 Artikeln und 1638 mit deren 47, während infolge des Ganges der Kriegsereignisse in der Zwischenzeit überhaupt nur die Jahre 1631 mit 35, 1633 mit 16, 1634 mit 20 neuen Werken vertreten sind. Wenn auch die folgende Zeit bis kurz nach Beendigung des Dreißigjährigen Kriegs – allerdings stark schwankend – zum Teil noch ganz ansehnliche Zahlen aufweist, so sinkt doch von nun ab die Firma Plantin-Moretus für den deutschen Buchhandel zur Bedeutungslosigkeit herab. Für den ganzen Rest des 17. Jahrhunderts weisen nur noch die Jahre 1660, 1661, 1666 und 1670 einen oder zwei Meßneuigkeiten auf; die Meßkataloge des 18. Jahrhunderts kennen die Firma gar nicht mehr.

Dieser großartigen Verlagsthätigkeit während des 16. Jahrhunderts entsprechen denn auch die von Plantin erzielten geschäftlichen Resultate. Bei seinem Tode hinterließ er ein Vermögen von 135718 Gulden, heutzutage einer Summe von nicht unter 1200000 Franken entsprechend; darunter war die Druckerei mit 18000 Gulden veranschlagt. Die Lagervorräte in Frankfurt a. M. waren mit 8024 Gulden 9 ¾ Sous beziffert und wurden von Johann Moretus für 4824 Gulden, also für etwas über die Hälfte, übernommen; auf ebendenselben ging auch das Bücherlager in Antwerpen über; und zwar der eigene Plantinsche Verlag mit 40 Proz., das Sortimentslager mit 30 Proz., ein sehr hoch zu nennender Übernahmepreis. Das Plantinsche Zweiggeschäft in Leyden war schon früher, wohl infolge der politischen Verhältnisse, in den Besitz des andern Schwiegersohns, des gelehrten Franz Raphelengien (Raphelengius), übergegangen.

Glänzend sind diese Erfolge zu nennen, aber sie waren der gerechte Lohn geschäftlicher Tüchtigkeit und technischer Leistungen. Plantin nimmt unbestritten einen der ersten Plätze in der Geschichte der Buchdruckerkunst [509] ein. Er begann seine Laufbahn mit nur geringen Hilfsmitteln; aber mit scharfem Verstande, Unternehmungsgeist und gewinnenden Eigenschaften begabt, ausdauernd und auch bei Rückschlägen nie den Mut sinken lassend, verstand er es, alle Hindernisse zu überwinden. In Geschäften von größter Gewissenhaftigkeit und Coulanz, war er allen Streitigkeiten abhold, gern zu Kompromissen geneigt und gab lieber nach, als daß er sich in Prozesse eingelassen hätte. Von dem weit ausgedehnten Gelehrtenkreise, mit welchem er in Verbindung stand, wurde er geschätzt und geachtet; das belegen seine geschäftliche Korrespondenz, seine langjährige Freundschaft mit Justus Lipsius.

Aber neben diesen Lichtseiten weist sein Lebensbild auch eine dunkle Schattenseite auf, deren richtige Würdigung jetzt kaum mehr möglich ist. Eine Andeutung darüber ist schon weiter oben gegeben worden. Plantins Verhalten gegen seine anfänglichen sektirerischen Glaubensgenossen erscheint mehr als bedenklich und unehrenhaft, scheinheilig und fragwürdig seine spätere Beteuerung der Anhänglichkeit an die katholische Kirche. Die Leiter jener Sekte ernteten zwar, was sie selbst gesäet; aber daraus, daß jene gleichsam zur Heuchelei erzogen, kann Plantin kein Entschuldigungsgrund erwachsen. Daneben kann ihm der Vorwurf der politischen Mantelträgerei nicht erspart werden; er suchte einerseits gut mit der Patriotenpartei zu stellen und floß andererseits über von Versicherungen der Treue gegen Philipp II. Zur Erklärung dieser Charakterschwäche kann höchstens darauf hingewiesen werden, daß Plantin ja eigentlich Franzose und wohl nicht völlig verwachsen mit seiner neuen Heimat, innerlich gleichgültig gegenüber deren Beschwerden und Leiden war. Er gehörte in dieser Hinsicht wohl zu den Millionen schwächerer Geister, die sich in ihren Meinungen und in ihrem Verhalten gefügig den jeweiligen Machthabern beugten und eine kümmerliche Entschädigung in den materiellen Erfolgen des Berufslebens suchten und fanden. Daß dies aber Plantin in hohem Grade gelang, das erweisen die oben mitgeteilten Thatsachen.[54]

Das Haus Plantin-Moretus bietet, wie nach dem Voraufgehenden erklärlich, in seinen spätern Schicksalen kein Interesse mehr für die Geschichte des deutschen Buchhandels. Es ist, wie hier kurz bemerkt werden mag, das einzige in Europa, welches 1876, als es von seinem letzten Besitzer Eduard Johann Hyazinth Moretus mit seinem ganzen Bestande an die Stadt Antwerpen verkauft wurde, volle 320 Jahre gewirkt [510] hatte und für die Überreste seines Glanzes noch die Summe von 1200000 Franken einbrachte. Seine eigentliche Bedeutung bewahrte das Geschäft übrigens, wie aus der gegebenen statistischen Übersicht seiner Verlagsthätigkeit zur Genüge hervorgeht, nur unter den beiden nächsten Nachfolgern des Gründers. Schon Johann Moretus, von 1590 bis 1610, vernachlässigte den alten klassischen und gelehrten Verlag über Andachtsbüchern, kirchengeschichtlichen und philosophischen Werken. Von seinen Söhnen war Balthasar I. (1610 bis 1641) der bedeutendste. Er nahm den Verlag im Geiste Plantins wieder auf und war die Seele des Geschäfts, dem er seine ganze, überall energisch eingreifende Thätigkeit widmete. Wie es aber immer bei alt und reich gewordenen Geschäften zu geschehen pflegt, die jüngern drei Balthasars, ihre Söhne und Enkel wurden vornehm und bequem, kümmerten sich wenig oder gar nicht um den Buchdruck und Buchhandel, nahmen nur noch sogenannte Accidenzarbeiten der städtischen und kirchlichen Behörden an und ließen im übrigen das Geld für sich arbeiten. Balthasar II. (1641 bis 1674) berechnete 1662 sein Vermögen, nachdem die Geschwister abgefunden waren, auf 341000 Gulden. Balthasar III. (1674 bis 1696) wurde 1692 vom König von Spanien geadelt und machte von der ihm erteilten Erlaubnis, trotz seines Adels den Buchhandel zu betreiben, wenn überhaupt, einen nur mäßigen Gebrauch. Von Balthasar IV. (1696 bis 1730) an sinkt die Firma buchhändlerisch immer mehr zur Unbedeutendheit herab und nimmt die öffentliche Aufmerksamkeit nicht mehr in Anspruch. Es ist aber bemerkenswert, daß bis 1876 stets ein Moretus an der Spitze des Hauses steht und daß seit Plantin acht Generationen in unmittelbarer Abstammung von ihm einander ablösen. Auch diese ungewöhnliche Erscheinung zeigt sich bei keiner andern Firma, welche die Geschichte des deutschen Buchhandels kennt. Die Romerskirchensche Buchhandlung in Köln ist zwar älter und befindet sich selbst heutigestags noch in demselben Hause, welches sie 1529 bezogen hat, allein ihre Inhaber gehörten nicht alle demselben Stamme in absteigender Linie an.

An Stelle der im katholischen Süden der Niederlande geschäftlich versumpfenden Familie Plantin-Moretus blühte aber im protestantischen Norden, in den Vereinigten Provinzen, ein anderes Gestirn des niederdeutschen Buchhandels empor, das allerdings auch mit dem Ende des 17. Jahrhunderts, also mit dem Ende der dominierenden Stellung [511] des holländischen Buchhandels gegenüber dem deutschen überhaupt, erlosch: die Familie Elsevier (Elzevir).

Ludwig Elsevier, der Stammesälteste dieser Geschäftsdynastie, geboren um 1540 in der Umgegend von Löwen und gestorben im Februar 1617 in Leyden, taucht zuerst in den sechziger Jahren als Buchbinder in Antwerpen auf. Ketzerischer Ansichten verdächtig, muß er unter Alba ins Ausland fliehen und wendet sich nach Wesel, dem Zufluchtsort der damals vertriebenen niederländischen Protestanten, wo auch sein dritter Sohn Ägidius um 1570 geboren wird. Einige Jahre später kehrt er, von der spanischen Amnestie Gebrauch machend, nach Flandern zurück und läßt sich als Buchbinder in Douai nieder, dessen neuerrichtete Universität Aussicht auf Beschäftigung bietet. Elsevier will aber nicht in den Schoß der katholischen Kirche zurückkehren, was man noch nachträglich von ihm verlangte, setzt deshalb seit 1580 sein Geschäft als Buchbinder in Leyden fort und verbindet damit nach einem Aufenthalt von wenigen Jahren einen kleinen Buchhandel. Sein bescheidener Laden stand auf dem Grund und Boden gegenüber der Universität, welche ihm die Bauerlaubnis gegeben hatte, und enthielt hauptsächlich ein Sortiment von Handbüchern zum akademischen Gebrauch. Am 15. September 1583 schuldete Ludwig Elsevier dem damals hochberühmten Christoph Plantin, für welchen er früher in Antwerpen als Buchbinder gearbeitet hatte, einen Betrag von 1270 Gulden und verpfändete ihm dafür sein ganzes Hab und Gut, welches Plantin, da der Schuldner später nicht zahlen konnte, auch in der That an sich zog. In demselben Jahre 1583 wird Ludwig Elsevier auf dem Titel einer kleinen leydener akademischen Schrift zuerst als Buchhändler genannt; aber es dauert noch neun Jahre, bis er 1592 seinen ersten eigenen Verlagsartikel, einen Eutrop, veröffentlicht. Erst von 1594 an folgen mit einer gewissen Regelmäßigkeit andere Werke, doch aber nur in beschränkter Zahl.

Es erschienen bei Ludwig Elsevier von 1592 bis 1617 im ganzen 101 Bücher und zwar bis 1600 in keinem Jahre mehr als 4, von 1600 bis 1613 nie mehr als neun, 1614 10 und 1616 12. Eine Druckerei hat er nie besessen, dagegen ließ er bei seinem Enkel Isaak, Sohn von Mathias, arbeiten; dieser hatte 1616 eine solche gekauft, veräußerte sie aber 1625 an die Geschäftsnachfolger seines Großvaters für 9000 Gulden. Diese Druckerei bildete die Grundlage der glänzenden Elsevierschen Druckerthätigkeit [512] und wurde mit jedem Jahre mehr vergrößert. Ludwig Elseviers Mittel waren indeß zu gering, als daß er sich in gewagte Unternehmungen hätte einlassen können. Er beschränkte sich deshalb vorwiegend auf den Sortimentshandel, dehnte diesen aber auf Belgien (Antwerpen und Löwen) und Frankreich aus. Schon gegen Ende des Jahrhunderts war er ein in Paris gern gesehener und allgemein geschätzter Buchhändler. Gleichzeitig war er ein fast regelmäßiger Besucher der frankfurter Messe; das erste mal bezog er sie im Jahre 1595, von 1601 ab – mit Ausnahme einer Unterbrechung von drei Jahren (1604 bis 1606) – aber ganz regelmäßig. „Deine Briefe“, schreibt Johann Grüter am 29. November 1601 an Adrian van der Meer, „werden mir behändigt werden, wenn Du sie dem Buchhändler Elsevier mitgibst, welcher zwei mal im Jahre auf die Frankfurter Messen reist.“ Da Ludwig Elsevier die Bedürfnisse des französischen und niederländischen Marktes genau kannte, sein Lager in Frankfurt stets vervollständigen konnte, so machte er um so gewinnbringendere Geschäfte, als er zugleich den Verlag holländischer und teilweise auch pariser Buchhändler auf der Messe kommissionsweise vertrieb.

Schon im Anfang des neuen Jahrhunderts hatte Elsevier seine frankfurter Niederlage mit Georg Willer dem Jüngern von Augsburg gemeinschaftlich in einem Gewölbe. Im Fastenmeßkatalog von 1603 ist sogar eine Abteilung den Büchern Willers und Elseviers allein gewidmet. Von da ab trat aber letzterer selbständig auf. Die Verleger, welche er in Frankfurt vertritt, sind unter andern Michael Sonnius in Paris, der Besitzer eines ursprünglich von Christoph Plantin dort errichteten Geschäfts, Johann Patius, H. van Haestens, Jean J. Orlers, A. Cloucquius und B. van der Bild, sämtlich in Leyden, Ägidius Ravaens in Leuwarden, Timäus Faber und Franz Foppens in Franeker, Salomon de Roy in Utrecht, J. Ch. Flavius in Löwen, Fr. Belletus in Ypern, R. Schilders in Middelburg und Laurent in Amsterdam.[55] Im Jahre 1614 nahm er 15 ihrer Verlagsartikel mit nach Frankfurt. Diese Thatsache spricht für das Vertrauen, dessen sich Ludwig Elsevier bei seinen Berufsgenossen erfreute, und läßt zugleich annehmen, daß er gute Geschäfte gemacht haben muß. Er zog aus allem Vorteil für sein Geschäft und war der erste größere Buchhändler, welcher schon von 1609 an nicht nur ganze Bibliotheken selbst kaufte und die Bücher dann in öffentlicher [513] Auktion wieder verkaufte, sondern dieses Geschäft auch für Rechnung Dritter betrieb; „qui auctione publica distrahentur in aedibus Ludovici Elzevirii ad diem“ u. s. w., oder „quorum auctio habebitur in officina Elseviriana die“ u. s. w., heißt es in den Katalogen.[56] Diese Auktionen bildeten auch während des ganzen 17. Jahrhunderts eine Spezialität der Firma und warfen namentlich in dessen erster Hälfte großen Gewinn ab. Übrigens war Ludwig Elsevier auch um die Wahl seiner Mittel durchaus nicht verlegen. So wandte er alle die Künste und Mittelchen an, deren sich nicht gerade gewissenhafte Buchhändler bedienten, um den Absatz ungangbarer Bücher zu befördern. Er machte neue Titelausgaben, wie den Aristoteles von 1616 und den Meursius von 1615, und folgte darin einem Brauch, der schon vor 1550 in Italien zu beobachten ist und der auch in Deutschland, z. B. bei Johann Gymnicus in Köln bezüglich der Verlagsreste der Werke Leonhard Thurneysers vorkommt; er druckte sogar den Namen eines andern Verlegers auf den Titel oder erweiterte eine alte Ausgabe um ein paar Seiten und nannte sie eine vermehrte[57], wie z. B. die „Chronique de Carion“, oder er fingierte auch dadurch neue Werke, daß er einfach deren zwei zusammenbinden ließ, wie den Cluverius von 1611 und „Les Tactiques d’Elien et de Léon“ 1613. Kurz, er ist ein erfindungsreicher, nie um Auskunft verlegener, schlauer und heller Kopf. Sein Fleiß, seine Pünktlichkeit, Ausdauer und Sparsamkeit verschafften ihm übrigens trotzdem die Achtung und das Vertrauen seiner Mitbürger, die ihn zum Vorsteher seines Quartiers (Viertels) in Leyden wählten, und sicherten ihm die Liebe und das Wohlwollen seiner gelehrten Freunde, wie Gruterus, der ihn den „vortrefflichen“ Elsevier nannte, und des Puteanus (De Put), welcher von ihm als seinem Freunde spricht.

Bei seinem Tode war Ludwig Elsevier einer der bedeutendsten Buchhändler Hollands. Neben seinen großen Verdiensten verhalf ihm allerdings auch das Glück zu so ungewöhnlichem Erfolg: er hatte seine Zeit getroffen. Holland war damals, wie schon oben flüchtig angedeutet, nicht allein eben erst durch Abschüttelung des spanischen Jochs der freieste Staat Europas geworden, wie es denn auch bald der reichste wurde, sondern es blühte auch auf als Sitz der klassischen Gelehrsamkeit und wissenschaftlichen Kritik und entwickelte jene überlegene buchhändlerische Thätigkeit, welche bisher Deutschland ausgezeichnet hatte. Als Ludwig Elsevier unmittelbar [514] vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs starb, rückte Leyden schon in den Glanzpunkt dieser neuen Ära ein, denn es zählte 1626 bereits 19 Drucker und Buchhändler und 1651 deren sogar 35 (9 Drucker mit 23 Pressen und 26 Buchhändler). Amsterdam war noch bedeutender, während Frankfurt damals schwer unter den Kriegswirren, unter deren Folgen und unter dem Druck der kaiserlichen Bücherkommission zu leiden hatte. Der wirtschaftliche und politische Ruin Deutschlands war eine der Vorbedingungen der Blüte Hollands. Je mehr jenes von seiner einstigen Höhe herabsank, desto mehr stieg dieses auf wissenschaftlichem Gebiet empor und desto größer wurde auch das Elseviersche Geschäft. Mit der Veröffentlichung des Cäsar, Terenz und Plinius im Jahre 1635 erreichte dieses seinen Höhepunkt und behauptete denselben bis 1680; jenes Jahr aber war für Deutschland eins der unglücklichsten des Kriegs, und das auf diesen folgende Menschenalter das armseligste und jämmerlichste der deutschen Geschichte.[58]

Ludwig Elsevier war indeß nicht allein selbst ein bedeutender Buchhändler, sondern erzog auch eine ganze Dynastie von großen Verlegern, welche zu den hervorragendsten aller Zeiten gehören. Die Firma Elsevier bestand unter verschiedenen kleinen Änderungen von 1583 bis 1713, also volle 130 Jahre; aber ihr Geist und der Charakter ihrer Unternehmungen blieb ziemlich bis zu Ende unverändert derselbe. Die eigentliche Bedeutung der Firma beschränkt sich jedoch auf das 17. Jahrhundert, oder noch genauer auf die Periode von 1630 bis 1680. Dem Vater folgten fünf Söhne, bis auf einen gleich tüchtig und thätig im Geschäft, vier Enkel, darunter Männer ersten Ranges, wie Daniel, drei Urenkel und ein Ururenkel. Die beiden Hauptgeschäfte blühten in Leyden von 1583 bis 1712 und in Amsterdam von 1638 bis 1681; verhältnismäßig untergeordneter Natur waren die Firmen im Haag von 1590 bis 1636 und in Utrecht von 1667 bis 1675. Es ist natürlich nicht die Aufgabe dieses Buchs, die einzelnen Phasen im Geschäftsleben der Elseviere näher zu schildern, sie kommen hier vielmehr nur so weit in Betracht, als sie den deutschen Buchhandel berühren. Es genüge deshalb, für Leyden, außer dem Gründer Ludwig (1583 bis 1617), dessen Söhne Mathias und Bonaventura (1617 bis 1622), sowie Bonaventura und Abraham (Söhne von Mathias, 1622 bis 1652) zu erwähnen, und für Amsterdam Daniel (Sohn des Bonaventura, zwischen 1655 und 1680) anzuführen. [515] Alle diese Männer hatten natürlich ihre Neider und Feinde und waren bis auf den zuletzt genannten wenig beliebt, aber in dem einen Punkt groß: in der Liebe zu ihrer Kunst und zu ihrem Beruf, welchem sie vom ersten Auftreten der Familie an einen wahren Kultus widmeten. Sie betrachten es als ihre Lebensaufgabe, technisch möglichst vollendete Drucke zu liefern, und arbeiten mit einer Ausdauer und Geduld auf dieses Ziel hin, welches selbst den Hintergedanken eines kaufmännischen Gewinns auszuschließen scheint.[59] Stolz auf ihre Arbeit, rühmen sie sich ihrer mit vornehmem Selbstgefühl und rufen nicht allein das Urteil ihrer Zeitgenossen, sondern auch der Nachwelt an: „Libenter quicquid opus est, judicio doctorum ac posteritatis maxime remittimus.“ So wird denn ihr ganzes Thun auch von einem edeln Gefühl persönlicher Ehre und Verantwortlichkeit getragen, und selbst ihre kleinen Schwächen fallen ihren großen geschäftlichen Tugenden gegenüber kaum ins Gewicht. Namentlich ist es Bonaventura, welchem sogar von seinen Freunden schmutziger Geiz, Mangel an Aufrichtigkeit und Ablehnung jeder moralischen Verbindlichkeit vorgeworfen wird. So berechnete er 1639 dem Johann Friedrich Gronovius 15 Sous für Porto eines Briefs, welcher von Selden einem an die Elseviere gehenden Paket beigeschlossen gewesen war. Und doch enthielt dieser Brief nur Mitteilungen über eine Ausgabe des Livius, welche Gronovius auf Bitten der Elseviere für sie sogar ohne jedes andere Honorar als 12 Freiexemplare vorbereitete. Nikolaus Heinsius, auch ein Freund der Firma, bittet 1643 in deren Namen Gronovius die Vorrede zum Livius zu beenden und fügt höhnisch hinzu: „Was nun die Widmungsexemplare betrifft, so glaube ich fast, daß die Geizhälse sich diese selbst vorbehalten wollen“ (d. h. daß der Verleger nicht allein nichts zahlt, sondern die für jene Widmungsexemplare etwa eingehenden, dem Verfasser gebührenden Ehrengeschenke in die Tasche stecken will). Heinsius las dem Johann Elsevier eines Tags in Paris auf offener Straße den Text wegen Zurückhaltung eines für einen ihrer Geschäftsfreunde bestimmten Freiexemplars, sodaß der Verleger errötete und das bisher Versäumte noch nachträglich zu erfüllen versprach. Nirgends genoß deshalb auch die leydener Firma Liebe und persönliche Zuneigung. Wenn selbst die befreundeten Gelehrten sie homines avari, astutissimi mortales nannten, wie werden da erst die Beschuldigungen der Gegner gelautet haben.

[516] Die Leistungen der Elseviere aber waren erstaunlich und bis dahin unerhört. Abgesehen von 2737 lateinischen Dissertationen, welche sie als Universitätsdrucker in Leyden von 1654 bis 1712 drucken, veröffentlichten sie im ganzen 2093 Verlagsartikel, deren Hauptzahl mit 462 auf Bonaventura und Abraham in Leyden und deren höchstnächster Betrag mit 415 Werken auf Daniel in Amsterdam fällt.[60] Und was für Werke! Sie stehen heute noch mit ihren feingestochenen Titeln, ihrem niedlichen Duodez- und Sedezformat, ihrem vortrefflichen Papier, ihren reinen Schriften und ihrem korrekten Text unübertroffen da. Ihr Typengießer Christoph van Dyck ist einer der größten Meister seiner Kunst, ihre Textkritiker gehören zu den ersten Gelehrten des damaligen Europa, wie Daniel und Nikolaus Heinsius, Holstenius, Voß, Gruterus u. a. Die Elseviere druckten in allen, am liebsten aber in kleinen Formaten. Ihr Cäsar in Folio (1635) ist ein Prachtwerk ersten Ranges, ihre Quart- und Oktavausgaben sind ebenso musterhaft wie ihre Klassiker in Duodez. Die erste (Folio-)Ausgabe des „Corpus juris“ gilt als das schönste aus den Pressen des amsterdamer Hauses hervorgegangene Buch. Zu den alten Klassikern, welche eine Bibliothek für sich bilden, kamen nun noch Werke der schönen Litteratur, wie Boccaccio, die französischen Dichter Corneille, Racine und Molière, Romane und Schriften von Balzac etc., staatsrechtliche Untersuchungen von Machiavelli, Hugo Grotius und Milton, Geschichtswerke von Brantome, Frossard und Sleidan, politische Pamphlete, religiöse und philosophische Schriften von Erasmus, Melanchthon und Calvin, Baco, Descartes und Hobbes, holländische und französische Prachtbibeln in Folio, Wörterbücher und Grammatiken, zehn verschiedene Ausgaben der Justinianischen Institutionen und zwei Ausgaben des vollständigen „Corpus juris“, deren erste oben angeführte in Folio und deren zweite in Octav innerhalb eines Jahres (1663/1664) aufeinander folgten. Jeder neue Verlagsartikel der Elseviere galt als ein Ereignis in der gelehrten Welt, und wurde es daher – trotz ihrer schon betonten Schäbigkeit betreffs des Honorars – als eine große Ehre angesehen, von ihnen verlegt zu werden.

Während die alten Pedanten in Holland und Deutschland, wie De Put, Nikolaus Heinsius und Joh. Fr. Gronovius, die Elseviersche Ausstattungsweise als zu glänzend und üppig tadeln, können sich andere hervorragende Schriftsteller in ihrem Lobe über den Geschmack und die [517] Handlichkeit dieser Ausgaben kaum erschöpfen. So nennt der straßburger Professor Mathias Bernegger 1635 in der Vorrede zu seiner Übersetzung des Galilei’schen Weltsystems die Elseviere die größten und verdientesten aller Buchdrucker, und Galilei selbst huldigt 1638 in der Vorrede zu seinen „Discorsi“ der Einsicht und denn feinen Kunstsinn seiner holländischen Verleger.

Die Preise ihrer Verlagswerke, namentlich der alten Klassiker, waren übrigens durchaus nicht hoch. Ein Bändchen von etwa 500 Seiten, wie der Virgil von 1636, der Plinius von 1640 und jeder Band des Cicero von 1642 kostete nur einen holländischen Gulden (1 Mark 70 Pfennige.) Dieser Preis steigt und fällt natürlich, je nach dem Umfang des Buchs. So wurde der Curtius von 1633 zu 1 Mark 36 Pfennige, der Sallust, Terenz und Florus zu je 1 Mark 25 Pfennige verkauft, während sich die größere Ausgabe des Plinius von 1635 und die des Livius in je drei Bänden zu je 4 ½ Gulden angesetzt finden. Selbstredend darf man bei der Umrechnung dieser Preise die seitdem verringerte Kaufkraft des Geldes nicht übersehen. Über die Höhe der Auflagen schweigen die Quellen; sie war natürlich verschieden. Als 1677 Heinsius eine neue Ausgabe des Vellejus Paterculus herauszugeben wünschte, antwortete ihm Daniel Elsevier: er habe zwar noch 500 Exemplare der alten vorrätig, wolle diese aber möglichst schnell abzusetzen suchen; Heinsius möge nur inzwischen die Textrezension fertig stellen. Nun war die erste Ausgabe des Vellejus 1664 auf den Markt gekommen[61]; sie muß aber in hoher Auflage gedruckt worden und dabei sehr gangbar gewesen sein, wenn einerseits 13 Jahre später noch 500 Exemplare davon vorrätig waren, andererseits Daniel sich trotzdem bereit fand, einen Neudruck zu bringen.

Deutsche Bücher haben die Elseviere im ganzen nur 20 verlegt, aber desto mehr in lateinischer Sprache von deutschen Gelehrten veröffentlicht. Die Verhandlungen des Westfälischen Friedens waren zwar in Osnabrück gedruckt worden, aber in so jämmerlicher Ausstattung, daß die Elseviere 1651 eine bessere Ausgabe davon veranstalteten. Ebenso druckten sie 1672 im Auftrage des kunstsinnigen paderborner Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg die „Monumenta Paderbornensia“ mustergültig in Quart. Deutschland war ja damals politisch und geistig so tief gesunken, seine Sprache galt als so roh, daß das Ausland sie gar nicht als vollberechtigt aberkannte, zumal auch die deutschen Duodezfürsten [518] und die vornehm sein wollende Gesellschaft lieber Französisch radebrechten. Letzteres fing gerade an, die Geschäfts- und Umgangssprache der diplomatischen und sogenannten gebildeten Welt zu werden, Lateinisch und Französisch sind daher auch die Sprachen der großen Mehrzahl der Verlagsartikel der Elseviere.

So trug ihr Verlag einen internationalen Charakter und verlangte zu seinem Vertriebe weitgreifender Verbindungen, wobei aber wiederum ihr gleichzeitig in ausgedehntem Maßstabe betriebener Sortimentshandel eine wesentliche Hülfe und Förderung gewährte. Sie besuchten nicht nur die benachbarten Märkte, die Messen von Frankfurt und Paris, sondern dehnten ihre Verbindungen bis in den Norden Europas aus und gründeten eine ständige Niederlassung in Kopenhagen. Bis zu den ersten Jahren des Dreißigjährigen Kriegs hatten die dänischen Buchhändler ihren Bedarf fast ausschließlich von den frankfurter Messen bezogen, oder er war ihnen von Deutschland aus zugeführt worden; der Krieg unterbrach diese Verbindungen. Die Holländer aber kannten die Einträglichkeit des kopenhagener Büchermarkts und suchten ihn jetzt nicht nur für ihren Verlag, sondern auch für ihr Sortiment auszubeuten. Es gelang ihnen dies um so eher, als sie den Wasserweg zur Verfügung und nicht unter den Gefahren des Landwegs zu leiden hatten. Johann Jansson, ein amsterdamer Buchhändler, schickte zunächst in der Person David Zunners (später einer der bedeutendsten Verleger in Frankfurt a. M.) einen Agenten nach Kopenhagen und machte dort so bedeutende Geschäfte, daß die angesessenen Buchhändler 1624 über die ihnen gemachte Konkurrenz Klage erhoben. Wann die Elseviere zuerst nach Kopenhagen kamen, läßt sich nicht genau feststellen; es ist aber eine unbestreitbare Thatsache, daß sie in dem von König Christian IV. in Kopenhagen errichteten neuen Börsengebäude einige Läden mieteten und in diesen ein großes Sortiment ausstellten. Diese Filiale bestand bis etwa 1652; sie gab vortreffliche Spezialkataloge aus, von denen einer aus dem Jahre 1642 noch vorhanden ist. Auch die Königin Christina von Schweden machte den Elsevieren glänzende Anerbietungen, um sie zur Errichtung einer Buchhandlung in Stockholm zu bewegen. Daniel reiste 1650 in Gesellschaft von Nikolaus Heinsius dahin; indessen scheint er das Unternehmen nicht lohnend genug gefunden zu haben und ging nicht darauf ein, sondern bediente sich später für die geschäftlichen Beziehungen der Vermittelung des stockholmer Buchhändlers Curio.

[519] Kurz, die Elseviere hatten überall ihre Augen, wo es etwas zu verdienen gab; aber so groß auch ihre Energie und Einsicht, war der innere Grund ihres Erfolgs bestand doch darin, daß sie über dem Kleinsten nie das Größte und über dem Größten nie das Kleinste übersahen. Ihr Blick haftete nicht ängstlich am Einzelnen, sondern wurde von allgemeinen Gesichtspunkten geleitet. So behandelten sie denn auch den unbedeutendsten Vorteil mit derselben eingehenden Sorgfalt, wie das wichtigste Unternehmen. Einer neuen Ausgabe des Cornelius Nepos z. B. widmeten sie verhältnismäßig dieselbe gewissenhafte Aufmerksamkeit, wie der Vorbereitung der 1637 in Aussicht genommenen Veröffentlichung der Werke des Prokopius, für deren lateinische Übersetzung sie lange mit Hugo Grotius verhandelten, oder den schon 1638 getroffenen Vorbereitungen für eine Gesamtausgabe der Werke Galilei’s. Wenn sie diese und andere großartige Pläne in der Folge nicht ausführten, so lag die Schuld an äußern, nicht zu bewältigenden Hindernissen. Indessen ließen sie sich selbst durch teilweise Mißerfolge nicht abschrecken, suchten vielmehr stets einen Fehlschlag durch ein erfolgreicheres Unternehmen wieder auszugleichen.

Wie die leydener Söhne und Enkel Ludwig Elseviers, so beschickte auch sein amsterdamer Enkel Daniel regelmäßig die frankfurter Messen. Daniel blieb diesen auch dann noch treu, als sie schon anfingen in Verfall zu geraten. Der Besuch derselben förderte nämlich seine Interessen viel besser, als selbst der Verkehr in Paris, wo der Buchhandel noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts lange nicht die Gerechtsame genoß, deren er sich in Frankfurt erfreute, und wo die fremden Buchhändler nur zu sehr drückenden Vexationen ausgesetzt waren. So war ihnen untersagt, die Märkte von St. Germain und St. Lorenz überhaupt zu beziehen; so durften sie nur ein einziges mal im Jahre kommen, nicht länger als drei Wochen bleiben und ausschließlich nur an Buchhändler verkaufen. Im April 1640 wurden die Elseviere der Übertretung dieser Bestimmungen angeklagt; Johann Elsevier mußte sein Lager schließen und bei Strafe von 100 Livres und unbedingter sofortiger Konfiskation seiner Waren den Verkauf an Nichtbuchhändler einstellen. Daniel war durch den Schaden seines leydener Vetters vorsichtiger geworden, verkaufte gar nicht selbst in Paris, sondern vermittelte seinen Verkehr mit Frankreich durch einen Faktor, der die an ihn geschickten Sendungen von Bordeaux und La Rochelle aus an die Bestimmungsorte beförderte.[62] [520] Daneben besuchte aber Daniel wiederholt Paris, wohin ihn seine alten Beziehungen zogen, hielt sich sogar kurz vor seinem Tode noch sechs Wochen dort auf.

In der französischen Hauptstadt gebildet und im geistigen Verkehr mit dortigen wissenschaftlichen Größen herangewachsen, vereinigte er die besten Eigenschaften des Gelehrten mit der Umsicht und Erfahrung des Kaufmanns. Als Schriftgießer, Drucker, Sortimenter und Verleger stand er (1655 bis 1680) an der Spitze eines der größten buchhändlerischen Geschäfte und hob dieses durch seine überall eingreifende kluge Thätigkeit trotz der Kriege auf eine noch stolzere Höhe, als es vorher eingenommen hatte. In den Jahren 1665 bis 1667 spielte der Krieg zwischen England und den vereinigten Provinzen; 1672 aber fiel Ludwig XIV. in das Land ein und erst 1678 kam es zum Frieden. Daniel ließ sich jedoch durch diese dem Büchermarkte so ungünstigen Zeiten nicht abschrecken und verlegte zwischen 1667 und 1672 mehr als 100, von 1675 aber bis 1680 an 90 Werke. Ihm zur Seite standen allerdings tüchtige Mitarbeiter, wie der Deutsche Jakob von Zetter (Zetterus), welcher noch nach dem Tode des Chefs bis zur Auflösung des Geschäfts in diesem aushielt, und der Baseler Heinrich Wettstein, welcher sieben Jahre, 1669 bis 1676, in Elsevierschen Diensten stand, im letztgenannten Jahre heiratete, sich dann selbständig in Amsterdam niederließ und sich zu großer Bedeutung emporarbeitete. Diese beiden Gehilfen besuchten abwechselnd oder auch gemeinschaftlich die frankfurter Messen, welche das Erlöschen der Elsevierschen Firma empfindlicher fühlten als manche andern harten Schläge, die sie schon um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts mehr und mehr zur Bedeutungslosigkeit herabdrückten.

John Locke nannte mit Recht den Tod Daniel Elseviers einen öffentlichen Verlust. Mit ihm wurde zugleich das Prestige und die unbedingte Überlegenheit der holländischen Druckerthätigkeit zu Grabe getragen. Ziemlich gleichzeitig mit Daniel Elsevier starben nämlich Johann Blaeu (1673), die Steucker und Jansson von Waesberghe (1681), Abraham Wolfgang (1693) und wenig später der letzte Hack. Der Elseviersche Verlag brachte auf der im Juli 1681 abgehaltenen Auktion 120000 Gulden = 204000 Mark, während das aus 20000 Bänden bestehende Sortimentslager (Bibliopolium, Librairie ancienne et moderne) ein ziemlich befriedigendes Ergebnis lieferte. Der Glanz des Elsevierschen Namens erlosch [521] mit ihm. Abraham, der letzte Buchhändler seines Namens (1681 bis 1712), vernachlässigte das ererbte Geschäft. Er verlegte kein größeres Werk mehr und ließ seine Druckerei verfallen. Als Universitätsdrucker stellte er zwar vom Juli 1681 bis zu seinem 1713 eintretenden Tode die große Zahl von im ganzen 1899 Dissertationen her, aber bei dem nun erfolgenden Verkaufe brachte die Druckerei mit ihren abgenutzten Schriften kaum 2000 Gulden.[63] Ein kläglicher Abschluß für die einst so große und berühmte Firma!

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Wattenbach, W., Das Schriftwesen des Mittelalters. 2. Aufl. Leipzig 1875. S. 476.
  2. Schmidt, C., a. a. O. S. 155.
  3. Pallmann, H., im Archiv IX, 240. 241.
  4. Schmidt, C., a. a. O. S. 81.
  5. Steiff a. a. O. S. 13. 14.
  6. Archiv f. d. Geschichte d. deutschen Buchhandels. II, 59. 60.
  7. Daselbst IV, 215.
  8. Daselbst II, 58. 59.
  9. Daselbst II, 61.
  10. Kirchhoff, Beiträge. II, 148.
  11. Tychsen, Geschichte der Universitätsbibliothek in Rostock. Rostock 1790. S. 26.
  12. Schmidt, C., a. a. O. S. 172. 182. 191.
  13. Willems. A., Les Elzevier. Bruxelles 1880. S. XLVII.
  14. Schott, Th., im Archiv II, 244–251.
  15. (Vögelin,) Christoph Froschauer, erster berühmter Buchdrucker in Zürich. Zürich 1840. S. 8.
  16. Schumacher, A., Gelehrter Männer Briefe an die Könige in Dänemark, vom Jahre 1522 bis 1663. 1. Tl. Kopenhagen 1758. S. 201.
  17. Archiv. II, 57.
  18. Daselbst IX, 97.
  19. Pallmann, H., Ein Meßregister Sigismund Feyerabends aus dem Jahre 1565, im Archiv. IX, 5–46, und Bemerkung von A. Kirchhoff dazu S. 242. 243.
  20. Archiv II. 38.
  21. Daselbst VIII, 41–43.
  22. Daselbst VI, 263. 264.
  23. Daselbst II, 62.
  24. Nach Excerpten A. Kirchhoffs aus dem leipziger Stadtarchiv. (In der Bibliothek des Börsenvereins.)
  25. Archiv VI, 112.
  26. Daselbst II, 57–62.
  27. Das Original befindet sich jetzt durch die Liberalität des Herrn Kommissionsrat H. Klemm in Dresden in der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.
  28. Archiv II, 48. 51. 54.
  29. Über die Meßkataloge überhaupt vergl. Gust. Schwetschke, Codex nundinarius Germaniae literatae bisecularis. Halle 1850. Fol.
  30. Archiv VII, 84.
  31. Daselbst VI, 74.
  32. Der Titel dieses ersten Meßkatalogs lautet: Novorum librorum, quos nundinae autumnales, Francoforti anno 1564 celebratae, venales exhibuerunt, Catalogus. Adexterorum Bibliopolarum, omniumque rei Literariae Studiosorum gratiam et usum coëmpti, & venales expositi: Augustae in officina libraria Georgij Vvilleri, civis & Bibliopolae Augustani. Inserti sunt his nonnulli, ijdemque perpauci vetustioris editionis libri, ob raram corum & insignem utilitatem commendabiles & iam multoties à doctis viris expetiti. Anno a salutifero Virginis partu, M.D.LXIIII. (19 Seiten 4.) Eins der bekannten 4 Exemplare dieses Katalogs besitzt die Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler in Leipzig, deren Sammlung von Meßkatalogen wohl die bis jetzt vollständigste sein dürfte.
  33. Pallmann, H., Sigismund Feyerabend. S. 82.
  34. Schwetschke a. a. O. S. XIV.
  35. Vergl. den betreffenden Bericht des Syndikus Dr. Kaspar Schacher bei Schwetschke S. XV–XVII.
  36. Pallmann a. a. O. S. 86.
  37. Index novus librorum in primis catholicorum theologorum, tum aliorum quoquè celebriorum auctorum quarumquè facultatum & linguarum, causas religionis tamen non tractantium. Qui in isto semestre undecunque vel omninò novi, vel denuò Forma, seu Loco, à prioribus editionib. diversi, vel accessione aliqua locupletiores, in lucem prodierunt, pro Italia, Hispania, Iaponia, Francia, Polonia, Hungaria, Bohemia &c. aliisque Catholicis Regnis & Provinciis recens confectus: Mandato speciali S. Sedis Apost. & Sacrae Caes. Maiest. Impressus Moguntiae apud Balthasarum Lippium, Anno Christi M.DC.XI. 34 Seiten 4., die letzten 4 Seiten ein alphabetisches Namenregister der Autoren enthaltend. (In der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.)
  38. Index autumnalis librorum (u. s. f. wie vorstehend, bis tractantium). Qui a tempore vernali usque ad hoc autumnale, Anni Christi 1615 undecumque vel omninò novi. vel denuò forma seu loco à prioribus editionibus diversi, vel accesione aliqua locupletiores prodierunt: ad commodum Reipub. Christianae, et plerarumque Provinciarum utilitatem confectus. Mandato speciali Superiorum. Impressus Francoforti apud Wolffgangum Richterum. M.DC.XV. 19 Bl. 4.
  39. Schwetschke a. a. O. S. XIX.
  40. Catalogus. Hoc est designatio omnium librorum qui hisce nundinis et sequentibus in nova Officina Henrici Krôneri prostabunt. (4 Seiten 4. In der Bibliothek des Börsenvereins der deutschen Buchhändler.)
  41. Schwetschke a. a. O. S. XX, Anm. 23.
  42. Beide Ausgaben in der Bibliothek des Börsenvereins. Über Näheres vergl. Archiv IX, 244–250.
  43. Kirchhoff, A., Die Anfänge des leipziger Meßkatalogs. (Archiv VII, 101–122.) Derselbe, Weiteres über die Anfänge des leipziger Meßkatalogs. (Archiv VIII, 22–27.)
  44. Archiv IX, 171. 96.
  45. Die Gebrüder Johann und Heinrich Stern in Lüneburg sagen in einer Eingabe an den Herzog von Braunschweig vom 29. Juli 1637, daß sie sich „alß ehrliche handelsleuthe, ohne Ruhm, Gott zu ehren, vndt dem Evangelischen wesen zu dienst, der Kunst Drückerey befließen“, und in einer frühern vom 16. Februar 1630: „Weiln nun gleichwol einmahl gewiß, das wir, ohne vppigen rhumb zumelden, alle vnser vermögen auff die Buchtrückerei gewandt, alles auff guet Papir, in bequemer form, gar correct, mit offt vmbgegoßen, vnd verenderten scharffen Typis, zu Mennigliches satisfaction, leserlich, vnd schön trücken laßen, auch darbei mit vngeziemender vnChristlicher vbersetzung vnsers negsten, vnsere vnuerandtworttliche zugenge nicht, sondern vielmehr aus Christlicher Deuotion, vnd liebe der Kirchen, Schulen, vnd des gantzen Euangelischen wesens nutz, vnd frommen gesuchet, vnd, vnserm schlechten, geringen vermögen nach, vortgestellet, Inmaßen wir dan solche vnsere Christliche jntention, noch vmb so viel desto mehr öffentlich zu contestiren, die vnß biß anhero häuffig angestalte Politische Bücher, die vnß sönsten, gleichsamb vnter den henden, wol hetten wegkgerißen, vnd wir vnß dadurch innerhalb kurtzer Zeitt nicht weniger alß andere gethan, mit ehren, vnd guetem titull, bereichen können.“ (Archiv VIII, 68.)
  46. Archiv I, 83.
  47. Daselbst VIII, 69.
  48. Daselbst IX, 171.
  49. Daselbst I, 82.
  50. Kirchhoff, Beiträge. II, 126.
  51. Archiv VIII, 67. 69. 73.
  52. Daselbst VIII, 66–73.
  53. Daselbst VIII, 88.
  54. Rooses, M., Christophe Plantin, imprimeur anversois. Anvers 1882.
  55. Willems, A., Les Elzevier. Bruxelles 1880. p. X–XII.
  56. Daselbst S. XLVI–XLVIII.
  57. Daselbst S. CXXXIX.
  58. Daselbst S. CLVIII.
  59. Daselbst S. CLXXXII.
  60. Daselbst S. LI.
  61. Daselbst S. CXVIII.
  62. Daselbst S. LXXIII. LXXIV.
  63. Daselbst S. CCXLVI. CC. LI.