Gemein-Nachrichten 1765,2
war zur gewöhnlichen Zeit die Amts-Communion und Communion-Liturgie.
In der Gemein-Versammlung Abends um 7 Uhr hielt Bruder Joseph eine gesalbte Rede über die heutige Loosung: Tretet doch her zu mir; und sie traten herzu.
Vom Choro wurde vorher die unsern Gemeinen vom Synodo her noch besonders eindrückliche Loosung vom 29tn Aug. vorigen Jahres: Ich bin Joseph euer Bruder p. musicalisch abgesungen.
Um 9 Uhr war die Liturgie [2] mit dem Te Abba[WS 1], und zum Schluß derselben traten Geschwister Melchior Tills u. die Schwester Krügelsteinin als Gemein-Jünger von Herrnhuth ein.
war eine Conferenz über die Besetzung von Neusalze. Es wurden verschiedene Ehe-Paare dahin ausgemacht u. unser lieber Bruder Lieberkühn vom Heyland zum dasigen Ordinario ernannt.
Bruder Gneuß, der in diesen Tagen aus Schlesien retournirte, hat den Bruder Klose von Gnadenbergel, der vor die Zeit sich der ledigen Brüder daselbst annehmen wird, mit noch 6 ledigen Brüdern hinbegleitet u. die Chormäßige Einrichtung der dasigen 14 ledigen Brüder in einem der neu erbauten Häuser veranstaltet.
Aus Liefland bekamen wir Nachricht, daß unser lieber Bruder v. Stackelberg mit der Schwester Helena v. Vittinghof getraut worden.
war Gemein-Tag, zu deßen Anfang um 8 Uhr die Gemein-Litaney gebetet u. in derselben die [3] vorige Woche getrauten 2 Paare Johann Christian Quandts u. Johann Joachim Wiers namentlich eingeschlossen wurden.
Bald darauf versammlete sich die Gemeine zum ersten Theil der Lection. Zuerst wurde gesungen: Der Geist der Zeugen ruht auf den Gemeinen p. Gnade u. Kräfte gibt Er ohne Maaße p. Darauf verlas Bruder Johannes:
Wir hoffen, daß unser leztes Schreiben aus Lübeck vom 3tn May richtig wird angekommen seyn. Der liebe Heyland hat uns so gnädig u. glücklich geleitet, daß wir nicht völlig 8 Tage auf der See zugebracht haben, u, gegenwärtig haben wir das Vergnügen, euch aufs zärtlichste aus Petersburg in Jesu lieber Nähe zu grüßen u. zu küßen. Er, unser bester u. liebster Freund, der ins Herze sehen kan, weiß, was unser Wunsch u. Verlangen war, da wir in diesem Lande ankamen. In Lübeck mußten wir 14 Tage [4] wegen des Windes warten, u. nachdem wir etliche Tage in Travemünde zugebracht, wurden wir ans Schiff gerufen. Der Wind änderte sich aber sogleich u. wurde uns contrair, so daß wir allda noch 9 Tage liegen mußten. D. 20tn May gegen Abend wurde der Wind gut, u. des andern Tages Morgens um 3 Uhr gingen wir unter Segel. Der Wind war bald gelind, bald stark, bis wir d. 29tn auf der Rhede von Cronstadt vor Anker kamen. Wir waren von Herzen froh u. unserm lieben HErrn dankbar, weil eine lange See-Reise durch 52 Passagiers auf einem nicht gar zu großen Schiffe sehr beschwerlich worden wäre. 34 von ihnen waren Colonisten, alle aus Frankreich u. verstunden kein deutsch. Nachdem wir des Zolles wegen fast 3 ganze Tage nicht vom Schiffe gehen dürfen, so kamen wir in der Nacht zwischen d. 31tn May u. 1tn Jun. in des Bruder Koehlers Hause bey unsern lieben Geschwistern Friessens u. Westmann gesund und wohlbehalten an. Sie nahmen uns in vieler Liebe auf, u. den [5] folgenden Tag wurden wir in das vor uns von ihnen schon bestellte Logis bey Geschwister Ferbers gebracht. Wir fingen gleich mit vielem Vergnügen unsere Morgen- u. Abend-Liturgien an, u. der liebe Heyland bekannte sich eben so dazu, als wir es bey Lübeck u. Travemünde in den Gebüschen u. auf den Feldern schon genossen hatten. Nachdem wir ein wenig ausgeruhet hatten, so übergab uns Bruder Fries die vom Directorio für uns abgefaßte u. versprochene Instruction. Nachdem ich selbige etlichemal mit Attention u. Vergnügen durchgelesen, so kamen auf unser Verlangen die Brüder Fries u. Westmann auch zu uns, um mit uns gemeinschaftlich diese nach unser aller Herzen aufgesezten Puncte vorlesen zu hören. Wir hielten bey dieser Gelegenheit über verschiedene Sachen, die uns anlagen, eine ausführliche Conferenz, in welcher auch ausgemacht wurde, daß wir Morgen als am 4tn Jun. ins Allerheiligste gehen wolten, um mit Jesu theurem Leichnam u. Blute u. zwar zum erstenmal in diesem [6] Lande, sacramentlich gespeist u. getränkt zu werden. Wir freuen uns alle darauf, weil es uns lange deucht, daß wir kein AbendMahl gehabt haben.
Wie lang oder kurz die Zeit unsers Aufenthalts hier währen möchte, wißen wir noch nicht. Es scheint aber doch vor die Zeit so, daß es nicht gar zu lange werden würde. Wir alle, Mann vor Mann, grüßen insgesammt mit vieler Zärtlichkeit alles, ja alles. Unser lieber HErr wird Sein Herze ferner mit uns seyn laßen; denn wir sind ja Seine Leute, die auf Ihn sehen.
Wir haben bey eurer Abfertigung versprochen, euch noch eine Instruction nachzusenden, u. da wollen wir euch hiedurch in Jesu Nähe aufs zärtlichste küßen u. euch folgende Puncte melden:
1.) Ihr seyd vom Heyland dazu gesandt, daß ihr die 2te Gemeine, die Er von der erneuerten Brüder-Kirche [7] in Asien pflanzen will, anfangen sollt. Die Gegend, die Er uns dazu angewiesen, ist im Königreich Astracan, zwischen der Hauptstadt des Landes u. Czarizin, u. zwar näher nach dem lezteren Orte zu. Ihr habt unser Herz bey der Abreise gefühlt. Unser Gebet u. Segen wird euch auf eurer Reise begleiten, u. wenn ihr an Ort u. Stelle seyd u. einen Platz zum Etablissement auszusuchen habt, auf euch ruhen bleiben.
2.) Von dem, was noch vor eurer Abreise von St. Petersburg zu thun ist, hat unser Bruder Fries, der als Agent der Brüder-Unitaet dahin abgegangen ist, eine ausführliche Instruction, u. wir finden nicht nöthig, etwas davon hier zu wiederholen. Der Heyland gebiete ihm, daß er glücklich sey u. alles fein bald zu stande komme, damit ihr euch daselbst nicht zu lange aufhalten dürfet, sondern beyzeiten auf euren bestimmten Platz kommet. Wandelt indeß, so lang ihr in Petersburg seyd, würdiglich dem Evangelio, daß ihr daselbst u. an den Orten, wo [8] ihr durchreiset, ein guter Geruch werdet; denn man wird gar sehr auf euch sehen.
3.) Haltet euch auf eurer Reise als eine geschloßene Gesellschaft zusammen; u. wenn sich dazu Zeit u. Gelegenheit findet, so unterlaßt nicht, eine Liturgie oder andere schickliche Versammlungen zu halten. Es wird gut seyn, wenn die Menschen, die euch sehen, den Eindruck von euch krigen, daß die Brüder ein devotes Volk sind, das seinen Heyland lieb hat.
4.) Wenn ihr in die Gegend kommt, wo ihr euch niederlaßen sollt; so wünschen wir, daß die Aussuchung des Platzes zum Etablissement so viel möglich von euch allen geschehe u. ihr wenigstens alle zugegen seyd, wenn der Ort determinirt wird.
5.) Habt ihr das Plätzgen gefunden, wo der Heyland den künftigen Gemein-Ort haben will; so ist wol das erste, daß ihr sorget, daß ihr unter Dach kommet: leget aber alles gleich so an, daß aufs künftige nichts verschnitten wird, [9] sondern schon zum voraus alles gehörig bedacht werde.
6.) Ihr unter einander richtet euch gleich Gemeinmäßig ein, so klein auch eure Anzahl ist. Weyhet dem Heyland euren Platz mit Gebet u. Thränen, u. bittet Ihn, daß Er in eurer Mitte, so wie Er in Seiner Gemeine gewohnt ist, wandele u. euch alle Tage besuche, segne u. salbe. Fanget auch gleich eure Haus-Liturgie u. Versammlungen, Morgen- u. Abendsegen an, u. laßet das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen.
7.) Vor allen Dingen laße sich ein jeder anliegen, daß er im Special-Umgang mit dem Heyland im rechten Gange sey u. bleibe, u. nie eine Fremdigkeit zwischen Seinem u. eurem Herzen werde. Wir rathen euch daher, daß ihr zu dem Ende bald das Stunden-Gebet einrichtet u. ein jeder Bruder alle Tage eine Stunde dazu aussetze, über sein Herz, eure Colonie u. die ganze Kirche Jesu mit dem Heyland auszureden. Er schütte Seinen Geist u. Feuer auf dieses kleine Chor, u. salbe euch zu Seinen Priestern.
[10] 8.) Wir können euch nicht verhalten, daß ihr in ein Land kommt, wo der Fürst der Finsterniß noch große Gewalt hat u. er nicht so gebunden ist als anderwärts. Auf solchen Posten müßen sich die Diener Jesu gar nahe zu ihrem HErrn halten, sich unter einander veste zusammen schließen u. nicht aus ihrer Vestung weichen; sonst sind sie in Gefahr u. können in unselige Umstände gerathen.
9.) Wir bitten dahero unsern lieben HErrn angelegentlich, daß Er euch in wahrer Liebe, Einigkeit u. Herz-Vertraulichkeit nach Seinem Gebet Joh. XVII. zusammen erhalte, u. keine Trennung der Geister unter euch vorkomme. Vergebt einander balde, u. laßt nichts alt werden, u. redet fleißig mit einander aus.
10.) Besonders thut solches vor einem jeden AbendMahl. Der Heyland wird euch sodann eben das dabey genießen laßen, was wir in der Gemeine in dem Sacrament so seliglich erfahren.
11.) Wenn ihr Conferenz habt; so sey ein jeder mit der gehörigen [11] Awe u. Gegenwärtigkeit des Gemüths vor dem Angesichte Jesu dabey, damit Er sich zu euch neige u. euch nach Seinem Herzen rathe.
12.) Die Wochen u. Nachrichten leset fleißig mit einander. Ihr werdet von diesem Jahre an dieselben ordentlich bekommen. Seyd auch in der Ferne darauf attent, was der Geist den Gemeinen saget, auf daß ihr mit der Gemeine in allerley Gnade u. Erkenntniß fortwachset u. nicht etwa zurückbleibet. Wir empfehlen euch auch noch besonders die Lection der Reden des seligen Jüngers[WS 2], in denen unsere Gemeinen eine so selige Weide finden.
13.) In den dortigen Landen hat in specie der Geist der Unreinigkeit gar eine große Macht, u. die fleischlichen Sünden sind eine allgemeine Seuche. Daher habt ihr über die heiligen Chor-Principia zu halten u. euch insonderheit vor dem weiblichen Geschlechte in Acht zu nehmen, damit nicht etwa jemand durch Betrug der Sünde falle u. den Heyland, sich u. uns betrübe. Bewahret eure Seelen keusch u. [12] eure Leiber als Christi Glieder u. Tempel des heiligen Geistes. Er hat euch ja dahin gestellt, Er siegle euch der Sünde nu u. aller Noth der Erden zu.
14.) Den Bruder Daniel hat der Heyland zum Interims-Oeconomo der neuen Colonie in Astracan ernannt. Er wird sich also des Ganzen im innern u. äußern annehmen. Zugleich ist er auch der Chor-Pfleger der ledigen Brüder, an den sich die andren Brüder in Herzens- u. Banden-Sachen halten. Er besorgt die Liturgien, Versammlungen u. das heilige Sacrament.
15.) Wir haben unserm lieben HErrn herzlich gedankt, daß Er uns den Bruder Westmann dazu geschenkt hat, daß er euch begleite u. eure erste Einrichtung besorgen helfe. Er ist mit Colonie-Sachen u. Anlegung neuer Etablissemens bekannt u. wird euch mit Rath u. That assistiren können. So lange er bey euch ist, wird er das Amt eines Vorstehers besorgen, u. wenn er den ihm beschiedenen Theil gethan hat, wieder zu uns kommen u. von allen Umständen mündliche Nachricht bringen. Bis dahin wird es wol mit der Versendung von mehreren [13] Geschwistern Anstand haben.
16.) Wegen eurer äußern Einrichtung sind wir noch nicht im Stande euch viel Instructiones zu geben, weil uns die Umstände des dortigen Landes zu wenig bekannt sind. Der Heyland wolle euch auch darinne mit Seinen Augen leiten. In den Conferenzen, die wir mit Bruder Fries u. Westmann u. nachher mit Bruder Daniel gehalten, ist alles das enthalten, was wir euch vor die Zeit sagen können.
17.) So wie es bey dem Anfang aller unsrer Colonien bisher gewesen ist, so wird auch eure Oeconomie zuerst eine gemeinschaftliche Haushaltung seyn, von der alle Brüder mit dem nothdürftigen besorgt werden, da auch das, was ein jeder verdient, der Commun gehört. Ihr seyd auch in der Idee von uns abgefertiget worden, u. der Heyland wird es euch zum Segen anschreiben, wenn ihr auch im äußern alle Treue beweiset u. ein jeder seine Arbeit als dem HErrn Christo thut u. keiner sein Privat-Interesse sucht, sondern jeglichem das Beste des Ganzen [14] am Herzen liegt. Unterlaßet auch nicht, mit einander Haus-Conferenzen zu halten.
18.) Richtet gleich von Anfang, ja von Petersburg aus, eure Haushaltung aufs menagirlichste ein, u. suchet alle unnöthige Ausgaben zu ersparen; wenn euch auch von der Kayserin alles, was ihr nur verlanget, vorgeschoßen werden solte, so müßt ihr doch um deswillen, daß ihrs haben könnt, keinen Rubel oder Copecken mehr ausgeben u. auf das Conto Schulden machen. Denn es kommt doch einmal die Zeit, da es von euch oder der Gemeine wieder bezahlt werden muß, u. es läuft alles auf Rechnung der Colonie. Eine unbesonnene Oeconomie der ersten Anfänger der Colonie macht es den Nachkommenden schwer, bringt deren Seufzer auf sie u. ruinirt den Segen u. Gnade, der sonst auf ihnen ruhen würde.
19.) Wenn ihr an eurem Orte seyd, so sehet euch die Umstände des Landes recht an, was da vor Professiones u. andere Nahrungs-Mittel gehen; hütet euch vor unzeitigen, weit [15] aussehenden u. halb unmöglichen Projecten, die Zeit u. Unkosten erfordern, u. da am Ende doch nichts heraus kommt als Schaden. Es werden wol allerley Praesentationes kommen; überlegt ja alles gut, ehe ihr in etwas entrirt. Hütet euch insonderheit, in eine Handlungs-Compagnie mit jemand ausser euch zu treten.
20.) In dem Commercio u. allem Handel u. Wandel, beweiset euch als die Diener Gottes. Richtet euch aufs pünctlichste nach den Landes-Gesetzen, u. vermeidet allen bösen Schein, als ob Unrichtigkeiten unter euch vorkommen könten. So muß von euch z. E. kein Contraband-Handel oder verbotene Waaren, oder Vervortheilung der Accise oder Zölle je gehöret werden. Ein Bruder, der dergleichen thut, versündiget sich so wol an seinem HErrn, der uns befohlen hat, der Obrigkeit unterthan zu seyn, als auch an seinem Volke, der Gemeine, der er dadurch eine Schmach zuzieht u. sie um ihren guten Namen bringt.
21.) Weil in Rußland der Mißbrauch des starken Getränkes eine [16] fast allgemeine Gewohnheit ist, so wollen wir euch davor aufs allerernstlichste warnen u. euch bitten, darinnen auf euch selbst u. auf einander Acht zu haben. Wie manches gutes Gemüth ist dadurch an Leib u. Seele ruinirt u. in die größten Sünden gebracht worden. Erwehlet unter euch einen Bruder, der darinnen exemplarisch ist, daß er den Wein, Brandtewein p. in eurem Hause unter seiner Hand habe u. das nöthige ausgebe.
22.) Gegen alle obrigkeitliche Personen bezeiget euch ehrerbietig u. zutraulich; laßt euch aber ja nicht in zu große Familiaritaet ein: denn dadurch kan man, ehe man sichs versieht, in Sachen gezogen werden, da man nicht mehr zurück kan, ohne Feindschaft zu erregen.
23.) Das merket euch auch insonderheit, wenn euch ein Kayserlicher Commissarius mitgegeben werden solte.
24.) Solte euch von der Miliz eine Begleitung zugeordnet werden, so wol auf der Reise, als in der neuen Colonie; so behandelt [17] sie liebreich; sucht sie durch Wohlthun zwar zu gewinnen, aber so, daß auch daraus kein Mißbrauch entstehe u. sie, wenn ihr zu weit gegangen u. nicht in der Maaße continuiren könnt, grob u. wild werden u. es erzwingen wollen. Da wir auch Exempel haben, daß mancher Bruder aus guter Meynung sich mit solchen Leuten zu nahe eingelaßen u. sich schwere Umstände dadurch zugezogen hat; so merkts euch zur Regel, sich nicht zu familiair mit ihnen zu machen.
25.) Die deutschen u. andern protestantischen Ausländer werden euch wol als Landsleute u. auch wol als Religions-Verwandte ansehen, u. wie es in dergleichen fernen Gegenden Gewohnheit ist, eure Bekanntschaft und Freundschaft suchen; u. wir sind nicht ohne Hofnung, daß euch der Heyland an manchen unter ihnen zum Segen setzen wird. Es sind aber ordinair dergleichen Leute, sonderlich wenn sie sich schon länger in solchen Ländern aufgehalten haben, sehr verdorben u. nach dem Genio des Landes formirt. Darauf müßt ihr attent seyn, daß sich [18] nichts dergleichen in euch flechte. Ist ihnen mit dem Evangelio gedient, so könnt ihr ihnen den Tod des HErrn verkündigen u. euch ihrer annehmen, aber vorerst doch nicht anders, als auf Diaspora-Fuß; u. es muß euch nicht einfallen, sie in die Gemeine aufzunehmen oder zum AbendMahl zu admittiren.
26.) Krigt ihr Gelegenheit, mit den neuen Colonisten in Saratow umzugehen u. in Bekanntschaft zu kommen, so beweiset ihnen alle Liebe u. Freundschaft u. suchet ihr Bestes zu befördern. Unsern lieben Jannet sehet als euren Bruder an, tröstet u. unterstützet ihn in seinem Amte mit eurem Gebet u. guten Rath. Er muß sich zwar hüten, daß er nichts thue, was seinem Amt u. Character nicht gemäß ist; es ist aber doch eine große Differenz zwischen dem, was ein Prediger, der unter einem Consistorio in Deutschland stehet u. eingeschränkt ist, u. zwischen dem, was ein Prediger auf so einem Posten thun kan.
27.) Was wir euch wegen Bruder Rentels, desgleichen wegen der Brüder Brandt [19] u. Busch zu sagen gehabt, haben wir mit Bruder Daniel abgeredet. Mit ersterem gehet mit Liebe u. Respect um. Er wird willig seyn, euch zu dienen, u. ihr werdet seinen Rath vermuthlich in manchen Dingen brauchen können, weil er mit den dortigen Umständen bekannt ist. In sein äußerliches Negotium laßet euch aber nicht ein, führet mit ihm richtige Rechnung über alles, was ihr von ihm bekommt. Bruder Brandt ist euer Agent in Astracan, an den ihr euch addressiret, wenn ihr daselbst was zu thun habt. Mit Bruder Busch bleibet ihr in herzlicher Connexion u. Correspondenz u. betet für ihn, daß ihn der Heyland in Astracan segne. Wenn er aber nicht solte daselbst gebraucht werden, so kommt er zu euch.
28.) In Ansehung der Rußischen Nation ist unser Wunsch, daß ihr euch so wol auf eurer Reise, als dem Orte eures künftigen Aufenthalts so betragen möget, daß ihr in jedermanns Gewißen, der mit euch aus dieser Kirche bekannt wird, das Zeugniß habt, daß [20] ihr Leute des Heylands u. ein eigenes Volk Gottes seyd. Den Grund der Hofnung, die in euch ist, könnt ihr, wenn ihr von jemand drum befragt werdet, darlegen u. Gottes Menschwerdung, Marter u. Tod bekennen. Aber hütet euch aufs sorgfältigste, euch mit Rußen in Dispute über Religions-Sachen einzulaßen u. das geringste gegen ihre Principia, Kirchen-Verfaßung u. geistliche Personen zu reden. Ihr habt keine Notiz davon zu nehmen, wenn sich leztere in ihrem Wandel auch noch so schlecht aufführen. Wir ehren die Rußische Kirche als eine alte Kirche u. beten vor sie, daß der heilige Geist auch in derselben sich kräftig beweisen u. viel tausend Herzen durch Jesu Blut selig machen möge. Was der Heyland in künftigen Zeiten an derselben thun will, u. ob ihr nicht eine eigene Gnaden-Heimsuchung bevorsteht, das überlaßen wir Ihm; uns liegts nur an, daß wir Ihm mit Wort u. That nichts verderben mögen. Es ist in der Rußischen Kirche die Grundlage gut, u. zu der simplen Geschichte von Gottes Zukunft ins Fleisch, Wunden u. Tod, [21] sagt auch ein rechtschaffenes Rußisches Herz Ja u. Amen.
29.) Ihr trefft auch in der Gegend, wo euch der Heyland hinstellt, ganze Nationen Heyden u. Mahomedaner an. Was ihr nun unter denen thun sollt, darüber können wir euch noch vor die Zeit keine special-Instruction geben. Unser Beruf ist, das Evangelium unter die Nationen der Erden zu bringen, besonders wo Christus noch nicht bekannt ist. Es kommt dabey auf unsern lieben HErrn an, wenn Er Seine Stunde vor eine Nation will schlagen laßen. Geht ihr indeß mit einem nach dem Heyl ihrer Seelen hungrigen Herzen hin, u. wenn ihr Heyden u. Mahomedaner sehet, so betet, weinet u. denket über sie. Ihr werdet wol so bald mit ihnen nicht reden können. Empfehlet sie indeß dem treuen Herzen Jesu, habt sie lieb u. behandelt sie auch äußerlich liebreich. Laßt euch aber nicht mit Presenten an sie auf so eine Weise ein, die ihr nicht continuiren könnet. Man kan aus guter Meynung es in dergleichen Sachen im Anfang verderben, [22] daß man hintennach Kummer u. Noth hat, wieder einzulenken. Da eure Anzahl noch so klein ist, könnt ihr jetzo noch nicht auf Missiones in die Tartarey, nach Persien p. antragen; ihr seyd zum Anfang der Colonie geschickt: aber seyd indeß auf alle Notizen, die euch von den benachbarten Ländereyen in die Hände kommen, aufmerksam u. in specie darauf attent, was ihr vor Spuren von den Friedens-Gedanken des Herzens Jesu über die dortigen Nationen merket.
30.) Wenn ihr Rußen oder Tartarn in eure Dienste zu dem u. jenem Geschäfte nehmet; so behandelt sie so, daß sie, wenn sie wieder von euch wegkommen, eine gute Impression behalten. Ihr müßt euch aber auch wohl vorsehen, daß ihr ihnen nicht zu viel trauet u. sie euch, wies der gewöhnliche Gang unter ihnen ist, betrügen.
31.) Eure Diaria u. Briefe ans Directorium u. die andern Unitaets-Collegia schicket offen an Bruder Fries in Petersburg zu deßen weiterer Besorgung, u. daß er sie auch lese. [23] Es ist nöthig, daß er als unser u. euer Agent von allen gehörige Notiz habe; special- u. Banden-Briefe könnt ihr versiegelt durch ihn an uns schicken.
Nun, lieben Brüder, das ists, was uns euch noch zu melden eingefallen ist. Wäret ihr schon eine Zeitlang dort gewesen und hättet uns von dem dasigen Statu u. eurer Einrichtung Nachricht gegeben; so würden wir uns über manches näher erklären können, als jetzo möglich ist. Der liebe Heyland sey mit euch und segne euch; der liebe Vater im Himmel bewahre u. beschütze euch unter den wilden u. räuberischen Nationen; der heilige Geist leite u. pflege euch; die Gemeine betet für euch, und wir bleiben
Ges. Halte uns in Einem Bande u. laß keines Dir zur Schande seyn in einem fremden Lande p. Daß der Feind den Zeugen-Cronen unter denen Nationen, wo die Brüder drunter wohnen, gar nichts angewinnen mag.
[24] 3.) wurden die in der 25tn Woche befindlichen Briefe der Brüder Dehne, Thomas Jones u. Rudolph Stoll gelesen u. ihnen gesungen: Tragt, o ihr Creuzes-Beuten, durch aller Erden Breiten das Wort von Jesu Todes-Gang.
In der 2ten Versammlung zur Lection wurde zuerst gesungen: Lobet den HErrn alle Heyden, u. preiset Ihn alle Völker!
Sodann communicirte Bruder Johannes:
4.) Das kürzlich eingelaufene Diarium von Saron von den 3 lezten Monaten des vorigen Jahres, nebst einem Briefe des Bruder Grimms, welcher den Beylagen inserirt werden wird. Gott Lob u. Dank! fuhr Johannes fort, daß wir nach so vielen Schmerzen, die wir über Suriname u. die dortige Heyden-Sache gehabt, nun wieder so erfreuliche Nachrichten daher erhalten. Unter dem Indianer-Gemeinlein in Saron waltet wirkliche Gnade, u. wir erwarten daß der Heyland auch das Zeugniß der 2 Brüder, die jezt an der Corentyn sind, segnen u. den Schmerzens-Lohn, den Er sich aus den Arawacken [25] gesammlet hat, erhalten wird. Wenn Er es ferner den Brüdern, die unter die Frey-Neger gehen werden, gelingen u. endlich auch diejenigen, die diese Woche nach Paramaribo abgereist sind, fruchtbar seyn läßt; so wollen wir Ihm ein eigenes Gratias dafür bringen. Ich will also auch bey dieser Gelegenheit das ganze Werk Gottes in Suriname dem Andenken der Geschwister vor dem Heyland empfehlen: denn unsere dortigen Boten haben es gewiß besonders nöthig, daß an sie gedacht wird.
In der Lection folgte
5.) ein Brief von Bruder Balthasar Friedreich aus Copenhagen vom 24tn May 65. an Johannes:
Wir haben die etliche Wochen unsers Aufenthalts allhier von den hiesigen Geschwistern viele Liebe u. Gutes genoßen, u. nun sind sie auch um unser weiteres Fortkommen treulich besorgt. Wir solten anfänglich mit einem Schiffe gehen, welches schon viele Passagiers hatte, der Capitain wolte aber nicht mehrere einnehmen. Nun gehen [26] wir mit einem Schiff, die Jungfer Margaretha genannt, das gar keine hat, welches uns um so viel lieber ist. Es legte heute auf die Rhede aus, u. wir werden also ehester Tagen an Board gehen, obgleich unsere Sachen noch nicht angekommen sind. Mein Anliegen ist, daß sich mein blutiger Marter-Mann zu mir bekennen u. mit Seinen Wunden alle Stunden recht nahe bleiben möge. Ich bin ein armes Wesen, das sich nichts zutrauen kan noch will, bin aber doch aus Gnaden Seine. So will ich denn hiemit in Europa aufs zärtlichste Abschied nehmen; ich gehe mit der Gemeine Segen zu den lieben Schwarzen, u. mein treustes u. bestes Herz sey mir und meinen Brüdern auch auf dieser Reise innig nahe. Ich grüße das ganze Directorium u. bitte mir ferner deßelben Liebes-Andenken kindlich aus.
Bruder Bryant schreibt in einem Postscript: die 3 Brüder sind d. 2tn Jun. vergnügt u. gesund an board gegangen u. abgesegelt.
[27] 6.) Von Bruder Jacob Remin Goettlich[WS 3] aus Copenhagen vom 24tn May. 65. an Johannes:
Dein liebes Briefgen vom 14tn May hat mich sehr erfreut, u. meine Augen gingen mir vor Dankbarkeit über bey dem Gefühl Deiner u. des ganzen Directorii Liebe gegen uns arme Kinder. Meinen 48stn Geburts Tag d. 21tn Apr. feyerte ich recht niedlich mit meinen Brüdern in dem Städtgen Jessen u. empfahl mich aufs neue den treuen Händen meines Heylandes. Zu der Zeit, da in der Gemeine die Litaney gebetet wird, war mir besonders wohl, weil doch da an alle Pilger gedacht wird, zu denen ich aus Gnaden mit gehöre. Ueberhaupt habe ich auf der ganzen Reise manche selige Unterredung mit dem Heyland gehabt, mich in Barby einige Tage mit den dortigen Geschwistern gefreut u. auch in Lübeck bey den lieben Astracaner Brüdern manche selige Stunde gehabt. D. 7tn May kamen wir in Copenhagen an. Von meinem Aufenthalt allhier kan ich so viel melden, daß ich als ein armer Sünder selig gewesen bin, der liebe Heyland [28] hat sich zu mir bekannt, u. ich habe auch die Liebe der hiesigen Geschwister deutlich wahrgenommen.
Unser Schiff legte heute aus, u. wir werden also wol die Pfingst-Feyertage auf der See zubringen. Ich empfehle mich dann Deinem u. des ganzen Directorii Andenken vor unserm lieben HErrn, u. bleibe Dein auf Jesu Blut u. Tod verbundener Bruder.
7.) Von Bruder Joh. Friedr. Zenner ebenfalls an Johannes, Copenhagen d. 23tn May.
Ich habe Dich nur noch aus Europa grüßen u. mich aufs beste in Dein Liebes-Andenken empfehlen wollen. Du weißt, daß ich ohne den Heyland nicht zurechte kommen kan u. es daher meine Bitte vor Ihm ist, daß ich als ein Kind meine Tage u. Stunden mit Ihm zubringen möge. Ich muß bekennen, daß Er auf der Reise mit uns gewesen u. sich aus Gnaden zu uns Seinen Armen bekannt hat. Ich kan niemals ohne Thränen an mein liebes Herrnhuth denken, u. es ist gewiß Schade um eine jede Stunde, die man sich [29] im Schooß der Gemeine nicht recht zu nutze macht. Ich werde es jezt gut gewahr, was ich verloren habe; aber Seine unschätzbare Nähe tröstet mich auch zu Land u. See. Die lezten Tage in Herrnhuth werden mir unvergeßlich bleiben. Ich bin oft in den Busch gegangen u. habe Stunden lang vor dem Heyland geweint über meine Gnadenwahl. Insonderheit bat ich Ihn, daß Er mich zu einem wahren Jesus-Jüngling gestalten u. nach der engsten Regel Seines Herzens einhergehen laßen möge. Nun sehne ich mich von Herzen, bald an dem mir vom Heyland angewiesenen Orte zu seyn, u. verbleibe hiemit Dein armer Bruder p.
Ges. Deine unschätzbare Näh segne sie zu Land u. See!
Nachmittag wurde in der Lection der Nachrichten aus den Beylagen continuirt.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister um 7 Uhr wurden einige Erinnerungen, die hiesige Gemeine betreffend, gethan u. unter andern auch gebeten:
1.) Daß doch in den Singstunden [30] so viel möglich alle Geschwister mitsingen möchten, damit wir, wie mit Einem Munde u. mit verbundenen Kehlen dem HErrn unser Lob-Opfer bringen u. nicht nach u. nach etwas von der Singe-Gnade, die der Heyland unsern Gemeinen geschenkt hat, verloren gehen möge.
2.) Daß aus der Gemein-Litaney, die doch das gemeinschaftliche Gebet der Kirche ist, die Geschwister nicht ohne Noth wegbleiben möchten. Wir wollen zwar unsere Geschwister nicht auf eine gesetzliche Weise nöthigen, in die Versammlungen zu gehen; aber es ist doch schmerzlich, wenn sie ihr eigen Herz nicht dazu trägt. Der Heyland hat auf das Gebet der Kirchen-Litaney einen eigenen Segen gelegt, der noch darauf ruhet, u. wir wollen ihn ja nicht durch unsere Schuld verscherzen.
Hierauf wurde die heutige Gemein-Tags-Pericope aus Joh. 14. gelesen u. besungen:
– Gläubet ihr an Gott, so gläubet ihr auch an mich.
- Ich leg die Hand in Deine Seite p.
In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen. [31]
- Sein Haus hat ja so manche Kammern p.
– Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten.
- Da woll’n wir beysammen seyn, Eine Stätte haben p.
Und ob ich hingehe – will ich doch wieder kommen u. euch zu mir nehmen, auf daß ihr seyd, wo ich bin.
- Und wo Du bist, da komm ich hin p.
Und wo ich hingehe, das wißet ihr, und den Weg wißet ihr auch.
- Woll’n immer selger Dich verstehn p.
– Ich bin der Weg u. die Wahrheit u. das Leben.
- Ja alle unsre Seligkeit kommt her aus Deinem Blute p.
Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.
- Er hat einen Vater, der keine Ehre jetzo mehr annimmt vom Menschen-Heere, als durch den Sohn.
– Und von nun an kennet ihr Ihn u. habt Ihn gesehen.
- Denn wem wär der Vater klar, wenn der Sohn nicht wäre.
– Wer mich siehet, der siehet den Vater.
- Laß uns, wer Dein Vater ist, Dir an Augen lesen!
[32] – Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst.
- So wie Er u. Du Eins seyn, so soll’n alle Heerden Seiner seligen Gemein in Dir u. Ihm werden.
– Gläubet mir, daß ich im Vater u. der Vater in mir ist; wo nicht, so gläubet mir doch um der Werke willen.
- Wir haben Dich auch angerührt u. Deiner Wunden Kraft verspürt.
– Ich gehe zum Vater –.
- Laß mich nur hier u. dort ewig hangen, mein Mann, an Dir.
Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich thun, auf daß der Vater geehret werde in dem Sohne.
- Drum wird uns aufgelegt in des Sohnes Namen – Dich drum anzuflehn, wie es soll ergehn, Vater in den Höh’n.
Was ihr bitten werdet – das will ich thun.
- Ich bitte mir denn aus mein Herz zu segnen p.
Liebet ihr mich, so haltet meine Gebote.
- Was Du uns befiehlest, das sind lauter Sachen, die man gerne wolte machen u. die man machen kan.
[33] Und ich will den Vater bitten, u. Er soll euch einen andern Tröster geben p.
- Gott heilger Geist! nimm Du auch mich in die Gemeinschaft ein p.
Der Geist der Wahrheit p.
- Und uns belebt Sein Wehen, das niemand kan verstehen, als Er u. die Gemein allein.
Ich will euch nicht Waysen laßen, ich komme zu euch.
- Ach bleib nicht lange, wir warten Deiner p.
– Ihr sollt mich sehen; denn ich lebe u. ihr sollt auch leben.
- Du magst noch so ungesehn – ’rum gehen, unser Geist kan Deiner Schön gnug fürs Herze sehen.
An demselbigen Tage werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater bin, u. ihr in mir u. ich in euch.
- Nun unsere Gemeinschaft sey mit Dir u. Deinem Vater; der Geist, der bleibe stets dabey p.
– Wer mich liebet, der wird von meinem Vater geliebet werden, u. ich werde – mich ihm offenbaren.
- Amen, theures Amen! liebes Gottes-Lamm – Nehmt uns, wie wir da sind — an, Vater, liebe Mutter u. mein theurer Mann!
[34] Um 9 Uhr war die Aufnahme von 11 Geschwistern in die Gemeine. Bruder Johannes redete zuerst über den heutigen Text u. empfahl zum Schluß diese Geschwister nebst dem ganzen Volke der Gnadenwahl in einem herzlichen Gebet auf den Knien dem treuen Herzen Jesu.
Die zu diesem Gemein-Tage gehörige Beylage sub No VII. enthält:
I. Extract aus den Diariis der deutschen Gemeinen, mensis May 65.
II. Aus Nord-America.
- 1.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethlehem, Jan. u. Febr. 65.
- 2.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Nazareth, Jan. u. Febr. 65.
- 3.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Litiz, mensis Jan. u. Febr. 65.
- 4.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethabara u. Bethania in der Wachau, Jan. u. Febr. 65.
III. Aus Süd-America.
- Diarium von Saron an der Sarameca von den 3 lezten Monaten 1764.
[35] IV. Diaspora-Nachrichten.
- 1.) Extract aus dem Diarium des Häufleins in Copenhagen vom ersten Viertel Jahr 1765.
- 2.) Der Brüder Waeckler u. Meerbrey Besuchs-Reise über den Thüringer Wald u. einem Theile des Franken-Landes.
- 3.) Renatus Kellers Besuch in der Weimarischen Diaspora.
- 4.) Webers Besuch im Eisenachischen p.
- 5.) Forsts Besuch in u. um Gotha p.
- 6.) Kochs Besuch in u. um Erfurth p.
Aus Zeist bekamen wir Nachricht, daß Bruder Leonhard u. die übrige liebe Gesellschaft am 26tn Jun. daselbst glücklich angekommen u. gleich am 28tn die Archiv-Arbeit angefangen worden. Ihre Visitation in Neuwied war mit besonderer Gnade u. Segen begleitet; die dasigen Geschwister können ihre Freude u. Dankbarkeit nicht genug darüber ausdrücken.
Geschwister Wohns wurden vor Gnadenthal u. Geschwister Waecklers vor Cathrinenhof u. die Diasporam in dasiger Gegend vom Heyland approbirt.
[36]
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister redete Bruder Johannes über die heutige Loosung.
Unser lieber Graf Heinrich, der mit seiner Agnes in Klitschdorf u. Gnadenbergel zum Besuch gewesen, kam heute wieder bey uns an.
Heute war der Tag, an welchem mit der Loosung Die Taube hatte ein Oelblat abgebrochen u. trugs in ihrem Munde, der heilige Geist uns das Oelblätgen auf einen jeden Tag des künftigen Jahres schenkte. Der Heyland hatte uns angewiesen, die heurigen Loosungen noch einmal zu nehmen, u. so wurden sie heute unter einem seligen Gottes-Frieden gezogen. Die Loosung des 1stn Jan. wird seyn: Wir sehen mit sehenden Augen, daß der HErr mit dir ist; u. des 31stn Dec. Du solt ein Segen seyn.
Bruder Johannes hielt Abends sowol in der Stunden-Beter-Versammlung als auch hernach dem Witwer-Chor eine Rede über die Loosung.
[37]
betete Bruder Johannes um 8 Uhr mit der Gemeine die Litaney.
Nachmittag um 4 Uhr hielt er dem Ehe-Chor eine gesalbte Homilie, in welcher, so wie auch in dem Abendsegen dieses Chores, heute eine besondere Nähe unsers HErrn waltete.
In der Gemein-Versammlung redete Bruder Joseph über den heutigen Text.
Nachmittag hatten die Kinder ihre Homilie, die Bruder Johannes über die heutige Loosung hielt.
Geschwister Wiers bestimmte der Heyland zu der neuen Colonie im Astracanischen. Sie werden inzwischen in Petersburg bey Geschwister Friesens seyn.
Von Bruder Sternberg wurden wir mit einer lieblichen Relation von seinem Besuch der Böhmischen Colonisten in Schlesien erfreut.
Auch wurde uns in diesen Tagen eine Versetzung von etlichen Knaben [38] aus der Fullneckschen in unsere deutsche Anstalten angewiesen, welche die Brüder Sam. Utley u. Jesaias Nouall hieher begleiten werden.
Bruder Lochmann von Zeist kommt an Bruder Sam. Utleys Stelle nach Fullneck u. Bruder Abraham Taylor, den der Heyland zum Oeconomo der Englischen ledige Brüder-Chöre ernennt hat, nach London.
In der Versammlung der Communicanten redete Bruder Johannes über die Loosung u.
hielt er den ledigen Brüdern Abends eine Homilie.
betrachtete Bruder Joseph in der gewöhnlichen Abend-Versammlung die heutige u. gestrige Loosung u. Bruder Johannes hielt darauf die Chor-Homilie der ledigen Schwestern; so auch
des Witwen-Chores. Von Gnadenbergel kamen Geschwister Waiblingers u. Bruder Seidliz bey uns an.
Auch retournirten die Brüder Koeber u. Weinel von Dresden. Wir fanden Ursach, dem Heyland für die gnädige Gesinnung unsrer lieben Landes-Obrigkeit, [39] von der wir bey der Negotiation wegen der Barbyschen Pacht-Sache u. des damit verknüpften bleibenden Etablissements neue Proben gehabt haben, herzlich zu danken.
hatten unsere Kinder einen gesegneten Gemein-Tag. Nachdem sie um 9 Uhr ihre Litaney gebetet, wurden ihnen Nachrichten u. Personalia von Kindern verlesen. Darauf war nach einer herzlichen Rede des Bruder Johannis eine Aufnahme von 5 Kindern in die Kinder-Gemeine, die in einem Gebet auf den Knien dem treuen Kinder-Freunde bestens empfohlen wurden.
Ihre gewöhnliche Agapen Nachmittag unterhielten sie selbst mit lieblichem Gesang, u. bald darauf kamen sie wieder zusammen, hörten eine Homilie von Bruder Joseph über die Gemein-Loosung u. prosternirten sich zu deren Schluß unter deßen herzlichem Gebet vor ihrem Freunde u. Liebhaber.
Die Stunden-Beter-Versammlung hielt Bruder Johannes über die heutige Loosung u. darauf auch eine Rede an die großen Mädgen über eben dieselbe.
[40]
betete Bruder Joseph mit der Gemeine zur gewöhnlichen Zeit die Litaney. Abends um 7 Uhr in der Gemein-Stunde redete Bruder Georgius über die Loosung des Tages.
beging unser lieber Bruder Joseph seinen 62stn Geburts Tag. Bruder Johannes empfahl ihn dazu Abends in der Singstunde dem Liebes-Andenken u. Segen der Gemeine, die ihm zum Schluß sang: Wenn Sein Herze mit ihm ist, fehlts an keinem Segen p. Bleib ihm, o Lamm, bleib immer p. Das Anliegen ist eigentlich, Du solst ihn heut – recht merklich auf die Seite nehm’n p. Es segne ihn aufs neue das – für ihn verwundte Haupt p. So wolst Du ihn geleiten – bis daß er das vollendet, wozu Du ihn gesendet p.
wurde in der gewöhnlichen Versammlung der AbendMahls-Geschwister, nach [41] einer Rede des Bruder Johannis über die Loosung, nachstehender Brief von Bruder Louis v. Schrautenbach communicirt, darinnen er sich über seinen bisherigen Gang erklärt u. um Vergebung u. neue Anfaßung bittet. Es geschahe solches unter dem Gesang einiger Verse mit dem theilnehmenden Herzen der ganzen Gemeine.
Ehrwürdige, liebe Brüder u. Schwestern, Ich finde mich durch die Barmherzigkeit des Heylands, nach einer Abwesenheit von vielen Jahren, nun seit etlichen Monaten wieder in der Gemeine. Denen Brüdern, welchen ich den Zusammenhang meiner bisherigen Umstände habe vorlegen können, ist bekannt, daß niemalen bey mir ein Gedanke gewesen ist, die Gemeine zu verlaßen, oder nach einem selbsterwehlten Plan leben zu wollen, oder auch etwan den Ausgang gewisser schwerer Umstände in der Entfernung abzuwarten; sondern es waren unvermeidliche äußere Verrichtungen, die mich im Jahr 52, mit dem Rath der Brüder, nöthigten, nach meinen Gütern zu reisen, u. mich die vielen Jahre her dorten aufgehalten [42] haben. Binnen welcher Zeit ich von einem halben Jahr zum andern immer gehofft habe, mich los machen u. wieder zur Gemeine gehen zu können, an welchem so wol als meinem Gnaden-Ruf zu derselben ich nie irre geworden bin. Es ist aber in den ersten Jahren meiner Abwesenheit durch verschiedene Umstände u. auch Vergehungen von Seiten meiner, die ich damalen nicht einsehen wollen, geschehen, daß ich aus der nahen Connexion mit der Gemeine u. dem Genuß der Gemein-Gnaden, besonders des heiligen AbendMahls gesezt worden, daraus denn ein laulichter, gleichgültiger Zustand u. eine solche Herzens-Situation entstanden ist, die, wenn die heilige Gnadenwahl des Heylands, die auf das schlechte u. unwürdige fällt, u. Seine unermeßliche Treue nicht auch mich gehalten hätte, mich hätte in das Verderben führen sollen. Nun hat zwar der Heyland dem Welt-Geiste, mich hinzureißen u. meine Sinnen zu betäuben, nicht zugelaßen; ich bestehe aber doch mit Schanden vor dem Heyland u. auch der Gemeine mit meinem ganzen [43] bisherigen Laufe, der ganz anders hätte ausfallen sollen. Es sind dieses alles, lieben Brüder, solche Bekenntniße, die sich für einen Bruder gar nicht schicken, deßen ganzes Leben nur ein Zug, deßen Gang lauter Licht seyn soll, der nichts kennen soll, als sein Elend u. den Heyland, u. nichts wollen als Leib u. Seel u. Glieder willig herzuleyhn, Jesum zu erfreun. Es sind aber solche, die ich von mir nicht ablehnen kan, u. mein einiges, mein demüthiges Bitten ist, daß Er mir doch das Andenken alles deßen nie veralten u. mich nie keinen Gefallen an mir selber wolle haben laßen. Denn ich verlange nichts, als daß doch endlich Jesus Christ ein reines Herz zur Braut krige. Seit meinem Hierseyn hat der Heyland meiner Seele manches klar gemacht, dafür ich Ihm im Staube danken kan. Es ist aber noch nicht, wie es seyn solte.
In den ersten Monaten meines jetzigen Aufenthalts haben einige Brüder im Namen des Directorii mich befragt: ob in Betracht mancher Umstände u. besonders, weilen [44] ich doch nun seit so vielen Jahren meinen Weg alleine gegangen, ich nicht auf den Fuß eines Freundes der Gemeine continuiren könne, doch in näherer Connexion etwan, als bishero, u. ob mir dieses nicht zuträglicher seyn würde, als mich wieder ganz in die Gemeine zu begeben, welches doch in gewißen Absichten seine Inconvenienz auch haben könne. Nun bin ich zwar von der Wahrheit, daß der Weg zu den Wunden des Heylands aller Enden, allen Seelen offen stehe, die dahin fliehen, u. also das Wohnen in Gemeinen oder äußere Gehören zu denselben zur Seligkeit nicht nothwendig sey, sehr gründlich überzeugt. Ich würde auch, wenn ich auf der andern Seite auf mich u. das wenige Geschick, das ich in meinem ganzen Wesen zu einem Mitgliede der Gemeine finde, sehen wolte, mich leicht entschließen können, Jerusalem in der Ferne Glück zu wünschen, mit meiner Person aber auch weiter nicht zu beschweren. Mein Herz aber sagt mir anders. Es hat der Heyland von dem erstenmale an, da ich Seine [45] gewaltige Gnade an meinem Herzen gefühlt habe, einen Ruf zur Gemeine in meine Seele gelegt, der mir durch die mancherley Abwechselungen meines Lebens noch nicht eine Minute streitig geworden ist. Obwolen ich nun zwar von einem Tage zum andern immer weniger sehe, wozu ich etwa in der Gemeine taugen könte, so wird sie mir auch von einer Zeit zur andern immer ohnentbehrlicher für mein eigen Herz. Ich bin durch eine etliche u. zwanzigjährige u. nunmehro schmerzhafte Erfahrung gewiß, daß der Gang der Gemeine derjenige ist, den der Freund der Menschen, der Erforscher der menschlichen Natur meiner kranken Seele zu ihrer Genesung angewiesen hat. Wäre ich gesund, so hätte ich sie vielleicht nicht so nöthig. Wehret mir also nicht, lieben Brüder, so zu wandeln, wie ich berufen bin. Vergebet mir den Kummer, den ich euch ins Ganze u. vielen besonders, in der vergangenen Zeit gemacht habe, u. faßet mich aufs neue an
kam unser lieber Bruder Brodersen aus London bey uns an.
Abends um 7 Uhr versammleten sich die Stunden-Beter auf dem Gemein-Saal. Bruder Johannes sagte zuerst:
Lieben Geschwister, wir haben heute unsern Bund auf Jesu Blut u. Tod u. auf den täglichen Umgang mit unserm Marter-Mann beym Lobe- u. Verbindungs-Kelch erneuern wollen; u. dazu gibt uns erstlich der Geburts Tag unsers lieben Bruder Josephs, der am 15tn gewesen ist, Gelegenheit. Die Loosung an dem Tage hieß: Ich will mit dir seyn. Wißt ihr was? so heißt der Paß, den man in aller Welt bey uns liest. Dazu kommt nun noch, daß er morgen mit seiner Ehe-Schwester, unserm lieben Bruder Seidliz u. Gneuß nach Berlin u. Rixdorf zur Visitation der dortigen Gemeinen abreisen wird. Dazu wollen wir dieser lieben Gesellschaft die heutige Loosung zurufen: Thue alles, was in deinem Herzen ist, fahre hin, siehe, ich bin mit dir, wie dein Herz will. Wir geben uns [47] darauf die Hand. Unser lieber HErr hat diese Reise selbst anbefohlen, die uns, wenigstens für die Zeit, noch nicht eingefallen wäre, wenn Er es nicht selbst vor nöthig gefunden, benannte 2 Zweiglein der Brüder-Kirche, die Er aus den alten Böhmischen Brüdern in unsern Tagen zu unsrer Freude gesammlet hat, zu besuchen. Wir wünschen, daß sie der Heyland zu recht lieblichen u. seligen Gemeinen gestalten u. ihnen auch dazu diese Visitation gesegnet seyn laßen möge. Insbesondere wollen wir auch unsern Bruder Joseph mit unserm Herzen segnen, ihn recht lieb haben u. unsern Bund mit ihm u. unter einander erneuern; wir stehen doch in Einem Liebes- u. Friedens-Bund, auf Jesu Marter u. Tod. Unser lieber HErr wird auch jezt unter uns seyn u. sich so wol zu uns als zu den reisenden Geschwistern bekennen. Wir geben uns also einander die Hand darauf, Seine fleißige, treue u. ergebene Diener zu seyn, bis alles das vollendet ist, wozu Er uns berufen hat. Wir wollen dem Heyland in specie für alles das danken, was Er [48] durch unsern Bruder Joseph der Gemeine Gutes u. Seliges geschehen laßen, u. Ihn bitten, daß Er ihn segnen u. salben u. zu seinem künftigen Gang mit neuer Gnade anthun wolle.
Der Bundes-Kelch wurde hierauf unter folgendem Gesang herum gegeben: Wir geben uns darauf die Hand p. So laß nun Deinen Liebes-Wind uns sanftiglich durchgehen p. Wir schwören Dir die Herzlichkeit, die Bluts-Verwandte fühlen p. Wir faßen uns im Geiste an p. Du süße Lieb’, schenk uns Deine Gunst p. Hör, was die Würmlein sagen p. Er geb uns muntre Kehlen p. Gib uns ein Ohr, das höret p. Die Hände müßen segnen p. Wir wollen Deine Diener seyn p. Chor: Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi – sey mit uns allen! Amen.
Mehrgenannte liebe Gesellschaft trat also
die Reise nach Berlin u. Rixdorf an.
Die Versammlung um 7 Uhr hielt Bruder Georgius über die Loosung.
gingen Geschwister Kriecheldorfs nach Schlesien, um in Neusalze mit der Zeit [49] zur Bau-Aufsicht gebraucht zu werden. Abends in der Beter-Versammlung redete Bruder Johannes über die heutige Loosung, u. hielt darauf über eben dieselbe den Witwern u. kleinern Mädgen Homilien.
Das erfreulichste in dieser Woche waren uns die lieblichen Nachrichten aus Jamaica u. Schottland. In Jamaica bekennt sich unser lieber HErr zu Geschwister Schlegels Arbeit. Es ist nicht nur Liebe u. Harmonie unter unsern dortigen Europäischen Geschwistern, sondern es zeigt sich auch unter den Negern neues Leben u. Segen. Einige von den getauften Negern sind Candidaten zum AbendMahl worden. In Schottland hat der Heyland dem Bruder Caldwell, der nach der Synodal-Resolution zum Besuch dahin abgegangen, eine offene Thür geschenkt, daß er in der Stadt Air u. der umliegenden Gegend bereits tausenden den Tod des HErrn mit Eindruck auf die Herzen verkündiget hat. Es werden nun auch nach Anweisung unsers HErrn ein Paar Ehe-Geschwister aus dem North von Ireland dahin gehen. So haben wir auch aus der Wachau angenehme Briefe erhalten.
[50]
wurde um 8 Uhr die Kirchen-Litaney gebetet.
Nachmittag um 4 Uhr hielt Bruder Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Lieberkühn Abends in der Gemein-Stunde redete.
reisten Geschwister Lieberkühns von uns nach Gnadenbergel ab. Er ist zum Ordinario der künftigen Gemeine in Neusalze vom Heyland bestimmt, wird aber vorerst in Gnadenbergel die Vices des Ordinarii versehen, weil unser liebes Herz Georgius nach der Anweisung unsers HErrn vor diese Zeit hier in Herrnhuth beym Directorio ist. Die Gemeine ertheilte unsern Geschwistern Lieberkühns in der Singstunde Abends vor der Abreise unter einem eigenen lieblichen Gefühl den Segen.
Auch traten heute Jac. Schellingers [51] u. Kaetje Beuning ihre Rückreise nach Zeist an.
In der Versammlung der Communicanten hielt Bruder Johannes eine Rede über die Loosung und
den ledigen Brüdern eine Homilie ebenfalls über die Loosung des Tages.
redete Bruder Georgius um 7 Uhr über die Loosung.
machte das heilige AbendMahl den seligsten Beschluß dieser Woche.
Da es heute jährig war, daß unser HErr im Synodo uns sein Herz in den 12 Worten heraus gesagt hatte, so wurde solches vor der Absolution erinnert. Das ganze Volk des HErrn zerfloß in vielen Sünder-Thränen zu Seinen Füßen, u. des Heylands Daseyn u. gnädiges Vergeben wurde auf eine solche hinnehmende Weise gefühlt, daß uns dabey der Ausdruck fehlt.
1.) Geschwister Hüffels haben in Altona [52] u. Hamburg unsere dortigen Geschwister u. Freunde besucht u. gesprochen, u. sind am 17tn Jul. in Lübeck angekommen, von wo aus sie nächste Woche nach Petersburg abzusegeln hofften.
2.) Bruder Fries hat uns aus Petersburg zu unsrer Freude gemeldet, daß, nachdem mit der Tutel-Canzeley alles nöthige wegen unsers künftigen Etablissements im Königreich Astracan in Ordnung gebracht u. von Ihro Majestät der Kayserin confirmirt worden, unsere dahin bestimmte Brüder am 26tn Jun. unter Begleitung des Herrn Hofrath Koehlers als Kayserlichen Commissarii, von Petersburg abgereiset sind. Sie nehmen ihren Weg zu Lande über Moscau u. Saratow.
3.) Geschwister Raschkens wurden zu Bruder Engelbachs Gehülfen in Altona ernennt, u. Bruder Herold wird den Besuch der ledigen Brüder im Hollsteinischen übernehmen.
4.) Bruder Nathanael schreibt d. d. Bethlehem 7tn May. 65. ans Directorium unter andern folgendes:
In meinem lezten Briefe hatte ich [53] gemeldet, daß wir am 17tn Apr. in Litiz eine Arbeiter-Conferenz halten wolten; zu dem Ende reisten wir d. 12tn von hier ab u. kamen am 14tn dort an. Von Bethlehem waren Geschwister Marschalls, Bruder Thrane, Frommelt, Lembke, ich u. meine Frau, nebst verschiedenen andern Geschwistern u. meist alle unsere Arbeiter aus den Land-Gemeinen zugegen, u. so fingen wir am 17tn unter einer gar fühlbaren Nähe unsers Heylands die Conferenz an. Das erste war, daß wir die 12 Worte unsers HErrn an Seine Diener u. Gemeinen[WS 4] unsern Arbeitern communicirten, wobey alles sehr sünderhaft vor Ihm da stund u. nichts zu sagen wußte, als: hier steh ich Armer, der sich zu schämen hat. Es war eine mit viel Thränen begleitete Versammlung, u. nachdem sie entlaßen worden, ging ein jedes vor sich in die Stille, um mit dem Heylande auszureden. Hierauf wurde der Verlaß des Synodi hinter einander communicirt. Die Materien deßelben erfüllten die Herzen u. Gemüther, daß alles [54] voll Lobens u. Dankens war. Nachher hatte Bruder Matthaeus einen Extract aus dem Verlaß gemacht, wie er unsern Stadt- u. Land-Gemeinen soll gelesen werden, den wir mit einander durchgingen. Dabey wurde manches, unsere Stadt- u. Land-Gemeinen betreffend, durchgeredet u. herzlich gewünscht, daß der Heyland dieselben nicht zurück bleiben laßen, sondern immer mehr in einen gemeinmäßigen Gang bringen möge. Wir haben bisher immer gehofft, daß unser lieber Johannes einmal zu uns kommen würde, glauben auch alle, daß es vor das ganze Land einen eigenen Segen haben könte, u. da wir noch in kindlicher Erwartung deßen stehen, so hoffen wir inzwischen, daß die Communication erwehnten Extracts unsern Geschwistern was austragen werde. Wir waren in allem 4 Tage beysammen, haben uns recht lieb gehabt, einander getröstet u. aufs neue Muth gefaßt, getrost an unser Geschäfte zu gehen, dazu wir noch den Bundes-Kelch mit einander theilten.
Nun kan ich auch meinen lieben [55] Brüdern berichten, daß unsere Indianer-Geschwister d. 20tn Mart. ihren Abzug von Philadelphia angetreten u. d. 22tn ejusdem in Nain eingetroffen sind. Sie mußten daselbst wegen des schlechten Wetters bis zum 2tn Apr. stille liegen, worauf sie über Nazareth ihre Reise durch den großen Schwamm fortsezten, weil ihnen gedrohet worden, wenn sie über Gnadenhütten gingen, daselbst aufzupassen u. sie umzubringen. So aber nahmen sie auf Anrathen der Obrigkeit einen ganz andern Weg, ohne daß es jemand erfuhr. Wir haben Nachricht, daß sie wohlbehalten im Schwamm angekommen sind, u. jezt werden sie wol schon an Ort u. Stelle an der Susquehanna seyn. Bruder Schmick u. David sind mit Vorwißen des Gouverneurs mit ihnen gegangen. Derselbe hat als ein Vater vor sie gesorget u. sie mit allem, so wol Kleidung als Provision versehen. Die meisten haben ihre Häuser in Nain an Geschwister in Bethlehem verkauft u. dadurch etwas Geld in die Hände bekommen. Wir haben sie unser Herz fühlen laßen, [56] u. sie sind sehr anhänglich an die Gemeine von uns weggegangen.
Ich habe dem Heyland ein eigenes Dank-Fest gehalten, daß Er es nun endlich mit ihnen dahin gebracht hat, daß sie unter ihr Volk an die Susquehanna wohnen gehen. Er hat sie auch die 18 Jahre her immer dahin haben wollen, u. man hat die ganze Zeit gesehen, daß sie nicht an ihrem rechten Orte waren; hätte Er aber nicht solche Umstände über sie kommen laßen, da sie selbst gewünscht, künftig in ihrem Lande zu wohnen, so wären wir nicht im Stande gewesen, sie dahin zu bringen. Wir erwarten nun bald zu hören, wie sie angekommen u. wie sie sich befinden. Vielleicht geht ein neuer Gnaden-Periodus unter den Indianern in diesem Lande an, wornach ich von Herzen zum Heyland seufze. Der Heyland hatte uns auch angewiesen, den Indianer-Geschwistern in Pachgatgoch zu sagen, daß Ers gerne sähe, wenn sie auch den übrigen folgten. Bruder Rode nahm diese Commission mit dahin, u. Geschwister Sensemanns, [57] die nun mit ihrem Kinde von dorten her zu uns gekommen sind, bringen uns die Nachricht, daß sie sich einmüthig dahin erklärt haben, zu ihren Freunden an die Susquehanna zu ziehen. Dieses Jahr ist es freylich zu spät für sie zum pflanzen; es scheint aber doch, daß es zu stande kommen wird, u. so hebt sich auch dieser vor Geschwister sehr beschwerliche Plan von selbsten auf.
D. 24tn Apr. sind Geschwister Friedrich Schmidts bey uns angekommen. Wir haben sie in herzlicher Liebe aufgenommen u. werden sie so bald möglich zu employiren suchen.
Geschwister Joh. Schneiders betreffend, auf die vor Terra Labrador reflectiret wird, so bezeugt er große Neigung dahin, u. hat sich bey der Nachricht von Jens Havens Reise schon selbst dazu angeboten.
Wir haben aus Briefen ersehen, daß unser lieber David Nitschmann auf eine Visitation zu uns kommen wird. Es wird uns herzlich lieb seyn, ihn in unsrer Mitte zu sehen u. zu grüßen, u. wir versprechen uns durch sein zu uns kommen viel [58] Seliges vors Ganze u. in den Theilen. Besonders wird es uns sehr angenehm seyn, mündlich von ihm zu hören, was der Heyland beym General-Synodo gethan u. wie Er sich bewiesen hat. Wir wollen alles thun, ihn mit den hiesigen Umständen in der Zeit seines Hierseyns so bekannt als möglich zu machen, u. wenn er kommt, werden wir es auch auf einen Provincial-Synodum antragen, weil wir dieses Jahr nur eine Arbeiter-Conferenz gehabt haben.
Nun allerliebsten Brüder, wir legen uns mit allen unsern Umständen an euer treues Herz; wir haben bisher gefühlt, daß wir von innen u. außen unter einer seligen Leitung des Heylands stehen, u. ob wir gleich noch nicht so sind, wie Er uns gerne hätte, so sind wir doch in Seiner Mache.
Die ganze Conferenz grüßet das Directorium aufs herzlichste u. empfiehlt sich eurer ferneren Liebe u. Andenken.
[59] 5.) Von eben demselben an Bruder Petrus vom 8tn May, darinnen er ihm von der Insel Barbados folgende kurze Nachricht gibt:
Es ist eins von den schönsten Eylanden in West-Indien u. am längsten bewohnt, daher auch in allen Stücken wohl eingerichtet. Das ganze Land ist in Parishes (Parochien) eingetheilt, wo die Englischen Pfarrer predigen sollen, welches aber wenig geschieht.
Bridge- /:Britsch:/Town ist daselbst der Haupt-Ort, welches aber meines Erachtens der lezte Ort seyn würde, wo was anzufangen wäre. Wenn sich hingegen ein paar Handwerks-Brüder im Lande auf einem Estate niederließen u. daselbst, zwar ohne an das Estate gebunden zu seyn, ihre Profession trieben, jedoch mit Vorwißen des Eigenthümers; auch in der Absicht da wären, seinen Negern bey Gelegenheit das Evangelium zu predigen u. dann von da aus mit mehrern Negern bekannt würden: so wäre das wol, so viel ich das Land kenne, die beste Methode. Bey meinem Besuch [60] daselbst hörte ich von einem Herrn, der aber schon gestorben ist, daß viele Herren froh seyn würden, wenn sich jemand ihrer Neger annehmen wolte. Nur müßten sich die Brüder darnach richten, zu solchen Zeiten die Versammlungen zu halten, da sie wißen, die Neger können von ihrer Arbeit abkommen, sonst finden die Aufseher gleich Ursache zu klagen, u. das sind ohnedem allemal die Leute, die die meiste Hinderung machen. Daher ist es auch allemal gut u. eine Hauptsache, daß die Brüder mit den Aufsehern Freundschaft zu halten suchen pp.
Zu Ende des Briefs heißt es: Eben höre ich von Bruder Neusser aus Philadelphia, daß er durch einen Herrn, der von Musquito-Shore gekommen, von Friedr. Post Nachricht erhalten, daß er den dortigen Indianern gepredigt habe; weil er aber keinen Eingang bey ihnen gefunden, so sey er 300–400 Meilen weiter hinauf ins Land gegangen, um zu sehen, ob unter den abgelegenen Nationen mehr zu thun sey; [61] daselbst baue er jezt ein Versammlungs-Haus u. auch ein Haus vor sich, sey unter den Leuten geachtet u. geliebt u. unter dem Namen Parson Post bekannt p.
- „Wir wollen bey dieser Gelegenheit
- erinnern, daß Friedr. Post
- schon seit etlichen Jahren seinen
- eigenen Gang gegangen u. seine
- lezten Unternehmungen unter
- den Indianern in Nord-America
- so wol, als seine Reise nach
- Jamaica u. Musquito-Bay
- ohne Communication mit uns u.
- den Pennsylvanischen Geschwistern
- geschehen sind, u. daher auch
- nicht auf die Rechnung der
Brüder - Gemeine kommen müßen.“
[62]
war früh zur gewöhnlichen Zeit die Nach-Communion u. Communion-Liturgie.
Abends hielt Bruder Georgius die Gemein-Stunde über die heutige Loosung.
Um 9 Uhr nach der Liturgie traten Geschwister Abraham Dürningers u. die ledige Schwester Elisabeth Maria Lenznerin als Gemein-Jünger ein.
wurde früh zu dem heute angesezten Gemein-Tag, davon aber die Lection bis zum 2tn Aug. verschoben worden, die Gemein-Litaney gebetet.
Nachmittag hielt Bruder Johannes den Kindern eine Homilie über ihre Loosung, u. um 7 Uhr besang er das heutige Gemein-Tags-Capitel Joh. XIV. folgendermaßen:
Wer mich liebet, der wird mein Wort halten.
[63] Ges. Lenke Sinnen u. Begier auf die süßen Himmels-Lehren p.
Und mein Vater wird ihn lieben.
- Der des Sohnes wegen des Sohnes Seinen Lohn weiß als ein Kind zu pflegen p.
Und wir werden zu ihm kommen u. Wohnung bey ihm machen.
- So komm herein, wir sind ja Dein, und laß uns Dir gesegnet seyn.
Wer aber mich nicht liebet, der hält meine Worte nicht.
- O davor, bitt’t unser Chor, behüt uns lieber HErre Gott!
Solches habe ich zu euch geredt, weil ich bey euch gewesen bin.
- Du bist nicht mehr in dieser Welt.
Aber der Tröster, der heilige Geist – derselbe wirds euch alles lehren.
- Was wir von dem Sohne im Herzen hören, alles das danken wir Seinen Lehren.
Und euch erinnern alles deß, das ich euch gesagt habe.
- Woll’n immer selger Dich verstehn p.
Meinen Frieden gebe ich euch.
- Gib uns Deinen Frieden, o Jesu, o Jesu!
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. [64]
- Was alle Welt nicht geben kan, das trift ein armes Herze beym Heyland selber an.
Euer Herz erschrecke nicht u. fürchte sich nicht.
- Denn Furcht ist nicht mehr in der Lieb’.
Ich gehe hin u. komme wieder zu euch.
- So komme dann, wenn Dirs beliebt p.
Ich gehe zum Vater p.
- Er ist aufgefahren, uns die Stätte zu bereiten.
Und nun habe ichs euch gesaget — auf daß, wenn es nun geschehen wird, daß ihr gläubet.
- Amen, theures Amen – Mann von wahren Worten p.
Ich werde fort nicht viel mehr mit euch reden.
- Indeßen fühlt die Seele Sein’s Daseyns Sabbaths-Nu.
Denn es kommt der Fürst dieser Welt u. hat nichts an mir.
- Es war ein wunderbarer Krieg, da Tod u. Leben rungen p.
Auf daß die Welt erkenne, daß ich den Vater liebe, u. ich also thue, wie mir der Vater geboten hat.
- Also hat Gott die Welt geliebt p.
[65] Stehet auf u. laßet uns von hinnen gehen.
- Du sprangst ins Todes Rachen p. Ich kans mit meinen Sinnen nicht erreichen p.
Um 9 Uhr war nach einer Rede des Bruder Johannis über die Gemein-Loosung eine Aufnahme von 7 Geschwistern, die darauf in einem herzlichen Gebet mit den gesammleten so wol als hie u. da auf dem ganzen Erdboden zerstreuten Kindern Gottes, Pilgern, Zeugen u. Boten dem Segensvollen Herzen Jesu empfohlen wurden.
Die zu dem heutigen Gemein-Tage gehörige Nachrichten befinden sich in der Beylage sub No VIIIa. enthaltend:
I.) Extract aus den Diariis der deutschen Gemeinen mensis Jun. 65.
II.) Extract aus den Diariis der Englischen u. Irrländischen Gemeinen vom Monat Dec. 64. nebst den 3 ersten Monaten 65.
III.) Aus Nord-America.
- 1.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Bethlehem Mart. u. Apr. 65.
- 2.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Nazareth, Mart. u. Apr. 65.
[66]
- 3.) Extract aus dem Diarium der Gemeine in Litiz, Mart. u. Apr. 65.
- 4.) Extract aus den Diariis der Pennsylvanischen u. anderer Stadt- u. Land-Gemeinen vom Oct. 64. – Mart. 65.
- 5.) Extract aus dem Diarium des Indianer-Gemeinleins von dem Beschluß ihres Aufenthalts in den Barraks zu Philadelphia, ihrer Reise nach Nain u. kurzen Aufenthalt daselbst u. Aufbruch ins Indianer-Land mensis Jan. bis Apr. 65.
IV.) Aus Jamaica.
- 1.) Extract des Diarii von Mesopotamia vom Jahr 1764.
- 2.) Extract des Diarii von Carmel u. der Bogue vom Jun. – Ende 64. u. den 3 ersten Monaten 65.
Da es heute jährig war, daß das Vorsteher-Collegium im General Synodo vom Heyland ernennt worden, so war daßelbe nebst dem Directorio gar lieblich beysammen, u. wurde auch Abends in der Singstunde der Gemeine aufs neue zum Andenken empfohlen.
[67] Unsern Geschwister Rumpels, die kürzlich von Neu-Dietendorf hieher gekommen, schenckte der Heyland heute ein Söhnlein, u.
ging der Knabe Johann Heinrich Stehmann, des ehemaligen Land-Vogts auf Helgeland einziger Sohn, selig zum Heyland.
Bruder Weinel wurde zum künftigen Wirthschafts-Inspectore in Barby ernennt, u. da das Directorium bey der Gelegenheit auf die Besetzung des dasigen Oeconomats kam, so wieß der Heyland dazu den Bruder Layriz an.
reiste der Bruder Busse nach Ebersdorf ab, wo er den Bruder Hasse in dem Pfleger-Amte bey dem ledige Brüder-Chore ablösen wird.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister redete Bruder Johannes über den Text.
begingen die anwesenden Glieder der Sustentations-Missions- u. Anstalten-Diaconie die Erinnerung deßen, was im General Synodo [68] an diesem Tage vorgekommen, in einer seligen Nähe unsers HErrn. Der Heyland hat auch das Jahr in diesem u. den andern Departemens erstaunlich viel gethan.
Weil heute in hiesigen Landen Buß- u. Bet-Tag war, so wurde Vormittag eine Kinder- u. Nachmittag eine allgemeine Versammlung gehalten u. die übrige Zeit zur Lection der rückständigen Nachrichten angewendet, dabey uns das Diarium des Bruder Daniel Renners von seiner Reise nach Pohlen u. Cassuben u. der Bericht des Bruder Caldwells aus Air in Schottland, der unten folgen wird, viele Freude machte.
Zum Schluß des Tages besang die Gemeine das Haupt voll Blut u. Wunden.
ging Bruder Sieweke nach Marienborn ab, daselbst bey den ledigen Brüdern u. der Besorgung der Diaspora vor Bruder Martens zu vicariren, welcher zum Besuch hieher kommen wird.
Abends in der Beter-Versammlung redete Bruder Johannes über die Loosung u. den Text, hielt auch über leztern [69] hernach den Witwern eine Homilie.
Sonst hatten Johann Nitschmanns diese Woche in Klein-Welke besucht; u. außerdem ist noch folgendes hier anzuführen:
1.) Bruder Layriz hat einen Brief an einen Bruder in der Diaspora geschrieben, darinnen er von dem vorjährigen General Synodo eine ausführliche Nachricht gibt, welcher zum Gebrauch der Geschwister in der Diaspora als eine Beylage zu der 32stn Woche sub No VIII.b communicirt wird.
2.) Am 14tn Jun. ist Bruder Jacobsen mit der Hope in Lissabon angekommen.
3.) Die Brüder John Wood u. Rittmansberger sind seit dem 15tn Jul. in London u. werden zu Anfang Aug. nach Barbados abgehen.
4.) Aus den Briefen des Bruder John Caldwells an Bruder Anton aus Air in Schottland vom 13tn May u. 3tn Jun. 1765. ist folgendes zu
„Ich reiste d. 6tn May als ein armer Sünder, der sich allein auf Jesu Blut u. Verdienst verläßt, nach herzlichem Abschied [70] von meinen lieben Geschwistern, die mit Thränen zu unserm lieben HErrn beteten, daß mein Besuch in Schottland gesegnet u. von gutem Erfolg seyn möchte, dahin ab. Die Loosungen, die du u. einige andere Brüder mir vor meiner Abreise aufgeschlagen, sind mir auf der Reise u. auch seitdem ich hier bin, oft zu großem Trost gewesen, wenn es bisweilen finster um mich herum aussahe; ja ich weine oft vor Freude u. Beugung vor dem Heyland, in welchem alle dieselben Verheißungen Ja u. Amen sind. Ich kam noch denselben Nachmittag um 4 Uhr nach Belfast; d. 7tn früh ging ich weiter u. kam über Hollywood u. Banyar bey guter Zeit nach Donaghadee. Das Packet-Boat, mit welchem ich gehen solte, kam des Abends an, u. ich ging mit demselben noch zu Mitternacht unter Segel. D. 8tn Morgens um ½7 Uhr langten wir zu Port-Patrick in Schottland an. Wir hatten eine gute Reise. So bald ich ans Land stieg, rief ich den Namen unsers lieben HErrn an, daß Er vor sich u. vor [71] Seine mit Blut erkaufte Gemeine Posseß von diesem Lande nehmen möchte. Nach dem Frühstück ging ich 2 deutsche Meilen weit nach Carne, konte aber vor Mattigkeit heute nicht weiter kommen, u. blieb da über Nacht. D. 9tn ging ich 4 bis 5 Meilen durch eine sehr wüste u. schlechte Gegend, wo nichts als Berge u. Hayde u. fast kein Haus zu finden ist, ausgenommen einige kleine Dörfer nahe an der See. Ich logirte die Nacht bey einem Mann, Namens Mac Cornel. Mit ihm u. einigen andern, die ich unterwegs antraf, redete ich von der Erlösung durchs Blut Jesu, fand aber keinen Eingang bey ihnen. Der Tod u. das Leiden des Heylands war ihnen was fremdes, u. alle, die ich noch gesprochen, scheinen gleichgültig dagegen zu seyn. O daß unser lieber HErr mir balde eine Thüre aufthun möge, ein Zeugniß von Seiner Liebe zu armen Sündern abzulegen, ja daß Er tausende von Seelen in diesem Lande zu Seinem Schmerzens-Lohn bekommen möchte!
D. 10tn Abends kam ich nach Air, [72] der Hauptstadt der Grafschaft selbigen Namens, u. die beynahe so groß ist, als das Newry in Ireland. Ich miethete mir auf 8 Tage eine Stube in dem Hause eines Bürgers, Namens John Smitt, um mich ein wenig umzusehen, ob in dieser Stadt oder Grafschaft etwas vor den Heyland zu thun sey. D. 11tn hielt ich Morgen- u. Abendsegen mit allen, die im Hause sind, u. nahm dabey Gelegenheit, sie anzureden u. ihnen den Heyland in Seiner Todes-Gestalt vorzumahlen. Mein Wirth ist ein guter wohlmeynender Mann. D. 12tn früh hielt ich mit einigen, die sich dazu einfanden, eine kleine Versammlung, u. weil es verschiedene von ihnen verlangten, so machte ich bekannt, daß ich Nachmittags um 5 Uhr predigen würde. Ich ging vorher in die Kirche u. hörte 2 Prediger nach einander predigen. Nachmittags kamen 30 Leute in das Haus, wo ich wohne, denen ich eine Rede hielt über die Worte: Bey dem HErrn findet man Hülfe, u. Deinen Segen über Dein Volk. Ps. 3,9. Sie waren alle sehr still [73] u. aufmerksam, u. ich prieß ihnen den Heyland, Sein Heyl u. die Vergebung der Sünden in Seinem theuren Blute an. Etliche von ihnen blieben nachher noch eine Weile da und waren sehr freundlich. Alle Leute in dieser Gegend sind entweder von der Schottischen Kirche oder Seceeders[WS 5]. In der Stadt so wol als auf dem Lande haben sie einen eigenen Dialect u. reden so hurtig, daß ich sie kaum verstehen kan. Uebrigens war ich an diesem wichtigen Kirchen-Tage /:d. 12tn May:/ im Geiste in der lieben Gemeine u. sank oft nieder zu den Füßen unsers lieben HErrn. D. 13tn kamen verschiedene Leute zu mir mit ihren alten Büchern, um mir zu zeigen, daß ich eben dieselbe Lehre gepredigt, die ihre Prediger in vorigen Zeiten geführt hätten. Ich habe Hofnung, daß der Heyland eine Thüre aufthun u. Seelen zu Seinem Schmerzens-Lohn an diesem Orte krigen wird. Abends um 7 Uhr kamen noch mehr Leute als gestern, denen ich eine Rede hielt über 1. Cor. 2,2. Ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter [74] euch, ohne allein Jesum Christum den Gecreuzigten. Sie schienen bewegt zu seyn, da ich ihnen den Heyland in Seiner Leidens-Gestalt vor die Augen stellte. Aber wie tief es gehet, kan ich noch nicht sagen. D. 14tn Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung in meinem Logis, welches von Zuhörern voll wurde. Nachher wolten die Leute aus eigenem Trieb eine Collection für mich machen. D. 15tn hielt ich früh eine kleine Haus-Versammlung, u. Abends redete ich öffentlich zu einer noch größern Anzahl als vorher. Ich hatte dabey ein gutes Gefühl vor mein eigen Herz. Aus Ungewohnheit kommt es den Leuten etwas fremde vor, daß ich unsre Lieder singe; aber ich habe gedacht, es sey beßer, solches gleich von Anfang zu thun, als es hernach einzuführen, u. ich gehe darinn meinen einfältigen Gang. Uebrigens nehme ich mich in allen Dingen in Acht, keinen Anstoß zu geben, als nur in Ansehung der Lehre vom Creuz; denn die predige ich als den Kern der christlichen Religion aus aller meiner Macht. D. 16tn Abends [75] hielt ich wieder Versammlung mit einem seligen Gefühl der Nähe des Heylands über die Worte: „Das da vom Anfang war, das wir gehöret – gesehen – beschauet – und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens“ p. 1. Joh. 1,1. Viele Leute mußten aus Mangel an Platz weggehen, u. viele hörten vor der Thüre zu. D. 17tn hatten die Leute ohne mein Wißen ein grosses Malz-Haus gemiethet zu unsern Versammlungen. Wie sie es ausgeräumt u. hübsch zurechte gemacht hatten, holten sie mich, es anzusehen. Sie rechnen, daß es 200 Personen halten kan. Abends hielt ich daselbst die Versammlung, die so zahlreich war, daß manche vor der Thüre stehen blieben. Sie führten sich recht ordentlich u. stille auf, u. der Heyland öfnete mir Herz u. Mund, daß ich von Seiner grossen Liebe zu armen Sündern reden konte. Mein Text war: „So sey euch nun kund, lieben Brüder, daß euch verkündiget wird Vergebung der Sünden“. O daß unser lieber HErr die Herzen dieser Leute durch die [76] Lehre von Seinem Blut u. Tod gefangen nehmen u. viele von ihnen zu Seinem Schmerzens-Lohn zehlen möge! D. 18tn kam ein wohlhabender Mann aus der Stadt, Namens Campbel, u. verlangte mit mir zu reden. Wir hatten eine zweystündige herzliche Unterredung mit einander; er ist ein erweckter Mann, aber sehr gesetzlich u. ist ehedem einer von Whitefields Zuhörern gewesen. Gestern Abend kam er in die Versammlung u. bezeugte seine Freude, daß er einmal so viel von Jesu Leiden u. der Versöhnung in Seinem Blute zu hören krigte. Er sagte: „Die Predigt vom Leiden des Heylands ist hier ganz abgekommen u. wie verloren gegangen; ich hoffe aber, daß euer Besuch uns allen zum Segen seyn wird.“ Abends kam wieder so viel Volk, daß das Haus u. die Vorstuben voll waren. Der Heyland war meinem Herzen nahe, daß ich mit Freymüthigkeit von Seiner Liebe bis zum Tod gegen arme Sünder reden konte. D. 19tn Morgens um 9 Uhr redete [77] ich wieder zu einer zahlreichen Versammlung in der Nähe des Heylands, über die Worte: „Darum siehe, ich will sie locken u. will sie in eine Wüste führen u. freundlich mit ihr reden.“ Nachher kamen verschiedene u. besuchten mich, die um ihre Seligkeit verlegen zu seyn schienen. Nachmittag um 5 Uhr hielt ich wieder eine Versammlung; wir waren aber genöthiget, ins offene Feld hinterm Malz-Hause hinaus zu gehen: denn der Platz war zu enge, wenn auch das Haus noch 5mal größer gewesen wäre. Ich stund auf einer hohen Treppe an der Thüre u. verkündigte der Menge Menschen, die alle sehr aufmerksam waren, das Wort des Friedens, über die Worte: „Die Haupt-Summa des Gebots ist Liebe von reinem Herzen u. von gutem Gewißen u. von ungefärbtem Glauben.“ 1. Tim. 1,5. Viele von ihnen kamen hernach mit mir zu reden u. waren sehr verlegen, daß ich vielleicht balde von hier weggehen möchte. Ich glaube, es ist eine besondere Führung des Heylands, daß Er mich just an [78] diesen Ort gebracht hat; denn die hiesigen Leute waren unruhig u. mit der Lehr-Art ihrer eigenen Prediger nicht zufrieden. Einige der angesehensten Leute in der Stadt baten mich, sie in ihren Häusern zu besuchen; da ich aber morgen aus der Stadt zu gehen gedenke, um weiter im Lande zu besuchen, so lehnte ichs ab, bis ich wieder komme.
D. 24tn kam ich nach einer Besuch-Reise von 6 Meilen in Black-Hall, Peasly, Glasgon u. andern Orten, wieder hieher zurück. Die Leute waren sehr froh, mich wieder zu sehen. D. 25tn besuchte ich verschiedene Leute in der Stadt mit wahrem Vergnügen. Abends kamen wieder sehr viel Leute, denen ich eine Versammlung hielt über Cant.[WS 6] 1,5. „Ich bin schwarz, aber gar lieblich.“ D. 26tn Morgens um 9 Uhr predigte ich einem zahlreichen Auditorio. Die Leute kamen in solcher Menge, daß kein Platz weder im Hause noch in der Straße vor sie war. Mein Text war: „Ich bin zum Gericht auf diese Welt gekommen, auf daß die da nicht [79] sehen, sehend werden, u. die da sehen, blind werden.“ Joh. 9,39. Ich habe noch nie vorher eine solche Freymüthigkeit zu reden u. an keinem Orte eine solche Nähe des Heylands dabey verspürt. Ich höre, daß etliche Aeltesten die Prediger angegangen sind, mich in Verhafft nehmen zu laßen; diese aber haben ihnen geantwortet: da soll uns Gott dafür bewahren! das können wir unmöglich thun, wer weiß, ob ihn der HErr nicht zum Segen unter uns gesandt hat. Herr Derumple, ein Prediger dieses Orts, der unserm seligen Bruder Cennik sehr ähnlich ist, hat sehr freundschaftlich von mir, so gar von der Canzel, gesprochen u. ein herzliches Gebet gethan, daß der HErr mein Unternehmen segnen wolle. Er u. mehr als tausend andere kamen Nachmittags um 5 Uhr, mich zu hören. Wir gingen vor der Stadt auf ein Feld, welches mir der Eigenthümer, auf Ersuchen einiger Freunde, zum predigen überlaßen hatte. Die Worte, darüber ich redte, waren: „Von welchem auch ihr herkommt in Christo Jesu, welcher uns [80] gemacht ist von Gott zur Weisheit u. zur Gerechtigkeit u. zur Heiligung u. zur Erlösung.“ 1. Cor. 1,30. Der Heyland war meinem Herzen recht nahe; ich bezeugte den Zuhörern, daß Sein Tod u. Leiden allen armen Sündern, die Ihn in ihre Herzen aufnehmen, die höchste Weisheit sey. Die meisten Einwohner aus der Stadt u. viele hundert aus den herumliegenden Dörfern waren zugegen, u. es ging alles sehr still u. ruhig zu. Ich bin der Hofnung, daß unser lieber HErr an diesem Orte eine Thüre zur Ausbreitung des Evangelii in diesem ganzen Lande, aufthun u. ein bleibendes Werk hier anfangen wird. D. 27tn frühstückte ich mit Herrn Campbel, wobey ich Gelegenheit hatte, auch mit einem andern Mann bekannt zu werden, der den Bruder Caries, die Brüder Foster u. Barham u. noch mehrere unsrer Brüder in America kennt. Gestern Abend u. heute besuchte ich verschiedene Kranke, die mich rufen ließen, mit denen ich herzliche Unterredungen hatte. Unter den armen Leuten habe ich etliche [81] gefunden, die erweckt sind. Einige von ihnen haben mir mit Thränen in den Augen gesagt, daß sie zum lieben Gott gebeten hätten, daß Er sie doch noch, ehe sie aus der Welt gingen, mit der Erneuerung der Predigt des Evangelii auf eine oder die andere Weise heimsuchen wolle. Diese u. dergleichen Umstände geben mir Gelegenheit, ihnen zum Herzen zu reden, den Heyland u. Sein blutiges Verdienst anzupreisen u. auch etwas von dem Werk der Gnade, das Er jezt auf Erden hat u. wobey Er die Brüder aus Gnaden braucht, zu erzehlen. Ueberhaupt sind die Leute froh, so viel vom Leiden Jesu zu hören: denn ihre eigene Prediger haben die Lehre als was altes schon lange nicht mehr getrieben. D. 28tn Abends hielt ich Versammlung im Malz-Hause. Einige der besten Familien in der Stadt kommen beständig in dieselbe, auch Leute 5–6 Englische Meilen weit aus dem Lande. Wenn eine Gelegenheit geht, laßen sie es ihren Freunden wißen, oder schreiben es ihnen mit der Post, daß ich da bin, so [82] daß mein Hierseyn schon weit u. breit bekannt ist. D. 29tn verbrachte ich mit Lesen u. Schreiben, besuchte auch etliche Bekannte in der Stadt. Es geht eine Rede hier, als hätte ich vom König u. dem Gouvernement ein ausgeseztes jährliches Salarium als Prediger, u. ich dadurch recht wohl versorgt wäre. D. 30tn dachte ich viel an meine lieben Brüder in Irrland u. hielt eine herzliche Bande mit meinem geliebten HErrn und besten Freunde. Abends war wieder eine zahlreiche Versammlung, die täglich größer wird. Mein Text war: „Noch will ihnen der HErr wohl um Seiner Gerechtigkeit willen, daß Er das Gesetz herrlich u. groß mache.“ Jes. 42,21. Es ging wieder so stille zu, als wenn eine Gemein-Versammlung wäre, u. es rührte sich niemand, bis alles vorüber war. D. 31tn besuchte ich den ganzen Tag in der Stadt u. auf dem Lande. Eine kranke Frau in einem Dorfe, Maybole genannt, hatte mich rufen laßen. Mir war in dem Hause recht wohl, u. das wurde eine Gelegenheit, daß ich Freyheit erhielt; [83] auch da Versammlungen zu halten. D. 1tn Jun. dachte ich viel an die liebe Gemeine u. an das höchste Gut, das sie im heiligen Sacrament genießet. Im Geist genoß ich als Sein armes Blut-Würmlein auch meinen Antheil. Abends hielt ich eine Rede über die Worte: „Ich habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten“ p. 2. Tim. 4,7.8. Ich wünsche von Herzen, daß noch ein Bruder hier wäre, damit die Gemüther der Leute im Anfang nicht zu sehr von Eines Bruders Vortrag eingenommen werden, u. die erweckten Leute mehr auf ihre Herzen kommen mögen. D. 2tn Jun. predigte ich Vormittags im Felde einer großen Menge Menschen, wobey mir der Heyland fühlbar nahe war, über die Worte: „Ihr Lieben, nachdem ich vorhatte, euch zu schreiben von unser aller Heyl, hielt ichs für nöthig, euch mit Schriften zu ermahnen, daß ihr ob dem Glauben kämpfet“ p. Jud. v. 3. Zu Mittage predigte ich in dem Dorfe Maybole in dem Hause eines Mannes, der Loggan heißt, zu 200 Zuhörern [84] über die Worte: „Hören sie Mosen u. die Propheten nicht, so werden sie auch nicht gläuben, ob jemand von den Todten auferstünde.“ Luc. 16,31. Nachmittag um 5 Uhr predigte ich wieder in der Stadt Air. Der Haufe war so groß, daß viele Leute sagten, sie hätten nie in ihrem Leben eine solche Menge Menschen auf einem Fleck beysammen gesehen. Wahr ist es, ich vor meine Person habe nie vorher einer so zahlreichen Versammlung beygewohnt, u. doch war alles so stille, als wenn nur ein einziger Mensch da gewesen wäre. Mac Gill, einer der Stadt-Prediger, war auch zugegen. Mein Text war: „Darum spricht der HErr HErr: Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewährten Stein, einen köstlichen Eckstein, der wohl gegründet ist. Wer glaubet, der fleucht nicht.“ Jes. 28,16. Wie ich die Leute 2 Stunden vorher sich versammlen sahe, wurde ich doch ein bißel verlegen, wie es gehen würde; ich legte aber mein ganzes Anliegen an meines Heylandes treues u. liebendes Herz, u. bat [85] Ihn, daß Er mit mir seyn u. mich nicht vergebens Sein Wort verkündigen laßen wolle. Er tröstete mich, u. ich denke, ich habe noch nie mit einem so seligen Gefühl Seiner Gegenwart geprediget als dismal. Bis hieher wird mir noch nichts in den Weg gelegt; jedermann scheint freundlich zu seyn u. wünscht, daß ich ja bey ihnen bleiben möchte. Meine Antwort ist: Das Werk ist des Heylands, u. Er wird dafür sorgen. D. 3tn besuchte ich verschiedene Leute auf dem Lande, eine Meile von hier. Es sind noch viel andere, die mich aufs Land invitirt haben; die Zeit langt aber nicht zu, nur die Helfte von ihnen zu besuchen. Morgen werde ich hier Versammlung halten u. nächsten Montag in Black-Hall, ohnweit Peasly, welches 5 Meilen von hier ist. Ich gedenke aber so bald möglich hieher zu retourniren, um an dem folgenden Sonntag in den 3 Plätzen wie gewöhnlich zu predigen. Die hiesigen Leute möchten sehr gern unser Gesang-Buch haben, u. es wäre mir sehr lieb, wenn eine Anzahl derselben u. auch von unsern andern [86] Büchern hieher geschickt werden könten. Die Stadt ist ein See-Hafen, u. es gehen beständig Schiffe von hier nach Belfast mit Kohlen. Wenn es möglich ist, so bitte ich, daß ein Bruder mich je eher je lieber besuchen möge. Auch wolte ich bitten, mich ja nicht eher nach Irrland zurück zu rufen, bis ein Bruder an meine Stelle vor Schottland hier ist. Ich bin wohl, vergnügt u. selig in meinem Herzen u. fühle, daß unser treuer Freund sich nahe zu mir hält. Ich besuche dich oft im Geiste, /:schreibt er an Bruder Anton:/ behalte mich auf deinem Herzen vor unserm lieben HErrn, u. laß die Geschwister fleißig für mich beten pp.
[87]
betete Bruder Johann Nitschmann um 8 Uhr mit der Gemeine die Litaney u. gedachte in derselben des Säuglings Johann Heinrich Rumpels, u. bey der Bitte um die ewige Gemeinschaft der hier heimgegangenen ledigen Schwester Margaretha Wittin u. des Knaben Johann Heinrich Stehmann.
Nachmittag um 4 Uhr hielt Bruder Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über den Text, u. in der Gemeinstunde um 7 Uhr redete er über die Loosung.
Nach der Liturgie um 9 Uhr wurde die Verlobung des Bruder Johann Daniel Schnepfs mit der Schwester Susanna Margaretha Krausin der Gemeine bekannt gemacht, u. unsere lieben Geschwister Wohns zu ihrer bevorstehenden Abreise nach Neu-Dietendorf an Geschwister Waecklers Stelle dem Andenken u. Segen der Gemeine empfohlen, [88] worauf sie
ihre Reise antraten. An eben dem Tage wurde vom Directorio unsers lieben Bruder David Nitschmanns Abfertigung u. Instruction zu seiner bevorstehenden Visitation in Nord-America expedirt. Wir empfehlen ihn u. seine Ehe-Schwester u. Geschwister Joseph Neissers, die mit ihnen reisen, dem Gebet u. Segen aller unserer Gemeinen. Zugleich wurde vom Directorio an die dortige Oeconomats-Conferenz, an die Geschwister in den Gemein-Orten u. an die Land-Gemeinen geschrieben.
Sonst erhielten wir auch in diesen Tagen Nachricht, daß unser lieber Bruder Joseph u. seine Gesellschaft am 25tn Jul. glücklich u. wohl in Berlin angekommen, welches uns um so viel erfreulicher war, da die Brüder Joseph u. Seidliz unterwegs unpäßlich geworden.
ging Bruder Johannes mit seiner Benigna u. der Schwester Caritas nach Niesky, allwo das dasige Gemein-Fest [89] am 8tn in wahrer Gnade begangen wurde. Auch waren daselbst die Chor-Einrichtungen der Jünglinge, Knäbgen u. Mädgen. Am 9tn Aug. ging gedachte Gesellschaft nach Klein-Welke, u. am 10tn wurde das dasige neue Chor-Haus der ledigen Brüder u. insonderheit die Versammlungs- u. Schlaf-Säler eingeweyhet. Es waren etliche 30 ledige Brüder aus Herrnhuth u. Niesky dahin gekommen. Der Heyland machte diesen Tag zu einem Tag der Freude für die dasige ganze Gemeine u. insonderheit die ledigen Brüder, unter denen auch die erste Chor-Einrichtung war.
In Herrnhuth hielt Bruder Georgius am 6tn Aug. zur gewöhnlichen Zeit eine Rede über die Loosung.
hielt Bruder Layriz Abends zur Zeit der Lection eine Rede über die heutige Loosung, welcher der Herr v. Hohenthal nebst andern besuchenden Fremden beywohnte.
redete Bruder Georgius in der Versammlung der Communicanten über die Loosung [90] u. in einer Versammlung der Ehe-Geschwister war die Trauung des am 4tn hujus erwehnten Paares.
hielt Bruder Johann Nitschmann zur gewöhnlichen Zeit die Stundenbeter-Versammlung.
Sonst ist bey dieser Woche noch folgendes zu communiciren:
1.) Von Bruder Paschko erhielten wir Nachricht, daß er am 30tn Jun. in Herrmannstadt angekommen u. von dasigen Geschwistern herzlich empfangen worden.
2.) Bruder Carstens in Lübeck meldet, daß Geschwister Hüffels am 27tn Jul. aus Travemünde nach Petersburg abgesegelt sind.
3.) In Gnadenfrey ist die Schwester Ostin u. die ledige Schwester Anna Maria Morbachin zum Heyland gegangen.
4.) Dem Bruder Cleve in Suriname wurde seine schriftliche Ordination gesandt.
[91]
hielt Bruder Johann Nitschmann um 8 Uhr die Gemein-Litaney und gedachte in derselben gehörigen Orts des vorige Woche getrauten Paares, unsrer Geschwister Schnepfs.
retournirte Bruder Johannes mit seiner Gesellschaft von seinem Besuch in Niesky u. Klein-Welke.
Aus Thomas erhielten wir in diesen Tagen erfreuliche Nachrichten vom Monat May. Unser lieber Bruder Georg Keiter ist aber daselbst am 11tn May in seines HErrn Freude eingegangen.
Unsere 4 Brüder, die nach Labrador gehen, sind am 2tn Jun. in Croghe Harbour in Newfoundland nach einer glücklichen See-Reise von 26 Tagen angekommen. Bruder Drachart war wieder ganz gesund.
Von Bruder Nathanael bekamen [92] wir Briefe aus New York. Geschwister Friedrich Schmidts sind auf ihren künftigen Posten nach New-Port in Rhode-Island abgegangen.
So hat auch Bruder Etwein unterm 11tn May aus Bethabara von seinem Besuch in Georgien u. den gesegneten Wirkungen des General-Synodi unter den Wachauischen Geschwistern, Nachricht gegeben.
als dem Gedächtniß-Tage der ersten Ausgießung des heiligen Geistes über die jezige Gemeine, in der Kirche zu Berthelsdorff anno 1727. versammlete sich früh um 8 Uhr die ganze Gemeine auf dem Saal.
Bruder Johannes hielt eine eindrückliche Rede u. erwehnte in derselben dankbarlich des wichtigen Vorgangs an dem heutigen Tage vor nunmehr 38 Jahren, fiel darauf mit der Gemeine auf die Knie u. brachte mit derselben unserm so gnädigen u. treuen HErrn u. Hohenpriester ein mit vielen Thränen vermengtes Gratias für Sein die Jahre her so fühlbares Bekenntniß zu uns Seinen armen Sündern.
[93] Der Schluß war: Nimms Aug von Thränen naß – zum Gratias p. Die wir uns nun hier beysammen finden; schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p.
In einer Weile darauf gingen so viele der hiesigen Communicanten nach Berthelsdorf, als die Kirche fassen konte.
Bruder Johannes that vor dem AbendMahl folgendes Gebet:
Allerliebster Heyland, Du Einiger Hoherpriester u. Versöhner Deiner Gemeine! Du hast heute vor 38 Jahren an dieser Stätte Dein Auge auf Deine Brüder-Gemeine so freundlich blicken laßen, daß ihre Herzen vor Dir zerschmolzen u. ihre Augen in Thränen zerfloßen sind. Du hast sie damals zu einer lebendigen Gemeine gemacht u. Deinen heiligen Geist über Dein Brüder-Volk ausgegoßen. Lieber Heyland! wir erscheinen heute wieder an dieser gesegneten Stätte vor Dir u. danken Dir für alle Barmherzigkeit u. Gnade, für die Verklärung Deiner Wunden, für die Aufrechthaltung unsers Bundes auf Deine [94] Marter u. Tod u. für die tausendfachen Segen u. Gnaden, die Du an uns arme Sünder gewendet hast u. noch wendest. Wir bringen Dir unser Gratias mit naßen Augen u. bekennen Dir zugleich, daß wir viel zu geringe sind aller Deiner Barmherzigkeit u. Treue, daß in uns nichts als Elend u. Sünde ist, ja daß Du vielfache Ursache hättest, Dein Angesicht von uns zu wenden u. uns Deine Gnade zu entziehen. Wir bekennen Dir alle Mängel u. Gebrechen, die wir noch täglich an uns finden; bitten Dich aber, daß Du Dich in dieser Stunde aufs neue zu uns wenden, Deine durchgrabene Hände über uns aufheben u. uns von alle dem, was Dir bisher nicht an uns gefallen, absolviren wollest. Wir erkennen Deine Güte u. Treue, die alle Morgen neu an uns ist, u. bitten Dich, bleibe bey Deiner Gemeine, bey dem Volke, das Du Dir gesammlet hast, laß Deine Gnade unter uns fortwalten u. bereite uns zu einer Gemeine, die Du Deinem Vater im Himmel als einen wahren Lohn Deiner Schmerzen [95] zeigen kanst, u. an der der heilige Geist für Seine mütterliche Pflege Freude hat. Wir geben uns von neuem in Deine Hand u. bitten Dich, daß Du uns durch das heilige Sacrament aufs neue segnen, unsern Bund auf Deine Marter u. Tod erneuern, durch Deinen Marter-Leichnam in die Aehnlichkeit Deiner Leiche gestalten u. durch Dein Gottes-Blut unser Herz aufs neue lebendig machen u. in Liebe gegen Dich u. unter einander entzünden wollest. Allerliebster Heyland! Du hast uns dazu aufgerufen, daß wir in dieser lezten betrübten Zeit, da man anfängt, Deines Namens zu vergeßen u. auch in den Religionen die Lehre von Deiner Marter nicht mehr achtet, bey Deinen Wunden bleiben u. das Wort von Deinem Creuz treiben sollen. Auch dazu geben wir uns Dir aufs neue hin u. wollen Deinen Tod unter Christen u. Heyden getrost bekennen. Christe, Du Lamm Gottes, der Du getragen die Sünde der Welt u. auch Deines Volks, gib uns Deinen Frieden. Amen!
[96] Die Austheilung des gesegneten Brodes u. Weines geschahe darauf nach den Einsetzungs-Worten, von den Brüdern Müller u. Anders unter Bruder Johannis Liturgie.
Nach der Rückkunft von Berthelsdorf gegen 12 Uhr begingen auch die zurück gebliebenen Geschwister das AbendMahl auf dem Gemein-Saal, u. Nachmittag gegen 4 Uhr hatten zuerst die Schwestern u. darauf die Brüder das Anbeten.
Und so wurde dieser Tag von Frühe an bis in die Nacht von der Gemeine in wahrer Gottes-Freude zugebracht, u. bey allen erwehnten Versammlungen, wie auch in der Singstunde Abends, welche mit dem Segen beschloßen wurde, war der Heyland gewißlich da.
war es jährig, daß das Directorium von unserm lieben HErrn im General Synodo ernennt worden. Wie hat Er sich nicht seitdem an Seinem Hause u. Volke bewiesen u. sich als unser Aeltester zu dem Rath Seiner Diener, ohngeachtet unsrer Armuth u. Schwäche, bekannt! [97] Er war auch heute in unsrer Mitte, u. ließ uns Seine Zufriedenheit inne werden. Die ganze Gemeine nahm herzlich Antheil daran u. erbat in der Singstunde dem Directorio neue Segen, u. das werden gewiß alle unsere Gemeinen gethan haben.
Sonst retournirte heute Bruder Johann Heinrich Thiele, der einige Tage zum Besuch bey uns war, nach Gnadenbergel, u. mit ihm trat auch der Siebenbürgische Bruder Clemens, der sich einige Wochen hier aufgehalten, seine Rückreise an.
reisten Geschwister Weinels nach Barby, Geschwister Raschkens nach Altona u. Geschwister Ranzaus nach Hollstein u. Zeist ab, nachdem sie in der Singstunde Abends vorher dem Segen der Gemeine empfohlen worden.
Der heutige Tag, da die Gehülfinnen vom Directorio im Synodo ausgemacht worden, hatte ebenfalls seine eigene liebliche Signatur.
In der gewöhnlichen Versammlung der Communicanten redete Bruder Georgius über die heutige u. gestrige Loosung.
[98]
wurde vom Directorio u. dem Vorsteher-Collegio über die Wachau eine ausführliche Conferenz gehalten, in welcher uns der Heyland verschiedene wichtige Auskünfte, sonderlich in Ansehung des daselbst anzulegenden Gemein-Orts Salem u. der Vertheilung des Landes unter die Lots-Innhaber schenkte.
Das heutige Mädgen-Fest wurde gar lieblich u. selig begangen. Vormittag beteten sie ihre Litaney, u. Nachmittag um 2 Uhr hatten sie fröliche Agapen, bey welchen auch die Mädgen von Berthelsdorf u. Cathrinenhof waren. Bruder Gregor hatte ihnen dazu folgenden schönen Fest-Psalm, der gedruckt worden, gemacht:
Gott grüß’ Dich im Saal
Zum Fest-Liebes-Mahl,
Du liebliche Schaar,
Die immer dem Heyland
vorzüglich lieb war!
Gemeine Ach wie freut sich mein Gemüthe
- Ueber Seiner großen Güte!
[99] Chorus 1. Kommt her, Kinder, hört zu!
- Kommet u. höret die Worte des
- HErrn. Wir wollen uns setzen
- zu Seinen Füßen u. lernen
- von Seinen Worten.
Liturgus Wollt ihr wißen, was zun Füßen
- Eures Freundes wird getrieben:
- Nichts als lieben,
Liturgus u. Chorus Nichts als lieben :/:
Gemeine Der eine liebt doch gar zu sehr,
- Das andre schämt sich immermehr.
Solo: Daß unser Heyland die Kinder liebt,
- Und auch Beweise gnug davon gibt,
- Sagt uns theils die Bibel,
- Theils gibts noch heute
- Tausend so kleine geliebte Leute,
- Die’s attestir’n.
- Mit welchem Herzen voll Zärtlichkeit
- Hat Er die Kindlein dort benedeyt,
- Die man Ihm zum segnen
- Zu bringen pflegte:
- Er herzt’ u. küßte sie all’ u. legte
- Die Händ’ auf sie.
- Ein ander Kindlein, das bey Ihm stand,
- Nahm Er aufs freundlichste bey der Hand,
- Küßt’s und sprach zu denen,
- Die auch hinkamen:
- Wer ein Kind aufnimmt in meinem Namen,
- der nimmt mich auf.
[100]
- Verachtet ja diese Kleinen nicht;
- Denn ihre Engel sehn’s Angesicht
- Gottes meines Vaters,
- Und wenn ihr gleiche
- Erben wollt werden im Himmelreiche,
- So werd’t wie sie!
- Wie herzlich hat Ihm der Kinder Lall’n
- Und Hosiannah-Geschrey gefall’n,
- Da erfüllet wurde,
- Daß die Unmünd’gen
- Und jungen Säuglinge soll’n verkündigen
- Das Lob des HErrn.
- Ach Sein Verlangen war für u. für:
- Weißt meine Kinder, weißt sie zu mir!
- Bis Er selbst kam suchen,
- Ob Er sie könne
- Zu sich versammlen, wie eine Henne
- Mit Kichlein thut.
Gemeine Das mag ein Herze seyn :/:
Chorus 2. O welch ein Blick!
- O welch ein süßer Blick
- In jene Zeit zurück
- Der Mensch-Sohns-Tage!
- Ach jede Nachkunft frage
- Nach gleichem Glück :/:
- O schöne Zeit!
- O wunderschöne Zeit,
- Die jezt noch Rosen streut,
- Darauf wir wandern
[101]
- Entgegen einer andern,
- Die mehr erfreut :/:
Gemeine Ach daß sie da wär schon!
Chorus 1. Wenn schlägt die angenehme Stunde,
- Die uns so Tage wieder bringt?
- Wenn kommts, daß man mit frohem Munde
- Die Ankunft unsers Freunds besingt?
- Wenn wird Er mir die Freude gönnen,
- Daß Ihn mein sehnlich Auge sieht?
- Wenn werd’ ich den umfaßen können,
- Der mich unsichtbar an sich zieht?
Liturgus Unser Grämen zu beschämen,
- Kan’s einst unversehens seyn.
Chorus 2. Wie würd’ uns seyn?
- Wie würd’ uns jetzo seyn,
- Du Freund der Kinderlein!
- Wenn wir Dich sähen
- Mit ofnen Armen stehen?
- Wie würd’ uns seyn? :/:
Gemeine Wir fiel’n zu Deinen Füßen
- Und ließen Thränlein fließen,
- Und sprächen: Nimm Dein Kichlein ein!
Solo. So was, ihr Kinder, ist auch geschehn,
- Ob Ihn wol leiblich kein’s hat gesehn,
- Als Er hies’ge Mägdlein,
- Eure Vorfahren,
- Heute vor just acht u. dreyßig Jahren
- Hat heimgesucht.
[102]
- Da wurd’ Er ihnen so fühlbar nah,
- Als stünd’ Er ihnen vor’n Augen da,
- Und bat um ihr Herze,
- Daß sie’s Ihm gäben;
- Und seht, sie weinten u. gaben’s eben
- So hin, wies war.
- Dadurch entstunde ein himmlisch Feu’r
- Bey unsern Kindern, das brennt noch heu’r,
- Und soll nie verlöschen
- Bey Seinen Kleinen,
- Bis Er zum andernmal wird erscheinen
- Mit ofner Pleur’[WS 7].
Chorus 2. Vergnügter Blick!
- Dankbar vergnügter Blick
- Auch in die Zeit zurück!
- Doch jez’ger Tagen
- Wär schon was zu sagen
- Von unserm Glück :/:
Gemeine Erhalt es uns als unsern eignen Segen
- Um deiner heiligen fünf Wunden wegen.
Solo. Von dort her schreibt sich das heutge Fest;
- Und seyd ihr gleich nicht dabey gewest,
- Ist doch jene Gnade
- Auf euch gekommen;
- Auch hat das Feuer, das dort entglommen,
- Euch angezündt.
- Nun hat Er gerne, das wißt ihr schon,
- Für Seine Arbeit den vollen Lohn
- An jedweden Kindes
[103]
- Zärtlicher Liebe,
- Attachement u. entbranntem Triebe
- Zu Sein’r Person.
- Denn daß der Schöpfer vom Himmel kam
- Und einen menschlichen Leib annahm,
- Und sich unsre Seelen
- Mit Blut erwarbe,
- Und als ein Märtyrer für uns starbe,
- Muß fruchtbar seyn.
- Drum, lieben Kinder, seyd hocherfreut,
- Daß Er so Funken hat ausgestreut,
- Die in euch zur Flamme
- Des HErren werden;
- Und da ihr Ihn habt, mit Ihm auf Erden
- Im Himmel seyd.
- Nun könnt ihr täglich Beweise seyn
- Von Seiner Liebe zu Kinderlein;
- Denn Er ist wahrhaftig
- In eurer Mitten,
- Und jedes Merkmaal von Seinen Tritten
- Bringt Friede ’rein.
- Er hält euch Schule u. küßt zugleich
- Sein Stab u. Stecken regieret euch;
- Seine Nähe tröstet;
- Sein Blut versöhnet;
- Und durch Sein Schönthun mit euch, gewöhnet
- Er euch an sich.
- Sein Bußkampfs-Schweiß weht euch heilsam an,
[104]
- Daß jed’s gesund davon werden kan.
- Seine Liebes-Arme
- Mit Blut befloßen
- Halten euch Tag u. Nacht gern umschloßen,
- Da hängt euch dran,
- Und seht, daß ihr euch der Seligkeit
- Nie ohne Zährlein u. schaamroth freut;
- Denn’s ist lauter Gnade
- Und bleibt ein Wunder
- Seiner Barmherzigkeit, so jezunder
- Wie allezeit.
Gemeine Ach! Herz und Auge rinnen,
- Wenn wir deß werden innen.
Chorus 1. u. 2. Groß sind die Werke des
- HErrn! wer ihr’r achtet, der
- hat lauter Freude dran. Laßet
- Seinen Ruhm erschallen in den
- Reigen Seiner Mägdlein!
Liturgus Singet Ihm, als stünd Er da:
Alle: Ave und Hallelujah!
Chorus 1. O daß Ihn doch jedes mit frölichem Geiste
- Sein Lebelang liebte u. lobte u. preiste!
- O wäre doch jeglicher Pulsschlag ein Dank
- Und jeglicher Othem ein Freuden-Gesang!
- Das Lamm, das mit Blut unsre Seelen erworben,
- Der Freund, der aus Liebe für uns ist gestorben,
- Ists ewiglich würdig demselben zu Ehr’n
- Sprech alles Volk Amen u. lobe den HErrn!
Alle: Preis, Ehre u. Macht sey Ihm von uns armen
- Erlösten gebracht!
[105] Ihre darauf folgende Homilie u. das unter viel Thränen gehaltene Anbeten, so auch ihr Gang auf den Huthberg u. durch den Garten, war in seliger Gnade.
In der Beter-Versammlung erinnerte Bruder Johannes an das heutige Fest der Mägdlein, u. empfahl dieselben dem Gebet u. Segen dieser Gesellschaft. Er gedachte auch dankbarlich der heutigen Zurückkunft der Geschwister Josephs, Bruder Seidliz u. Gneuß von ihrer gesegneten Visitation in Berlin u. Rixdorf, u. berührte zulezt mit ein paar Worten die heutige Loosung: Ich will reden, was der HErr mir sagen wird.
Den Witwern hielt er um 8 Uhr eine Homilie über den Text.
Zum Schluß des Tages u. dieser Woche erschienen noch die Mägdlein im allgemeinen Abendsegen u. machten durch den Gesang: Aus dem Munde der Unmündigen – hast Du Lob zugerichtet p. daß Alten u. Jungen die Augen übergingen.
[106]
betete Bruder Joseph früh mit der Gemeine die Litaney u. gedachte gehörigen Orts des Bruder Georg Keiters, der in St. Thomas, und der Schwestern Ostin u. Morbachin, die in Gnadenfrey heimgerufen worden.
Gegen Mittag retournirten unsere lieben Heinrichs von Merseburg, allwo sie den Herrn Grafen Promnitz, unsrer lieben Agnes Bruder, auf eine besondere Veranlaßung besucht hatten.
Nachmittag hielt Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Joseph Abends in der Gemein-Stunde redete u. zum Schluß die morgen auf ihren Posten im Hollsteinischen wieder abreisende Geschwister Erich Braus dem Segen der Gemeine empfahl, welche ihnen [107] sang: O könten sie – die Herzen – auf Emauntisch heitzen! Deines Angesichtes Schweiß segne sie auf ihrer Reis’ p. HErr Jesu Christ! Dein Tod – behalte Deine Leute p.
kamen Geschwister Waecklers von Neu-Dietendorf bey uns an.
Von Bruder Gambold erhielten wir einen lieblichen Bericht von der Einrichtung der Gemeine in Coothill in Ireland am 6tn Jul.
Sonst wurde heute vom Directorio eine ausführliche Conferenz über die Berlinische u. Rixdorfische, u. am 21tn darauf über die Schlesischen Gemeinen gehalten, in welchen uns unser lieber HErr verschiedene wichtige Anweisungen gab.
hielt Bruder Georgius zur gewöhnlichen Zeit eine Rede über die Loosung.
traten Geschwister Daniel Schnepfs mit dem Segen der Gemeine ihre Reise nach der Wachau an.
bekamen wir wieder Diaria u. Briefe aus St. Thomas, u. unter andern [108] eine schöne Erklärung über verschiedene wegen der Arbeit der Brüder unter den Negern von der hohen Obrigkeit vorgelegte Fragen, darinnen unter andern gemeldet wird, daß bereits 67 von unsern hingesandten Geschwistern in den dortigen 3 Eylanden heimgegangen. Der von unsern Brüdern getauften Erwachsenen sind 2816, der Kinder 654, der von andern Getauften u. in unsere Gemeine aufgenommenen 69. Summa 3539. Von diesen sind bereits 789 vor dem Throne des Lammes. Gegen 600 sind AbendMahls-Geschwister, u. sie zehlen über 2000 Lehrlinge u. Tauf-Candidaten, die hofnungsvolle Leute sind u. um die heilige Taufe bitten.
Auch bekamen wir diese Woche erfreuliche Diaria u. Briefe aus Suriname vom 28tn May. Unsere Geschwister sind wohl, die Arbeit unter den Indianern geht in neuem Segen, u. es continuirt auch die hofnungsvolle Bekanntschaft mit den Frey-Negern.
Bruder Daniel meldet vom 28tn Jun. aus der Stadt Moscau seine u. der andren Astracanschen Brüder glückliche [109] Ankunft daselbst.
Die Versammlung um 7 Uhr hielt Bruder Johannes über die Loosung u. darauf den ledigen Schwestern über eben dieselbe eine Chor-Homilie.
kamen Geschwister Hadwigs aus Liefland mit der Schwester Christiane Friederica glücklich u. wohl an.
Von unsern Brüdern aus Trankenbar in Ost-Indien bekamen wir vom 24tn Oct. vorigen Jahres Briefe, die uns über das, worüber wir ihrenthalben verlegen waren, gar sehr trösteten. Sie sind alle wohl u. gesund.
In der Beter-Versammlung betrachtete Bruder Johannes die heutige Loosung über welche er um 8 Uhr den großen Mädgen eine Chor-Homilie hielt.
Sonst fügen wir dieser Woche noch folgendes bey:
1.) Bruder Lauterbach wurde von Zeist hieher gerufen, um dem Bruder Joseph bey der Arbeit an dem Lebenslaufe des seligen Jüngers zu assistiren.
2.) Der Heyland hat das Directorium angewiesen, daß diesen Herbst eine Visitation von ihm in Gnadenbergel [110] u. Gnadenfrey geschehen soll. Die Correspondenz an daßelbe gehet aber auch als denn, wie bisher, nach Herrnhuth.
3.) Bruder Gambolds Bericht ans Directorium von der Einrichtung der Gemeine zu Coothill im North von Ireland:
Am 5tn Jun. reiste ich mit meiner Frau von London nach Fulneck ab, wo wir uns 11 Tage zu unserm grossen Vergnügen aufhielten u. in der Zeit auch die dortigen Land-Gemeinen sahen. Unsern kleinen Sohn, der mit uns gekommen war, ließen wir in der dasigen Kinder-Anstalt u. sezten unsre Reise nach Irrland fort, in Gesellschaft der ledigen Schwester Mariegen Schneiderin. In Duckenfield blieben wir ein paar Tage u. erquickten uns in dem lieblichen Gemeinlein daselbst. Als wir an die See kamen, war der Wind uns zwar entgegen; aber unser guter HErr half uns doch so glücklich hinüber, daß wir am 29tn nach Dublin kamen, u. den folgenden Tag das heilige AbendMahl mit dieser Gemeine halten konten. Wir ruhten hier 3 Tage aus, damit die Brüder im North Zeit haben möchten, uns in Coothill [111] zu begegnen, wohin ich u. meine Frau am 4tn Jul. abreisten u. am Freytag Nachmittag d. 5tn ankamen. Wir fanden unsern lieben Bruder Anton, die Brüder Horne u. Jorde u. Geschwister Zanders, welche leztere die Arbeiter an diesem Orte sind, schon vor uns, die uns alle mit vieler Liebe empfingen. In der Conferenz hielten wir dafür, daß, ob die Zeit gleich kurz war, doch der morgende Tag am schicklichsten seyn würde zur Einrichtung dieser neuen Gemeine, u. unser lieber HErr bestätigte diesen Gedanken. Alle die Candidaten zur Gemeine, welche vor 2 Jahren bey unsers lieben Bruder Johanns Visitation dazu ausgemacht worden, /: ausgenommen 1 oder 2, bey denen Geschwister Zanders ein Bedenken hatten :/ waren schon bestellt, u. dazu kamen noch etliche neue, von denen man glaubte, daß sie in Vorschlag kommen könten. Am Sonnabend früh d. 6tn Jul. waren sie alle beysammen, u. wir sprachen einzeln mit ihnen zu unsrer Satisfaction. Sie sind einfältige Herzen u. recht gefühlig gegen den Heyland u. das Wort von Seiner Versöhnung, u. voller Verlangen nach den [112] Gemein-Gnaden. Die mehresten von ihnen wohnen kaum eine Englische Meile von der Capelle, u. nur sehr wenige in Arvogh, welches über 3 deutsche Meilen von hier liegt. Diese leztere waren die vorige Nacht durch zu Fuße hieher gegangen. Nach diesem Sprechen kam die Conferenz zusammen, um den gnädigen Willen unsers HErrn u. Hauptes zu hören, welche von ihnen Er uns anweisen würde als die ersten Gemein-Glieder an diesem Orte. /: 6 ledige Brüder sind aus andern Gemeinen, wo sie bereits aufgenommen waren, hieher gezogen, deren exemplarischer Wandel ein guter Geruch in der ganzen Gegend ist :/ Alle die alten Candidaten, ausgenommen 2, u. auch 4 von den 6, die jezt erst vorgeschlagen wurden, bekamen die Erlaubniß zur Aufnahme, nemlich 8 Paar verehlichte Geschwister, 7 verehlichte Brüder, 4 verehlichte Schwestern, 2 Witwen, eine ledige Schwester, das ist, 15 Brüder u. eben so viel Schwestern, in allen 30. Unter diesen war ein Bruder, der in der Römisch-Catholischen Religion erzogen war, u. ein anderer, der ehedem ein notorisch schlechtes Leben [113] geführt hatte; die große Veränderung aber, die bey ihm vorgegangen, war die Gelegenheit, daß die Leute in Arvogh vor etlichen Jahren nach dem Evangelio u. dem Umgang mit den Brüdern begierig wurden. Alle diejenigen, mit denen wir gesprochen hatten, wurden zu einem LiebesMahl Nachmittags in der Capelle bestellt. Wir redten mit ihnen von dem Werke, das der Heyland in unsern Tagen auf Erden hat u. unter dem Brüder-Volk u. durch deßen Dienst ausführet, u. was der Grund u. das Leben von dem allen sey, nemlich das verdienstliche Leiden u. der Tod des HErrn. Wir führten ihnen auch zu Gemüthe, daß die Seelen an diesem Orte nun schon etliche Jahre von den Brüdern mit dem Evangelio bedient worden, u. daß es eine geraume Zeit ihr Verlangen gewesen, zu einer Gemeine eingerichtet zu werden, damit sie mehrerer Pflege genießen u. mit Christi Blut und Christi Sinn ausgeschmückt werden möchten. Unser lieber HErr habe auch schon vor einiger Zeit Sein Ja-Wort dazu gegeben; u. dem zufolge solte ihnen diese Gnade am heutigen Tage [114] zu Theil werden; es hange allemal von der souverainen Gnadenwahl des Heylands ab, was vor schwache u. in sich selbst unwürdige Sünder Er als die ersten Glieder einer solchen Gemeine zu ernennen beliebte. Hierauf wurden die Namen gelesen, u. diese 30 Personen, nebst den vorerwehnten 6 ledigen Brüdern, in Seinem theuren Namen, ja im Namen der heiligen Drey-Einigkeit zu einem Gemeinlein, wie Seine übrigen Brüder-Gemeinen sind, in deren Mitte Er wandelt, u. die Sein Schmerzens-Lohn sind, declarirt. Wir empfahlen sie in einem herzlichen Gebet unserm lieben Vater, dem heiligen Geiste u. unserm lieben HErrn, zum Schutz, Pflege u. Seiner beständigen Nähe u. Segen. Wir wünschten auch insonderheit, daß dieses Häuflein, nach der heutigen Loosung, als ein Täublein in der Arche Seiner Kirche, ja in Seinen heiligen Wunden unverrückt bleiben u. zum Segen für dieses ganze Land sein Oel-Blat tragen möge. Eine Schwester, die zur Aufnahme ausgemacht war, nemlich die verehlichte Schwester Cooney, war noch ungetauft, hatte aber schon [115] lange ein sehnliches Verlangen nach der Taufe; sie wurde also am heutigen Tage durch das Sacrament der Taufe aufs feyerlichste in die Gemeine aufgenommen u. Catharina genannt, welchen Namen sie auch vorher hatte. Die Geschwister gingen hierauf nach Hause, u. am Sonntag früh d. 7tn Jul. kamen sie wieder. Zuerst war die öffentliche Predigt u. dann das vierteljährige LiebesMahl der Societaet, welches Bruder Zander auf den heutigen Tag bestellt hatte, noch ehe er wußte, was in diesen Tagen hier geschehen würde. Die Societaet besteht aus 100 Personen. Nach einer kurzen Anrede wurde ihnen Bruder John Caldwells Brief aus Schottland vorgelesen. Er ist ein lediger Bruder aus diesem Orte u. von den hiesigen Geschwistern gar sehr geliebt. Wir nahmen Gelegenheit, ihnen zu sagen, daß nunmehro eine Gemeine allhier eingerichtet sey, u. wie sie solches anzusehen haben, u. daß die Societaets-Leute sich auch fernerhin recht nahe an den Heyland halten möchten. Wir beschloßen, daß wir diesen Abend, da wir alleine seyn [116] würden, das heilige AbendMahl halten wolten, u. hielten daher des Nachmittags Conferenz, um unsern lieben HErrn zu fragen, wer von den Aufgenommenen die Gnade haben möchte, an Seinem heiligen Leichnam u. Blut ein Mitgenoß zu werden. In dieser so wol als in der gestrigen Conferenz nahmen wir mit dankbarem Herzen Seiner pünctlichen Direction wahr. Aus 30 erlaubte Er 10, nemlich 6 Brüdern u. 4 Schwestern, des höchsten Gutes theilhaftig zu werden. Abends um 6 Uhr hatten diese Communicanten eine Versammlung in der Capelle, da ihnen erst eine Rede gehalten wurde von diesem hochheiligen Sacrament, worinnen der HErr Seiner Kirche Seinen eigenen Marter-Leib u. Blut mittheilet, Leben u. Saft gibt u. sie wie der Weinstock die Reben durchgehet, u. dadurch die Glieder Seiner Kirche mit sich selber u. unter einander vereinigt. Wir nahten uns daher niemals dieser Geheimniß-vollen Handlung ohne zärtliche Beschämung u. Beugung, u. das Gefühl unsers mannigfaltigen Elends u. unserer Sündigkeit mache, daß wir allemal vorher Seiner gnädigen Absolution höchstbedürftig sind. Wenn das [117] heilige AbendMahl zum erstenmal in einer Gemeine gehalten werde, pflege diese Absolution durch das Fußwaschen zu geschehen. Es wurden denn die Füße dieser Geschwister gewaschen, u. nachher hielten wir das heilige AbendMahl. Es sahen 10 Geschwister als Candidaten zu, u. von diesen werden das nächstemal 6 confirmirt werden. Die heilige Communion wird künftighin des Sonnabends seyn. Nun war nur noch eine Versammlung übrig für die Communicanten alleine, nemlich die Liturgie nach der Communion am Montag früh. Dieselbe hielt unser lieber Bruder Anton mit einem besonders gesalbten Gefühl, u. redte auch kürzlich über die schöne Loosung: Du bist ein heilig Volk Gott deinem HErrn, dich hat Gott dein HErr erwehlet zum Volk des Eigenthums aus allen Völkern, die auf Erden sind. „Nun so gesegne dich auch dein Schöpfer, nun so formir dich der weise Töpfer;“ u. gab diesem Häuflein seinen Segen. Hierauf nahmen wir Abschied von einander. Die Brüder Anton, Horne u. Jorde kehrten nach dem North zurück, u. ich u. meine Frau nach Dublin, wo wir [118] etliche Tage warteten, bis wir eine Schiffs-Gelegenheit bekamen. Nach herzlichem Abschied von Geschwister Molthers gingen wir mit der Schwester Brockdorfin, deren Stelle unter den ledigen Schwestern in Dublin durch die Schwester Mariegen Schneiderin ersezt ist, an board, u. nach einer etwas langsamen Fahrt kamen wir am 18tn Jul. in Parkgate u. am 24tn in London wohlbehalten an. Ich verbleibe
d. 31tn Jul. 1765. | John Gambold. |
4.) Aus Bruder John Caldwells Brief an Bruder Anton d. d. Air in Schottland d. 2tn Jul. 65. ist folgendes zu communiciren:
Nun will ich dir melden, wie es mir gegangen, seit ich dir lezthin schrieb. D. 4tn Jun. hörte ich, daß 3 von den Kranken, die ich hier in der Stadt u. aufm Lande besucht habe, selig auf Jesu Verdienst heimgegangen sind. Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung in der Ziegel-Scheune, abermal zu einer großen Menge Menschen, über die Worte Joh. 3. „Wahrlich, wahrlich ich sage dir, es sey denn, daß jemand von neuem geboren werde, [119] kan er das Reich Gottes nicht sehen“. Der Heyland war in unsrer Mitte u. bestätigte das Wort mit Seiner lieben Nähe. Die folgenden Tage besuchte ich in Blackhall u. Peasley, aber die dortigen Leute waren nicht dafür, daß ich Versammlungen halten solte, aus Furcht, es möchten Unruhen im Kirchspiel daraus entstehen. Zulezt kam ich nach Glasgow, wo ich etliche Leute, mit denen ich bey meinem vorigen Hierseyn bekannt worden, zu meinem Vergnügen besuchte. Ich hielt zu unterschiedenenmalen kleine Versammlungen, wodurch ich mit mehrern von den Stadt-Leuten bekannt wurde. D. 13tn retournirte ich nach Air, u. besuchte den folgenden Tag meine Bekannte in und außer der Stadt, zu beyderseitiger Satisfaction. D. 14tn Abends um 7 Uhr hielt ich eine Versammlung über Jes. 53, 11. „Darum daß Seine Seele gearbeitet hat, wird Er Seine Lust sehen u. die Fülle haben.“ Unsre Scheune war wieder zu klein. Ein Pfarrer u. einige wohlhabende Leute aus der Stadt waren zugegen. Sonntags d. 16tn hielt ich früh u. Abends [120] Versammlungen in Air u. ging auch nach Maybole, wohin mich gegen 100 Leute von Air begleiteten. D. 17tn wurde ich von einem jungen Menschen besucht, der auf der Universitaet zu Glasgow studirt hat u. Pfarrer werden soll. Er ist wirklich um seine Seligkeit bekümmert u. hatte sich etliche Tage in Air aufgehalten, um mich zu hören. Er redte sehr gerade mit mir von seinem Verderben u. gesezlichen Kämpfen mit der Sünde. Ich sagte ihm, er müßte als ein armer Sünder zum Heyland kommen, sich aus Gnaden ein seliges Herz u. die wahre Freyheit in Seinem Blut u. Tode schenken laßen. D. 19tn ging er auch mit mir aufs Land, verschiedene erweckte Leute zu besuchen. D. 20tn ging ich nach Barnewell in Creagy-Kirchspiel. Die Leute hatten ein Zelt aufgeschlagen, unter welchem ich stund u. eine Rede zu 600 Leuten hielt über Jes. 12,2. „Siehe, Gott ist mein Heyl, ich bin sicher u. fürchte mich nicht; denn Gott der HErr ist meine Stärke.“ Barnewell liegt nahe an der Glasgower Straße. Der Pfarrer ist weggegangen, die Kirche [121] eingefallen u. alles in der größten Confusion. Der Heyland schenke mir Eingang bey diesen Leuten. Sie baten mich sehr, ihnen öfters Versammlungen zu halten; ich habe aber so viele Invitationen, auch von andern Orten, daß ich sie für die Zeit nicht alle annehmen kan. Wie ich Abends nach Air zurück kam, erhielt ich deinen lieben Brief, welcher mir sehr angenehm war. D. 22tn u. 23tn war ich wieder in Maybole. Unser lieber HErr gibt mir eine offene Thüre, Er geht voran u. ich folge Ihm nach, u. es ist gewiß, daß Er eine besondere Hand darunter hat, daß ich in diese Gegend gekommen bin; denn es ist bekannt, daß der Heyland u. Sein Blutvergießen u. Tod nirgends in ganz Schottland so verleugnet u. gering geachtet wird, als in der Grafschaft Air, wo die Leute durchgängig sehr eigengerecht sind. D. 28tn erfuhr ich, daß die Frau Loggan, die ich auf ihrem Kranken-Bette etlichemal besucht hatte, /: welches die Gelegenheit wurde, daß man mich zuerst invitirte, in Maybole Versammlungen zu halten :/ diesen Morgen selig zum Heyland gegangen war. Sie dankte dem Heyland oft vor ihrem Heimgange, [122] daß Er sie so lange hätte leben laßen, bis sie gehört hätte, was der HErr für ihre Seele gethan. D. 29tn am heutigen AbendMahls-Tage hielt ich eine Herzens-Bande mit dem Heyland, u. legte mich u. alle meine Umstände an Sein treues Herz, u. Er tröstete mich gar gnädiglich. Nachmittags ging ich nach Tarboutton, meinen Freund Mr William Hood zu besuchen. Dieser Ort liegt eine starke deutsche Meile von Air. Der Pfarrer redt sehr bescheiden von den Brüdern u. hat seinen Kirch-Kindern erzehlt, wie viel Gutes die Brüder an so manchen Orten in der Welt gethan haben. Die Leute wolten, daß ich ihnen Abends um 6 Uhr eine Versammlung halten solte, u. schlugen mir ein Zelt auf: u. da es Zeit war, daß die Leute zusammen gerufen werden solten, so lauteten sie die Glocken. Ich that was ich konte, es zu verhindern, aber sie wolten es so haben. Ich redete über Ps. 138,6. „Der HErr ist hoch u. siehet auf das Niedrige, u. kennet den Stolzen von ferne“. Ich war dabey recht selig in meinem Herzen. Sonntags d. 30tn hielt ich wieder Versammlung in Air. Der Herr Pfarrer Derumple [123] machte heute, nachdem er seine Predigt geendiget, seinen Zuhörern bekant, daß er diesen Abend um 5 Uhr auch eine Versammlung halten würde, da er die Irrthümer der Brüder oder sogenannten Herrnhuther darthun wolte. Er sagte ihnen auch, daß wenn jemand von ihnen in meine Versammlungen gehen würde, den wolte er aus seiner Kirche ausschließen. Aber es schien einen ganz andern Effect zu haben, als er gedacht: denn es kamen mehr Leute in unsre Versammlung, als je vorher; ja seine eigenen Leute scheinen seitdem noch viel begieriger nach dem Evangelio. Ich kan nicht anders denken, als daß der Heyland ein großes Volk in dieser Stadt hat, das als Sein Schmerzens-Lohn für Ihn gesammlet werden wird. Der angefangene Widerspruch bekräftiget mich noch mehr in dem Gedanken. D. 1tn Jul. bey meinem heutigen Besuch fand ich, daß die Leute über das Lästern ihrer Pfarrer sehr unzufrieden waren. Ich befriedigte sie u. sagte ihnen, daß sie freylich etwas von der Art erwarten müßten; es würde [124] aber alles seinen guten Nutzen haben, sie solten nur geduldig seyn und sich ja nicht dadurch in Affect bringen laßen. Es wäre mir sehr lieb, wenn mich ein Bruder je eher je lieber zu besuchen käme.
[125]
war Gemein-Tag, zu deßen Anfang um 8 Uhr die Litaney gebetet wurde.
In den Versammlungen zur Lection communicirte Bruder Johannes aus den eingelaufenen Briefen u. Nachrichten unter andern folgendes:
1.) Bruder Matth. Kremser schreibt aus St. Thomas vom 16tn May 1765. an Bruder Joseph unter andern:
Ich lebe mit meinem treusten Freunde hier in St. Thomas selig. Er tröstet mich mit Seiner lieben Nähe u. läßt mich fühlen, wie lieb Er mich hat. Darum thue ich auch gern, was ich kan, so wol im innerlichen als im äußerlichen. Der Heyland ist bisher mit mir gewesen u. hat mich gesegnet.
Daß ich in Tortola gewesen, wirst Du wol schon vernommen haben. Weil ich bereits einige Invitationes bekommen hatte, [126] daselbst Zucker-Mühlen anzulegen, so fiel mir ein, vielleicht hat der Heyland auch Frieds-Gedanken über Tortola, die dortigen armen Sclaven durch Sein Blut selig zu machen, u. da Er sich so mancher Mittel bedient, das Evangelium von Seinem Versöhnungs-Tode bekannt zu machen; so ist vielleicht Sein Wille, daß ich hingehen u. nachsehen soll, ob nicht ein oder zwey Seelen sind, die nach Ihm fragen. Und so bin ich mit meiner Geschwister Sinn u. Herzen gegangen. Sonntags d. 16tn kam ich mit meinen Zimmer-Leuten auf Tortola in Roude an, u. ging gleich zu dem Herrn, für den ich die Mühle zu machen hatte. Er ließ sich in allerhand Discourse mit mir ein u. äußerte unter andern, daß wir ja den Negern auf den Dänischen Eylanden predigten. Ich antwortete, ja wir wären allein um der armen Neger willen hier in West-Indien, predigten ihnen das Wort von der Versöhnung u. daß ein jeder, der da glaube, daß Jesus Christus in die Welt gekommen sey, u. Sein Blut für uns vergoßen habe, [127] Vergebung der Sünden erlange pp. Ferner continuirte ich: es wären hier auch viele Neger, die in ihren heydnischen Greueln lebten u. keine Erkenntniß von Gott hätten, da Er sie doch mit Seinem Blute erlöset habe. Als er darauf erwiederte, er glaube nicht, daß die Neger von Gott erschaffen wären, fragte ich ihn, ob er nicht das 18te Capitel Jesaiä u. was der Prophet Zephanja im 3tn Capitel v. 10. sagt, gelesen hätte? Ja, sagte er, es stünden wol Verheißungen von ihnen in der Bibel, u. sie wären freylich Menschen; aber der Fluch ruhete doch auf ihnen. Ich antwortete: den habe der Heyland am Creuz auch für sie getragen, u. die Neger hätten daßelbe Recht zum Heyland, als wir Weißen, wir wären alle zur Seligkeit berufen.
Die weißen Leute sind hier ein sehr wildes u. rauhes Volk, dergleichen ich nicht viel gesehen habe, u. ich weiß nicht, obs in Sodoma u. Gomorrha schlechter zugegangen ist, als hier. Ich habe mich nur 14 Tage aufhalten können, u. gleichwol [128] ists unter den Negern bekannt worden, wer ich bin. Es sind auch verschiedene, die mich in St. Crux haben predigen hören, und in allen gegen 12 von selbst zu mir gekommen u. haben mich gefragt, wie sies machen solten, daß sie selig würden? Ich habe ihnen dann erzehlt, was der Heyland für sie gethan, von Seiner Geburt an bis zur Himmelfahrt, u. wie lieb Er sie habe. Ach! sagten sie, ich solte doch bey ihnen bleiben u. ihnen Worte von ihrem Erlöser sagen. Darauf antwortete ich, es würde vielleicht die Zeit kommen, daß einmal einer von uns zu ihnen käme, sie solten nur indeßen die Worte, die ich ihnen gesagt, tief in ihr Herz schreiben u. nicht vergeßen, was der Heyland für sie gethan habe. So hat auch einer von meinen Negern, Johannes der ein AbendMahls-Bruder ist, vielen von seiner Nation u. die mit ihm von Guinea gekommen sind, geprediget. Wenn nur vors erste ein Bruder da wohnte, der eine Profession hätte! D. 2tn Mart. ging ich wieder von Tortola ab nach St. Jan u. erfuhr unterwegs eine augenscheinliche Bewahrung [129] der lieben Engel. Da wir nemlich nicht weit mehr von St. Jan waren, kam auf einmal ein so heftiger Wirbel-Wind in die Segel, daß sie von einer Seite auf die andere flogen u. ich vom Baum in die See geschmißen wurde. Ich krigte aber noch das Fahrzeug zu faßen, hielt mich daran vest u. kam so ohne Schaden wieder glücklich hinauf. Ich dankte dem Heyland herzlich vor diese Bewahrung.
Das ist es, was ich von Tortola melden kan. Ich habe daselbst mit vielen Planters gesprochen, die sich freundlich gegen mich bezeiget, u. an Arbeit würde mirs auch nicht fehlen. Das Ab- u. Zureisen über die See ist aber etwas beschwerlich u. mit mancher Gefahr u. großen Kosten verknüpft. Ich bin auch 2 Monate in St. Jan gewesen; nun bin ich aber wieder bey meinen lieben Geschwistern in St. Thomas, lebe mit ihnen in Liebe u. Friede, u. der Heyland segnet uns zusammen. D. 11tn May ist unser lieber Bruder Georg Keiter recht selig in seine ewige Ruhe eingegangen. Es ist freylich schmerzlich, in 5/4tel Jahren 4 Paar Geschwister [130] getrennt zu sehen; was Er aber thut ist wohl gethan.
Geschwister Martin Macks sind von Ehe-Geschwistern noch alleine hier in St. Thomas übrig; der Heyland erhalte sie gesund! Schlüßlich empfehle mich in Dein Liebes-Andenken u. bitte alles herzlich zu grüßen pp.
2.) Unterthänigste Erklärung auf den von unsrer hohen Obrigkeit hier auf St. Thomas unterm 9tn Jan. 1765. communicirten Extract des Schreibens der Hochlöblichen Rent-Cammer zu Copenhagen d. d. 14tn Sept. 64. uns Mährische Brüder u. unsre Arbeit unter den Negern hier auf St. Thomas, Crux u. Jan betreffend:
1.) Wie viel Mährische Brüder sich auf allen 3 Eylanden befinden, die sich mit der Bekehrung der Neger abgeben?
So sind gegenwärtig Brüder auf
allen 3 Eylanden 10; auf St. Thomas
6, auf St. Jan 2 u. auf St.
Crux 2. Frauen sind gegenwärtig
5, darunter sind 2 Witwen.
Diese alle sind zu keiner andern
Absicht in diesen Eylanden, als alleine
zu Bekehrung der Neger, und
[131] jedes sucht zu helfen, wo es kan.
Ob sie gleich nicht alle predigen
oder lehren, so suchen sie doch denenjenigen
Brüdern, die zum Lehren
der Sclaven da sind, Handreichung
zu thun, damit sie ihren gehörigen
Unterhalt krigen u. das mit
ihrer Hände Arbeit so viel möglich
besorgen helfen. Weil nun aber,
wie leicht zu erachten, es ofte
nicht zureicht, so haben uns unsere
Brüder aus Deutschland bishero
nicht stecken laßen, sondern
immer das, was wir zur Nothdurft
von Zeit zu Zeit nöthig hatten,
zukommen laßen, damit wir niemanden
zur Last fallen möchten
u. der Ruhm, den wir an Christo
haben, nicht verschmälert werde.
Und wir haben die Hofnung, daß
unsere Brüder wie bishero, uns
nicht Noth leiden laßen werden.
Wir suchen keinen Gewinnst; wenn
wir das benöthigte haben, so
sind wir damit von Herzen zufrieden,
u. laßen uns begnügen
mit dem, was wir haben. Wenn
wir nur sehen, daß der Name
Gottes geheiligt wird u. unter
[132] den armen Sclaven verherrlichet u.
gepriesen wird; das ist uns mehr,
als aller Reichthum dieser Welt.
Und das ist auch unser einziger Zweck,
warum wir auf diese Eylande gekommen
u. bisher geblieben sind; u.
wenn wir, wie bishero, des Schutzes
unsrer lieben Obrigkeit genießen, in
unsrer Gewißens-Freyheit ungekränkt
u. ungestört unsern Gang in aller
Unterthänigkeit fortgehen u. mit
unserm Nächsten in Liebe u. Friede
leben, so erkennen wir es als
eine Wohlthat vom HErrn.
Wahr ist es, es hat die Brüder-Unitaet schon viel gekostet, indem doch gleichwol, seitdem die Mission ihren Anfang auf diesen 3 Eylanden genommen, schon 67 von unsern Geschwistern auf allen 3 Eylanden begraben liegen, u. diese alle haben müßen her transportirt werden; der Kinder, welche sie in der Gemeine zur Besorgung zurück ließen, nicht zu gedenken. Dann sind wieder verschiedene theils aus Kränklichkeit, theils aus andern Ursachen zurück gereist, u. es geschahe gar oft, daß wir nicht im Stande waren, [133] ihren Transport zu erlegen, da uns denn unsere Brüder in Deutschland nach Möglichkeit halfen. Denn unsere Plantage u. Neger, welche wir haben, haben bishero nicht zugereicht, die nöthigen Unkosten, die wir haben auf Reisen hin u. wieder, von einem Eyland zum andern, zu bestreiten, welches bey uns ofte vorkommt, weil es unsre Kirchen-Verfaßung erfordert. Und da sind die wenigsten Brüder, die was verdienen können, u. müßen ihren Unterhalt durch die andern bekomen. Und da geht es uns oft auch mit unsern Handwerks-Leuten, wenn wir welche krigen, daß wenn sie sich in ihre Arbeit eingerichtet haben, u. manchmal noch eher, so werden sie vom HErrn heimberufen.
2.) Wegen der Einrichtung zur Unterweisung der Sclaven.
So ist solches genugsam bekannt, daß die Sclaven wenig Zeit übrig haben, auswendig vieles zu lernen, theils aus Mangel der Zeit, theils sind auch ihre Köpfe nicht sehr dazu aufgeräumt, Sachen [134] leicht zu faßen, ja viele sind auch schon zu alt dazu u. kommen aus Guinea als ein wildes Volk mit heydnischen Abgöttereyen u. Greueln angefüllt, daß es wohl zutrift, was der Prophet Jesaia im 18tn Capitel sagt, „zum Volk, das greulicher ist als sonst irgend eines.“ Da haben wir aus vieljähriger Erfahrung gefunden, daß es bey den mehresten fast unmöglich seyn würde, die gehörige Artickel des christlichen Glaubens ihnen in die Köpfe zu bringen, u. der Zweck zur Haupt-Sache, was zu einem wahren Christen oder Nachfolger Jesu gehört, wäre doch nicht erreicht, wie es leider! am Tage ist, daß viele Menschen in der Welt sind, unter Christen u. Heyden, die ihre Köpfe voll Wißenschaft haben u. doch in ihren Sünden ohne Gott dahin leben. So haben wir bishero kein ander Mittel gefunden, als ihnen das Evangelium zu predigen, daß Jesus Christus in die Welt kommen ist, die Sünder selig zu machen, u. daß alle, die an Ihn gläuben, nicht sollen verloren werden, sondern [135] das ewige Leben haben. Wenn wir nun wahrgenommen haben, die arme Sclaven krigen Ohren, das Wort Gottes zu hören, u. der heilige Geist ihr Herz aufschließt, wie es von der Purpur-Krämerin heißt Act.[WS 8] 16. u. kommen in Verlegenheit über ihren unseligen Zustand, fangen an um Gnade u. Vergebung ihrer Sünden zu bitten u. zu weinen, da man auch gleich eine Sinnes-Aenderung bey ihnen wahrnimmt, fragen, was sollen wir thun, daß wir selig werden? vorausgesezt, daß man sich allemal zur Prüfung wohl Zeit nimmt, sieht der Gnaden-Arbeit eine Weile zu, welches bey manchen oft lange währet, ehe man ihn fähig findet; wenn nun wahrgenommen wird, daß ihr Verlangen nach ihrem Seelen-Heyl bleibt, u. gläuben, daß Jesus Christus auch für ihre Sünden am Stamme des Creuzes ein vollgültiges Opfer gethan, u. bekennen das mit einem freymüthigen Munde: so tragen wir keinen Zweifel mehr, ihnen die heilige Taufe nach unsers HErrn Befehl Matth. 28. im Namen des Vaters, des Sohnes [136] u. des heiligen Geistes zu ertheilen.
3.) Ob die Sclaven bey der Taufe examinirt werden u. ein gewisses Glaubens-Bekenntniß ablegen?
In Ansehung des Glaubens-Bekenntnißes, so ist solches schon im vorhergehenden Satz beantwortet. Was aber das Examen betrift, so geschiehet solches privatim zu verschiedenen malen. Dann es wird mit den Sclaven lange Zeit vorher, ehe sie fähig gefunden werden, dieses Sacrament der heiligen Taufe ertheilt zu krigen, auf eine wahre Herzens-Veränderung bey ihnen angetragen. Wenn wir nun an ihnen das wahrnehmen u. es wirklich dazu kommt, daß der Tag bestimmt ist, da ihnen das Sacrament der Taufe soll ertheilt werden, so wird jeder den Tag vorher privatim gesprochen, u. darauf des Sonntags, ehe sie in die Kirche gebracht werden, weil gemeiniglich eine Anzahl zugleich die heilige Taufe empfangen, werden sie vorher zusammen gerufen in Gegenwart ihrer Lehrer, wie auch einer Anzahl aus ihrer Nation gläubiger Männer, [137] da werden sie um ihren Glauben gefragt, wie vorhero beschrieben, da sie denn auch zugleich gefragt werden: Ob sie glauben, daß die heilige Taufe ein Mittel ist, das unser HErr im Neuen Testament verordnet zum Bad der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes, welchen Er ausgegoßen hat über uns reichlich nach Pauli Ausdruck Tit. 3. Denn werden sie gefragt, ob sie auf diesen Glauben die heilige Taufe empfangen wollen, u. wenn sie es nun mit einstimmigen Herzen glauben u. mit ihrem Munde bekennen, so halten wir sie nicht länger davon ab.
4.) Ob selbige Neger im Leben u. Wandel beweisen, was bey ihnen durch die Theilhaftigkeit der Taufe eine Folge seyn muß?
So laßen wirs nicht ermangeln, sie zu ermahnen u. lehren, daß sie halten alles, was uns unser lieber HErr befohlen hat. Das bezieht sich auch darauf, daß sie der Obrigkeit, ihren Herren u. Frauen, welche sie als ihre Obrigkeit anzusehen haben, gehorsam u. unterthan [138] seyn sollen. Das heißt, treu zu seyn bey ihrer Arbeit, nicht aus einem fürchterlichen Schein, sondern von Herzen, u. nach ihrem besten Wißen u. Willen ihnen dienen u. auf alle Art u. Weise ihr Bestes suchen. Wir tragen auch keinen Zweifel, daß die Herren u. Frauen auf diesen Eylanden, deren Sclaven in unsre Kirche kommen, oder vielmehr, die wirklich zu unsrer Kirche gehören, das Zeugniß geben, daß die Sclaven zur Treue u. Gehorsam angehalten werden, u. sie könten diesen Punct beßer beantworten, als wir es selber thun können. Wir können zwar nicht verbergen, daß nicht manchmal welche nach ihrer Taufe wieder untreu werden u. in Sünden fallen; solche aber, sobald wir was davon erfahren, ermahnen wir darüber ernstlich, u. wenn sie sich nicht ändern u. reuig drüber werden, so untersagen wir ihnen nach unsrer Kirchen-Verfaßung auf eine Zeitlang die Gemeinschaft. Wir haben auch bishero gefunden, zum Preise unsers HErrn, daß solche Leute sich oft gar balde wieder gefunden haben, sind mehr auf ihr eigen Herz gekommen, [139] u. haben kennen gelernt, was die Gnade Gottes an den Sündern thut. Ueberhaupt ist es wohl zu merken, daß die Sclaven ein sehr tummes Volk sind u. ihre Köpfe nicht sehr aufgeräumt, vieles zu faßen, u. kommt aufs Herz an, wie es von der Lydia heißt: „Der HErr that ihr das Herz auf“; oder wie Act. 8. steht vom Cämmerer aus Mohrenland, da ihn Philippus fragte: „Glaubst du von ganzem Herzen, so mags wol seyn“; u. er sagte: „Ich glaube, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist“, u. er taufte ihn.
5.) Wie groß die Anzahl von denen durch die Brüder auf allen 3 Eylanden Getauften sey?
Es sind in unserm Kirchen-Buche befindlich, seit die Mission in diesen Landen ihren Anfang genommen,
1.) Auf St. Thomas von anno 1736. d. 30tn Sept.
2.) Auf St. Jan von anno 1736. d. 22tn Dec.
3.) Auf St. Crux von anno 1744.
Zusammen getaufte erwachsene | Neger 2816 |
Kinder 654
| |
In unsre Gemeine aufgenommen, die von Catholischen Paters getauft sind: | 69
|
3539.
|
[140] Von dieser Anzahl sind mit Tode abgegangen nach Anzeige unsrer Kirchen-Bücher, 789.
Aus der Anzahl der Getauften sind gegen 600 Seelen, die gegenwärtig mit uns am Sacrament des hochheiligen AbendMahls participiren.
Wir zehlen noch auf allen 3 Eylanden aus den Lehrlingen u. Tauf-Candidaten, die Hofnungsvolle Leute sind u. zum Theil sehr um die heilige Taufe bitten, über 2000 Seelen.
6.) Wie viel Land u. wie viel Sclaven den Brüdern eigenthümlich zugehören?
1.) Haben wir auf St. Thomas ein Stück Land im neuen Quartier, welches wir gekauft haben, lang 3000 Fuß u. breit 1060 Fuß, davon das meiste zum Bepflanzen unbrauchbar ist, ausgenommen ein paar Stückgen, wo wir etwa 10 Fäßer Zucker machen können. Darauf stehen unsere Wohnhäuser u. Neger-Kirche. Zur Bearbeitung des Landes /: wiewol solche Arbeit nicht die Interessen austrägt :/ haben wir hier 24 eigenthümliche Sclaven, die arbeiten können.
[141] 2.) Haben wir vor einem Jahre ein Stück Land gekauft ohne Neger; dazu hat uns die Noth getrieben, weil das unsrige so schlecht war, daß unsere Neger nicht einmal ein bisgen Kost da pflanzen konten. Auch hatten wir kein Holz zum brennen. Selbiges Stück Land, meist alles im Busch, ist 6000 Fuß lang u. 1040 breit.
3.) Haben wir auf St. Thomas West-Ende einen Plantage-Grund, Crumbay genannt, allwo wir gar nichts pflanzen können, weil wir keine Neger zur Arbeit da haben, ausgenommen 2 alte Macron-Neger, die unser dasiges Horn-Vieh weiden. Die Hauptsache, warum wir das Stück Land haben u. behalten u. selbiges verinteressiren, ist einzig u. allein um der armen Neger willen, die auf der Nord-Seite und West-Ende des Landes wohnen, daß wir da für sie eine Kirche haben, um ihnen das Evangelium zu predigen, weil es vor sie zu weit ist, bis ins neue Quartier alle Sonntage u. in der Nacht zu kommen.
4.) Auf St. Crux haben wir einen [142] Garten-Grund, 900 Fuß lang u. 220 breit, eigenthümlich mit 3 alten Sclaven. Daselbst steht ein Wohn-Haus vor unsere weißen Brüder u. auch die Neger-Kirche.
5.) Haben wir 4 Lots Land auf St. Crux West-Ende in Friedrichstadt gekauft u. darauf einen obrigkeitlichen Kauf-Brief in Händen, mit schriftlicher Erlaubniß von der hohen Obrigkeit, eine Neger-Kirche daselbst zu bauen. Wir haben auch anno 1764. ein Kirch-Haus dahin gebaut, in der Absicht, den armen Negern das Evangelium zu predigen, welches auch schon 2 oder 3mal geschehen ist. Weil aber des Herrn Baron Schimmelmanns Neger angewiesen worden, den Grund zu reinigen u. zu bepflanzen, so haben sie auch auf unserm Kirch-Grund gereinigt u. gepflanzt, wobey es geschah, daß unser gebautes Kirch-Haus ganz abgebrannt u. in Asche verwandelt wurde, zu unserm Leidwesen u. den armen Negern, deren viele da sind, zur großen Betrübniß. Oben drauf wißen wir nicht, ob wir selbige 4 Lots Grund behalten werden.
[143] 6.) Auf St. Jan gehört uns auch ein Stück Land eigenthümlich 1800 Fuß lang u. 900 breit, welches wir auch um der armen Neger willen gekauft u. ihnen daselbst eine Kirche gebaut haben, nicht ohne große Kosten u. Arbeit. Dabey steht zugleich ein Wohnhaus vor den Bruder u. seine Frau, die sich da aufhalten. Das ganze Stück Land aber liegt im Busch, u. in Ermangelung der nöthigen Sclaven zur Arbeit haben wir daselbst nicht mehr als einen Neger-Mann.
St. Thomas. den 15tn May 1765.
Wir haben uns im Julio dieses Jahres noch etliche Tage vor Verfliessung des in dem bekannten Königlichen Rescript uns gesezten Termins von einem Jahr durch ein Memorial bey dem hiesigen Gouvernement gemeldet, welches sub litt. A. in Copia beygehet. Die vom Gouvernement uns hierauf ertheilte Antwort u. unsre Erklärung auf dieselbe folgen hiemit sub litt. B. u. C. [144] Das Gouvernement würde uns allemal nach Verfließung des gesezten Termins eine solche Erklärung abgefordert haben; denn sie hielten sich dazu verpflichtet aus schuldigem Respect vor den Königlichen Befehl. Daß wir uns also zuerst meldeten, dazu hatten wir Anweisung pp. u. ihre Antwort darauf ist nun ein avthentisches Document, daß es nicht uns am Willen u. Neigung fehlt nach Nicobar zu gehen, sondern daß Sie weder Ordres noch Moyens haben, uns dahin zu bringen.
Sonsten sind wir alle Gottlob! wohl u. gesund, u. erwarten in stillem Frieden, wies weiter werden wird. Das Paquet über Amsterdam mit Gemein-Nachrichten haben wir richtig erhalten, wofür wir allesamt herzlich dankbar sind. Ueber England haben wir noch nichts in diesem Jahre bekommen; es müßte denn noch durch Mr Lacam über Bengalen was an uns gelangen, das wird wol erst am Ende des Jahrs hier an der Küste seyn können. Alle unsere Geschwister grüßen herzlich u. empfehlen sich mit mir ins treue Andenken.
[145] Copia
Wohlgeborner Herr Gouverneur,
Hochedle Herren Secret-Räthe,
Hochgeneigteste Herren,
Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. wird ohne Zweifel noch unvergeßen seyn, daß Seine Königliche Majestät unser allergnädigster Erb-König u. HErr, durch ein unterm 16tn Nov. 1762. an die hohe Direction der Königlich Asiatischen Compagnie ergangenes u. mit dem Compagnie-Schiff, der König von Dännemark genannt, d. 9tn Jul. 1763. hier angebrachtes u. von einem hochlöblichen Gouvernement mir gütigst communicirtes Rescript allergnädigst verordnet haben, daß, woferne wir, die hier etablirten Evangelischen Brüder, nicht binnen Jahr u. Tag, nachdem nur gedachter allergnädigster Königlicher Wille uns bekannt gemacht worden, uns nach den Nicobarischen Eylanden verfügen, wir mit den nächsten Schiffen nach Europa retourniren solten. Wie wir uns nun jederzeit so schuldig als willig erachtet haben, dem an uns ergangenen allerhöchsten Königlichen Beruf u. dem bey unsrer [146] Aussendung geführten Entzweck zufolge, uns auf nur besagten Nicobarischen oder Friedrichs-Eylanden zu etabliren u. deren Cultivirung, so viel an uns ist, mit allem Fleiß zu befördern zu suchen; u. alles, was dem zuwider von unsern Gegnern gegen uns angebracht worden, eben so ungegründet ist, als die übrigen gegen uns geführten Beschwerden, wie solches schon im verwichenen Jahr sowol einer hohen Direction, als einem hiesigen hochlöblichen Gouvernement gehorsamst vorgestellet worden: also haben wir uns auch noch immer bis daher Hofnung gemacht, obgenanntes allergnädigstes Königliches Rescript selbst möchte etwa Veranlaßung zu einer neuen Expedition auf die Nicobarischen Eylande geben u. uns in die längst gewünschte u. erwartete Möglichkeit setzen, den Anfang zu einem Etablissement auf nur besagten Inseln zu machen. Aus welchem Grunde wir uns auch noch bisher nach keinem anderweitigen Etablissement hier in Indien umgesehen haben, ohnerachtet sich uns einigemal eine Gelegenheit [147] u. Veranlaßung dazu gezeigt, sondern vielmehr fortgefahren haben, zu Cultivirung unsers hiesigen Etablissements so viel zu thun, als in unserm Vermögen gewesen. Und das um so viel mehr, da wir hoffen, daß Seine Königliche Majestät, wenn Allerhöchst denenselben die wahre Beschaffenheit der Sache u. der Ungrund der gegen uns angebrachten Beschwerden, allerunterthänigst vorgestellt wird, zu gnädigern Entschließungen möchten bewogen werden. Da aber indessen der in mehr erwehntem Rescript anberahmte Termin nahe am Ende ist; so habe es meiner Obliegenheit u. Pflicht gemäß erachtet, Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. durch gegenwärtige gehorsamste Zuschrift unsre Bereitwilligkeit, Seiner Königlichen Majestät allergnädigsten, wie auch einer hohen Direction ruhmwürdigen Absichten durch Errichtung eines Etablissements auf besagten Friedrichs-Inseln ein Gnüge zu leisten, nochmals auf das aufrichtigste u. nachdrücklichste zu erkennen zu geben, u. dieselben zugleich gehorsamst zu ersuchen, durch eine [148] auf besagte Eylande zu veranstaltende Entreprise uns in Stand zu setzen, nach vierjährigem Warten, uns endlich unter Königlich Dänischem Schutz auf besagten Eylanden zu etabliren. Ich verspreche Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. auf das heiligste, daß wir, so viel von uns nur immer daselbst nützlich seyn u. ohne den größten Schaden unsers hiesigen Etablissements gemißt werden können, die Sache mit allem Eifer u. Ernst anfangen u. prosequiren wollen. Womit Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. ferneren Wohlgewogenheit u. Protection unsre kleine Colonie gehorsamst empfehle und mit schuldigster Ehrerbietung und Respect verharre
und Ew. HochEdlen
Meiner hochgeneigtesten Herren
Im Brüder-Garten bey Trankenbar d. 7tn Jul. 1764. |
gehorsamster Diener Georg Johann Stahlmann. |
[149]
WohlEdler
Hochgeehrter Herr Stahlmann,
Dero an uns abgelaßenes werthes
Schreiben vom 7tn hujus haben wir
richtig erhalten, u. haben nicht ermangeln
wollen, in schuldiger Antwort
darauf zu melden: daß wir vor die
Zeit weder Ordres noch Moyens haben,
eine neue Entreprise auf die Nicobarische
Inseln zu tentiren. Da also
solches nicht statt findet, so werden
Sie selber gütigst einsehen, daß wir,
zufolge des von Ihro Königlicher Majestät
an die hohe Direction der Compagnie
im Monat Novbr. 1762. ergangenen
Rescripts, u. von besagter Compagnie
demnach an uns beygefügten
Ordres in Briefen vom 15tn u. 23tn
Novbr. selbigen Jahres, welche mit
dem Schiff, König von Dännemark
genannt, mit Captain Shmith am 9tn
Jul. vorigen Jahres hier ankamen, u.
ihnen sogleich communicirt wurden,
in allerunterthänigstem u. unterthänigem
Gehorsam nicht umhin
können, da jetzo der im höchstbemeldten
allergnädigsten Rescript
[150] angesezte Termin von einem Jahr
verfloßen ist, auf ihre positive Erklärung
zu dringen, ob sie sich resolviren,
mit denen von hier abgehenden
Schiffen der Compagnie zu retourniren,
oder sich an einen andern Ort
hier in Indien zum Wohnen zu begeben?
In Erwartung ihrer Antwort haben wir die Ehre zu verbleiben
Castel Dansberg d. 9tn Jul. 1764. An den Vorsteher der Evangelischen Brüder Herrn Stahlmann. |
Hochgeehrten Herrn Stahlmanns Dienstschuldige Diener H. Abbestée. P. Falk. C.G. Huulbech. Bie. |
- WohlEdler
- Herr Stahlmann
- WohlEdler
- Vorsteher der Evangelischen Brüder,
- im Brüder-Garten
- bey Trankenbar.
- im Brüder-Garten
[151]
Wohlgeborner Herr Gouverneur,
HochEdle Herren Secret-Räthe
Hochgeneigteste Herren,
Ew. Wohlgebℓ. und Ew. HochEdℓ. hochgeneigtestes Schreiben unterm 9tn hujus in Antwort auf mein an dieselben erlaßenes gehorsamstes Ansuchen unterm 7tn ejusdem ist mir richtig zu Handen kommen. Wie ich nun aus demselben zu meinem Leidwesen ersehen, daß dieselben meinem gehorsamsten Ansuchen, durch eine auf die Nicobarischen Eylande zu veranstaltende neue Entreprise, uns in die Möglichkeit u. in den Stand zu setzen, auf nur besagten Inseln unter Königlich Dänischem allerhöchsten Schutz zu einem Etablissement den Anfang zu machen, in Ermangelung der dazu erforderlichen so wol Ordres als Moyens, gegenwärtig nicht statt geben können; so verlangen Ew. Wohlgebℓ. und Ew. HochEdℓ. vielmehr von mir eine positive Erklärung, ob, da der in dem allergnädigsten Königlichen Rescript vestgesezte Termin nun verlaufen, wir [152] uns resolviren, mit den nächsten von hier abgehenden Compagnie-Schiffen nach Europa zu retourniren, oder unser Etablissement an einen andern Platz in Indien zu versetzen? Was nun die Versetzung unsers Etablissements an einen andern Platz in Indien betrift, so haben wir es bisher um so viel weniger darauf angetragen, da der in dem allergnädigsten Königlichen Rescript supponirte Casus wirklich nicht existirt. Denn nicht nur die Worte des allergnädigsten Königlichen Rescripts selbst geben es ganz deutlich zu erkennen, sondern wir wißen es auch aus andern zuverläßigen Nachrichten unwidersprechlich gewiß, daß Seiner Königlichen Majestät auf die von unsern Gegnern eingesandte unstatthafte Berichte, hinterbracht worden, als ob wir den allergnädigsten Absichten Seiner Königlichen Majestät und dem Zweck unsrer Aussendung entgegen, keine Lust nach Nicobar hätten. Der Ungrund dieser Beschuldigung[WS 9] sowol, als der Gründe, womit man dieselbe glaubhaft zu machen gesucht, ist in denen unterthänigen [153] u. gehorsamsten Vorstellungen u. Erklärungen, die wir deswegen so wol an eine hohe Direction der Königlich Asiatischen Compagnie, als auch an ein hiesiges hochlöbliches Gouvernement gethan, deutlich vor Augen geleget worden. Wir haben daher gegründete Ursache zu hoffen, daß, wenn die wahre Beschaffenheit der Sache zu Seiner Königlichen Majestät selbsteigenen allerhöchsten Einsicht gelangen wird, welches zu erhalten, wo nicht die hohe Direction selbst, doch gewiß das Directorium der Brüder-Unitaet sich eifrigst wird angelegen seyn laßen, Seine Königliche Majestät zu gnädigern Entschließungen möchten bewogen werden. Wolten wir nun zu der Resolution schreiten, an einem andern Ort hier in Indien ein Etablissement zu suchen, u. es liefe etwa in Jahr u. Tagen Ordre zu einer neuen Entreprise auf die Nicobarische Inseln ein, oder Seine Königliche Majestät geruheten allergnädigst, nach genauerer Untersuchung der Sache, ein gnädiges Decisum unsertwegen ergehen zu lassen: so würde sich ex post ergeben, [154] daß eine solche Resolution weder Seiner Königlichen Majestät allergnädigsten, noch der hohen Direction ruhmwürdigen Absichten gemäß gewesen wäre. Ja selber die Pflichtschuldigste allerunterthänigste Treue, womit wir Seiner Königlichen Majestät ergeben, u. da wir vor Dero von der hochlöblich Asiatischen Compagnie besitzende Lande in Ost-Indien ausgegangen sind, hat uns nicht erlauben wollen, ein Etablissement unter einem andern Schutz zu suchen, ehe u. bevor von Seiner Königlichen Majestät eine zu erwartende allerhöchste Final-Decision erfolget. Ueberdis haben wir bisher um so viel billiger Bedenken getragen, zu einer dergleichen Resolution zu schreiten, da wir von Seiten des Directorii der Brüder-Unitaet gar keine Verhaltungs-Instructiones desfalls erhalten haben, u. wir vor uns selber viel zu ohnmächtig sind, etwas dergleichen vorzunehmen. Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. werden demnach in Betrachtung alles bisher angeführten von selbst ermeßen, daß wir bey dieser der Sachen Beschaffenheit, [155] vor gegenwärtige Zeit nichts anders thun können, als daß wir uns der allerhöchsten Königlichen Verordnung u. der hohen Direction Verfügungen in allerunterthänigstem Gehorsam unterwerfen u. erwarten, was ferner an uns gelangen wird. Das ist es, was Ew. Wohlgebℓ. u. Ew. HochEdℓ. in Antwort auf Deroselben Anfangs erwehntes hochgeehrtestes Schreiben zur Erklärung gehorsamst habe darlegen sollen. Der ich unter abermaliger Empfehlung unsrer kleinen Colonie zu Deroselben beharrlichen Wohlwollen u. Protection, mit der vollkommensten Ehrerbietung u. Hochachtung verharre
u. Ew. HochEdlen
Meiner hochgeneigtesten Herren
Im Brüder-Garten bey Trankenbar d. 23tn Jul. 1764. |
gehorsamster Diener Georg Johann Stahlmann. |
d. 28tn Jun. st. v. 1765. ans Directorium:
Mein Leztes an Euch von unsrer Ankunft in St. Petersburg u. unser [156] Diarium von Herrnhuth bis dahin, nebst andern Briefen u. der Continuation unsers Diarii bis zu unsrer Abreise, welches der liebe Bruder Fries zu spediren übernommen hat, werden, wie ich hoffe, richtig eingelaufen seyn. Ich gedachte noch von St Petersburg vor unsrer Abreise ans Directorium zu schreiben; allein die lezten Tage, in welchen wir unsre Abreise vermuthen konten, wurden durch die unerwartete geschwinde Expedition der Tutel-Canzley so verkürzet, daß wir d. 26tn Jun. es selber kaum glauben konten, bis uns die Pferde auf den Hof geschickt wurden, mit denen wir die erste Station machen solten, so daß ich also meinen Vorsatz nicht aus führen können. Was indeßen von Tag zu Tag unter uns vorgekommen, u. was in der Tutel-Canzley u. sonst geschehen, wird theils aus unserm Diario u. theils aus einem Bericht des lieben Bruder Friesens zu ersehen seyn. Ich will nur noch mit einem dankbaren Herzen vor die Liebe u. treue Besorgung der Geschwister Köhlers und Ferber Erwehnung thun. Wir sind in den 2 Häusern so allerliebst [157] und hinlänglich mit allem, was zur Leibes-Nahrung nöthig war, besorgt worden, daß wir es uns nicht beßer hätten wünschen können. Unterwegens haben wir bey dieser u. jener Gelegenheit sehr viel an unsere lieben Gemeinen u. auch an einzelne Geschwister in zärtlicher Liebe gedacht. Auf unsrer Reise sind auch wol Beschwerlichkeiten vorgekommen, die man sich im Schooße der Gemeine nicht so vorstellen kan; doch aber hat uns der Friede unsers lieben HErrn umgeben, u. wenn sich in unsrer Mitte was unangenehmes hat finden wollen, so ist es durch Seine Gnade, nach eurem guten Rath, auch balde wieder abgemacht worden. Wir stehen mit einander in Einem Liebes- u. Friedens-Bund, halten unsere Liturgien auf unserm Wagen, u. unser bester Freund ist alle Stunden recht fühlbar mit den Wunden in unsrer Mitte gewesen. Die hiesige Landes- u. der darinn befindlichen Menschen Art u. Weise ist freylich sehr von andern uns sonst bekannten Nationen unterschieden; wir haben aber keine andre Ursache, [158] als die Menschen in ihrer Art lieb zu haben.
Moscau, allwo ich dieses schreibe, ist ein gar großer Ort, eine kleine Welt. Wir logiren alle in einem Garten-Hause; es hat aber weder Fenster noch Schlößer, u. ist ziemlich Campagnemäßig; wir sind inzwischen doch bey Geschwistern u. selig und vergnügt. Gestern waren wir in der Kirche des Herrn Pastor Richters, der hier seit 2 Jahren bey der alten Lutherischen Gemeine steht. Er besuchte uns Nachmittag, wie er dann mit dem Bruder Helterhof genau bekannt ist. So wol seine Conversation als Predigt war uns angenehm. Heute Abend werden wir nun wieder von hier abreisen. Wenn wir, wie wir es jezt Willens sind, 400 Werste von hier zu Waßer gehen solten, so möchten wir auch wol nach Casan kommen, u. da werden wir nicht ermangeln unsrer Geschwister Gräber zu besuchen, so wie wir es auch in Petersburg gethan haben.
Den Nachmittag, den wir daselbst in der Vestung mit Besehung der Catacombe u. der andren Wohnungen, [159] wo unsere wohlbekannten Lieben gebetet, geweint, gedacht u. elend zugebracht, werde ich u. wir alle in unserm Leben nicht vergeßen. Wir haben an denen Plätzen auch unsern Thränen freyen Lauf gelaßen. Nun wieder auf unsre Reise zu kommen, so ist selbige von Petersburg in folgender Ordnung gegangen: Erstlich fuhr in unsrer Caravane ein Capitain, deßen Herr Vater mit in der Catacombe geseßen, Namens Ronnenberg, der zufälliger Weise, weil er nach Moscau mußte, sich zu uns gesellete. Der 2te Wagen war des Herrn Hofrath Köhlers seiner, dann kamen 4 von unsern Bagage-Wagen, auf denen auch etliche Brüder angebracht waren. Nach diesen folgte ein Wagen, darinnen die Brüder Busch, Brandt, Westmann u. ich fuhren, u. den Beschluß machte wieder einer von unsern Bagage-Wagen, die man hier Cabiken nennt, worauf ein uns mitgegebener Kriegs-Knecht fuhr. Der oben erwehnte Capitain wird uns nun verlaßen u. hier bleiben. Weil [160] unsre Bagage vor 5 Cabiken zu schwer ist, so stehen wir in Ueberlegung, wie wir uns von hier aus einrichten werden. Bis jezt haben wir an 17 Pferden genug gehabt; ob wir aber nicht hier noch eins oder 2 dazu nehmen müßen, weiß ich noch nicht. Der viele Regen u. die dadurch verursachten schlechten Wege, die Knüppel-Brücken, die kalten Nächte u. die mit unter so heißen Tage, das campiren auf den Wiesen, wenn die Pferde, die 70–80 Werste nicht abgelöst werden, ausruhen u. was dergleichen mehr ist, das in diesen 728 Wersten auf einem noch ziemlich gebahnten Wege vorgekommen, hat uns schon ziemlich drauf praeparirt, was man ins künftige auf der fernern Reise zu hoffen hat. Wir sind außer ein u. andern kleinen Kränklichkeiten noch alle munter, getrost u. gesund. Der liebe Bruder Westmann ist recht sehr munter u. activ, u. wir danken dem lieben Heyland, daß wir ihn mit haben. In unserm Diario wird dereinst alles ausführlicher beschrieben werden. Mein jetziger Zweck ist nur, [161] vorläufig zu berichten, wie weit wir in unsrer Reise gekommen sind. Was soll ich noch weiter melden? Unser Einiges u. treustes Herze ist uns nahe u. freundlich, u. wir kleben an Ihm als an unserm Leben. Wir weiden in Seinem Leiden, u. so wird Er uns ferner leiten, bis der übrige Theil unsers Weges von etwa 1800 Wersten auch zurück gelegt u. wir zum Zweck gekommen sind, den wir Ihm ausführen sollen.
Geschwister Helterhofs, der liebe Bruder Köhler, Westmann u. alle übrige Brüder grüßen sehr herzlich. Ich aber verbleibe Euer auf Jesu Marter verbundener Bruder
d. 28tn May 1765. an Johannes:
Ich bin oft im Geist um euch herum, nicht, als wenn ich nicht gern hier wäre; denn ich bin die Zeit her meinen seligen stillen Gang so fortgegangen unter meinen Geschwistern, so wol weißen als braunen, u. wenn mirs der liebe Heyland noch lange so unter ihnen zu seyn vergönnt, [162] so nehme ich es mit vielem Dank aus Seiner Hand an. Doch nicht mein, sondern Sein Wille geschehe. Er weiß am besten, wies vor mich u. sie gut sey, u. ich bin auch da am liebsten, wo Er mich gerne haben will. Was soll ich Dir aber von unsern lieben Indianern schreiben? Es ist ein liebes Volk; so wie sie eben sind, so kan man wol nicht anders als sie lieb haben; sie sind ja Sein Schmerzens-Lohn u. dem Bösen aus dem Rachen gerißen, obs gleich noch zur Zeit ein kleines Häuflein hier in Saron ist. Vielleicht ist es auch gut vor gegenwärtig. Meines Herzens Wunsch ist nur, daß bald alle von den hiesigen noch übrigen ehemaligen AbendMahls-Geschwistern wiederum in ihrem rechten Fache wären.
Bruder Schirmer hat mir geschrieben, wie er es bey seinem Besuch an der Mebenne unter den Indianern angetroffen habe, daraus zu ersehen, daß daselbst noch ein hübsches Häuflein von getauften u. ungetauften Indianern wohnet.
Zu den Oster-Feyertagen hatten [163] wir einen Besuch vom Frey-Neger-Capitain Matinga an der Sarameca nebst noch 11 andern Frey-Negern. Sie waren alle sehr freundschaftlich, gingen in unserm Hause ein u. aus, schliefen zwar einen kleinen Flinten-Schuß von uns auf der Soldaten-Post, liessen aber ihre Sachen bey uns zur Verwahrung. Wir bezeigten uns auch freundschaftlich gegen sie, u. womit wir ihnen dienen konten, das thaten wir. Sie invitirten uns, sie wieder zu besuchen, welches wir bald zu thun versprachen. Den Bruder Reimann sprachen sie von freyen Stücken darum an, u. da er sich willig bezeigte, gaben sie einander die Hand darauf zur Versicherung. Reimann hat die Neger recht lieb gekrigt u. ging gleich mit ihnen, wenn er nur noch einen Bruder mit bekäme. Ich muß gleichfalls sagen, daß sie mir recht wohlgefallen haben. Wenns recht gut geht, so kan man von Saron aus in 9 oder 10 Tagen unter ihnen seyn. Diese Nation lege ich Euch auf Euer treues Herz, an sie vor dem Heyland zu denken; vielleicht zeigt Er euch jemanden, der mit dem [164] Bruder Reimann hinauf gehen könte.
Erwehnte Frey-Neger haben sich diese Gegend besehen, ob sie nicht von hier aus über Corrupina an der Para-Creek hinunter nach Paramaribo fahren u. daselbst ihre Handlung mit Holz u. andern Sachen anlegen könten. Ihr Paß aber, den sie von unserm Gouverneur empfangen haben, lautet, daß sie nicht weiter hinunter dürfen, als zu den 7 Provinzen oder dem Oranien-Pad /: welches 2 Stunden über uns liegt :/ u. von da aus über Rama an der Suriname, wo eine starke Haupt-Post liegt, nach Paramaribo kommen sollen.
O wie habe ich mich über den so lieben Synodum, den ich im Febr. empfing, gefreut u. dem lieben Heyland von Herzen dafür gedankt! Man fühlt daraus, daß Er in eurer Mitte gewesen ist u. sich zu Seinen armen Sündern bekannt hat. Ich habe ihn schon einigemal zum Segen für mein Herz durchgelesen, u. über die 12 Worte des HErrn mit meinem lieben HErrn Bande gehalten, u. mich sünderhaft vor Ihm dargestellt, daß Er mir alles vergeben, mich mit Seinem Blute reinigen u. alles [165] wegnehmen wolle, was nicht nach Seinem Herzen ist. Du weißt ja, lieber Heyland, daß ich alles von Herzen hingebe, nur eins nicht, die Gemeine. Dann bin Ihm auch davor von Grund meines Herzens dankbar, daß Sein so treues Herz gegen uns arme Kinder aufs neue so besorgt gewesen, u. Seine Gemeine mit den schönen Einrichtungen der Aemter versehen hat, die auf ihr Wohlseyn ein wachsames Auge haben.
Hiemit empfehlen wir uns nebst unserm kleinen Indianer-Häuflein eurem treuen Herzen, unser Bestes vor dem lieben Heyland zu gedenken. Wir wollen gehorsame Kinder seyn, u. wo wirs schon versehen haben, da bitten wir zum voraus um Vergebung.
Von Paramaribo d. 8tn Jun. fügt er noch folgendes hinzu:
Nachdem ich gestern Nachmittags mit meinem Reimann wohlbehalten hier angekommen war, so vernahm vom Herrn Geerke, daß heute der Brief-Sack geschloßen wird; darum will hiemit den Beschluß machen. Zu Hause habe alles wohl verlaßen. Wir gehen unsern seligen Gang, u. in [166] unsern Geschäften machen wir so sachte fort. Wie es hier in Paramaribo aussieht, kan vor dasmal nicht melden, weil ich mich noch nicht habe umsehen können. Ich u. mein lieber Reimann grüßen Dich u. das ganze Directorium aufs herzlichste pp.
4 Briefe aus Berlin gelesen:
Ich hätte Dir gerne längst einmal schreiben mögen; aber ich konte nicht, bis es endlich der Heyland selbst durch Seinen heiligen Geist bey mir zu Stande gebracht hat, so wie ich es gleich hätte thun sollen, nachdem ich von der Gemeine weggegangen war. Ich bitte Dich u. die ganze Gemeine um des Heylands u. Seiner heiligen Wunden willen, vergebt mir alle meine Versündigungen, ob sie gleich groß sind. Ich weiß zwar, daß ich deß nicht würdig bin, aber ich erwarte es doch von euch; denn wo soll ich mich hinwenden als zu euch? Ich dachte freylich wol alleine durchzukommen; aber je weiter ich in meiner Einsiedlerey ging, desto weniger Leben fühlte ich in meinem Herzen u. immer mehr Plage in meinem [167] Gewißen. Ich bat dahero den Heyland, daß ich nur einmal wieder mit meinem lieben u. theuren Bruder Grasmann sprechen möchte, ging auch d. 20tn May a. pr. zu ihm u. fühlte dabey wieder zum erstenmal einen Segen an meinem Herzen. Nun liebe Gemeine des Lammes, ich hätte freylich sollen anders handeln, als ich gehandelt habe; aber wie gut ist mein Heyland, daß Er mich doch so viele Jahre noch mit Geduld getragen hat. Es thut mir leid, u. mein Schade ist groß! Ich wäre werth, daß ihr gar nichts mehr mit mir zu thun haben soltet: denn ich habe es durch meine Untreue wohl verdient; aber wo soll ich mich denn wenden hin? Ich bin ja doch euer Kind, u. ich habe euch doch aus Gnaden lieb.
Ich grüße alle Arbeiter am Werke des Heylands, die ich kenne u. nicht kenne, Bruder Watteville, Johann Nitschmann, Layriz u. die, deren Namen mir entfallen sind. Ich küße alle eure Hände u. bin
Berlin. d. 14tn May 1765. |
Euer um Gnade bittender. |
P.S. Vergebt mir, liebe Herzen! [168] Bruder Sternberg wird euch noch alles das mündlich sagen, was ich nicht schreiben kan; denn er weiß alle meine Umstände u. wie ich mich befinde, wie ich auch durch Bruder Pakosta an Bruder Grasmann geschrieben habe.
Das Blut Jesu Christi erbarme sich über mich u. besprenge mir mein ganzes Herz! das wünsche ich mir. Theure Gemeine! ich will nicht mehr falsch mit Dir handeln, ich weiß schon, was mich das gekostet hat; ich will lieber sterben, als ungerade mit euch umgehen. Das sind unglückselige Wege, die ich gegangen bin; ich wünsche es keinem aus unsrer Böhmischen Nation, daß er so werde wie ich bin.
Es wird nun ein Jahr seyn, daß ich Dich besucht habe, u. nun ist mir wieder so, daß ich Dir schreiben möchte. Was Du damals mit mir geredet hast, das hat in meinem Herzen Platz gegriffen, u. der Heyland hat Deine Reden, in Ansehung der Gemeine u. des Aergernißes, [169] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/173 [170] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/174 [171] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/175 [172] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/176 [173] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/177 [174] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/178 [175] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/179 [176] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/180 [177] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/181 [178] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/182 [179] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/183 [180] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/184
[220] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/224 [221] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/225
[222]war zur gewöhnlichen Zeit das Gebet der Kirchen-Litaney, in welcher der in voriger Woche getrauten 3 Ehe-Paare besonders gedacht u. die ewige Gemeinschaft mit unserm seligen Bruder David Wahnert erbeten wurde.
Um 4 Uhr hatte das Ehe-Chor ein begnadigtes Anbeten.
Die Gemein-Stunde um 7 Uhr Abends hielt Bruder Joseph mit einer Rede über die Loosung.
hielt Bruder Leonhard den Männern zu ihrem Lehr-Tage eine Homilie über den Lehr-Text.
Die übrigen in dieser Woche gefälligen Lehr-Tage, der Weiber am 10tn, der ledigen Schwestern am 11tn, der Witwen am 12tn u. der Witwer am 13tn hujus wurden mit Chor-Homilien, welche Bruder Leonhard [223] hielt, u. theils auch mit dem Bundes-Kelch begangen.
kam Bruder Martens von Marienborn bey uns an.
redete Bruder Georgius in der Versammlung der AbendMahls-Geschwister über die Loosung.
gingen die jungen ledigen Brüder Christian Friedrich Kampmann, Johann Friedrich Peter, Jonathan Nitschmann, Christian Ludwig Brau, Joh. Christ. Böhler, Johann Christian Damnitz, Ludwig Christ. Knobben u. Johann Samuel Lieberkühn, unter Begleitung der Brüder Stock u. Jac. Meder nach Barby auf die Academie, nachdem die Brüder vom Directorio u. einige andere Arbeiter ein gesegnetes Abschieds-LiebesMahl mit ihnen gehalten. Christian Weiß, der zu ihrer Gesellschaft gehört, blieb wegen Kränklichkeit noch auf einige Zeit zurück.
Mit dieser Gelegenheit wurden auch die Loosungen für das künftige Jahr zum Druck nach Barby expedirt.
[224] Eben dahin gingen auch
Geschwister Sauers jun. zum Dienst bey der dortigen Wirthschaft ab.
Ingleichen kamen die Brüder Utley, Jesaias Noual u. Benjamin Cramer mit den 6 Knaben, Peter Mortimer, Joh. Renatus Seyfert, Proske, James Renatus Sims, Ludwig Renatus West u. Georg Wilhelm Horne aus Fullneck über Hull, Hamburg u. Barby glücklich bey uns an. Sie haben auf der See von Hull bis Hamburg kaum 3 Tage u. auf der ganzen Reise nur 18 Tage zugebracht. Mit ihnen kam auch der Bruder Ludwig Cossart von Barby an, welchem d. 15tn die Brüder Georg Heinrich Loskiel u. David Piesch folgten, die alle 3 in den Anstalten gebraucht werden sollen.
Sonst hatten unsere Kinder heute einen seligen Gemein-Tag. Vor ihrem Anbeten Nachmittag hielt ihnen Bruder Leonhard eine Homilie über ihre Loosung.
In der Beter-Versammlung redete er über die Gemein-Loosung u. besorgte darauf auch die Chor-Rede an die großen Mädgen.
[225] Folgendes ist bey dieser Woche noch zu communiciren:
1.) Die ledige Schwester Anna Petronella Andersin ist am 1tn Sept. auf ihrem bisherigen Posten in Steppingen selig zum Heyland gegangen.
2.) Geschwister David Nitschmanns u. ihre Gesellschaft sind am 31tn Aug. in London angelangt.
3.) Die Revision der Cariolischen Lieder, welche vor unsere Neger-Geschwister, in Barby gedruckt werden sollen, wurde diese Woche fertig.
4.) Bruder Reichel wurde vom Heyland zum Vice-Oeconomo u. Ehe-Chor-Pfleger in Zeist ernennet, u. den Schwestern Reichelin u. Stöhrin die Pflege des Ehe-Chors auf der Schwestern Seite übertragen.
5.) Der Heyland hat auch angewiesen, daß die Handlung der Brüder-Commercien-Societaet in London ihren Sitz haben soll, u. Geschwister Lindemeyers werden also, so bald möglich, dahin abgehen.
6.) Bruder Anton hat gemeldet, daß das neue Gemein-Haus in [226] Gracehill in Irrland am 11tn Aug. bereits unter Dach, u. das ledige Schwestern-Haus, dazu am 15tn Jul. erst der Grundstein gelegt worden, bis ins 2te Stock gemauert gewesen, u. sie es noch heuer zu beziehen hoffen.
7.) Geschwister Hüffels sind am 11tn Aug. in Petersburg glücklich u. wohl angekommen.
8.) Bruder Martin Mack schreibt aus St. Thomas vom 13tn May 1765. unter andern:
Das Wort von Jesu Marter hat sich bishero jederzeit als eine hinreissende Gottes-Kraft bewiesen. Unsere AbendMahls-Gemeine, welche auf Thomas über 300 stark ist, kommt mehr auf die selige Erkenntniß ihres Elendes, u. lernt verstehen, was die Gnade an den Sündern thut. Der größte Theil unsrer Getauften verlangen, mehrere Kirchen-Gnaden zu erfahren; wir sind aber bisher etwas zitterhaft gewesen, viele zu AbendMahls-Candidaten in Vorschlag zu nehmen, ob es uns gleich an Subjectis dazu nicht fehlt. Die Candidaten zur Taufe liegen uns fast täglich an, u. möchten gerne [227] des Sacraments der heiligen Taufe theilhaftig werden. Die Lehrlinge, deren allein auf Thomas bey tausend sind, bringen sich gleichfalls ins Andenken. Die ledigen Mannsleute wollen auch nicht gerne in den Kirchen-Gnaden zurück bleiben. So hat auch der Heyland das, was bisher an den großen Mädgen durch die Arbeit der Schwestern geschehen, zum Wunder gesegnet, u. sie gehen wirklich einen niedlichen Gang, daß man sich darüber freuen kan. Die Kinder, darunter nun schon viele getauft sind, machen uns gute Hofnung auf die künftige Zeiten, u. wenn sie Bettag haben, finden sich doch immer gegen 4–500 dazu ein. Ein hübscher Prospect vor den künftigen Zuwachs der hiesigen Gemeine! pp.
9.) Die Brüder John Wood und Andreas Rittmannsberger schreiben aus London vom 6tn Aug. 65.
Wir grüßen u. küßen euch im Geiste mit diesen wenigen Zeilen zum leztenmal aus Europa. In den 3 Wochen unsers Aufenthalts in London haben wir wegen unsrer [228] Sachen gar manches zu thun gehabt. Der liebe Heyland gebe, daß wir in Seinen Wegen bleiben, Ihm nichts verderben, sondern das seyn mögen, wozu Er uns brauchen will, damit Seine Menschwerdung, Tod u. Wunden durch uns auch unter den armen Negern in Barbadoes bekannt werden. Wir wären zufrieden, wenn wir auch nur einen für den Heyland gewönnen; aber Er soll ja die Fülle haben, u. Sein heiliger Wille geschehe auch in dem Theil an dem armen Volke. Wir sind gewiß sehr arm u. fühlen uns sehr ungeschickt; haben aber doch ein vestes Zutrauen, daß Er uns durchhelfen u. vor allem bewahren wird, was uns schaden könte. Wir haben auch schon tausend Ursachen, Ihm für Seine Liebe u. treue Bewahrung auf der Reise bis hieher zu danken. Er wird uns nun weiter helfen. D. 22tn Jul. haben wir zum leztenmal in Europa das heilige AbendMahl mit der Gemeine genoßen u. uns auf unsre Abreise gestärkt, die wir morgen mit Seinem und [229] Eurem Segen antreten werden. Bruder Wollin wird uns bis Gravesand begleiten, wo wir dann an board des Schiffes, the Hariot genannt, gehen werden. Der Capitain, Namens Blakborn, scheint ein hübscher Mann zu seyn. Wir sind ziemlich gesund, u. der Heyland gebe nur, daß wir glücklich ankommen mögen. Wir werden mit der ersten Gelegenheit schreiben, oder auch, wenn es seyn kan, unterwegens.
Wir empfehlen uns hiemit Eurem u. der ganzen Gemeine Andenken vor dem HErrn, u. verbleiben eure geringste u. ärmste Brüder pp.
[230]
betete Bruder Joseph zur gewöhnlichen Zeit mit der Gemeine die Litaney.
Nachmittag hielt Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Georgius Abends in der Gemein-Stunde redete.
versammleten sich Vormittag um 10 Uhr die Stunden-Beter auf dem Gemein-Saal. Nachdem gesungen worden: Ach Schöpfer meiner Seel p. Mit einem zarten Sehnen – dankt die erlöste Schaar p. Du bist zwar nach den Jahren der Aeltste unsrer Schaaren p. Ein jedes geht directe – auf seinen Aeltsten selber zu p. so sagte Johannes:
Lieben Geschwister! es ist heute 24 Jahr, daß sich unser lieber HErr [231] gegen Seine arme Gemeine im Rath Seiner Diener in Gnaden declarirt hat, daß Er das Aeltesten-Amt in Seiner Brüder-Kirche selbst in die Hand nehmen u. diese Seine Heerde leiten, führen u. besorgen wolle.
Am 13tn Nov. ist, wie bekannt, alle Jahre der Tag, da sich die ganze Gemeine vor ihrem Aeltesten darstellt, Ihm aufs neue huldiget u. die an ihr erwiesene Gnade erneuern läßt. Der heutige Tag ist aber nach Seiner Anweisung insbesondere den Dienern u. Dienerinnen Seiner Kirche gewidmet. Dazu hat unser lieber HErr vor dasmal die ganze Beter-Gesellschaft ernennet.
Wenn wir nachsehen, was Er uns in diesen Tagen vor Loosungen gegeben hat; so kans nicht anders seyn, als unser Herz wird weich u. dankbar, daß Er sich so freundlich u. gnädig gegen uns declarirt. Am 14tn hieß die Loosung: Ich will dich zum großen Volk machen u. will dich segnen. Am 15tn: Du hast geleitet durch Deine Barmherzigkeit Dein Volk, das Du erlöset hast, u. [232] hast sie geführet durch Deine Stärke zu Deiner heiligen Wohnung. Und heute heißts: Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erde u. betete an u. sprach zu Ihm: was saget mein HErr Seinem Knechte? Pater Familias hat sich ins Herz geprägt unds Auge roth u. naß vor Ihm in Staub gelegt. Morgen sagen wir zu unserm HErrn: Dein sind wir, David, und mit Dir halten wirs, Du Sohn Isai. Wir schwören Dir die Herzlichkeit, die Bluts-Verwandte fühlen. Uebermorgen sagt Er: Sie sind mein Geschenk von den Kindern Israel, u. habe sie mir genommen. Und wir antworten: Wenn ich tausendmal Deine heilgen Füße thränend netz’ u. küße für die Gnadenwahl, ists noch nicht mit ausgericht’t.
An einem solchen Tage, lieben Geschwister, ist es nicht möglich, sein Herz ganz auszudrücken; das Auge roth u. naß bleibt vor Ihm in Staub gelegt. Ich will aber doch zu der heutigen Loosung noch [233] ein paar Worte sagen: der HErr erschien dem Josua, u. da er Ihn fragte, wer Er wäre? sprach Er: „Ich bin der Fürst über das Heer des HErrn u. bin izt kommen.“ Da fiel Josua auf sein Angesicht zur Erden u. betete an, u. sprach zu Ihm: „was saget mein HErr Seinem Knecht“? Er, unser Aeltester, der Fürst u. HErr Seiner Gemeine kommt auch jezt zu uns u. ist unter uns zugegen. Kan’s Leibes Aug Ihn gleich nicht sehn, das Herze kan Ihn doch verstehn. Es gibt Stunden, da der Heyland uns Seinen Sinn heraussagt, wie Er es voriges Jahr im Synodo gethan hat: es sind aber auch Stunden, da Er weiter nichts zu erinnern hat, wie beym Josua, zu dem Er sagte: Zeuch deine Schuhe aus von deinen Füßen; denn die Stätte, darauf du stehest, ist heilig: und Josua thät also.
Vor einem Jahr hat uns der Heyland Seinen Sinn herausgesagt, u. heuer will Er an dem heutigen Tage von uns haben, daß wir niederfallen, Ihn anbeten u. als [234] arme Sünder Seine durchbohrten Füße umschließen sollen. Hat Er diesem u. jenem noch was apart zu sagen, das mag Er ins Herz hinein thun; anzubeten, hinzusinken, soll aber ins Ganze unsre Sache seyn. Wir wollen Ihn mit einander willkommen heißen, uns Ihm aufs neue aufopfern, Ihm die Herzlichkeit schwören, die Bluts-Verwandte fühlen, u. uns in allen Stücken als Seine Diener u. Dienerinnen gestalten laßen. Wir wollen Ihm ein armes, aber von Seinem Blute warmes Herze bringen u. uns Seinem Segen auf die künftigen Stunden empfehlen.
Unter dem Vers: Willkommen unter Deiner Schaar – empfahe von uns allerseits die heilge Aeltsten-Ehre; prosternirte sich die Versammlung u. continuirte: Pater Familias hat sich ins Herz geprägt p. Ach auserwehlter Heyland – Du wilst nun, daß wir bleiben p. Sodann betete Johannes:
Nun allerliebster Heyland, Du [235] Aeltester Deiner Kirche! Hier liegen deine Diener u. Dienerinnen, die Du zu dem liturgischen Amte in Deiner Gemeine verordnet hast, vor Dir u. beten Dich im Staube an. Wir danken Dir, daß Du Dich mit uns armen Sündern u. Deinem ganzen Volke so nahe eingelaßen u. von Stuhl u. Stab unter uns Posseß genommen hast. Wir ergeben uns Dir aufs neue, küßen Deine durchbohrte Füße mit Thränen, u. umschließen dieselben, so gut der Arm des Glaubens kan. Wir bekennen Dir unsre Mangelhaftigkeit, Elend u. Sündigkeit. Das hat Dich aber nicht abgehalten, unter uns einzutreten u. Dich zu uns zu bekennen. So liegen wir nun hier vor Dir u. bitten Dich, gestalte uns u. Dein ganzes Volk, wie Du uns gerne haben wilst; salb uns mit deinen Wunden, u. sprenge auch jezt zur Absolution u. Segen über diese Deine Leute Dein Gottes-Blut. Wir bekennen Dir, daß wir noch sehr zurücke u. bey aller Deiner [236] Nähe, Erinnerungen u. Segen Dir noch nicht ganz zur Freude sind; aber Du bist einmal gekommen, uns zu segnen: so laße dann Deine blutige Gnade kräftig unter uns seyn. Geuß den Geist des Gebets von diesem Tage an von neuem über uns aus, u. gib uns aus Deiner blutigen Fülle, was zu unserm Amt u. Dienst in Deinem Hause nöthig ist. Allerliebstes Herz! nimm’s Aug von Thränen naß, nimms Herz dankbar u. warm, sind wir gleich noch so arm. Wir empfehlen uns Dir auf die künftigen Stunden; sey mit uns, wie Du bisher gewesen bist, wandle immer kräftiger u. fühlbarer in unsrer Mitte, beweise es, daß Du Dein Volk zu Deiner eigenen u. aparten Heerde genommen u. geheiliget hast; ja vollende alle die Segen, die sich in Deinem Herzen für uns regen. Christe, Du Lamm Gottes, Du Aeltester Deiner Gemeine! gib uns Deinen Frieden. Amen.
Ges. Preis, Ehre u. Macht sey Dir [237] – gebracht. Du der Gemeine Aeltester u. aller Welt Versühner – regier den Rath der Diener p. Du Herzens-Lamm – von dem man wirklich sagen kan, daß Er Sein Häuflein weide; wir schwören Dir die Herzlichkeit, die Bluts-Verwandte fühlen p. /:Pacem:/
Um 8 Uhr Abends versammlete sich auf dem Mädgen-Saal eine Gesellschaft von Dienern u. Dienerinnen, den Lobe- u. Verbindungs-Kelch mit einander zu trinken.
Zuerst wurde gesungen: Hörst Du’s Aeltster – fühlst Du Deiner armen Diener Sehnen p. Sind in Ost u. West u. Süd u. Norden über Einem Haupte eins geworden p. Sodann las Bruder Johannes den heutigen schönen Text:
Und auch ihr werdet erbauet als lebendige Steine zum geistlichen Hause u. heiligen Priesterthum, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum;
Den Priester durch Sein Blut, den Wächter auf der Hut, erbaut ohne Hände, die auf dem Fels-Grund ruht.
[238] Und sagte darauf:
Der Heyland hat in unsern Tagen angefangen, sich ein Haus, eine Gemeine zu bauen, die auf Sein Blut gegründet ist. Er hat sich überschwänglich zu uns bekannt, u. von Stuhl und Stab Posseß unter uns genommen.
Wenn wir nun überdenken, was wir an unserm lieben HErrn haben u. von Ihm genießen, wie Er über der Hütte, die Er sich erbaut hat, hält, die Diener in Seinem Hause selbst bestellt, Sein Werk immer mehr ausbreitet, u. uns arme Sünder dazu brauchen will: so wißen wir nicht, was wir sagen sollen. Wenn wir tausendmal Seine heil’ge Füße thränend netz’n u. küßen für die Gnadenwahl, ist’s noch nicht mit ausgericht’t. Wir sehen mit sehenden Augen, daß der HErr unter uns ist, das Herze fühlet Seines Daseyns Sabbaths-Nu, u. wir fühlen auch, daß Seine Frieds-Gedanken über uns noch immer weiter gehen. Thun wir einen Blick in alle unsre Gemeinen, nahe u. ferne, große u. [239] kleine, die alle Sein Herz fühlen; so wirds uns weich ums Herz, u. unsere Augen zerfließen in Thränen vor Ihm.
Uns, lieben Geschwister, hat der Heyland dazu erwehlt, daß wir theils schon in Seinem Dienst dahin gestellt sind, theils die nächste Anwartschaft dazu haben. Wir wollen jezt unsern Bund erneuern u. unserm Aeltesten mit Herz u. Mund versprechen, Seine gehorsame u. treue Diener u. Dienerinnen zu seyn, damit Er auch in dem künftigen Jahre Seines Aeltesten-Amtes Freude an uns haben u. uns zum Dienst in Seinem Hause aufs neue segnen, salben u. zurüsten möge.
Wir haben hier auch eine Anzahl Geschwister vor uns, die morgen von uns abreisen werden, nemlich Geschwister Waiblingers nach Gnadenbergel, Geschwister Abraham Gersdorfs nach Zeist, wo er das ihm im Synodo aufgetragene Geschäfte beym Archiv übernehmen wird, u. Geschwister Waecklers, die ihrem Ruf zu Folge nach Hennersdorf [240] ziehen. Ferner gehen morgen unsere lieben Geschwister Belows nebst den Schwestern Anna Schneiderin u. Juliana Schneiderin nach St Thomas ab. Es ist eine besonders liebliche Sache, daß der Heyland so sorgfältig an unser liebes schwarzes Volk in St. Thomas denkt; u. da Er angefangen hat, es unter ihnen auch in der Chor-Sache immer weiter zu bringen, jezt die Schwester Anna Schneiderin als Witwen- u. die Schwester Juliana Schneiderin als ledige Schwestern-Pflegerin dahin schickt. Geschwister Belows werden bey dem dortigen Werk Gottes im innern u. äußern dienen, wozu sie eben der Heyland u. die Geschwister anstellen werden. Der heilige Geist hatte sie angeregt, sich dazu zu melden, u. ihr Trieb ist vom Heyland bestättiget worden. Weil sie nun noch nicht zu Acoluthen angenommen sind, ihr Ruf es aber mit sich bringt, daß sie sich als gehorsame Diener dem Heyland zu alle Seinem Gebrauch weyhen u. nach der Regel des Hauses Gottes u. der Brüder-Kirche [241] in allen Stücken einhergehen; so sollen sie uns jetzo die rechte Hand der Treue drauf geben, zu alle Seinem Willen da zu seyn, u. Geist, Seel u. Glieder williglich herzuleyhn, Jesum zu erfreun.
Das geschahe dann unter dem Vers: Da ist die Hand, HErr! hilfs ihn’n thun p. u. Johannes continuirte: Jezt wollen wir noch zu guter lezt mit diesen abreisenden Geschwistern den Lobe- u. Bundes-Kelch trinken, u. uns mit ihnen verbinden, nach Einer Regel einherzugehen, u. das Herz unsers Aeltesten zu erfreuen. Wir wollen den Heyland loben u. Ihm danken vor alle Gnade u. Segen, die Er an Seinem armen Brüder-Volke gethan hat. Er soll Sein Salb-Oel auf uns schütten u. uns zu priesterlichen, liturgischen u. treuen Dienern gestalten. Er gebe insbesondere unsern nach St Thomas abreisenden Geschwistern ein warmes u. mit Seinem Blute gesalbtes Herze, u. stärke ihre Hütten, damit sie in Seiner Kraft gehen u. [242] alles das vollenden mögen, wozu Er ein jedes gesendet hat.
Der Kelch wurde hierauf unter folgendem Gesang herum gegeben:
Sey ihn’n zu diesem Ende ein Salb-Oel auf die Hände p. Gib ihnen muntre Kehlen, die Wunder zu erzehlen, die Deine Treue thut p. Deine Freunde, welche vor Dir wohnen – sich oft fern, Dir alle nah, die repraesentir’n sich Deine Wunden – singen Dir – Ave u. Hallelujah! Wir zweifeln im geringsten nicht, daß Du, großer Meister – Seinen Creuz-Gemeinen – täglich verklären wirst Seine Wunden p. Dein heiliges Oel durchgeh unsre Seel p. Wir schwören Dir die Herzlichkeit, die Bluts-Verwandte fühlen p. Die wir uns nun hier beysammen finden, schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p. (Pacem.)
reisten also unsre Geschwister Belows, die Witwe Anna Schneiderin u. die ledige Schwester Juliana Schneiderin, [243] nachdem sie noch gestern in der Singstunde dem Segen der Gemeine empfohlen worden, über Copenhagen nach St Thomas ab; desgleichen Geschwister Waiblingers nach Gnadenbergel, u. Geschwister Abraham Gersdorfs mit der ledigen Schwester Anna Elisabeth Grillichin nach Zeist. Geschwister Waecklers zogen nach Cathrinenhof, u. dagegen Geschwister Witts hieher.
Nachmittag war mit der vorige Woche aus Fullneck angekommenen Gesellschaft lediger Brüder u. Knaben ein liebliches LiebesMahl in Englischer Sprache, worauf
Bruder Noual mit den Knaben nach Niesky ins Paedagogium kam.
Von Ebersdorf kam die dasige Herrschaft u. Heinrich der XXVIste zum Besuch hier an.
Abends hielt Johannes den ledigen Brüdern eine Chor-Rede über die Loosung.
redete Bruder Leonhard in der Versammlung der Communicanten über die [244] heutige Loosung u. in der Chor-Versammlung der ledigen Schwestern über den Text.
hielt Johannes den Witwen ihre Homilie über die Loosung am 19tn hujus.
war nach den gewöhnlichen Agapen in den Chören um ½8 Uhr die Absolution, bey welcher Bruder Johannes in einer kurzen Rede über die Loosung des seligen Bundes erwehnte, den der Heyland durch Seine blutige Marter u. Tod am Creuze mit dem menschlichen Geschlecht gestiftet u. in unsern Tagen mit Seiner Gemeine so seliglich erneuert hat. Zu diesem Bunde, der uns bey jedem AbendMahl aufs neue versiegelt wird, wurden 2 Schwestern durch die Confirmation zum heutigen Genuß des Leichnams u. Blutes Jesu, der um 9 Uhr erfolgte, hinzugethan.
Sonst fügen wir dieser Woche noch folgendes bey:
1.) Briefe aus Suriname vom 12tn Jun. brachten uns Nachricht von [245] unsrer dortigen Geschwister Wohlbefinden, u. daß sie der Ankunft der 3 Boten unter die Frey-Neger mit Freuden entgegen sehen, von denen Bruder Lawatsch schreibt, daß sie ein liebes u. ehrwürdiges Volk wären.
2.) Geschwister Christ. Schulzens sind am 7tn Jun. in Antigoa angekommen, u. haben den Bruder Lister, der vorher alleine da war, munter u. wohl gefunden. In der ersten Versammlung, die Bruder Schulze gehalten, waren 40 Neger, u. darunter 21 Getaufte u. 4 AbendMahls-Geschwister.
3.) In Lindseyhouse ist unsre liebe Schwester Rosina Elisabeth Wollinin am 3tn hujus selig zum Heyland gegangen.
[246]
war früh zur gewöhnlichen Zeit die Amts-Communion u. Communion-Liturgie.
In der Gemeinstunde um 7 Uhr redete Bruder Joseph über die gestrige u. heutige Loosung.
Zum heutigen Gemein-Tag wurde früh die Gemein-Litaney gebetet, u. bey der Bitte um die ewige Gemeinschaft unsre Schwester Rosina Elisabeth Wollinin, die in Lindseyhouse, u. die Schwester Eleonora Anna Lucretia Denekin, die hier heimgerufen worden, namentlich eingeschloßen.
In den folgenden Versammlungen communicirte Bruder Johannes folgende Briefe:
[247] Von Geschwister Schulzens habe Briefe bekommen. Sie waren 6 Wochen von England nach den Granadoes unterwegens, hielten sich 13 Tage da auf u. kamen am 7tn Jun. im Hafen St John auf Antigoa an. Es war just Mitternacht, da sie ans Land traten. Sie eilten zu dem Brüder-Hause daselbst, fanden Bruder Lister wohl u. gesund, und die Freude war auf beyden Seiten sehr groß. Bruder Schulze hat den ersten Sonntag nach ihrer Ankunft zu etwa 40 Negern geprediget, u. es ist ihm wohl dabey gewesen. Nach der Predigt hat er die Classen der Candidaten und Getauften gehalten u. sie zum erstenmal gegrüßt. Der Getauften waren 21 u. außerdem noch 4 AbendMahls-Geschwister zugegen.
Schulzens u. Lister laßen alles herzlich grüßen.
Der liebe Heyland hat uns gar schönes Wetter zu unserm Bau gegeben, wofür ich herzlich dankbar [248] bin. Das Gemein-Haus ist nun meistens unter Dach. Zum ledige Schwestern-Haus legten wir am 15tn Jul. den Grundstein, in Gegenwart etlicher 80 lediger Schwestern u. der anwesenden Arbeiter, /:denn die monatliche Conferenz war grade in Gloonen:/ unter einem nahen Gefühl der Gegenwart unsers HErrn. Die Länge des Hauses ist 61 u. die Breite 35 Fuß. Ueber die Helfte des Hauses wird 3 Stock hoch, u. es ist überhaupt so angelegt, daß es vergrößert werden kan, wenn es die Umstände in einiger Zeit erfordern solten. Wir geben uns alle Mühe, es so weit zu bringen, daß es noch dieses Jahr bezogen werden kan. Wir sind jetzo mit der Mauer schon bis an die Fenster im andern Stock gekommen.
Daß am 6tn Jun. die Gemeine in Coothill eingerichtet worden, wird schon gemeldet seyn. Der liebe Bruder Gambold war recht munter und activ, u. der Heyland ließ sich in allen Gelegenheiten recht nahe fühlen. [249] Daß die Schwester Mary Vogelsang einen Ruf nach Irrland gekrigt, ist mir sehr lieb. Es geht in den ledige Schwestern-Oeconomien in Gnade, u. ich gönne es ihnen, daß sie ein Chorhaus krigen, sie sind es werth; es werden recht solide Leute unter den ledigen Schwestern erzogen, die sich gut in den Gemein-Gang schicken. Ueberhaupt geht es unter uns im Segen, u. die Arbeiter sind munter u. wohl.
Eben krige ich wieder einen Brief von John Caldwell vom 6tn Aug. aus Air. Er predigt noch ungehindert zu sehr viel Menschen, krigt noch immer neue Invitationes an andren Orten zu predigen, u. die Leute fangen nun auch an, sich mehr bekannt mit ihm zu machen.
Es ist nun bald 2 Jahr, daß ich in Jamaica bin. Wir sind wohl u. gesund, u. geben uns zu dem, was uns anvertrauet ist, gerne u. williglich her, damit wir dem [250] Heyland u. Seiner Gemeine zur Freude seyn u. uns in allen Stücken beweisen mögen als arme Sünder, die in Jesu Marter u. Verdienste weiden. Was den Gang unter den Negern betrift, so haben wir hieselbst 74 getaufte Manns- u. 5 Weibs-Leute angetroffen, zu welchen im Jahr 65. noch 9 Personen gekommen sind. Am 2tn Jun. war wieder eine Taufe von 3 Personen unter einem gar seligen Gefühl. Von einer unter diesen, die außer der Bogue-Plantage wohnt, haben wir Hofnung, daß sie nicht nur in ihrer Tauf-Gnade fortgehen, sondern auch unter den Negern, wo sie wohnt, ein gutes Salz seyn wird. Ueberhaupt haben wir jezt einen Hofnungsvollen Prospect. Der Heyland fängt sein Werk unter den Negern von neuem an, u. man spürt, daß das Wort von Seinem Leiden, das von Anfang hier ist verkündiget worden, nicht vergeblich gewesen ist. Wir besuchen die Seelen fleißig, u. es liegt uns an, daß eines nach [251] dem andern herbey gebracht u. Seiner Seligkeit in Jesu Verdienst u. Leiden theilhaftig werde. Er gebe uns dazu die nöthige Gesundheit u. Kräfte, vor allen Dingen aber ein von Seinem Blute warmes u. gefühliges Herze, damit die Seelen sowol durchs Wort von Seinem Leiden, als auch durch unsern Wandel überzeugt werden, was Er an armen Sündern thun kan u. wie lieb Er sie hat. Wir empfehlen uns eurem Andenken, damit der HErr Sein Werk, das Er unter den Negern angefangen, fortführe, u. wir weder Ihm noch Seiner Gemeine zur Schmach seyn mögen. Laßt uns eure Liebe u. Theilnehmen fühlen, ohne welches wir auch nicht zurechte kommen können.
Ach was hast Du mir in Deinem Briefe mit der Nachricht von den 3 Brüdern, die unter die Frey-Neger gehen sollen, unter welchen auch mein liebes Herz Dehne ist, für Freude gemacht! [252] Die Frey-Neger an der Sarameca haben uns lieb, u. wir bezeugen ihnen ein gleiches. Es kommen von Zeit zu Zeit immer welche herunter, die bey uns einsprechen. Daß der Bruder Christian Schmidt als unser Agente nach Paramaribo kommt, ist mir lieb; denn mit einem Bruder ists doch allemal beßer versehen als mit sonst jemand. Ich ersehe auch aus deinem Briefe, daß der Heyland noch manche Thüre aufthut, damit den armen Heyden das süße Evangelium von ihrem Schöpfer u. Erlöser verkündiget werde, u. das erweckt bey mir Lob u. Dank.
Weil ich mit meinen lieben Geschwistern in Saron die Abrede genommen habe, je eher je lieber wieder nach Hause zu kommen; so gedenke ich d. 14tn hujus von hier auf einem Corjar[WS 10] dahin abzugehen. Die meisten Indianer von Berbice haben sich nach der Corentyn begeben u. wohnen an der Mebenne, die in die Corentyn fällt. Es sind mehrentheils Getaufte u. auch einige AbendMahls-Geschwister. [253] Es war mir sehr lieb, daß unsere Geschwister näher bey ihnen zu wohnen gekommen, u. die Indianer fleissig besuchen u. wieder von ihnen besucht werden können. Wir haben dieses Jahr ein naßes Jahr, die kleine trockene Zeit ist ausgeblieben u. es regnet fast täglich. Die Sarameca ist so angewachsen, daß sie auf unsrer Seite aufs niedrige Land ausgetreten ist u. manches unter Waßer gesezt hat. Auf der andren Seite, wo das Land noch niedriger ist, hat das Waßer über Mannstief gestanden. Wenn unsere Brüder noch auf dem alten Platz an der Corentyn wohnten, so wären sie völlig mit Waßer umgeben worden. Aber wo sie jezt wohnen, ists hoch, u. sie haben, so wie wir in Saron, frische Luft. Wir sind auch, dem Heyland sey Dank! die Zeit her munter u. gesund gewesen.
Dein leztes Schreiben habe mit
vielem Vergnügen erhalten. Ich habe
[254] nun endlich das Glück erlebet, daß
ich Brüder auf ihrer Durchreise
beherberget habe; u. nun soll ich
auch so glücklich seyn, die Geschwister Hüffels
zu mir ins Haus zu bekommen.
Nun werde ich meines Lebens froh
werden, zumal da mir der Heyland
mehr als jemals die Sünder-Spur
aufgedeckt hat. Ich warte mit meiner
lieben Gehülfin sehnlich auf erwehnte
lieben Geschwister, u. unser ganzer
Sinn ist, in ihrer Gemeinschaft unsere
Gnadenwahl zu vollenden u.
unserm HErrn zur Freude u. Ehre
zu werden, wozu wir uns Deinem
u. der Gemeine Andenken vor dem HErrn
empfehlen. Von unsern Brüdern,
welche d. 9tn Jul. st. n. von uns abgereiset
sind, haben wir noch keine
Nachricht; es kan aber auch noch
keine da seyn. Sie haben sich bey
uns behelfen müßen, weil ich wenig
Gelaß hatte. Ich habe aber
nach ihrer Abreise ein eigen Haus
gekauft, daß also Geschwister Hüffels
u. die künftig durchpassirenden es
commoder bey mir haben werden. Ich
[255] sehe aber dieses Haus nicht für
mein Haus, sondern für eine Pilger-Herberge
an, u. wir bleiben nach
wie vor auf einen Pilger-Fuß eingerichtet.
Er soll uns aber auch
zu Seinem Willen haben, wenn wir
so Hauswirthe seyn sollen, wie
Abraham, wo Sein Geist ausruhen
kam: denn wir halten uns für unsers
Marter-Mannes ewige Schuldner.
Segnet uns denn dazu von unserm
lieben HErrn ein.
P. S. Bruder Jannet hat vom 24tn May an mich geschrieben; er befindet sich noch selig u. vergnügt.
Nun kan ich dir melden, daß unser lieber HErr mich u. meine Christine am 11tn hujus glücklich, vergnügt u. selig hieher gebracht hat. Wir gingen d. 26tn pass. von Lübeck nach Travemünde ab u. von da d. 28tn ganz früh mit einem guten Wind in die See, daß wir d. 29tn Morgens schon Bornholm vorbey segelten. Am 3tn Aug. trat ich [256] in mein 54stes Jahr. Ich beging den Tag vor mich in der Stille und sagte dem lieben Heyland manches von mir u. meinen Umständen. Am 9tn kamen wir bey Cronstadt an, konten aber wegen des heftigen contrairen Windes nicht in den Hafen einlaufen. Es erhub sich ein Donner-Wetter u. dabey ein so heftiger O.S.O.[WS 11], daß wir bald an das hohe Bollwerk wären angetrieben worden, wo wir alle vor dem Hafen noch gar leicht unser Grab hätten finden können. D. 10tn gingen wir mit einem Boot nach Cronstadt, blieben da über Nacht u. d. 11tn fuhren wir mit einer Chalouppe vollends nach Petersburg. Wir sprachen zuerst bey Pastor Dilthey ein, der uns recht herzlich empfing u. zu unsern lieben Herzen Friesens bringen ließ, die uns in vieler Liebe aufnahmen. Wie sehr Helterhof nach uns verlangt, ist aus seinem Briefe zu ersehen. Ich wünsche nun bald auf meinem bestimmten Fleckgen zu seyn, wo [257] ich meinem lieben HErrn fleißig vorhalten will, was unter der heutigen Loosung steht: Die Sach’ ist Dein, HErr Jesu Christ! die Ehre u. die Schande. Wir gehn nach Moscau mit einem Sünder-Muthe, wollen Ihm als arme Kinder auf die Hände sehen u. darauf Achtung geben, was Er aus Gnaden mit u. durch uns machen will; wenigstens habe ich gute Hofnung. Denkt ihr indeßen hübsch an uns. Wir empfehlen uns euch allen aufs herzlichste; wir als arme Theilgen vom geistlichen Geschlechte Sem werden euch auch nicht vergeßen.
Es ist mir so in meinem Herzen, an euch zu schreiben. Ich fühlte seit geraumer Zeit ein Verlangen u. Sehnen in meinem Herzen, unter die Heyden zu gehen; dachte aber, wenn es die rechte Zeit wäre, so würde der liebe Heyland schon an mich denken. Des lieben Bruder Johannis [258] Rede am 11tn Nov. verursachte inzwischen, daß ich mich zum Heyland wendete, Ihm mein Herz ausschüttete u. Ihm sagte: wenn deine Wahl mich armes Würmlein trift, so bin ich von ganzem Herzen willig u. bereit, wo Du mich hinsendest. Bey der Gelegenheit, lieben Brüder, habe ich hauptsächlich nach Barbados gedacht, woselbst so viele Neger sind, die nichts vom Heyland wißen, u. geglaubt, ob es nicht gut wäre, daß jemand hinginge u. nachsähe, ob da was vor den Heyland zu gewinnen wäre. Die lieben Brüder werden daran u. an mich vor dem Heyland denken. Das schreibe ich von ganzem Herzen u. verbleibe durch die Gnade des Heylands euer armer Bruder.
Nachdem ich des lieben Heylands Sein Ja-Wort zu meinem Posten empfangen, habe ich es mit Freuden angenommen, u. bin sehr darüber [259] beschämt, daß Er mir in diesem Stück so gnädig gewesen ist. Es ist Seine freye Gnade; denn ich fühle mich gar sehr ungeschickt dazu, u. Er weiß selbst, wie unvermögend u. blöde ich bin. Aber unser lieber HErr wird uns schon durchhelfen, u. es ist mir wohl, wenn ich dran denke. Er ist ja vermögend genug, mir alles das zu schenken, was ich brauche. In Seinem Verdienste zu weiden, das ist mein Durchkommen. So elend ich auch bin, so wird Er mich aus Gnaden segnen u. salben aus Seinen heiligen Wunden zu allem, was ich Ihm seyn soll. Ich küße euch die Hände u. empfehle mich eurer Liebe u. Andenken, als euer geringster u. ärmster Bruder.
Um 7 Uhr wurde der Gemein-Tags-Psalm Joh. 15,17. bis Capitel 16,4. wie folget, besungen:
- Das gebiete ich euch, daß ihr euch unter einander liebet.
Du süße Lieb’, schenk uns Deine Gunst p. [260]
- So euch die Welt hasset, so wißet, daß sie mich vor euch gehaßet hat.
Der an dem Creuz geschändet ward – u. – mit Schmach die Seinen zeichnet, ist mein u. meiner Brüder Haupt p.
- Dieweil ihr nicht von der Welt seyd – darum haßet euch die Welt.
Wenn wir tausendmal Deine heilge Füße thränend netz’n u. küßen – ists noch lang nicht ausgericht’t p.
- Haben sie mein Wort gehalten, so werden sie euers auch halten.
Laßt die Völker murren, die Teufel toben p.
- Sie kennen den nicht, der mich gesandt hat.
Und wem wär der Vater klar, wenn der Sohn nicht wäre?
- Wer mich haßet, der haßet auch meinen Vater.
Der keine Ehre jezo mehr annimmt vom Menschen-Heere, als durch den Sohn.
- Sie haßen mich ohne Ursach.
Was liebest Du? Sünder, die schnöde Zucht p.
- Der Geist der Wahrheit – der wird zeugen von mir.
[261] Wir danken Gott, dem heiligen Geist, der uns Jesum Christum im Herzen preist p.
- Und ihr werdet auch zeugen; denn ihr seyd vom Anfang bey mir gewesen.
Er helfe mir, daß ich das Zeugniß führ’ p.
- Sie werden euch in den Bann thun.
Ob man uns in der Welt gleich gar nicht kennet – so sind wir Dir doch in die Hand gegraben u. gehn u. haben.
- Es kömmt aber die Zeit, daß wer euch tödtet, wird meynen, er thue Gott einen Dienst daran.
Wer da gläubet u. bekleibet, kan sich unter Beil u. Sägen wie ins Bette niederlegen.
- Aber solches habe ich zu euch geredet, auf daß, wenn die Zeit kommen wird, daß ihr daran gedenket, daß ichs euch gesagt habe.
Du bist nicht mehr in dieser Welt p. Bis daß wir unsre Gnadenwahl vollendet p.
[262] Um 9 Uhr war eine Aufnahme von 10 Geschwistern in die Gemeine u. Geschwister Jonas Kindermanns u. die Schwester Rosina Gneussin traten als Jünger in der hiesigen Gemeine ein.
Geschwister Powalkens, die in Rixdorf durch Geschwister Eccards abgelöst worden, kamen bey uns an; u. unser lieber Bruder Gregor ging zur Visitation nach Ebersdorf ab. So sind auch Geschwister Thomas Rhodens von ihrem bisherigen Posten zu Neu-Dietendorf, in Niesky angelangt.
redete Bruder Johannes in der Versammlung der AbendMahls-Geschwister über die heutige Loosung, und
Bruder Leonhard in eben der Versammlung gleichfalls über die Loosung des Tages.
betrachtete Bruder Johannes in der Beter-Versammlung die Texte vom 25tn, 26tn u. 28tn; u. Bruder Leonhard hielt darauf den Mädgen eine Homilie.
[263] Bruder Wittgenstein u. Meder kamen heute von Barby hier an.
Sonst fügen wir dieser Woche von eingelaufenen Nachrichten noch folgendes bey:
1.) Aus Liefland erhielten wir Nachricht, daß am 23tn Jul. das Wohn-Haus auf Lammesberg durch einen Wetterstrahl angezündet u. abgebrannt sey. Die besondere Bewahrung u. Hülfe, die Geschwister Noriens dabey erfahren, wird in den Nachrichten ausführlich gemeldet werden.
2.) Geschwister Lieberkühns sind am 20tn Sept. von Gnadenbergel nach Neusalz unter Begleitung des Bruder Seidlizens abgereiset. Es sind nun doch schon wieder 30 Geschwister daselbst.
[264]
wurde das heutige Engel-Fest wie gewöhnlich, von der Gemeine u. in specie den Kindern begangen.
Die Diaspora-Geschwister in hiesiger Gegend hatten zugleich ihre bisher gewöhnlich 4teljährige Versammlungen, Anbeten u. LiebesMahl, zu deßen Schluß Johannes noch eine Rede an sie hielt.
In der Abendstunde um 7 Uhr redete er über die Loosung des Tages.
Die Brüder u. Schwestern, die die Kinder zu bedienen haben, hatten, leztere vor u. erstere nach derselben, den Bundes-Kelch.
Bruder Stock retournirte auch heute von Barby und
reisten Geschwister Layritzens dahin ab. In Bruder Layritzens Abwesenheit werden Geschwister Renatus Laers [265] die Besorgung der Diaspora ins Ganze übernehmen.
Den Kindern hielt Johannes Nachmittag eine Homilie über die gestrige u. heutige Loosung.
redete Bruder Joseph in der gewöhnlichen Versammlung um 7 Uhr über die Loosung.
hielt Bruder Johannes den ledigen Brüdern ihre Chor-Viertelstunde über die Loosung, so wie er auch nebst Bruder Leonhard die übrigen Chor-Homilien in dieser Woche besorgte.
redete Bruder Johannes um 7 Uhr über die Loosung, u. machte die Verlobung des Bruders Ernst Siegmund v. Gersdorf mit der Schwester Beate Charlotte v. Schweiniz, der Gemeine bekannt. So wurde auch unser lieber Bruder Johann Nitschmann an seinem heutigen Geburts Tag dem Segen der Gemeine empfohlen.
[266]
betrachtete Bruder Johannes in der Beter-Versammlung die schöne Loosung des Tages:
- Gedenket ewiglich Seines Bundes, den Er gemacht hat p.
Sonst fügen wir hier noch bey:
1.) Geschwister David Nitschmanns u. Joseph Neussers sind am 14tn Sept. nach Gravesand gegangen u. darauf mit der Hope nach N. York abgesegelt.
2.) Aus Copenhagen bekamen wir Nachricht, daß Bruder Peter Rudberg aus Lichtenfels daselbst glücklich angelangt. Die 3 ledigen Brüder, die dieses Frühjahr nach Grönland gegangen, kamen bereits am 26tn May da an. Alle unsere Europäische Geschwister in Neu-Herrnhuth u. Lichtenfels befanden sich wohl, u. Bruder Matthaeus Stach ging am 30tn Jul. mit 3 Grönländischen Familien auf seine Reise nach Süden, mit der schönen Loosung: Siehe, ich bin mit Dir u. will Dich behüten, wo Du hinzeuchst, u. will Dich wieder herbringen. [267] Seine unschätzbare Näh’ segnet uns zu Land u. See.
3.) Wegen der Readmission dererjenigen, die in der Gemeine AbendMahls-Geschwister gewesen, u. sich nachher in der Welt verheyrathet haben, u. dann um die Restitution bitten, wurde an eine Aeltesten-Conferenz folgendes Schreiben vom Directorio erlaßen, wovon der Extract hiermit allen unsern Aeltesten-Conferenzen communicirt wird:
Wir haben einmüthig vor gut gefunden, daß von der alten einmal vestgesezten u. vom seligen Jünger kurz vor seinem Heimgang, bey Gelegenheit eines eclatanten Exempels, bestätigten u. aufs neue gleichsam testamentlich anbefohlnen Regel, daß diejenigen, die als AbendMahls-Geschwister von der Gemeine abgegangen u. außer der Gemeine vor sich geheyrathet, nicht wieder als ordentliche Brüder-Gemein-Glieder, so lange sie in einer solchen Ehe sind, angenommen werden, in keiner unsrer Gemeinen abgegangen werde. [268] Die Erfahrung hat bestätiget, daß wenn man diese Regel nicht observirt u. solche Leute wieder in die Gemeine genommen u. zum monatlichen AbendMahl admittirt hat, sie nach ihrer Aufnahme schlechter worden, nie in einen ächten Chor-Gang gekommen u. ausgezeichnete Leute geblieben. Indeß ist keiner Aeltesten-Conferenz verboten, wenn dergleichen Personen um Absolution bitten u. schriftlich drum ansuchen, ihnen nach dem Befinden ihres Herzens u. nach Anweisung des Heylands *[WS 12] zu vergeben, u. auch wol nachher sie alle 4tel Jahr mit zum AbendMahl gehen zu laßen. Man hat an verschiedenen solchen Geschwistern gesehen, daß sie, wenn man sie praecise nach dieser Regel behandelt, selig fortgegangen, ein sünderhaftes Andenken ihres Falles ihr Lebelang behalten, u. ihr 4teljähriges AbendMahl ihnen viel wichtiger u. gesegneter gewesen, als wenn sie alle Monat mitgegangen wären. Es ist dabey nicht zu vergeßen, [269] daß obige Principia schon 20 Jahr unsern Chören bey ihrer Chor-Einrichtung gesagt worden, u. wir die Jahre her den realen Effect davon gesehen, daß eine große Anzahl abgegangener Leute, die noch einen Funken Treue im Herzen gehabt haben; um sich nicht auf immer die Readmission in die Gemeine zu verscherzen, sich nicht ins Heyrathen eingelaßen, u. dadurch vor weitere Verstrickung bewahrt geblieben. Es hat auch mit dieser Art Versündigungen eine differente Bewandniß, als mit andern Sünden; denn das gegen den Sinn des Heylands u. Seiner Gemeine geknüpfte Ehe-Band u. die Effecte der Vergehung continuiren immer fort. Solche Leute, wenn sie absolvirt u. zum 4teljährigen AbendMahl wieder gelangt sind, gehören nicht im eigentlichen Sinn zur Diaspora, sondern zu uns, wie denn verschiedene zu keiner andern Religion gehören; sondern sie sind eine Claße von Geschwistern, die sich durch ihre Vergehung des Rechts der Erstgeburt, daß wirs so ausdrücken, verscherzt, sich aber doch [270] zu uns halten u. nach ihren Umständen so viel genießen, als nach der Gemein-Regel geschehen kan; u. wir wollen uns von Herzen freuen, wenn sie weicher, Marie Magdalenen-haftiger u. attachirter an den Heyland sind, als manche andere Geschwister. Das wird aber gewiß eher erhalten werden, wenn immer noch ein bißgen von dem Denkmaal ihres Falles übrig bleibt.
Was die Ehe-Gatten solcher Personen anlangt; so ist unsre Praxis bisher gewesen, daß sie auch nicht weiter zu den Gemein-Gnaden admittirt werden, als wozu so ein Bruder oder Schwester gelanget, u. wir halten davor, daß es dabey auch verbleibe.
So bald aber durch den Tod eines Theils eine solche Ehe getrennet ist, so ist kein Bedenken, daß der überbleibende, ja selbst der schuldige Theil in integrum restituirt werde, vorausgesezt, daß die Situation seines Herzens ihn dazu qualificiret, u. der Heyland [271] es approbirt; u. wenn so eine Person wieder in der Gemeine verheyrathet wird, so wird sie wie andere AbendMahls-Geschwister tractirt u. behandelt.
Was die Kinder solcher Personen anlangt; so ist keine Ursache vorhanden, warum nicht an sie so gut als anderer Geschwister Kinder alle Treue solte gewendet werden. Sie können auch, wenn sie erwachsen, aufgenommen u. zum AbendMahl admittirt werden. Der Sohn soll nicht tragen die Mißethat des Vaters. Daß die Eltern nur 4teljährig u. die Kinder monatlich zum AbendMahl gehen, macht darinnen keine Hinderung. Wie viel Eltern sind Diaspora-Geschwister, deren Kinder Gemein-Glieder sind.
Wir bitten unsere lieben Geschwister, über diese Principia treulich zu halten.
Solte ja ein Casus seyn, von dem ihr glaubet, daß eine Ausnahme statt fände, so laßet es ans Directorium gelangen, daß es daselbst überlegt werde.
[272]
wurde früh in der Litaney der Witwe Ottoin, der Schwester Marie Baderin u. der ledigen Schwester Anna Petronella Andersin, davon erstere hier in Herrnhuth, die 2te in Jamaica und die dritte in Steppingen heimgegangen, namentlich gedacht.
Nachmittag um 4 Uhr war in der Versammlung des Ehe-Chors die Trauung des Bruder Ernst Siegmund v. Gersdorfs mit der Schwester Beata Charlotta Christiana v. Schweiniz.
Abends in der Gemein-Stunde redete Bruder Johannes über die heutige Loosung.
kamen Geschwister Lauterbachs u. der Bruder Johannes Verbeek aus Zeist bey uns an.
[273]
reiste die Ebersdorfische Herrschaft, nachdem sie sich 3 Wochen in Herrnhuth aufgehalten, wieder ab.
Aus dem Lichtenfelsischen Diario, das an eben dem Tage ankam, ersahen wir, daß seit einem Jahr daselbst 21 u. darunter 3 Kinder getauft, 8 zum AbendMahl admittirt u. 4 Geschwister heimgerufen worden. Die Anzahl der Getauften ist 151, u. der sämtlichen dasigen Grönländischen Einwohner 178 Personen.
wurden die Texte nebst dem Tage-Register vors künftige Jahr nach Barby zum Druck expedirt. Von daher meldete uns Bruder Layriz seine Ankunft, u. daß die Uebergabe so wol des dortigen Zeit-Pachts, als des Erb-Pachts von dem Schloß-Bezirk u. dem Vorwerk Döben durch die dazu verordnete Commissarios geschehen. Die Loosung am 30tn Sept. mit der der erste Grenzstein des Erb-Pachts beym Collegio gesezt worden, ist anmerkungswerth. [274] Heute ging auch die Hanna des Witwen-Chores, unsre liebe Judith Nitschmannin, Bruder David Nitschmanns, der nach Pennsylvanien unterwegens ist, Mutter, in ihrem 94stn Jahre selig ins gesunde Reich über.
Abends in der Demmerung hielt Bruder Leonhard eine Rede über die Loosung.
reisten die ledigen Brüder Pipenburg u. Johann Friedrich Benade nach Berlin ab; ersterer als Bruder Gottfried Manns Gehülfe bey den ledigen Brüdern, der zweyte zum Gebrauch bey den Kindern u. die Böhmische Sprache zu lernen.
Wegen der Insel Tortola bey St. Thomas krigte das Directorium eine gnädige Anweisung vom Heyland.
wurde Abends den ledigen Brüdern in Herrnhuth in einer Rede des Bruder Johannis bekannt gemacht, daß der Heyland etliche Brüder zu [275] ihres Bruder Bruiningks Gehülfen bey der Chor-Pflege in den verschiedenen Abtheilungen des Chores ernennet habe, durch welche Einrichtung die Absicht des seligen Jüngers mit den ehemaligen Classen-Arbeitern in den Chören nach u. nach hoffentlich wird erreichet u. solche seiner lezten Declaration gemäß restituirt werden.
Den Mädgen hielt Bruder Johannes eine Chor-Rede über den heutigen Text.
[276]
wurde früh zur gewöhnlichen Zeit die Gemein-Litaney gebetet.
Nachmittag hielt Johannes dem Ehe-Chor eine Rede über den Text des Tages, u. Abends in der Gemeinstunde redete er über die heutige Loosung.
Zu Anfang dieser u. in voriger Woche bekannte sich unser lieber HErr gar gnädig zu den Conferenzen des Directorii, u. gab uns in verschiedenen wichtigen Materien klare u. selige Auskünfte.
Geschwister Hadwigs u. Wiers wurden zu ihrer bevorstehenden Reise nach Liefland u. Petersburg abgefertiget.
war Nachmittags ein Abschieds-LiebesMahl mit den sämtlichen Unitaets-Collegiis u. der Herrnhuthschen Aeltesten-Conferenz, [277] worauf
Johannes u. Benigna, Friedrich Neisser, Gerner u. Louise Müllerin nach Gnadenberg abreisten. Ihnen folgten
Geschwister Leonhards u. die Schwester Salome Grossin. Sie kamen ohngeachtet der schlechten Witterung, theils am 16tn, theils am 17tn wohlbehalten daselbst an. An ersterem Tage redte Bruder Johannes Abends in der Gemein-Versammlung über die Loosung, so wie Bruder Leonhard Tags darauf in der Versammlung der Communicanten.
Nachmittags hatte die ganze Gemeine in Gnadenberg, groß u. klein, vergnügte Agapen, theils zum Willkomm der in diesen Tagen angekommenen Geschwister vom Directorio, theils sich der Gnadenwahl unsers lieben Johannis an seinem heutigen Jahrs-Tage gemeinschaftlich zu freuen; und
[278]hatten die hiesigen Communicanten, nach vorgängiger Absolution, um 7 Uhr Abends ein seliges AbendMahl.
Aus Copenhagen bekamen wir Nachricht, daß Geschwister Böhlaus mit ihrer Gesellschaft am 3tn Oct. daselbst glücklich angekommen. So ist auch die Wachauische Colonne in London angelangt u. hat gleich ein Schiff gefunden, nach Charlestown abzusegeln.
In Herrnhuth sind diese Woche Geschwister David Schmidts aus Liefland u. Bruder Peter Rudberg aus Grönland angekommen. Erstere haben von Reval nach Lübeck 5 Wochen auf der See zugebracht.
[279]
predigte Bruder Johannes um 9 Uhr über 1. Joh. 5,12.
Darauf war die Amts-Communion u. Communion-Liturgie.
In der Gemein-Stunde Abends um 7 Uhr redte Bruder Johannes über die heutige Loosung.
kamen von Herrnhuth Geschwister Brodersens, desgleichen auch die Brüder, Gneuß, Bülow u. Samuel Utley bey uns an.
Aus England bekamen wir Nachricht, daß die Brüder in Froome eine hübsche Capelle auf eine Lease bekommen; und aus Pennsylvanien, daß Bruder Partsch daselbst heimgegangen.
In der Demmerung redte Bruder Johannes über den heutigen Text; so wie Bruder Leonhard
[280]über die Loosung des Tages.
Zu dem heutigen Geburts-Tag unsers lieben Bruder Gneuß theilten Abends die Arbeiter u. Gehülfen des ledige Brüder-Chors den Lobe- u. Verbindungs-Kelch unter sich.
hielt Bruder Johannes 29 ledigen Brüdern die gewöhnliche Einrichtungs-Rede, nachdem er die Tage vorher mit Sprechen derselben zugebracht.
In der Beter-Versammlung um 8 Uhr redte er über die Loosung.
Sonst fügen wir dieser Woche noch folgendes bey:
1.) In Herrnhuth ist der Bruder Johann Strohle mit der Schwester Mar. Knoppin u. der Bruder Nicolaus Menchen mit der Schwester An. Elis. Wernigin zur heiligen Ehe versprochen u. beyde Paare am 27tn getraut worden.
2.) Unsere nach dem Königreich Astracan bestimmte Brüder sind am 12tn Aug. bey Czarizin glücklich angekommen. Sie waren von Nisnei-Novogrod aus zu Waßer über [281] Casan u. Saratof gegangen u. haben so wol die Gräber der Brüder Krügelstein u. Fritsche, als unsern Bruder Jannet besucht. Von Saratof waren ihnen Officiers u. etliche Soldaten, theils zur Begleitung, theils zur Ausmeßung des Landes mitgegeben worden. D. 15tn Aug. fuhren etliche Brüder unter Bedeckung von 4 Cosacken zur Aussuchung des Landes aus, u. fanden d. 16tn 30 Werste von Czarizin am Fluße Sarpa, der in die Wolga fließet, einen Platz, den sie nach Anweisung des Heylands zu ihrem Settlement erwehlt. Er hat Wiesewachs, Korn-Land, Berge zu Wein, Obst- u. Maulbeer-Bäume, u. ohnweit des Flußes ist eine schöne Quelle. Sie werden das meiste Land an der linken Seite der Sarpa nehmen, u. schreiben vom 18tn Aug. daß sie in etlichen Tagen auf ihr Land ziehen u. sodann Herrn Hofrath Köhler u. Bruder Busch nach der Stadt Astracan reisen werden.
3.) Unsere 4 Labrador-Brüder [282] sind am 17tn Jul. in Pittsharbour in Terra Labrador glücklich angekommen, u. am 22tn kam auch der Shooner an, mit dem die Recognoscir-Reise geschehen sollen; es sind aber mit demselben nur die 2 Brüder Jens Haven u. Schlözer weiter gereist; die Brüder Drachard u. John Hill, welcher am 1tn Sept. geschrieben hat, sind in Pittsharbour zurück behalten worden. Am 19tn Aug. sahen diese beyde die ersten Esquimaux, u. seitdem hat Bruder Drachard mit ihnen täglich Umgang gehabt. Er wird von ihnen geliebt u. respectirt, u. verkündiget ihnen in ihrer Sprache den Heyland. Sie nennen unsere 2 Brüder Innuit, zum Zeichen, daß sie sie als ihre Landsleute ansehen.
[283]
wurde früh in der Litaney des hier heimgegangenen kleinen Göttlings namentlich gedacht.
Zur gewöhnlichen Zeit hielt Bruder Georgius die Predigt.
Heute wurden auch alle zur hiesigen Gemeine gehörige auswärtige Geschwister nach ihren Chören in Classen gesehen, u. Nachmittag hatten sämtliche Chöre Chor-Homilien.
Die hier wohnenden Geschwister sind alle von Bruder Johannes u. Leonhard während des Aufenthalts des Directorii allhier einzeln gesprochen worden.
In der Gemein-Versammlung um 7 Uhr redte Bruder Johannes über die heutige Loosung.
Abends reisten die Brüder Johannes, Friedrich Neisser, Gneuß u. Ludwig [284] Marschall nach Neusalze, u. kamen am 31tn wieder zurück. Sie fanden daselbst 32 Geschwister, die alle von Bruder Johannes gesprochen u. in einem lieblichen Gnaden-Gange gefunden wurden. Am 30tn hatten sie mit ihnen ein vergnügtes LiebesMahl u. den Bundes-Kelch. Die besuchenden Brüder bezeugen einmüthig, daß ihnen in Neusalz wohl gewesen u. sich der Heyland zu dem erneuerten Anfang dieser Gemeine auf eine liebliche Weise bekenne.
Am 31tn Oct. gingen Geschwister Simon Justs nach Neusalz zum Bleiben ab, u. Bruder Bülow, der am 28tn zu seinem Posten in Ebersdorf vom Directorio abgefertiget worden, reiste nach Herrnhuth zurück.
Die gewöhnliche Versammlung der AbendMahls-Geschwister in der Demmerung hielt Bruder Johannes über die Loosung in Hinsicht auf das heutige Reformations-Fest.
wurden Geschwister Brodersens, nachdem sie einige Tage in Gnadenfrey besucht [285] hatten, vom Directorio zu ihrer Abreise gesprochen.
Bruder Leonhard hielt zu dem heutigen Feste Aller Heiligen eine Rede über den Text dieses Tages.
traten Geschwister Brodersens ihre Reise nach London an. Der Heyland hat ihn zum Vorsteher der Gemeine in London u. Helfer ins Ganze in England ernennt.
Von den Auszügen der Reden des seligen Jüngers über das Evangelium Matthäi wurden die ersten 4 Capitel zum Druck nach Barby expedirt.
In der Beter-Versammlung um 8 Uhr wurde der Hymnus gesungen: Die Braut spricht zu dem Manne, gib – viel Räuchwerk zum Gebet p. u. dieser Tag u. Woche mit dem allgemeinen Abendsegen beschloßen.
[286]
wurde früh zur gewöhnlichen Zeit die Gemein-Litaney gebetet.
Darauf wurden Nachrichten gelesen, u. um 7 Uhr wurde die Gemein-Tags-Pericope aus Joh. 16,5–16. 20–23. wie folget, besungen:
- Nun aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat p.
Sein Lauf kam vom Vater her u. ging wieder zum Vater p.
- – Es ist euch gut, daß ich hingehe.
Gelobet seyst Du Jesu Christ, daß Du ein Mensch geboren bist p.
- Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch. So ich aber hingehe, will ich Ihn zu euch senden.
Amen, Amen Hallelujah! der Geist des HErrn ist wieder da. [287]
- Und wenn derselbige kommt, der wird die Welt strafen um die Sünde p.
Nemlich das nicht gläuben an Jesu Wunden p.
- Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten p.
Wir zweifeln im geringsten nicht, daß Du – Seinen Creuz-Gemeinen – täglich verklären wirst Seine Wunden p.
- Derselbige wird mich verklären: denn von dem Meinen wird Ers nehmen u. euch verkündigen.
Wir danken Gott dem heiligen Geist, der uns Jesum Christum im Herzen preist p.
- Alles, was der Vater hat, das ist mein p.
Vater u. Mutter u. lieber Mann, seht uns recht freundlich an.
- – Ihr werdet traurig seyn, doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehret werden – u. eure Freude soll niemand von euch nehmen.
[288] Wie ist dem Würmlein doch so gut bey dem Gefühl der Wunden p. Woll’n immer selger Dich verstehn p. Gib uns Deinen Frieden, o Jesu!
Zur gewöhnlichen Zeit hielt Bruder Leonhard die Gemein-Stunde über die Texte vom 1tn–3tn hujus nach welcher 2 Brüder aufgenommen u. in einem Gebet auf den Knien nebst dem ganzen Volk der Gnadenwahl dem treuen Herzen Jesu zum Segnen empfohlen wurden.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister redete Bruder Leonhard über die heutige Loosung.
Aus Rixdorf bekamen wir Nachricht, daß unser lieber Bruder Johann Wilhelm Eccard, der kurz vorher zum Dienst der dortigen Böhmischen Gemeine von Berlin hingekommen war, am 29tn Oct. zum Heyland gegangen sey. Sein Heimruf ist uns um so schmerzlicher, da es uns so sehr an Böhmischen Arbeitern fehlet.
[289] D. 7tn u. 8tn geschahe die Abreise von Gnadenberg nach Gnadenfrey in 3 Gesellschaften, u. wir kamen d. 8tn u. 9tn zur Freude der Geschwister daselbst wohlbehalten an.
Bruder Johannes hatte auch am 7tn den Knäblein in der Gnadenbergelschen Anstalt, u. den Jünglingen u. Knaben, nachdem er sie gesprochen, die gewöhnlichen Einrichtungs-Reden gehalten.
gefiel es unserm lieben HErrn, unsre ehrwürdige u. geliebte Schwester Elisabeth Thielin in Gnadenberg ganz unvermuthet u. hurtig heimzurufen. So ist auch in Herrnhuth die Witwe Schulzerin aus Wittstock am 5tn hujus selig heimgegangen.
In Gnadenfrey redete Bruder Leonhard in der Beter-Versammlung um 8 Uhr über die heutige Loosung.
Uebrigens hatte das Directorium vor der Abreise nach Gnadenberg diese Woche verschiedene wichtige [290] Expeditiones, nach Copenhagen in der Ost-Indischen Sache, nach London wegen der Einrichtung der Diaspora-Häuflein in der Englischen Kirche pp.
Aus einigen Briefen ist noch folgendes zu communiciren:
Wir armen Kinder legen mit schuldiger Dankbarkeit unsern demüthigsten Gruß u. Kuß in diesen Zeilen dar, u. melden euch, daß wir am 29tn Aug. in der Nähe unsers HErrn u. im Geleit Seiner Engel gesund u. wohlbehalten hier angekommen u. von unsern lieben Geschwistern in Liebe aufgenommen worden sind. Wir logiren jezt bey einem Sattler, Namens Klinge; werden aber bald zu einem Bruder, Namens Jordan, einem Mauermeister ziehen u. dann zum Besuch nach Hannover u. Mordick reisen. Daß wir von Herrnhuth sind, ist überall bekannt; es hat uns aber noch niemand was darüber gesagt, u. unsere Nachbarn bezeigen [291] sich zum Theil recht freundlich gegen uns. Wir stehen unter dem Schutz des Vaters unsers lieben HErrn, der auch unser Vater ist u. dem wirs zutrauen, daß Er uns durchbringen wird. Wir haben bereits von etlichen 20 Seelen aus Hamburg u. Altona Besuch gehabt, die zum Theil nicht ferne vom Reiche Christi u. Leute guter Hofnung sind. Von uns ist noch niemand besucht worden, als der es verlangt hat. Bruder Engelbachs Predigten sind mit vielem Segen begleitet u. werden mit großem Respect besucht. Wir sind nach dem Willen unsers HErrn gerne hier u. freuen uns unsrer Gnadenwahl u. unsers seligen Looses. Er schenke uns nur Gnade u. Weisheit, daß wir Ihm nichts verderben, sondern Ihm u. Seinem Volke zur Freude seyn mögen. Wir empfehlen uns dem Andenken der ganzen Gemeine vor dem Heyland, grüßen alles herzlich u. verbleiben eure arme Kinder Johann Gottlieb Raschke u. Rosina Raschkin.
[292]
Den mir durch unsere ehrwürdige Brüder vom Directorio u. Dir aufgetragenen Besuch der Neger, habe mit vielem Vergnügen u. Segen für mein eigenes Herz ausgerichtet. Ich erkundigte mich sogleich nach ihnen in Hamburg, vernahm aber, daß selbige nicht in der Stadt, sondern zu Arendsburg Professionen lernten. Ich fuhr also d. 16tn mit dem Bruder Herrmann auf nurgedachtes, 3 Meilen von hier entfernte, dem Herrn Baron v. Schimmelmann zugehörige Dorf, erkundigte mich nach der Aufführung gemeldeter Schwarzen, hörte von allen Menschen das beste Zeugniß u. ließ selbige sodann alle 4 holen. Der älteste heißt Apollo, ist 23 Jahr, der andere Carolus, 21, der dritte Johannes, 17, der vierte Thomas gegen 15 Jahr alt. Der erste wird ein Zimmermann, der andre ein Maurer, der 3te ein Böttger, der jüngste ein Schreiner. [293] 4 artige liebe Leute, denen mans ansehen u. abfühlen konte, daß sie zu uns gehören. Sie freuten sich wie Kinder, da wir sie von der Gemeine grüßten u. ihnen den Zweck unsrer Reise sagten. Sie baten alle, die Gemeine auch von ihnen herzlich zu grüßen u. ihr für diesen Besuch zu danken. Ich redete ziemlich mit ihnen durch u. ließ sie mit uns zu Nacht eßen. Darnach hielt ich ihnen eine Viertelstunde, wobey auch einer ihrer Cameraden war, der noch ein Heyde ist u. Janko heißt, deßen Eltern u. Schwestern aber zur Gemeine in St Crux gehören u. zum Theil selig heimgegangen. Hernach fielen wir mit ihnen auf die Knie u. empfahlen alle, auch den leztern, der Gnade u. Barmherzigkeit Jesu in einem inbrünstigen Gebet, unter einem solchen Gnaden-Wehen, daß unsrer Geschwister, u. selbst des armen Heyden, Herzen in viele Thränen überfloßen. Wir zwey sangen deutsch, sie wiederholtens Cariolisch, lieblich u. gefühlig. [294] Dann wurden alle mit dem Friedens-Kuß entlaßen u. ihnen versprochen, daß sie mehr solten besucht werden. Dieser Abend wird uns u. ihnen unvergeßlich bleiben. Den Morgen drauf kam Carolus nochmals uns zu grüßen, u. brachte einen Heyden, Namens Adam, mit, deßen Eltern auch Geschwister sind. Sie frühstückten mit uns, u. der Geist der Liebe, auch Bluts-Verwandtschaft witterte abermals. Dann reisten wir beschämt u. frölich zurück, u. kamen gegen 2 Uhr wieder nach Hamburg. Mein lieber Herold, der schon 6 Wochen im Hollsteinischen ist, wird bey seiner Retour auch nicht ermangeln, zu diesen lieben schwarzen Brüdern zu gehen.
[295]
wurde um 8 Uhr die Kirchen-Litaney gebetet, in welcher des heimgegangenen Bruder Eccards in Rixdorf namentlich gedacht wurde.
Nachmittag hatten sämtliche Chöre Homilien, die von Bruder Leonhard u. Johannes gehalten wurden. Lezterer hielt auch die Gemein-Versammlung um 7 Uhr über die Loosung.
kam Bruder Martens von Herrnhuth bey uns an.
In der Demmerung redete Bruder Leonhard über die heutige Loosung.
Dieser unvergeßliche Tag der seligen Erfahrung des Hohenpriester- u. Aeltesten-Amtes Jesu bey der Brüder-Kirche, war auch dismal für die Gnadenfreyische Gemeine ein wahrer [296] Gnaden-Tag. In der ersten Versammlung um 9 Uhr sang die Gemeine mit gerührtem Herzen: Ach Schöpfer meiner Seel p. Fühlest Du der Creuz-Gemeine Sehnen p. Willkommen unter Deiner Schaar u. das mit tausend Freuden p. Unter diesen Worten fiel die Gemeine auf die Knie u. nach dem Vers: Wir küßen Dir im Geist die Hand pp. that Bruder Johannes folgendes mit unzehligen Thränen u. dem seligsten Naheseyn unsers HErrn u. Aeltesten begleitetes Gebet:
Allerliebster Heyland! Du einiger Hoherpriester Deines Volks, Du Aeltester unsrer Brüder-Gemeinen! nimm zuerst mit Wangen voll Zährlein den allerdemüthigsten Dank, auch von der hiesigen Gemeine, an Deinem heutigen Tage an, daß Du nun vor 24 Jahren in unsrer Brüder-Kirche von Stuhl u. Stab Besitz genommen u. Dich selbst zum Aeltesten dieses Deines Volks gegeben hast. Wir danken Dir, daß Du es uns hast wißen laßen, daß Du uns [297] unter Deiner ganz besondern Aufsicht u. Pflege behalten, leiten u. führen u. der Hirte dieser Deiner Heerde seyn wilst. Allerliebster Heyland! wie kommen wir doch dazu, daß Du Dich so nahe mit uns eingelaßen u. in Deinen Brüder-Gemeinen wohnen u. wandeln wilst? In uns ist nichts vorhanden, wir sind ganz voller Schanden: aber es ist Deine Gnadenwahl, die uns dieses zugedacht u. geschenket hat. Wir nehmens mit Beugung unsrer Herzen an, nimms Aug von Thränen naß, nimms Herz dankbar u. warm, nimms hin zum Gratias, weil wir Dir doch nichts anders geben können. Behalte nun Dein Aeltesten-Amt unter uns, wie Du es die 24 Jahre her bey allen Proben, Sichtungen, Elend u. Verderben, das bey uns vorgekommen, gethan hast. Behalte dieses Dein Amt bis ans Ende der Tage, richte alles unter Deinem Brüder-Volke nach Deinem ganzen Herzen, u. laß uns unter Deinem Regiment von Grad zu [298] Grade geleitet werden. Aber, lieber Heyland! wir müßen Dir auch bekennen, daß wir bey allem Ueberschwang Deiner Gnade Dir noch nicht ganz zur Freude worden sind; wir bekennen Dir mit Wehmuth unsers Herzens, daß Du noch gar manches an Deiner Heerde hier u. an andern Orten zu erinnern findest, u. der heilige Geist zeigt uns so vieles im Lichte Deiner Wunden, darüber wir uns vor Dir schämen müßen. Wir kommen darum an Deinem heutigen Aeltesten-Tage zu Dir u. bitten Dich, hebe Deine durchgrabene Hände zur Absolution u. Segen über das ganze Brüder-Volk u. über jeden Bruder u. Schwester auf, laß uns fühlen, daß Du Dich zu uns nahest, u. wie Du vor Deinem Gang ins Licht an Deinen Jüngern gethan hast, also auch jetzo Deine Gemeine segnest, die sich heute zu Dir wendet u. Dich anrufet. Lieber Heyland! vergib uns alles, was bis daher Deinem Herzen nicht zur Freude gewesen, [299] vergib uns alles, womit wir es Dir in Deinem Aeltesten-Amte schwer gemacht haben, was in uns nach Seele u. Hütte nicht nach Deinem Sinn gewesen u. den Einfluß Deiner Wunden gehindert hat. Laß uns in unserm Inwendigen fühlen, daß Du Dich das alles nicht abhalten läßt, Dich aufs neue zu uns zu bekennen. Wir halten Dir Deine Marter u. Tod vor; um deswillen, allerliebster Heyland! sollst Du uns heute volle Absolution u. einen neuen Anblick Deiner Gnade schenken. Wir versprechen, so arm, elend u. gebrechlich wir sind, uns Dir ganz zu weyhen u. Herz, Seele u. Glieder Dir zu einem lebendigen Opfer darzustellen. Da Du uns zu einer lebendigen Gemeine gemacht hast, so solst Du uns nun auch zu Deiner völligen Disposition haben, damit kein einiger von den Frieds-Gedanken Deines Herzens über uns zurück bleibe. Wir huldigen Deinem heiligen Aeltesten-Amte [300] von neuem, versprechen Dir, so gut wir arme Sünder können, Deine gehorsame Kinder u. Diener zu seyn, nach den Regeln Deines Hauses, nach dem Plan, den Du uns gegeben, u. nach der Weise Deines Brüder-Volkes einherzugehen, Deine Marter zu treiben u. in Absicht auf die Heiligung Leibes u. der Seele in der durchs Verdienst Deiner heiligen Menschheit erworbenen Gnade uns in allen unsern Chören nach Deinem Herzen gestalten zu laßen. Wir denken auch heute vor Dir an alle mit uns verbundene Gemeinen. Allerliebster Heyland, segne heute Dein ganzes Brüder-Volk, bekenne Dich zu uns als unser einiger Aeltester u. Hoherpriester, damit wir in der alten u. neuen Welt als eine wahre Unitaet vor Dir erscheinen, die in Einem Sinne einhergeht u. ein Herz empfangen hat, damit sein Schöpfer pranget, weils Ihm so sauer worden ist. Neige aller Brüder u. Schwestern Herzen zu [301] Dir, zu dem ganzen Christus-Gemein- u. Chor-Sinn; laß uns fühlen u. erfahren, daß Ein Geist den ganzen Kirchen-Leib, die gesamte Unitaet auf dem ganzen Erdboden belebt. Wir empfehlen Dir alle Pilger u. Boten, wo Du sie in der Welt hingestellt hast, erhalte sie in Deiner Wahrheit u. laß sie auch heute inne werden, daß Dein Volk vor Dir liegt u. an sie vor ihrem Aeltesten denkt. Wir empfehlen Dir jeden Reigen Deiner Gemeine, gib einem jeden den Segen, den Du ihm zugedacht hast. Wir empfehlen Dir auch unsere lieben Kinder, laß sie in Deiner Gnade u. Erkenntniß erwachsen, u. an dem Segen, den Du uns geschenket hast, Theil haben. Segne Dein ganzes Volk, behalte uns bey der kleinen Kraft, die Du uns geschenket hast, u. laß uns bey dem Worte von Deinem Leiden bleiben bis ans Ende der Tage. Das Attachement an Deine Marter-Person, an Deine blutige [302] Wunden, das weiche, warme u. über Deinen Schmerz zerfloßene Herz schenke, lieber Heyland, allen unsern Geschwistern. Was sollen wir mehr sagen, wir liegen hier vor Dir, bringen Dir unsere Thränen u. schütten Dir unsere Herzen aus. Zeig uns Deinem lieben Vater an, damit Er an dem Volke, davon Du Aeltester bist, Freude habe u. es schütze u. bewahre. Sage auch dem heiligen Geiste, der Mutter aller Gottes-Leute, daß Er uns Dir erziehe, Dich unserm Herzen immer mehr verkläre u. uns in alle Wahrheit leite. Nun Du unser treustes u. einiges Herz, da hast Du Herz u. Hände, daß wir bis an das Ende Deine treue Gemeine seyn u. bleiben wollen. Führe Deinen Friedens-Rath über uns hinaus. Christe, Du Lamm Gottes, Du unser Aeltester u. einiges Herz, gib uns Deinen Frieden u. bekenne Dich zu uns, Deiner armen Gemeine. Amen.
- Ges. Hebe auf die durchgegrabnen Hände p. Du bist – nach den Jahren der Aeltste unsrer Schaaren p.
[303]
- Ein jedes geht directe – auf seinen Aeltsten selber zu.
Nachdem Bruder Johannes hierauf noch die Texte des Tages gelesen, wurde gesungen: Nimms Aug von Thränen naß p. Wir opfern Dir – Geist, Seel p. Da hast Du Herz u. Hände, daß wir – woll’n Deine treue Seelen seyn; u. man ertheilte sich unter einem sünderhaften Liebes-Gefühl den Friedens-Kuß.
Um 2 Uhr Nachmittag hatte die ganze Gemeine, groß u. klein, selige Agapen. Es waren bey denselben über 1100 Personen gegenwärtig. Der vorjährige Herrnhuthische Fest-Psalm, der in Glatz wieder gedruckt worden, wurde abgesungen.
Nachher betete die Gemeine in 3 Abtheilungen vor ihrem Aeltesten an, u. um 7 Uhr hielt Bruder Johannes die Gemeinstunde über die Loosung des Tages.
Um ½9 Uhr wurde der Segen des HErrn aufs ganze Volk gelegt, u. zulezt hatten die AbendMahls-Geschwister, die im Orte wohnen, [304] den Bundes- u. Lobe-Kelch, unter folgendem Gesang: Verliebter in die Sünderschaft – wir nahen uns zu Deiner Kraft p. So laß nun Deinen Friedens-Wind uns – durchgehen p. Selige Gemeine – laß Dich vollbereiten nach des Aeltsten Sinn. Was Du mit Deinem Volke thust – das woll’n wir – an unsern Christen-Dörflein sehn. Wir wären gerne Leute Deines Herzens p. Sey uns zu diesem Ende ein Salb-Oel auf die Hände p. O Lamm! Du Ursach unsrer Seligkeiten – wir möchten gerne Dir ein Lob bereiten in diesen unsern jez’gen Kirchen-Zeiten. In Gnaden wirst Du es von uns annehmen p. Woll’n immer selger Dich verstehn p. Bleib Du nur unser gewogner Fürst p. Wenn ich daran denke, so vergehet mir Furcht – ich vergehe – über meinem Glück p. So schwör’n wir Dir die Herzlichkeit p. Amen, theures Amen p. Die wir uns – beysammen finden, schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p. (Pacem)
[305]
redete Bruder Clemens in der Versammlung der Communicanten über die heutige Loosung, in Application auf das bevorstehende AbendMahl.
kam Bruder Johannes Verbeek aus Herrnhuth hier an.
Abends um 5 Uhr war nach einer Rede des Bruder Johannis über die heutige Loosung eine begnadigte Absolution u. darauf der seligste Genuß des heiligen AbendMahls, zu welchem 7 Geschwister nach vorgängiger Confirmation zum erstenmal gelangten.
Sonst fügen wir noch folgendes dieser Woche bey:
1.) Die Brüder Friedreich, Göttlich u. Zenner sind am 18tn Aug. gesund u. munter in St. Thomas angekommen;
2.) Desgleichen in Paramaribo am 27tn Jul. die 4 Brüder Dehne, Thomas Jones, Rudolph Stoll u. Vögtle. Sie fanden Bruder Lawatschen daselbst, haben eine schöne See-Reise von [306] nur 8 Wochen gehabt, u. keiner von ihnen ist Seekrank gewesen.
3.) Die Wachauische Colonne ist am 17tn Oct. von London unter Segel gegangen.
4.) Von Herrnhuth sind die Brüder Bülow u. Weber am 8tn Nov. nach Ebersdorf u. am 7tn Bruder Hastfer nach Marienborn abgereiset.
5.) Aus einem Briefe des Bruder Martin Macks an Bruder Joseph d.d. Neu-Herrnhuth in St. Thomas 17tn Aug. 1765. ist folgendes zu communiciren:
Weil ehester Tagen wieder ein Schiff nach Copenhagen absegeln wird, so kan ich nicht umhin, Dich mit ein paar Zeilen in der Nähe Jesu zu grüßen u. mich nebst allen hiesigen Geschwistern in Dein u. Deiner lieben Mitarbeiter Andenken zu bringen. Ich habe zwar vorigen Monat an Dich geschrieben; weil aber das Schiff, mit welchem wir unser Diarium vom 2tn Vierteljahre schicken wolten, im Auslaufen aus dem Hafen verunglückte, [307] u. wir auch einen ziemlichen Verlust dabey erlitten, so schicken wir nun unsere Briefe u. das Diarium mit dieser Gelegenheit. Nun kommt aber noch ein andrer Umstand, welcher uns in noch größere Verlegenheit setzet, als der eben erwehnte. Es war nemlich vorige Woche in der Nacht ein außerordentlich heftiger Sturm auf St Jan, dergleichen in vielen Jahren auf diesen Eylanden nicht gewesen u. der auch vielen Schaden an Gebäuden u. andern Sachen gethan hat. Er betraf auch unsre Kirche daselbst gar sehr hart, so daß sie gänzlich darnieder u. in ihren Ruinen liegt, u. nicht mehr als ein einiger Eck-Pfosten stehen geblieben ist. Das Holz-Werk hat großen Schaden gelitten, u. das, was zum Dach gehört, ist ganz unbrauchbar worden, weil es ohnedem schon alt war. Es ereignete sich dabey ein merkwürdiger Umstand, den ich nicht unberührt laßen kan. Es hatte nemlich eine Negerin, die eine AbendMahls-Schwester [308] ist, den Abend vorher die Geschwister Böhners besucht, u. weil es zu spät für sie wurde, wieder nach Hause zu gehen, so blieb sie da über Nacht u. legte sich in der Kirche zu Ruhe. Da es nun anfing hart zu stürmen, so legte sie sich unter die Bänke, da sie vorher auf denselben gelegen hatte, weil ihr einfiel, es könte etwas von oben herunter fallen. Und kaum hatte sie sich unter die Bänke gelegt, so fiel das ganze Gebäude ein u. ein großer Balke just dahin, wo sie vorher gelegen hatte, der sie ohnfehlbar ganz würde zerschmettert haben. Die Bänke litten zwar auch Schaden, waren aber doch ihre Errettung, daß sie nicht beschädigt wurde. Es verursachte dieses eine herzliche Danksagung gegen unsern lieben Vater im Himmel u. für den Dienst der heiligen Engel. Vor ein paar Tagen war ich mit Bruder Kremser auf Bethania, wo wir die lieben alten Böhners über den Verlust der Kirche trösteten [309] u. so viel sahen, daß in Bethania die Kirche von Grund auf neu gebaut werden muß. Das wird aber ein schwerer Artickel für unsere Haushaltung seyn. Es ist überhaupt auf diesen Eylanden gegenwärtig eine große Hungers-Noth, u. alles sehr theuer. St Jan fühlt es am meisten, u. viele der dortigen Neger laufen vor Hunger in den Busch u. nähren sich mit Stehlen. Wir können uns auch von dem St Janer Kirch-Volk nicht viel Hülfe beym Bau der Kirche versprechen, u. wenn es gleich einigen nicht an Willigkeit fehlt, so ist das Vermögen dazu doch nicht da. Wir wollen inzwischen auf unsrer Seite alle Anstalten machen u. thun, so viel möglich ist, weil doch ein großes Volk in Bethanien ist, das zur Predigt des Worts Gottes kommt, u. es gewiß nicht gut wäre, wenn der Bau lange verschoben würde. Meine Brüder auf Neu-Herrnhuth sind auch willig zu helfen, wo sie können, [310] zumal da die Geschwister in Bethanien eine sehr kleine Wohnung u. nicht einmal so viel Platz haben, daß sie mit ihren Leutgen das AbendMahl halten könten. Nun liebes Herz, Du wirst wol mit Deinen Brüdern darüber conferiren u. uns über unsern Verlust trösten.
[311]
Vormittags war das Amts-AbendMahl u. Communion-Liturgie.
Abends um 7 Uhr redte Bruder Leonhard über die Loosungen vom 16tn u. 17tn dieses.
hielt Bruder Johannes in der Versammlung der AbendMahls-Geschwister eine Rede über die Loosung des Tages, und
auf eine bandenmäßige Weise über die Texte von gestern und heute.
hatten wir mit der Gnadenfreyischen Aeltesten- u. Helfer-Conferenz gesegnete Sabbaths-Agapen.
In der Beter-Versammlung um 8 Uhr wurde die Liturgie gesungen: Ich blicke nach der Höhe p.
[312] Sonst ist bey dieser Woche noch folgendes zu communiciren:
1.) Die Gnadenfreyischen Geschwister wurden diese u. die vorige Woche nach ihren Chören einzeln gesprochen u. die Auswärtigen in Classen gesehen.
2.) Von den ledigen Brüdern, die aus verschiedenen Gemeinen zeither ans Directorium geschrieben, u. sich theils zur Zeugen-Sache, theils in specie zum Dienst unter den Heyden gemeldet haben, ernannte der Heyland 12 Brüder zu Candidaten dazu.
3.) Das neuerbaute Witwen-Haus zu Fullneck in Yorkshire ist am 13tn Sept. mit Gnade eingeweyhet u. bezogen worden.
4.) Von Neu-Herrnhuth in Grönland erhielten wir das Diarium u. Briefe. Unsere Geschwister befinden sich alle wohl, u. Bruder Matthaeus Stach ist mit seiner Gesellschaft auf seiner Reise nach Süden am 8tn Aug. die Colonie Friedrichshaab passirt.
[313] 5.) Auch erhielten wir Briefe von Bruder Nathanael aus Bethlehem vom 20tn Aug. Die Indianer-Gemeine ist in Machilusing vergnügt beysammen. Von den seit etlichen Jahren zerstreuten haben sich verschiedene zu ihr gefunden, u. viele fremde Indianer haben das Evangelium daselbst gehört. Unter den wilden Indianern ist eine große Hungers-Noth gewesen. Unsere Indianer-Geschwister, die das Gouvernement bis zu ihrer Welschkorn-Erndte mit Mehl besorgt hat, haben manchen halbverhungerten geholfen. Bruder David Zeisberger, der in Bethlehem zum Besuch war, gehet wieder nach Machilusing zurück u. bekommt den Bruder Rothe mit. Die unsern Indianer-Geschwistern von der Heyden-Diaconie geschickte Blankets sind unter sie ausgetheilt worden u. haben große Freude gemacht. Ingleichen meldet Bruder Nathanael, daß Melchior Schmidts nach S. Thomas bestimmt worden, u. Friedrich Schmidts nun auf ihrem Posten zu Newport [314] in Neu-England wären, woselbst die dasige Societaet mit dem Bau einer neuen Kirche beschäftigt ist.
6.) Die blosen Materialien zu Wiedererbauung der Kirche auf St Jan werden sich ohne die Arbeits-Kosten auf 800 rthl.[WS 13] belaufen. Die Missions-Diaconie hat daher den 3tn Theil der nächsten Heyden-Collecte am 6tn Jan. zu diesem Bau bestimmt, welche hiemit den Geschwistern in den Gemeinen u. der Diaspora bestens empfohlen wird.
7.) Aus einem Briefe der Schwester Norien d.d. Wolmar 27tn Aug. 65. an Bruder Leonhard ist folgendes zu communiciren:
Meinen Brief vom Monat May, darinn ich Dir unsern Einzug auf Lammsberg gemeldet, wirst Du wol erhalten haben; nun muß ich Dir aber wieder berichten, daß wir d. 23tn Jul. schon wieder ausgezogen sind, u. zwar auf eine solche Weise, die ich mir nie vermuthet hätte. Wir sind eben unsers lieben HErrn Seine Elende u. Blöde, u. Er [315] unser bester Freund, das haben wir auch bey diesen Umständen erfahren. Als ich nemlich an lezterwehntem Tage Abends aus der Kammer zu meinem Mann in die Stube gehen wolte, so geschahe ein starker Donnerschlag auf unser Haus, u. zugleich hörte ich meinen Mann fallen. Ich fand ihn in der Stube so ordentlich liegen, als ob er schliefe, u. über den Schmerz vergaß ich, daß es oben brennen würde. Ich wendete mich sogleich zu meinem treuen Heylande, der mich auch reichlich tröstete, u. indem ich so da saß, kamen einige Grenadiers herein, denen bald mehrere folgten, die meinen Mann sogleich heraustrugen u. mir sagten, daß das Haus brennte. Es waren nemlich 200 Mann auf einen benachbarten Hof commandirt worden, weil daselbst auch ein Feuer entstanden war u. man geglaubt hatte, es sey das herrschaftliche Haus; da es aber nur eine Scheuer u. nichts mehr zu retten war, so kamen die Soldaten [316] auf dem Rückwege gerade zu unserm Hause, da der Schlag geschahe. Das war auch die Ursache, warum mein Mann ans Fenster gegangen war; weil es noch nie vorgekommen, daß so viele Soldaten bey uns vorbeygegangen. Wir haben es inzwischen so angenommen, als ob sie von dem treuen Auge u. Wächter Israel um unsertwillen hieher bestellt worden wären. Sie haben uns auch alles retten helfen, u. meinen Mann auf sein Bitten zu Bruder Barlach gebracht, so daß wir uns über die Sorgfalt, Mühe u. Mitleiden der Officiers u. Willigkeit der gemeinen bey dem anhaltenden starken Gewitter u. Wolkenbruch, daß vor Waßer fast nicht durchzukommen war, nicht genug wundern können. Geschwister Barlachs nahmen uns mit vieler Liebe u. Mitleiden auf, und erwiesen nebst ihren Leuten meinem armen kranken Mann viele Liebe u. Pflege. Er hat 11 Tage u. Nächte große Schmerzen an beyden Armen ausgestanden, geht zwar wieder aus, hat aber noch alle Tage schmerzliche Empfindungen pp.
[317]
um 8 Uhr wurde die Kirchen-Litaney gebetet.
Vor- u. Nachmittag wurden mit den Auswärtigen u. Besuchenden gesegnete Claßen gehalten. Die Brüder Johannes u. Leonhard hielten auch den sämtlichen Chören gesegnete Homilien, u. in der Gemein-Stunde Abends redete Bruder Johannes über die Loosung des Tages.
Nachmittag war mit den Knaben u. Jünglingen in u. um Gnadenfrey, deren etlich u. 80 zugegen waren, ein begnadigtes LiebesMahl. Bruder Johannes hielt ihnen eine Homilie u. Classen, wobey gar viele Thränen vergoßen wurden.
In der Versammlung der AbendMahls-Geschwister um 7 Uhr redete Bruder Leonhard über die Loosung, welches [318] auch ♃ d. 28tn Nov. von Bruder Johannes geschah.
hielt er 39 ledigen Brüdern die Chor-Einrichtungs-Rede.
wurde in der Beter-Versammlung über die Loosung des Tages geredet u. mit dem allgemeinen Abendsegen diese Woche, in welcher in den Chören manche selige Arbeit geschehen, selig beschloßen.
Sonst merken wir noch an:
1.) Wir wurden diese Woche mit der Revision der Auszüge aus des seligen Jüngers Reden über Matth. 5. fertig, daß dieselben zum Druck nach Barby expedirt werden konten. Wir hoffen, daß künftige Oster-Meße der erste Tomus über den Matthaeum, der die ersten 7 Capitel enthält, wird fertig werden.
2.) Geschwister Layrizens sind am 22tn Nov. von Barby nach Herrnhuth zurück gekommen.
3.) Bruder Christ. Schulze hat ein [319] Diarium aus Antigoa eingeschickt. Es sind von dem seligen Bruder Samuel Isles daselbst 35 Neger getauft worden, von denen bereits 5 beym HErrn daheime sind.
4.) Bruder Westmann ist am 31tn Oct. mit dem Herrn Hofrath Köhler wieder in Petersburg angelangt, nachdem er am 8tn Oct. von Czarizin abgereiset u. unsere Brüder in ihrem neuen Etablissement an der Sarpa wohl verlaßen hatte. Sie wohnten damals in einem kleinen Hause. An ihrem Wohnhause, das 8 Klaftern lang u. 4 breit wird, u. 4 Stuben, eine Küche u. Vorhaus bekommt, arbeiteten 6 Rußische Zimmerleute; auch solte noch außer demselben ein Stall u. Schmiede vor Winter fertig werden. Sie haben 2 Knechte aus der Ukraine gemiethet, u. ihre Salveguarde besteht aus 2 Soldaten u. 2 Cosakken, alles, wie er schreibt, hübsche Leute. Geschwister Hüffels u. Helterhofs hat Bruder Westmann d. 19tn Oct. in Moscau gesprochen; auch war [320] Bruder Busch daselbst, der eine Vocation zum Lutherischen Prediger in der Stadt Astracan erhalten und angenommen hat.
[321]
als am Gemein-Tage der Gnadenfreyischen Gemeine wurde früh die Kirchen-Litaney gebetet. Zur gewöhnlichen Zeit drauf predigte Bruder Johannes über das heutige Evangelium Matth. 21,1–10. einem zahlreichen u. attenten Auditorio.
Vor- u. Nachmittag wurden sodann Nachrichten gelesen.
Abends um 7 Uhr bekamen nach einer Rede des Bruder Leonhards über die Loosung 8 Geschwister ihr Erb u. Recht an Gottes Hause u. Geschlecht.
Sodann wurden in einer aparten Versammlung der Orts-Gemeine unter einem seligen Gnaden-Wehen folgende 25 Geschwister zur Acoluthie angenommen: aus dem Ehe-Chor Mattheus Bayers, Johann Georg Justs u. Anna Rosina Johnin; die [322] Witwen Rosina Gebauerin u. Mar. Dutgin; die ledigen Brüder Johann Christian Geisler, Christian Dürrwald, Andr. Christensen, Salomo Schnürer, Gottfried Bezold, Carl Herzog, Gottfried Schulz u. Joh. Conrad Ultsch; die ledigen Schwestern Anna Rosina Keinerin, Susanna Römerin, Elisabeth Kremserin, Johanna Johnin, Anna Maria Emlerin, Mar. Liebichin, Sus. Festin, Susanna Moserin, Mar. Elis. Holzhausin u. Ros. Streckin.
Es war dieses den hiesigen Geschwistern um so viel eindrücklicher, da an hiesigem Orte diese Kirchen-Handlung noch nie vorgekommen.
In der lezten Gemein-Versamlung wurde das Gemein-Tags-Capitel Joh. 16,23–33. folgendermaßen besungen:
- Wahrlich – so ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird Ers euch geben.
Du Vater unsers lieben HErrn! um unsers Schöpfers willen, sieh Seine [323] Sünder-Kirche gern p.
- Bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sey.
O mein trauter HErre! gib mir nur, was Du verdient p.
- – Es kommt die Zeit, daß ich nicht mehr durch Sprichwort mit euch reden werde, sondern euch frey heraus verkündigen von meinem Vater.
Was Er u. Abba guts gedacht, hat Er uns all’s bekannt gemacht.
- An demselbigen Tage werdet ihr bitten in meinem Namen.
Es wird uns aufgelegt in des Sohnes Namen, der alle Dinge trägt u. in dem Alles Amen, Dich drum anzuflehn p.
- Und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten will; denn Er selbst, der Vater hat euch lieb.
Der des Sohnes wegen des Sohnes Seinen Lohn weiß als ein Kind zu pflegen p.
- Darum daß ihr mich liebet p.
König Jesu, den wir lieben, aber [324] tausend, tausendmal zu wenig noch.
- Ich bin vom Vater ausgegangen u. – gehe zum Vater.
Sein Lauf kam vom Vater her und kehrt’ wieder zum Vater p.
- Sprechen zu Ihm Seine Jünger: Siehe, nun redest Du frey heraus, u. sagest kein Sprichwort.
Woll’n immer selger Dich verstehn p.
- Nun wißen wir, daß Du alle Dinge weißest u. bedarfest nicht, daß Dich jemand frage.
Du weißst alle Dinge p.
- Darum glauben wir, daß Du von Gott ausgegangen bist.
Du lieber Gott! ich wüßt’ – von keinem andern Heyland p.
- Siehe, es kommt die Stunde – daß ihr zerstreuet werdet – u. mich allein laßet.
Ich will hier bey Dir stehen, verachtest mich doch nicht.
- Aber ich bin nicht alleine, der Vater ist bey mir.
Der Vater läßt Ihn nicht allein p.
- Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Friede habet.
[325] Gib uns Deinen Frieden, o Jesu! o Jesu!
- In der Welt habt ihr Angst.
Ach siegle uns der Sünde nu und aller Noth der Erde zu.
- Aber seyd getrost, ich habe die Welt überwunden.
Tod, Sünd’, Teufel, Leben u. Gnad’, alles in Händen Er hat p.
Wir sind Deine Leute p. Stärk uns mit Deinem Freuden-Geist p.
Zum Schluß wurde der Segen des HErrn auf die Gemeine gelegt, u. mit dem Friedens-Kuß die Versammlung entlaßen.
Die zu diesem, eigentlich schon am 18tn Nov. gefällig gewesenen Gemein Tag gehörige Nachrichten befinden sich sub No XIII. enthaltend:
I.) Extract aus den Diariis der deutschen Gemeinen Oct. 1765.
II.) Extract aus den Diariis der Englischen u. Irrländischen Gemeinen vom Apr.–Sept. 65.
III.) Bericht der deutschen Societaet in Berlin vom Jul.–Sept. 65.
[326]
Abends in der Versammlung der Gemeine redete Bruder Johannes über die heutige Loosung, nachdem er vorher auch den ledigen Schwestern eine Homilie gehalten hatte.
Nach allem versammleten sich noch die Stunden-Beter, mit denen wir zum Beschluß unsers Sejours in Gnadenfrey den Bundes- u. Lobe-Kelch hielten.
Bruder Johannes sagte vorher: Da wir nun morgen wieder von hier abreisen, so wollen wir noch gemeinschaftlich unserm HErrn für alle Gnade, Segen u. Nähe Seiner blutigen Wunden, die Er unter uns walten laßen, u. für alles, was Er sonst, so lange wir hier beysammen gewesen, an uns gethan hat, herzlich danken. Zugleich wollen wir uns aufs neue verbinden, bey Jesu Marter u. Tod unverrücklich zu bleiben, u. über dem ganzen Christus-Gemein- u. Chor-Sinn zu halten. Er gestalte alle Geschwister, die [327] zu dieser Gesellschaft gehören, zu Leuten Seines Herzens, u. laße sie als ein priesterliches Volk vor Ihm stehen u. Ihm alle Umstände, so wol der hiesigen Gemeine u. Chöre als der ganzen Unitaet, ans Herz legen. Ich bin versichert, daß, wenn euch der Heyland mit Seinem Geiste anthun wird u. euch als wahren Dienern Jesu das Beste des hiesigen Gemein-Orts u. der Chöre am Herzen liegen wird, so wird ihnen das mehr austragen, als wenn noch so viel Erinnerungen geschehen.
Ich will auch noch dieser Gesellschaft die Conferenzen empfehlen, die wir über die Schlesischen Umstände nach unsrer Zurückkunft in Gnadenberg halten werden, da wir auch manches, die hiesige Gemeine betreffend, vor unserm lieben HErrn zu überlegen haben werden.
Unsrer Liebe u. Andenkens könnt ihr versichert seyn; u. in dem Sinne, als Einer in Einem Sinne u. auf einerley Principiis vor unserm lieben HErrn stehen zu bleiben, wollen wir uns [328] jezt beym Bundes-Kelch verbinden.
Das geschahe sodann unter folgendem Gesang: Du süße Lieb, schenk uns Deine Gunst p. Bleib’n unverrückt bey dem Wunden-Bund p. Wir opfern Dir – Geist, Seel u. Leib aufs neue p. Gib uns – was Deine Diener haben sollen p. Ein inniglich vergnügtes Herz p. Ein Ohr, das Gnade höret p. Dein heiliges Oel durchgeh unsre Seel p. Wir haben einen großen Plan u. einen guten Meister p. Du unser Freund – komm, schütte Geist u. Feuer auf dis Dein Beter-Chor p. Und so denkt mit Sehnen – an die Zeugen-Wolk p. Weil man es thun darf, so wünscht man Dir lauter gesegnete Diener hier p. Hör was die Würmlein sagen – Wir woll’n beym Creuze bleiben p. Es soll Dein Tod – uns stets in unserm Herzen ruhn. Wir wären gerne Leute Deines Herzens p. Wir sagen Amen p. Der Bund ist gemacht p. Der Haupt-Beruf ist lieben Ihn p. Wir wollen Seine [329] Diener seyn u. Seine Dienerinnen p. Die wir uns nun hier beysammen finden, schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p. /: Pacem :/
reisten die Brüder vom Directorio u. zugleich auch Geschwister Heithausens nach Gnadenberg ab, woselbst sie
ankamen u. unsern lieben Friedrich Watteville u. Geschwister Loretzens von Herrnhuth fanden. Die folgenden Tage hatten wir mit unserm lieben Georgio u. Bruder Seidlitzen ausführliche Conferenzen über die Schlesischen Umstände, in welchen uns der Heyland verschiedene wichtige u. klare Auskünfte schenkte. Bruder Lorez ging zum Besuch nach Neusalze, in Begleitung des Bruder Thiels.
redete Bruder Leonhard in der Versammlung der Communicanten über die Loosungen vom 4tn, 5tn und 6tn dieses, und
[330]
hielt Bruder Johannes zur Zeit der Lese-Stunde eine Rede über die Loosung des Tages.
wurde Abends in der Beter-Versammlung die Liturgie gesungen: Ich blicke nach der Höhe p.
Uebrigens merken wir noch folgendes von dieser Woche an:
1.) Aus Suriname bekamen wir Briefe vom Aug. Unsere Europäische Geschwister befinden sich daselbst wohl. Der Bruder Dehne ist von dem Herrn Gouverneur freundlich empfangen worden. Die 3 unter die Frey-Neger bestimmte Brüder waren in procinctu von Paramaribo nach Saron abzugehen, woselbst sie die Frey-Neger abholen sollen. Unsere Indianer in Saron waren in Bruder Lawatschens Abwesenheit durch ein Gerüchte, als ob die Neger Saron wieder überfallen wolten, in Furcht u. Schrecken gesezt worden, daß sich auch [331] bereits einige retirirt haben. Sie sind aber nun wieder beruhiget, haben ihre Brod-Tuyne aufs neue gepflanzt u. besuchen die Versammlungen fleißig.
2.) Unser Etablissement an der Sarpa bey Czarizin im Königreich Astracan hat den Namen Sarepta bekommen.
[332]
war nach der Kirchen-Litaney zur gewöhnlichen Zeit die Predigt.
Nachmittags hielt Bruder Leonhard den Chören Homilien über die Loosung des Tages, u. Abends in der Gemein-Stunde redete Bruder Johannes über den heutigen Text.
Um 9 Uhr wurden in einer aparten Versammlung 13 Brüder u. 8 Schwestern zur Acoluthie angenommen.
Nachdem gesungen worden : Der Geist der Zeugen ruht auf den Gemeinen p. Dieser Gebieter der heiligen Seelen ist auch Hüter aller ihrer Höhlen p. Wohl denen zumal, die freudig fortgehen durchs Jammerthal – lehren, viel Menschen bekehren! Du bist ihr Beystand in all ihren Nöthen p. so redete Bruder Johannes folgendes: [333] Unter den großen Absichten, die der Heyland in dieser Gnaden-Zeit mit unsern Gemein-Orten hat, ist auch diese mit, daß Er sich in denselben Zeugen u. Boten, Diener u. Dienerinnen, Arbeiter u. Arbeiterinnen, so wol zum Gebrauch in der Gemeine u. den Chören, als auch hinauswärts zubereiten will. Es wäre ein Unglück für unser Volk, wenn wir in dem Theil zurück blieben, wenn unsere Geschwister ihre Augen nicht drauf richteten, was Seine Destination über ein jedes ist, u. wenn es anfinge, unter uns an Brüdern u. Schwestern zu fehlen, die in ihrem Herzen aufgeregt wären, sich zu Seinem Dienst herzugeben u. Leib u. Seel u. Glieder willig herzuleyhn, Sein Herz zu erfreuen. Es ist eine besondere Freude, wenn sich unsere Geschwister, die beym ersten Anfang der Gemeine gewesen sind, sich bey Gelegenheit so ausdrücken, daß sie in keinem andern Sinn zur Gemeine gekommen, [334] als sich dem Heyland u. Seinem Dienste ohne Ausnahme zu devoviren. Das muß aber auch bey allen jezt zu uns kommenden und unter uns heranwachsenden Geschwistern zu Grunde liegen u. ihre Resolution dahin gehen: ich will des Heylands ganz seyn, zu allem, wozu Er mich haben will, u. nicht mehr mir, sondern Ihm alleine leben. Darauf sind wir zusammen gekommen in Herrnhuth, Gnadenfrey, Gnadenberg u. an allen Orten, wo der Heyland Gemeinen gepflanzt hat. Solchen Sinn u. Gedanken soll Er uns tief ins Herz schreiben u. bewahren, u. Seine Gnadenwahl an der ganzen Gemeine u. jedem Gliede derselben ausführen. Es ist insonderheit seit dem lezten Synodo der Zeugen-Geist unter uns aufs neue rege worden, u. wenn der heilige Geist unser Volk dem Herzen Jesu ganz gemäß findet, so werden gewiß unsere Seile, so wie der Heyland angefangen hat, noch immer weiter [335] gespannt werden. Da sich jezt das Directorium einige Wochen in Schlesien aufgehalten, so haben wir vor unserm HErrn darüber gedacht, ob nicht in unsern Schlesischen Gemeinen Geschwister vorhanden wären, die Er zu Candidaten in der Zeugen-Sache zu ernennen belieben wolte. Ihr wißt, lieben Geschwister, daß bereits die alte Brüder-Kirche den löblichen Gebrauch gehabt hat, daß diejenigen, von denen die Diener der Kirche geglaubt, daß sie der Heyland zu Seinem Dienst ausgesondert habe, öffentlich zu Acoluthen angenommen worden, so daß sie sich von der Zeit an als Leute angesehen, die dem Heylamd Treue geschworen, Ihm nachzufolgen durch Ehre u. Schande, in guten u. bösen Tagen. Da nun der Heyland unserm Brüder-Volke in unsern Gnaden-Tagen den Ruf zur Zeugen-Sache u. zur Verkündigung Seines Todes in aller Welt gegeben, so ist diese alte löbliche Ordnung [336] erneuert u. solche Geschwister sind öffentlich zu Seinem Dienst angenommen worden, damit die Gemeine wiße, daß das Brüder u. Schwestern sind, welche fertig stehen, wenn u. wozu sie ihr HErr rufen u. brauchen will. Es kan seyn, daß manches von solchen Brüdern u. Schwestern nur in der Gemeine u. in seinem Chore gebraucht wird; sie müßen aber alle zu dem, wozu sie gerufen werden, parat seyn, u. in dem, was ihnen aufgetragen wird, es sey großes oder kleines, sich als ausgesonderte Knechte u. Mägde Jesu Christi beweisen. Der Grund-Gedanke ihres Herzens muß seyn: ich bin ein Verlobter des HErrn, nicht nur, daß ich mich mit Leib u. Seele Ihm geweyhet habe, sondern auch in Absicht auf Seinen Dienst mich zu alle Seinem Willen brauchen zu laßen. Dazu gehört nun auch noch, daß solche Geschwister uns die Hand der Treue drauf geben, nichts nach [337] eigner Wahl u. Gutdünken, sondern alles nach der Ordnung der Brüder-Kirche zu thun, ihren Dienst den Regeln des Hauses Gottes, dazu sie berufen sind, gemäß einzurichten u. in kindlichem Gehorsam gegen die Gemeine u. ihre Diener einherzugehen.
Es sind nun hier 21 Brüder u. Schwestern, welche vor dem Angesichte unsers HErrn u. dieser Gemeine zu Acoluthen angenommen u. zum Dienst des HErrn ausgesondert werden sollen. Sie haben uns, da wir sie gesprochen, ihren Sinn, sich dem Dienst des HErrn u. Seiner Kirche zu devoviren u. in allem im Gehorsam der Brüder-Kirche zu handeln, declarirt u. werden uns nun die rechte Hand der Treue geben, folgsame u. willige Diener u. Dienerinnen Seiner Kirche zu seyn. Die ganze Gemeine wolle sie dazu segnen u. unsern lieben HErrn mit uns anrufen, daß Er sie mit Seinem Blute besprenge u. einem jeden [338] die Gnaden u. Gaben mittheile, die zu ihrem künftigen Dienst nöthig sind.
Unter dem Gesang: Da ist die Hand, HErr! hilfs ihnen thun p. Gib ihnen muntre Kehlen – zu erzehlen, was deine Treue thut p. Ihr sollt nun Seine Diener seyn u. Seine Dienerinnen p. Da hast Du Herz u. Hände, daß wir – woll’n Deine treue Seelen seyn, geschahe dann die Annahme folgender Geschwister: ledige Brüder, Gottlieb Klose, Joh. Friedr. Sieber, Franz Streck, Joh. Friedr. Walther, Johann Georg Witt, Gottfr. Batke, Gottfried Findeklee, Gottfr. Herberich, Johannes Grasmann, Joh. Georg Stürmer, Heinrich Hellert, Ludwig Büttner u. Ignatius Streck. ledige Schwestern, Johanna Helena v. Schweiniz, Christina Obstin, Maria Meyerin, Mar. Flexin, Sus. Habigin, Sabina Helbigin, Hannel Neumannin u. Christina Bratzin.
Nachher wurde vom Chore folgendes gesungen: HErr, unser [339] Gott, Du hast diese Brüder und Schwestern zum Dienste von Dir u. Deiner Kirche ausgesondert, und ihnen den Sinn geschenket, zu allen Deinen Befehlen willig u. bereit zu seyn. Wir bitten Dich, bewahre ihnen ewiglich solchen Sinn u. Gedanken, besprenge u. salbe sie mit Deinem Blute, gib, daß sie in Dir bleiben u. laß alles, was sie thun, in Dir gethan werden. Laß sie in Dir bleiben u. mit uns Dein Werk frölich treiben. Verleyhe ihnen das beständige Sünder-Gefühl u. die Treue im kleinen. Leite sie mäßiglich, daß der eigene Geist Dir nichts verderbe. Laß sie in Gehorsam Deiner Kirche u. nach der Regel, die Du uns gegeben, in ihrem Dienst einhergehen. Laß sie über dem Wort vom Creuz u. dem ganzen Christus- u. Streiter-Sinn halten u. Dein Werk frölich u. glücklich treiben. Laß sie überwinden durch Dein Blut, durch das Wort ihres Zeugnißes, und daß sie ihr Leben nicht lieb haben [340] bis in Tod, daß wenn sie vor Dir erscheinen, sie über der Diener-Treue, die sie Dir heute geloben, nicht schaamroth werden, sondern den Gnadenlohn, den Du Deinen Dienern zugedacht hast, empfangen mögen.
war Nachmittags um 2 Uhr zur Einweyhung des neu erbauten Flügels des ledige Brüder-Hauses ein liebliches LiebesMahl auf dem schönen Schlaf-Saale deßelben, welcher auch noch Abends von den Anstalts-Kindern bezogen u. eingeweyht wurde.
Um 8 Uhr versammlete sich die AbendMahls-Gemeine zum Lobe- und Bundes-Kelch. Nachdem gesungen worden: Der Vater segn’ und hüt’ des Sohnes Sein Gebiet p. redete Bruder Johannes folgendes:
Das Directorium ist nun auf Anweisung des Heylands etliche Wochen in den Schlesischen Gemeinen gewesen, u. wir können in Wahrheit sagen, daß unser HErr mit uns war. Er hat sich gnädig zu euch bekannt u. Sein Nah- u. Daseyn [341] in den Gemeinen walten laßem. Wir haben auch gesehen, wo es noch fehlt. Er wird aber halten Seinen theuren Eyd, daß auch unsere Schlesische Gemeinen im Ganzen u. in den Theilen sollen werden Seine ganze Freud. Wir können auch den Geschwistern zur Freude melden, daß sich der Heyland in unsern Conferenzen über die Schlesischen Umstände gar gnädig heraus gelassen u. uns liebliche u. wichtige Auskünfte geschenkt hat. Da wir nun für diese Zeit wieder von einander scheiden, so versichern wir euch unsrer Liebe nochmals, wie wir denn auch fühlen, daß uns die Gemeine lieb hat u. segnet. Jetzo wollen wir noch den Bundes- u. Lobe-Kelch mit einander halten, u. unserm lieben HErrn für alles, was Er in der Zeit unsers Beysammenseyns an uns gethan hat, herzlich danken. Wir wollen den Bund auf Jesu Tod, auf den ganzen Christus-Gemein- u. Chor-Sinn mit einander erneuern, Ihm Herz u. Hand [342] drauf geben, Seine treue Gemeine u. Kirche zu seyn u. den Gnaden-Rath Seines Herzens an uns, Seinen armen Sündern, ganz ausführen zu laßen. Unser lieber HErr sey uns nahe u. laße Seinen Liebes-Wind uns sanftiglich durchwehen, wenn Herz u. Herze sich verbindt als Eins vor Ihm zu stehen.
Der Kelch wurde sodann unter folgendem Gesang herumgegeben: Wir opfern Dir – Geist, Seel u. Leib aufs neue p. Du süße Lieb! schenk uns Deine Gunst p. Ach gib uns muntre Kehlen p. Einigs Herze, das soll unsre Weide – seyn – Dir zu leben p. Bleib’n unverrückt bey dem Wunden-Bund p. Hör, was die Würmlein sagen p. Wir geb’n uns heute Dir ganz aufs neue hin p. Nun wir woll’n mit Freuden sehen, was Du thust p. Wir bitten Dich, Gott heilger Geist, wollst uns – durchrein’gen p. Wir faßen uns im Geiste an p. Woll’n immer sel’ger Dich verstehn p. Selige Gemeine – laß dich – bereiten [343] nach des Lammes Sinn. Nun erstgeborner Bruder p. Wie Du gemartert bist p. Gemeine, liebe Dich p. Die wir uns – beysammen finden, schlagen unsre Hände ein, uns auf Jesu Marter zu verbinden p. (Pacem.)
In der Singstunde, die Bruder Leonhard mit den Versen hielt: Du bist die Ursach Deiner Leut’ p. Ach auserwehlter Heyland – Du wilst ja, daß wir bleiben p. Blutiger Versühner p. Wir können nicht viel geben – es soll Dein Tod – stets in unserm Herzen ruhn. Erhalt uns das als unsern eignen Segen p. wurde zum Schluß der neutestamentische Segen: Die Gnade unsers HErrn Jesu Christi pp. vom Choro gesungen, u. damit der dismalige Aufenthalt des Directorii in den Schlesischen Gemeinen seliglich beschlossen; worauf
Bruder Leonhard nach Gnadenfrey zurück reiste, woselbst er bis über das dasige Gemein-Fest im Jan. [344] bleiben wird; u. die Brüder Johannes, Friedrich Watteville u. Neusser mit ihren Gesellschaften nach Niesky gingen, allwo sie
sich aufhielten u. Bruder Johannes den Chören Homilien u. die Gemein-Stunde hielt; und
kamen sie glücklich u. wohl wieder in Herrnhuth an. Die Loosung hieß: Ich wohne unter meinem Volke. Seine Gemeine bleibt meine Freude; über welche Bruder Johannes die Singstunde hielt. Hier fanden wir unsern lieben Bruder Gregor, der von seiner Visitation in Ebersdorf am 3tn Dec. zurück gekommen war, u. von daher Geschwister Solingers mitgebracht hatte.
war wieder die erste Conferenz des Directorii in Herrnhuth.
Abends um 9 Uhr wurde die Liturgie: O Haupt voll Blut u. Wunden p. gesungen, in welcher im 8ten Vers zu singen ist: Dich vest [345] an mein Herz drücken, ach könt’ ichs tausendmal! Desgleichen im kleinen Brüder-Gesang-Buch No 2344. Wir sind ein Eigenthum des Lamms, dem sind wir schuldig Leib u. Leben; das wär’ ein strafbar Widerstreben, sich weigern[WS 14], weß? des Bräutigams.
Aus St Thomas haben wir Briefe u. das Diarium vom April, May u. Jun. erhalten, u. aus Jamaica vom Aug.
beging die Gemeine zum leztenmal in diesem Jahre das Sacrament des Leibes u. Blutes unsers HErrn aufs allerseligste, nachdem sie vorher von Seiner durchgrabenen Hand die gnädige Absolution empfangen. 3 Brüder u. 6 Schwestern wurden mit Handauflegung zu diesem Genuß confirmirt.
Folgendes ist hier noch aus einem Briefe des Bruder Pet. Duvernoy an Bruder Risler d. d. Bourdeaux 21tn Oct. 1765. zu communiciren:
[346] Ich grüße u. küße Dich in der Nähe unsers lieben HErrn nun zum erstenmal aus Bourdeaux. Nachdem ich d. 2tn Sept. zärtlichen Abschied von sämtlichen Brüdern in Nimes genommen, so reiste ich von da ab. Mein Herz war gebeugt u. dankbar für alle Gnade u. Segen, die Er uns in der Zeit meines Daseyns geschenkt hatte, u. ich empfahl Ihm Sein Werk in dieser Stadt aufs beste. Denselben Tag kam ich nach Massillargues, wo 4 Brüder sind, die ich in einer hübschen Disposition fand. Ihr Prediger ist zwar über den Punct, daß man sich durch den Sohn an den Vater addressiren soll, scrupuleux; sie aber sind mit uns Eins, daß sie erst den Heyland kennen lernen wollen. Der Prediger gestund zwar zu, daß in keinem andern Heyl u. auch kein andrer Name den Menschen gegeben ist, darinnen wir sollen selig werden, als allem in dem Namen Jesu; aber [347] er ist der Meynung, daß man sich im Gebet zum Vater wenden müße. Der Heyland gab mir Gnade, daß ich ihm kurz u. simple antworten konte. Er fing darauf auch an, sein Glaubens-Bekenntniß abzulegen, u. sagte unter andern, wer den Vater kennen u. ehren wolle, der müße zuerst den Sohn kennen gelernt haben. Darauf gab ich ihm die Hand u. sagte: darinn bin ich ihr Bruder u. Eins mit ihnen. D. 8tn hatte ich Abends noch einen Besuch von einem Witwer, der Schulhalter auf dem Lande ist u. sich schon eine Weile zu mehrerwehnten 4 Brüdern hält. D. 9tn verabscheidete [evtl. verabschiedete??] ich mich aufs herzlichste mit ihnen, empfahl sie dem Heyland zu Gnaden und langte gegen Mittag in Montpellier an. Ich besuchte gleich ein paar Bekannte, welche auch mit Bruder Fries gesprochen, hatte auch noch denselben Abend Gelegenheit, mit ihrem Prediger zu sprechen. Er ist ein hübscher Mann, der sehr viel vom Verdienst des Heylands hält [348] u. darüber manches auszustehen hat; denn die Vornehmen u. Reichen hören lieber Philosophie u. eine trockene Moral, als das theure Evangelium von der Erlösung des ganzen menschlichen Geschlechts durch das Blut Jesu. Seine Frau ist gleichfalls eine Person, die den Heyland lieb hat. In der Stadt habe ich etlichemal Gelegenheit gehabt, ein Zeugniß vom Heyland abzulegen. Bruder Fries ist überall, wo ich hinkomme, in gesegnetem Andenken, u. sie erinnern sich seiner in Liebe. D. 17tn nahm ich herzlich Abschied von sämtlichen Freunden, legte dem Heyland die Seelen, mit denen ich gesprochen, an Sein treues Herz u. reiste nach Montauban, wo ich d. 23tn Sept. ankam. Ich besuchte allda unsre Bekannte, hielt mich drittehalb Tage auf, u. hatte verschiedentlich Gelegenheit, etwas vom Heyland zu sagen. Bruder Knoll ist hier in gutem Andenken. In dem Hause des ersten, mit dem er [349] bekannt worden, war es mir sehr wohl, u. ich habe mit deßen Familie die meiste Zeit zugebracht.
D. 26tn empfahl ich sie dem HErrn u. reiste weiter. Sie machten mich zwar wegen der vielen Spitzbuben, die sich in der Gegend aufhalten sollen, bedenklich, daß ich alleine reisen wolte; weil ich aber Freudigkeit dazu hatte, so wagte ichs u. kam d. 29tn Sept. früh in Tonnins an, machte mich aber noch denselben Abend nach Latannée auf, wo ich 8 Tage blieb. Ich habe an diesen 2 Orten verschiedene Personen im Segen besucht. D. 7tn Oct. früh langte ich hier an, dankbar u. beschämt für alle Bewahrung, besonders aber für die Erhaltung des Genußes Seiner lieben Nähe. Nachdem ich etwas ausgeruhet hatte, wurde meine Ankunft den Geschwistern bekannt gemacht. Wir haben das hiesige Häuflein in 4 Gesellschaften, eine aus Brüdern u. 3 aus Schwestern, eingetheilt. Meine Absicht ist dabey, daß die Liebe u. [350] der Zusammenhang unter ihnen mehr als bisher etablirt werde. Wie lange ich hier bleiben werde, weiß ich nicht. Nun will ich schließen und mich samt dem hiesigen Häuflein und dem ganzen Werke des Heylands in diesem Reiche ins Andenken und Gebet der Gemeine vor dem Heyland empfehlen.
[351]
war früh zur gewöhnlichen Zeit die Amts-Communion u. AbendMahls-Liturgie.
Abends in der Gemein-Versammlung redete Bruder Johannes über die heutige Loosung.
wurde in der Versammlung der AbendMahls-Geschwister um 7 Uhr die Gemein-Tags-Lection Joh. XVII. unter einem seligen Gnaden-Wehen gelesen.
betrachtete Bruder Joseph in der Versammlung der AbendMahls-Geschwister die heutige schöne Loosung: Ich habe dein Gebet gehöret u. deine Thränen gesehen.
hielt Bruder Johann Nitschmann zur gewöhnlichen Zeit eine Rede über [352] die Loosung; desgleichen
Bruder Johannes in der Beter-Versammlung.
Zum heutigen Thomas-Tage wurde in der Singstunde die hieher gehörige Geschichte aus der Harmonie gelesen u. unter einem gar seligen Gefühl besungen.
Sonst ist bey dieser Woche folgendes anzuführen:
1.) Von London bekamen wir
Nachricht, daß Geschwister Brodersens
am 29tn Nov. u. Tags darauf
auch die Brüder John Hill, Drachart,
Jens Haven u. Schloezer
daselbst angekommen. Wir danken
dem Heyland, der diese 4
Brüder auf ihrer gefährlichen
u. schweren Reise so gnädiglich
geleitet u. wieder zurück gebracht
hat. Sie segelten am 7tn May
von Spithead, kamen d. 2tn Jun.
nach New-Foundland, wo sie
bis zum 16tn Jul. lagen und
d. 12tn in Pittsharbour in Terra
Labrador ankamen. D. 25tn Jul.
[353] gingen die Brüder Jens Haven u.
Schloezer auf einem Shooner weiter
Nordlicher, das Land zu
recognosciren, auf welcher Reise
sie bis zum 2tn Sept. zubrachten.
D. 18tn Aug. hatten die Brüder Drachart
u. John Hill, welche zurück
geblieben waren, die Freude,
300 Esquimaux zu sehen, u.
bis zum 21tn Sept. war Bruder Drachart
u. zulezt auch Jens Haven
unter ihnen sehr geschäftig. Von
ihren Unterredungen wird ein mehreres
aus ihrem Diario zu ersehen
seyn. D. 30tn Sept. kamen
sie alle 4 nach New-Foundland
zurück, blieben da bis zum 5tn
Nov. u. d. 25tn traten sie in
Plymouth ans Land.
2.) Aus Antigo bekamen wir die empfindliche Nachricht, daß unser Bruder Christian Schulze am 15tn Sept. daselbst zum Heyland gegangen.
3.) Von den Brüdern Fries u. Westmann bekamen wir erfreuliche Briefe aus Petersburg. Ueber [354] der glücklichen Ankunft unsrer Brüder in Sarepta u. den Anfang des dortigen Etablissements hat man bey Hofe u. in der Tutel-Canzley viel Vergnügen bezeugt. Bruder Hüffel hat bereits Gelegenheit gehabt, in Moscau auf der Canzel den Tod des HErrn zu verkündigen. Bruder Westmann wird nun zu uns unterwegens seyn, u. Geschwister Friesens haben ihn nach Liefland begleitet.
4.) Von unsern Ost-Indischen Umständen wollen wir doch unsern Gemeinen so viel melden, daß von Copenhagen kürzlich ein Rescript ans Gouvernement in Trankenbar auf die Vorstellung der Ost-Indischen Compagnie zur Erläuterung des vorigen ergangen ist, daß unsere Geschwister, wenn sie auch nicht nach Nicobar gehen, vor die Zeit noch in Trankenbar bleiben mögen.
5.) legen wir folgendes Schreiben der Anstalts-Conferenz an die Aeltesten-Conferenzen bey:
[355] Es ist unsern lieben Geschwistern aus No XVIII. der von dem Ehrwürdigen Directorio an die Gemeinen communicirten wöchentlichen Nachrichten erinnerlich, wie man sich wegen der aus den Diasporis häufig andringenden Ansuchen um die Reception ihrer Kinder in unsere Gemein-Anstalten, gemüßiget gefunden, unsere lieben Mitarbeiter in den Diasporis zu ersuchen, dergleichen Ansuchungs-Schreiben lieber von vorne her abzuwenden, als das Directorium in die wehthuliche Nothwendigkeit zu setzen, eine abschlägige Antwort ertheilen zu müßen. Es ist aber dabey zugleich angemerkt worden, daß bereits ehemalen den Aeltesten-Conferenzen erlaubt worden, wenn sie bey einem Kinde ganz besondere Ursachen finden, es in ihre Orts-Anstalten zu nehmen, bey so einem Casu extraordinario auf die ihnen vorgeschriebene Weise zu verfahren. Da nun seitdem im Directorio, durch einige Veranlaßungen, die [356] Sache aufs neue in Ueberlegung gekommen, wie man besonders ebenjenigen Orts-Anstalten, wo dermalen nur wenige Kinder sind, aufhelfen u. sie unsern andern Anstalten gleich machen möge; u. dabey die Idee geäußert worden, ob es nicht überhaupt gut wäre, dergleichen kleinen u. an der gehörigen Anzahl Kinder Mangel leidenden Anstalten, durch Annahme so vieler Kinder unsrer Diaspora-Geschwister, als zur Formirung einer ordentlichen Orts-Anstalt von wenigstens 3 Stuben, erforderlich wäre, zu Hülfe zu kommen? vorausgesezt, daß nie eines, ohne vorhergehende gründliche Ueberlegung sein u. seiner Eltern Umstände, darauf zu thuende Anfrage von der Aeltesten-Conferenz beym Directorio, auch nie ohne unsers lieben HErrn erhaltene Anweisung, angenommen würde: so wurde diese Idee, so wie sie ins Ganze proponirt worden, vor unsern lieben HErrn gebracht, u. [357] erhielt Seine gnädige Approbation. Es hat dahero die Anstalten-Conferenz nicht ermangeln wollen, den ehrwürdigen Aeltesten-Conferenzen davon gehörige Nachricht zu geben, damit dieselben, bey aller Vorsichtigkeit in Annahme der Kinder, doch nicht gehindert werden, den sich hie u. da in den Orts-Anstalten äußernden Mangel u. dadurch verhinderten guten Einrichtung, bey sich ereignenden Vorfällen, u. wo die gnädige Vorsicht unsers lieben HErrn ihnen solche Anstalts-Candidaten aus der Diaspora öfters selbst anweiset, auf obgemeldte von unserm lieben HErrn approbirte Weise abzuhelfen u. ihre Orts-Anstalten in gleiche gute Ordnung mit andern Gemeinen zu bringen.
[358]
wurde früh das Trisagion[WS 15] gesungen.
Nachmittag hielt Johannes dem Ehe-Chor eine Homilie über die Loosung, über welche auch Bruder Joseph Abends in der Gemein-Stunde redete.
Um 3 Uhr Nachmittags war mit den kleinsten Kindern ein liebliches LiebesMahl. Gegen 4 Uhr begaben sich die Brüder Johannes u. Joseph u. mehrere Geschwister nach Berthelsdorf, woselbst zuerst die Kinder der dortigen Geschwister ein LiebesMahl hatten, zu deßen Schluß ihnen brennende Wachs-Kerzen ausgetheilt wurden. Gleich nachher war auch ein LiebesMahl mit den erwachsenen Berthelsdorfischen Geschwistern, welches mit angenehmen Erzehlungen von der ersten [359] Christnacht-Feyer allhier vor 44 Jahren unterhalten wurde.
In Hennersdorf war ebenfalls ein LiebesMahl mit dortigen Geschwistern, welches Bruder Layritz hielt.
Nach der Rückkunft der Brüder Johannes u. Joseph von Berthelsdorf versammlete sich um 8 Uhr die ganze hiesige Gemeine mit den sämtlichen Kindern zur Christ-Nacht-Wache.
Nachdem zum Anfang gesungen worden: Mit Deiner heiligen Menschwerdung u. Geburt segne uns lieber HErre Gott! O Kind, o süßer Knabe p. Laß, Schönster, mich erblicken – das selge kleine Kindel in Seiner Kripp’ u. Windel. O Vater – ich bin des Sohnes einer, die an dem Fuß der Wiegen mit ihrem Herzen liegen, kniete die Versammlung nieder u. nach dem Vers: Da ist die Gemein’ p. that Bruder Johannes folgendes herzliche u. mit einer besondern Nähe unsers Jesuleins begleitete Gebet:
Allerliebstes Jesulein! hier [360] lieget die Gemeine vor Dir auf den Knien u. danket Dir, daß Du ein Kindlein klein worden bist, um uns zu erlösen u. Dein Blut für uns zu vergießen. Allerliebster Heyland! wir u. unsere lieben Kinder, die hier beysammen sind, beten Dich gemeinschaftlich an, daß Du auf diese Erde, auf der wir wallen, herabgekommen u. unser Bruder worden bist. Nimm uns zum Lohn Deiner Schmerzen hin, u. nimm auch unser kindliches Gratias, das wir Dir jezt für Deine Menschwerdung bringen wollen, in Gnaden an, ob wir gleich nicht im Stande sind, Dir unsre Dankbarkeit genugsam zu bezeugen, daß Du, wie die Kinder Fleisch u. Blut haben, es gleichermaßen theilhaftig worden bist. Nimms Aug von Thränen naß, nimms Herz dankbar u. warm, nimms auch heute von uns hin zum Gratias. Sey uns auch bey unsrer jetzigen Christnachts-Freude innig nahe sprenge Blut auf unsere Herzen [361] u. segne klein u. groß, die hier beysammen sind, um Deiner heiligen Menschwerdung u. Todes willen, Amen.
Ges. Gelobet seyst Du Jesu Christ,
- daß Du Mensch geboren bist p.
- Das hat Er alles uns
- gethan p. Deß woll’n wir uns
- auch freuen p. Das Kindlein
- mit dem Oele der Freud – naht
- sich mit holden Mienen, uns
- lieblich zu bedienen.
Hierauf wurden die Agapen mit folgendem lieblichen Fest-Psalm, der gedruckt ausgetheilt wurde, unterhalten:
Ein Tag sag’s dem andern, und eine Nacht thu’s kund der andern, daß eine ewige Gnade aufgehen soll, und Er Seine Wahrheit treulich halten wird im Himmel, [362] daß aller Welt Ende sehen sollen das Heil Gottes.
Der Himmel freue sich, u. die Erde sey frölich, daß Er die Leute so lieb hat, und Seine Lust ist bey den Menschen-Kindern zu wohnen.
So sang der Väter Mund,
Wenn sie vorzeiten
Sich in dem Alten Bund
des Neuen freuten;
Und sah’n viertausend Jahr
dem Gott entgegen,
der stets im Kommen war
Zu’s Menschthums Segen.
Manch Patriarche ging
drauf wartend schlafen,
Welch Wundergroßes Ding
Gott würde schaffen;
Theils seufzeten vertraut
Nach Seinem Heyle;
Theils ruften überlaut:
HErr, eile, eile!
Ach daß Du den Himmel zerreißest und führest herab!
[363]
Froh war, wer Seinen Tag,
Da das geschahe,
Deß man wol froh seyn mag,
Im Geiste sahe!
Und unser Gott, dem’s Herz
Leicht pflegt zu brechen,
Ließ ihrem Warte-Schmerz
Oft Trost zusprechen.
Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich, und saget, der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmüthig, ein Gerechter und ein Helfer. Bereitet dem HErrn den Weg, und freuet euch vor Ihm!
Zion hörts und ist froh, und die Töchter Juda sind frölich; denn diß ist der Tag, den der HErr gemacht hat: Laßet uns freuen und frölich darinnen seyn!
Hosianna! Gelobet sey der da kommt im Namen des HErrn, Hosianna in der Höhe! [364] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/368 [365] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/369 [366] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/370 [367] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/371 [368] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/372 [369] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/373 [370] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/374 [371] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/375 [372] HErr Jesu Christ, daß du Mensch geboren bist. Drauf schließen sich die Sinnen p. /: Pacem :/
als am ersten Christ-Tage hielt Bruder Layriz Vormittags um 10 Uhr die Kinderstunde, u. Bruder Joseph Abends zur gewöhnlichen Zeit die Gemein-Stunde über die Loosung, nachdem vorher vom Choro ein Theil des nur erwehnten Fest-Psalms nochmals gesungen worden.
Um 9 Uhr war die Liturgie mit dem Te Logos.
als am 2ten Feyertage war Gemein-Tag, zu deßen Anfang die Gemein-Litaney gebetet u. in derselben die ewige Gemeinschaft mit dem in Antigo heimgegangenen Bruder Christian Schulze u. der in Gnadenfrey entschlafenen Schwester Helena Elisabeth v. Tschiersky erbeten wurde.
Unter andern Nachrichten wurden auch folgende Briefe communicirt:
[373]Ich bin beschämt über der großen Gnade, die mir der Heyland nach Leib u. Seel bewiesen hat auf unsrer Reise. Im Geiste bin ich vielmalen in euren Versammlungen gewesen u. habe gefühlt, wie eure Herzen mit uns sind. Dafür danke ich der ganzen Gemeine. Der Heyland hat euer Flehen für uns erhört; denn wir sind etlichemal in schweren Umständen gewesen. Ich habe oft an den seligen Erhardt gedacht, den ich in Grönland gesehen; besonders eine Nacht, da ich und Jens Haven uns ganz blos in der Gewalt der Esquimaux befanden. Hätten sie uns wie den Bruder Erhardt todt geschlagen, so wären wir eben auf die Art heimgegangen; aber das ist gewiß vom Heyland, daß sie uns nicht den geringsten Schaden gethan haben. Ich u. Bruder Hill haben bis in die 4te Woche viel Umgang mit 300 Esquimaux gehabt. Es [374] war mir zulezt nicht anders, als wenn mir der Heyland meine Grönländer wieder geschenkt hätte. Die 2 ersten Wochen hörten sie gerne vom Heyland; aber zulezt, da sie ein wenig Begriff davon krigten, daß der Heyland ihre Herzen haben wolte, wurden sie bedenklich u. sagten wie die Grönländer: Nun wißen wir alles, wir glauben u. wollen fromme Karaler seyn. Sie sind in göttlichen Sachen so tumm wie die Grönländer, wenn sie aber eine Sache ganz kurz, mit 2 oder 3 zusammen gesezten Worten hören, u. das 2–4, ja 6mal hinter einander; so fangen sie an ein wenig darüber zu denken. Die Esquimaux haben wie die Grönländer, Angekoks. Zwey von ihnen sagten mehr als einmal zu mir: sie glaubten, daß ihr Gott Torngarsok alles wiße u. daß ihm nichts unmöglich sey; aber sie wüßten nicht gewiß, ob er Himmel, Erde u. alles geschaffen hätte, doch wäre ihnen ausgemacht, [375] daß er nicht zornig, sondern mild u. gnädig sey. Dieselben Angekoks erzehlten mir auch, daß sie einen Torngak hätten, u. dieser Geist sagte ihnen alles, was ihr Gott wolte, das sie wißen solten. Sie brauchen auch wie die Grönländer, Arnguoak, welches zum glücklich seyn u. lange leben helfen soll. Die Esquimaux reden zwar eine Sprache wie die Grönländer; aber ihre Pronuntiation u. Zungen-Schläge sind doch etwas anders; auch nennen sie viele Sachen ganz anders als die Grönländer.
Weil ich allemal zuerst des Gouverneurs Sache tractiren mußte u. oft nur eine Viertelstunde übrig hatte, vom Heyland mit ihnen zu reden; so krigten die Esquimaux in den ersten 2 Wochen solche Gedanken, als wenn der Heyland ein großer Europaeischer Herr wäre, und wolten daher mit Ihm, wie mit dem Gouverneur Freundschaft machen. Darum fragten sie mich auch, ob der Heyland sie von den Europäern [376] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/380 [377] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/381 [378] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/382 [379] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/383 [380] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/384
[531] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/535 [532] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/536 [533] Seite:GN.A.110 Gemein-Nachrichten 1765,2.pdf/537
Anmerkungen
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Abba: aramäisch Vater, Gott. Te Abba ist ein feierlicher Gesang zum Lobe Gottes (lat. Te Deum)
- ↑ seliger Jünger: Bezeichnung innerhalb der Brüdergemeine für ihren Gründer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nach dessen Tod
- ↑ nach Herrnhuter Lebenslaufsammlung wahrscheinlich Jacob Remigius Göttlich (1717–1771)
- ↑ auf der Generalsynode 1764 vorgekommene Punkte (sog. Gewissensrügen), die als Mahnung Christi an die Brüdergemeine angenommen wurden
- ↑ Abweichende, Sekte, die 1732 aus der Schottischen Kirche hervorging
- ↑ Cantus, d.i. Hohelied im Alten Testament
- ↑ Pleura, offene Wunde am Brustkorb Jesu am Kreuz
- ↑ Abkürzung von Acta Apostolorum, d.i. veraltet für Apostelgeschichte
- ↑ Vorlage: Beschulgung
- ↑ aus einem einzigen Stamm durch Aushöhlen hergestelltes Boot
- ↑ Wind aus Richtung OstSüdOst
- ↑ in Protokollen und Berichten übliche Kennzeichnung, dass eine Entscheidung per Los getroffen wurde
- ↑ Reichstaler
- ↑ Vorlage: wegern
- ↑ alte christliche Hymne, Lobgesang auf die Dreifaltigkeit