Benutzer Diskussion:Fw/Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung

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Autor: Bürgermeister und Rat der Stadt Hamburg
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Titel: Der Stadt Hamburg Statuta und Gerichts Ordnung
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Entstehungsdatum: 10. Oktober 1603
Erscheinungsdatum: ca. 1680
Verlag: Heinrich Volckers
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Erscheinungsort: Hamburg
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Quelle: Scans bei Universität Bielefeld
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[002]




Der Stadt
HAMBURG
Statuta
und Gerichts
Ordnung.



Verlegt von Heinrich Volckers.


[003] Im Namen der heiligen Dreyfaltigkeit.

Wir Bürgermeistere und Rathmanne der Stadt Hamburg / Thun allen und jeden diese Stadt Bürgern / Einwohnern und Unterthanen / die itzo seyn und hernach kommen werden / hiemit zu wissen / Nach dem alle menschliche Satzung / Recht und Berichte / die zu Schutz der Frommen / und Straffe der Bösen seyn verordnet / von GOtt [004] herkommen / und auch Unsere Antecessorn und Vorfahren / zu Erhaltung friedlicher Einigkeit / und Gedeylichen Wolstandes / bey Exequierung dieser Stadt uhralten Statuten, redlichen Gewohnheiten / Herkommen und Gerichts-Ordnungen / solches haben in fleissige Uffacht genommen: Daß Wir auch zu hochnöthiger Handhabung der heiligen Justitien, zu Fortsetzung friedliches Wesens / und Erhaltung ersprießlicher Einigkeit / in Observierung und Verfolgung solcher Statuten und Gerichts-Ordnungen / aus dragendem Ampt / dasselbe Ziel [005] sorgfältig zu respectiren Uns schüldig erkennen / und aber gleichwol bey eingefallener Aenderung der Zeite und Läuffte / zufürderlicher Endscheidung der streitigen Partheyen / und schleuniger Abrichtung der täglich erhobenen und häuffig erwachsenden Sachen / vor rathsam / nütz und nöthig ist erachtet / solche alte Statuta, Satzung und Gerichts-Ordnung / in eine gute vorständliche Richtigkeit zu bringen: So seyn Wir demnach / ümb gemeines Nutz- und Bestes willen / mit einmüthiger Beliebung und Bevollbortung Unserer Erbgesessenen Bürgerschafft / solche Statuta und [006] Gerichts-Ordnung / zu zumänniglichen / der allhie in diesem Nieder- und Ober-Gerichte in seinen Sachen Rechts zu gebrauchen gemeynet / nöthiger und bequemer Anleitung / mit gutem vorbedachtem Rath / publiciren zu lassen / dardurch bewogen und geuhrsachet worden.

Befehlen demnach allen und jeden unsern Gerichts-Persohnen / Fiscalen, Procuratorn, Schreibern und Anwalden / und wollen / daß dieselben / und auch sonst männiglich / so wol Bürgere / Einwohnere und Frembde / die allhie ihre Action und Sachen zu Rechte anzustellen und einzuführen / Als auch diejenige / [007] die darauff zu Rechte sich einzulassen und zu antworten schüldig / innerhalb zweyer Monats-Frist / nach beschehener Publication, mit Anstellung des Processes, der hierin abgefasseten Ordnung / bey Vermeydung dero den unterschiedlichen Articuln angehengter Straff / (die Wir / nach Beschaffenheit der Verbrechung / unnachläßlich abzufordern entschlossen ) gehorsamlich und gemäß bezeigen. Jedoch bleibet Uns und Unsern Nachkommen die Enderung und Verbesserung dieser Satzungen und Ordnungen / mit Beliebung Unserer Erbgesessenen Bürgerschaft / in [008] künfftiger Zeit / da es die gemeine Nothdurfft erfordert / billich reserviret und vorbehalten. Publicirt am zehenden Tage des Monats Octobris, als man nach Christi unsers Seligmachers Gebuhrt zählt Eintausend Sechshundert und drey Jahre.

[009]
Der erste Theil /

Des Hamburgischen

Stadt-Rechtens.

TITULUS I.

Von Bürgermeistern und Rathmannen.

ARTICULUS 1.

Es sol bey der Uhralten / und noch itzo üblichen Gewohnheit gelassen werden / daß hinführo ein Rathhauß / und anders kein / und auch eine Dingbanck seyn und bleiben sol.

2.

Nach altem Herkommen und sittlicher Gewohnheit / sol der Rath vor Petri ad Cathedram[1], zusammen [010] treten / und auff fürgehende Berathschlagung sich mit einander vereinigen / ob der Stadt Nothturfft erfordert / Rathmanne zuerwehlen / da man alsdann einer künftigen Wahle / und ob zwey / vier oder sechs Personen zu erwehlen / sich vergleichen wird / so sol darauff den folgenden Petri Abend (es wäre dann / daß auff eine andere Zeit / solches zuverrichten / die Noth erforderte) die Wahle vorgenommen / und zu Wercke gestellet werden.

3.

Wann der Rath auff Petri Abend zu der ordentlichen Wahl der Raths-Personen schreiten wird / so sol auff fürgehende fleißige Anruffung göttliches Namens / daß seine Allmacht mit seinem Geiste und Gnaden / derselben Wahle beywohnen wolle / der ältister Worthaltender Bürgermeister / in gemeiner Rathsversammlung / einen Anfang machen / und einen ehrlichen Mann nahmhafftig proponiren, auch bey seinem Eide außsagen / daß er keinen nützern zu dem Stadt-Rechte / und zu der Stadt Nutze wisse / Wann solches geschehen / sol der Bürgermeister neben der von ihm nahmkündig gemachter Personen Blutsfreunden und Schwägern / die demselben biß ins dritte Glied inclusivè verwandt (damit es eine freye Wahle seyn müge) dem Rathe entweichen / und sollen die andere Raths-Persohnen / die alsdann besitzen bleiben / in dem furchten Gottes / wegen der ernandten Persone / ob dieselbe [011] dem Rathe und der Stadt nützbahrlich seyn müge / sorgfältig berathschlagen. Wann solches geschehen / sollen die abgetretene Bürgermeister und Raths-Persohnen wieder eingefordert werden / und da alsdann / die da besitzen geblieben / still schweigen / so ist die ernandte Persohne nicht gewehlet. Darnach so stehet der ander Worthaltender Bürgermeister auff / und ernennet gleichmässig / wie zuvor geschehen / eine Person / welches auch also ebenmäßig / wie hievor angedeutet / durch die andere zwey Bürgermeistere / und darnach durch die Raths-Verwandten / sol vollbracht werden / biß die Persohnen seyn gekohren.

4.

In den Rath sollen Jügentliche und bedarve Männer / sie seyn besessen in der Stadt wor sie wollen / die des Raths würdig seyn / gekohren werden. Jedoch werden die jenigen / die sich in Herren und Fürsten Dienste mit Eiden und Pflichten verwandt gemachet / so lange dieselbige in den Diensten und Eiden stehen / in den Rath nicht erwehlet.

5.

Vater und Sohn / so wol auch zwene Brüder / können zugleich nicht zu Rathe seyn / noch gekohren werden / verstirbet aber deren einer / oder verzeihet [012] sich mit Wissen und Willen des Raths / so mag man den andren / wann er des Standes wirdig / wol zu Rathe erwehlen.

6.

Es kan niemand / der zu Rath oder Bürgermeister wird gekohren / solcher beschehenen Wahle sich entbrechen oder verweigern / bey verlust der Stadt Wohnung.

7.

Kompt jennig Mann auff das Hauß / vor den Rath / der einen Rathsverwandten ümb Geldhafftige Schuld zu beklagen hat / den Rathsverwandten sol der Bürgermeister heissen auffstehen / und dem Manne Rechts pflegen auff dem Hause / und anders nirgends / da dann der Beklagter der Schuld ist geständig / so sol man ihme Tagdingen / wie recht ist / und geldet er in bestimmter Zeit nicht / so sol man ihn nicht in den Rath lassen / biß er dem Manne recht thue. Da auch der Bürgermeister durch Liebe oder Freundschafft / den Rathsverwandten beschonen wolte / und nicht heissen auffstehen / so sol der ander Worthaltender Bürgermeister dem Rathsverwandten gebieten bey seinem Eide / daß er auffstehe / und dem Kläger Antwort gebe / auff seine Klage; Würde der Rathsverwandter des Bürgermeisters [013] Gebot verachten / solches sol stehen zu willkührlicher Straffe des Raths.

8.

Were jennig Mann in dem Rathe / oder ausserhalb des Raths / den den Bürgermeister in seinem Stuhle berieffe / oder ungütlich anspräche / der sol das büssen mit drey Pfunden / und das Geld sol man in der Stadt Besten wenden.

9.

Wann ein oder mehr Persohnen auff dem Rathhause vor dem Rath erscheinen / und ihre Sachen fürbringen / oder fürbringen lassen / so sol der Rath dieselbe gebührlich hören / und niemand / als der Bürgermeister / dem das Wort ist befohlen / denselben antworten / Jedoch sol der Bürgermeister keinen Bescheidt auff die Sache geben / er habe sich dann zuvor mit den jenigen / die mit ihm in dem Rathstuhl sitzen / berahtet und beredet / Es were dann die Sache an sich selbst geringschätzing / und der Wortführender Bürgermeister solch Antwort unverweißlich geben könte.

Da aber sonst jennig Mann im Rath / Antwort zu geben / sich anmassen würde / der sol solches nach Gelegenheit der Sache / auff des Raths willkühr zu büssen schüldig seyn.

[014]
10.

Wann der Rath nach angehörter Klage und Antwort / Bescheidt geben / oder ein Urtheil fällen wil / so sollen alle Rathsverwandte / welche beyden Theilen mit Blutfreund- und Schwägerschafft / biß ins dritte Glied inclusivè verwandt sey / auffstehen / und dem Rathe entweichen / Die da besitzen bleiben / sollen ohne Ansehen der Personen / darinne erkennen nach dieser Stadt Rechten. Imgleichen sol es in allen andern Fällen / so ausserhalb Gerichts Supplicando, oder Mündlich geklaget / also gehalten werden.

11.

Wann der Rath durch Botschafft und Brieffe / oder andere unvermuthliche wichtige Sachen verhindert wird / Gerichtliche Sachen zu hören: So wil der Rath solches vor Neun / oder ein Viertheil nach neun Uhren / Winter und Sommer / absagen lassen. Würde aber vor neun / oder ein Viertheil nach neun Schlägen das Hauß nicht geöffnet / und die Partheyen nach der Zeit weg gingen / so sol ein jeder unbefahret bleiben.

12.

Es wil sich auch der Rath befleissigen / daß alle Sachen / darauff zu Rechte geklaget wird / [015] mit dem fürderlichsten Güt- oder Gerichtlich mügen entscheiden werden / Zu dero Behuff sol keine Sache mehr nicht / dann drey mahl zu güttlicher Handlunge verwiesen werden / Und sollen die Rathsverwandte / so zu gütlicher Handlunge verordnet / den Partheyen einen Tag benennen / wann sie der Sachen warten wollen / und alsdann möglichen Fleiß anwenden / daß die Partheyen mügen gütlich entscheiden werden / In Entstehung der Güte / mag der Kläger seine Klage vorthan Gerichtlich fürderen. Was auch also in gütlicher Handlunge wolmeintlich vorgeschlagen und tractiret wird / sol auff den Fall / da nichts beschlossen und abgehandelt wird / einen jeden an seinem Rechte unschädlich und unvorfänglich seyn.

13.

Es wil auch der Rath auf gewisse Rechts-Tage / wegen der Verlassunge der Erbe und Eigenthumbs / auch der Rente / so wol der jenigen / so die Bürgerschafft gewinnen / und Vormündere kiesen wollen / nach Mittage Werbe hören / nemlich den Freytag nach Antonii,[2] den Freytag nach Lætare[3], den Freytag nach Quasimodogeniti[4], den Freytag nach Visitationis Mariæ[5], den Freytag nach Nativitatis Mariæ[6], den Freytag nach Francisci[7], und den Freytag nach Andreæ[8], damit ein jeder die Zeiten der Verlassunge wisse / und seine [016] Sachen darnach desto besser zu richten haben müge. Sollte aber auff der benandten Freytage einen / Ferien, oder sonsten verhinderliche Geschäffte einfallen / sol den Freytag hernacher die öffentliche Verlassunge gehalten werden.

14.

Der Rath ist mächtig in Peinlichen Sachen / ein Urtheil / das zu schwer ist / zu leichten / und das zu leicht ist / zu schweren.


TITULUS II.

Von Bürgern und Einwohnern.

ARTICULUS 1.

Es sol kein Ritter oder Rittermässige Persone in dieser Stadt oder Weichbilde wohnen.

[017]
2.

Der Rath sol auch davor seyn / daß keine eigene Leute[9] vor Bürger dieser Stadt werden angenommen. Da aber dieser Stadt Bürger von einem andern / als sein eigen Mann angesprochen / und solches beweiset würde / kan da gegen der Bürger wahr machen / daß er über zehen Jahr ohne Ansprüche in dieser guten Stadt sich auffenthalten / seine Wohnung und Wesen allhie gehabt / so sol er seiner ruhesamen Besitzunge geniessen / und ferner Ansprüche ledig und frey bleiben.

3.

Wann ein frembder Mann in dieser Stadt Bürger wird / und allbereit eheliche Kinder gezeuget hat / die Kinder / welche noch nicht zwölff Jahr ihres Alters erreichet haben / mügen wegen des Vaters der Bürgerschafft geniessen / seyn sie aber über zwölff Jahr als / so müssen sie die Bürgerschafft / wann sie derselben gebrauchen wollen / als andere Fremmde / gewinnen.

4.

So jemand Guth zu borge kaufft / oder Geld auffborget / oder Wechsel-Geld auffnimmt / wird er darnach flüchtig auß dieser Stadt / also / daß er [018] nicht bezahlen kan / den wil der Rath nimmer vor Bürger Schuld / ohne derselben consens, geleiten / oder vehligen / in diese Stadt zu kommen / und ehe der Mann geleidet wird / sol er ernstlich befraget / und ihm auff seinen Eydt aufferleget werden / daß er alle seine Creditores, Nahmkündig machen müsse / verschwiege er dann die Wahrheit / die Creditores so er Nahmkündig gemacht / und ihn geleidet / die sollen ohne Schaden bleiben / wolten aber die verschwiegene Creditores das Geleite nicht stette halten / sol sol der geleiteder Mann des Geleides ferner nicht geniessen / wolte auch ein oder mehr Creditores dem flüchtigen Manne das Geleide stete halten / die sollen den andern Creditorn, so kein Vollbordt zu dem Geleide gegeben / ihre Schuld ohne Einrede bezahlen. Jedoch sol ein jeder Creditor seine Schuld vermüge dieses Stadt-Rechtens / wahr machen.

[019]
Des Niedern und Obern Gerichts-Ordnung.

TITULUS. III.

Von den Gerichts-Verwaltern und derselbigen Ampte.

ARTICULUS 1.

Die Gerichts-Verwaltere sollen beyde alle Gerichtstage / nemlich Montags und Mitwochens / so es nicht in der Rechtschliessung oder Ferien ist / ümb acht Uhr auff dem Rathhause seyn / Und so bald der Rath zu gewöhnlicher Stelle sich gesetzt / in das Niedergerichte gehen / und ihres Außbleibens keine Entschüldigung haben / es sey ihnen dann von dem Worthaltenden Bürgermeister Uhrlaub gegeben / und eine andere Rathsperson in des außbleibenden Stette verordnet. Und wann das Rathauß / die Rechthängigen Sachen anzusprechen / wieder zugethan / sollen sie sich wieder in das Gericht verfügen / und daselbst [020] / biß das Rathhauß anderweits eröffnet wird / verharren.

2.

Die Gerichts-Verwaltere sollen der Partheyen fürtragende Nothturfft mit Fleiß anhören / und der Sachen ümbständliche Beschaffenheit erkündigen / in ihrem Ampte nicht säumig seyn / sondern einem jeden unpartheylich schleunig Recht wiederfahren lassen / GOtt den Allmächtigen und das gestrenge Gericht für Augen haben / und die Wage gleich hengen / auch ins gemein bewahren und vorsehen / das niemand verschnellet / sondern einem jeden / er sey Arm oder Reich / Freund oder Frembd / die Sachen sein / Bürglich oder Peinlich / gleich Recht mitgetheilet werde.

3.

Und als in diesen letzten Zeiten öffenliche Laster und Sünde / leider / zu grosser Aergernüß der lieben Christenheit / sich häuffen und vermehren: So sollen die Gerichts-Verwaltere / auch ausserhalb Gerichts / ihr Ampt ihnen lassen getreulich befohlen sein / damit öffentliche oder heimliche (so sie dessen erinnert) Sünde und Laster / als Unzucht / Hurerey / Ehebruch / Fluchen / Schelten / Stechen / Schlagen / Wucher / und dergleichen ärgerliche verbothene Handlungen / andern zum Abscheu ernstlich mügen gestraffet werden.

[021]
4.

Und damit die Muthwillige und Frevelere / wegen gewragter Wunden und Schlägen nicht mügen ungestraffet hin passieren / so sollen alle dieser Stadt Balbierer / bey verlust ihres Ampts und dieser Stadt Wohnung / alsbald sie jemand zuverbinden annehmen / solches des Raths und dieser Stadt geschwornem Balbierer anmelden / welcher ungesäumt die Wunde besehen / und den Gerichts-Verwalteren / vermüge seines geleisteten Eydts / die Beschaffenheit der Wunde schrifftlich sol zuerkennen geben.

5.

Es sollen auch die Gerichts-Verwaltere gute Auffsicht haben / das die Gerichts-Dienere ihr Ampt getreulich verrichten / und dieser Stadt Bürgere und Einwohnere über die verordnete Gebühr nicht beschweren / besondern dieser Ordnung sich allerseits gemäß verhalten / und da sie dieselbe übertreten würden / sollen die Gerichts-Verwaltere Macht haben / nach Gelegenheit sie an Gelde / oder wann es die Wichtigkeit der Ubertretung erfordert / mit Gefängnüß / oder Entsetzung ihres Ampts / zu straffende.

[022]
6.

Dieweil dann die Richt-Herren zu obgenandter Stunde in Niedern-Gerichte erscheinen werden: So sollen auch die Citirte und vorgeladene Partheyen unaußbleiblich compariren. Würden sie aber der Gerichts-Verwaltere Verboth versitzen: So sollen sie zum ersten mahl wegen ihres Außbleibens / vier Schilling zur Straffe geben / Und da sie zum andern mahl auff vorgehende Citation auch nicht erscheinen würden / in acht Schilling Straffe verfallen / Und wann sie zum drittenmahl außbleiben / die Marck sonder Gnade durch den Voigt abgefordert / und ferner gegen die Ungehorsamen Procediret werden / wie hernach im 15. und 16. Titulen verordnet.

[023]
TITULVS. IV.

Von dem Voigte und dessen Ampte.

ARTICULUS 1.

Der Voigt sol neben den Gerichts-Verwaltern im Niedern-Gerichte sitzen / da er in der Stadt und gesund ist / Da er aber auff einen zu klagen hätte / wol einen andern an seine Stelle setzen / biß die Sache geendiget / Wann er aber in der Stadt nicht were / oder mit Leibes-Schwachheit beladen / und keinen Voigt gesetzet hätte / oder das er in der Stadt were und nicht sitzen wolte: So sollen die Gerichts-Verwaltere von Unsernt wegen einen andern Voigt zu setzende Macht haben.

2.

Der Voigt sol bescheidentlich der Partheyen Nothturfft anhören / und niemand ungebührlich [024] überfahren / auch niemandes Wort sprechen / die Tagdingung der gesprochenen Urtheil / und die Arrest / fleißig verzeichnen / Und von allem was ihm von den Gerichts-Herren und im Gerichte anbefohlen wird / und Amptshalben zuverrichten gebühret / bey ernstlicher Straff auffrichtig Buch halten / damit / wann es die Northturfft erheischet / und von ihm gefordert wird / Er solches in gebührlicher Form könne vorzeigen. Auch sol er ein nüchtern / ehrbahrlich Leben führen / damit das Gericht durch seine Person nicht verkleinert werde.

3.

Und dieweil der Voigt sonderlich zu Execution der außgesprochenen Urtheil von Uns gesetzet und besoldet wird: So sol er nach verflossener Tagdingung / die Partheyen ungesäummt mit der Execution verhelffen / und die Pfande alsbald ohne Verzug den Partheyen einlieferen / und davon nicht mehr dann seine gebührliche Belohnung / vermüge des auffgerichteten Schragens / nehmen / Auch über die in gedachtem Schragen specificirte taxam niemand beschweren / und die Execution weder ümb Gunst / Gifft / Gabe / Freundschafft / oder einiger anderer Uhrsachen halben / verzügern oder auffhalten / Auch durch niemands Befehl sich daran verhindern lassen. Zum Fall aber der Voigt säumig befunden wurde / und solches den Richt-Herren duch Klage [025] der Parte / oder sonsten / würde kundt gethan: So sol er von denselben in ernstliche Straffe genommen / oder nach Gelegenheit seines Dienstes von Uns entsetzet werden.

4.

Er sol aber niemand außpfänden / oder jemand in des andern Güter ehe immittiren oder weldigen / es sey dann zuvor durch ordentlich Recht erkandt.

5.

Die Sachen aber / welche sich nicht über dreissig Marck Lübisch erstrecken / mügen die Worthaltende Bürgermeistere und Gerichts-Verwaltere in ihren Häusern / wie von alters hero sittlich gewesen / ohne jennigen gerichtlichen Proces entscheiden / und vermittelst der Execution mit Außpfändung / den Partheyen Rechtens verhelffen / damit ein jeder das Seine / ohne Weitläufftigkeit erlangen müge.

[026]
TITULUS V.

Von den Gericht-Schreiber und seinem Ampte.

ARTICULUS 1.

Damit die Gerichts-Händel und Acta getreulich protocollirt und angezeichnet / und männiglich / so daran interessirt, auff Unser Erlaub- und Erkäntnüß / derselbigen glaubwürdige Copey haben und erlangen müge: So wollen Wir in Unserm Niedern-Gerichte einen fleissigen und auffrichtigen Gerichts-Schreiber halten und besolden / welcher ein erfahrner glaubwürdiger Notarius seyn sol / der allezeit zu den Gerichts-Tagen auffwarten / und was im Gerichte gehandelt / und so wol wegen des Klägers als Beklagten mündlich vorgetragen / protestirt und bedinget wird / getreulich / verständlich / und unterschiedlich protocolliren, und was endlich von den Dingleuten gefunden und geurtheilt; Auch im fall von solcher Findung / an Uns den [027] Rath appellirt würde / solches getreulich verzeichnen sol.

2.

Es sol auch der bestalter Gerichts-Schreiber / so wol in der Bürgerlichen als Peinlichen Sachen / die angestelte Klage / und darauff erfolgte Einrede und Verantwortung / und angezogene Beweisung / und also den gantzen Proces von Anfang biß zum Ende / in einer jeden Sache / neben dero darauff erfolgter Findung / auß gehaltenem Gerichtlichem Protocollo ungesäummt extrahiren, und extendiren, und in das Urtheil-Buch ordentlich nacheinander Wochentlich Verzeichnen / und davon den Partheyen für billige Belohnunge / vermüge diß auffgerichteten Schragens / darüber er niemand beschweren sol / Copey unter seiner eigenen Hand Subscription mittheilen.

3.

Wann Zeugen / deren Außsage allhie vor Gericht / oder in der Stadt gebraucht / vorgestellet / und Eydlich abgehöret werden: Sol er derselben Außsage getreulich auffschreiben / mit denen Worten / als die Zeugen reden / und nichts abe oder darzu thun / und vor Gerichtlicher Eröffnung und Publication den Partheyen davon keine Copey mittheilen. [028]

4.

Letzlich sol der Gericht-Schreiber die Straffe / wie bißhero gebräuchlich gewesen / fleißig Anzeichnen und zu Buche bringen / damit dieselben / wie sittlich und gewöhnlich / zu bestimmter Zeit mügen außgefordert und eingesammlet werden.



TITULUS VI.

Von den Dingleuten.

ARTICULUS 1.

Die Dingleute welche in die Findung gehen / sollen fromme / ehrliche / und unberüchtigte dieser Stadt Bürgere seyn / und sich von den streitigen Partheyen nicht Unterrichten lassen / viel weiniger einige Giffte oder Gabe von ihnen empfangen / oder mit ihnen verdächtiger weise zu Gaste / oder zur Zeche sitzen / sondern sollen fleissige Auffacht haben / auff Klage / Antwort / und dasjenige / so im Gerichte vorgetragen wird / und darauff nach ihrem


[029] besten Verstande / vermöge dieses Stadt-Buchs und Reces, ein recht Urtheil finden / und da sie spüren / das sich ein oder ander Theil muthwillig in Rechtfertigung eingelassen / denselben in die Gerichtskosten (Richterliche moderation vorbehältlich) Condemniren.

2.

Die Bürgere / wann sie vor oder in dem Gerichte auffwarten / sollen auff Einforderung des Voigts / bey Peen drey Pfund unnachlässig zubezahlen / in die Findung zugehende schüldig seyn.

3.

Da aber ein Bürger der streitigen Partheyen mit Blutfreund- oder Schwägerschafft biß in den dritten Grad inclusivè verwand / oder gleichmässige Sache Rechthängig / oder da er in derselben Sachen zuvor gedienet / oder der Procurator gleichmässige Sache zuvertreten hätte / dieselben sollen sich der Erkäntnüß enthalten / bey Straffe drey Pfund dem Fisco zuerlegen.

[030]
TITULVS. VII.

Von den Procuratorn.

ARTICULUS 1.

Unser Nieder-Gericht wollen Wir allezeit mit acht Personen / die eines guten Namens und Lebens seyn / bestellen / dieselben sollen Anfangs / wann sie zugelassen und bestellet / von denen zur Zeit Gerichts-Verwaltern in einen Eydt genommen werden.

2.

Uber dieselbe acht bestellete Procuratorn / sol kein anderer daselbst gehöret werden / sondern wer im Niedern-Gerichte für andere zu reden sich unterstehet / (es were dann / das einer seine selbst eigene Sache vortragen / oder wegen seiner nahen Bluts-Verwandten / oder in seiner Mündlein Sachen Bericht thun wolte) sol derselbe / so offt er sich dessen unterfänget / ein Marck Lübsch zur Straffe geben.

[031]
3.

DJe Procuratorn sollen alle Gerichts-Tage vor acht Uhr im Gerichte / bey Peen ein Schillings unnachlässig zubezahlen / erscheinen.

4.

WAnn der Procurator oder Anwaldt eine Sache vor dem Rathe oder Niedern-Gerichte annimmt / und sich bestellen läst / sol er nothtürfftigen vollnkommenen Bericht von der Parthey einnehmen / und mit fleiß alle Umbständigkeit der Sachen erkündigen / damit er auff alle Gerichts-Tage / in Abwesen derselbigen / könne handelen / und nicht nöthig sey / sich fernern Berichts zuerholen / ümb Frist und Dilation zu bitten.

5.

ES sol ein jeder Procurator und Anwalt / seiner Partheyen Sache getreulich / und so viel müglich / auff einmahl / mündlich fürtragen / Frembde und zur Sachen undienstliche Handlung einzumengen unterlassen / alle Weitläufftigkeit und muthwillige Verlängerung vermeiden / und allein was der Sachen Nothturfft erheischet / verständlich / klärlich und kürtzlich einbringen / und darauff allezeit die schließliche Petition anhängen / Auch aller hönischen / schimpfflichen Reden / [032] schmähendes / und beschwerlicher Wörter / sich gäntzlich enthalten / und jeder Zeit dergestalt reden / das solches protocolliret werden könne / und ohne Erlaubnüß des Worthaltenden Bürgermeisters / oder der Richtherrn / aus dem Gericht nicht gehen; Sondern biß zu Ende desselbigen / oder daß die Gerichts-Verwaltere auff das Rathhauß gefordert werden / daselbst verharren / und sich des Redens mit den Umbstehenden (außgenommen / da es die Nothdurfft mit seinem Principalen / so der gegenwärtig / zusprechen erforderte) oder unter sich selbst / enthalten / und auff die Gerichtliche Handlung und Fürträge fleissig Achtung haben / damit ein jeder / wann in seiner Sache gehandelt / oder ein Vortrag geschicht / alsbald / ohne Ermahnung / seiner Partheyen Nothdurfft dagegen fürbringen möge. Und würde jemand diesem zu gegen handelen / der sol / nach Gelegenheit der Uberfahrung / willkürlich mit einer Geldbuß belegt / oder in Anmerckung beharlichen Muthwillens / auff ein zeit / oder auch seines Amptes gar / entsetzet werden / und nicht desto weniger dem / so injuriiret, vorbehalten seyn / gegen den Procuratoren und Anwaldt / und den Gegentheil / der es zu reden befohlen / seine Injurien Klage anzustellen und zuverfolgen.

6.

Es sollen auch die Procuratores und Anwalde die Partheyen mit übermässigen Besoldungen [033] nicht beschweren / sondern sich an dem Salario, welches ein Ehrbar Rath / vermöge der Taxa und auffgerichten Schragens / ihnen verordnet / begnügen lassen / Und über das mit den Partheyen keine Obligationes oder Verschreibung auffrichten / oder andere verbothene Gedinge / wie die Namen haben mügen / machen / dann / da solches geschehen würde / sollen dieselbe Pacta hiemit cassiret und vernichtiget sein / und der oder die solches thun würden / ihres Dienstes entsetzet werden.

7.

Da sich auch arme Partheyen bey den Worthaltenden Bürgermeistern oder Gerichts-Verwaltern angeben / und sich ihres Armuths beklagen / einen Procuratorn bitten / und solche Armuth entweder bekandt / oder sie den Eydt der Armuth schweren würden / denselbigen sollen die Gerichts-Verwaltere von Amptswegen einen Procuratorn geben / und von dem Aeltesten anfangen / und biß auff den Jüngsten / und also folgends continuiren, welchem Procuratorn nun die Richt-Herren / vermüge angedeuteter Ordnunge / solche Sache befehlen werden / derselbe sol bey Peen der Entsetzung seines Ampts / die ohne wiederrede anzunehmen / und nicht mit weinigerm Fleiß als anderer seiner Partheyen Sachen / zu handlen und für zubringen pflichtig sein. Inmassen dann auch der Voigt / Gerichts-Schreiber / und die Diener des Gerichts / [034] denselben vergebens zu dienen schüldig sein sollen. Da aber der Arme zu besserer Vermüglichkeit queme / oder die Sache gewünne / sol er sich mit gedachten Personen abfinden und vertragen.

8.

Und damit gute Ordnung in Vortragung der Sachen gehalten werden möge: So sollen die Gerichts-Verwaltere darauff gute Acht haben / das zuforderst die Civil-Sachen / und welche Kirchen / Hospitalien / und frembde Leute / welche allhie nicht Wohnhafftig / betreffen / im gleichen dieselben Sachen / in welchen / vermöge außgangener schrifftlichen Citation ein gewisser Terminus angesetzt worden / vorgebracht und gehört / und darnach von dem Aeltesten Procuratore eine Privat-Sache vorgetragen / und also folgends biß auff den Jüngsten verfahren / und dann wieder von dem Aeltesten angefangen werde. Bey dem aber die Ordnung in der Gerichtlichen Audientz sich endigen wird / derselbe sol den negstfolgenden Gerichtstag (wann zu forderst / wie gemeldet / die Fiscalische und andere Privilegirte Sachen proponirt sein) wiederümb den Anfang machen / und also die andern nachfolgen / zu dero Nothdurfft dann eine Rolle / darauff der Procuratorn Namen verzeichnet / im Gerichte auffgehänget / und bey dessen Namen / der in der negstkünfftiger Audientz zu agiren anfangen [035] sol / ein Sticken sol gesteckt werden. Es sollen auch die Procuratorn die jüngsten Sachen den Aeltesten nicht vorziehen / sondern nach dem dieselben Anhängig gemacht / Vortragen / dann da sie dagegen handelen würden / sollen sie darümb ernstlich gestraffet / und in befindung ihres vorsetzlichen Ungehorsams / ihres Dienstes entsetzet werden.

9.

Gleicher gestalt sol es auch vor dem Obern-Gericht gehalten werden / jedoch das der Anwalde / so vor dem Rath agiren, Namen / vorher auff die Rolle gesetzt / und da sonsten ein Bürger oder Einwohner einen frembden Anwald oder Rechtsgelahrten / seine Sache vor dem Rathe fürzutragen / anhero erforderen würde / (welches ihm frey stehen sol) den Anfang machen / und darnach die Anwalde und Procuratorn / ordentlich / vermöge der auff dem Rathhause hangender Rolle / und nach Inhalt des vorgehenden Articuls / bey vermeydung dero daselbst gesetzter Peen / ihrer Partheyen Sachen proponiren sollen.

10.

Es sollen auch die Procuratorn in denen Sachen / darin sie einmahl Gevollmächtiget seyn / und deren sie sich so wol in- als ausserhalb dieser Stadt / in deroselben Gerichten unterfangen / biß zu endlicher erörterung [036] außwarten / darein Handelen und procediren, und da das Urtheil wider ihre Principalen in den Unter-Gerichten gesprochen würde / nicht allein davon an Uns den Rath Appelliren, sondern auch die Appellationes prosequiren, und vor dem Obern-Gericht darein Handelen / es were dann / das ihre Principalen ihre gegebene Vollmacht aus Rechtmässigen Uhrsachen / in Schrifften / oder vor einer Person des Raths / gebührlich revocirt hätten.

11.

Versäumet jemand seiner Partheyen gerechte Sachen / und desselben überwunnen würde / sol er nicht allein dem verletzten Theil des zugefügten Schadens Erstatung thun / sondern auch / nach gestalt der Verhandlung von Uns gestraffet werden.

[037]
TITULUS. VIII.
Von Gewalt oder Vollmacht der Procuratorn und Anwalde.
ARTICULUS 1.

Ein jeder dieser Stadt Bürger oder Einwohner / der seine achtzehen Jahr vollenkömmlich erreichet hat / mag in Bürgerlichen Sachen Persöhnlich im Gericht selbst Erscheinen / und seine Nothdurfft fürtragen / welcher aber seine Nothdurfft in der Person nicht handelen wolte / oder nicht vertreten könte noch möchte / derselbe / er sey Kläger oder Beklagter / mag in Bürgerlichen Sachen einen Procuratorn oder Anwald setzen / und demselben seine Vollmacht übertragen / dergestalt / das solche Gewalt sampt allen nothdürfftigen Clausulen, zu einer rechtmässigen Vollmacht gehörig / vor der Worthaltenden Bürgermeister oder Gerichts-Verwalter einem / oder für Gericht geschehe / und der Constituent mit Handgegebener [038] Treu anlobe / aller was vermöge der gegebenen Gewalt von seinem Anwalde gehandelt wird / stet und fest zuhalten / und zuvollenziehen / bey verpfändung seiner Haab und Güter / und das folgends durch den Gericht-Schreiber oder Protonotarium zu den Acten geschrieben werde / wer / vor wem / wann / und in was Sachen / wieder wen / und wie solche Gewalt gegeben sey worden.

2.

Welcher aber ausserhalb dieses Gerichts Zwang von andern Oertern eine Gewalt fürbringt / solche sol mit einer ordentlichen Obrigkeit / Raths / Commun / oder des Principaln selbst eigener bekandlichen Hand und Siegel befestigt / und mit allen nothdürfftigen Clausulen / versehen seyn / Dann / da an den wesentlichen Stücken und Clausulen mangel erscheinen würde / sol dem Gegentheil / seine gebührende Exceptiones da gegen einzuwenden / vorbehalten seyn.

3.

Und ob dieselbige Gewalt angefochten und für ungnugsam erkandt würde / so mag der Anwald mit Handgegebener Treu caviren, daß er in einer von dem Gericht ihm angesetzter Frist / eine gnugsame Vollmacht / mit ratification voriger Handlung / einbringen [039] wil / darauff der Gegentheil in der Sache biß zum Urtheil zu procediren schüldig sein sol.

4.

Da aber ein Procurator sich ohne habenden Befehlig einlassen würde / der sol in zwey Marck Lübisch Straffe unnachlässig zubezahlen / verfallen seyn. Es sey dann / daß er caviren wil / den nechsten Gerichts-Tag gnugsame Vollmacht fürzulegen.


TITULUS IX.
Von Kriegischen Vormünderen.[10]
ARTICULUS 1.

Knaben unter achtzehen Jahren / und alle Frauen und Jungfrauen / werden nach Unserm Stadt-Recht Unmündig gehalten / derwegen sie dann weder Klägers noch Beklagten Stelle im Gerichte vertretten / auch vor dem Rathe nichts aufflassen

[040] können / sondern muß solches durch ihre Vormünde oder Curatores geschehen / oder das jennige so sie Handelen / ist von Rechtswegen Krafftloß und Nichtig.

2.

Ob nun wol / vermöge gemeiner beschriebener Rechten / die Vormünder vor der Kriegs-Befestigung allein Actores, und nicht Procuratores ordnen mögen: So wollen Wir doch solchen Unterscheid auffgehoben / und ihnen / nach ihres tragenden Ampts Nothdurfft / einen Procuratorn zu setzen / Macht gegeben haben.

3.

Trägt sichs aber zu / das der Vormund mit dem Mündlein selbst Rechtfertigung hätte / sol er solches Uns anzeigen / und einen Kriegischen Vormund darzu zu ordnen bitten / der ihm dann sol gegeben werden / welches Ampt mit endigung der Rechtfertigung auffhöret.

4.

Hätte nun der Unmündige mehr Vormündere / welche mit der Rechtfertigung nichts zuschaffen hätten: So mögen die andern der Sachen sich annehmen / und die zu Recht außführen.

[041]
5.

Der Frauen Vormund ist ihr Ehemann so lange er lebet / der sie dann im Rechte / als ihr Ehe-Voigt und rechter Vormundt / zuvertreten schüldig. Wann er aber Todts verfahren ist / und die Frau im Gerichte zu klagen hätte / oder beklagt würde: So sol sie ihr einen Kriegischen Vormund zugeben bitten.

6.

Wurde sie aber als Beklagtinne einen Curatorn ad litem nicht bitten: So sol / auff des Klägers Ansuchen / ihr bey einer namhafften Peen / in acht Tagen einen Kriegischen Vormund zu nominiren und zu bitten /aufferlegt / und in verweigerung dessen mit exequirung der Peen gegen sie verfahren / und nichts desto weiniger ihr ex Officio einer von den Procuratorn zum Kriegischen Vormund verordnet werden.

7.

Sinnlose / und denen die verwaltung ihrer Güter verbohten / und andere dergleichen Personen / so die beklagt werden / sollen / auff des Klägers Ansuchung / von Uns mit Curatorn ad litem versehen werden.

[042]
TITULUS X.
Welche Personen ihre Verwandte ohne Gewalt vertreten mögen:
ARTICULUS 1.

Personen die ein ander im dritten Grad der Bluthfreundschafft inclusivè verwandt seyn / deßgleichen der Tochter-Mann wegen seines Schwieger-Vaters / und hinwieder der Schwieger-Vater von wegen seines Tochter-Manns / mügen / ohne auffgetragene Gewalt / im Rechte erscheinen / und was sich gebühret / handelen. Jedoch müssen sie de rato caviren, das ist / Versicherung thun / das ihre Handlungen von den jeningen / welche sie vertreten / stet und fest gehalten werden sollen.

2.

Da aber der Verwandter oder Principal einen Anwald bestellet hätte / oder auch unter den Verwandten ein Unmündiger were / und seinen Vormund hätte / in denselben Fällen wird die verwandte Person nicht zugelassen.

[043]
TITULUS XI.
Von Endschafft der Gewalt.


ARTICULUS 1.

Wer einmahl zur Sachen bestellet / sol dieselbe zur Endschafft fordern / und in keine Wege sich derselben entschlagen / sonderlich wann er den Krieg Rechtens befestiget hat.

2.

Hätte aber der Procurator billige und erhebliche Uhrsachen / sich des Gewalts zu exoneriren, sol er dieselben anzeigen / und darüber Bescheids erwarten / und auff den Fall der Anwaldschafft erlassen wird / sol er dem Gegentheil in derselben Sache nicht dienen noch rathen / auch nicht eröffnen / was ihm vertrauet. [044]

3.

Würde auch der Constituent erhebliche und billige Uhrsache haben / seine gegebene Vollmacht zu revociren: So sol er sich mit dem Procuratorn oder Anwald / wegen gehabter Mühe / abzufinden schüldig seyn / und alsdann gute Fuge haben / einen andern zubestellen.


TITULVS. XII.
Was Sachen vor das Nieder-Gericht / in erster Instantz / gehören / und das kein Bürger / Unterthan oder Einwohner den andern in frembde Gerichte ziehen oder beklagen sol:
ARTICULUS 1.

Alle Peinliche Sachen / die Leib und Lebens Straffe / Verweisung und Verfestung auff sich tragen / Injurien, Schelt- und Schmachwort / Schlagen und Verwundung / auch Geld-Busse / wann peinlich geklaget wird / dann

[045] auch Civil-Sachen / belangende die Rente / Haure[11] / Erb und Eigen / derselben Verfolgung / Dabelspiel [12]/ Kummer und Arrest / so auff Güter in der Stadt / oder derselbigen Gebiete / erlangt / Irrungen die sich wegen der Gebäue in und vor der Stadt zutragen / und ins gemein alle Sachen / davon die Hauptklage sich nicht über hundert Marck Lübisch erstrecket / sollen vors erste im Niedern-Gerichte angefangen / und daselbst außgeübet werden / und so offt jemand hiegegen handelen wird / sol er in eine Marck Lübisch Straffe / dem Fisco unnachlässig zuerlegen / verfallen seyn.

2.

Es sollen auch alle und jede dieser Stadt Bürgere / Bürgerinne / Unterthanen und Einwohnere / ihre Sachen / Zuspruch und Fürderung / die sie gegen den Rath / oder singular Raths-Personen / oder auch dieser Stadt Bürgere / Bürgerinnen / Unterthanen und Einwohnere zuhaben vermeinen / vor dem Niedern- oder Obern-Gerichte / oder an dem Orte / dahin eine jede Sache / ihrer Art nach / gehöret / Rechtlich anstellen / und keiner den andern in frembde Gerichte ausserhalb dieser Stadt / ziehen / laden / oder beklagen / in kost / schaden und mühe führen / imgleichen seine Action und Förderungen keinen frembden Außländischen Mächtigern / oder sonst besorglichen Personen / cediren, verkauffen und aufftragen [046] / durch sich selbst oder jemand anders von seinent wegen: Im fall jemand dagegen handelen würde / der sol seinem Gegentheil allen Unkosten und Schaden / darin er ihn geführet / erstatten / der verkaufften und übergebenen action, und dieser Stadt Wohnung und Bürger Rechtens / verlustig seyn / und darzu nicht wieder gelassen werden / er habe sich dann mit dem Rathe ausgesöhnet / und mit seinem Gegehtheil vertragen.

3.

Wann aber dieser Stadt Bürger / Unterthan oder Einwohner / Schulde halben / von hinnen flüchtig würde / und seine Güter / den Creditorn zu vorfange / wegschaffete / oder sich in frembde Jurisdiction mit seiner Häußlichen Wohnung niederliesse / oder die Bezahlung des Gelds / oder die Liefferung der Güter und Wahren / an einem andern Orte zuthun bedingt und verschrieben were: in solchen Fällen mag der Creditor seinen Debitorn, allhie / oder an demselben Orte / so er ihn daselbst / oder die versprochene und weggeführte Wahren antrifft / unverwirckt vorgesetzter Peen / mit Recht besprechen und verfolgen. Wie dann auch hiemit nicht verbohten / daß in Kauffhandlungen der eine des andern Handschrifften ümbsetzen / in bezahlung cediren und übertragen möge. Es sol aber bey solcher Cession und Ubertragung / der Debitor allewege / von dem jenigen / welcher die Handschrifft annimpt / gefraget [047] werden / ob er auch einige Einrede gegen die Handschrifft habe. In Verbleibung dessen / werden dem Debitori alle seine Rechtmässige Exceptiones, zur zeit der Bezahlunge vorbehalten.


TITVLVS XIII.
Von Citation und Ladung zu Rechte / so wol der Inheimischen / als Abwesenden:
ARTICULUS 1.

Damit zwischen dieser Stadt Bürgern und Einwohnern desto beständiger Fried / Lieb und Einigkeit möge erhalten und Fortgepflantzet werden: So sol ein jeder / er sey Bürger / Unterthan / Einwohner oder Frembder / der den andern allhie beklagen wil / den Debitorn, entweder vor der Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter einen / citiren lassen und beklagen / welche zwischen den Partheyen gütliche Handlunge versuchen

[048] / und müglichen Fleiß anwenden sollen / dieselben zu entscheiden.

2.

In entstehung der Güte / sol durch den Worthaltenden Bürgermeister / so die Sache vor dem Obern-Gerichte / oder durch den Gerichts-Verwalter / da die Sache vor dem Niedern-Gericht sol Vorgetragen werden / dem Kläger / auff sein Begehr / wider den Beklagten die citation erläubet werden / und solche citatio vor das Ober-Gerichte durch des Raths Schencken / dafür ihm zwey Schilling / oder da er Ehehaffte Entschuldigung hätte / durch seinen Diener; Vor das Nieder-Gericht aber durch einen Hauß-Diener / dafür ihm ein Schilling gegeben werder sol / bey Sonnenschein / einem Bürger oder Einwohner in seiner Behausunge unter Augen geschehen / und in desselben Abwesen seiner Haußfrauen / oder verständigen Kindern / oder dem Hauß-Gesinde / angekündiget werden / mit benennung der Zeit / wann er erscheinen sol / und der Partheyen / deßwegen die citatio geschicht und sol solche citatio bey dem Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter anfänglich / wann die Sache zu Rechte anhängig gemacht wird / gesucht und gebeten / hernach aber mag / ohne Erlaubnüß derselben / das Gegentheil vorbescheiden werden.

[049]
3.

Hat der jenige so citiret wird / allhie keine gewisse Behausung / oder aber sonst nicht wol anzutreffen were / der mag / an was Ort man an denselben in dieser Stadt ankömpt / unter Augen geladen werden.


4.

Wann der Beklagter einen Anwald gestellet / und dessen Vollmacht zu Buche gezeichnet ist / sol als dann nicht der Principal / sondern der Procurator oder Anwald / biß zu Außtrag der Sachen / citiret werden.


5.

Des Raths Schencke / oder sein Diener / sol vor dem Rath allewege / in offener Audientz / wann es begehret wird / imgleichen die Hauß-Diener im Niedern-Gerichte / alle Gerichts-Tage / ehe und zuvor die Gerichts-Verwaltere sich setzen / ungefordert / dem Gerichts-Schreiber / in Gegenwärtigkeit des Voigts / ihrer Verrichtung / und wem sie die Citation angemeldet / bey ihren Eyden getreue Relation thun / und dieselbe alsbald vom Gerichts-Schreiber zu Buche gezeichnet werden / und solcher Aussage wird vollnkommener Glaube [050] gegeben / es were dann das Gegenspiel gnugsam zubeweisen.

6.

So aber jemand einen Bürgen oder Einwohner / der wissentlich Abwesent were / beklagen wolte / und der Kläger das Ort / da derselbe sich vermuthlich auffenthält / anzeigen würde: Sol derselbige auff des Klägers kosten / in des Raths Namen / und unter dieser Stadt Signet / da die Sache vor dem Obern-Gerichte sol tractirt werden / oder in der Gerichts-Verwaltere Namen / und unter ihren Pitschafften / da die Sache an das Nieder-Gericht gehörig / schrifftlich citirt, und solche Citation demselben durch einen darzu abgefertigten Boten / oder Notarium, insinuiret[13] werden / und sol der Bote / oder Notarius zu seiner Wiederkunfft / im Gericht / wegen seiner Verrichtung / Relation thun / welche auch alsbald / entweder durch den Protonotarium, oder Gerichts-Schreiber / fleissig sol ad Acta gezeichnet werden.

7.

Dieweil auch bey diesen Gerichten eine geraume Zeit hero / nur eine einige schrifftliche peremptorialis Citatio zu ordentlichem Rechte / von nöthen und gnugsamm gewesen / also / daß man nicht desto weiniger / als wann drey Citationes ergangen weren / auff den Ungehorsamm [051] des nicht Erscheinenden / hat procediren können und mögen: So bleibet es billig dabey / doch bescheidentlich / daß der Beklagter peremptoriè, bey verlust der Sachen zuerscheinen gefordert / und der Terminus zu erscheinende dergestalt angesetzet werden sol / das dem Abwesenden nach Gelegenheit / und ferne des Weges / zu compariren müglich seyn möge.


8.

Sol ein Außländischer / der dieser Stadt Jurisdiction nicht Unterworffen / und gleichwol an der Sache interessirt, citirt werden: So wil der Rath / oder die Gerichtsverwaltere / an den frembden Richter / in subsidium juris, ümb Hülff des Rechtens schreiben / und denselben bittlich ersuchen / den Beklagten / das derselbe auff einen genandten Tag allhie erscheine / zu citiren.

[052]
TITVLVS XIV.
Von dem Proclamate / oder öffentlichen Citation:
ARTICULUS 1.

Wurde der Abwesender in anzeigter und vermuthlicher Stelle nicht angetroffen / oder gantz ungewiß were / wo er seyn solte: So sol / auff des Klägers Bitte / eine öffentliche Citation an das Rath-Hauß Angeschlagen / und die Uhrsache der Ladung kürtzlich erzehlet / und ein geraumer Termin dem Abwesenden zuerscheinende / oder wer ihn vertreten wil / angesetzt werden.

2.

Hätte aber der Abwesender / den man nicht an einem gewissem Orte anzutreffen wüste / in dieser Stadt Jurisdiction Erb und Eigen / oder Land-Güter / und jemand darauff durch ein eigenthümliche Klage [053] sprechn wolte: So ist gnug / das die Ladung durch den Schencken / oder Diener / in dasselbige Guth / oder Hauß (wo Leute darinnen wohneten) verkündet werde. Da aber kein Einwohner daselbst / muß eine öffentliche Ladung geschehen.

3.

Ebener massen sollen alle entwichene Ubelthäter / Außgetretene oder Vagabundi, durch eine öffentliche Citation peremptoriè geladen / und in termino gegen sie procediret werden.

4.

Gleicher gestalt seyn alle des flüchtigen Schuldeners Gläubigere per publicum Proclama, weches an die Benachbahrte Städte / da vermuthlich des Debitoris Gläubigere seyn / muß geschicket werden / zu citiren, wie dann auch solches in andern dergleichen Fällen / wie bißhero gebräuchlich gewesen / zu halten.

[054]
TITULUS. XV.
Von Ungehorsam des außbleibenden Klägers.
ARTICULUS 1.

So der Kläger auff außgangene Citation im Gericht zu bestimmter Zeit / in eigener Person / oder durch seinen Anwald / nicht erscheinet / mag der Beklagte den Ungehorsamm des Klägers beschüldigen / sich von der Ladung / mit erstattung der auffgewandten Gerichtskosten und Schaden / zu entledigen bitten / und sol der außbleibender Kläger dem Fisco in acht Schillinge Straffe verfallen / und der Beklagte / auff anderweits außgangene Citation, zu Antworten nicht schüldig seyn / der Kläger habe ihm dann zuvor die auffgewandte Expens, Gerichtskosten und Schaden / vorbehältlich Richterlicher moderation, erlegt und bezahlet. Da dann der Kläger zum andernmahl / auff beschehene Ladung / nicht erscheinen würde / sol er Beklagter sich vom Gerichtsstand / mit erstattung [055] aller Unkosten / zu absolviren bitten / solches auch erkandt werden. Würde dann der Kläger / nach erlegten Unkosten / den Beklagten zum drittenmahl citiren lassen / und abermahl Ungehorsammlich außbleiben: So sol der Beklagter / auff beschüldigung des Klägers Ungehorsamm / und sein ferner Anruffen / von der Klage / mit Abtrag aller auffgewandten Unkosten / endlich loß getheilet werden.

2.

So aber der Kläger / nach dem die Klage und Antwort fürgebracht / und der Krieg Rechtens befestiget worden / vor Rechtlicher Erörterung der Sachen / Ungehorsammlich außbleiben würde: Sol nicht desto weiniger im Gericht verfahren / und auff des Beklagten Begehren / nach eingekommener Klage / Antwort und Beweiß erkandt werden / was Recht ist.

3.

Und da gleich der Beklagter fällig ertheilet würde / sol er doch in diesem Fall seinem Gegentheil die Gerichtskosten zuerlegen nicht schüldig seyn.

[056]
TITULUS XVI.
Von Ungehorsam des Beklagten:
ARTICULUS 1.

Der Beklagte sol schüldig seyn / auff die ihm angekündigte Citation zu bestimmter Zeit / im Gerichte Persöhnlich / oder durch seinen Gevollmächtigten / zuerscheinen / würde aber jemand / der ümb Schuld beklaget wird / und Einheimisch ist / drey Gerichts-Tage ungehorsammlich außbleiben / oder aber der Außheimischer / auff ergangene schifftliche peremptorialische Citation, nicht compariren, oder einen Anwald stellen: So sol der Schenck / in Sachen so vor dem Rath tractirt werden / zwey Marck Lübisch / und in Sachen vor dem Niedern-Gericht anhängig / der Voigt / aus des Beklagten Hause eine Marck sonder Gnade abforderen / oder ein Pfandt dafür abholen / und daneben ihn bey verlust der Sachen wiederümb Citiren, und do als dann der Beklagter / in den negstfolgenden [057] vier Gerichts-Tagen / und also in viertzehen Tagen / keine hülffliche Wiederrede oder Ehehafft / dadurch er im Gericht zuerscheinen verhindert were / vorbringen / und dieselbe beweisen / oder mit seinem Cörperlichen Eyde betheuren würde: So mag der Kläger seine Klage fürtragen / und seinen Beweiß / da er einigen hat / produciren, des Beklagten Ungehorsam beschüldigen / und seinen Klage / nach verlesener Relation des Hauß-Dieners / oder abgeschickten Boten / der die Citation insinuirt, oder des Schencken Außsage / auff des Beklagten gespürten Ungehorsamm / vorbekandt anzunehmen / und ihm die Execution zuertheilen bitten. Darauff nach angehörter des Klägers Nothdurfft / gleich als wann durch des Beklagten Antwort der Krieg Rechtens befestiget were / der Beklagter der Sachen verlustig sol erkandt / und gegen den Ungehorsamen mit der Execution, inmassen sub Titulo 41. von Execution etc. ferner verordnet / verfahren werden.

2.

Klagte aber jemand auff unbeweglich Guth / und der Beklagte / so er Einheimisch / mündlich drey mahl / oder Außheimisch einmahl peremptoriè durch eine schrifftliche Citation were vorbescheiden / und zu Rechte nicht comparirte: So mag der Kläger seine Klage im Gericht fürtragen / und so er einigen Beweiß hat / denselbigen Gerichtlich fürbringen / darauff wird der Kläger [058] billig in das Guth immittiret und geweiset / welches er Jahr und Tag halten sol.

3.

Da nun der Beklagter innerhalb Jahrs erscheinet / und zu antworten sich anerbieten thut: sol er zuforderst dem Kläger / alle derselbigen Sachen halben auffgewandte Gerichtskosten und Expens erstaten / und einen gnugsamen Vorstandt thun / daß er zur Klage ohne Verzügerung antworten wolle. Würde auch der Beklagter innerhalb Jahres Frist / hülffliche Wiederrede / und Ehehafft / dadurch er zuerscheinen were verhindert / im Gerichte fürwenden / dieselbige beweisen / oder mit seinem Eyde / auff des Klägers Begehren / erhalten / und vorgemeldten Vorstandt leisten: Sol er in den vorigen Besitz des Guts gestattet werden.

4.

Da aber der Beklagter innerhalb Jahrs und Tags zu Rechte nicht erscheinen / Ehehafft seiner Verhinderung vorbringen und beweisen / oder sich sonst nicht entreden würde / so ist der Kläger näher das Guth zubehalten / als jennig Mann ihm dasselbe abzuwinnen.

[059]
5.

Wurde ümb verfallene Rente oder Erbzinß geklagt / so sol der Kläger den Beklagten / so ferne er einheimisch ist / zu dreyen Rechts-Tagen durch den Diener mündlich vorbescheiden / oder da er außheimisch ist / durch eine schrifftliche Citation, auff eine darinne benandte Zeit peremptoriè citiren lassen / und einen Extract auß dem Stadt-Buch / unter eines Secretarii Hand und Subscription, oder auch Siegel und Brieffe / oder andere glaubwürdige Uhrkunde in Originali, zu verificirung seiner Fürderung / im Gericht produciren, und damit des Beklagten Erbe oder Hauß affterfolgen / und im Fall der Beklagter in den dreyen Rechts-Tagen / oder peremptoriè angesetzter Zeit / nicht erscheinet / und sein Erbe oder Hauß entsetzet: Sol im Gerichte dem Kläger unter des Voigts und Gericht-Schreibers Hand / ein verfolgungs Zettel mit getheilet werden / damit der Kläger vor den Rath treten / und vermüge desselben ihm das Hauß oder Erbe im Stadt-Buche zugeschrieben werden / und folgends der Voigt / auff erforderung des Klägers / auff die Mahlstete / da das Hauß belegen / sich verfügen / den Rinck des Hauses mit seiner Hand angreiffen / und in Gegenwärtigkeit zweyer glaubwürdiger Erbgesessener Bürger / dem Kläger den Rinck des Erbes lieffern sol / und dasselbige Hauß sol nimand ander oder mehren zugeschrieben werden / es sey dann derselbige / dem es also mit dem Gerichts-Zettel [060] erst zugeschrieben worden / zuforderst gnugsam contentiret und befriediget. Gleicher Gestalt sol es mit andern / so hernacher dasselbe Erbe auch verfolgen wollen / gehalten werden.

Wann nun vorgedachter massen die verfolgung des Erbes geschehen / sol damit ferner verfahren / und gehalten werden / als hernacher sub Titulo 42. Von Feilbieten und subhastation, etc. verordnet ist.


TITULUS XVII.
Von Arresten und Kummern.
ARTICULUS 1.

So jemand ein Verbot oder Arrest gegen den andern / oder desselben Haab und Güter allhie begehren würde / das sol mit Erlaubnüß der Worthaltenden Bürgermeister / oder Richteherrn / geschehen und fürgenommen werden.

[061]
2.

Und dieweil die Arreste zu Zeiten mißbrauchet werden / sollen die Worthaltende Bürgermeistere / und Gerichts-Verwaltere zuforderst erwegen / ob der Arrest aus erheblichen Uhrsachen gebeten wird / und nach befindung der Sachen ümbständlichen Beschaffenheit / denselben erlauben oder verweigeren.

3.

In massen dann bey verstattung des Arrests / in gute Auffacht genommen werden sol / das die jenigen / oder derselben Güter / nicht Arrestiret werden / welche / vermüge alter Concordaten, und dero zwischen den Benachbahrten und Uns auffgerichter Verträge / davon entfreyet seyn / und an denen Orten dieser Stadt Bürgere mit Arresten auch nicht beschweret werden.

4.

Da ein Fremmder Wegfertig / und sein Gut alsbald mit sich weg zuführen Fürhabens ist / solch Gut mag unser Bürger / so Anspruch darzu hat / für zween glaubwürdigen Bürgern in dieser Stadt / auch für Bömen und Thoren / ohne Erlaubnüß des Rechten / bekummern / jedoch sol er alsbald und ungesäummt den angelegten [062] Arrest einem der Worthaltenden Bürgermeister / oder Gerichts-Verwalter / anmelden / und denselben ferner verfolgen / wie hernacher verordnet.

5.

Wann der jenige / dessen Person oder Gut Arrestiret ist / gnugsame Versicherung thut / oder einen Bürgen / der so viel freyes und unverpfändetes Erbes und Eigens allhie in dieser Stadt / oder derselben Jurisdiction hat / als die Klage sich erstrecket / anbietet / so sol der Kläger solchen Bürgen / bey Peen drey Pfund / anzunehmen schüldig seyn / der Arrest loß gegeben / und die Sache ferner zu Rechte allhie außgeführet werden.

6.

Wurde aber der Kläger von dem angebotenen Bürgen Versicherung forderen / das sein Erbe unverpfändet / und über den Erbzinß so viel werth / daß er seine geklagte Schuld darauß erlangen müge: So ist er ihm dafür gnughaffte Bürgen zustellen schüldig.

7.

Hätte jemand Gut / als geraubet und gestohlen / Arrestiren lassen / so darff er dafür keine Bürgen nehmen / sondern mag es zu Rechte verfolgen.

[063]
8.

Keines Bürgers Gut / der gnüghafftig Erb oder Zinß hat / sol man Arrestiren / würde jemand dagegen handelen / der sol es mit drey Pfund besseren.

9.

Wann zwey oder mehr fremmde Leute / oder unsere Bürgere neben den Frembden / wegen dero allhie angebrachten Wahren und Güter / in Rechtfertigung gerathen / und deren keiner die rechtmässige Possession noch nicht erlanget hätte / sollen die Güter sequestriret, oder im Falle sie verderblich / verkaufft / und die daraus gelösete Gelde / einem jeden zu seinem Rechten / verwahrlich deponirt, oder da die Sache für dem Obern-Gerichte zum schrifftlichen Proces würde veranlasset / mit der Partheyen gutem Willen / auff gebührliche Zins belegt / und vor endlicher erörterung der Sachen / niemand auff angebothene Caution gefolget werden.

10.

Wann einer / in Schulden vertiefft / verstorben / und nach desselben tödtlichen Abgange die Creditorn ümb Arrest anhalten werden / sol derselbe vergönnet / und die Güter / oder das daraus gelösete Geld / Jahr [064] und Tag / den sämptlichen Creditorn zum besten / im Arrest bleiben / die Schulde nach todter Hand / durch den Gericht-Schreiber innerhalb Jahres eingezeichnet / und nach außgang des Jahres / auff der Creditorn Ansuchen / ein offen Proclama an das Rath-Hauß angeschlagen / und darin Sächsische Frist[15] pro termino peremptoriali zuerscheinen / und ihre Schülde im Gerichte zubeweisen den Creditoren ernennet und angesetzet werden. Da aber die jenigen / welche von dem verstorbenen Debitore Obligation und Verschreibung haben / innerhalb Jahres ihre Schülde nicht hätten Einzeichnen lassen / ist ihnen / wann sie hernacher in dero in dem Proclamate bestimmter Zeit / ihre Schülde mit habenden Obligationen und Handschriften verificiren, solches unschädlich / und sol sonsten in diesem Fall mit Inventirung der nachgelassenen Güter verfahren werden / wie hernacher unter dem 43. Titul von Bancorotirern / im 2.3.4. und 5. Articuln verordnet ist.

11.

Alle die jeningen / welche in gebührender Zeit auff des verstorbenen oder in Schülden vertiefften Debitoris Güter Arrest gethan / und denselben zu Recht verfolget / die seyn alle gleich / so wol die letzten als die ersten / jedoch das Unterscheid zwischen denen die Verpfandung / und keine Verpfandung haben / und die Privilegiirt und nicht Privilegiirt, gehalten werde.

[065]
12.

Die Worthaltende Bürgermeistere / oder Gerichts-Verwaltere / sollen alsbald nach angelegtem Arrest / Klägern und Beklagten auff eine benandte Stunde vor sich bescheiden lassen / und müglichen Fleiß anwenden / die Partheyen ohne Weitläufftigkeit zu entscheiden. Erscheinet der Kläger nicht / so haben sie Macht / nach befindung der Sachen Beschaffenheit / den erläubten Arrest loß zugeben.

13.

In Entstehung der Güte / sol der Arrestandt zum nechsten Gerichts-Tage den Beklagten ins Nieder-Gerichte citiren lassen / zum ersten mahl / und kürtzlich fürtragen / daß er den Arrest erlanget / und darauff bitten / das derselbe durch den Voigt möge eingezeichent werden: also auch folgenden Gerichts-Tag / und dann zum dritten mahl auff vorgehende citation, den Arrest nicht allein / wie gebräuchlich / belegen / sondern auch seine Klage fürtragen / und dieselbe zu gleich beweisen / und wann des Beklagten Nothdurfft und defension dagegen angehöret / sol darauff / was billig und recht ist / erkandt werden.

14.

Im fall der Arrestandt die Verfolgung / in massen wie vor gedacht / nicht thun würde / so sol der [066] erlangte Kummer auff das Arrestirten Ansuchen / Krafftloß erkandt / und relaxirt, auch der Arrestant daneben in drey Marck Lübisch Straff condemniret werden.

15.

Da aber jemands Güter in seinem Abwesen allhie Arrestieret würden: So sol an desselben Obrigkeit geschrieben / und durch dero Hülff / derselbe / mit Ernennung eines gewissen Tages / anhero / zu gerichtlicher Außübung des angelegten Kummers / citiert werden.

16.

In den freyen Jahrmärckten / Viti[16] und Feliciani[17], sol kein Arrest verstattet / auch / Bürgerlicher Sachen und Obligationen wegen / niemandes angehalten werden. Hätte aber jemand an einem andern Orte Contrahirt, und sich verpflichtet / allhie in wehrendem Marckte zu bezahlen / oder auch zur zeit des Marckts allhie Contrahirt, und zubezahlen sich versprochen: So mag der / oder diesselben / oder ihre Güter / so lange biß sie gewisse Versicherung gethan / alhie Arrestirt werden.

17.

Wann einer den andern / oder sein Haab und Güter / hätte bekümmern lassen / und der Arrestirte [067] sich beklagte / daß er / aber seine Güter / mit Unfuge angehalten / und er dardurch in Schaden und Schmach gebracht were / und der Arrestant keine erhebliche Uhrsachen seines fürgenommen Arrestes beweisen könte: So sol er dem Arrestirten / des zugefügten Unglimpffs halben / im Rechte allhie zu antworten / und was deßwegen erkandt wird / neben allen auffgelauffenen Kosten und Schaden / zuerlegen schüldig seyn.


TITULUS. XVIII.
Von der Ehehafft[18] / und der außbleibenden Partheyen entschüldigung.
ARTICULUS 1.

Wird jemand durch Ehehaffte Noth / auff die dritte außgangene / und ihm mündlich angezeigte / oder eine schrifftliche peremptorialische insinuirte citation, im Gerichte zu erscheinen verhindert: So sol er durch sich selbst / oder seinen Gevollmächtigten / die Uhrsachen


[068] solcher Verhinderung / in Rechten / auff den angesetzten / oder negstfolgenden Gerichts-Tag / namhafftig anzeigen und fürtragen lassen.

2.

Nach Verkündigung der Ehehafft / sol dem Beklagten Zeit / zu Erweisung derselben / biß zum negsten Gerichts-Tage / gegeben / oder do er dieselbe nicht beweisen könte / mit seinem Eyde als dann zuerhalten ihm zugelassen werden.

3.

Wurden dann die angezeigte Uhrsachen seiner Verhinderung für erheblich und gnugsam erkand: Sol er / jedoch das er zuforderst alle auffgewandte Unkosten und Expens erlege / zu seiner defension zugelassen werden.


4.

Erfünde sich aber / das der Beklagter keine rechtmässige Entschüldigung seines Außbleibens beweisen und erhalten könte: So sol ohne jenigen weitern Proces, der Beklagter / mit Erstattung aller auffgewandter Unkosten / verlustig erkand / und mit der Execution gegen ihn / wie vorgedacht / verfahren werden.

[069]
5.

Wurde auch der Abwesender / welcher durch eine schrifftliche citation peremptorie ist vorgeladen / Uhrsachen seiner Verhinderung schrifftlich übersenden / und dieselbe also bewandt / das / wann dieselben / in mangel der Beweisung / mit des Beklagten Eyde erhalten würden / für gnugsamm zu achten: So stehet es bey des Gerichts Erkäntnüß / ob nicht biß zu seiner Wiederkunfft / damit er den Eydt selbst leisten müge / so gewartet werden.

6.

Es seyn aber Rechtmässige und erhebliche Uhrsachen der Verhinderung / Leibes Schwachheit / gefängliche Verhafftung / Abwesenheit in gemeinen Stadt-Sachen / und wegen des Vater-Landes / Unsicherheit wegen Kriegesläuffte / oder grassirender Peste / an dem Orte da das Gerichte gehalten wird / Ergiessung der Wasser / und grosse Sturmwinde / vielheit des Schnees / und andere dergleichen impedimenta, die in gemeinen Rechten den Beklagten von dem Ungehorsam entschüldigen.

7.

Und dieweil von Alters hero zugelassen / das ein Bürger dieser Stadt / auf den geklagt wird / [070] einmahl / ohne schaden seiner redlichen Nahrung und Handthierung halben / verreisen mag / so bleibet es billig bey solchem sittlichem Gebrauch. Damit aber hierunter keine Gefährlichkeit müge gebraucht / und der Kläger muthwillig auffgehalten werden / sol hinfüro dem Beklagten / auff erstatten Eydt /daß er durch seine vorhabende Reise keinen gefährlichen Verzug der Sachen suche / auch seinem Anwald von der Sache keinen ümbständlichen Bericht gethan / oder thun können / zu solcher vorhabenden Reise / ein Monatsfrist / oder längere Zeit / nach ferne des Weges / gegönnet seyn. Da er aber länger außzubleiben vermeynet / sol er für seinem Verreisen einen gnugsamen Anwald stellen / der seinent wegen im Rechten antworte / und der Sachen außwarte / und im fall hie gegen gehandelt würde / sol gegen den Beklagten / als einen Ungehorsamen / verfahren und erkandt werden.

[071]
TITULUS XIX.
Von der Gerichtlichen Klage:
ARTICULUS 1.

Auff die ergangene Citation, und erscheinung der Partheyen / sol zu angesetztem Gerichts-Tage der Kläger seine Klage mündlich / jedoch verständlich und langsam / vorbringen / damit sie von dem Gericht-Schreiber oder Protonotario müge protocollirt werden / und die Geschicht / warümb und aus was Uhrsachen er klage / wahrhafftiglich erzehlen / und endlich seine petition und Bitte thun / war er vermeyne / das der Beklagter ihm auff seine angestelte Forderung zu geben oder zu thun schüldig sey.

2.

Würde aber der Kläger durch einen Anwald handelen / sol derselbe seine Vollmacht aus dem Gerichts-Buch / oder habenden Original Gewalt / [072] verlesen lassen / und damit seine Person zu der Sache legitimiren.

3.

Gleicher gestalt / da der Beklagter durch einen Anwald antworten wolte / sol desselben Vollmacht aus dem Gerichts-Buch / oder habenden schrifftlichen Gewalt / verlesen werden / und mag darauff der Anwald / biß zum nechsten / dilation[19] bitten.


TITULUS XX.
Von des Beklagten Exceptionen und Einreden.
ARTICULUS 1.

Hätte der Beklagter verzügliche Exceptiones oder Einrede / welche die Häupt-Sache nicht gäntzlich abstellen / sondern eine Zeitlang auffhalten / als da seyn Exceptio Judicis, daß der Beklagter sich nicht schüldig

[073] erachtet / vor dem Richter zu rechten / Item litis pendentiæ, das sie Sache vor einem andern Gericht anhängig gemacht / Item wieder des Klägers Person / das derselbe im Rechten zu stehen nicht tauglich / und andere dergleichen / dieselben sol er zum nechsten Gerichts-Tage vor der Kriegsbefestigung[20] alle auffeinmahl fürbringen / und von dem Gerichts Zwang sich zu absolviren bitten / darüber Kläger gehört / und was billig und recht ist / hierauff erkandt werden sol.

2.

In Schuldfürderung / die mit öffentlichen unlaugbahren und unverfälscheten Brieff und Seigelen können bewiesen werden / und die keine unehrliche Zusage in sich halten / ungeachtet ob die Uhrsache der Schuld in der Obligation specificirt und außgedrückt oder nicht: Sol der Kläger / mit Fürlegung der Original Schuld-Brieffs / summariter darauff klagen / und vermüge desselben zum Urtheil schliessen / und wo fern der Beklagter demselben vorsetzlich und ohne Uhrsach nicht nachkommen / sondern dawieder vortheilhafftige Außzüge und Einrede suchen / und erst darüber erkennen lassen wolte: Solches sol ihm keines weges gestattet / sonder wider ihn / vermüge producirter Brieff und Siegel / schleunig erkandt und verholffen / und keine andere Exceptiones oder Außflucht dawieder zugelassen werden / dann wo er beweisen wolte / das [074] seinen Brieffen zuvor allbereit ein gnügen geschehen / oder das die Sache / darümb er beklagt wird / durch Urtheil und Recht hiebevor erörtert / oder die Sache verglichen und vertragen / oder eine novation auffgerichtet / oder die Forderung / nach Inhalt des nechstfolgenden Tituls / vorjähret / oder aber / das von einem hundert Marck Lübisch Jährlich über sechs Marck zu Zinse verschrieben / oder genommen / dann auff solchen Fall der vierdte Theil an der Häuptsumma / inmassen dann auch hiebevor in des Reichs Policey Ordnung versehen / verwirckt seyn / dem gemeinen Gut allhie zugeeignet / und allein auff das übrige die Execution verstattet und vorgenommen werden sol.

3.

Solche Verweisung aber sol alsbald / und zum nechsten Gerichts-Tage und innerhalb der Zeit / da dem Debitori die Bezahlung zuthunde ist auferlegt / mit ergangenen Urtheilen / briefflichen Uhrkunden / und glaubwürdigen Documenten geschehen / und gnugsam bescheiniget werden / das es ferner Zeugnüß nicht bedörffte / da es aber auff ferner Ausführung stehen wil / sol mit der Execution verfahren / und dem Beklagten diese und andere Exceptiones, nach ergangener Hülff / und beschehener wircklicher Bezahlung / gegen den Kläger vorbehalten werden.

[075]
4.

Wann die Schuld / darümb geklagt wird / bekändtlich ist / oder mit der producirten Obligation, oder Vertrage / beweiset werden kan / die gefordeten Zinsen aber nicht verschrieben / sondern darüber gestritten wird: Sol die Executio auff die unstreitige Haupt-Summa erkandt / und der Punct wegen der Rente / biß zu fernerer Beweisung und Erkäntnüß / außgestellet werden.

5.

Wie dann auch / ausserhalb vorgedachter Schuldsachen / alle andere peremptorische und zerstörliche Exceptiones, welche die Hauptsache gäntzlich auffheben / als da syen / mali, quod metus causa, jusjurandi, und dergleichen / allererst nach der Kriegsbefestigung / damit die Sache nicht zulange auffgehalten werde / können und mügen fürgebracht und zu Erkäntnüß gestellet werden.

6.

Es sollen aber solche endliche peremptorische Außzüge / auff einmahl und zugleich / alle vorgetragen werden / es were dann das der Excipient mit seinem Eyde erhalten könte / das er allererst in Erfahrung und Wissenschafft einer Exception kommen were / so wird [076] er damit / (jedoch vor Beschluß der Sachen) gehöret und zugelassen.


TITULVS. XXI.
Von der Exception præscriptionis, oder Verjährungen:
ARTICULUS 1.

Würde Beklagter Exceptionem præscriptionis dem Klägern vorschützen / so dieselbe / nach gestalt der Klage / statt haben / und attendirt werden: Als da die Fürderung auff ein beweglich Gut / es sey geistlich oder weltlich / gerichtet were / und Beklagter solch Gut drey Jahre mit gutem Titul und Gewissen bestehen hätte: So sol / wo fern es ein solches Gut ist / das nach allgemeinen Rechten præscribiret werden kan / die Verjährunge statt haben / und Beklagter von angestalter Klage entbunden werden.

[077]
2.

Da aber die Fürderung wegen unbeweglicher Güter / jährlicher Gülte[21] oder Zinß / wie imgleichen wegen persöhnlicher Verpflichtung oder Schülden / angestellet / und Beklagter zuvor ümb berührte Güter / Zinse oder Schulden / von den Anwesenden in zehen / und den Abwesenden in zwantzig / oder von dem gemeinen Gut / oder Vorstehern der geistlichen Güter / in dreissig Jahren nicht besprochen / oder sonsten deßhalben für die Worthaltende Bürgermeistere / oder die Gerichts-Verwaltere nicht citirt / oder auff andere Wege die obgesetzte Zeit über in mala fide constituirt, und ein böß Gewissen erlangt: So sol auff solchen Fall / Kläger / vermöge Uhralten Stadt-Rechtens / und üblicher Gewohnheit / damit ein jeglicher auff das seine desto fleissiger Acht habe / und die rerum Dominia oder Eigenthum so viel ehe in Gewißheit gesetzt werden mögen / mit solcher seiner Forderung abgewiesen / und Niederfällig erkandt werden / jedoch sollen hierunter die jenige Personal Forderungen / so ihrer Art und Eigenschafft nach / vermüge der gemeinen beschriebenen Rechte / innerhalb zween Jahren / oder geringer Zeit præscribirt werden / als actio injuriarum verbalium, de dolo, und andere / nicht verstanden / sondern es dißfals bey Verordnung der angezogenen gemeinen Rechten gelassen werden.

[078]
3.

Ebener massen sol es auch mit verjährung der servitut oder Dienstbahrkeit / und sonsten allen andern Frey / Recht / und Gerechtigkeiten / wie die Namen haben mügen / auch ohne einigen Unterscheid / ob die causam continuam, vel discontinuam, einen stets wehrenden / oder zu zeiten ruhenden Gebrauch haben / gehalten werden / das wann nemblich jemand dieselbe bey einem andern / oder in eines andern Erb und Eigenthumm / mit dessen Vorbewust und Zulassung / die Zeit über / so nechst hievor von unbeweglichen Gütern gesetzt / nach einer jeden servitut, libertet, oder Juris Art und Gelegenheit ohn verhindert hergebracht / alsdann dabey ruhiglich gelassen / und nicht alleine von deßwegen angestalter Klage sol loß erkandt werden / besondern auch solche præscribirte servitut, Frey oder Gerechtigkeit klagend zu fürderen und zu vindiciren macht haben / wo fern anders kein mala fides und böß Gewissen des præscribenten von dem Gegentheil gebührlich beygebracht und erwiesen würde: Und hingegen / do jemand in obgesetzter Zeit / sich deroselben servitut, Frey oder Gerechtigkeiten / zu begebener Gelegenheit nicht gebrauchet hätte / sol er alsdann / nach Verfliessung solcher Zeit / deroselben servitut, Frey- oder Gerechtigkeit verlustig seyn / es were dann das die Partheyen sich eines andern vergleichen / und solches mit briefflichen Uhrkunden / oder sonsten glaubwürdig zubescheinigen.

[079]
TITULUS XXII.
Von der Wieder-klage.
ARTICULUS 1.

Dieweil gespüret wird / das von etlichen zu Zeiten allein zu dem Ende unbefugte Klagen erhoben werden / damit sie ihren Gegentheil an seiner Rechtmässigen Fürderung / unter dem Schein / das vermüge unsers Stadt-Buchs und alter Gewohnheit / die Wieder-klage vor Erörterung der Convention nicht zugelassen werde / auffhalten mügen: So sol das Gerichte macht haben / wann dasselbe aus der Sachen ümbständlicher Beschaffenheit befindet / das diese Exceptio zu gefährlicher Auffenthaltung der Sachen fürgewendet wird / auff des Beklagten Begehr / dem Klägern den Eydt malitiæ genant / als daß er nicht gefährlich / und zu Verzögerung der Sachen / diese Exception fürwende / zu deferiren / welchen Eydt auch der Kläger / bey verlust der Sachen / zu leisten schüldig seyn sol.

[080]
2.

Nach erstattetem Eyd ist der Kläger auff die Wieder-klage zu antworten nicht schuldig / es sey dann die Klage der Convention gäntzlich geendet / und die Execution darauff erfolget.

3.

Wann aber der Beklagter dero wieder ihn ergangener Urtheil ein Gnügen gethan / sol er mit der Wiederklage gehöret / und der vorige Kläger dem Reconvenienten zu antworten / auch für die Wiederklage Caution, (wie in folgendem Titul. Von Cautionen, etc. verordnet) zuleisten schüldig seyn.

4.

Es sol aber der Wiederkläger seine Reconvention Klage / in Monats Frist nach geendigter convention, anzustellen / und vermöge dieses Gerichts Processes damit zuverfahren pflichtig seyn.

5.

Als auch vermerckt wird / das etliche ihren Gegentheil vor die Bürgermeistere / oder Gerichts-Verwaltere bescheiden lassen / in meynung / damit [081] in Rechten den Vortheil der ersten Klage zu erlangen: So Ordnen und wollen Wir / das durch ergangene Citation die Erstigkeit der Klage nicht sol erlanget seyn / so ferne der Kläger seine Klage in viertzehen Tagen / nach geforderter und erlangter Citation, nicht verfolget.


TITULUS XXIII.
Von der Exception Compensationis.

Nach dem / wegen der Compensation, Zweiffel fürgefallen / ob dieselbe so wenig / als die Reconvention, statt hat: So sol es doch hinfüro in Unsern Gerichten also gehalten werden / das die Compensatio in Krafft einer Solution und Bezahlung / sol zugelassen werden / jedoch dergestalt / so fern der Kläger der Schuld / welche der Beklagter zu compensiren begehret / geständig ist / oder dieselbe mit des Klägers briefflichen Uhrkunden / oder andern glaubwürdigen documenten, alsbald kan bescheinet werden / und bedürffe.

[082]
TITULUS. XXIV.
Von der Exception non numeratæ pecuniæ.

Als dann auch in Zweiffel gezogen / ob wieder unläugbahre Verschreibung / Exceptio non numeratæ pecuniæ, das ist / wann einer / in Hoffnung der Zahlung / seine Obligation und Schuld Verschreibung außgibt / die Bezahlung aber nicht erfolget / statt habe. / Damit nu alle Außzüge aber Weitläufftigkeit in Schuld-Sachen / zu Befürderung der Handthierung und Kauffmanschafft / mügen abgeschaffet / und einem jeden desto schleuniger zu dem Seinen verholffen werden: So wollen Wir / das solcher Einrede ungeachtet / der Debitor seiner außgegebenen und recognoscirten Obligation ein Gnügen thun sol / und hernacher den Creditorn wiederümb besprechen müge / welcher / da er alsdann innerhalb zween Jahren / von dato der außgegebenen Verschreibung anzurechnen / nicht beweisen kan / daß er die Gelder dem Schüldener / ober einem andern / seinent wegen / außgezahlet: So sol er dieselbe [083] Schuld / sampt allem auffgelauffenem Interesse, Schaden und Kosten / zuerlegen schüldig seyn. Da aber / nach Außgang der zwey Jahren / der Debitor beweisen kan / daß er die Gelder nicht empfangen / sol nicht desto weniger der Creditor solche Pfennige dem Schüldener zuentrichten verpflichtet seyn.


TITULUS XXV.
Von Cautionen und Vorstanden zum Rechte:
ARTICULUS 1.

Ein jeder Kläger der in dieser Stadt oder derselben Jurisdiction nicht besessen / oder kein Erbzinß hat / ist auff des Beklagten Begehren schüldig / mit Erbgesessenen Bürgern dieser Stadt / oder gnugsamen Pfanden / einen Vorstand zubestellen / daß er durch sich / oder seinen Anwald / sein Recht oder angestelte Klage allhie verfolgen / auff die Reconvention, wofern einige wider ihn erhoben würde / sich zu Rechte allhie einlassen / und ob er in der Sache fällig

[084] würde / alles darzu er verurtheilt / thun und halten / auch Kosten und Schaden / auff vorgehende Rechtliche Ermessigung / entrichten wolle.

2.

Konte der Kläger zur Wieder-klage die Caution weder mit Bürgen nocht Pfanden bestellen / auch des Geld / so ihm zuerkandt / nicht verbürgen / sol dasselbige bey dem Gericht allhie / biß zu Erörterung der Reconvention Klage / in deposito bleiben.

3.

Ausserhalb der Widerklage / da der Kläger weder Bürgen noch Pfande auffbringen könte / und schweren würde / daß er über angewandten müglichen Fleiß / Bürgen oder Pfande nicht haben könte / so sol er alsdann mit der eydliche Caution zugelassen werden.

4.

Die Vormünde / wann sie Klägers Stelle halten / bestellen Caution bey Verpfändung ihrer Mündlein Güter.

5.

Der Beklagte so er in eigener Person im Gericht erscheinet / und allhie nicht begütert / oder [085] Erbzinß hat / ist / auff des Klägers Begehren / sich in Recht zustellen / und der Sachen Rechtlich außzuwarten / mit Erbgesessenen Bürgern dieser Stadt / oder Pfanden / Caution und Vorstand zubestellen schüldig.

6.

Da aber der Beklagte sein Rechten durch einen andern Anwaldt außführen wolte / ist derselbe / sofern sein Principal ihn nicht in der Vollmacht der Satisdation entfreyet / mit gnughafftigen Bürgen / oder Pfanden / auff des Klägers Begehren / de judicato solvendo zu caviren pflichtig / nemblich / daß er den Beklagten vertheidigen / und in Rechten verantworten / sich keiner Gefährligkeit gebrauchen / und was erkandt / gehorsamlich vollnstrecken wolle.

7.

Hätte der Beklagte in dieser Stadt / oder deroselben Gerichten / Erb und eigen / oder Erbzinß / oder auff des Klägers Anforderung verbürgen könte / daß sein Erb und Güter so hoch frey und unbeschweret / als die geklagte Schuldt sich erstrecken thut: So ist er nicht schüldig dem Kläger einige Caution zu leisten.

[086]
8.

Da aber der Beklagter allhie unbegütert / und kein gnughafftig Erbzinß hat / auch keine gnugsame Bürgen / oder Pfande / für die Schuld stellen kan / der Schuld aber geständig ist / oder mit seiner außgegebenen Handschrifft und Schuld-Verschreibung überwunden und überzeuget werden kan: So mag der Gerichtsverwalter / auff Begehren des Klägers / und von ihm geleistete Caution, das Gerichte schadloß zuhalten / den Beklagten in gefängliche Hafft nehmen / und so lange enthalten lassen / biß die Sache im Gerichte außgeübet ist.

9.

Wer Bürge wird eines Mannes / ihn für Gericht vorzubringen / und kompt dann der Mann selbst für / ohn seinen Bürgen / und beut sich für Gerichte zu Recht / ohn seinen Bürgen / zum ersten / zum andern / und zum dritten Gerichtstage / und mag der Bürge solches hernach bezeugen und beweisen: So ist er von der Bürgeschafft entledigt.


10.

Wer gelobet hat / einen andern vor Gericht zustellen / was Sache es belangen thut / der sol denselben zum negsten Rechtstage für Gericht stellen / thut [087] er daß nicht / so sol er es mit acht Schilling bessern. Bringet er ihn zum andern Gerichtstage abermahl nicht vor / sol er anderweit in acht Schilling Straffe verfallen seyn. Stellet er ihn zum dritten Reichstage nicht vor Gerichte: so sol er nicht allein abermahl in acht Schilling Straffe verfallen seyn / sondern sol auch für den jenigen / welchen er verbürget hat / dem Klägern zu Rechte antworten / gleich als wann der verbürgte zur Stelle wäre / und was erkandt wird /gelten und bezahlen.

11.

Wer gelobet einen vor Gericht zustellen / und nicht länger in der Bürgschafft wil stehen und hafften / sol den / dafür er gelobet hat / auff vorgehende Citation des Gegentheils / damit er mit seiner Nothturfft auch gehöret werde / für Gericht stellen / und so fern das Gegentheil nicht rechtmässige Einsage hätte / sich also der Bürgschafft entledigen.

12.

Verbürget ein Mann den andern / zu einer bescheidenen Zeit im Gericht vorzubringen. Stirbet der verbürgte vor dem Tage der Stellung / und der Bürge seinen Todt zeugen kan / so ist er der Bürgschafft ledig und loß / und des Todten Erben sollen die Schuld bezahlen / so ferne sie das Erbgut empfangen.

[088]
13.

Stirbet ein Pferdt / oder ein ander Viehe / daß man vor Gerichte bringen sol / der Bürge bringe die Haut vor / so sol er damit ledig seyn.

14.

Wer für Eyde zu leisten Bürge wird / und derselbe / der den Eyd thun sol / vor der Zeit stirbet / seine Erben / oder der Bürge / sol den Eyd zu gelobter Zeit leisten / so ferne ihm umb die Sache bewust ist: Aber der Erbe und der Bürge / dürffen nicht anders schweren / dann daß sie gäntzlich gläuben / der Verstorbene sey dem Kläger nichts schüldig gewesen / und daß ihnen davon nichts wissentlich sey. Verweigern sie sich dessen zu schweren / so ist die Schuld / dafür der Eyd gelobt war / auff den Bürgen gewonnen. Es seyn aber des Verstorbenen Erben den Bürgen schadloß zu halten schüldig.

15.

Die Cautiones die durch Güter bestalt seyn / können / auff den Nothfall / durch gleichgültige Güter außgewechselt werden.

[089]
TITULVS. XXVI.
Von dilation / Berath / Vacantz und Ferien:
ARTICULUS 1.

Wann Beklagter keine Exception hat / oder dieselbe ihm aberkandt seyn / und auff vorgehende Citation zu Recht erscheinet / oder seinen Vollmächtigen stellet: so mag er auff angestelte Klage / biß zum nechsten / seinen Berath bitten und haben. Und sol der Kläger auff die ander außgangene Ladung / des Beklagten genommenes Berath einfordern. Würde alsdann der Beklagter nicht erscheinen / sol der Kläger den Beklagten zum dritten mahl citiren lassen / und auff angesetzte Zeit desselben Berath abermahl einfordern. Da alsdann der Beklagte nicht compariren, sondern ungehorsahmlich außbleiben würde / sol der Kläger den Ungehorsahm des Beklagten beschüldigen / und seine Klage für bekandt anzunehmen bitten; darauff dem Beklagten / bey Verlust der Sachen / zu antworten [090] sol auferlegt werden. Da dann der Beklagte zum nechsten Gerichtstage keine Ehehaffte oder Verhinderung fürbringen würde / welche für erheblich und gnugsam erkandt werden könte: so sol er auff des Klägers fernere Anforderung und Bitte / der Sachen fällig / und das jeninge was geklagt ist / zu bezahlen und zu leisten schüldig ertheilet werden.

2.

Djeweil dann auch etliche Tage und Zeit zu der Ehre und Lob Gottes / sein heiliges Wort daran zu hören / und seinen Diensten obzuliegen / angesetzt / darzu auch von Alters hero / gewisse Zeit / redliche Geschäffte und Handthierung zuverrichten / verordnet: So wollen wir / das nachfolgende Ferien sollen gehalten / und in denselbigen die Rechts-Ubung und Handlung eingestellet werden / und in Ruhe stehen.

     Von dem nechsten Rechtstage vor Marien Lichtmessen[22] / biß auff Matthiæ,[23]inclusivè.

     Item zu Faßnacht von dem Sonntag Esto mihi[24], biß auff den Freytag darnach / inclusivè.

     Von dem Freytage oder Rechtstage vor Palmarum[25], biß auff den Montag nach Quasimodogeniti[26], beyde exclusivè.

     Von dem Freytage für Pfingsten / biß auff den Montag nach Trinitatis[27], exclusivè. [091]      Von Viti Tag / als den 15. Junij, biß auff den 28. Tag desselben Monaths / beyde inclusivè.

     Von dem 8. Julij biß auf den 14. Augusti, inclusivè.

     Von dem nechsten Rechtstage vor Feliciani,[28] biß den nechsten Rechtstag nach omnium Sanctorum,[29] exclusivè.

     Von dem nechsten Rechtstage vor Luciae,[30] biß zu der heiligen drey Könige Tag / inclusivè.


3.

Ebenmässig sollen an allen Sonn-heiligen und Feyrtagen / so zu der Ehre Gottes / und Heiligung seines göttlichen Namens eingesetzet / und in dieser Stadt-Kirchen gehalten und gefeyret werden. Imgleichen an den Evangelisten- und Apostel-Tagen / durch das gantze Jahr / alle Rechtliche Processe und Gerichte eingestellet seyn / und an denselbigen gerichtlich nicht gehandelt noch procediret werden: Dagegen sol an allen andern der Heiligen Tagen / gerichtlich gehandelt werden. Es mag aber an den Sonntagen / bey Sonnenschein / den Partheyen die Ladung (wie von undencklichen Jahren hero allhie üblich hergebracht) gegen den Montag zuerscheinen / angekündiget werden.

[092]
TITULVS XXVII.
Von Antwort zur Klage und Kriegs-Befestigung.


ARTICULUS.

Wann die fürgewandte dilatorische / und unverzügliche / oder andere Exceptiones, mit Urtheil aberkandt / oder nach der Kriegs-Befestigung fürzubringen vorbehalten seyn / sol der Beklagte / oder sein Anwaldt / den negstfolgenden Gerichtstag alsbald / ohne fernere Dilation und Verzug / auff die Klage zu antworten / und den Krieg Rechtens mit kurtzen Worten zuverfangen schüldig seyn. Da er nun derselben geständig seyn würde / so ist keines fernern Beweißthumms von nöthen / sondern sol darauff condemnirt und verurtheilt / und Klägern zur Execution verholffen werden. Würde aber der Beklagter litem negativè contestiren, und der Klage gar oder zum Theil nicht geständig seyn / so ist der Kläger alles / was Beklagter verneinet / zu beweisen schüldig.

[093]
TITULVS XXVIII.
Von Beweisung mit lebendigen Kundtschafften oder Zeugen:
ARTICULUS 1.

Der Kläger / oder Beklagte / welcher Zeugen führen wil / sol dergestalt seine Beweisung thun / als er sich vor Gericht berühmet hat / thut er das nicht / er ist seiner Sache niederfällig.

2.

Mit zween oder mehr glaubwürdigen Zeugen / welche in gemeinen Käyserlichen Rechten / als unzulässig / nicht verworffen seyn / kan einer seine Klage und Forderung vollenkömmlich beweisen.

3.

Es werden aber / als untaugliche Zeugen / nachfolgende Personen im Recht außgesetzt und [094] verworffen / die ihres Alters viertzehen Jahre nicht vollenkömmlich erreichet haben / die an ihrer Vernunfft gebrechlich seyn / Meineydige / und die ihres Ampts / wegen ihrer Mißhandlung / entsetzt seyn / die des Landes verwiesen / oder / auff ergangene Urtheil / von dem Scharffrichter an ihren Gliedern gestraffet seyn.

4.

So sollen auch die Eltern für / und wider ihre leibliche Kinder / und hin wieder die Kinder für / und wider die Eltern zu zeugen nicht zugelassen / noch Zeugnüß zugeben gezwungen werden / welches auch in den Eheleuten Statt hat.

5.

Andere Bluts-freunde / die ein ander in dem dritten Gradt verwandt seyn / können sich der Zeugnüß entschüldigen / und darzu nicht gezwungen werden / es wäre dann / daß andere bey den Sachen nicht gewesen / und die Wahrheit nicht anders könte erkündiget werden. Wann sie aber gutwillig Zeugnüß geben wollen / können sie zugelassen werden.

6.

Bittet ein Mann den andern an seine Acht oder Berathschlagung / und offenbahret ihm seine [095] Heimligkeit; wolte man hernacher ihn mit demselben Manne überzeugen / das mag nicht seyn.

7.

Alle und jede Personen / die an der angestelten Rechtfertigung Theil oder Gemeinschafft / Nutz / Gewinn / oder Verlust haben / oder dessen etwas daraus gewertig seyn / mügen in derselben Sache keine Zeugen seyn. Gleicher gestalt mag auch der jenige / welcher mit an der Verwundung gewesen / den andern nicht überzeugen.

8.

So mag niemand höher zeugen / als sein Erb oder Zinß werth ist / und als sein Gebeude über den Erbzinß sich an dem Werth erstrecket.

9.

Hätte aber jemand glaubwürdige ehrliche Leute zu Zeugen vorzustellen / die so hoch nicht besessen wären / als die Sache sich erstrecket / und der Zeugenführer Caution leisten würde / den Schaden / welcher aus falscher Zeugnüß sich verursachen möchte / zu erstatten: So mügen solche Leute in der Sache wol Zeugen seyn / gleich als wann sie selbst hoch gnug gesessen wären.

[096]
10.

Wann der Zeuge / zur Zeit des getroffenen Contracts oder Handels / darzu er beruffen wird / Erbgesessen ist / und hernacher sein Erb oder Zinß verkauft / so sol sein Zeugnüß nicht weniger gültig seyn / als da er Erbgesessen gewesen. Wäre aber der Zeuge / zur Zeit des Contracts oder Handels / unbesessen / und hernacher Erb und eigen / oder Zinß erlangte / der kan kein Zeuge seyn / dieweil er zur Zeit des Handels / davon er zeugen sol / unbesessen gewesen ist.

11.

Ein Frembder kan einen Frembden umb Schuld / die ausserhalb dieser Stadt contrahirt ist / mit frembden guten Leuten überzeugen / wofern der Zeuge an andern Oertern so hoch gesessen / als die Schuld sich erstrecket / und solches sol er mit des Herrn / der Stadt oder des Vogts / darunter des Zeuge gesessen ist / Brieffen beweisen.

12.

Von Verwundungen und Schlägen / die in oder vor dieser Stadt Mühlen geschehen / mügen unbesessene Bürgere / und deroselbigen Knechte / die gute Leute seyn / wol zeugen. Da es aber an anderen Oertern [097] geschehen / mügen sie nicht höher als auff drey Pfundt Brüche Zeugnüsse geben. Ist es aber bey Nachtzeiten geschehen / mügen sie wol von Todtschlag und Verwundungen zeugen / so sie die handthafftige That zeugen.

13.

Welche an eines Mannes Brodt seyn / die können in desselben Sache / sich sich bey Tage zugetragen hat / und andere gute Leute dabey gewesen seyn / nicht zeugen. Wäre es aber bey Nacht geschehen / so werden sie zu Zeugen zugelassen; seyn sie aber zur Zeit / wann sie zu Zeugen fürgestellet werden / nicht mehr in seinem Brodt / so können sie auch zeugen / das jenige was in ihrem wehrendem Dienste geschehen ist.

14.

Ein jeder / dem Zeugen zu führen im Recht zuerkandt werden / oder dieselben / zu Beweisung seiner Klage / abhören lassen wil / ist schüldig / diselben / so sie in dieser Stadt oder dero Jurisdiction seyn / in viertzehen Tagen für zustellen / thut er das nicht / er ist der Zeugnüß verlustig: Es wäre dann / daß er durch Ehehafft und Noth daran wäre behindert; die Ehehafft sol er benennen und beweisen / oder mit seinem Eyde betheuren / und sol alsdann zum nechsten die Zeugen fürstellen. Sein aber [098] die Zeugen ausserhalb unser Bothmäßigkeit / so hat er zu Producirung derselben sechs Wochen: Seyn sie aber in einem frembden Königreiche / so sol er dieselben innerhalb Jahrs und Tages / bey Verlust seiner Gezeugnüß / vorzubringen schüldig seyn. Da aber der Zeugenführer in beyden letzten Fällen längere Zeit bedürffte / sol er dieselbige Gerichtlich bitten / welche ihm alsdann / nach angehörter seines Gegentheils Einrede / und gestalten Sachen / zu- oder aberkandt werden sol.

15.

Gleichmäßige Dilation wird dem jenigen gegönnet / der sich auff einen Warendt oder Bürgen / der für die Eviction gelobet hat / ziehen thut / und da der Beklagter den Warendt in bestimbter Zeit nicht producirt, wird er niederfällig erkandt.

16.

Da ein oder mehr Zeugen frembder Bottmäßigkeit unterworffen / sollen dem Zeugenführer auff sein Anruffen von uns dem Rath / oder den Richte-Herren / Compaß-Brieffe mitgetheilet / und die Beweisungs-Articul / sampt der Zeugen Namen / eingeschlossen / dem Richter / darunter die Zeugen wohnen / überschicket / und nach Verhörung der Zeugen / ihre Aussage wiederumm [099] unter der Obrigkeit Siegel verschlossen / anhero ins Gericht gesandt werden.

17.

Wo aber der Gegentheil Uhrsache fürbrächte / daß die geforderte Gezeugnüß durch den andern gefährlicher Weise begehret würde: so mag das Gericht demselben den Eyd aufflegen / daß er solches allein seiner erheischenden Nothdurfft nach / und zu keinem gefährlichen Verzug der Sachen / gethan / und auff geleisteten Eyd sollen ihm Compaß-Brieffe mitgetheilet werden.

18.

Wann die Zeugen allhie zur Stete erscheinen / oder allhie wohnen / sollen sie / wie imgleichen auch der Gegentheil / durch den geschwornen Gerichts-Diener / auff den / von den Gerichts-verwaltern bestimmten Tag und Mahlstette / citirt und erfordert werden / auch zuerscheinen schüldig seyn.

19.

Wo aber ein oder mehr ungehorsam seyn / und Zeugnüß zugeben / ohne erhebliche Uhrsache / sich verweigern würden: So sollen die Richte-Herren denselben von Gerichtswegen / bey Straffe dreißig Marck [100] Lübisch / solches nochmahlen aufferlegen. Und da sie in ihrem Ungehorsahm verharren würden / die Pöen unverzüglich exequiren, und sie die Zeugen nicht destoweniger durch grössere Pöen, Pfandung oder Straffe / Zeugnüß zu geben angehalten werden.

20.

Wann das Gegentheil zu dem vorhabenden Examine, auff einen gewissen Tag und Stunde citiret ist / und nicht erscheinet / sollen die Gerichtsverwaltere nicht destoweniger die Zeugen im Eyd nehmen / und mit dem Examine verfahren / wie hernacher folget.

21.

Wann die Zeugen erscheinen / sollen sie von Zeugenführern / oder seinem Anwalde / fürgestellet / und auff vorgehende Vermahnung und Verwarnung / wegen Straffe des Meineydts / den Zeugen Eyd in der Form als in nechstem Titul folget / persöhnlich leisten / wofern sie dessen von dem Gegentheil nicht erlassen werden.

22.

Und da die Sache hochwichtig / Leib und Lebens Straff auff sich trägt / oder schwere Injurien, und ansehnliche Erbschafft belangen thut / sollen die [101] Gerichtsverwaltere die gedrückte Vermahnung und explicationem des Eyds / den Zeugen vorlesen / und darauff den Eyd leisten lassen.

23.

Wann für Bürgermeistern / Gerichtsverwaltern / oder deputirten Commissarien, gütliche Handlung gepflogen / und nichts verabscheidet / sondern die Sachen durch vorgedachte Raths-Personen für Gericht gewiesen werden / und die Partheyen hernach die Bürgermeister / Gerichtsverwalter / oder verordnete Commissarien / ihrer vor ihnen beschehener Vorträge und verlauffener Händel halben / für Zeugen benennen und fürstellen wolten: so sollten sie in den Fällen / da sie in der Häuptsachen nichts verglichen oder verabschiedet haben / wegen der Sachen die vor ihnen gehandelt / Kundschafft zu geben nicht schüldig seyn / auch von Gerichtswegen darzu nicht gedrungen werden.

24.

Da sie aber Amptshalben / oder aus Befehl und Verordnung des Raths / die Partheyen vertragen / und solches verzeichnet hätten / wird demselben vollenkommener Glaube beygemessen. Hätten sie es aber in Schrifften nicht verfasset: sollen sie / auff der Partheyen Begehren / der getroffenen Vergleichung und [102] Abscheids halben / ihres Wissens Kundschafft zu geben schüldig seyn / jedoch / daß sie mit neuer Beeyedung nicht beladen / sondern bey ihrem geleisteten Raths Eyde gelassen werden / und was sie also / vermittelst ihres Rathes Eyds / zeugen und aussagen werden / darauff / sol im Gericht erkandt werden.

25.

Wann zweene Raths-Personen zu einer Sachen vom Rath deputirt seyn / und dieselbe gütlich vertragen wird / stürbe darnach einer von denselben / so mag der Lebendige wol allein Kundschafft geben / in massen obgedacht / und solches sol stett gehalten werden.


26.

Nach Bereydung der Zeugen / sollen die Gerichts-Verwaltere die Partheyen abweisen / unn einem jeden Zeugen insonderheit die gemeine Fragstücke (wofern der Zeugenführer keine übergeben hätte) vorhalten / und da der Gegentheil besondere Interrogatoria überreicht hätte / einem jeden Zeugen darauff mit Fleiß befragen / und seine Aussage durch den Protonotarium, im fall die Zeugnüß vor dem Rath erkandt / oder der Gezeugen Aussage / an frembde Gericht sollen verschicket werden. Da aber die Attestationes vor den Unter-Gerichten [103] allhie gebraucht werden sollen / durch den geschworenen Gerichts-Schreiber verzeichnen und auffschreiben lassen. Folgends einem jeden die Beweiß-Articul deutlich / unterschiedlich und verständlich fürlesen / und darauff ordentlich befragen; und wann der Zeuge den Articul wahr sagt / umb Uhrsache seiner Wissenschafft fragen / und dieselben dem Examini fleissig einverleiben lassen: Sagt aber der Zeuge zu dem Articul nein: sol es dabey gelassen / und umb weitere Umbstände nicht gefraget werden.

27.

Wann der Zeuge auff die Fragstücke und Beweiß-Articul abgehöret ist / sol demselben die Aussage von Anfang biß zu End / ehe er weg gelassen wird / fürgelesen / damit aller Mißverstandt / so leichtlich im Schreiben fürfallen möchte / gäntzlich auffgehoben werde / und ihm alsdann ein Stillschweigen aufferlegt werden / niemand das jenige / was er gezeuget / zu offenbahren.

28.

Und dieweil ohne Eydsleistung / der Gezeugen Aussage / zu Rechte nicht gültig seyn / so sollen hinführo der Zeugen Aussage / welche vor den Notarien auffgenommen / in unserm Gericht nicht attendirt, sondern gäntzlich verworffen werden. [104] Der Gezeugen Aussage sollen in geheim bey dem Gerichte bleiben / biß der Beklagte seinen Gegenbeweiß / so er einigen zu führen bedacht / verführet hat / und sol es mit des Beklagten Gegenbeweiß durch aus und in allem gehalten werden / wie zuvor gemeldet.


TITULUS. XXIX.
Von der fürgestelten Zeugen Beeydigung:

Ein jeder Zeuge / sol zu GOtt dem Allmächtigen schweren / daß er in der Sache / darin er zu Zeugen fürgestellet und befraget wird / auff einen jeden Articul / und Fragstück / die reine lautere Wahrheit sagen wolle / so viel ihm kundt und wissend ist / und darinne nichts verhalten oder verschweigen / weder umb jenige Geschenck / Gabe / oder auch Freundschafft oder Feindschafft / Haß / Furcht / Liebe und Leid / noch sonsten einigerley Uhrsachen halben / wie die von

[105] Menschen Sinnen erdacht werden möchten / ohne Gefährde. Darauff der Zeuge mit außgestrecktem Arm / und auffgerichten Fingern / nachsprechen sol: Was mir itzo vorgehalten und vorgelesen ist / dem wil ich also nachkommen / so war helff mir GOtt und sein heiliges Wort.


TITULVS. XXX.
Von Beweisung mit schrifftlichen Uhrkunden:
ARTICULUS 1.

Hätte jemand Siegel und Brieffe / Handschrifften / Willkühr / Verträge / oder andere glaubwürdige Uhrkunde / und dieselbe im Gerichte / zu Beweisung seiner Klage oder Exception producirte, so sol der Gegentheil / im Gerichte / oder bey Abhörung der Zeugen / vor den Gerichts-Verwaltern / ohne Außflucht / seine außgegebene Siegel / Brieffe und Handzeichen recognosciren und erkennen / oder da er seine Hand und Siegel verleugnen würde / vermittelst Eyds betheuren / daß es seine Hand und Siegel nicht sey.

[106]
2.

Würde aber der Kläger oder Beklagte / auff bestimbten Tag / Hand und Siegel nicht recognosciren, sondern ungehorsamlich außbleiben / es wäre dann / daß ihm solches die Noth benehme / so sol das Siegel und Unterschrifft der fürgebrachten Verschreibung / in contumaciam[31] für bekandt / und die Sache für beschlossen angenommen / und mit Gerichtlicher condemnation und execution, oder absolution, wie Recht ist / verfahren werden.

3.

Was für dem Rathe in offener Audientz / an Erb und Eigen / Hauptstuel und Rente verlassen / und in dieser Stadt Erb- oder Rentebuch geschrieben / und in Jahr und Tag nicht angefochten / und davon unter des Secretarii Hand ein Extract im Gericht fürgelegt wird / dagegen kan niemenad einige Einrede thun / es were dann der jenige welcher daran interessirt, ausserhalb Landes gewesen / der wird von der Zeit an / das er solches erfahren / innerhalb Jahrs und Tages billig zugelassen. Die Zeit aber seiner erlangten Wissenschaft / sol er / auff des Gegentheils Begehren / mit seinem Eyde erhalten.

[107]
4.

Wann die Original-Verschreibung / oder andere von den Parten vollenzogene Verträge / gerichtlich producirt und recognoscirt werden: So sol der Gericht-Schreiber / oder Protonotarius des Obern-Gerichts / die recognition, und was sich dabey zuträgt / ad Acta registriren, und die Originalia gedoppelt Abcopiiren lassen / dieselben collationiren, und mit seiner subscription[32] bezeugen / das sie dem Original gleichlautende / und davon eine apud Acta behalten / die andere dem Gegentheil zustellen / und sol solche subscribirte Copia dem Original gleich gelten.

5.

Würde jemand zu seiner Beweisung ein Vidimus oder Transsumpt[33] unter einer Obrigkeit Insiegel gerichtlich produciren, und der Gegentheil zu solcher Vidimirung nicht erfordert were / und derselbe dawieder excipirte: So stehet zu des Gerichts Erkäntnüß / wofern dem Transsumpt Glauben beyzumessen sey.

6.

Wann Kauffleute / und die jenigen so offene Kramm und Laden halten / auch Brauere / ihre Schuld- und andere Handels-Büchere / zu Beweisung ihrer [108] daselbst eingeschriebenen Schülde und Handlung / Gerechtlich produciren, und dieselben Kauf- und Handelsleute in ihren Gewerben auffrichtig befunden / und eines guten Namens und Leumuths seyn / auch ihre Handelsbücher ordentlich und richtig / ehrbahrer Kauffleute Gebrauch gemäß / gehalten / und darin nicht allein creditum, sondern auch debitum, mit Benennung Jahrs / Monats und Tags / geschrieben / die Uhrsache der Schuld gemeldet / und dieselbe Schuld nicht übermässig / und der Gegentheil solche Bücher durch keine Gegenbeweisung / oder rechtmässige Vermuthung / kan ablehnen: so wird ihnen / in Sachen ihr Gewerb und Handthierung belangend / so viel Glaubens gegeben / daß dem Producenten der Eyd / zu völliger Beweisung / zuerkandt werden mag.

7.

Da aber der Kauff- und Handelsmann / der eines guten Nahmens gewesen / todts verfahren wäre / und seine Handels-Bücher / in massen wie vorgedacht / gehalten hätte / sol denselben Büchern nach seinem Todt vollkommener Glaube gegeben / und darauff erkandt werden.

8.

Missiff- und Send-Brieffe / welche der eine Kauffmann dem andern abwesend zuschreibet und [109] zuschicket / sollen im Gericht / wann sie recognoscirt werden / vollenkommenen Glauben haben / und denselben der sie geschrieben hat / gnugsam überweisen.

9.

Wann Verträge / Brieffe oder andere schrifftliche Uhrkunde bey einem Theil in Verwahrung seyn / und der ander Theil daran interessirt, und ihnen beyden gemein seyn / oder sonst auff ihrer beyder Unkosten gefertigt / so sol der Einhaber dieselben / nach Erkändnüß des Gerichts / zu ediren und heraus zugeben schuldig seyn.



TITULVS. XXXI.
Von Kundschafft oder Verhör der Zeugen zu ewiger Gedächtnüß:
ARTICULUS 1.

Wiewol Zeugen oder Kundschafften zu Recht / vor Befestigung des Kriegs nicht zugelassen noch auffgenomen werden sollen /

[110] Jedoch / weil die Rechte etliche Fälle / als da die Zeugen mit sorglicher Leibes-Schwachheit / oder hohem Alter / beladen weren / und sonst ferne Reisen / sonderlich zur See / für hätten / das man ihrer Wiederkunfft sich nicht so bald zu vermuthen / oder auch gefährliche Sterbens-Läuffte / insonderheit die Pest / vorhanden / und dergleichen außnehmen: So sollen und mögen in solchen Fällen / auch Vorbefestigung des Kriegs / die Zeugen ad perpetuam rei memoriam,[34] jedoch auff vorgehende Citation des Gegentheils / wider welchen sie geführet werden sollen / fürgestellet und verhöret / oder an fremmde Gericht derhalben Compaß-Brieffe mitgetheilet werden.

2.

Da aber der Gegentheil / auff bestimmten Tag nicht erscheinen würde / sollen nicht desto weiniger die Zeugen verhöret / und derselbigen Aussage bey dem Gericht / biß sich dieselbe zueröffnen gebühret / in geheim behalten werden.

3.

Wo aber der Kläger innerhalb Jahres Zeit nach auffgenommenem Beweiß / seine Klage gerichtlich nicht fürbringen würde / sol die geführte Zeugnüß erloschen und Unkräfftig seyn / er were dann das der Kläger / wegen Abwesenheit des Beklagten / oder sonsten [111] aus Rechtmässigen Uhrsachen / seine Action anzustellen verhindert würde.

4.

Der Beklagte aber mag sich solcher Zeugnüß in Rechten allezeit zu seiner Nothdurfft gebrauchen.



TITULUS. XXXII.
Von Publication und Eröffnung geführter Beweisung / und Einreden wider die geführte Kundschafft:
ARTICULUS 1.

Nach geführter Beweisung / sol Kläger den Beklagten Citiren lassen / und die Eröffnung der geführten Beweisung mündlich bitten / und so fern die Gegenbeweisung vollnführet / sol so wol des Klägers als Beklagten Zeugnüß eröffnet / und auff des einen oder andern Theils

[112] Begehren / offenes Gerichts alsbald verlesen / oder auch ihnen Copey mitgetheilet werden.

2.

Würde aber der Gegentheil mit Einbringung seiner Zeungnüß säumig befunden / oder hätte in gebührender Zeit seine Zeugen nicht abhören lassen / auch keine Ehehaffte Entschüldigung angezeigt / sol des gehorsamen Theils Zeugnüß in contumaciam[35] eröffnet / und des ungehorsamen Theils Zeugnüß hinführo nicht zugelassen werden.

3.

Es stehet aber zu des Klägers Gefallen / ob er nach beschehener Verlesung der allerseits geführten Beweisung / alsbald handelen / oder Dilation biß zum nechsten bitten wil.

4.

Gleichergestalt mag der Beklagte / auff den Fall da der Kläger alsbald handeln würde / in continenti[36] antworten / oder Dilation biß ad proximam bitten / und alsdann ist er schüldig / seine Exceptiones wider der Zeugen Person und Aussage / so er einige zu haben vermeinet / Gerichtlich vorzubringen; Darauff der Kläger [113] repliciren und Antworten / und zum Urtheil schliessen / der Beklagter gleicher gestalt dupliciren und zum Urtheil submittiren sol.

5.

Wo das Part / wider welches die Zeugen geführt / sich nicht protestando für Verhörung vorbehält / contra personas testium zu excipiren, sol es nach Eröffnung damit nicht zugelassen werden.

6.

Da auch der jenige / gegen welchen die Beweisung geführt / auff außgegangene Citation im Gericht nicht erscheinen würde: So sol nicht desto weiniger auff die verlesene Zeugnüß erkandt werden was Recht ist.

7.

Nach Eröffnung der Beweisung sollen die Partheyen zu einiger fernern Zeugnüß auff dieselben Articul / oder die denselben gestracks wiederwärtig / nicht zugelassen werden. Wo sie aber neue Articul / oder aber den vorigen nicht gestracks entgegegen / hätten / mügen die vorigen Zeugen auffs neue / da es die Nothdurfft erfordert / auff vorgehende Erkäntnüß des Rechten / verhöret werden.

[114]
TITULUS XXXIII.
Von Beweisung durch Augenschein:
ARTICULUS.

Wann die Irrung also geschaffen / das dieselbige ohne den Augenschein nicht wol könte eingenommen oder erörtert werden: So sollen zwo / oder nach Gelegenheit der Sachen / mehr Raths-Personen des Kirchspiels / in dem das streitige Gebäute oder Ort belegen / die Irrung / neben geschwornen Zimmer- und Mauerleuten in Augenschein nehmen / und auff ihren Eydt / wie sie die Sache befunden / im Gerichte relation thun / darauff als dann erkandt werden sol / was Recht ist.

[115]
TITULVS XXXIIII.
Von Beweisung durch der Partheyen Eydt:
ARTICULUS 1.

Wann der Kläger zu Anfange seiner Klage vor der Kriegsbefestigung / sich keines Beweises berühmet / sondern dem Beklagten das jenige darümb er ihn beschüldiget / in sein Gewissen schiebet: So ist der Beklagter den Eydt zum nechsten Gerichts-Tage zu leisten schüldig / thut er das nicht in bestimmter Zeit / so ist er der Klage überwunden / und sol gegen ihm mit der Execution verfahren werden / es were dann / daß er durch Ehehaffte Noth in bestimbter Zeit zu erscheinen verhindert were / die Ehehafft sol er benennen / und dieselbe mit dem Eyde betheuren / und sol nichts desto weiniger den nechsten Rechtstag den deferirten Eydt leisten.

[116]
2.

Wann der Kläger dem Beklagten die Sache in das Gewissen gestellet / und derselbe den Eydt noch nicht geschworen hat / mag der Kläger sich der Beweisung / welche er nach dem deferirten[37] Eydt erlangt und gefunden / gebrauchen.

3.

Es mag aber der Beklagter den deferirten Eydt / dem Kläger wieder anheim schieben / und muß alsdann der Kläger schweren / und seine Klage mit seinem Eyde beweisen und bestercken. Würde aber der Kläger sich dessen verweigeren / und zum nechsten Rechtstage den Eydt nicht leisten: So wird der Beklagte / mit Erstattung der Gerichtskosten / von angestalter Klage loß getheilt / und mag in diesem fall der Kläger / zu Vertrettung seines Gewissens / oder zu Ergründung seiner Klage / keine Beweisung führen / sondern ist den deferirten Eyd zu leisten schüldig.

4.

Da auch der Beklagte sein Gewissen mit Beweisung vertreten wolte / und könte / ist er den Eyd zu leisten nicht schüldig / sondern mag sich der Beweisung gebrauchen / und da er keine gnugsame Beweisung [117] führen könte / mag er gleichwol den deferirten Eyde nochmahls schweren.

5.

Hätte aber der Beklagte keine Beweisung / und wolte auch den deferirten Eyd dem Kläger nicht wieder anheim schieben: So mag er von dem Kläger den Eyd für Gefährde forderen / das er ihn auff sein Gewissen in der Klage gefährlich nicht beschüldiget habe / solchen Eyd ist der Kläger / ehe und zuvor der Beklagte den zugeschobenen Eyd thut / auff vorgehende Citation zu leisten schüldig. Würde er aber Ungehorsamlich nicht erscheinen / oder thäte sich des Eyds vor Gefährde weigeren: So sol der deferirte Eyd für geschworen geachtet / und der Beklagte von der Klage entbunden werden.

6.

Würde der Beklagte in bestimmter Zeit nicht schweren / oder sein Gewissen mit Beweisung vertreten / oder auch den Eydt nicht wieder anheim schieben: So wird er billig der Sachen verlustig ertheilet.

7.

Were auch der Beklagte den Eyd zu bestimbtem Rechtstage zu leisten erböthig / und sein [118] Gegentheil auf vorgehende Citation, nicht erscheinete: So mag er er gleichwol seinen vorgestalten Eyd leisten / und damit ledig sein.

8.

Hat auch der Kläger den Beklagten des deferirten Eyds erlassen / und er das bezeugen können / so ist er ledig / gleich als wann er den Eyd wircklich hätte praestiret.

9.

Wann ein unberüchtigter Mann einer Mißhandlung halben / die in dieser Stadt oder deroselben Gebiete geschehen / beschüldiget wird / und derselbige mit handhafftiger That nicht ist betreten / oder der Bezüchtigung / wie Recht / nicht überzeuget werden kan / der ist näher sein Ehre und Unschuld mit seinem Eyde zuverbitten / als jemand ihm dieselbe abzuwinnen hat / Aber leichtfertigen berüchtigten Personen / oder Verfesteten / oder die ihrer Unthat halben angezeichnet seyn / sol es zum Eyde nicht gelassen werden.

10.

Ein jeder dem der Eyd deferiret und aufferlegt wird / ist schüldig / den Eyd in der Person zuleisten / und da eine Frau vor Gericht oder Rath beklaget [119] wird / und ihr der Eyd zugeschoben oder zu erkant wird / denselben sol die Frau selber thun / und nicht ihr Mann oder Vormund.

11.

Beklaget jemand seines verstorbenen Schüldeners Erben und Schuld / und sich keines Beweises berühmet / so sol er zuvor auff des Beklagten Begehren / den Eyd vor Gefährde leisten / und alsdann seyn die Erben zu schweren schüldig / daß sie gäntzlich gläuben / der Verstorbene sey dem Kläger nichts schüldig gewest / und daß ihnen davon nichts wissentlich sey. Wollen sie aber schweren / daß der Verstorbene Klägern mit der geklagten Schuld nicht sey verhafftet blieben / das mügen sie wol thun / so fern sie dessen Wissenschafft haben / und Uhrsache derselben anzeigen können. Wolten Sie aber nicht schweren / sondern dem Kläger den Eyd referiren, so ist derselbe die Schuld mit seinem Eyde zuerhalten pflichtig / oder da er sich dessen weigerte / sollen die Erben von der Klage entbunden werden. Verweigerten sich aber die Erben zu schweren / und auch den Eyd dem Kläger heim zu schieben / so sol das Gerichte / Klägern den Eyd deferiren, und nach geleistem Eyde / die Beklagte fällig ertheilen.

[120]
12.

Würden die Kinder / wegen ihrer Eltern Schülde / beklaget / und der Kläger sich mit dem Beweißthum / das die Kinder ihre Eltern geerbet / nicht beladen / sondern die Sache auff der Beklagten Gewissen und Eyd stellen wolte / und aber sie nicht beweisen könten / das sie sich der Erbschafft verzeihet / oder dieselbe cum beneficio Inventarii addiirt: So seyn sie schüldig / mit ihrem leiblichen Eyde zu betheuren / das sie sich ihrer Eltern Erbschafft nicht angemasset.

13.

Wann der jenige / dem der Eyd deferiret, oder durch Urtheil zu schweren aufferlegt / den terminum bey seinem Leben und Wolmacht nicht verfliessen lassen / sondern sich darzu anerbothen / aber bey wehrender Rechtfertigung verstorben were: So sol dasselbe sein Anerbieten dafür gehalten werden / als hätte er den Eyd wircklich erstattet / und dürffen die Erben nicht schweren.

14.

Knechte und Mägde / welche beweisen können / das sie gedienet haben / können von ihrem Wirthe oder Wirthinnen / oder nach deroselben Todt / ihr Lohn bey ihren Eyden erhalten. Gleicher gestalt mag der Eigenthümer / [121] oder der ein Hauß / Garten / oder ander Gut verheuret hat / wo der Häurling die Haure ihm verleugnet / eines Jahres Haure / welche der Häurling ihm zu geben versprochen / mit seinem Eyde erlangen / es were dann das der Häurling beweisen könte / das er die Haure bezahlet hätte.

15.

Beschüldiget ein unberüchtigter Wirth seinen Gast / ümb Kost und Bier / kan der Wirth bezeugen / das er an seiner Kost gewesen / so mag der Wirth schweren / wie viel der Gast ihm vor Kost und Bier schüldig sey / und das sol er ihm bezahlen / doch mag er nicht mehr als eines Jahres Kost bey seinem Eyde erhalten / und diese Forderung sol der Wirth innerhalb zween Jahren / nach der Zeit das der Gast von ihm gescheiden ist / anstellen / so fern sie beyde hie zur Stette seyn / thut er das nicht / so ist der Gast von der Klage ledig / es were dann das es mit Liebe und Freundschafft were bestehen blieben / und solches mit besessenen Leuten könte bezeuget werden / oder der Wirth mit seinem Eyde erhalten würde.

16.

Hätte der Kläger durch einen glaubhafften Zeugen / oder sonst bey nahe semiplenè den Grund seiner Klage erwiesen / mag er sich zum Eyde zu vollnkommener [122] Beweisung / erbiethen / und da gleich solch Erbiethen nicht geschicht / sol doch zu Rechtlichem ermessen stehen / nach fleissiger Betrachtung aller Umbstände der Personen und des Handels / dem Kläger oder dem Beklagten / vermüge gemeiner Rechten / solchen Eyd auffzulegen.

17.

Beschüldiget jemand den andern ümb Schaden / und der Beklagte dessen geständig: So ist er denselben zu besseren schüldig / verleugnet er aber / und der Kläger beweiset / das er den Schaden gelitten / so mag er den erlittenen Schaden schätzen / und der Richter sol denselben mässigen. Wann aber der Richter die taxation[38] gemässiget / ist der Kläger mit seinem Eyde zu erhalten schüldig / dz sein angegebener Schade nicht weiniger gewest sey.

18.

Wann der Kläger oder Beklagter den deferirten oder wieder heimgeschobenen Eydt geschworen / so sol darauff alsbald / was Recht ist erkandt werden.

[123]
TITULVS XXXV.
Von Findungen und Urtheiln des Niedern-Gerichts.


ARTICULUS 1.

Wann in einer Sachen Kläger und Beklagter zu bey- oder End-Urtheilen geschlossen / sollen die Partheyen / und die denselbigen Verwandt / abtreten / und Bürgere und Dingleute / auff angehörte Klag / Antwort / und geführte Beweisung / erkennen / was billig und recht ist / und in dem dieses Stadt Recht und Recesse in guter Auffacht haben.

2.

Was alsdann gefunden und eingebracht wird / sol der Gericht-Schreiber getreulich und fleissig protocolliren, und zur verhütung aller Mißverständnüß / den Bürger und Dingleuten / wie er die Findung eingenommen und verstanden / vorbehalten und anzeigen.

[124]
TITULVS. XXXVI.
Von Expensen und Gerichtskosten:
ARTICULUS 1.

Nach dem die tägliche Erfahrenheit / leider / bezeuget / das viel hadersüchtige Leute aus lauterm Frevel und Muthwillen / unbefugte Rechtfertigung erheben / auch nicht weiniger befunden werden / die viel lieber mit Recht wollen besprochen werden / als gutwillig leisten / was sie von Rechtswegen zu thun schüldig seyn / und solches dahero verursacht worden / das die freventliche muthwillige Litigantes und Pleiters / in die Gerichtskosten nicht sein condemnirt, viel weiniger gegen dieselben mit Straffe verfahren: So sol hinfüro das Gericht / bey Einbringung der Findung / und Verfassung der Urtheile / vermöge beschriebener Rechte / nicht allein der Expensen, Schaden / Früchte / Abnützungen / auch Zinsen und Rente / wo fern sie gebeten / außdrücklich gedencken / dieselb ab- oder oder zusprechen / [125] und stilschweigend nicht übergehen / sondern Wir wollen auch / da die Sache an Uns gelangen solte / den verlustigen Theil / nach befindung desselben Muthwilligkeit / in eine benante Straffe dem Fisco zuerlegen / condemniren.

2.

Die Condemnatio und Ertheilung in die Expens, sol allezeit geschehen / wo fern nicht klärlich zu spüren / das der verlustige Theil zu litigiren erhebliche gute Uhrsachen gehabt / auff welchen fall dieselben compensirt und auffgehoben werden.

3.

Und sollen hinfüro die Procuratorn / zu Anfang der angestelten Rechtfertigung / nicht allein von den Gerichtskosten protestiren, sondern dieselben / wie sich vermüge der Rechte gebühret / ihren Principalen zu adjudiciren bitten / oder hernacher damit nicht gehöret werden.

4.

Wann von der Findung nicht appelirt wird / oder gestalten Sachen nach nicht appellirt werden mag / sol der gewinnende Theil eine glaubliche unterschiedliche Verzeichnuß der auffgewandten Gerichtskosten [126] / im Gerichte gedoppelt übergeben / dawider mag der verlierende Theil seine Exceptiones einwenden / und sol das Gericht nicht allein Macht haben / solche Expensen zu moderiren, sondern auch / nach geschehener taxation und Mässigung / und darauff erfolgter Eyde (das der obsigender Theil in der Sachen / die taxirte Gerichtskosten darob / und nicht darunter / außgegeben und erlitten habe) dem gewinnenden Theil / so wol zu dem / was durch das Urtheil in der Häutpsache erkandt / als auch zu den moderirten Expensen, Schäden und Renten / vermittelst der Execution, verhelffen.


TITULUS. XXXVII.
Von der Appellation an den Rath / und in welchen Fällen die nicht gestattet wird:
ARTICULUS 1.

Wer von gesprochener Urthel des Unter-Gerichts an den Rath Appelliren wil / der sol solches / nach alter Gewohnheit / mit Darlegung sechs [127] Schilling Lübisch / auff stehendem Fusse / und alsbald thun / oder innerhalb zehen Tagen / bey dem Worthaltenden Bürgermeister suchen / thut er das nicht / so sol mit der Execution verfahren werden.

2.

Es mag aber in nachgesetzten Fällen / an das Ober-Gericht nicht appelliret werden: Ersttlich / wann die erhobene Klage sich über dreissig Marck Lübisch nicht erstreckt. Zum andern / wann die Sache Verfolgung der Erbe / wegen auffgeschlagener Rente / und seines selbst Eigenthums / betrifft / jedoch / da in diesen letzten Fällen / ein ander / seines kundbahren Interesse halben / sich beschwert befünde / mag ihm die Appellation nicht verweigert werden. Zum dritten / wann die für den Worthaltenden Bürgermeistern und Gerichts-Verwaltern / von den Beklagten beschehene Wilkühr / im Niedern-Gerichte affterfolgt und belegt werden / sondern sol dem verlustigen Theil / denen in vorgedachten Fällen ergangenen Urtheln in viertzehen Tagen zu pariren, und Folge zu leisten aufferlegt / und Gedagdingt werden / und da hierin einige säumnüß befunden / und der gewinnender Theil sich darüber beklagen würde / sol gegen den verlustigen Theil mit der Execution unnachlässig verfahren werden.

[128]
3.

In allen andern Sachen / da die Appellation zugelassen / sol der Appellant oder sein Anwald / den Worthaltenden Bürgermeister ümb citation wider den Appellaten, ersuchen / und die interponirte Appellation den andern Urtheils-Tag / nach gesprochener Findung / für dem Obern-Gericht / so fern der Rath Audientz halten wird / fürbringen / oder da daran säumig seyn würde / seiner Appellation fällig seyn / es were dann / das er daran durch Ehehafft verhindert würde / welche er mit seinem Eyde erhalten sol / oder das der Rath alle Appellationes nicht hören könte / auff welchen fall sol der Appellant, oder sein Anwald / von seinem Fleiß protestiren, und die protestation durch den Gerichts-Protonotarium, und Secretarium verzeichnen lassen / und die protestation, so offt er nicht gehöret werden kan / wiederholen.

4.

Die Procuratores und Anwalde sollen die Jüngsten Appellationes den Eltesten nicht vorziehen / sondern sich hierinne der Rollen / auff gestalt und weise / als hie oben sub Titulo. Von Procuratorn, etc. Articulo Octavo verordnet / durchaus gemäß verhalten.

[129]
5.

Wir stellen auch den Appellanten und Appellaten frey / ob sie mit gerichtlicher producirung und Verlesung dero im Niedern-Gericht ergangener Findung / und geübten Acten, ohne einig neu Einbringen / zum Urtheil schliessen / und Unsere gerichtliche Erkäntnüß darüber erwarten / oder aber sich des beneficii Appellationis, non deducta deducam, etc. gebrauchen wollen.

6.

Da dann der ein oder ander Theil für Uns die Sache von neuen fürbringen / und deroselben Nothdurfft ferner ausführen wolte / sol solches von den Appellanten, wann er seine Appellation fürbringen wird / Mündlich / oder durch eine Supplication geschehen / und der Gegentheil entweder alsbald / oder zum nechsten / darauff zu Antworten schüldig seyn. Und auff den fall / wann der Sachen Nothdurfft in eine Supplication verfasset: Sol der Procurator oder Anwald / bey Peen zwo Marck Lübisch / des mündlichen Fürbringens sich enthalten / und nach Verlesung dersoselben / zuerkennen bitten / wie darin gebeten.

7.

Bedürfft aber der Appellant oder Appellat noch ferner Beweisung / sol ihm dieselbe durch Zeugen [130] über die vorige oder andere Articul zuführen zugelassen seyn / und damit verfahren werden / wie hieroben sub Titulo 28. von Beweisung mit lebendigen Kundschafften gesetzt / und fürder die termini, wie in erster Instantz geordnet / gehalten / und darauff geurtheilt werden.


TITULVS. XXXVIII.
Vom Obern-Gericht / und Sachen / die daselbst in erster Instantz anhängig gemacht werden:
ARTICULUS 1.

In allen Sachen die nicht peinlich seyn / oder die sonst ihrer Art und Eigenschafft nach / in erster Instantz an das Nieder-Gericht nicht gehören / als dieselben in dieser Gerichts-Ordnung sub Titulo 12. Was Sachen vor das Nieder-Gericht in erster Instantz gehören / etc. specificirt seyn / ist ein jeder / er sey Bürger / Einwohner oder Frembder / in Fällen da er allhie Dingpflichtig / vor dem Rath dem Klägern in Recht zu antworten schüldig.


[131]
2.

Wann der Kläger seine Klage Mündlich fürbringet / und der Beklagter gleicher gestalt seine Exception und Verantwortung Mündlich einwendet: Sol es damit auch ferner mit Vollmachten / Wiederklagen / Vorstande / Beweisungen / und allen andern Puncten durchaus gehalten werden / wie vorgehende Gerichts-Ordnung ausweiset / in massen dann die Procuratorn und Anwalde / dersoselben auch in dem Obern-Gericht nachleben sollen. Alsdann in der Sachen zum Urtheil geschlossen / wollen Wir / allem beschehenem Vorbringen nach / erkennen was Recht ist.

3.

Würde sich jenig Theil / Kläger oder Beklagter / des mündlichen schleunigen Processes beschweren / und einen schrifftlichen Proces bitten und begehren: So wollen Wir denselben erkennen und zulassen / und sol darin procedirt und verfahren werden / wie im nechstfolgenden 39 Titul verordnet ist.

4.

Es sol aber in nachfolgenden Fällen kein schrifftlicher Proces verstattet werden: Erstlich in[39] allen Sachen / da die anfängliche Klage / Hauptsache [132] und Handlung sich nicht über sechshundert Goldgülden erstrecket / zum andern / in allen Schuldforderungen / ungeachtet wie hoch die Klage angestellet wird / wann dieselben mit unlaugbahren / unverfälschten Brieffen und Siegeln / Handschrifften / Verträgen / Heuraths-Verschreibungen / Wilkühren / Wechselbrieffen / und von den Beklagten Unterschriebenen Contracten, welche keine Unehrliche Zusage in sich halten / können beweiset werden / zum dritten / in Bausachen / dann in diesen sol summariè und mündlich procedirt, oder der Sachen Nothdurfft in eine Supplication verfast / Ubergeben werden / und wollen Wir nach angehörter Klage / Antwort / und geführter Beweisung / erkennen was Recht ist / damit sich niemand wegen Verzugs / und weitläufftigen Processes mit Fuge zu beklagen haben müge.

5.

Wann das Urtheil durch den Secretarium in Gerichte abgelesen ist / sol beyden Theilen auff ihre Anforderung davon Abschrifft / vor die Gebühr mitgetheilet werden.

[133]
TITULVS. XXXIX.
Von Processen in Schrifften:
ARTICULUS 1.

Dieweil bißhero gespüret / das unter dem Behelff des schrifftlichen Processes / allerhand Gefährlichkeit von den Partheyen / insonderheit dem Beklagten Theil / gesucht worden / so sol es hinfüro / vermöge gemeiner Käyserlichen Rechte gehalten werden / also / das Anfänglich der Kläger seyn schriftlich Klag-Libel gedoppelt eines Lauts Gerichtlich einbringe / und das Gegentheil / auff vorhergehende Erlaubnüß des Worthaltenden Bürgermeisters / darzu Citiren lasse / davon sol das eine Libel dem Beklagten zugestellt / und ihm / nach wichtigkeit der Sachen / ein oder zwo Monats-Frist / durch ein gerichtlich Interlocut gegeben werden / seine Einrede und Exceptiones dagegen gedoppelt schrifftlich vorzubringen / und sollen in sodaner Schrifft / alle Dilatorien und Declinatorien, so er Rechtswegen [134] wegen einige zu haben vermeynete / auff einmahl vorgebracht / und auff den eventum, da solche Exceptiones Unerheblich erkandt werden solten / allezeit der Kriegs Rechtens bestettigt werden. Solcher gedoppelter Exception-Schrifft / sol die eine dem Kläger wiederümb werden behändigt / dawider in angesetzter Zeit zu repliciren, und sol er in sodaner Replic zum Urtheil beschliessen.

Gleicher gestalt sol auch der Beklagte auff die Replica, die ihm / wie oben von den Producten vermeldet / zu zustellen ist / in benandter Frist keine Duplicam einlegen / und damit Urtheil beschliessen. Und sollen über diese Zahl keine weitere producta, ohne vorgehende Gerichtliche Erkäntnüß / angenommen werden.

Würde es sich auch begeben / das jenig Theil seine Schrifft in angesetzter Zeit nicht würde einbringen / darauff mag das gehorsame Part desselbigen Ungehorsam beschüldigen / und sol damit gehalten werden / wie in der Gerichts-Ordnung sub Titulis 15. & 16. Von Ungehorsam des Klägers und Beklagten / etc. verordnet / es were dann / das derselbe / welcher des Ungehorsams beschüldiget / dilation erlangt / welche ihm der Rath / aus erheblichen billichen Uhrsachen zuertheilen wil vorbehalten haben / jedoch das sodane dilation aus billichen Bewegnüssen offenbahr vor dem Rathe / in Gegenwärtigkeit seines Gegentheils / welchem seine Einrede wider die gesuchte dilation vorzuwenden sollen unbenommen seyn / gebeten und erlangt werde. Und da vielleicht / wegen ohnvermuthlicher Verhinderung [135] / solche dilationes in den Ferien extrajudicialiter, oder bey den Worthaltenden Bürgermeistern / gebeten werden müsten / sol nicht desto weiniger alsdann auff nechstfolgenden Gerichts-Tag / solch Suchen Gerichtlich wiederholt werden / und nach angehörter des Gegentheils Einrede / so er einige fürzuwenden / darauff ergehen was Recht ist.

Da dann nach beschlossener Sache / die vorgewandte dilatorien oder declinatorien Erheblich befunden / und Beweises nöthig sein würde / den sol das Part / dem der Rath den Beweiß aufferlegt / vor des Raths darzu verordneten Commissarien führen / also / das der Zeugenführer erstlich übergebe seine Beweiß-Articul / sampt den Namen der Zeugen / und dann die verordneten Commissarien beyden Theilen einen Tag benennen / darzu die Zeugen laden / und in Gegenwärtigkeit beyder Parten schweren lassen / so des Zeugenführers Gegentheil Fragstücke übergeben wolte / dieselben annehmen / und ferner darauff mit dem Examine und Verhörung der Zeugen verfahren und handelen / als in der Gerichts-Ordnung sub Titulo 28. Von Beweisung mit lebendigen Kundschafften / etc. bestimmet.

Sodane Zeugnüß / wann sie von den Commissarien unter ihren Insiegeln überantwortet / sol in acht Tagen nechstfolgende (wofern keine Ferien einfallen) eröffnet / und den Partheyen davon beyderseits Copeyen zugestellet werden / und sol des Zeugenführers Gegentheil alle seine [136] Exceptiones dagegen in benandter Zeit / in gedoppelter Schrifft Gerichtlich einbringen / und zum Urtheil beschliessen / davon die eine Schrifft dem Zeugenführer zugestellet werden sol / der in angesetzter Frist seine geführte Zeugnüß / so viel er des zu Rechte befugt / justificiren, und damit gleichergestalt zum Urtheil replicando beschliessen sol.

Wann aber die eingekommene dilatorien und declinatorien Unerheblich erkandt werden / sollen beyde Theil innerhalb acht Tagen vor den Rath kommen / und daselbst den Eyd vor Gefährde / Juramentum Calumniae genandt / leisten / würde sich desselben jenig Theil weigeren / so es der Kläger ist: Sol der Beklagte von angestalter Klage loß gezehlet werden / were es aber der Beklagte: So wird er der Klage überwunnen und überweiset billig gehalten / und darauff condemnirt, wie in der Klage gebeten.

Nach geleistem Eyde vor Gefährde / sol der Kläger seine Positional Articul innerhalb angesetzter Zeit / Gerichtlich in gedoppelter Schrifft übergeben / deren eine der Beklagte zu empfangen / und darauff in praesigirter Zeit seine Responsiones, vermittelst gethanen Eyds / durch das Wort / Glaub war oder nicht war / und dann zugleich seine Defensionales gedoppelt einzubringen schüldig seyn / davon dem Kläger eine Schrifft verreichet und aufferlegt werden sol / in benandter Zeit darauff gleichermassen / mittelst des geschwornen Eyds vor Gefährde / durch das Wort / Glaub war oder nicht war / zu antworten. [137] Welche Articul der Beklagter in seinen Responsionibus verneinet / die ist der Kläger schüldig zubeweisen / in Zeit als in der Gerichts-Ordnung / sub Titulo 28. Von Beweisung mit lebendigen Kundschafften / Articulo 14. bestimmet / gleicher massen / was der Kläger in des Beklagten Defensional-Articuln verneinet / das ist der Beklagter schüldig in derselben Frist zubeweisen / und ausfündig zu machen / und sol in Volführung sothanes Beweises procediret werden / wie zuvor von Beweisung der dilatorien und declinatorien verordnet / und in der Gerichts-Ordnung weiter versehen.

Und wann die Zeugnüß / als vorberührt / geführet / sollen die Commissarien / vor denen es geschehen / dieselbe unter ihrem Siegel dem Rathe überantworten / und es wil der Rath dieselben in acht Tagen (wo fern keine Ferien einfallen) eröffnen / und beyden Parten Abschrifft davon folgen lassen.

Hätte dann der Beklagter gegen des Klägers Zeugnüß zu excipiren, oder auch der Kläger gegen des Beklagten Gegenbeweiß / im fall einiger geführt were / excipiendo vorzuwenden / das sol in praefigirter Zeit Gerichtlich beyderseits in gedoppelter Schrifft übergeben werden / wie dann auch der Kläger wider des Beklagten Exceptiones, und der Beklagte wider des Klägers Exceptiones, so gegen seinen des Beklagten Gegenbeweiß eingebracht / beyderseits Zeugnüß und Beweiß zu salviren, ihre Replicken innerhalb angesetzter Zeit Gerichtlich einbringen / und damit [138] zum Urtheil beschliessen sollen / und keinem Theil verstattet werden / über angerührte zwo Producten /ohne Gerichtliche Erkäntnüß etwas mehr einzubringen. Da auch die Partheyen mit sothanen Producten zum Urtheil nicht beschliessen würden / wil doch ein Rath die Sache für beschlossen halten / und darauff mit Rechtlicher Erkäntnüß verfahren.

Da aber etwas neues in der Sache / vor oder nach beschehenem Beschluß / vorfallen / und solches der eine Theil mit seinem Eyde betheuren möchte / sol ihm solches in Schrifften fürzubringen / und in fall da beschlossen / rescissionem conclusionis zubitten ohn benommen / sonder vorbehalten seyn / auch darauff erkandt werden was Recht ist.

Wann nun in der Sachen / wie ob erzehlt / beyderseits beschlossen / wil ein Rath in vier / oder da die Acten Weitläufftig in sechs Wochen / nach dem in der Sachen beschlossen / alle eingekommene Acten durch zween darzu deputirte Commissarien in Gegenwärtigkeit der Partheyen / durch den Protonotarium revidiren, rotuliren, und auff eine Unpartheysche Juristen Facultät ümb Rechts Belehrung / auff der Partheyen gleichmässigen Kosten / verschicken / und so bald die Acten neben der Urtheil / wieder anhero werden gebracht (es were dann in Zeit der Rechtschliessung) das Urtheil publiciren; damit sich niemand unbilligen Verzugs zubeklagen haben müge.

[139]
TITULVS XL.
In welchen Fällen / an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht[40] nicht appellirt werden mag:
ARTICULUS 1.

Welche Parthey durch gesprochene Urtheil sich beschweret zu seyn vermeynet / die mag / so fern die Appellation dem Käyserlichen Privilegio de non Appellando[41], nicht zu wieder ist / nach abgelesenem Urtheil / mit lebendiger Stimm / im Fußstapffen / für sitzendem Gericht / oder innerhalb zehen Tagen den nähesten nach eröffnetem Urtheil / in Schrifften appelliren.

2.

Es sol aber von keinem Bey- oder End-Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, so an Unserm Obern-Gericht ausgesprochen / in Sachen bekandtliche Schülden / die mit unlaugbahren / unverfälscheten Brieffen [140] und Siegeln / Obligationen, Handschrifften / Wilkühren / Verträgen / Heuraths-Verschreibungen / Wechselbrieffen / und andern glaubwürdigen Contracten können beweiset werden / ungeachtet / wie hoch die Klage und Förderung angestellet ist / Injurien oder Scheltwort / und die Gebäude in der Stadt belangend / und sonst gemeinlich in allen Sachen / da die anfängliche Klage oder Häuptsache sechshundert Gülden Reinisch in Gold nicht übertrifft / an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht nicht Appellirt werden / und da jemand freventlicher / muthwilliger Weise dagegen appelliren und handelen würde / sol das Urtheil nicht desto minder exequirt, und gegen den vermeynten Appellanten auff die Peen der sechzig Marck Löthigs Golds / dem Käyserlichen Privilegio einverleibt / procedirt werden. Und damit sich männiglich von Ein- und Außländischen / der Unwissenheit nicht zu entschüldigen: So haben Wir dasselbe allhie kürtzlich wiederholen / auch zu mehrer Wissenschafft und Nachrichtung / obgedachtes Käyserliches Privilegium de non Appellando, imgleichen formulam Juramenti calumniae und cautionis, zu Ende dieses Stadt-Rechtens drucken lassen wollen.

3.

In andern Fällen / da die Appellation / vermüge gemeiner Rechte / zugelassen / sol ein jeder / der an das Hochlöbliche Käyserliche Cammer-Gericht zu [141] appelliren, zu suppliciren oder zu reduciren sich unterfangen wird / in zehen Tagen nach abgesprochenem Urtheil / Uns dem Rath einen Hambürger Gülden / neben der Appellation, darzulegen / das Juramentum Calumniae in eigener Person / so fern er Unser Jurisdiction unterworffen / oder allhie sich auffenthält / zu leisten / und caution, vermüge des Käyserlichen Privilegii, zu praestiren schüldig seyn.

4.

Wofern aber der Appellant den Eyd und die Caution nicht leistete / oder leisten wolte: So sol seine angemaste Appellation nicht angenommen / sondern nach Inhalt vorangezogenen Käyserlichen Privilegii Krafftloß seyn / und die außgesprochene Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, vorgenommener Appellation unvorhindert / wie sich gebühret / vollnstrecket und Exequiret werden.

[142]
TITULVS. XLI.
Von Execution und Vollnziehung der ausgesprochenen Urtheil:
ARTICULUS 1.

Dieweil ein jedes Urtheil / so das nicht gebührlich exequirt und vollnstrecket wird / weinig Frucht bringet / und die Executio das fürnehmste Stück der Justicien ist: So wollen Wir hinfüro in Schuldsachen / die sich nicht über ein tausend Reichsthaler an Häuptstuel erstrecken / entweder in dem Urtheil / oder auff Anruffung des gewinnenden Theils / der verlustigen Parthey auferlegen und Tagdingen / innerhalb viertzehen Tagen: In Sachen aber ein tausend Reichsthaler übertreffent / und wie hoch dieselbe sich belauffen / in vier Wochen dem gesprochenen Urtheil / in aller massen wie dasselbe mit sich bringet / zu pariren und folge zu leisten.

[143]
2.

Da dann von solchem Urtheil / wie sich gebührt / nicht appellirt wird / oder auch / vermöge des obangezogenen Käyserlichen Privilegii de non appellando, nicht appellirt werden mag: So sol das außgesprochene Urtheil / nach verfliessung des angesetzten termini, als hernach folgt exequirt und vollnzogen werden.

3.

Und ob wol hiebevor zweiffelhafftig gewesen / ob die Tagdingung / das ist / die in dem Urtheil zu der parition angesetzte Zeit / vor der wircklichen Execution, im Niedern-Gericht zu dreyen Gerichts-Tagen sol affterfolget und belegt werden: Dieweil Wir aber spüren / das solches kein Nutz hat / sondern vielmehr zu gefährlichem Verzug der Execution gereicht / bevorab wann die Rechtschliessung einfallen: So sol hinfüro solche affterfolgung der Tagdingung in den gesprochenen Urtheiln / abgeschaffet seyn (sonsten aber in den Wilkühren / verfolgung der Erbe / und der Arresten / gehalten werden) und nach verfliessung dero in dem Urtheil angesetzter / oder auff Anruffung der Parthey benandter Zeit / mit der Execution und Vollnziehung der Urtheil / inmassen wie folget / verfahren werden.

[144]
4.

Wann der Kläger auff ein Hauß / Garten / Acker / oder andere liegende Gründe / die noch verhanden / geklagt / und das Eigenthum mit Urtheil erhalten hat / in solchem fall kan der verlustige Theil sich mit Gelde / Bürgen oder Pfanden nicht entsetzen / sondern ist schüldig / nach verlauff dero in dem Urtheil benandter Zeit / dieselben abzutreten / oder Wir wollen den Kläger in das geklagte Gut durch den Voigt immittiren lassen.

5.

Ist aber auff Schuldtstandt geklagt / und in dem Urtheil angesetzte Zeit verflossen / sol aus Unserm / oder der Gerichts-Verwaltere Befehl / der Voigt den verlustigen Theil ermahnen / das er mit Erlegung der erkandten Geld-Summen / dem Urtheil ein Gnügen thue / dann da derselbe säumig seyn würde / und kein baar Geld verhanden / sol die Hülffe und Execution in den beweglichen Gütern des verlustigen Theils geschehen / und hierin fürnemlich in Acht genommen werden / welches Gut zum füglichsten kan verkaufft / und der Kläger zum schleunigsten zur Bezahlung verholffen werden. Und was also gepfändet / sol durch den Gerichts-Voigt getreulich verzeichnet / und dem Kläger alsbald / neben der Verzeichnuß / eingelieffert werden.

[145]
6.

Könte aber der Kläger aus den beweglichen Gütern nicht vergnüget werden / und der Beklagte auff des Klägers Anforderung / mit seinem leiblichen Eyde erhalten würde / das er weder baar Geld / noch Kistenpfand / oder ander bewegliche Gut hätte: So sol zu den liegenden Gütern geschritten werden / derogestalt und also / da der Rath / nach erlangter glaubwürdiger Kundschafft befinden würde / das des Beklagten Erbe / über die im Stadt-Buch auffgesuchte Beschwerung / mehr als die zuerkandte Schuld / werth were: So sol der Beklagte Klägern die Schuld im Stad-Buch versichern lassen / und jedes hundert ein Jahr mit sechsen Verzinsen / solche Schuld aber ist der Kläger länger dann ein Jahr unabgelöset stehende zulassen nicht schüldig / sondern Beklagter ist nach Außgang des Jahrs dieselbe abzulösen verpflichtet / und in Verbleibung der Bezahlung / mag der Kläger mit Verfolgung des Erbes verfahren / wie in nechstfolgendem 42 Titul im andern Articul / ferner disponirt ist. Da aber der Beklagte die Verlassung in sein Erbe zuthunde säumig seyn würde / oder auch das Erbe so hoch mit Hauptstuel im Stadt-Buch beschweret were / das es die zuerkandte Schuld nicht ertragen könte: So sol aus Unserm Befehl der Voigt mit dem Kläger auff die Mahlstette / das des Beklagten Erbe allhie in der Stadt belegen / sich verfügen / den Rinck des Erbes angreiffen / und in gegenwärtigkeit [146] zweyer glaubwürdigen Erbgesessenen Bürger / dem Kläger den Rinck des Erbes liefferen / solches auch alsbald zu Buche verzeichnen / und dem Kläger unter seiner Hand der beschehenen Uberliefferung / einen Schein mittheilen / und mag der Kläger ferner verfahren / wie in nechstfolgendem 42. Titul im andern und dritten Articul / verordnet ist.

7.

Da auch die bewegliche und unbewegliche / in dieser Stadt verhandene und gelegene Güter / zu Vollnstreckung der Urtheil nicht zureichen könten / sol die Execution in denen / in dieser Stadt Jurisdiction belegenen Landgütern und Höfften / vorgenommen / und der Kläger / wie Landsittlich / in dieselbe immittirt und gewäldiget werden.

8.

Hätte auch der Beklagte Güter unter frembder Jurisdiction belegen / wollen Wir durch Bitte-Brieffe / oder literas mutui compassus, bey der frembden Obrigkeit die Execution Unser ausgesprochenen Urtheil zu beschaffen / bitten und anhalten.

9.

Wann bewegliche und unbewegliche Güter mangelen / so wird die Executio verstattet zu gewissen [147] außstehenden Schülden und andern Gerechtigkeiten. Und wo Debitorn vorhanden / die der Schuld geständig / werden die an den Kläger / für seine erlangte Schuld-Summa / mit der Bezahlung geweiset.

10.

Da dann dieser vorangezogenen Güter keine / oder nicht so viel / das der Kläger daraus bezahlt werden mag / vorhanden: So wird endlich der Debitorn Harnisch / Büchsen / oder andere Kriegswehren / damit sie zu Walle erscheinen und stehen sollen / dann auch der Handwercks- und Arbeitsleute Werckzeug und Instrumenta, damit sie ihre Nahrung täglich gewinnen müssen / imgleichen auff dem Lande der Bauren oder Haußleute Ochsen / Pferde / und was sie sonst zum Ackerbau benöthigt / angegriffen und gepfändet.

11.

Könte der Kläger aus vorangedeuteten Gütern nicht bezahlt noch vergnüget werden / der Beklagte auch keine Bürgen stellen kan: So mag der Kläger wegen der restirenden und nachstehenden Schuld / den Debitorn verfolgen / welcher / wann er in dieser Stadt oder derselben Jurisdiction betreten wird / auff des Klägers Begehr in Verhafftung genommen / und auff dem Winserbaum[42] verwahrlich enthalten werden sol / und ist der Kläger [148] zu desselbigen Unterhaltung nicht mehr dann täglich einen Schilling Lübisch zu geben schüldig.

12.

Und so die Schuld nicht ein tausend Marck Lübisch übertrifft / sol er ein Jahr lang / da sich aber die Schuld höher erstrecket / sol er so viel Jahr auff dem Winserbaum sitzen / so viel tausend Marck er schüldig bleibt / und nach Außgang solcher Jahre der Verhafftung erlassen / und der Schulden halben gefreyet seyn.

13.

Würde aber der Gläubiger den Schüldiger in Verhafftung zunehmen nicht begehren / noch / wie vorgesetzt / Unterhalten wollen / sondern andere Mittel gegen ihn vorzunehmen bitten: So sol / auff des Klägers Anforderung / der Beklagte den Eyd der Armuth in dem Niedern-Gericht zu schweren / und sich dieser Stadt und Gebiethe so lange zu enthalten schüldig seyn / biß er den Kläger befriedigt / oder sich mit ihm verglichen / und sol ihn davon die cessio bonorum[43], oder Abtrettung seiner Güter / nicht entledigen oder befreyen.

[149]
TITULVS XLII.
Von Feilbieten / Subhastation und Verkauffung der außgepfändeten und verholffenen Güter:
ARTICULUS 1.

Wann die Execution, wie in vorhergehendem Titul gemeldet / ergangen / und die bewegliche Güter dem Gläubiger geliefert seyn. So sol der Kläger den verlustigen Theil zum nechsten Gerichts-Tage citiren, und / derselbe erscheine oder comparire nicht / die Pfande im Niedern-Gericht auffbieten / und durch den Voigt zu Buche verzeichnen lassen / darauff sol dem Kläger die Pfande zu behalten viertzehen Tage angesetzt werden / nach viertzehen Tagen sol der Kläger / auff abermahlige vorgehende Citation, die Pfande anderweit auffbieten / und Klägern / dieselbe acht Tage zubehalten / aufferlegt werden / alsdann zum dritten mahl / auff vorgehende Citation, die Pfande [150] auffgebothen werden / sol das Gericht dem Kläger über quernacht die Pfande zu behalten ansetzen / und dem verlustigen Theil durch den Voigt anmelden lassen / das er die Pfande löse / thut er das über quernacht nicht / so mag der Kläger die Pfande / da sie Kauffmans Wahren seyn / dem auff die Zeit gemeinem Werth nach / ümb baar Geld verkauffen / und das Geld empfangen. Da aber die verholffene Güter / gemachtes Gold oder Silber / Haußgerath / Kleidere / oder sonst köstliche Kleinodien und Wahren seyn / sollen dieselben durch den bestalten Außminder[44] öffentlich zu dreyen unterschiedlichen Tagen feil gebothen / und dem / so am meisten dafür geben wil / gelassen werden. Findet sich aber nach beschehener Feilbietung / kein Kauffman: So sol das ausgepfandete Gut / durch zween geschworne Werckmeistere / die dessen gut Verständtnüß haben / auff ihren geleisten Eyd (dessen sie zuvor durch die Gerichts-Verwaltere sollen erinnert werden) geschätzt / und alsdann abermahls dem Beklagten durch den Voigt oder Gerichts-Diener angekündiget werden / ob er die Pfande / gleich als sie geschätzt / lösen kan oder wil. Da er dann binnen acht Tagen / nach dieser beschehenen letzten Anzeigung / das außgepfändete Gut nicht einlöset / stehet dem Kläger frey / dasselbe in dem Werth wie taxirt, anzunehmen / oder da es ihm dafür zubehalten bedencklich / mag er etwas minder darauff bieten / und anderweit durch den Außminder zu zween unterschiedlichen Tagen / mit Anmeldung des darauff gesetzten Kauff-Gelds / außruffen lassen / da [151] dann nichts mehr gebohten wird / sol es dem Gläubiger / ümb das von ihm gesetztes Kauffgeld / zugeschlagen werden. Solte dann das Kauffgeld sich höher / als des Gläubigers Schuld / erstrecken / sol er dem Schüldener die Ubermasse heraus geben.

2.

Ist aber der Kläger in des Schüldeners Erbe oder Hauß immittiret, und ihm der Rinck gelieffert: So sol er / so bald Verlassung gehalten wird / in offener Audientz vor den Rath treten / und vermüge des ausgesprochnen Urtheils / und des von dem Gerichts-Voigte ihm mitgetheilten Scheins / ihm das Erbe zu assigniren bitten / darauff ihm das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch zugeschrieben / und alsbald nach überliefferung des Rings / sol die Auffkunfft / Haur und Frucht aus dem Erbe / dem Kläger / und nicht dem Beklagten / zukommen und gefolgt werden. Und sol der Kläger solch Erbe / nach beschehener tradition des Rings / Jahr und Tag dem Beklagten zu gute / ob vielleicht derselbe solch Erbe entsetzen / oder auff andere wege ihn befriedigen könte / zuhalten und Beklagter / da er in dem Erbe selbst wohnet / vor die Haure desselben Jahres Bürgen zustellen schüldig seyn.

[152]
3.

Würde aber nach verlauff Jahrs und Tags die Entsetzung / oder sonst die contentation und Bezahlung nicht geschehen: So sol auff Anforderung des Klägers / dem Beklagten / aus Befehl des Raths / durch den Voigt angemeldet werden / aus dem Erbe zufahren / und bleibt er darüber / und dem Gebot zu wider / viertzehen Nacht in dem Erbe sitzen / sol er solches bessern mit drey Pfund / und man sol ihm anderweits in acht Tagen aus dem Erbe zufahren gebieten / thut er das nicht / er sol es abermahl mit drey Pfund besseren / alsdann sol man ihm gebieten zum dritten mahl / über Quernacht daraus zufahren / bleibet er darüber ungehorsamlich im Erbe besitzen / so sol ihn der Brogk-Voigt / welchem dafür sechs Schilling Lübisch sollen gegeben werden / bey der Hand daraus leiten / und von der Zeit an / sol die Verwaltung des Erbes bey dem Kläger seyn / welcher auch / zuerlangung dero ihm zu erkandter Schuld / oder eigenthümmlichen Gerechtigkeit des verfolgeten Erbes / ein Proclama im Niedern-Gerichte bitten / und öffentlich am Rathhauß anschlagen lassen sol / darin einem jeden / so auff dasselbe Erbe / wegen des Beklagten / Zuspruch zu haben vermeynet / Sächsische Frist[45] pro termino peremptoriali sol angesetztt werden / da dann in angesetzter Zeit niemand erscheinet / der besser Recht fürbringet / oder auch das Erbe entsetzen würde: So sol der Kläger von der Zeit an das Erbe oder Hauß / dem Beklagten zu [153] gute / noch ein Jahr lang halten / und keine andere Unkosten / als zu des Erbes nothdürfftigem baulichem Wesen und Unterhaltung / anwenden. Da dann in benandter Jahres Frist der Beklagter das Erbe selbst entsetzen / oder einem andern verschaffen kan / der dem Kläger die zuerkandte Schuld / neben auffgewachsenen gebührlichen Zinsen / und den angewandten nothdürftigen Baukosten / auff vorgehende Ermässigung / entrichten wird / ist der Kläger / gegen erlangte Bezahlung / das Erbe wieder abzutreten schüldig. Würde sich aber der Beklagter in obbenandter Zeit nicht entreden: So hat der Kläger macht / das Erbe zuverkauffen / und da dasselbe höher / als seine Schuld sich erstrecket / verkaufft würde / das sol er dem Beklagten wiedergeben. Da auch der Kläger aus der Kauffsummen nicht könte befriediget werden / den Mangel sol der Beklagte erstatten / ist aber der Kläger solch verfolgtes Erbe für seine Schuld anzunehmen erböthig: So sol der Debitor, oder seine Erben schüldig seyn / das Erbe dem Kläger für seine Schuld in offener Audientz für Uns zu Verlassen / oder in Verweigerung dessen / sol dem Kläger / vermöge ergangener Urtheil / und darauff erfolgter prosecution, das Erbe in dieser Stadt Erb-Buch eigenthümlich zugeschrieben werden.

[154]
TITULUS XLIII.
Von Bancorothierern und flüchtigen Schüldenern / und wie gegen ihre Personen und Güter gehandelt und procedirt werden sol:
ARTICULUS 1.

Nach dem eine zeithero sich / leider / vielmahls begeben / das etliche unter den Kauff- und Handels-Leuten gefährlicher und betrieglicher Weiß / im Schein Trauen und Glaubens / Geld und Wahren bey andern / weit über ihr Vermögen / wissentlich auffgeborget / entlehnet und gekaufft / auch durch ihren übermässigen Pracht / übel und fahrlässig Haußhalten / unordentlich verschwenden / und grosse unnöthige Gebäu / in merckliche Schulde-Last gerathen / und dadurch ihren Nechsten / wider die Christliche Liebe / Recht und Billigkeit / betrogen / und zu Schaden gebracht / und hernacher auffgestanden /außgetretten / und sich in andere Gebiethe begeben haben und [155] Begleiten lassen / und aber solche betriegliche und schädliche Handlungen / die sich einem Diebstal wol vergleichen / dem gemeinen Nutz / Handthierung und Kauffmanschafft / zu unträglichen Schaden und Nachtheil gereichen / und derowegen gegen solche muthwillige Bancorothierer / als dem Gemeinen- und Privat-Nutzen / schädliche / nachtheilige Personen / andern zum abscheulichen Exempel / billich mit ernst zuverfahren ist: So wollen und ordnen Wir / das obgedachte Falliten[46] / in dieser Stadt und Gebiethe nicht sollen geleitet / sondern wann sie betreten / in gefängliche Hafft genommen / und auff den Winserbaum verwahrlich enthalten werden. Und da sie / nach beschehener Vergleichung mit ihren Creditorn, wieder zu Häußlichen Wohnungen kommen / alsdann zu keinen Dignitäten gezogen werden sollen.

2.

Wann auch die Creditorn, nach beschehener Außtrettung / oder gefänglicher Verhafftung obgedachter / oder auch nach tödtlichem Abgang dero in Schülden vertiefften Debitorn, bey den Worthaltenden Bürgermeistern oder Gerichts-Verwaltern ümb fernere Hülff anlangen werden / sol ihnen auff des Flüchtigen / eingezogenen / oder verstorbenen Haab und Güter ein Arrest vergönnet und gelegt / auch dieselben alsbald durch den Gericht-Schreiber Inventiret werden. Und damit sich niemand / seiner Unwissenheit halben zuentschüldigen habe / [156] sol alsbald unter dieser Stadt Signet ein öffentlich Mandat an das Rathhauß angeschlagen / und einem jeden dieser Stadt Bürgern / Bürgerinnen / Unterthanen und Einwohnern / bey einer Namhafften und ansehenlichen Peen aufferlegt und gebothen werden / das ein jeder alle das jenige / was dem Flüchtigen oder in Schulden verstorbenen Debitorn zugehöret / und er bey sich hat / wie das Namen haben mag / nichts ausbescheiden / imgleichen was ein jeder demselben Falliten oder verstorbenen an Geld / oder Wahren zu bezahlen und zu liefferen schüldig / in viertzehen Tagen den nechsten nach beschehenen Anschlagen / bey dem Gericht-Schreiber unterschiedlich mit seiner eigenen Hand verzeichnet / übergeben / und da er nicht schreiben kan / mündlich vermelden sol / und da hernacher befunden würde / das jemand diesem Gebot in bestimmter Zeit nicht nachgelebet / sondern wissentlich etwas verschwiegen hätte / gegen denselbe sol mit der in dem Mandato benandter Peen unnachlässig verfahren werden / und er nicht desto weiniger / was er nicht angesagt / von sich zu geben und zu bezahlen / oder da er die bey sich habende Güter alienirt hätte / den rechten Werth zuerstatten schüldig seyn.

3.

Da auch jemand der Creditorn von des Flüchtigen oder verstorbenen Debitorn Gütern / [157] nach desselben Falliment oder tödtlichen Abgang etwas zu sich genommen hätte / derselbe sol nicht allein solche Güter oder Wahren zu restituiren schüldig / besondern auch seiner habenden Action und Forderung verlustig seyn.

4.

Es sollen auch des Außgetretenen oder verstorbenen Schuldeners Diener und Buchhalter / oder auch so sonst jemand dessen verdacht / und Uns angegeben würde / durch die Gerichts-Verwaltere erfordert / und mit leiblichen Eyden beladen und befragt werden / des entwichenen oder verstorbenen Haab und Güter / Rechnungen / Handelsbücher / und anderer seiner Anschläg und Vorhabens halben / gründliche Anzeigung ihres wissens zu thun / dawieder sie kein Pflicht oder Verwandtnüß / damit sie dem Flüchtigen oder Verstorbenen zugethan seyn möchten / nicht schützen oder entfreyen / ihnen auch solche Anzeigung in keine Wege nachtheilig oder verweißlich seyn sol.

5.

Da auch die Creditorn aus ihrem Mittel etliche zu Curatorn werden erwehlen / und Uns Namkündig machen / wollen Wir dieselbige confirmiren, und ferner Befehl thun / das denselben auff gnugsame Versicherung [158] oder Verpflichtung / das sie die gelösete Geldere / alsbald in das Gerichte lieferen wollen / alle des Flüchtigen oder Verstorbenen Debitorn allhie in dieser Stadt und derselben Gebiethe verhandene Güter / und ausstehende Schülde / sollen eingeantwortet werden / welche dieselben / vermittelst des von dem Gerichts-Schreiber gehaltenen Inventarii, empfangen / einmahnen / die Wahren verkauffen / die Gelder dafür erheben / und biß zu ordentlichem Außtrag des Rechtens getreulich verwalten sollen.

6.

Würde dann der Flüchtige Debitor in viertzehen Tagen oder drey Wochen / den nechsten nach beschehenem Anschlage / mit Benennung aller seiner Creditorn, ümb ein Gleidt / sich mit denselben zu vertragen / anhalten / und seine Creditorn, die dieser Stadt Bürgere seyn / alle sämptlich darein willigten: So sol er herein in die Stadt auff viertzehen Tage / oder nach gestalt der Sachen auff eine längere Zeit / zum Vertrage von Uns geleitet werden.

7.

So dann der Vertrag / von den Gläubigern und Schüldenern gäntzlich geschlossen / und [159] sich befinden würde / das der Debitor ohne Betrug und seine Verschüldung / allein aus kündlichen und unversehenen zugestandenen Unfällen / als wegen erlittenen Brandt / oder See Schadens / oder durch ander Unglück / in Schuld und äusserstes Verderben gerathen / und derwegen den flüchtigen Fuß setzen müssen: So sol er auff getroffenen und beliebten Vertrag / wieder auffgenommen / in die Stad gelassen / und ihm das Unglück hinfüro an seinen Ehren unverletzlich seyn.

8.

Würde aber der Flüchtiger in obgesetzter Zeit der drey Wochen / bey Uns ümb Gleit nicht anhalten / oder in eingewilligter Zeit sich mit seinen Creditorn nicht vergleichen / sondern wiederümb entweichen: So sol er für einen muthwilligen und boßhafftigen Falliten gehalten / und gegen seine Haab und Güter den Creditorn, wie hernach geordnet / verholffen werden / auch den Creditoren frey stehen / das sie den Außgetretenen / an was Ort sie denselben in dieser Stadt Jurisdiction antreffen werden / angreiffen / und anhero in Verhafftung bringen lassen mügen.

[160]
9.

Es sol gleichwol keiner von den Creditorn wieder seinen guten Willen / den vorhabenden Vertrag / ungeachtet wie viel der andern Gläubigern darein consentiren, oder wie hoch sich ihre Schülde erstrecken / zu belieben schüldig seyn / sondern im frey stehen / wider den Dbitorn sein Recht außzuüben / und dessen Person zu verfolgen / es were dann / das die andern Creditorn alle / oder der mehrertheil derselben / dem Debitorn eine dilation etlicher Jahr eingewilliget hätten / auff den Fall sol der weiniger Theil / jedoch ohne einige Abkürtzung ihrer bey dem Debitorn außstehenden Schülde / die verstattete dilation biß auff fünff Jahr gegen gnugsame Versicherung / genehm zu halten schüldig seyn.

10.

Und wird der Mehrertheil der Gläubiger nicht nach Anzahl der Personen / sondern nach grösse der Schülden / verstanden / da aber die Gläubiger der Schulden halben gleich weren: So sol der Mehrertheil der Personen fürgezogen werden.

[161]
11.

Wann die Güte entstanden / sol auff der Creditorn Begehren ein offen Proclama erkandt / und an das Rath-Hauß angeschlagen werden / und ein jeder in dero darein benandter Zeit erscheinen / und seine Schuld im Gericht beweisen / auch da jeniges bösen Argwohns oder Verdachts / erhebliche Anzeige gegen jemand der Creditorn vorgebracht würden / sol derselb bey seinem leiblichen Eyde erhalten / das seine habende Schuld-Verschreibung / und producirte Uhrkunden auffrichtig / das datum nicht versetzt / und dabey keine Gefährligkeit den andern Creditorn zu Nachtheil / oder dem Flüchtigen zu Vortheil / gebraucht sey.

12.

Folgends sollen die data der producirten Verschreibungen / und anderer Beweise / im Gericht verzeichnet / und ob in derselben des Schüldeners Güter verpfändet / und was sonst ein jeder dero ihm zustehenden Gerechtigkeit / und prioritet halben fürtragen wird / wol erwogen / und was Recht ist / erkandt werden.

[162]
13.

Welche alsdann / aus denen allhie verhandenen Gütern nicht können bezahlet werden / denen sol frey seyn / des flüchtigen Person / an was Orten und Ende sie dieselbige antreffen werden / zu verfolgen / in Verhafftung zu nehmen / und ihre Bezahlung zu suchen / darzu Wir ihnen Unsere Bitbrieffe und Executorial, auff ihr Begehren und Kosten / mittheilen wollen.

[163]
Der ander Theil /
Von Contracten und allerley Handthierungen:

TITULUS. I.

Von Leihen und Entlehnen / mutuum genandt.

ARTICULUS I.

Wiewol das Leihen und Entlehnen in den Dingen bestehet / die gewogen / gezehlet und gemessen werden / als Geld / Metall / Wachs / Korn / Wein / Gewand oder dergleichen / welche des Entlehers eigen werden / und sich im Gebrauch und Niessung verendern / oder gar verzehren / und darumb nicht eben das geliehen Ding / sondern ein anders in gleicher Gestalt / Werth und Güte / auch Gewicht / Zahl und Masse / als es der Entleher [164] empfangen / wieder zu bezahlen anfänglich bedinget wird: So kan dennoch der Entleher nicht desto weiniger als bald dem Leiher oder Gläubiger / eben dasselbe Ding / so er empfangen / auch wider desselben Willen / wieder geben / und sich damit allerdings entledigen / es were dann / das der Leiher ein besonders Interesse deßwegen einzuwenden und zu beweisen hätte.

2.

Entgegen aber / und ob schon bey beschehener Entlehnung keiner gewissen Zeit gedacht: So kan dennoch der Leiher oder Gläubiger / das ausgeliehenes Ding nicht alsbald wieder forderen / sondern muß dem Entleher dasselbige erstlich gebrauchen lassen / und im Fall / da wegen der Zeit / mann solch außgeliehen Ding wieder zu geben / beyde Theil sich hernach nicht vereinigen können / ist dieselbige dem Richter zu ernennen und anzusetzen billig heimzustellen.

3.

Was dann also obgesetzter massen außgeliehen ist / das es nicht eben in specie, sondern in gleicher Gestalt / Werth und Güte sey zu restituiren, deßwegen mag dem Gläubiger gegen den dritten / dabey solch ausgeliehenes Ding befunden / kein An- oder Zuspruch gebühren / sondern er muß sich an denselben / so es von ihme Entlehnet / halten.

[165]
4.

Der jenige so Geld außleihet / mag von jeder hundert Jährlich biß auff Sechs / und nicht darüber / an Zinß und Rente bedingen / ihm versprechen und verschreiben lassen / were aber solches nicht geschehen / und der Schüldiger in bestimmter Zeit keine Bezahlung thäte: So mag dennoch von dero Zeit an / das er säumig worden / an statt Interesse biß auff Sechs von hundert / vor ein jedes Jahr gerechnet / und zu Rechte gefordert werden. Und stehet ferners zu des Gläubigers wilkühr und gefallen / solch Interesse anzunehmen / oder auch diß falls auff ein mehrers sonderlichen Beweiß zuführen / und Ordnung der Rechte zu verfahren.

5.

Ebenmässig mag einer Erb-Zinß / zu Latein annues reditus genandt / in Häusern / liegenden Gründen / und sonsten / mit grobem Gelde und Marckstücken / wie von Alters ist herkommen / und dann / jetzigem gewöhnlichem Gebrauche nach / mit Müntze-Gelde / vor jede hundert Marck-Müntze Jährlich fünffe / biß auff / sechs Marck Geldes / und nicht höher oder mehr kauffen / dann was über fünff oder sechs von jedem hundert an Rente bedinget oder gekauffet wird / solches ist Wucher zu achten.

[166]
6.

Dem Erbe und Häuser / oder Erb-Zinß und Rente in dieser Stadt-Buche zugeschrieben stehen / der sol dieselbe niemand verlassen / noch verkauffen / oder sonst verenderen / es geschehe dann vor dem Rath dieser Stadt / und geschehe das anders / so sol es machtloß und von keinen Wehrden seyn.

7.

Were jemand einem andern Geld schüldig / und demselben solche Schuld würcklich bezahlte / also das er darmit wol friedig / und daran ein gutes begnügen hätte / und gleichwohl hernach von demselben Gläubiger / als wann er ihm zu wenig in der Bezahlung hätte entrichtet / würde mit Rechte besprochen / und derselbe / der solche Schuld hätte bezahlet / bey seinem Eyde / das er die völlige Bezahlung gethan / erhalten würde: So ist er damit von des Gläubigers Anspruch entfreyet.

8.

Weil auch der Debitor, so bald er das geliehenes Ding empfangen / und in seine Gewehr bracht / desselbigen ein Herr wird: So ist er allen Schaden / der sich hernacher mit dem Angeliehenen begibt / oder auch / do dasselbige verlohren oder verdorben würde / allein [167] zutragen / und nicht desto weiniger den Gläubiger oder Leiher zu befriedigen schüldig

9.

Wer Goldgülden / Reichsthaler / und andere grobe Müntze Entlehnet / der sol dieselbe in specie, ob er sich schon außdrücklich nicht dahin verpflichtet / wieder zuerlegen schüldig seyn. Were aber berührte Müntze im Werth / oder äusserliche Gütigkeit gesteigert oder gefallen / oder in der innerlichen Gütigkeit an Schrot und Korn würdiger / oder geringgültiger geworden: So sol zwar vom Schüldener die Zahlung in derselben Müntze geschehen / hierunter aber die Zeit des Contracts angesehen / und wofern domahls die außgezehlte Müntze von den Contrahenten nicht selbst gewardiert / dieselbe nach dem Werth / welchen sie in Zeit des Contracts gehabt / geschätzet werden. Da nun der Valor oder Werth gesteigert / sol der Debitor, der nicht in mora solvendi[47] gewesen / macht haben / das Incrementum oder den Zuwachs bey der Zahlung abzuziehen / ist auch die Müntze am Werth gefallen / der Gläubiger das decrementum oder den Abgang zuforderen / befugt seyn.

10.

Ebenmässig sol es gehalten werden / wann die Müntze in innerlicher Gütigkeit / oder [168] Schrot und Korn verbessert oder geringert worden.

11.

Würden Goldgülden / Reichsthaler und andere grobe Müntze in specie Entlehnet / und die Zahlung in gleichmässiger Müntze außdrücklich versprochen: So sol / wo ferne die Müntze noch vorhanden / berührte Vergleichung angesehen / die empfangene Müntze in specie bezahlet / und hierunter / ob die Müntze an äusser- oder innerlicher Gütigkeit geendert / nicht in acht genommen werden.

12.

Was nun von den entlehnten Geldern in vorigen Articuln disponiret, das sol auch statt haben / wann einer vor erkauffte Güter oder Wahren / so wol wiederkäufflicher als unwiederkäufflicher Gülte oder Zinß / wie auch eines schlechten wiederkauff Contracts wegen / grobe Müntze zu zahlen schüldig.

13.

In retractu aber / zu Teutsch die Nähergeltung genandt / sol der Retrahent, welcher sich der Nähergeltung gebrauchen wil / eben in specie solche Gelder bezahlen / so von dem Käuffer / vor welchem er die Nähergeltung [169] zu haben vermeynet / außgezehlet worden / und da der Valor berührter Gelder gestiegen / das augmentum oder den Zuwachs abzuziehen nicht befugt / wo fern aber derselbe gefallen / das decrementum oder den Abgang zuergäntzen schüldig seyn.

14.

Würden solche Gelder / wie oben erwehnet / von jemand dahero gefordert / das der Schüldener dem Gläubiger einen Brautschatz oder Mitgabe zugeben / oder soluto matrimonio nach gelöseter Ehe / ein solches zu restituiren verpflichtet / und es were die Müntze vor dem Zahl Termin verendert: So sol der / welcher den Braut-Schatz zugeben schüldig / denselben in versprochener Müntze zu zahlen verhafftet seyn / und hierunter / ob dieselbe am Werth mehr- oder geringgültiger worden / nicht angesehen werden.

15.

Würde aber nach geenderter Ehe die restitutio oder wieder herausgebung des Brautschatzes oder Mitgabe / gefordert / und ehe dieselbe Forderung angestellet / Enderung der Müntze geschehen: So sol der Zuwachs von dem Debitore, wofern die Enderung nicht schleunig nach der empfahung des Brautschatzes oder der [170] Mitgabe / und ehe er die eingenommene Gelder in dem alten Werth gebrauchen können / geschehen / suppliret werden.

16.

Wann auch aus einem Testament / Codicil, seiner Ubergabe auff den Todes Fall gerichtet / oder dergleichen letzten Willen / Goldgülden / Thaler / oder andere grobe Müntze bezahlet werden müssen / und der Debitor nicht in mora solvendi gewesen ist: So sol die Zeit des gemachten letzten Willens angesehen / und die Müntze nach dem Werth / welchen sie zur selben Zeit gehabt / bezahlet werden / es were dann / das etwas an statt der legitimiæ verlassen / und vor dem Zahl Termin Enderung der Müntze erfolget / auff den Fall sol von dem Debitore, wo ferne die Müntze gestiegen / das augmentum oder Zuwachs nicht abgezogen / da sie aber gefallen / das decrementum oder Abgang / erfüllet werden.

17.

Hätten auch einer oder mehr Unserer Bürgert und Unterthanen eine Societet oder Gesellschaft gemacht / etliche Gelder unter einer oder vielerley Sorten zusammen gelegt / und sich daneben verglichen / das einem jeden seine eingelegte Quota in gleichmässiger Müntze wieder heraus gegeben werden solte: So sol nach geendigter [171] Gesellschaft / die Zeit / in welcher die Contrahenten berührte Gelder zusammen gelegt / angesehen / einem jeden / nach dem Werth / den die Gelder damahls gehabt / seine Quota gefolget / und ob die Müntze würdiger oder geringgültiger worden / nicht erwogen werden.

18.

Were aber in vorgesetzten Fällen die Entlehnte oder verschriebene Müntze im Abgang kommen: Sol in anderer Gangbahrer grobe Müntze / die bezahlung nach dem Werth geschehen / welchen sie in Zeit des Contracts, oder oberwehnte disposition gehabt / es were dann / das von den Contrahenten oder Disponenten, bey dem Contract, oder in der Verordnung / die Müntze selbst æstimiret worden / auff den Fall sol die von denselben gemachte Taxa angesehen werden / und nach derselben die Zahlung geschehen.

19.

Wann nun wegen Mangel berührter Müntze / besagte des achtzehenden Articuls / die Zahlung in anderer gangbahrer grober Müntze geschehen muß / auff den Fall sol solche Müntze gegeben werden / die zur Zeit des Contracts Gänge und Gebe gewesen / dem äusser- und innerlichen Werth nach / so die Müntze in Zeit auffgerichter Verschreibung oder gemachter Ordnunge gehalten.

[172]
20.

Were aber deren keine mehr verhanden / alsdann sol die Zahlung in Gülden oder Silbern Müntze geschehen / so in Zeit der Zahlung gangbahr / jedoch der alten Müntze Werth nach / dergestalt / wo ferne die Müntze an Valor oder Schrot und Korn gewachsen: So sol / wie beym neunden und zehenden Articul gesetzet / der Debitor den Zuwachs abzuziehen / in wiederigem Fall / da die Müntze verringert / der Creditor die erstattung des Abgang befugt seyn.

21.

Würde aber der innerlichen Gütigkeit wegen auff gesetzten Fall / einiger Streit zwischen dem Gläubiger und Schüldener entstehen: So wollen Wir der Gwardinen[48] und anderer Müntzverständiger Bedencken erforderen / und nach Befindung alsdann solche Irrigkeit entscheiden.

[173]
TITULUS II.
Von Leihen zum zimlichem
Gebrauch / Commodatum
genandt:
:
ARTICULUS 1.

Wann jemand dem andern ein liegend oder fahrend Gut / Pferd / Kleinodt / Silbergeschir / Kleider / Haußgerath / und anders dergleichen / zu einem sonderlichen Gebrauch / aus gutem Willen / und ohne jenigen verdingten Lohn / leihet / also das der Entleiher nach vollendetem Gebrauch eben dasselbige dem Hinleiher wiederümb zustellen sollen: So ist der / welchem es geliehen worden / dasselbe mit bestem und genauestem Fleiß / den ein jeglicher fleissiger Haußvater bey dem Seinen anzuwenpflegt / zuverwahren / und in gute Auffacht zu haben verpflichtet.

2.

Welcher Fleiß dann ebenmässig auch in allem / so dem Commodato anhängig / muß geleistet [174] werden / als / da einem verliehenen Mutterpferde ein Fülle folget / sol der Commodatarius auch zuverwarung des Füllen gehalten seyn.

3.

Derowegen / so durch den geringsten vermerckten Unfleiß oder Säumnüß / dasselb außgeliehenes Gut schaden genommen / verlohren oder ümbkommen / ist solches der jenige / welchem es geliehen / nach seinem billigen Werth zu erstatten und zu bezahlen schüldig.

4.

Darümb so ein Pferdt / mit demselben an einen gewissen Ort zu Reiten / oder auch vor dem Wagen zugebrauchen / würde entlehnet / und dasselbe auff der Reise / ohne einige Schuld und Versäumnüß / Schaden nehmen würde: So darff der Entleiher darzu nicht antworten / sondern ist bey dem Eigenthümer der Mangel / der sein Pferdt / so die Arbeit nicht ertragen können / zu solcher Reise verliehen hat.

5.

Würde aber nun über solchen angewandten gebührlichen Fleiß / und in dem Gebrauche darzu es ihm geliehen worden / aus unversehenem unglücklichem [175] Zufall / jenig Schade beschehen / ist der Entlehner zu Erstattung desselben nicht verbunden / es were dann / das er solchen Schaden und Gefahr außdrücklich auff sich genommen / oder das geliehen Gut an andere Ort / oder anderer Gestalt / oder weitere und längere Zeit dann es ihm geliehen / ohne des Hinleihers Wissen und Willen gebraucht hätte.

6.

Wird jemand vom Eigenthumms Herrn außgesand / jenig Gut / welches er einem andern außgeliehen / wieder abzuforderen / und ihm wieder zu zubringen / und aber derselbe / wann er es empfangen / damit entläufft: So ist solch Gut dem Eigenthumms Herrn verlohren / wäre er aber allein vom Eigenthumms Herrn außgesand / zu erinnern / das solch außgeliehenes Gut möchte restituirt und wieder geliefert werden: So muß derselbe / dem es geliefert worden / vor den Schaden hafften.

7.

Welcher Mann dem andern leihet seyn Pferd / Kleid / oder was es für Gut sey / und auff wasserley Weise er das aus seinen Wehren lässet / mit seinem Willen / und verkaufft es der jenige / der es in seinen Wehren hat / oder versetzt er dasselbige / oder wird es ihm abgeraubt oder abgestohlen: So mag der jenige der es [176] erstlich verliehen oder versetzt hat / darauff / wieder den Einhaber desselben / wo fern der jenige solches mit guten Titul an sich gebracht / keine Forderung haben / sondern muß sich deßwegen an denselben / welchem er es geliehen oder versetzt hat / oder so derselbige verstorben / an dessen Erben halten.

8.

Hingegen auch da der Commodatarius oder Entlehner / wegen Untüglichkeit oder Gebrechen des entliehenen Guts / so ihm von dem Verleiher wissentlich verschwiegen / oder das ihm dasselbe / ehe er es zu seinem Nutzen gebrauchen müge / wieder abgefordert würde / einigen beweißlichen Schaden genommen: So ist er deßhalben / wie nicht weiniger auch wegen auffgewandten Kosten / doch zimlichen Unterhalt und Futter davon abgezogen / wieder den Verleiher Spruch und Forderung anzustellen billig befugt.

[177]
TITULVS III.
Von Gütern / so zu
treuer Hand gegeben und hinterlegt werden:
ARTICULUS 1.

Wann jemande von einem andern Geld / Kleinodt / Brieffe / oder anders / Liegend oder Fahrend / zu getreuen Händen befohlen und eingegeben worden: So sol derselbe solches getreulich / als sein eigen Gut / bewahren / und da er das nicht thäte / sondern aus seiner Verwahrlosung und grosser Versäumnüß dasselb / so ihm verwahrlich zu behalten zugestellet / beschädiget / geärgert oder verlohren würde / ist er solchen Schaden zuerstatten und zubezaheln schüldig.

2.

Da aber solches zu jemands treuen Händen / eingeantwortetes Gut / von andern gestohlen [178] oder geraubt würde / oder durch Brand ümbkäme / und er solchen unversehnlichen Fall / wie Recht beweisen / und dann ferner bey seinem Eyde erhalten könte / das solches ohne seine Schuld geschehen: So ist er von ferner Anspruch gefreyet. Wie es auch in dem Fall / wann einem von andern Viehe oder Quick[49] vertrauet / und dasselbe stirbet / auff eydliche Betheurung / ebenmässig sol gehalten werden.

3.

Würde jemand dem Wirth in der Herberge / oder im Kruge / oder Badstuben / seinen Wetzschger[50] / Kleider / oder was es sonst seyn möchte / fleissig auffzuheben befehlen / und solch Gut abhändig gemacht / oder verlohren / so seyn die Wirthe / wo ferne sie keine Belohnung dafür begehret / oder empfangen / auch weiters nicht / sondern wo fern sie jenige Gefährlichkeit darbey gebraucht / darzu zu antworten verbunden. Da sie aber ümb eine Belohung sich zu solcher Verwahrung verpflichtig gemacht: So müssen sie auch / als die sich darzu vermietet / dasselbe verantworten.

4.

Hätte einer deponirtes Gut verkaufft / und solches darnach wieder gelöset / in meynung / es ferner als ein depositum in getreuer Verwahrung zubehalten / [179] folgends aber dasselb / wiewol wieder seine Schuld / ümbkäme oder verlohren würde: So sol er nicht desto weiniger dasselbe zubezahlen schüldig seyn / weil er einmahl seiner Treu und Pflicht nicht gnug gethan.

5.

Würde auch baar Geld im Säckel versigelt deponirt, und einer von den Erben desselbigen der es deponirt hätte / käme und forderte sothane Geld: So sol der Säckel vor dem Richter / oder auff gnugsame Bürg-Zucht / eröffnet / und sein erblich Antheil ihm allein gefolgt werden.

6.

Würde jemand bey einem etwas also deponiren, das nach seinem / der es empfangen / Tode solches solte wieder gegeben werden: So mag doch der es deponirt hat / wie auch desselbigen Erben / sothane Gut / bey Leben dessen so es bekommen / wol wieder forderen. Und da auch der deponent dergestalt was hätte deponirt, das es nach seinem des deponenten Tode solte wieder gegeben werden / das mag gleicher gestalt der deponent oder seine Erben / auch von deme darbey es verhanden / bey Leben[51] wieder forderen.

[180]
7.

Wann in Hispania / oder andern Königreichen oder Provincien etwas were also deponiret worden / das solches allhie in Hamburg / oder andern Oertern / wieder gegeben werden solte: So sol dasselbige nicht auff dessen / darbey es in deposito gelegt / sondern des deponenten Unkostung / geschehen.

8.

Wo einer von jemande etliche Gelder bey sich versiegelt in Verwahrung hätte / mit dem Beding / das er so viel wieder heraus geben solte / und folgends solche Gelder in seinen Nutz wendete / der ist post moram[52] Zinse davon zugeben schüldig. Wie imgleichen auch / so er solch deponirt Gut / ohne Vorwissen des deponenten oder Eigenthümers / zu eigenem Vortheil brauchen würde.

9.

Da eine eine Frau von hie / in abgelegene Königreiche oder Lande / zu ihrem Manne verreisen / und einen verschlossenen Kasten mit ihren Kleidern und Briefen einem guten Freunde anbetrauen würde / mit Verordnung / wo fern sie tods verführe / solches ihrem Sohn zu behändigen / solches sol alsdann dem Sohn / und nicht dem Manne / gefolget und gelassen werden.

[181]
10.

Hätte einer bey sich in deposito ein Pferd oder Viehe: So sol er dasselbe nicht gebrauchen / und ist auch nicht schüldig / dasselbe von dem seinem zu unterhalten / was er aber zu Unterhaltung desselbigen würde nothwendig auffwenden / dasselbe mag er wieder fordern. Und sol in deroselben Action allen andern Creditorn fürgezogen werden.

11.

Der Depositarius so am bestimmten Orte das deponirtes Gut auslieferen / und wo fern mehr dann ein Ort zur wieder einantwortung bestimmet: So hat der Depositarius darein die Wahle / und da kein Ort benennet ist / gibt der Richter den Ausschlag.

12.

Es sol aber ein jeglicher / welcher Geld oder Gut zu treuen Handen empfangen / dasselb dem jenigen / welcher es ihm zu treuen Händen zugestellet / auff sein Erfordern ungesäumet wieder einantworten / und sich dagegen keiner Compensation und Vergleichung / noch einiger anderer dergleichen verzüglichen Einreden zubehlfen haben.

[182]
13.

So aber einer / Schwerdt / Messer / Büchsen / oder andere dergleichen Waffen / zu getreuer Hand einem andern verwahrlich übergeben hätte / und derselb in seiner Unsinnigkeit / oder in grimmigen Sinn und Zorn solches wieder forderte / also das dahero Schade zubesorgen: So ist man solche Waffen zur selbigen Zeit zugeben und folgen zu lassen nicht schüldig.

14.

Im gleichen / da ihrer zween oder mehr / einig Gut hinderlegten / und ihr einer / ohne des andern Beyseyn oder Befehlig dasselbig wieder forderte: So ist der Depositarius oder Einhalter dasselbe heraus zugeben nicht schüldig / er würde dann gnugsam versichert / ihn deßwegen gegen den andern Schadloß zu halten / oder das Anfänglich beding were / das solch Gut jedem auff sein Erforden solte zugestellet werden:

15.

Ebener massen auch / da das hinterlegte Gut mit Recht und Gericht verboten und arrestirt würde / ist man dasselbige vor Erledigung des Arrests hinaus zugeben nicht verpflichtet.

[183]
16.

Wann der Schüldiger seinem Gläubiger die schüldige Gelder in zweer Zeugen Gegenwart offerirt, derselbe aber solche Gelder anzunehmen sich verweigert / und der Debitor dieselbe consigniret, und loco publica deponiret; So sol der Schüldiger damit von ferner Zinse / und zustehender Gefahr / befreyet seyn.

17.

Wann jemand etwas / ümb feindlichen Einfals / Feuers und Wassers-Noth / und andern derogleichen Gefährlichkeiten willen / bey einem andern deponiret, und derselbe der es empfangen / solches verleugnen und zu restituiren sich verweigeren würde / derselbe / wann er dessen überweiset / sol solches zur Strafe gedoppelt bezahlen.

[184]
TITULUS. IV.
Von Pfandschafft und
Verpfändungen:
ARTICULUS 1.

Ein jeglicher so nach diesem Unserm Stadt-Recht / seine Güter selbst zuverwalten hat / ist mächtig / dieselbe seine Güter / nach seiner Gelegenheit / Schulden / und anderer Sachen halben / zu verpfänden.

2.

Wann ein Gläubiger in seines Schuldners beweglichem Gut / Verpfändung hat / und ihm doch dasselbe in seinen Gewehren gelassen / der Schüldener aber immittelst / ehe dann der Zahlungs Termin kommen / solche verpfändete fahrende Haab verhandelt / oder in andere Hände gebracht / so wollen Wir / das auff den Fall / zu befürderung gemeiner Handthierung / und Vermeidung beschwerlicher disputation, der Gläubiger die verpfändete [185] bewegliche Güter / von denen Personen / die sie mit gutem Glauben und richtiger Ankunfft erlangt / wiederümb abzufordern nicht befugt seyn sol. In unbeweglichen Gütern aber sol dem Gläubiger / sich an die ihm verpfändete Güter / unangesehen das sie in andere Hände transferirt (wo fern die rechtliche Gewehr der præscription darüber nicht verflossen) zuhalten unbenommen seyn.

3.

Ob wol auch derselbige / welcher Güter nießlich zugebrauchen hat / solche Gerechtigkeit des Niessens nicht versetzten oder verpfänden kan: So ist ihm doch solches von den Nutzbahrkeiten und nießlichen Hebungen und Fruchten zu thun erlaubet.

4.

Wann ein Mann bey schlaffender Zeit aus der Stadt fähret / der mag seine fahrende Haab oder Kistenpfandt[53] nicht versetzen / dann für zween ehrlichen Leuten / aber unbewegliche Erbe und Zinse sollen für sitzendem Rath in offener Audientz verlassen und auffgetragen werden / und was also für dem Rath verlassen / und in dem Stadt-Buch geschrieben wird / dar gehet kein Zeuge über / wann aber der Schuldener solches bezahlet / so sol er sich für dem Rathe loß schelten / und im Stadt-Buch tilgen lassen.

[186]
5.

Auch da jemand einem andern für eine Schuld sein Hauß oder unbeweglich Erb / obgesetzer massen / vorm Rathe verpfändlich versetztet und aufflässet / derselbe mag die Ubermaß / und so viel das Erb besser ist dann vorige Schuld / einem andern auch Verpfänden / doch das solches / wie gemeld / vorm Rathe beschehe / darmit ein jeder / so darwider zu sprechen hat / solches darselbst öffentlich thun / und darauff ferner wie Recht verfahren müge.

6.

So jemand einem andern Geld zu Zahlen schüldig / und ihm dafür sein Erbe zuverpfänden anderbietete / dasselb ist der Gläubiger anzunehmen nicht schüldig / es schwere ihm dann der Schüldiger / das er weder Pfenninge / Kistenpfandt / oder bewegliche Güter habe / und als dann mag er ihm sein frey Erbe / da er eins hat / versetzen und verpfänden.

7.

Es sol aber ein jeglicher Pfandt-Herr oder Gläubiger / so lange er das Pfandt in seiner Gewarsam hat / dasselbig / wie ein jeder fleissiger Hauß-Vater sein selbst eigen Gut / versorgen / und so fern er das nicht thäte / [187] sondern duch seine Fahrlässigkeit und Versäumniß dasselbig Pfand schaden nehme / ist er dem Verpfänder deßwegen / nach Erkäntnüß / Abtrag- und Erstattung zu thun schüldig.

8.

Würde dann über seinen gebührlichen Fleiß / ausserhalb seiner Versäumiß und Hinlässigkeit / das eingesetzte Pfand geendert / beschädiget oder verlohren / daß sol er dem Gläubiger nicht gelten / sonder ihm nichts weniger bevorstehen / seine völlige Schuld an dem Schüldiger / oder dessen Erben / zufordern.

9.

Wann einer dem andern Güter / so jährliche Nützung tragen / versetzt / und zu seinen Händen stellet / was dann der Gläubiger von solchen Nützungen auffhebet und einnimpt / das ist er auff Abzug des auffgewandten Kostens / dem Verpfänder an der Schuldsummen abgehen zulassen schuldig / Es wäre dann zwischen ihnen ein anders bedingt worden / welch Vorbeding und Abrede dann billig in Acht zu haben / und bey Würden zulassen.

10.

Es mag aber keine Verpfändung derogestalt / und mit dem Beding geschehen / daß / wann [188] das Pfand innerhalb gewisser vorbestimbter Zeit nicht wieder eingelöset / und die Schuld bezahlet wird / alsdann dasselbig Pfand des Gläubigers eigen seyn solle / und fürder nicht mehr eingelöset werden möge / sondern ist solch Geding / als wucherlich / wann es gleich mit einem Eyde betheuret wäre / für nichtig und krafftloß zu halten.

11.

Dann / wann und zu welcher Zeit die Schuld / oder anders / darumb ein Pfand eingesetzt / vollenkömmlich bezahlet / und derohalben eine Vergnügung beschehen / so ist der Einhaber schüldig / das Pfand wieder zu geben.

12.

Wann jemand ein Hauß / Schiff / Keller / Gemach oder dergleichen / umb eine gewisse Häure oder Zinse mietet: So ist das jenige / was von Haußgerath oder anderer fahrender Haab ihm zugehörig darein gebracht / dem Hauß- und Eigenthummsherren umb die versprochene Zinß und alle Beschadung so dem verheureten Hause und Gemach durch des Einwohners Unfleiß zustehet / stillschweigend und ohne einig Vorgeding verpfändet / und hat derselbige Haußherr Macht / desselben Haußgerath und andere eingebrachte Wahren und Güter / so viel die verfallene Haußzinß und Schaden sich [189] ungefährlich belauffen / mit Erlaubung des Gerichts-Verwalters / durch einen Diener versperren und anhalten zulassen / Auch darauff mit ferner Gerichtshülff / wie gewöhnlich / biß zu völliger Bezahlung zuverfahren.

13.

Hat aber jemand Land-gut oder Garten / umb gewisse Zinß verliehen: So seyn die Früchte so darauff wachsen / dem Eigenthumbsherren oder Verleiher umb denselben Zinß stillschweigend verpfändet / und sol es mit solchen Früchten / wie nechst zuvor von fahrender Haab verordnet / gehalten werden.

14.

Im gleichen / wann jemand zu Erbauung oder zu Besserung und Unterhaltung seines Hauses / Schiffes / und anderer Güter / Geld oder anders darleihet: So seyn ihm solch Hauß / Schiff / oder Güter / dafür stillschweigend verpfändet.

15.

Ebenmässig auch / wann ein Vormundt oder Versorger / seiner Pflegkinder Güter in Verwaltung hat: So seyn desselben Haab und Güter den [190] Pflegkindern zu alle dem jenigen / was er ihnen obbesagter Verwaltungen wegen zu thun verpflichtet / ob er gleich dieselbe anfangs außdrücklich nicht verpfändet hätte / jedoch / vermöge nach gesetzter unserer Ordnung / im 3. Theil / Tit. 6. von Vormund- und Pflegschafften / Art. 13 . so hinfüro beschehen sol / stillschweigend verbunden.

16.

Da jemand in Außzahlung oder Abrichtung einiger Schülde / zu dessen Versicherung er sein Hauß / oder anders / Pfandtsweise verschrieben / säumig seyn würde / also daß deßwegen das Pfand Gerichtlich zu achter folgen nothwendig seyn wolte: So sol darmit / wie hieroben in der Gerichts-Ordnung unter dem Titul: Von Ungehorsam des Beklagten / im 5. Articul zu finden / procedirt und verfahren werden.

[191]
TITULUS V.
Vom Vorgange der
Gläubiger in Pfandschafften /
und sonsten:
ARTICULUS 1.

Wann wegen Vorzugs der Gläubiger Streit vorfällt / so sol zu forderst / was vor dem Rathe verlassen / und in das Stadt-Buch verzeichnet worden / allen andern Verpfändungen / so nicht vor dem Rathe beschehen und eingeschrieben / vorgezogen werden / Und unter diesen sollen allewege die Aeltere den Fürgang haben / oder aber / da mehr Verpfändung zugleich auff einen Tag vor dem Rath beschehen / und eingeschrieben worden / alsdann die Gläubiger zugleich / doch nach Anzahl ihrer jeden Schulden / zugelassen werden / Es wäre dann Sache / daß die Partheyen sich anders verglichen.

[192]
2.

Nach diesen sol aus des Verstorbenen Gütern / was auff desselben Begräbnüß / wie imgleichen an Artzeney und Artzten-Lohn auffgangen / abgetragen und bezahlet werden.

3.

Da auch jemand unwissendlich / einem / so in Schulden vertieffet / und alsbald nach ein Tag drey oder vier außzutreten / und zu Bancorotieren fürhabens ist / und also gefährlicher Weise handelt / auff guten Glauben / Wahren verkaufft und überlieffert / wollen Wir / daß derselbe in solchen Wahren / wie viel derselben bey dem flüchtigen Debitorn noch verhanden / allen andern Gläubigern billig vorzuziehen.

4.

Darnach ist der jenige / welcher kein Hauß / Schiff / Keller / oder anders dergleichen / umb eine gewisse Häure vermietet / in der eingebrachten fahrenden Haab / Wahren und Gütern / wegen seiner außständigen Pension und Häure / allen ander Creditorn, ob die gleich ältere bedingte / oder auch stillschweigende / in allen oder etlichen des Schüldeners Gütern Verpfändung hätten / billig vorzuziehen

[193]
5.

Ferner / ob wol die Haußdienste ihres verdienten Lohns halben / ohne besondere Beding / keine Pfandgerechtigkeit haben: So sollen doch dieselben / nach uhraltem Rechte und Gewohnheit dieser Stadt / in demselben ihrem Dienstgeld / oder Lohn / allen andern Creditorn mit Bezahlung fürgehen.

6.

Nechst diesem sol auch ein Wirth wegen seines Gastes / vor ein Jahr Kost und Bier / so er ihm / nach Standes Gelegenheit / zu seiner nothdürfftigen Unterhaltung gereichet / und vertrauet / in dessen Gütern vor allen andern Creditorn den Vorzug zu haben.

7.

Wann einer dem andern zu Erkauffung eines Hauses / Schiffs / oder andern Guts / Geld darleihet / mit dem Beding / das ihm solch erkaufftes Gut für ein dargeliehen Geld zu Unterpfand stehen sol / derselbe Darleiher hat auff demselben Gut vor allen andern Gläubigern den Vorgang / ob gleich demselben zuvor einige Verpfändung geschehen were / jedoch das die Verpfändung / welche in dem Stadt-Buch verzeichnet / wie obgedacht [194] allewege / so wol in diesem als andern Fällen / den Vorgang habe.

8.

Im gleichen / so einer dem andern zu Erbauung / Besserung / oder Unterhaltung eines Hauses / Schiffs / oder andern Guts / Fürstreckung gethan hätte / und beweisen würde / das es eine Nothdurfft gewest / und sein dargeliehen Geld oder anders dahin gewendet worden were: So sol ihm deßwegen für allen andern Gläubigern / ob gleich dieselbe zuvor einige Verpfändung hätten / zur Bezahlung verholffen werden.

9.

Da auch der Handwercker Arbeit / zu nothwendiger Erbauung oder reparirung des Schüldeners Hauses / Schiffs / oder dergleichen angewandt. So sol auff solchen Fall in dem erbessertem Hauß / Schiff / oder dergleichen / ihnen für allen andern / wie obgemeld / der Vorzug billig gegönnet werden.

10.

Wiewohl nach gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / die Ehefrau / ihres eingebrachten Brautschatzes wegen / und daher rührenden stillschweigenden [195] Verpfändung / in ihres Mannes Gütern vor allen andern Creditorn, ob die gleich ältere stillschweigende Verpfändungen hätten / vorgezogen werden: So wollen Wir doch / zu Handhabung gemeines Nutzens / Trauens und Glaubens / und zu Beforderung der Handthierung / auch weil es hiebevor in dieser Stadt üblich also gehalten worden / hiemit geordnet haben / das die Frauen ihres eingebrachten Brautschatzes halben / in ihres Mannes Schulden / so in stehender Ehe gemacht / nicht allein keinen Vorzug haben / sondern das auch derselbe Brautschatz / wie dann imgleichen alle andere / ihre in stehender Ehe angeerbte Gütere / vor ihres Mannes Schülden gäntzlich hafften und gehalten seyn sollen. Was ihr aber nach ihres Mannes Tode / oder auch / nach dem derselbe entwichen / anstirbet / dessen hat sie billig sampt ihren Kindern zugeniessen / und haben ihres Mannes Creditorn keine Forderung oder Zuspruch daran / es sey dann / das sie sich anders verschrieben.

11.

Da auch jemand binnen dieser Stadt / ihm eine Witwe oder Jungfrau vertrauen liesse / und bey der Velöbnüß sich seiner Güter höher / als dieselben werth seyn / berühmete / oder aber auch keinen Brautschatz Nahmkündig gemacht hätte / und er darnach dergestalt in Schülden vertieffet befunden würde / das er nach Ablegung [196] derselbigen nichts Eigenes gehabt / oder auch seinen berühmten Brautschatz frey einbringen könte: So sollen der Jungfrauen oder Witwen Güter / vor die Schuld so vorhin gemacht / sie haben in wehrender Ehe Kinder mit einander erzeuget oder nicht / keines weges gehalten oder verpflichtet seyn / und sol derselbig seiner Haußfrauen Hauptstul / ohne der Freunde Willen zu beschweren nicht mächtig seyn.

12.

Nach diesen sollen alle andere Gläubigere / deren Schülde im Stadt Buche nicht vergewisset / und doch entweder außdrücklich bedingte / oder stillschweigende Verpfändunge haben / nach eines jeden dato so sol an der Hauptsummen / als hinterstelligen verfallenen Zinsen / bezahlt werden. Was aber Hauptsummen / so im Stadt-Buche geschrieben stehen / belangen thut / sol der jüngste Gläubiger / der das Erbe zu entsetzen sich im Gerichte erkläret hat / den jenigen / so vor ihm ältere Verpfändung im Stadt-Buch haben / mehr nicht dann eines Jahrs betagte / und des angefangenen Jahrs fällige Rente / neben dem Hauptstuel / zu bezahlen verpflichten seyn / jedoch ist gedachten ältern Creditorn ihre action wegen dero von etlichen Jahren auffgewachsenen Renten / gegen den Debitorn hiermit nicht benommen / sondern es haben auch gemeldte Gläubigere in Concursu Creditorum, gedachter [197] Rente halben / in andern des Schüldners Gütern / nach ihrem dato, des Vorzugs zugeniessen.

13.

Auch wann einem in gemein alle Haab und Güter / und folgends dem andern ein besonder Stücke von denselben Gütern / außdrücklich verpfändet worden: So hat der erste auch den Vorgang / in dem hernacher einem andern besonderlich verpfändetem Gute. Da aber dem Gläubiger auff ein sonderbahr Gut Verpfändung geschehen / und zugleich alle andere Güter zu Unterpfandt gesetzt weren: Sol der Gläubiger zuforderst aus dem special gesetztem Pfande die Bezahlunge suchen / und da er dieselbe daraus erlangen kan / den anderen Creditorn, welche jüngere Verpfändung haben / ihre Schuld aus den übrigen zu suchen nicht hinderlich seyn.

14.

Stehen aber in auffgerichteten Pfandt-Verschreibungen die data gleich: So sollen die Gläubiger auch zugleich / doch nach Anzahl ihres jeden Schulden / wie ob stehet / zugelassen werden.

15.

Da auch jemand Geld ausgeliehen / damit einen andern Gläubiger / dem ein Gut Verpfändet [198] ist / zu bezahlen / so trit derselbig / auff den Fall er solches bedinget / an dessen stet / der mit solchem Gelde außgelöset und bezahlt worden.

16.

Wann jemande ein Gut zu treuen Händen verwahrlich zugestellet / und von demselben / unwissent des deponenten, verendert und verthan were: Sol solches vor allen andern Schülden / so keine außdrückliche oder stillschweigende Verpfändung haben / aus des Depositarii Gütern bezahlet werden / ist es aber noch verhanden: So wird solches dem deponenten oder seinen Erben / für allen andern Creditorn billig gefolget.

17.

Nach diesem / wann die Gläubigere / so entweder außdrückliche bedingte oder stillschweigende Verpfändung haben / allesampt bezahlet seyn: Sollen die jenige / so keine Verpfändung haben / nach advenant oder Anzahl eines jeden Schulde / ohne einig unterscheid des datums, so weit sich des Schuldeners Güter erstrecken / zugleich ihre Bezahlung empfangen.

[199]
TITULUS VI.
Von Bürgen und Bürgschafften:
ARTICULUS 1.

In allen Obligationen und Handlungen / es sey dann dasselbe außdrücklich in den Rechten verbothen / können Bürgen genommen werden / welche nicht allein sich / sondern auch ihre Erben / verbinden / ob gleich derer in der Verschreibung nicht gedacht wird / es were dann / das in der Verschreibung außdrücklich bescheiden / das an stat des Bürgen / so versterben möchte / der Schüldiger dem Gläubiger einen andern Bürgen setzen solte / dann auff sothanen Fall haben die Erben des verstorbenen Bürgen sich excipiendo zu schützen: Aber in malefitz Sachen / als Diebstal / Raub / Morgen / und dergleichen / so jemand auff handhaffter That begriffen / hat derselbe keiner Bürgen zu geniessen. Weren aber in Verbrechungen also beschaffen / das sie nicht an Leib und Leben giengen / können dafür [200] Bürgen genommen werden / welche sich zu einer gewissen Peen müssen obligieren, und da die Sache ihrem Principal zu wiedern liesse / werden sie mit erlegung der Peen entfreyet.

2.

Alle dieselben / so vor sich beständiglich contrahiren, können sich auch für andere bürglich verpflichten / dahero Weiber / so nach diesem Unserm Stadt Recht Unmündig / und Knaben unter achtzehen Jahren / ohne ihre Curatorn und Vormündere sich nicht können als Bürgen beständiglich verpflichten.

3.

Die Bürgen können nicht also verbunden werden / das sie mehr solten bezahlen dann der Principal Schüldener / wiewol sie gestrenger obligirt und verknüpfft werden können / das jenige / darzu sich der Principal obligirt, zubezahlen.

4.

Dahero wann einer zehen schüldig / und setzet einen Bürgen auff funfftzehen / geldet die Bürgschafft höher nicht / dann auff zehen / darzu sich der Principal verbunden.

[201]
5.

Die Bürgschafft kan weiter nicht / dann die Wort deroselben lauten / außgestrecket werden / darümb / wann einer zum Bürgen gesetzet vor Schuld: So muß er zwar / auff den Fall der Nicht-Haltung / die Schuld bezahlen / aber für den Schaden darff er nicht antworten / sondern der Principal muß denn gelten und richtig machen / es were dann ein anders außdrücklich paciscirt und bedingt.

6.

Dann so ein Bürge / so wol vor die Rente / Interesse und Schaden / als vor die Hauptsumma sich verpflichtet / ist er auch solches / dafür er sich verpflichtet / auff den Fall der Nicht-Haltung des Principalis / wann er darümb besprochen wird / abzutragen schüldig.

7.

Die Bürgen haben dreyer Wolthaten sich im Rechten zugebrauchen / als nemlich vors erst / das ehe und zuvor der Principalis excutiirt, und Unzahlbahr befunden / die Bürgen nicht mügen / zur Zahlung angehalten werden / es were dann Sache / das sie sich solcher Exception Excussionis Principalis außdrücklich begeben; also auch / wann ein oder mehr Bürgen sich / als selbstschüldige [202] verpflichten / hat der / oder dieselbige / die sich also verpflichtet haben / sich hinförter der Exception Excusionis Principalis nicht zugebrauchen / sondern müssen wir die Sachwaltere selbsten halten.

8.

Das andere beneficium oder Begnadung Rechtens ist diese / wann sich etliche Bürgen für eine Schuld eingelassen / und verpflichtet / das ein jeder mit Bezahlung seines Antheils / so ferne die Bürgen alle zu bezahlen haben / von der Bürgschafft sich erledigen könne / es were dann gleichfals Sache / das die Bürgen sich solcher Gutthat gemeines Rechtens außdrücklich begeben / oder sich einer vor alle / und alle vor einen / verpflichtet hätten / dann auff solchen Fall der Gläubiger alle Bürgen / oder aber einen unter ihnen / welchen er will / umb die Bezahlung anzulangen / und so er von einem nicht kan vollnkömlich bezahlet werden / hat er macht / die Schuld von den andern Mitlobern / oder so etliche davon verstorben / von derselben Erben biß zu seiner gantzen Bezahlung / zuforderen.

8.

Weren aber die Mitlober etliche verarmet / müssen die Vermügene der Umvermügenen portion pro rata auff sich nehmen / und dieselbige abtragen und bezahlen.

[203]
10.

Die dritte Wohlthat Rechtens / deren sich die Bürgen zubehelffen / ist / daß / wann aus etlichen Bürgen / so sich zusammen für eine Schuld verhafftet / einer besprochen wird / derselbe seiner Mitbürgen wegen ehe nicht zahlen dörffe / es sey ihm dann von dem Creditore seine Fürderung / so wol wider den Principal, als den Mitbürgen / cedirt und auffgetragen.

11.

Und mag der Bürge nach auffgetragener solcher Forderung / einen jeglichen der Mitbürgen umb seine Quotam und gebührenden Antheil / nicht aber ümb die gantze Summ und in solidum, besprechen / es sey dann / daß sich die Bürgen / wie obgemeld / ein vor alle / und alle vor ein obligirt, und also des beneficii divisionis verzeihet hätten / dann auff solchen Fall auch der Bürg / nach beschehener cession, eben so wol wie der Principal, von einem seinen Mitbürgen alles das jenige / so er über seinen Antheil bezahlet / wieder zu fordern befugt ist.

12.

Da aber jemand der Bürgschafft verleugnet / und dessen zu Rechte überwiesen were / machet [204] er sich aller vorgesetzter dreyer Wohlthaten und Begnadung Rechtens / so den Bürgen vergönnet / allerdings unfähig und verlustig.

13.

Wann einer etwas kaufft von einem / auff gewisse Zeit zu bezahlen / und der Verkäuffer trauet dem Käuffer / also das er der Käuffer es in seine Gewehr bringet / wil der Verkäuffer alsdann Bürgen für die Bezahlung haben: So darff er ihm alsdann keine Bürgen dafür stellen / es were dann offenbahr / kund und notorium, das er flüchtig oder weichhafftig[54] seyn würde.

14.

Wann jemand ein Erbe verlassen wird / der sol immer zu Bürgen nehmen / auff das er verwahret werde Jahr und Tag / und entbricht ihm etwas an der Gewehrde / das sol der Bürge entrichten. Und wann die Gewehr Jahr und Tag geschehen ist / so ist der Bürge frey / und der / deme das Erbe verlassen und zugeschrieben / dasselb näher zubehalten / dann es ihm jenig Mann abzuwinnen. Es were dann / das der jenige / welcher es anzufechten Vorhabens / durch Rechtmässige Uhrsache außheimisch gewesen / so hat er billig von Zeit der erlangten Wissenschafft noch Jahr und Tag zugeniessen.

[205]
15.

Hat ein Bürge für einen Contract / der allein auff eine gewisse und benandte Zeit geschehen / gelobet: So ist alsdann / nach verlauff der Zeit / da der Gläubiger / auff Unterhaltung / oder aus gutem Willen / dem Schüldener weitere Frist / ohne des Bürgen Vorwissen / gegeben / der Bürge ledig / wie imgleichen / da der Bürge außdrücklich in seiner Verpflichtung bedingt / das nach Außgange einer gewissen Zeit / er ferner nicht hafften / noch Bürge seyn wolle / und der Gläubiger gibt dem Principal fernere dilation, darin der Bürge nicht gewilliget: So ist er der Bürgschafft ledig. Sonsten ins gemein wird der Bürge / welcher der Bezahlung halben gelobet / nicht entfreyet / ob gleich nach verlauff der Zeit / da die Bezahlung fallen sollen / der Gläubiger ohne des Bürgen Vorwissen / weitere Frist gegeben hätte.

16.

Es sol aber in allewege dem Bürgen erlaubet seyn / so er vermercken würde / das der Selbgelter seine Güter verschwendete / oder sonsten in Abgang seiner Nahrung käme / gegen den Principaln und Selbgelter / ümb Enthebung und Erledigung seiner Bürgschafft / zu klagen.

[206]
17.

Welcher gestalt aber der Bürge demselben / gegen welchen er sich verpflichtet / verhafftet ist / solcher gestalt hat er auch ihm hinwieder denselben / vor dem er gelobet und bezahlet hat / verpflichtet / ihn schadeloß zuhalten.


TITULVS VII.
Von Wechsel und Wechsel-Brieffen:
ARTICULUS 1.

Wer einen Wechsel-Brieff acceptiret, der wird Debitor oder Selbschüldiger / so wol als der das Geld selber auffgenommen und empfangen hat.

2.

Wann ein Wechsel-Brieff von fremden Oerten kömpt / und auff einen zu acceptiren assignirt [207] ist / und derselbe zu acceptiren sich verweigert / So mag der Einhaber des Wechsel-Brieffes alsbald protestiren; wil er aber demselben / so acceptiren sol / zu Gefallen drey Tage warten / sol ihm solches / wofern kein Bote in mittelst nach dem Orte / da das Geld außgezählet ist / gehen würde / ohn præjudicirlich und ohn schädlich seyn.

3.

Wil in den dreyen Tagen der / an welchem der Wechsel-Brieff consignirt, nicht acceptiren / so gebühret dem Einhaber des Wechsel-Brieffes zu protestire; das protestiren zu rücke zu senden / den Wechsel-Brieff aber bey sich zubehalten biß der betaget; wil alsdann derselb / an welchem der Wechsel-Brieff geschrieben / noch bezahlen / so muß der Einhaber empfangen / jedoch daß die wegen des Protests auffgewandte Unkosten zugleich mit erlegt werden. Wil er aber nicht bezahlen / so muß der Einhaber protestiren vom Hauptstul / Schaden und Interesse, das Protest neben dem Wechsel-Brieffe zu rücke senden / und die Bezahlung des Hauptstuls / Interesse und Schadens nach Wechsels-lauff / wie die zurücke gehet / von dem principal Auffnehmer wieder forderen.

4.

Wann ein Wechsel-Brieff betaget und verfallen / sol der Einhaber desselben an möglichem [208] Fleisse das Geld zu forderen nichts lassen erwinden. Da aber der acceptator in der Bezahlung säumig befunden würde / sol der Einhaber des Wechselbrieffes innerhalb zwölff Tagen zu protestiren schüldig seyn / und sol ihm dieselbe Zeit / wo fern er fleissig gefordert / und inmittelst keine novation, pacta und andere Gedinge mit dem acceptatorn gemacht hat / unnachtheilig seyn. Würde er aber nach Verlauff der zwölff Tagen erst protestiren; So hat er damit seine Anspruch an dem Principal Auffnehmer verlohren / und muß sich an den acceptatorn halten / es werde dann das Sonntage oder heilige Tage einfielen / darauff kein protest mag gemacht werden.

5.

Wann einer einen Wechselbrieff zu sich nimmt / und gelobet zu acceptiren, der sol zubezahlen schüldig seyn.

6.

Wird jemande ein Wechselbrieff zu acceptiren gegeben / und derselbige solchen drey Börsezeit sich behält / und der vorige Einhaber des Wechselbrieffes ihn wieder abfordert / aber nicht wieder bekommen kan / so sol derselbe vor vollnkömmlich acceptiret gehalten / und wann derselbe verfallen / von dem / der den [209] Wechselbrieff über vorbenandte Zeit bey sich behalten / und auff beschehene Abforderung nicht von sich gegeben / bezahlet werden.

7.

Wann einer Geld auffgenommen / und an bestimbtem Orte / der darauff gegebener Wechsel-Brieff nicht acceptirt wird / und davon protest wieder zu rücke kömpt: So ist der Auffnehmer in continenti ohne Verzug Bürgen zu stellen / oder gute Wahren und Pfande zu überliefferen verpflichtet / damit der Creditor wegen Hauptstuels / Unkosten und Schadens müge gesichert seyn.

8.

Wann ein Diener / ohne schriftliche Vollmacht und Instruction einen Wechselbrieff / der an seinen Herrn consignirt, acceptirt; So ist der Herr denselben / wann er verfallen / zu bezahlen nicht verbunden / hat aber der Diener schrifftliche Vollmacht von seinem Herrn: So muß der Herr auff verfallene Zeit billig bezahlen.

9.

Wann einem ein Wechselbrieff præsentiret, und von demselben nicht acceptiret ist / mag der [210] dritte / zun Ehren dessen der den Wechsel-Brieff außgegeben / acceptiren; und wann derselbige die Bezahlung gethan / und durch transport den Wechsel-Brieff empfangen / hat er die Action gegen den Debitorn, von demselben die Bezahlung wieder zu suchen / oder er lasse protestiren / acceptire den Wechsel-Brieff / und bezahle / und nehme zu sich den Wechsel-Brieff mit dem Protest, damit er das Seine könne wiederforderen / und dieselbe dritte Persone ist in Krafft der Acceptation schüldig / den Wechsel-Brieff zubezahlen.

10.

Es sol niemand einigen Wechsel-brieff bezahlen / ehe und zuvor daß derselbige betagt und verfallen / dann da es sich begebe / daß derselbe / an den die Bezahlung vor der Zeit geschehen / inmittelst fallirte; auff solchen Fall ist sodane Bezahlung zu Nachtheil und Gefahr desselben / der den Wechsel-Brieff vor der Zeit bezahlet hat.

11.

Es mag auch der jenige / der die Summa oder Pfenninge / in dem Wechsel-brieffe gemeldet / außgezählet / als Herr des Wechsels / die Commission darinne begriffen / widerruffen / oder widerruffen lassen / durch denselben der den Wechsel-brieff re integra geschrieben / ehe und zuvor der Acceptant denselben bezahlet / Es wäre dann / daß der jenige / an den der Wechsel-brieff zubezahlen gelanget / [211] kein schlechter Mandatarius oder Befehlighaber des Senders des Wechselbrieffes / besondern daß dieselbe Pfenninge ihm gehörig / und bey dem Wechsel-Brieffe avito und Befehl bekommen / in rem suam und zu seinem selbst eigenen Nutze / die darinne begriffene Summa zu empfangen.

12.

Wann Wechsele auff Franckfurt / Leiptzig / Naumburg / und dergleichen Messen und Jahrmarckte übergeschrieben / daselbsten acceptirt und nicht bezahlet werden / sollen den Einhaber des Wechsel-brieffes ohne præjudicio und Nachtheil drey Tage / nach dem das Geleide / weggezogen / an den Oerten da das Geleide gebräuchlich / und an andern Oerten drey Tage nach der Zahl-Woche das Protest zuthun gegönnet werden. Würde er aber gar nicht / oder nach verlauff dreyen Tagen / protestiren / hat er seine action gegen den Principal Auffnehmer damit verlohren / und muß sich an den Acceptatorn halten.

[212]
TITULVS. VIII.
Von Kauffen und Verkauffen:
ARTICULUS 1.

Eine Frau die Kauffmanschafft gebraucht / offene Laden und Fenster hält / mit Gewicht aus- oder einwieget und mist / sol pflichtig seyn / das jenige so sie kaufft oder verkaufft / zu zahlen und liefferen. Die aber / so der Kauffmanschafft nicht zugethan / kan ohne ihres Mannes oder ihrer Vormünder Wissen und Vollbort / ausserhalb Linnewandt und Flachs / zu des Hauses Nothdurfft gehörig / nichts beständiglich contrahiren. Hätte sie aber / ohne Consens ihres Vormundts etwas auffgeborget / oder gekaufft / sol dem Gläubiger verstattet werden / ihr das oberste Kleidt abzunehmen / biß daß er bezahlet ist.

2.

Dieser Stadt Güter sol niemand verkauffen / [213] ohne öffentlich Anschlag / Consens und Bewilligung eines Erbahrn Raths.

3.

Wer sein Erbe / es sey Brau- oder Wohnhauß / so er geerbet / befreyet / oder auch mit seinem wol gewonnenem Gelde an sich gebracht / verkauffen wil / der sol es zu forderst zween Erbgesessene Bürgere / den beyden seiner nechsten Freunde / dar sein Gut auff fallen mag / an praesentiren / und wann die es nicht begehren / denen verkauffen / so das meiste dafür geben wollen.

4.

Wann jemand in dieser guten Stadt / des Juris retractus oder Vorkauffs geniessen / und in den Kauff treten wil / der sol / wann er gebührlich ersucht / alsbald / oder je auff das höchste innerhalb zween Monaten / sich erklären / und dasselbige Geld erlegen / so ohne Betrug und heimliche Untersetzung zum höchsten dafür geboten wird; und da des Argwohns oder bösen Verdachts / gnughafftige und erhebliche Anzeige wären / sol der Verkäuffer das rechte ware Kauffgeld / vermittelst seines leiblichen Eyds / nahmkündig zu machen / und der in den Kauff treten wil / gleichergestalt bey seinem Cörperlichen Eyde zu erhalten schüldig seyn / daß er solch Gut vor sich / und nicht einem andern zum besten kauffe.

[214]
5.

Wann in dieser Stadt und derselben Jurisdiction Güter auff Leute / die allhie keine Bürger oder Unterthanen seyn / versterben / und derselben Erben einer vor der Theilung den Erbfall verkauffte: So ist derselbe der die Theilung thun / und das Gut von sich geben sol / der nechste zu dem Kauff / wann er die Pfenninge / darumb der Erbfall verkaufft ist / erlegen wil. Und da wegen des Kauffgelds Zweiffel oder böser Argwohn entstehen würde / sol der Verkäuffer das Kauff-Geld bey seinem leibliche Eyde nahmkündig zumachen schüldig seyn.

6.

Wann liegende Gründe / stehende Erbe / oder Zinse / verkaufft seyn / sollen dieselbigen vor dem sitzendem Rathe in öffentlicher Audientz verlassen / und folgends in dieser Stadt Erb- oder Rent-Buch geschrieben werden / und der Verkäuffer des Hauses / die Gewehre mit einem gnugsamen Bürgen auff Jahr und Tag / dem Käuffer zubestellen schüldig und verbunden seyn.

7.

Nach Außgang Jahrs und Tags kan niemand verkauffte / verlassene / und in der Stadt-Buch [215] zugeschriebene Erbe anfechten / Es sey dann / daß er durch rechtmässige Uhrsache außheimisch gewesen: So hat er billig von Zeit der Wissenschafft noch Jahr und Tag zugeniessen.

8.

Welcher Mann etwas kaufft / der sol sich vorsehen / und eigentlich wahr nehmen / was und von weme er kaufft / dann / wann ein Gut gestohlen / geraubet und abgetrogen ist / und der rechte Herr desselbigen kömpt / und glaubwürdige Anzeig thut / das solches Gut sein gewesen und noch sey: So mag er dasselbe mit Vorwissen des Richters / ohne alle Entgeltnüß und Bezahlung des außgegebenen Kauff-geldes / wiederumb an sich nehmen / und sol der Käuffer / wofern er umb den Diebstal und Betriegung gewust / mit gebührender Straffe belegt werden.

9.

Wann Käuffer und Verkäuffer sich dessen vereinbahren / daß ihre Abrede in Schrifften sol verfertiget werden / und alsdann erst bündig seyn: So ist der Kauff von keinen Würden / biß daß dieselbige Schrifft in allen ihren Puncten beliebet und vollzogen ist.

[216]
10.

Ein Kauff und Verkauff / kan in dieser guten Stadt auch wol ohne Gottespfenning / beständiglich getroffen werden; wann aber derselbige ergangen / ist der Kauff dadurch desto mehr bekräfftiget.

11.

Welcher Mann sein Gut verkaufft / mit dem Bedinge / so fern der Käuffer innerhalb sechs Monath das Kauff-Geld nicht erlegen wird / so sol der Kauf von keinem Würden seyn / der hat gnugsame Macht / und stehet allein in desselbigen / und nicht in des Käuffers Gefallen / wann die sechs Monath verflossen / und das Geld noch nicht bezahlet ist / entweder das Kauff-Geld zu fordern / oder gantz und gar von dem Kauf abzustehen / und seine Wahre wiederumb zu sich zu nehmen. Doch wann er den einen Weg erwehlet hat / kan er zu dem andern nicht schreiten.

12.

Wann jemand sein Gut verkaufft / mit dieser Condition, so fern innerhalb zwey Monaten einander kömpt / der mehr darumb geben wil / so sol der Kauff von unwürden seyn / und nicht gelten: Oder so fern innerhalb zwey Monathen niemand kömpt der mehr [217] darumb geben wil / so sol das Gut vor hundert Gülden dein seyn / etc. In diesen und dergleichen Fällen ist zwar der Käuffer allezeit verbunden / daß er den Kauff halten muß / aber darentgegen kan auch der Verkäuffer das Gut / dem so mehr dafür bieten thut / nicht alsbald zuschlagen / sondern muß es zu forderst dem ersten Käuffer an praesentiren / als der in das jenige was geboten / einzutreten wolbefuget ist.

13.

So bald der Kauff in allen seinen Puncten / über fahrende Haab / vollenzogen: So ist insgemein der Schade und Vortheil / so dem Gute begegnet oder zuwächst / des Käuffers / wann schon die Wahren in des Verkäuffers Packraum und Verwahrung verblieben: In liegenden Gütern aber kan kein Schade oder Vortheil dem Käuffer zugerechnet werden / es sey ihm dann zuforderst vor sitzendem Rath verlassen / oder er habe sich der Possession unterfangen / oder auch einen andern Abscheid mit dem Verkäuffer genommen.

14.

Wann ein verkaufftes Gut zu Rechte angefochten wird / so sol der Käuffer solches dem Verkäuffer / als der ihn in Rechten zuvertreten / noth- und [218] schadeloß zu halten schüldig ist / anmelden. Wird aber der Käuffer sothane denunciation zurücke setzen / und sich mit einem andern ohne Vorwissen des Verkäuffers / in Rechtfertigung einlassen / und derhalben Unkostung thun / oder Schaden leiden / so mag er solches sich selbst beymessen / und kan an den Verkäuffer keinen Regress haben.

15.

Wann jemand hat verkaufft unbeweglich Gut / und die Evictionem oder Gewehr nicht außdrücklich versprochen / sol er gleichwol / ausserhalb der Fälle / in welchen der Verkäuffer / besage gemeiner Käyser Rechte / von der Gewehr entfreyet / zu derselben verbunden / und da das verkauffte Gut gantz / oder zum Theil mit Rechte würde gewonnen / der Verkäuffer das außgezählte Kauff-Geld / neben beweißlichem Interesse, zuerstatten schüldig seyn. Welches dann auch in dem Fall statt haben sol / wann die Gewehr in gemein versprochen ist.

15.

Ist aber die Gewehre vor Freunde und Fremde von dem Verkäuffer angelobet / so sol er seiner Zusage nachkommen / oder da das verkauffte Gut beygesprochen / und mit Rechte gewonnen würde / dem Käuffer das Kauff-Geld / so viel er dessen empfangen / völlig [219] restituiren / und ihm darüber noch den zehenden Pfenning von der gantzen Kauff-Summen geben / und weiter zu nichts verbunden seyn.

17.

Wann ein Mann Korn / Holtz / Ochsen / Schweine / Schaaffe / Pferde / und dergleichen fahrende Haab auff dem freyen Marckte / oder auch in den Schiffen / besehen und gekaufft hat / auch darauff an seine Behausung und Gewehr bracht / daß muß er ohne alle Exception gelten und bezahlen / es wären dann ihre Vorworte anders.

18.

So einer sein Gut zweyen Personen zu unterschiedlicher Zeit absonderlich verkaufft / und folgends Streit fürfällt / daß sie es beyde haben wollen: so sol das Gut bey dem bleiben / so desselbigen Possesion und Besitz ohne Betrug erlanget. Da aber ihrer keiner in der Possesion, sol der vorgezogen werden / damit der erste Kauf geschlossen / und der Verkäuffer des andern / so abtreten muß / Willen zu machen schüldig seyn.

19.

Wird jemand in Kauffen und Verkauffen / über den halben Theil des rechten Werts übernommen [220] und verkürtzet / derselbige ist den getroffenen Kauff zu halten nicht schüldig.


TITULUS IX.
Von Miethen und Vermieten:
ARTICULUS 1.

Welcher Knecht auff Petri[55] / Ostern oder Michaelis[56] / sich vermiehtet / der muß in die vierdte Woche darnach zu Dienste treten / doch Ampts-Knechte sollen jedes Ammts üblichem Gebrauche und Rullen nach / in diesem Fall sich gemäß verhalten

2.

Wann ein gemiehteter Knecht nicht zu Dienste gehen wil / so muß er seinem Herrn das halbe Lohn / darumb er gedinget war / bezahlen: wie imgleichen der Herr / wann er den Knecht nicht annehmen wil / hierzu verpflichtet ist.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. 22. Februar
  2. 17. Januar
  3. 3. Sonntag vor Ostern
  4. Sonntag nach Ostern
  5. 25. März
  6. 8. September
  7. 4. Oktober
  8. 30. November
  9. Leibeigene
  10. Mit einem Prozess befasster Vormund
  11. Miete
  12. Glückspiel und daraus auch Spielschulden
  13. eingeben, einreichen (DRW)
  14. Vorlage: 4.
  15. Eine Frist von sechs Wochen und drei Tagen
  16. 15. Juni
  17. 20. Oktober
  18. gesetzlich, rechtlich, richtig. Hier für Ehehaft Noth: gesetzliche Hinderung, (durch) tatsächliche Notlage DRW
  19. Aufschub, Verzögerung
  20. Einlassung des Beklagten auf die Klage (I), durch die der Prozeß rechtshängig wird. (DRW)
  21. von gelten, Zins Abgabe, Pachtzins siehe DRW
  22. 2. Februar
  23. 24. Februar
  24. Sonntag vor Fastnacht
  25. Palmsontag
  26. erster Sonntag nach Ostern
  27. Sonntag nach Pfingsten
  28. 20. Oktober
  29. Allerheiligen, 1. November
  30. 13. Dezember
  31. wegen Ungehorsams von lat. contumacia Unbeugsamkeit, Widerspenstigkeit
  32. Unterschrift
  33. beglaubigte Abschrift einer Urkunde ohne (Vidimus) oder mit (Transsumt) Bestätigung der Rechtsgültigkeit
  34. zur andauernden Erinnerung an die Sache
  35. Contumacia: Widerspenstigkeit
  36. unmittelbar darauf
  37. von lat. deferre herabtragen, -bringen, anbieten, jemandem etwas anbieten
  38. Schätzung
  39. Vorlage: in in
  40. gemeint ist das Reichskammergericht, das zu dieser Zeit seinen Sitz in Speyer hatte
  41. Vorrecht der Reichsstände, Gerichte zu unterhalten, gegen deren Urteile keine Berufung (Appellation) vor dem Reichskammergericht eingelegt werden konnte
  42. Bürgergewahrsam für mutwillige Bankrottierer und Bürger, deren Verbrechen noch nicht erwiesen war, befand sich in der Stadtbefestigung an der Straße nach Lüneburg, siehe auch Strafvollzug in Hamburg in früherer Zeit (PDF)
  43. Abtretung des gesamten Vermögens des Schuldners an den Gläubiger
  44. ein Auktionator, der die Waren an denjenigen verkauft, der die mindest geforderte Summe bezahlt, siehe hierzu Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
  45. Ursprung im sächsischen Recht, umfasst eine Zeit von sechs Wochen und drei Tagen
  46. Bankrotteure
  47. in Zahlungsverzig
  48. Wardein, Guardein: ein Beamter, der den Gehalt der Münzen und Mineralien untersucht (Krünitz)
  49. Vieh, Tier (DRW)
  50. Mantelsack, Aanhängetasche, Geldtasche (DW)
  51. Vorlage: Le-
  52. nach Verzug
  53. zu Pfand gegebene leblose Fahrnisgegenstände (DRW)
  54. zu weichen: fliehen; flüchtig (Grimm)
  55. 29. Juni
  56. 29. September
[221]
3.

Wo einer seinen Knecht für rechter Zeit / ohne gnugsame Uhrsachen von sich weiset / der sol ihm desselbigen Jahres angedingtes Lohn entrichten: Entgehet aber der Knecht muthwillig seinem Herrn für rechter Zeit / so sol er zu forderst wiederumb von sich geben / was er desselbigen Jahres auff das Lohn empfangen / und darüber noch eines Jahrs Lohn gelten: oder aber / da er solches zu thun nicht vermag / mit gefänglicher Verhafftung / nach des Richters Ermessigung gestraffet werden.

4.

Ein Knecht der sich zu dem Ehestande begeben wil / mag wol vor der Zeit aus seines Herrn Dienste gehen / und so viel Lohn haben / als er biß auff den Tag / da er abtrit / verdienet hat; wann er aber mehr emfpangen / sol er solches wiederumb einbringen und von sich geben.

5.

Stirbet ein gemiehteter Knecht / so ist der Herr nicht schüldig / seinen Erben mehr zu geben / als der Knecht zur Zeit seines Absterbens verdienet hat; da derselbige aber etwas mehr über seinen Verdienst empfangen / [222] das seyn seine Erben heraus zugeben nicht pflichtig. Stirbet aber der Herr / so sol man dem Knechte so viel geben / als er zu der Zeit verdienet hat / da der Herr stirbet / benebenst eines Monats Essen und Trincken / damit er sich umb einen andern Dienst bewerben mag. Wil auch des Herrn Erbe / so sol der Knecht volln außdienen / und sein Lohn darumb empfangen.

6.

Wer ohne bescheiden Lohn auff Gnade dienet / dem mag man aus Gnaden zukehren so viel man wil. Da aber kundbahr und jederman bewust / daß solcher Knecht gantz fleissig und treu gedienet / sol ihm auch sein gebührliches Lohn zwischen minsten und meisten / nach des Rechten Erkändtnüß / nicht vorenthalten werden.

7.

Es kan der Knecht seines Herrn Gut nicht verspielen / versetzen / verkauffen / oder verwircken / ohne desselben Vorwissen und Befehlig / und da es geschehe / kan der Herr solch Gut mit Rechte ohne Entgeltnüß wieder fordern. Da auch der Diener ohne seines Herrn Bewilligung und Befehlig / Gut gekaufft hätte / und solches in des Herrn Nutzen nicht gewendet wäre / welches [223] dann der Herr bey seinem Eyde zuerhalten schüldig / das ist sein Herr zu bezahlen nicht verbunden.

8.

Wiederfähret ohne des Herrn Schuld einem Knechte in seinem Dienste ein Unglück / an seinem Leibe und Gesundheit / des bleibet der Herr ohne Schaden / doch muß er ihm das volle Lohn geben / und was also in diesen vorgehenden Articuln von den Knechten geordnet / sol auch von den Dienst-Mägden verstanden werden.

9.

Welcher Mann in dieser guten Stadt sein Hauß / Boden / oder Keller auff Ostern oder Michaelis verheuret / der sol dieselbige in der vierdten Woche darnach räumen und frey schaffen / Imgleichen sol auch der Häurer auff dieselbige Zeit seine Häure zu erlegen schüldig seyn.

10.

So jemand ein Hauß / auf ein halb oder gantz Jahr geheuret hat / und dasselbige nicht befahren wil / der sol eines halben oder gantzen Jahres Häure bezahlen / Ist aber die Verhäurung auff zwey / drey / oder mehr Jahr geschlossen: So muß er gleichfalls eines [224] Jahres Häure erlegen / und darneben von den übrigen Jahren das Interesse, wann der Eigenthümer das Hauß ringer verhäuren muß / abtragen. Doch sol ihm allewege zum besten kommen / wann es mittlerweile / mit Vorwissen des Eigenthümers / einem andern verhäuret / und davon etwas empfangen wird. Ebenmässig sol auch der Verhäurer so den Contract nicht halten wil / verbunden seyn.

11.

Wann einer ein Hauß / Boden oder Keller / ein zeitlang in der Häure gehabt / so kan er nicht daraus getrieben werden / es sey ihm dann zuförderst ein halb Jahr / wann es ein Hauß / und ein Viertheil Jahr / wann es eine Boden oder Keller ist / vorher die Loßkündigung geschehen / wie auch gleicher gestalt / wann der Häurling je länger in dem Hause / Boden oder Keller zu wohnen nicht bedacht ist / mit der Auffsage sol gehalten werden.

12.

Hat jemand ein Hauß auf zwey oder drey Jahr gehäuret / und bleibet nach Außgange derselbigen / ohne alle Vorwort darinnen bewohnen / der sol von dem Jahre gleich so viel Häure geben / als er von einem der vorigen Jahre gegeben hat / doch darff sein Bürge / [225] so irgends vor die vorigen Jahre ist verobligiret gewesen / hierzu nicht antworten.

13.

Wann einer sein Hauß auff ein oder mehr Jahr verhäuret hat / und mitler weile dasselbige verpfändet / verkaufft / oder sonst alienirt, so sol solcher Contract allezeit dem Häurer an seinem habenden Rechte und noch restierender Zeit / unvorfänglich seyn.

14.

Stirbet aber der / so ein Hauß gemiethet oder vermiethet hat / die Erben seyn beyderseits den getroffenen Contract zu halten / oder den Gegentheil zu befriedigen schüldig.

15.

Der Verhäurer sol allezeit das Hauß mit nothwendigen Gebäuden unterhalten / und sofern er hierinnen nachlässig / sol ihm solches / nach Erkäntnüß des Rechten / in der Häure abgekürtzt werden.

13.

Ein Häurer sol das gehäurte Hauß in guter Acht haben / als wann es sein eigen wäre / und da durch seinen oder seines beyhabenden Gesindes Unfleiß [226] und Verwahrlosung / demselbigen Hause einiger Schade zugfüget würde / den sol er zuerstatten schüldig seyn.

17.

Wann ein Hauß auff eine genandte Zeit verhäuret ist / und der Häurer dasselbe zu Nachtheil und Verderbung mißbrauchet / oder ärgerlich in Schande und Laster darinne hausieret / oder auch ein halb Jahr in Erlegung der verfallenen Häure säumig befunden wird / so kan er mit fuge auch vor der bestimmten Zeit / durch das Gerichte daraus gewiesen werden.

18.

Wird ein Handwercks-Mann das jenige / so ihm zu arbeiten anbetrauet / verkauffen oder versetzen / so ist der jenige / dem das Zeug zu kömpt / näher dabey zu bleiben / dann der / welchem das Zeug verkauft oder versetzt ist / und darff demselbigen / bey welchem er sein Zeug findet / nicht mehr als das Macherlohn / so daran verdienet ist / bezahlen.

[227]
TITULUS X.
Von Gesellschafft oder Mascopey:[1]
ARTICULUS 1.

Wann nach Absterben der Eltern / zwey oder mehr Kinder / so zu ihren Jahren gekommen / und in den angeerbten Gütern ohne alle Vorwort besitzen bleiben / mit denselbigen Handel und Wandel treiben / so sollen sie mit gesammender Hand den Gewinn und Verlust tragen / biß daß sie rechtmässig getheilet haben.

2.

Mascopey kan in dieser guten Stadt nicht allein auff eine genandte Parthey / gewisse und specificirte / besondern auch wol auff alle gegenwertige und künftige Güter / gemacht werden. [228] Was Mascopey-Brüder im Anfang ihrer Gesellschaft mit einander abreden und bedingen / solches sol zu jeder Zeit / wann es der natürlichen Billigkeit gemäß / stätt und fest gehalten werden.

4.

Wann zween oder mehr in einer Mascopey zusammen treten ohn alle Vorworte / wie es mit dem Gewinn und Verlust sol gehalten werden / und folgends Streit zwischen ihnen vorfällt / so sol ein jeder des Glücks und Unglücks / nach dem er Geld / Wahre oder Arbeit zu der Gemeinschafft angewandt / pro portione Geometrica[2], zugeniessen haben.

5.

Hat einer zu der Mascopey eine genandte Summ Gelds / als fünffhundert Marck Lübisch / eingelegt / und der ander den Unlust / Mühe und Arbeit / dem Gelde gleich / ein oder mehr Jahre allein getragen / und nach zugelegter Rechnung befindlich / daß aller angewandter Fleiß und Arbeit vergeblich / und genau der eingelegte Häuptstul verhanden / so sol derselbige Häuptstul bey dem so ihn eingelegt / verbleiben: Würde aber ein ehrliches damit gewonnen seyn / so sol der erste sein eingelegtes [229] Geld voraus nehmen / und den übrigen Gewinn mit seinem Mascopey-Bruder zugleich theilen.

6.

Wann Mascopey-Brüder sich eines gewissen vereiniget haben / welcher Gestalt der Gewinn von ihrem eingebrachten Gelde oder Wahren sol getheilet werden; auch hernacher über Zuversicht kein Gewinn / besondern Schade befunden wird / so sol das jenige / was von dem Gewinn verabscheidet / auch in dem Verlust gehalten werden.

7.

Werden sich etliche Personen vereinbahren / daß sie alle das jenige / so sie mit ihren Gütern / Mühe und Arbeit bestes Fleisses gewinnen und verdienen können / in einen Kasten legen / und gemein haben wollen / und sich zu trägt / daß dem einen etwas von seinem Verwandten und gutem Freunde / in einem Testament / oder sonsten / verehret wird / solches darff er nicht einbringen / viel weniger mit seinen Gesellen theilen.

8.

Was die Mascopey belanget / so einer von den Mascopey-Gesellen contrahirt, dafür müssen [230] auch die andern / so weit sich ihre Mascopey erstrecket / gehalten seyn. Was aber ausserhalb der Mascopey / oder wann die ihre Endschaft gewonnen hat / von dem einen gehandelt wird / darzu darff der ander nicht antworten / und mag ein jeder der hiedurch Schaden empfindet / sich selbst beymessen / daß er der Personen Gelegenheit und Zustandt / damit er den Contract geschlossen / nicht besser nachgefraget hat.

9.

Stirbet einer von den Mascopey-Brüdern / so ist die Gemeinschafft dadurch auffgehoben / und ist der Erbe in der Mascopey zu bleiben unverbunden / doch so von seinem Vorfahren ein gewisser Handel angefangen / und Unkostung darauff gewandt / ist der Erbe schüldig / denselben Handel auff Gewinn und Verlust zu vollenbringen.

10.

Niemand ist schüldig / in einer / ohne gewisse bestimmte Zeit / gehaltenen Companey / wider seinen Willen zuverharren / besondern mag derselbigen nach seinem Gefallen / doch ohne Betrug und Hinderlistigkeit / renunciiren.

[231]
11.

Machet einer / so in der Mascopey sitzet / Pancorot / und verlaufft seine Güter / so ist die Mascopey dadurch getrennet und auffgehoben.

12.

Nach geendigter Mascopey sol der eine Geselle dem andern eine beständige auffrichtige Rechnung / vermittelst eines rechtmässigen auffrichtigen Kauffmanns-Buch und Inventarij, oder auch / da es die Gelegeneheit und Umbstände der Sachen erfordern wird / seines leiblichen Eydes / zuthun schüldig seyn. Wiewol aus erheblichen fürfallenden Uhrsachen / auch in wehrender Mascopey solche Rechnung kan gefordert werden.

13.

Wann ein Mascopey-Geselle / bey ihrem gemeinen Gute so fleissig und treulich / als bey seinem eigenen handelt / so kan er nicht beschüldiget werden. Da er aber unachtsam und leichtsinnig damit umbgehet / etwas davon verspielet / oder sonst unnöthig / und in Sachen der Mascopey nicht zugehörich / außgeben wird / solches sol er allein zahlen / und kan ihm in der Rechnung keines weges vor gut geachtet werden.

[232]
14.

Wird jemand durch eines Erbahrn Raths Urtheil und Recht überwunden / daß er in gehabter Mascopey sich betrieglich und hinderlistig verhalten hat / der sol für keinen ehrlichen Mann hinführo geachtet werden.


TITULUS XI.
Von ehelicher Vertrauung / Verheyrathung und Brautschatz:
ARTICULUS 1.

Wann zwo unmündige Personen / aus freyem Willen / mit Bevollbortung ihrer Eltern / in unverbottenem Grad sich mit einander ehelich einlassen und verbinden / solches wird für eine rechte Ehe geachtet.

[233]
2.

Weil vermüge göttlicher / natürlicher und weltlicher Rechte / der Eltern Beliebung und Vollbort zu der Kinder Ehe nöhtig / so seyn auch die Kinder der Eltern Consent aus schüldigem Gehorsam zu erfordern pflichtig und verbunden.

3.

Da nun der Sohn und Tochter unter 25. Jahren / ohne der Eltern Bevollbortung / eigenes Willens / sich an eine unberüchtige Person befreyen würden / auff den Fall sol den Vater frey stehen / den Brautschatz ihnen zu weigern / auch im Testament über die legitimam nichts zuverordnen. Da aber der Vater in dem Testament dieses Ungehorsams nicht würde gedencken / sondern stillschweigende vorbey gehen / auff den Fall wird solcher Sohn oder Tochter / seinen andern Schwestern und Brüdern gleich / zu den nachgelassenen Gütern admittirt und zugelassen.

4.

Wann jemand ohne der Eltern Vorwissen und Willen / mit einer Person heimlich sich würde verloben / und die Eltern / so bald sie es erfahren / solche Ehe widersprechen / und derselbe Sohn oder Tochter folgends [234] mit der Eltern Wissen und Willen / mit einer andern Person Verlöbnüß halten / so wird in diesem Falle die letzte Verlöbnüß der ersten / darinn die Eltern nicht gewilliget / billig vorgezogen.

5.

Würde einer zweyen Jungfrauen oder Witwen die Ehe versprechen / und ordentlicher Weise zusagen / auff den Fall ist die erste Zusage bündig / und die letzte von keinem Würden; es wäre dann / daß er die andere hätte fleischlich erkandt / so wird dieselbige Verlöbnüß in diesem Fall der ersten / wofern die Person von der ersten Verlöbnüß keine Wissenschaft gehabt / vorgezogen. Jedoch wird dem Gerichte die ernstliche Straffe / wegen des groben Excesses, gegen den Verbrecher billig vorbehalten.

6.

Wann eine Jungfrau vor der Ehe / darein sie mit ihrem Ehe-Mann getreten / von einem andern ist geschwängert / davon der neue Ehe-Mann keine Wissenschaft gehabt / sondern alsobald er solches nach gehaltener Hochzeit beständig erfahren / sich ihrer ehelichen Gemeinschafft hat enthalten / und auff die Entscheidung beharlich drenget / auch aus gefassetem Eyffer sich zu der Außsöhnung wil bewegen lassen / so kan ihm auch solche Entscheidung nicht verweigert werden.

[235]
7.

Wann aber einer mit einer Jungfrauen oder Wittwen sich ehelich eingelassen / die er vermeynet reich zu seyn / und daran Mangel erspühret / so kan in diesem Falle / nach gehaltener Hochzeit die Trennung keine statt haben / sondern er muß dieselbe / die er hat genommen / behalten. Aber vor der ehelichen Copulation und Beylager / kan die Verlöbnüß getrennet werden.

8.

Trennung oder Scheidung der Ehe wird nicht zugelassen / es sey dann daß der eine an dem andern Ehebrüchig worden / oder daß der eine unter ihnen zum Ehestande untüchtig befunden / oder daß der eine an dem andern Treuloß würde / und denselben verlassen hätte.

9.

Auff beschehene gerichtliche Erkändtnüß des begangenen Ehebruchs / wird dem unschüldigen Theil wiederumg zu der Ehe zu schreiten vergönnet und zugelassen.

[236]
10.

Würde einer oder mehr vor den Brautschatz / oder des Bräutigams Patrimonium, sich Bürglich einstellen / und dafür sich zu hafften verbinden / wofern derselbe vor Außgang zweyer Jahre nach gehaltener Hochzeit / solcher geleisteten Caution und Bürgschafft nicht wird Gerichtlich besprochen / so wird derselbe / nach den verlauffenen zweyen Jahren / von solcher Forderung frey und entbunden / es sey dann daß es aus Liebe und Freundschafft / auff des Bürgen Begehren / nicht ist gefordert / und solches mit glaubwürdigen Zeugen kan bescheiniget / oder mit des Ehe-Mannes cörperlichen Eyde erhalten werden. Würden aber die Bürgen in der wehrenden zweyen Jahres Frist gerichtlich belanget / und einer oder mehr deroselben Bürgen / nach beschehener gerichtlichen Klage / tods verfahren / so bleiben desselben verstorbenen Erben nicht destoweniger zu der geleisteten Caution obligirt und verbunden.

11.

Wann Ehezärter zwischen Eheleuten seyn auffgerichtet / und von denen die zur Verpflichtung darzu erfordet / seyn vollenzogen / untergeschrieben und versiegelt / so wird auch billig nach des einen oder andern Absterben / so wol zwischen dem nachgelassenen Ehemanne [237] / oder seiner Wittwen / und den Kindern / die so wol aus der ersten / andern und dritten Ehe gebohren / die Theilung nach den auffgerichten Ehezärtern billig gehalten; und seyn so wol der eine als der ander darnach sich zu richten schüldig / und ist damit der Wittwen die Wahl zu dem Stadt-Rechte / oder zu den Ehezärtern sich zu ziehen / hiemit benommen / sondern muß dieselbe die Ehezarter folgen.

12.

Ob schon nach den auffgerichteten und vollnzogenen Ehezärtern / ein der Eheleut hernacher ein Testament oder Disposition seines letzten Willens / wie es mit seinen nachgelassenen Gütern zu halten / verfassen lassen würde / so mag doch solch Testamet den vollenzogenen Ehezärtern in den Puncten / die denselben wörtlich seyn einverleibet / nichts praejudiciren.

13.

Werden nach des Ehe-Mannes Absterben / die nachgelassene Güter mit Schulden-Last beschweret befunden / so bleibet der nachgelassenen Wittwen eingebrachter Brautschatz vor die Schülde / die in stehender Ehe gemacht seyn / verbunden.

[238]
14.

Wofern aber die Wittwe / wann sie die Güter ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, abgetreten / von ihren Eltern oder nechst-verwandten Freunden / nach des Mannes todt / oder falliment, etwas ererben würde / dessen hat sie und ihre Kinder / vor ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn An- und Zuspruch / frey und ungehindert billich zu geniessen.

15.

Würde die Wittwe / nach Absterben ihres Ehe-Mannes / wegen der auff dem Sterb-Hauß befindlichen beschwerlichen Schülde / des Sterb-Hauses und der nachgelassenen Güter sich nicht anmassen / sondern den Creditorn des verstorbenen Ehe-Mannes / die nachgelassene und am Sterbetage verhandene Güter / würcklich und auffrichtig abtreten und aufftragen / so kan dieselbe Wittwe / durch solche beständige Cession, von ihres verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn sich loß würcken und entfreyen.

16.

Würden der Wittwen (welche nach ihres Ehe-Mannes tödlichem Abgange / alle am Sterb- [239] Tage im Sterb-Hause und sonst verhandene / und ihrem verstorbenen Ehe-Manne / und ihr zugehörige beschwerte Güter / ihren Creditorn hat abgetreten) Eltern oder verwandte Freunde dieselbe aus ihren eigenen Gütern wiederumb außsteuren / so können des verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, so wenig die Wittwe / als auch ihren andern Ehe-Mann / ferner nicht besprechen. Da aber die Wittwe und ihr ander Ehe-Mann / sich des ersten Ehe-Mannes Güter / es sey viel oder wenig / beweißlich angemasset hätten / so seyn sie auch auff den Fall / zu den nachstehenden Schulden des ersten verstorbenen Ehe-Mannes Creditorn, zu antworten verbunden.


TITULUS XII.
Von Anwaldtschafft und Befehlich:
ARTICULUS 1.

Ein jeder sol seinem empfangenem Befehl fleissig folgen / und denselben nicht überschreiten; auch da er einmahl den Befehl angenommen / ist er demselben nachzusetzen [240] und zu vollenziehen verbunden / und derselbige / welcher die Vollmacht angenommen / aber übertreten hat / kan nicht den Befehlgeber / sondern der Befehlgeber diesen / der wider den Befehl gehandelt / besprechen.

2.

Würde jemand einen guten Freund / dem andern bittlich commendiren / so sol er dardurch nicht verpflichtet werden; und hinwiederumb / da einer nicht aus Vorsatze / wie ein Anwald / sondern aus Freundschafft / zu dienen sich anerbeut / wird damit zur Anwaldschafft nicht verpflichtet.

3.

Ein jeglicher so einen Befehl außzurichten über sich genommen / ist dabey allen müglichen Fleiß anzuwenden schüldig; und derowegen / so durch seine Schuld / Fahrlässigkeit oder Versäumnüß / einiger Schade beschicht / ist er denselben zuerstatten / aber gar nicht / was durch einen unvorsehnlichen Fall sich zuträgt / darzu zu antworten verpflichtet / es wäre dann Sache / daß er solches auff seine Gefahr angenommen / dabey es billich bleibet.

[241]
4.

Welcher von jemande eine Vollmacht / oder Geld annimpt / umb Wahren oder Güter einzukauffen / und demselben nicht nachkömpt / der ist dem Befehlgeber / allen dahero erwachsenden Schaden und Interesse abzutragen verpflichtet.

5.

Gebe auch jemand Vollmacht etwas zu verkauffen / oder zu vermiehten / so wird zugleich dardurch verstanden / das derselbige Befehlhaber auch das Kauff- und Mieht-Geld einzufordern und zu empfangen / Macht haben sol.

6.

Welcher Mann von jemande Vollmacht hat / umb Geld zu empfangen / derselbe kan sich keine Gewalt nehmen / längere Zeit zu der Bezahlung zuverstatten.

7.

Würde einer auff empfangenen Befehl auff Zeit und Termin / jemande Güter verkauffen / und die Käuffer darnach in discredit gerahten / so sol [242] dadurch der Befehlhaber nicht gefähret werden / wofern zu dero Zeit / als der Kauff beschehen / die Käuffer also bewandt gewesen / daß ihnen auch andere fleissige Händler getrauet hätten.

8.

Gibt einer jemande dermassen Befehl / als ihm zum besten gedeuchte / zuhandeln / solches sol hernacher auff gutem Glauben / und sonder Gefahr / verstanden werden.

9.

Wann einer etwas befohlen hätte zu kauffen / und daß hernacher wieder würde verboten / wofern das Gut gekaufft ist / ehe dann das geschehnes Verboth der Befehlhaber erfahren / dieses falls bleibet gleichwol der / so es befohlen zu kauffen / verpflichtet.

10.

Durch tödtlichen Abgang / so wol desselbigen / der da befehlet / als dessen dem befohlen ist / wofern alles noch in vorigem Stande beruhet / wird das Mandat erloschen / und sollen alle Kosten / so auff Verfolg des Mandats unter gutem Glauben auffgewendet / in allewege entrichtet werden. Um im falle der Befehlhaber [243] die Sache auch noch nicht endigen können / so seyn doch nothwendige Unkosten zu bezahlen.


TITULVS. XIII.
Von Schiff-Redern oder Freunden:
ARTICULUS 1.

Haben etliche Redere ein Schiff zusammen / und wil einer von dem andern / der von dem andern sich scheiden wil / der sol das Schiff setzen / beyde Geld und Tag / und der ander sol kiesen innerhalb viertzehen Tagen / und also sollen sie gescheiden seyn.

2.

Wann etliche Leute ein Schiff zusammen halten / oder ein Mann den mehrern Theil im Schiffe hat / so sollen alle / welche den wenigsten Theil haben / den andern am meisten Theil folgen / es wäre dann / daß der den mehrern Theil hat / das Schiff wolte liegen lassen / und es [244] dem andern müde machen / das sol nicht seyn / besondern man sol das Schiff zu Wasser weisen.

3.

So ein Mann sein Schiff selbst / oder vor jemand anders ladet / inmittelst daß man ein- und außschiffet / sol er das Schiffs-Volck beköstigen.

4.

Dieweil auch grosser Eigennutz bey den Redern selbst zu Zeiten gespühret wird / daß einer Holtz / der ander Victualien, und anders / über die Billigkeit mit anschlägt / zu grossem Vorfange der Redere / welche bahr Geld legen müssen / so sol hinführo ein jeder Schiffs-Reder sich solcher eigennützigen Handlung gäntzlich enthalten / und nichts an jenigen Wahren mit zulegen / ohne Consent eins oder zwey der Freunde / von den gemeinen Redern dazu geordnet / und des Schiffers / welche solches alles umb einen billigen Preiß anzunehmen / und sonsten des Schiffes bestes zu wissen schüldig seyn sollen; was dann also durch den Schiffern und zugeordnete Schiffs-Redere eingekaufft wird / solches sol alles / von weme / und wie theur es gekaufft / mit Fleiß zur Rechnung gebracht werden.

[245]
TITULVS XIV.

Von den Schiffern und Schiffs-Volcke:

ARTICULUS 1.

Ein jeglicher unser Bürger sol führen ein rothen Flüger / und wer das nicht thut / der sol es bessern mit drey Marck Silbers zu der Stadt Nutze / es sey dann / daß er ihn ablege von Angstes wegen / und so einig Gast einen rothen Flüger führet / der sol dieselbe Straff erlegen / wird er an unserm Recht darumb beklaget.

2.

Liegen Schiffe bey einander in einen engen Haven / und der jenige / welcher sein Ancker am ersten geworffen / oder gesetzt hat / zu dem andern so letzt gesetzt / spricht / er möge sein Ancker leichten / und ferner absetzen / dann er liege ihm zu nahe / weigerte sich derselbe das [246] zu thun / so mag der ander das Ancker leichten mit seinem Volcke / und fürter von sich legen / hindert oder verbietet der ander solches zu thun / kömpt Schade davon / den sol der bessern der das hinderte. Liegt auch einig Ancker ohne Boye oder Abzeichen / und daher Schade entstünde / denselben bessert derjenige / der seinen Boyen nicht gelegt / es wäre dann / daß der mit zween glaubwürdigen Leuten bezeugen könte / daß vor zwölf Stunden bey Sommerszeiten / oder wann der Tag kurz ist / vor viertzehn Stunden zum längsten / noch ein wachender Boye auff dem Ancker gewesen / so sol er damit entfreyet seyn.

3.

So jemands Schiff breche / oder durchgesiegelt würde / bedüncket den Kaufleuten / dem Steurmanne / und dem meisten theil des Volckes / daß man es allda machen möchte / so sol der Schiffer das Schiff allda repariren und bessern lassen / und bringen den Kaufleuten ihr Gut / dahin er ihnen das gelobet hat zu führen / so fern ihn GOtt für Unglück behütet. Wäre es aber / daß man das Schiff nicht wieder machen möchte / sol der Schiffer dem Kauffmann sein Gut ferner bey andern Schiffern an das bescheidenes Ort / auff seine Unkost / und auff des Kauffmanns Zollen und Ebentheur / verschaffen / und dagegen seine volle Fracht haben / kan aber der Schiffer keines andern Schiffes mächtig seyn / oder daß sonsten ehehaffte Verhinderung / Wetters oder Windes [247] halben / einfiele / alsdann sol der Schiffer das Gut in sichere Verwahrung / auff des Kauffmanns Unkost und Gefahr / aufflegen / und allda pro rata des wegen die Fracht haben.

4.

Setzet ein Schiffer jenige eingenommene Güter in ein ander Schiff / ohne Vollbort der jenigen / die sie ihm eingeladen haben / und solch Schiff auff der Reise zu nichte käme / so sol der Schiffer den Schaden bezahlen / es wäre dann / das solches Schiff / darinn die Güter zuvor geschifft gewesen / auff derselben Reise auch zu Schaden und Verlust käme / so sol auff den Fall der Schiffer davon entfreyet seyn.

5.

Ist ein Schiffer befrachtet / und bleibet so lange liegen das ihm Gelds entbricht / der mag wol an Land senden umb Geld / aber er mag keinen guten Wind verliegen; thäte er das / er ist schüldig dem Kauffmann den Schaden zuerlegen / er mag auch wol ausserhalb Landes nehmen von der Kaufleute Gut seine Nothdurfft / und bezahlen das wann er lösset / als das ander Gut geldet / zwischen dem minsten und meisten.

[248]
6.

Wann die Schiff-Leute uneins seyn / wegen des Windes / daß etliche sagen / Wetter und Wind sey gut / und die andern sagen / daß der Wind nicht fällig sey / so ist der Schiffer schüldig mit dem meisten theil über einzutragen / thäte er anders / er wäre schüldig dafür zu antworten nach des Richters Erkäntnüsse.

7.

Wird ein Schiffer genöhtiget / auff der Reise Gut zuverkauffen / auff den Boden / so ist der Schiffer schüldig / in dem der Bodem so viel zu Lande bringet / das zu bezahlen an dem Marckte da er kömpt / innerhalb viertzehen Tagen / und sol das bezahlen zwischen den minsten und den meisten / und so fern der Schiffer dem Kauffmann nicht gnug thäte / und das Schiff verkauffte / oder einen andern Schiffer darauff setzte / so mag der Kaufmann sprechen binnen Jahr und Tag / umb sein Geld davon zu haben / gleicher weiß ob er gegenwärtig wäre / und sollen das zeugen mit des Kauffmanns Siegel / oder mit andern glaubwürdigen Documenten und Gezeugnüssen / so mag der Schiffer da nicht gegen sprechen / sondern muß / wo fern es zu des Schiffes Besten gekommen / entweder von dem Schiffe / oder aus des Schiffers Gütern bezahlet werden.

[249]
8.

Kein Schiffer mag auff der Reise ein Schiff sellen oder verkauffen / das sein nicht ist / ohne Uhrlaub derjenigen / denen das Schiff gehöret / hat er aber Gebrech an Victualien / oder sonsten einiger anderer Nothdurfft des Schiffs / so mag er wol von dem Taue und Takel zu Pfande setzen / nach Rath der Schiff-Männer so bey ihm seyn.

9.

Wird ein Schiffer / Schülde / oder anderer Uhrsachen halben / mit Rechte bekümmert / oder durch Kranckheit / oder Gebrech seines Schiffes gehindert / daß er seine Reise nicht vollenbringen kan / der mag sich der Fracht verziehen / und wiedergeben / was er zur Häur empfangen hat / und bleiben ferner ohne Schaden / es wäre dann / daß der Kauffmann begehrte / daß er einen andern Schiffer darauff setzte / daß sol er sich nicht weigern / und thun dasselbe mit Wissen und Willen der Redere / oder in deren Abwesen auff des Kauffmanns Gutachten / oder sol den Redern unt Kaufleuten gönnen einen erfahrnen Schiffer zu miehten / auff des Schiffes Kosten.

10.

Wann ein Schiff ist zugeladen und gefüllet / so mag der Schiffer kein Gut mehr einnehmen / [250] ohne der Kaufleute Vollbort / thut jemand darwider / er hat verbrochen so viel als das Gut werth ist / daß er ohne Uhrlaub hat eingenommen. Es wäre dann daß der Schiffer solches hätte vorher bedinget.

11.

Wann ein Schiffer Güter eingenommen und zugeladen hat / und alsdann unvermuthliche Arrestirung der Obrigkeit des Landes oder Stadt / auch Kriegs-Empörung / Seeräuberey / oder auch Eyses Noth einfiele / und also nicht könte oder möchte siegeln / so mag der Schiffer die Güter mit des Kauffmanns willen / auff sein des Kauffmanns Unkost / wol lossen und aufflegen / und hernacher bey guter Zeit wieder einnehmen / und seine Reise vollenden. Wäre aber jemand unter den Kaufleuten / der seine Güter nicht wiederumb wolte einschiffen / der sol dem Schiffer die halbe Fracht zu geben schüldig seyn.

12.

Welcher Schiff-Mann in ein Marckt oder zu begehrter Haven kömpt mit seinem Schiffe / der ist schüldig / in dem Schiffe zu bleiben / biß daß das Schiff gelösset / und wieder belastiget ist / daß es liegen müge.

[251]
13.

Es sol kein Schiffer seinen Knaben / er sey in oder ausserhalb Landes / Uhrlaub geben / oder lassen auff einem Eylande / er habe sich dann so grob versündiget; also auch sol kein Knabe seinen Herrn verlassen / wofern aber jenig Knabe dem Schiffer ohen Paßbort und redliche Uhrsachen entginge / und darüber geklagt würde / der sol ferner in dieser Stadt nicht geduldet noch gelitten werden.

14.

Wann ein Schiff verkaufft wird auff der Reise / so seyn ledig der Steurmann und die Schifmänner / der Schiffer aber sol dem Schiffs-Volck häuren ein gut Schiff / so sie das begehren / darin sie ihr Gut mit sich zu Hauß führen mögen / oder zu des Schiffers gefallen stehen / ihnen Zehrgeld / wie im nechstfolgendem Articul gemeldet / zu geben.

15.

Wird ein Schiff ausserhalb Landes verkauft / so sol das Schiffs-Volck ihre volle bedingte Häure aus und zu Hauß haben / aber keine Führung weiter / dann zur Stäte da es verkaufft wird / und fürther zur Zehrung vor funfftzig teutsche Meil weges drey [252] Reichsthaler / und so ferne nach advenant weniger oder mehr.

16.

So ein Schifs-Knabe des Nachts ausserhalb des Schiffs liegt und schläft / ohne Erlaubnüß des Schiffers / der sol es bessern mit acht Schilling Lübisch; wann aber jemand von des Schiffsvolcke die Schütte oder das Both / ohn Erlaubnüß des Schiffers / Steurmanns oder Hauptboßmans / von dem Schif nehmen oder führen würde / sol dem Volck in zwey Marck Lübisch Straffen verfallen seyn; da aber das Both beschädiget würde / oder durch solche Abführung oder anders / mercklich Schade geschehe / sol er dem zu Rechte stehen der darauf klaget.

17.

Wird ein Schiffs-Knecht in Trunckenheit / Hader oder Zanck verwundet / so ist sein Schiffer nicht schüldig denselbigen heilen zu lassen / besondern er mag ihn aus dem Schiffe weg schaffen / und häuren einen andern in seine Stätte / da auch das Artzt-Lohn sich höher erstreckte als sein verdientes Lohn / das sol der Schif-Knecht selbst bezahlen. Wird aber jemand gewundet in des Schiffers-Dienste / den sol der Schiffer heilen lassen auf des Schiffes Kosten. Ein Schiffer ist auch schüldig / seine [253] Schifleute in Friede und Einigkeit zuhalten / und Mittler zuseyn / wann sie untereinander uneins werden / so lange er ihnen Essen und Trincken gibt / und da gleich der Schiffer einigen Schiffmann schlägt / mit der Hand oder Faust / ist er schüldig einen Handschlag zu vertragen / und nicht mehr / jedoch ohne Wehre: Schlüge aber ein Schifmann den Schiffer / der sol zwantzig Reichsthaler zur Straffe geben / und hat er die nicht zubezahlen / sol gegen ihm nach Stadt-Recht / wie im 64. Articul des vierdten Theils verordnet / procedirt und verfahren werden.

18.

Häuret der Schiffer einen Steurmann oder Boßmann / dieselben seyn schüldig / ihm die volle Reise zu halten / als sie ihm gelobet haben; da aber einer nicht halten wolte / der sol dem Schiffer das gantze Lohn wieder geben / das er empfangen hat / und darzu von seinem eigenen Gelde halb so viel / als der Schiffer ihm gelobet hatte.

19.

Es sol kein Schiffer eines andern Steurmann / Piloten oder Schifmann untermiehten oder abspannen / thut jemand das / der sol ihn dem jenigen / der ihn ersten gemiehtet / wieder überlassen / oder der gedingte [254] sol es mit seinem Eyde erhalten / daß er von dem erstlich sey angenommen / bey dem er ist befunden worden / und der Gehäurete sol seinem Schiffer die Reise folgen / und stehet bey dem Schiffer / was er ihm nach geendigter Reise aus gutem Willen geben wil / dann er dardurch / daß er sich zu zween Herrn vermiehtet hat / des Lohns / Rechts wegen / gäntzlich verlustig gemacht.

20.

So jemand / er sey Steurmann / Pilote oder Schifmann / sich verhäuret / und seinem Ampte nicht recht fürstehen kan / und solches zwey oder drey / die mit ihm in dem Schiffe seyn / bezeugen / der sol dem Schiffer sein Geld wiedergeben / und darzu halb soviel / als er ihm zu Lohne oder Häure gelobet hatte.

21.

Würde jenig Boßmann oder Officierer / wann er etwas auf das Lohn empfangen / dem Schiffer entlauffen / sol derselbe / wann er betreten / und solches mit zween Schifmännern / denen solches bewust und wissentlich wäre / überzeuget würde / dem Schiffer das Lohn / so er empfangen wiedergeben / und viertzehen Tage mit Wasser und Brodt in der Fronerey gezüchtiget / und darnach dieser Stadt / und deroselben Gebiete verweiset werden.

[255]
22.

Befindet ein Schiffer seinen Steurmann oder Schifmann mit böser That / und er die möchte zeugen mit zween Schifmännern / dem mag er Uhrlaub geben in dem ersten Lande dahin er kömpt / und darff ihm kein Lohn entrichten.

23.

Wann ein Steurmann oder Schifsmann / ein Schiff kaufte / daß er selbst führen wolte / so mag er seines Dienstes sich wol verziehen / und geben wieder was er empfangen hat / da auch jemand sich in den Ehestandt begeben / und auff dem Lande bleiben wolte / der mag auch wieder erlegen was er aufgehoben hat / und seyn damit ledig.

24.

Wann ein Schiff beladen ist / und hinweg siegelt / unbeschüldiget von den Fracht-Leuten / kömpt dem Gute etwas zu von werffende / dar sol der Schiffer kein Noth umb leiden: Da aber jemand der Kaufleute den Schiffer beweißlich beschüldiget / daß sein Schif zu tieff geladen wäre / und er siegelte dessen ungeachtet davon / würde hernacher des Guts etwas geworffen / daß sol der Schiffer allein gelten. Ist auch ein Schif zu tieff [256] beladen / daß man außschiffen muß / der letzt eingeschiffet hat / der muß erst wieder außschiffen / thäte sich dessen jemand der Kaufleute verweigern / die Gefahr beruhet auff demselbigen.

25.

Kein Schiffer sol nach diesem Tage Schifs-Volck häuren / wie sie Nahmen haben mügen / sie haben dann gnugsame Paßbort ihres redlichen Verhaltens von ihren Schiffern / mit welchen sie gefahren haben / bey Pœn dreißig Thaler vor jede Person / welche der Schiffer ohne Paßbort mit nehmen würde / davon der halbe Theil an den Rath / und der ander halbe Theil an die Seefahrende Armen sol verfallen seyn / jedoch sollen sich auch die Schiffere gegen ihre Schifskindere / so sich gebührlich verhalten / mit Mittheilung der Paßborten unweigerlich bezeigen. Weil aber die frembde weit abgesessene Schiffere nicht allewege bekandt / eins theils auch nicht schreiben / und also keine Paßbort mit geben können / dahero viel Unrichtigkeit und Unterschleiff entstehen köndte / so sol den Alterleuten der Schiffer Gesellschaft allhie / solche Pässe den Schifs-Kindern frey / ohne Entgeltnüß / mit zutheilen auferlegt seyn / darunter doch in Noth-Sachen / ausserhalb Landes / einen frembden Boßmann ohne Paßbort nach Gelegenheit anzunehmen / nicht sol gemeinet seyn. Da auch der Schiffer und Schifsknecht nicht einig / ob er [257] eines Paßborts würdig sey oder nicht / sol solches zu Erkändtnüß der Alter-Leute der Schiffer Gesellschaft / oder da es von denselben nicht könte geschlichtet werden / zu Erkäntnüß der Obrigkeit gestellet seyn.

26.

Wann ein Schiffer sein Volck gehäuret hat auff Franckreich / oder an andere Oertere / und der Schiffer erlangte von seinen Freunden / oder sonsten von andern Zeitung / daß am andern Orte bessern Profith zu thun Vermuthung ist / so sollen sie dem Schiffer folgen / dagegen sol ihnen der Schiffer Verbesserung zusagen: Könten sie sich umb Verbesserung der Häur nicht vergleichen / so sol die Verbesserung stehen an guter unpartheyischer Seeerfahrner / oder Alter-Leute Erkäntnüß / wann die Reise geendiget ist / würde hiegegen jemand handeln / oder Meuterey anrichten / der sol wie ein Meutmacher gestrafft werden.

27.

Würde sich ein oder mehr gegen den Schiffer muthwillig stellen / und untreu befunden / und solches mit zween Schifs-Kindern beweiset werden könte / denselben mag der Schiffer zu gelegener Zeit am Land setzen / doch daß Leute darauff wohnen / dagegen sollen [258] sich die andern nicht setzen / besondern dem Schiffer die Reise vollenden helffen / bey Verlust ihrer Häure / und ernstlicher willkührlicher Straffe des Raths.

28.

Keiner sol schiessen ohne Befehl des Schiffers / würde jemand dagegen handelen / der sol das Kraut und Loth doppelt bezahlen / und nach Gelegenheit der Verwirckung gestraffet werden.

29.

Begebe sich mercklicher grosser Schade wegen jeniges Boßmannes gefährlicher und muthwilliger Abwesenheit aus dem Schiffe / hat er den Schaden nicht zuerstatten / sol er nach Willkühr des Raths im Gefängnüß mit Wasser und Brodt gezüchtiget werden. Würde auch durch solche seine Abwesenheit aus dem Schiff / das Schif untergehen / und jemand im Schif todt bleiben / so sol er am Leben gestraffet werden.

30.

Würde jemand kranck auff dem Schiffe / der Schiffer ist schüldig / denselben aus dem Schif bringen zu lassen / in eine Herberge zu legen / und ihm Liecht zu leihen / dar er des Nachts bey sehen mag / auch [259] ihn durch einen Schifs-Mann / oder andern lassen warten / auch mit Speise und Tranck zuversehen / wie er es im Schiffe hat / und der Krancke genossen / wie er gesund war / mehr ist ihm der Schiffer zugeben nicht schüldig / des darff der Schiffer auff ihn nicht warten / sondern mag wol zu siegel gehen / stirbet er auff der Reise / seine Erben empfangen die halbe Häure und Führung; stirbet er aber auff der Zurückreise / so gebühret ihnen die gantze Häure und Führung / dagegen müssen seine neheste Erben und Freunde die Unkosten der Begräbnüß entrichten.

31.

Nach dem sich auch offtmahls zuträgt / daß ein Schiffer / zu Trotz und Verdrieß der Redere / seinen Antheil Schifs über den Werth verkauft / daß den Redern darauff in den Kauff zu treten / wie ihnen sonst gebühret / ungelegen / so sol solches zu Erkäntnüß guter Leute gestellet seyn / dann sie nicht mehr als den billigen Werth dafür zu geben schüldig seyn.

32.

Würde ein Schiffer / ohne Noth / muthwillig das Schiff verbodemen / oder ohne Noth in eine Hafe siegelen / da er nicht hin befrachtet / so sol der Schiffer den Schaden / den die Redere darauff rechnen [260] können / aus seinem Beutel zu erstatten schüldig seyn. Würde er aber allda die Kaufmanns-Güter / oder das Schif / verkauffen / und weichhaftig werden / und also den Freunden Schif und Gut entweden / der sol in dieser Stadt und Gebiet nicht geduldet / sondern wann er betreten wird / nach Befindung der Sachen Beschaffenheit / gestraffet werden.

33.

Es sol hinfüro kein Schiffer / dieweil er noch bey seinen Schifs-Redern ist / und derselben mächtig seyn kan / sich unterstehen / an einen andern Ort zu siegeln / als dahin der mehrer theil der Reder geschlossen / und vor gut angsehen hat.

34.

Es sol ein jeder Schiffer / auff die Garnehring / Stauung der Güter / und was demselben anhängig / fleissig Auffacht haben / damit des Kaufmanns Gütere keinen Schaden leiden mügen. Entstünde daraus Schade / oder die Güter von dem Schiffer / oder seinem Schif-Volcke verringert würden / so sol der Schiffer den Schaden / dem Kaufmann / der denselben erlitten / von dem Seinigen zuerstatten schüldig seyn. Da dann bescheiniget würde / daß die Güter verringert wären / so sollen durch die Gerichts-Verwaltere / von Amptswegen / [261] des Schifs Hauptboßmann / Schimmann / Zimmerman und Büchsenschütze / bey ihren leiblichen Eyden umb ihre Wissenschafft befragt / und nach deroselben Aussage / gegen die Verbrecher mit gebührender ernstlicher Straffe verfahren werden. Da aber solch Gut verleckte oder verdürbe / ohne des Schiffers / oder seines Volckes Versäumnüß / und dann das Schiff kömpt dar es lössen sol / und der Kauffmann klopffet drey mahl an das Faß / dar Wein / Oel / und andere leckende Wahre inne ist / und befehlet daß außzuziehen / so muß er dem Schiffer seine volle Fracht geben / oder dem Schiffer das Faß für die Fracht behalten lassen.

35.

Wann die Kohbrügge und Uberlauff / und das Schiff / oben Wassers nicht wol gedichtet / und dahero sich Schade veruhrsachet / so kömpt der Schade auff den Schiffer. Zerbricht aber solches durch Gewalt grosses Ungewitters / wird der Schade vor Haverey gerechnet / wie dann auch / wann sich Schade unter Wassers veruhrsachet. Und dieweil auch offtmahl bey dem Saltze Lackasie ist / davon vor diesem keine Haverey gerechnet worden / und dann gleich wol nicht unbillig / wann mercklich groß Schade daran befunden / und solches durch Veruhrsachung / daß es umb ein Vörland zu vermeiden / oder sonsten aus Noth / Schif und Gut zuerhalten / beygelegt / [262] oder über seine Maß gesiegelt würde / und solches durch drey oder vier der besten im Schiffe eydlich gezeuget / sol der Schade zur Billigkeit / nach Erkändtnüß erfahrner Leute / vor Haverey gerechnet werden.

36.

Es ist ein jeder Schiffer schüldig / gute starcke Kardele und Windetackel in dem Schiffe zu halten / dar man des Kaufmanns Güter mit ein und außsetzen kan; zerbricht aber das Windetackel / also daß Schade an dem Gute geschicht / und daß die Boßleute den Schiffer gefragt haben / ob die Takel starck gnug seyn / und er ja darzu gesaget / so sol der Schiffer zu dem Schaden alleine antworten / wird er aber nicht gefraget / oder auch das Gut aus dem Takel fällt / so sollen die Boßleute den Schaden bezahlen.

37.

Es sollen auch allewege / wann Schiffe / mit Wahren geladen / allhie Anckern / Wächtere in die Schiffe bestellet / und des Schiffers und Schiffs-Volcks Kisten / Soltreume anders / eröffnet / besichtiget / und was nöhtig / registriret und verzeichnet werden.

[263]
38.

Verschweiget vorsetzlichen ein Schiffer ein geladen Gut / oder aber veruntreuet er / oder sein Schiffs-Volck / des Kauffmanns Gut / der solches überwunnen / sol einem Diebe gleich gerechnet / und nach Gelegenheit der Mißhandlung / gestraffet werden.

39.

Auch sol ein Schiffer nach gethaner Reise / den Schifs-Freunden / auff ihr Begehren / beständige Rechnung an Eydes statt / Parcels weise einzubringen schüldig und pflichtig seyn / und da hernacher befunden würde / daß die Rechnung nicht richtig / sondern betrieglicher / fälschlicher Weise wäre gefertiget worden / sol derselbige vor einen unehrlichen Mann gehalten / und in dieser Stadt und derselben Gebiete / nicht gedüldet werden.

40.

Alle Schiffer so hinführo in dieser Stadt werden angenommen / wie dann auch die jenigen / so allbereits angenommen / und zum nechsten abzusiegeln gemeinet / sollen auff der Schifs-Freunde oder des Kaufmanns Begehren (welches aber derselbe vor Einschiffung der Güter thun / oder nach Einladung damit nicht gehöret [264] werden sol) vor den verordneten Zollenherrn / einen leiblichen Eyd zu GOtt dem Allmächtigen schweren / daß sie bey den eingeladenen Kauffmanns Wahren ehrlich / auffrichtig und getreulich handelen / und nach ihrer wieder anheimkunft den Schiffs-Freunden / innerhalb drey Wochen nach der Lössung / richtige beständige Rechnung Parcels weise / von allem Empfang und Außgabe wollen einbringen / wie dann auch die Schiffs-Redere gemächtiget seyn sollen / dieselbigen angekommene Schiffer bey Ubergebung der Rechnung zu befragen / ob die eingeliefferte Rechnung ihrem geleisten Eyde allerding gemäß sey.

41.

Dieweil viel Admiralschafft gemacht werden / und doch wenig gehalten / wer nun die Admiralschafft bricht / und darüber jemand genommen würde / so sol der Schiffer / so die Admiralschaft gebrochen hat / schüldig seyn / den Schaden von dem Seinigen zubezahlen / hat er das an Gelde nicht / so sol er nach Ermässigung willkührlich gestrafft werden.

42.

Wann eine Admiralschafft gemacht ist / oder es sich begebe / daß einem ein Freybeuter an Bort käme / so ist das Volck schüldig sich zu wehren / bey [265] Verlust ihrer Häure; da nu jemand darüber / oder sonsten auff der Reise / oder wann das Schiff vor Ancker liegt / zu Schaden käme / oder gelehmet würde / der sol geheilet / und gleich Haverey über Schiff und Gut gerechnet werden / und da er zu solcher Unvermügenheit gerathen würde / daß er die Kost nicht mehr zu gewinnen wüste / sol ihm vom Schiff und Gut / oder auch / nach Gelegenheit / von dem Seefahrenden Armen-Hause / frey Brodt sein Lebenlang verschafft werden.

43.

Solte auch beweiset werden können / daß jemand unter den Schiffs-Kindern / dem Schiffer in solcher grossen Noth nicht hätte helffen noch entsetzen wollen / und das Schiff darüber genommen würde / sol derselbige auff vorgehende Erkündigung / nach Gelegenheit der Sachen / aus dieser Stadt und Gebiete verweiset / oder sonsten an seinem Leibe gestraffet werden.

44.

Da auch beweiset würde / daß die Schiffs-Kinder in solchem das ihre gethan / und willig gewesen / der Schiffer aber solches versäumet / und nicht fechten wollen; sol dem Schiffer nach der Zeit kein Schiff mehr vertrauet werden / besondern sol seiner Ehren [266] entsetzet seyn / und dieser Stadt und Gebiete verweiset werden.


TITULVS XV.
Von den Befrachtern.
ARTICULUS 1.

Was ein jeder schiffet / da sol er die Fracht von geben / da gleich die Güter ohne Schuld des Schiffers verdorben oder vernichtiget wären / ehe sie überkämen / ihre Vorwort seyn dann anders / jedoch / da der Kauffmann sein sämptlich Gut / oder auch unterschiedliche Stücke davon / als Wein / Bier / und andere Stück Güter / vor die Fracht wil liegen lassen / das stehet zu des Kauffmanns Kühr und Willen.

2.

Wann ein Schiff lösset / so mag der Schiffer das Gut an seiner Bordt behalten / vor seine Fracht und Ungelt / daß man davon schüldig ist / wil er es den Frachtleuten nicht zutrauen.

[267]
3.

Häuret jemand ein Schiff von gantzer Last / und das nicht vollkommen beladet / der ist doch schüldig die volle Fracht zu bezahlen: Bescheidet er aber die benandte Fracht von den geschifften Gütern zu geben / so ist er nicht mehr pflichtig / als seine eingeschiffte Güter belauffen / nach Anzahl der Fracht / vorhin versprochen und gemacht.

4.

Welcher Mann mit einem Schiffer über einkömpt / daß er ihn in einer bescheidenen Zeit wil beladen; thut er das nicht / und das Schiff mit dem Volck durch seine Schuld verzügert wird / den Schaden ist er schüldig zu bessern / davon die Schifleute den vierdten / und der Schiffer der dem Volck die Kost gibt / drey viertheil haben sol.

5.

Verspricht auch ein Kauffmann einen Schiffer Gut / auff eine bestimbte Zeit einzuschiffen / und damit zügert / zeiget dann der Schiffer / wann er siegeln wil / dem Kauffmann oder andern guten Leuten / binnen Schiffsbordt das ledige Raum / und sie dasselbe gnugsam bezeugen; so sol der Kauffmann schüldig seyn / [268] die volle Fracht zugeben / es wäre dann / daß der Schiffer / ohne seine Verhinderung / ander Gut in die Stäte erlangen könte / daß sol dem Kauffmann zu gute kommen; Imgleichen auch / wann ein Kaufmann sein Gut binnen Landes aus dem Schiff begehrte zulössen / und man ohne Behinderung der Reise / darbey kommen könte / sol er dem Schiffer die volle Fracht geben / es wäre dann / daß der Schiffer / ohne seine Verhinderung / ander Gut in die Stätte bekommen könte / das sol der Kauffmann haben zu geniessen: wann aber die Kaufleute dessen einig / daß sie ihre Güter sämptlich alle lössen wollen / sollen sie mit halber Fracht frey seyn.


TITULVS XVI.
Von Werffung und geworffenem Gute:
ARTICULUS 1.

Ist ein Schiff in Wassersnoth / und der Schiffer begehrte zu werffen / so sol man die Frachtleute fragen / ob es ihr Wille sey / [269] wäre es dann ihr Wille nicht / und dem Schiffer / sampt zweyen oder dreyen von den Schiffmännern deuchte / daß es wäre besser gethan / als gelassen / so mügen sie werffen / und wann der Kauffmann überkömpt / so mügen zwey oder drey / die mit in dem Schiffe gewesen / und gute Leute seyn / schweren / daß es die Noth gewesen sey. Wäre auch kein Kauffmann in dem Schiffe / was dann dem Schiffer / sampt dem meisten theil im Schiffe gut bedeuchte / daß sol man thun.

2.

Wann ein Schiffer in vorstehender Wassersnoth / zu Errettung Schiffs und Guts / einige Güter werffet / den Schaden sol man rechnen über Schiff und Gut / geworffen und ungeworffen / und der Schiffer muß die Güter an sich halten biß zu der Zeit / daß der Schade nach Antheil eines jeden Guts belegt ist. Da aber der Frachtleute jemand unvermügen würde / den Schaden mit zu belegen / da darff der Schiffer nicht vor stehen. Würde auch die Mast / umb Schiff und Gut zu retten / gehauen / oder Takel / Ancker oder Tau gekervet / der Schade gehet über Schif und Gut / wie vorher gemeldet; jedoch ist der Schiffer schüldig den Kaufmann zu fragen / und gebe er nicht Vollbordt darzu / darumb darff der Schiffer das nicht lassen / mag er schweren selb dritte / als er zu Lande kömpt / daß es die hohe Noth erfordert [270] hat; Alle Güter seyn pflichtig den Schaden mit zutragen / außbenommen freye Leute und Proviant / der zu Unterhaltung und Zehrung wird mit geführet / der Güter Werthe sol man rechnen / als das ander geldet in dem Marckte / und das Schiff nach seiner Werthe / als der Schiffer es gesetzet / beneben der Fracht / und haben die Kaufleute die Wahl / ob sie es dafür annehmen oder dem Schiffer lassen wollen; da aber die Mast / Ancker / Takel und Taue / von der Macht des Sturms oder Ungewitters zerbrechen / oder verlohren würden / den Schaden kan man nicht über alle rechnen.

3.

Hat jemand bahr Geld / Perlen / oder Edelgestein bey sich in dem Schiff / und man aus Noth werffen muß; er sage dasselbe von sich oder nicht / so sol er gleichwohl nicht desto weniger / andern / die Güter in dem Schiffe haben / gleich / Haverey geben und bezahlen.

4.

Wären etliche Güter / über der Werffung / verärgert / oder gantz vernichtiget / den Schaden sol man rechnen über Schif / Gut / und die Fracht: wären aber Güter vor oder nach / und nicht in der Werffunge verdorben / den Schaden rechnet man nicht auff Haverey / [271] Es müssen gleichwol dieselben Güter mit gelden / den Schaden der geworffenen Güter / nach dem Taxt als sie zu der Zeit werth seyn / und nicht nach der Werthe / den sie hatten / ehe dann sie verdorben seyn.

5.

Wäre es auch daß man Ungewitters halben Gut würffe / aus einem Schiffe in die See / und die See / in der Werffung in das Schif käme / und nehme dar Gut von der Bord / in der Zeit als man würffe / vor oder nach / und das Gut geräumet wäre von dem andern Gute / dar es mit belegt war / daß die See also außgeworffen hätte / und man daß beweisen möchte mit dem Schiffer / und den jenigen die in dem Schiffe wären: so sol man das Gut / das die See also außgeworffen hat / zu Rechte gelten / gleich andern geworffenen Gütern.

6.

Wann jemand geworffene Güter wieder erlangt / so darf man dieselben nicht gelten / seyn sie aber vergolten / so sol er das Geld erstatten / oder er sol die Güter lassen folgen / denen / die sie haben müssen gelten.

[272]
7.

So jemand von dem Schiffs-Volcke etwas mehr / dann seine bescheidene Führung / darinnen er von Haverey gefreyet ist / eingeschiffet hat / davon gibt er Haverey andern gleich.

8.

Wann ein Schiff an Grund siegelt / und es ist zu befahren / das Schif und Gut möchte Schaden leiden / könte man daselbst haben kleine Schiffe / was das kostet / sollen bezahlen Schif / Gut und Fracht / gleich Werfgelde; und wäre dar kein Kaufmann in dem Schiffe / als es an Grund siegelte / so mag der Schiffer mit zween Schifmännern schweren / wil man es ihnen nicht zugläuben / daß Schif und Gut in Noth gewesen ist.

9.

Erfordet es die Noth / daß man ein Schif muß leichten / damit es über Grund kommen / und desto besser in die Hafe müge gebracht werden / da dann ein Theil der Güter in das Both oder Nachen / gelosset / und damit versüncken und umbkämen / den Schaden muß man rechnen über das Schif / Gut und Fracht; bliebe aber hernach das Schif mit den Gütern / den [273] Schaden darff man von den Gütern / die in dem Bothe enthalten / nicht mit gelten.

10.

Wann ein Schiff / vorstehender Noth halben / vor ein Land käme / dar es Haven müste / und daselbst unbekandt wäre / so daß es einen Piloten bedürfte / was das kostet / sol gelten Schif / Gut und Fracht / als in geworffenem Gute verordnet ist.


TITULVS XVII.
Von Schiffbruch und Schiffbrüchigen Gütern:
ARTICULUS 1.

Wann ein Schiff zerbricht / sol der Schiffer zuförderst retten und bergen das Volck / darnechst das gerede Gut / darnach mag er wol bergen seine Taue / und was er sonsten mehr kan / und alsdann sol er den Frachtleuten das [274] Both gönnen / da sie es begehren / ihr Gut zu retten / und sol das Schifs-Volck schüldig seyn / des Kaufmanns Gut und Schiffs Gereitschaft helffen zu retten / umb ein billig Berglohn / und da sie sich dessen verweigerten / sol der Schiffer ihnen keine Häure und etwas anders zu geben schüldig seyn.

2.

Zerbricht ein Schiff / und Güter geborgen werden / davon sol der Schiffer Fracht haben / pro rata des weges / oder es sol in des Kaufmanns Gefallen stehen / das Gut vor die Fracht liegen zu lassen; was aber nicht wird geborgen / davon ist der Kaufman Fracht zu geben nicht schüldig.

3.

Wann Schiffbrüchige Güter geberget werden / so darff man von solchen geretteten Gütern / wegen verlohrenen Schiffs und Güter / keinen Schaden erstatten.

4.

Geworffene / Schifbrüchige / und Seedrifftige Güter / mag sich niemand anders zu eigenen / dann der jenige / dem sie zuvor gehöret haben / [275] dagegen keine Sitte / Gesetze / oder Gewohnheit mügen helffen / die sonst in Schiff oder Handlung / die zu Wasser gebraucht werden / bestehen mügen vor Recht.

5.

So jemand schiffbrüchig Gut berget / und holet es über Reff / oder in der See / der sol haben den dritten Theil / es wäre dann / daß er es ohne sonderliche Gefahr bey gutem Wetter bergte / so sol er davon / nach Gelegenheit / und Erkäntnüß guter Leute / was die Billigkeit erfordert / zu geniessen haben: wofern es aber jemande zufällig / an des Schiffsbort getrieben käme / entweder er liege vor Ancker / oder siegelte / oder wäre in seiner Fahrt / sol ihm der zwantzigste Pfennig allein davon bezahlet werden.

6.

Wann jemand den andern ansiegelt / oder auff ihn treibet ohn Gefähr / und einiger Schade daher entstehet / den sollen beyde Schiffe zur Helffte gleich tragen / und die Ansieglung oder Drifft / sol man zeugen / und der dem andern Schaden thut / sol schweren / daß es ohne seinen Willen geschehen / und der ander sol schweren / wie groß sein Schade sey / und was sein Schiff zu repariren gekostet habe.

[276]
7.

Da etwan zwey Schiffe zusammen kommen / in der See / oder in der Hafe / bey Tage oder bey Nacht / klein oder groß / und das eine an das ander läufft / also daß eins das ander zerbricht und unterdrücket / das Schif das oben bleibet / sol dem andern das untergehet / seinen vollen Schaden wieder erlegen / es wäre dann / daß der Schiffer / der oben blieben ist / schweren wolte mit seinem Steurmann und Schiffmännern / daß es ohne seinen Willen geschehen / so darff er nur den halben Schaden bessern. Wäre aber der Schade des gesunckenen Schifs und Güter grösser / als das Schif / so oben bleibet / mit seiner Zubehörunge und Fracht werth ist / zu der Zeit als es den Schaden gethan / so darff der Schiffer und sein Gut ferner kein Schaden darumb leiden / auch darff des Kaufmanns Gut / das mit in dem Schiffe ist / welches den Schaden gethan hat / den Schaden nicht mit gelten.

8.

Wan aber vorgedachter massen / ein Schif das ander zerbricht / und gleichwol das zerbrochen Schiff nicht untergehet / sondern zu Errettung des zerbrochenen Schifs / Güter geworffen werden / so sol das Schif / welches den Schaden gethan / denselben bessern. Kan [277] aber der Schiffer mit seinem Steurmann und Schiffmännern schweren / daß der Schade ohne seinen Willen geschehen / so darff sein Schif sampt seiner Zubehörung / mehr nicht / dann den halben Theil des Schadens erstatten; Auch ist der Schiffer und sein Gut / imgleichen des Kaufmanns Gut / so in dem Schiffe ist / zu dem Schaden zu antworten nicht schüldig. Ist aber der Schade des zerbrochenen Schifs / und geworffenen Guts grösser / dann das ander Schiff mit seiner Zubehörung / und der Fracht werth ist / zu der Zeit als es den Schaden gethan hat / so sol der Schade über das zerbrochene Schiff / Fracht / und die darinn salvirte Güter / gerechnet / und wie in andern geworffenen Gütern gebräuchlich / nach Antheil eines jeden Guts bezahlet werden.

[278]
TITULVS XVIII.
Von Böddemerey.[3]
ARTICULUS 1.

Es sol kein Schiffer an dem Orte / da die Redere und Schiffs-Freunde gesessen / und gegenwärtig seyn / mehr Geld auff Böddemerey nehmen / als auff sein eigen Part / so er im Schiffe hat; wer aber in diesem Fall / dem Schiffer mehr auff Böddemerey außthut / als sein Part sich erstrecket / der mag sich an des Schiffers Person und Gütern alleine erholen / und seyn die andern Schiffs-Redere darzu zu antworten nicht schüldig.

2.

Nimpt ein Schiffer bey den Redern und Schiffs-Freunden / nach Inhalt des vorgesetzten Articuls / oder auch sonsten ausserhalb Landes / Geld auff Böddemerey / so sol allewege der jenige / welcher die älteste Verschreibung beweißlich ein zuwenden hat / praeferirt und vorgezogen werden.

[279]
3.

Im fall aber ein Schiffer ausserhalb Landes / sein Schiff höher mit Böddemerey beschweren würde / als das Schiff / die Fracht / und Schiffs Geredtschafft sich erstrecket / und werth wäre; seyn die Schiffs-Frende dazu zu antworten nicht schüldig / sondern es mügen die jenigen / so das Geld auff Böddemerey außgethan / bey dem Schiffer und dessen Gütern / nach Inhalt der Verschreibung / sich ihres Rechtens ferner erholen.

4.

Würde einiger Schiffer vorsetzlich / ohne vorhergehende Noth / in frembden Landen / das Schiff mit unzimlichen Böddemereyen beschweren / derselbige sol / wann er allhie wieder anlanget / vor einen unehrlichen Mann gehalten / auch in dieser Stadt und derselben Gebiete nicht geduldet werden.

5.

Thäte jemand einem Schiffer Geld auff Böddemerey / und das Schiff würde genommen / also daß der Schiffer desselbigen Schiffs / nach angewandtem müglichem Fleiß / nicht könte wiederumb mächtig werden; so sol der Schiffer solchen Part / welchen er [280] verböddemet / es sey das gantze Schiff / oder ein Theil desselbigen / dem jenigen / so das Geld auff Böddemerey außgethan / transportiren und überweisen. Im fall aber beweiset werden könte / daß der Schiffer / ohne dringende Noth / das Schif / oder ein Part / mit Böddemereyen höher beschweret hätte / als das Schiff / oder ein Part / wann es zu bestimbter Hafe glücklich angelangt / nach erfahrner Schifleute umpartheylicher Erkäntnüß / sammt der verdienten Fracht / werth wäre gewesen / so sol gegen den Schiffer / wie in vorhergehendem Articul geordnet / verfahren werden / und der / oder die jenigen / so das Geld außgethan / nicht destoweniger aus seinen Gütern sich ihres Nachstandes zuerholen befugt seyn.

6.

Von Böddemerey-Geld / ist man nicht schüldig einige Haverey zubezahlen.

7.

Es mag ein Schiffer / so geboddemet hat / seine Reise wol kürtzen / aber ohne Consent und Vorwissen des jenigen / so ihm Geld auff Böddemerey gethan / nicht verlängern.

[281]
TITULUS XIX.
Vom See-Raube.
ARTICULUS I.

Würde mit etlichen See-Räubern Composition, oder ein Vertrag gemachet / und mit genandtem übergegebenem Gute / das Schif und andere Güter von den See-Räubern entfreyet / den Schaden sol man theilen / zu bezahlen vom Schif und Gute / wie oben von geworffenen Gütern gemeldet. Da aber etliche Güter von den See-Räbuern gewaltiglich / ohne vorhergehenden Vertrag / entfrembdet würden / den Schaden dürffen die behaltene Güter / wie auch der Schiffer / wegen des Schifs / nicht mit tragen noch erstatten.

2.

Bringet jemand Gut über See und Sand / und dasselbige als gestohlen oder geraubet Gut angesprochen wird / so ist der jenige / welcher das Gut gebracht / [282] näher dasselbe zubehalten / als jemand ihm das abzuwinnen. Jedoch so er beweisen kan / mit zween ehrlichen Leuten / oder mit seinem Wirthe / oder auch durch schriftliche Uhrkunde der Stadt / darinn er das Gut gekauft / daß er dasselbe redlich an sich gebracht hat.

3.

Alles Gut / welches über See und Sand anhero gekommen / und allhie Jahr und Tag ohne Anspruch gewesen / und solches mit zween glaubwürdigen Zeugen bewiesen werden kan / ist ein jeder / ungeachtet / ob es vor gestohlen oder geraubet / angesprochen wird / näher zubehalten / als ihm das jemand abzuwinnen / jedoch so fern der jenige binnen Landes gewesen / welcher die Anspruch thut.

[283]
TITULVS XX.
Von Gebäuen und derselben Ordnung:
ARTICULUS I.

Es sol nach diesem Tage kein Zimmer- oder Maur-Meister / Tischer noch Steinmetzer / ein Gebäu zuverfertigen sich unterstehen / es seyn dann zuvor die Caspelherrn[4] / sampt des Raths Zimmer- und Maurleuten darbey gewesen / und haben ihnen die gewöhnliche Speermasse gegeben; thut jemand von den Zimmer- und Maurmeistern / Tischern und Steinmetzen dagegen / der sol dieser Stadt Wohnung verlustig seyn.

2.

Darumb sol ein jeder / der bauen wil / ehe dann er sein altes Gebäude niederbricht / oder das neue anfahet zu bauen / sich bey einem der Worthaltenden Bürgermeister angeben / und begehren / daß die Caspelherrn / [284] neben des Raths geschwornen Zimmer- und Maurleuten bey sein Gebäude gehen mügen / und ihm eine rechtmäßige Speermasse geben / darnach er sich in seinem bauen zu richten habe.

3.

Da aber jemand von den Caspelherrn / und den geschwornen Zimmer- und Maurleuten eine Speermasse gegeben wäre / und derselbige sich deroselben im bauende nicht würde gleichmässig verhalten / und darüber geklagt würde / sol demselben / der solch Gebäude verfertiget / sein Arbeit verbotten / und nach Gelegenheit der Verbrechung / andern zum Abscheu / von dem Rathe ernstlichen gestraffet / und das Gebäude in den rechtmässigen Standt wieder gebracht werden.

4.

Wer eine Außlucht[5] gegen die Strassen bauen lassen wil / dem sol eine Elle außzufahren gegönnet werden / und nicht mehr; nach dem Wasser aber sollen zwo Ellen / mit den Löven außzufahren nachgegeben werden / so fern es das Ort / da gebauet werden sol / bequemlich erleiden wil. Rücket und fahret jemand ferner heraus / der Zimmermann / Tischer / oder Steinmetzer / der die Außlucht gebauet / sol in Poen zehen Reichsthaler verfallen seyn / und [285] hätte er dieselbe nicht zubezahlen / sol ihm sein Ampt so lange gelegt werden / biß er die bezahlet / oder er sol in der Fronerey viertzehen Tage mit Wasser und Brodt gestraffet werden. Also sol es auch gehalten werden mit den alten Außluchten / wann die nieder gebrochen / und von neuen wieder gebauet werden sollen.

5.

Wann einer sich über seines Nachbahrn Gebäude beschweret / sol derselbe bey dem praesidirendem Bürgermeister anhalten / daß den beyden ältesten Caspelherrn müge befohlen werden / neben des Raths geschwornen Zimmer- und Maurleuten sich dahin zuverfügen / und das Gebäude in den Augenschein zu nehmen / und da sich die Sache also befindet / daß dem Manne der da bauen wil / solch Gebäude nicht kan zugelassen werden / so sol es ihm von gedachten Caspelherrn verbotten werden. Bauet er aber über Verbott / das sol er wetten mit zwantzig Thalern / und das jenige / was er über Verbott gebauet hat / sol er wieder abbrechen / und wann solches geschehen / so sollen die beyde für Gericht kommen / und allda nach abgehörter / ihrer beyderseits Nothdurfft / mit Urtheil und Recht / so fern die Güte nicht zulangen wil / unverlängt gebührlich entscheiden werden.

[286]
6.

Hat ein Mann ein Hauß in dieser Stadt / das nicht Keller tief gemauret ist / wil er das Keller tief mauren lassen / dar sol ihm sein Nachbahr / der bey ihm gelegen ist / zu helffen / und halb bezahlen was das kostet / es wäre dann / daß derselbe bereits eine Maure besonders hätte / die Keller tief wäre. Da auch jemand bauen wil auff seine Stätte / und wil dar eine Maure legen / dar vorzeiten keine Maur gewest ist / dar sein Nachbahr eine Wort bey hat / oder ein Hauß das nicht Keller tieff ist / dem sol sein Nachbahr auch helffen / wie vorgeschrieben stehet. Wil auch einer ein Steinhaupt bey das Wasser legen / dar sol ihm sein Nachbahr den Ortpfeiler mit zuhalten schüldig seyn / so fern er den selbigen mit gebrauchet / wäre es aber / daß derjenige / der also mit dem andern bauen müste / es nicht vermöchte / so sol derjenige / so bauen wil / das alleine mauren / und der ander sol ihm so viel Rente in sein Erbe schreiben lassen / nach unserm Stadt-Rechte / als das halb gekostet.

7.

Wor einer seine Pfäle gehabt / dar mag er sie wieder setzen / wann er was neues zu bauen fürhabens ist; wil er aber für die Pfäle ein Steinhaupt setzen / sol ihm eine Elle außzufahren gegönnet werden / so [287] fern das Wasser so breit / daß es dasselbe erleiden kan; ist aber das Wasser nicht so breit / sol eine halbe Elle außzufahren gestattet werden.

8.

Hat jemand auffschlagende Fenster an der Gassen / oder an dem Wasser / die vor seines Nachbahrn Hauß oder Giebel schlügen / oder auch stehende Fenster in Höfen oder dergleichen Plätzen / die mag sein Nachbahr ihm wol zubauen / es wäre dann / daß jenig ander Schein und Beweiß dagegen verhanden. Es mügen aber die stehende Fenster / dem Nachbahr zu Verdrieß / mit Brettern alleine nicht zu gekleidet werden. Da auch jemand auffschlagende Fenster in Hofräumen / oder andern Plätzen / in ruhigem Besitz hätte / mügen dieselben ohne dessen Willen / der sie hat / ihm nicht zugebauet / noch die Luft verbauet werden. An dem Ort aber / da keine Fenster zuvor gewesen / mögen ohne Bewilligung des Nachbahrn keine gemacht werden.

9.

Auch sol hinfürder niemand zur Gassenwerts von untern aufbauen / und weiter außfahren / dann der Giebel forne stehet / so sol auch keiner einige Keller / Boden / und andere Klevelappen[6] mit Thüren / [288] Riegeln und Schlössern unter den Außluchten und Giebeln bewehren und vorzubauen lassen / sondern alleine so weit / als die rechten Haußlegeden und Giebeln mit den Nachbahrn überein kommen / die Anweisung thun. Es sollen auch alle Klevelappen / so itzo verhanden / abgeschaffet werden. Wie dann auch alle Außluchte sechs Füsse von der Erde erhoben werden sollen.

10.

Wann einer einen Trüpffenfall[7] / Abzug oder Gerechtigkeit hat in eines andern Hofe oder Platze / ist er billig / dabey zuschützen / und wil der Nachbahr da beneben bauen / so sol er so fern davon bleiben / als das Lot von der Trüpffenfall mit sich bringet / darmit der Nachbahr an seiner Gerechtigkeit unverkürzet bleibe.

11.

Plancken zwischen Höfen / Platzen und Löven / halten beyde Nachbahrn gleich / als ihnen solches zum besten gelegen / und die Billigkeit erfordert zu einer guten Befriedigung.

12.

Wann Nachbahrn keine Brandt-Maure zusammen halten / hat billig ein jeder seine eigene Wandt zu seinem Hause.

[289]
13.

So sollen auch keine Privet auff den Löven / besondern zwischen eines jedes Pfälen und Steinhäupten künftig gesetzt werden. Heimliche Gemächer in Höfen und Plätzen / sol ein Nachbahr dem andern hernacher näher nicht / dann auff eine Elle bey seine Brandt-Mauren / Wandt / oder Raume / legen und bauen / bwie dann auch ausserhalb Thores die Schweinekaven / eine Elle in dessen Hofe / dar sie gebraucht / sollen gelegt werden.

14.

Es sol auch niemand nach diesem Tage verstattet werden / vor seinem Hause / dar ein Steinern Giebel gestanden hat / einen Höltzern Giebel zu bauen. Auch sol niemand hinter noch vor seinem Gebäude / Steinerne Giebel / auff Höltzerne Pfeiler setzen / umb Gefahr willen / so fromme Leute / die in Feuersnöhten jederman zu helffen gutwillig / daraus besorgen müssen / bey Poeen drey Marck Silbers. Würde auch jemand hinter oder vor sein Hauß einen Steinern Giebel bauen / da vorhin ein Höltzern Giebel gestanden / dem sollen aus dem gemeinen Gute zwey tausend Maurstein / und ein Wißpel Kalck gegeben / und ohne Beschwernüß gelieffert werden / dar auch eine Steinerne Maure stehet / sol man kein Stenderwerck in die Stette setzen / bey gleicher Poen, wie oben außgedruckt / [290] auch sollen alle Brauhäuser / so bißhero Höltzern Giebele gehabt / wann jemand dieselbe abbrechen muß / hinführo mit Steinern Giebeln versehen werden / bey ebenmässiger Peen / dreyer Marck Silbers.

15.

Wann einer zu bauen geneigt / oder auch sonsten befindet / daß ihm seines Nachbahrn Erbe zu nahe ist / oder auff seinem Erbe lieget / sol er mit zweyen Erbgesessenen Bürgern / seinem Nachbahrn lassen anmelden / daß er ihm wolle weichen / und sol darauff der Nachbahr schüldig seyn / sich mit Kalck und Stein zu versorgen / und nach Verlauff Jahrs und Tags zu weichen. Rönnen mügen Nachbahrn zusammen halten / so lange es ihnen beyderseits beliebet / wann es aber einem / von beyden / länger nicht gelieben wird / sol ein jeder seine eigene Rönne halten.

[291]
Der dritte Theil
Von Testamenten / letzten Willen / und Erbschafften ohn Testament.
TITULVS. 1.
Von Testamenten / und letzten Willen:
ARTICULUS 1.

Demnach von vielen undencklichen Jahren / durch unsere Vorfahren / zu Vermeydung / allerhand Nachtheil / und weitläufigen Disputierens / so aus dem mannichfältigen Solennitäten und Zierlichkeiten / welche die gemeine beschriebene Rechte / in Verordnung der Testamenten / [292] unterschiedlich erforderen / zu viel mahlen entstehen / eine einfältige / richtige Maß und Ordnung gesetzt / die bißhero zu jeder Zeit in Auffrichtung der Testamenten / von Bürgern und Einwohnern dieser Stadt / steiff und unverendert observiret und gehalten worden: So ordnen und wollen Wir / daß es bey solcher uhralten üblichen Form und heilsahmer Verordnung hinfüro gelassen werde / also und dergestalt / daß / wann jemand in dieser Stadt sein Testament oder letzten Willen aufzurichten und zu verordnen begehret / derselbe für zwo Raths-Personen / welche neben einem des Raths Secretarien / auff sein Ersuchen und Begehren / der worthaltender Bürgermeister zu ihm schicken wird / denselben seinen letzten Willen / entweder in Schriften verfasset / oder aber mündlich / bey gesundem Verstande anzeigen und vermelden müge / welches dann / da es mündlich beschicht / von dem beywesenden Secretario fleissig aufgezeichnet / oder da es in Schrifften verfasset / für dem Testatore und beyden Raths-Personen alsbald öffentlich verlesen / und darauff er der Testator befragt werden sol / ob solches / wie verlesen / sein eigentlicher Will und Meynung sey / sagt er dann darauff bey guter Vernunft (dessen dann die Raths-Personen insonderheit fleissig Acht haben soll) verständlich Ja / so sol sein Testament fürderlichst vor Rath gebracht / und wann es daselbst durch die gewesene beyde Raths-Personen bezeuget / alsdann / vorbehältlich der Erben Interesse, confirmiret und bestättiget werden. Stürbe auch inmittelst / ehe [293] dasselbe Testament zu Rath confirmiret / einer aus den beyden Raths-Personen / so bey Auffrichtung solches Testaments gewesen / so sol der überlebende Rathmann / bey seinem geleisteten Raths-Eyde schweren / daß er mit demselben an und über solchem Testament gewesen. Und also sol es auch in allen andern Fällen und Sachen / darzu zwo Raths-Personen / von des Raths wegen geschickt / gehalten werden.

2.

Wofern aber man der Rathsherrn / zu Auffrichtung eines Testaments / nicht mächtig werden könte / als nemlichen in gefährlichen Sterbensläufften / oder anderer Uhrsach und Verhinderung wegen / so mag dasselbig in Gegenwertigkeit zweyer Erbgesessener Bürger / und des Secretarii, oder an statt desselben / wo man den auch nicht haben möchte / eines beglaubten offenbahren Notarij, an Erlaubnüß des worthaltenden Bürgermeisters beschehen / auff Maß und Form / wie nechst zuvor von Raths-Personen geordnet.

3.

Wolte auch jemand aus sonderbahren bewegenden Uhrsachen / lieber nach Ordnung und Zierlichkeit der gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / sein Testament aufrichten / dann obgesetzter heilsahmer [294] Form sich gebrauchen / so sol ihm solches auff seine Gefahr hinfüro zugelassen / jedoch die Notarien dabey gewarnet seyn / allen müglichen Fleiß anzuwenden / daß sie in Ansehung des Nachtheils / welcher vielen Personen daraus entstehet / die Testamenta und letzten Willen ordentlich / getreulich / und ohne Gefährde begreiffen / und insonderheit sich der heilsamen Reichs-Constitution, von Notarien auffgerichtet / gemäß verhalten / dann wo in solchen einiger Mangel / Gefährde oder Unfleiß ihrenthalben befunden werden solte / würden sie sich der Peen des Rechtens / so dißfalls verordnet / nicht entbrechen können.

4.

Ferner mag ein jglicher / er sey gesundt oder kranck / doch bey guter ungeschwächter Vernunfft / in seinem Testament / welches er obgesetzter massen verordnet / seine wolgewonnene Güter / nach Abziehung der Schulden / hingeben oder wenden / wie und welchem er wil / ohne einige Einspruch oder Hinderung / aber von Erbgut ist niemand / vermüge dieser Stadt Recht / ohne seiner nechsten Erben Erlaubnüß oder Bewilligung / zu testiren bemächtigt / sondern dasselbe seinen rechten Erben ungeschmälert zu lassen schüldig.

5.

Hätte auch jemand Erbgut empfangen / [295] und darzu Gut gewonnen / so sol und mag er seinen rechten Erben zukehren / so viel er zu Erb empfangen / oder mehr / ob er wil / und das übrige hinwenden und geben / wohin es ihm beliebet und gefällig ist.

6.

Und damit das Erbgut bey den rechten Erben bleibe / so sol ein jeglicher auff seine letzte Stunde des Tods nehmen / was und wie viel er von Erbgut empfangen hat / es wäre dann / daß man anders könte beweisen mit Gerichte und Rath der Stadt / dar solch Erbgut mit Rechte wäre gefordert / und erworben.

7.

Und wird dißfalls für Erbgut gehalten und genennet / nicht allein was jemand von seinen Eltern oder nechsten Freunden durch tödtliche Fälle angeerbet / sondern auch / mit was Gute die Eltern ihre Kinder / oder die Freunde ihre nechste Erben / bey deroselben Vollmacht berathen und außgesteuret haben. Aber was sonsten aus sonderlicher Gunst und Zuneigung gegeben wird / oder durch Vernunft und sorgfältige Arbeit von jemand erworben / das darff man für kein Erbgut rechnen oder halten.

[296]
8.

Imgleichen was von dem jenigen / so einem Manne von wegen der Frauen / und der Frauen wegen des Mannes / von Erbgut mit gegeben / oder bey ihrer beyder Leben mit angeerbet wird / nach Absterben des einen Ehegatten / bey dem Uberlebenden verbleibet / wird billich für Erbgut gerechnet und gehalten.

9.

Würde aber jemand bey seinem Leben / von Abnützung solcher Erbgüter / durch fleissiges sparsames Haußhalten / etwas eröbern / ist solches billig für kein Erbgut / sondern wol gewonnen Gut / zu achten und zu halten.

10.

Wo fern nun jemand von Erbgut restiren, oder dasselb auff seinen Todsfalls vergeben wolte / und der nechste Erbe / darauff solch Gut von Rechts wegen fallen möchte / dasselb vor dem Rath / oder zwo Personen / so von des Raths wegen darzu gesandt / bewilligen und vollbordten würde / sol solche Testamentalische Verordnunge oder Gabe stett bleiben / so aber der jenige / der das bevollbordet / vor dem Testatore verstürbe / ist [297] alsdann dieselbe Gabe von keinen Würden. Jedoch mag solch eine Gabe kein unmündig Mensch geben / oder bevolbordten / ohne Vormundt.

11.

Wann auch ein Mann / er sey gesundt oder kranck / bey seinem Leben eine Theilung seines Guts unter seine nechste Erben anstellen würde / und dieselbe nechste Erben / darauff solch Gut von Rechts wegen fallen möchte / und zu ihren Jahren kommen und mündig seyn / darzu fordern liesse / und in Gegenwart befragte / ob ihrer jemand solche Theilung widersprechen wolte / daß sie solches da zur Hand thun solten / schwiegen dieselben Erben alsdann / mit nicht widersprechen stille darzu / und solches mit Raths-Personen zu bezeugen / so bleibet solche Theilung stett und kräftig / jedoch mag solch eine Theilung keine Frau ohne Vormundt / noch Kinder unter ihren achtzehen Jahren / widersprechen oder vollbordten.

12.

Da auch ein Mann unrecht gewonnen Gut hätte / und dasselbe bey seinem Leben widerkehren wolte / solches mag er wolthun von seinen Erbgütern / ohne Widerspruch der Erben / wofern er sonsten keine Güter hat.

[298]
13.

Ferner mügen auch von wolgewonnenem Gut / kein Knabe unter achtzehen Jahren / noch eine Frauns-Persone / sie sey ledig / oder verheyrahtet / ohne Vormundt / in ihrem Testament oder letzten Willen etwas vergeben.

14.

Was dann eine Frau gibt von ihrem gewonnenem Gut / durch ihren Mann / als ihren rechten Vormundt / ohne Erlaubnüß der Erben / daß sol man entrichten aus dem sammenden Gut vor allem Theile. Beschehe es auch mit der Erben Erlaubnüß / so mag man solche Gabe außrichten von Antheile der Erben / die ihr auch nicht mügen weigern / zimliche Gaben / doch nicht über den dritten Theil / ihrem Manne zu thun / von solchen / wolgewonnenen Gütern; wolte sie aber ihr gantze Antheil der erworbnen Güter / ihrem Manne die Zeit seines Lebens zugebrauchen geben / sol es gnugsane Versicherung thun / solche Güter nach seinem Todt den rechten Erben unverringert wieder zu stellen zu lassen.

15.

Imgleichen können auch die / so an ihrer Vernunfft gebrechlich und sinnloß seyn / so lang [299] solche Gebrechligkeit wäret / item / die Verschwender / denen die Verwaltung ihrer Güter von Uns / Obrigkeit wegen / genommen / Item / die von Natur stumm und taub seyn / auch mit Erlaubnüß ihres Vormünden oder Curatorn, so wenig von gewonnenen / als Erbgütern / einiger massen nicht testiren.

16.

Und wiewol die gemeine Rechte in eines blinden Testament eine sondere Zierlichkeit erfordern; so sol doch desselben Ordnung und Geschäft nicht weniger vor kräfftig / als anderer Personen / gehalten werden / wann das Testament und letzter Wille für zweyen Raths-Personen / wie obstehet / auffgerichtet und erzeugt wird.

17.

Da auch eine Frau / mit sampt ihrem Manne / ein Testament machet / das sol sie thun / nach dieser Stadt-Recht / durch ihren gebührlichen Vormundt / und würde ihrer jemands letzter Wille mit Recht geschwächet / geendert / oder wiederruffen / durch Uhrsachen / so dem andern Theil nicht belangen / das mag des andern letzten Willen nicht hindern / es wäre dann unmüglich / daß das eine oder das ander könte außgerichtet und vollen zogen werden.

[300]
18.

Item / wo eine Frau und Mann seyn / die ihr Gut zusammen geben / und keine Kinder haben / widerspricht dieselbe Gabe niemand binnen Jahr und Tag; so sol dieselbe stätt und kräfftig seyn: wer aber dieselbe Gabe beyspricht / der sol innerhalb Jahres unstete machen / mit vollkommener angestelter Klage / darauff der Rath hernacher zu gelegener Zeit mag erkennen / und Recht sprechen.

19.

Es sol auch auff obgesetzten Fall / wann zwey Ehe-Leute zusammen ein Testament machen / und hernacher deroselben einer verstirbet / alsdann dem überlebenden Ehegatten vergönnet und zugelassen seyn / von seinem Antheil Güter / ein ander Testament auffzurichten / und das vorige so weit zu endern.

20.

Wann aber Eheleute gesampt / oder ein jeder absonderlich / ein Testament gemacht / und darinn dem gemeinen Gut / den Kirchen / oder andern Gottes-Häusern / Hospitalen und Wäysen-Hause allhie / von ihren wolgewonnenen Gütern etwas / titulo institutionis, vel Legati, vermacht / und solches sich nicht über den [301] dritten Theil ihrer nachgelassenen Gütern erstrecken würde / haben sie zwar wol Macht / ihren verordenten letzten Willen zu revociren, oder denselben durch ein ander Testament zu endern / jedoch sollen sie schüldig seyn / woferne das erste Testament durch ein anders geendert wird / demselben berührte Institutionem, oder die pia legata, so weit sich dieselb über den dritten Theil der wolgewonnenen Güter nicht erstreckt / anderweit zu inseriren: in Verbleibung dessen / sol solcher geenderter Wille vor unkräfftig geachtet / und der erste bey Würden erhalten werden. Würde aber von ihnen keine andere Verordnung gemachet / sondern schlechts das erste Testament gebührlich cassiret und auffgehoben; so sol das jenige / was in demselben / berührten Oertern verlassen / biß zum dritten Theil der wolgewonnenen Güter / als ein Legatum ab intestato relictum, gefordert / und von den Erben unweigerlich gereicht werden / jedoch / so nach auffgerichteten Testament / dem Testatori eins oder mehr Kinder gebohren würden / ist er wol befugt / solch Testament zu endern / und die Legata zu revociren.

16.

Ferner sol von einem jeglichen Testament / zum wenigsten ein Marckstücke / zu Wegen und Stegen gegeben werden / und da Frau und Mann ein Testament zusammen machen / ein jeder so viel zu geben [302] schüldig seyn / und solches unverzüglich in die Khemerey gelieffert werden.

22.

Ob wol auch in gemeinen Rechten die Erbsetzung in einem jeden Testament für das Hauptstück gehalten wird; so sollen doch nach diesem unserm Stadt-Recht / zu Handhabung des Testatoris Willens / auch die Geschäfft und Ordnungen / darinn kein Erbe benennet wird / für kräfftig gehalten und vollstrecket werden.

23.

Wofern aber ein Vater oder Mutter / auch andere in auffsteigender Lini / von ihren wolgewonnenen Gütern ein Testament machen wolten / sollen und müssen dieselbe ihren Kindern (welche sie zu enterben keine Uhrsach haben) von solchen wolgewonnenen Gütern / zum wenigsten ihre legitimam oder Kindertheil / in Eigenthumb und Genieß / ohne alle Beschwerung lassen.

24.

Und wird die legitima also gerechnet oder verstanden / daß / wann ein Vater oder Mutter / eins / zwey / drey / oder vier Kinder verläst / so ist die legitima [303] oder Noth Erbschafft / nach Bezahlung der Schuld / ein Drittheil des jenigen / so einem jeglichen Kind / auff den Fall kein Testament gemacht worden / aus den wolgewonnenen Gütern Rechtswegen gebühret hätte: so aber der Kinder fünff oder mehr seyn; so ist die legitima ein halb Theil des jenigen / so dem Kinde / wie obgemeldt / ab intestato gebühret hätte.

25.

Wo dann eins oder mehr Kinder verstorben / und eheliche Kinder nach ihnen verlassen hätten; so sollen des verstorbenen Kinder / deren seyn viel oder wenig / nur für ein Person / und also an statt ihres Vaters und Mutter / gerechnet werden.

26.

So aber ein Vater oder Mutter / auch andere in obsteigender Lini / in ihrem letzten Willen einem oder mehr Kindern die gebührende legitimam nicht verordneten / sondern die außdrücklich enterbten / und rechtmässige beweißliche Uhrsache der Enterbung nicht setzen / oder dieselben Kinder still schweigendt gar umbgingen; so mügen die enterbte und umbgangene Kinder dasselb Testament anfechten und umbstossen / doch sollen die im Testament verordnete Legata kräfftig seyn / und durch die Erben außgerichtet werden / es wäre dann Sache / [304] daß dieselbe legata der Kinder gebührende legitimam übertreffen / so mügen sie ihre legitimam zuvor herab ziehen / und von den übrigen Gütern / so weit sich dieselbe erstrecken / die legata nach Anzahl entrichten.

27.

Wann aber die Kinder nicht gar umbgangen oder enterbet / sondern ihnen etwas verordnet worden / es wäre gleich wenig oder viel; so können sie das Testament nicht hindertreiben / sondern mögen allein umb Ergäntzung und vollkommene Erstattung / oder Erfüllung ihrer legitimae, klagen.

28.

Imgleichen so die Eltern durch übermässige Schenckung / Ubergabe / oder in andere wege / ihr Gut dermassen geschmälert hätten / daß die Kinder / auff den tödlichen Abgang deroselben ihrer Eltern / sich vernachtheiliget befunden; so mügen sie / zu Erlangung ihrer vollkommenen legitimae, auch wol klagen.

29.

Es mügen aber die Eltern / ihre Kinder und Encklin / in nachfolgenden Fällen / von ihren wolgewonnenen Gütern enterben / als nehmlich / da die [305] Kinder oder Encklin sich an ihren Eltern mit Schlägen / und sonsten ungebührlichen groben Schmähungen vergriffen. Item / so dieselbe ihre Eltern umb peinliche Sachen / so nicht entweder gegen die Röm. Käyserl. Mayest. und dieser Stadt Wollfahrt fürgenommen / deferirt oder angeklagt hätten. Item / so dieselbe ihren Eltern mit Gifft / oder in ander wege nach dem Leben gestellet. Item / so der Sohn mit der Stiefmutter / oder die Tochter mit dem Stief-Vater unehrliche Lieb und Werck getrieben. Item / so ein Sohn / Tochter / oder Encklin ihre Eltern / die Schulden / oder anderer Uhrsachen halben / in Gefängnüß kommen / auff deroselben Ansuchen / zu ihrer Erledigung nicht nach ihrem besten Vermügen helffen / noch für sie gut oder Bürgen werden wollen. Item / so die Kinder ihre Eltern / in Aufrichtung ihrer Testament / und letzten Willen / zu verhindern sich unterstanden hätten. Item / so dieselbe ein leichtfertig unehrlich Leben und Wesen führeten / als nemlich / da sie Nachrichter / Schinder / Spitzbuben / Gauckeler / oder derogleichen würden / es wären dann die Eltern in gleichem leichtfertigem Leben und Wandel auch herkommen und gewesen. Item / so ein Tochter oder Enckelin / über daß die Eltern nach ihrem Vermögen / sie mit ehrlichen Heyrathen versehen wollen / denselben nicht gefolget / und sich in ein unzüchtig sündlich Leben begeben hätten. Item / so die Kinder ihren Eltern / welche mit beschwerlicher Kranckheit des Leibes / oder mit Gebrechligkeit der Vernunft beladen / kein Handreichung thun / noch zu derselben [306] Unterhaltung nothdürftige Atzung / oder andere Pflegnüß / nach ihrem Vermögen mittheilen wollen / sollen die Eltern ihre Kinder nicht allein deßwegen zu enterben Fug und Macht haben / sondern auch / da andere Freunde und Verwandte / aus Christlicher Mitleidenheit die Kinder darzu / in Gegenwart zweyer ehrlicher Leute / mit denen solches zu beweisen / getreulich ermahnet hätten / sich ihrer Eltern dißfalls anzunehmen / und sie nicht desto weniger / solcher treuhertzigen Vermahnung ungeacht / dasselbig unterlassen / und darauff bemeldte Freund und Verwandten sich deroselben verlassenen Eltern Pfleg- und Wartung / mit Vorstreckung des ihrigen / biß zu deroselben Ende mitleidentlich angenommen; sollen alsdann solche unartige Kinder an ihrer Eltern verlassenen Gütern / ob sie gleich zu Erben eingesetzt / nichts zu geniessen / sondern dieselbe allein den jenigen / welche ihnen Handreichung gethan / anfallen und gehörig seyn / jedoch die Legata davon entrichtet und bezahlet werden.

30.

Damit nun die Enterbung Krafft haben und bestehen müge / so müssen nicht allein oberzehlter Uhrsachen / eine oder mehr / in der Eltern letzten Willen / außdrücklich angezogen und vermeldet / sondern auch / da die enterbte Person derselben nicht geständig [307] seyn wolte / durch die eingesetzte Erben / oder andere / die solches belangen möchte / gebührlich und wie Recht erwiesen werden.

31.

Imgleichen / wie die Eltern schüldig seyn / ihren Kindern obgesetzter massen ihre Legitimam zu verlassen: also erfordert auch die natürliche Billigkeit / daß die Kinder / und Encklin / so keine Leibes Erben haben / wann dieselbe in Fällen und Gütern / da ihnen solches nach diesem unserm Stadt-Recht gebühren mag / testiren wollen / die Eltern in auffsteigender Lini mit der legitima auch versehen / nemlich also / daß so Vater und Mutter sämptlich / oder deren eins allein im Leben wäre / sie denselben den dritten Theil ihrer Güter / davon sie testiren können / oder auch / da Vater und Mutter nicht mehr / sondern allein Groß-Vater und Groß-Mutter im Leben wären / denselben gleich so viel zuverlassen schüldig. Wann aber die Eltern in ungleichem Gradt verhanden wären / als Vater und Groß-Vater / Mutter und Groß-Mutter / oder etliche deroselben; Ist das testirende Kind allein den nähern im Grad zu bedencken schüldig / und hat der weiter im Grad / der Erb-Gerechtigkeit halben / wider des Testierenden Willen / kein Anspruch oder Fürderung.

[308]
32.

Es mügen aber die Kinder ihre Eltern / von den Gütern sie zu testiren bemächtiget / in nachfolgenden Fällen gäntzlich enterben / als erstlich / da die Eltern ihre Kinder / wegen Sachen / die Leib und Lebens Straff auff sich tragen / ausserhalb der Laster so Käyserl. Mayest. oder dieser guten Stadt Wolstandt betreffen / beschüldigen und anklagen würden. Item / so die Eltern ihre Kinder durch Zauberey / Gifft / oder in andere wege / vom Leben zu bringen sich unterstanden hätten. Item / so die Eltern mit ihres Sohns oder Tochter Ehegemahl verbotene Unzucht getrieben. Item / so die Eltern ihre Kinder / von den Gütern davon ihnen solches erlaubet / ein Testament zu machen und aufzurichten verhinderten. Item / so der Vater des Kindes leibliche Mutter / oder die Mutter des Kindes leiblichen Vater / mit Gift / oder in andere wege hinzurichten und zu entleiben sich unternommen hätten. Item / so die Eltern ihrer Kinder in Armuth / Kranckheit / oder Beraubung ihrer Vernunfft nicht gepfleget und gewartet / oder auch / da dieselbe in Gefängnüß enthalten / zu ihrer Erledigung nach Vermügen nicht geholffen / mügen sie nicht allein deßwegen enterbet werden / sondern auch / da die Freunde oder andere sich auff solchen Fall / der gebrechlichen Kinder / mit Wartung und Handreichung / angenommen / sol es damit / wie nechst zuvor / von Pflegung der Eltern gegen die Kinder / verordnet / gehalten werden.

[309]
33.

Und dieser Uhrsachen ein oder mehr sollen nicht allein im Testament außdrücklich gesetzt / sondern auch / auff Verneinung der Enterbten / dargethan und bewiesen werden.

34.

Wann aber der Testator in auff- und absteigender Lini gar keine / sondern alleine in der zwerch Lini / und auff der Seiten verwandte Freunde / Brüder / Schwestern / Vettern und Oheime im Leben hat; ist er dieselben wider seinen guten Willen zu Erben einzusetzen / oder ihnen etwas in dem Testament von seinem wolgewonnenen Gute zuverlassen nicht schüldig / es wäre dann Sache / daß eine unehrliche Person zum Erben eingesetzt / auff welchen Fall die vorübergangene Brüder und Schwestern solch Testament zu impugniren befugt.

35.

Nach dem sich auch offtmahln zuträgt / daß der eingesetzte Erb für dem Testatore verstirbet / oder die Erbschafft nicht annehmen wil oder kan; so ist einer jeglichen testirenden Person erlaubt und zugelassen / seinem eingesetzten Erben ein oder mehr Nach-erben [310] zusetzen und zu verordnen / doch auff gewisse Masse und Fälle / wie solches die allgemeine beschriebene Käyserliche Rechte ferner außweisen und verordnen.

36.

Es mag auch ein jeglicher seinen letzten Willen / auff den Fall des Nicht-haltens / dergestalt verpeenen / daß wofern jemand der Eltern oder Kinder sich dem Testament / oder letzten Willen / ungehorsamlich widersetzen würden / über ihre gebührende Legitimam nichtes gefolget werden / sondern dasselbe dem gehorsamen Theil anerwachsen sol / oder so jemand anders / dem man die Legitimam zulassen nicht verbunden / mit dem so ihm verordnet / sich nicht begnügen ließ / daß demselben überall nichts gefolget werden sol.

37.

Ferner mag ein jeglicher sein Testament und letzten Willen enderen / mindern / mehren / und gantz abthun / so offt er wil / ungeachtet ob er sich eines andern verpflichtet hätte / doch gehöret in solcher Verenderung eben die Zierlichkeit darzu / die in Auffrichtung desselben ist gebraucht worden / es wäre dann Sache / daß einer wissendlich sein Testament zerreissen oder zerschneiden würde / dann alsdann durch solche vorsetzliche Zerschneidung / ohn einige fernere Solennität oder Gezeugnüß / dasselbige [311] Testament gleichsfalls abgethan und getödtet wird.

38.

Da auch jemand ein Testament / oder letzten Willen / auffgerichtet / zu der Zeit da er kein ehelich Kind gehabt / und ihm darnach Kinder gebohren werden / oder so er andere Kinder für seine eheliche Kinder annimpt / so ist das Testament mit allen Legaten / jedoch die geringen außbescheiden / so ad pios usus verordnet / gefallen.

TITULUS. II.
Von Legaten und Geschäfften:
ARTICULUS 1.

Die Legata oder Geschäffte mügen allein von den Personen / welche zu testiren zugelassen ist / verordnet werden / doch sol es mit der Maß und Form beschehen / wie oben [312] von Testamenten / und Auffrichtung deroselben / geordnet ist.

2.

Wiewol aber nach dieser Stadt-Recht / niemand von Erbgütern zu testiren bemächtigt; so lassen wir doch zu / daß ein jeglicher den zwantzigsten Pfenning von solchen Erbgütern zu Gottes Ehren / und ad pias causas, legiren müge.

3.

Und nach dem solche Legata oder Geschäffte durch den instituirten Erben / oder durch die im Testamente verordnete Executorn außgerichtet werden müssen / so sol sich keiner deroselben eigenes Gewalts unterziehen / sondern von den Erben oder Executorn ordentlich erfordern / es erscheine dann klärlich aus des Testatoris letztem Willem / daß der Legatarius sich des Legati selbest mächtigen und bezahlet machen müge.

4.

Es mügen auch die Eltern in ihrem Testament und letzten Willen / von ihren wolgewonnenen Gütern / einem Kinde oder Encklin vor den andern einen voraus machen / oder legiren / doch daß der ander [313] gebührende legitima, wie im nechst vorgehendem Titul verordnet / unbeschweret und ungehindert bleibe.

5.

So einem ein frembd Gut / daß des Testatoris nicht gewesen / geschaft wäre / so ist der Erbe schüldig / solch verschaft Gut zu erkauffen / und dem jenigen / welchem es verschaft ist / zu zustellen / oder dafür den billigen Werth zu bezahlen / doch nicht anders / dann so der Testirer gewust hätte / daß dasselbige Gut nicht sein gewest / welches im fall des Zweiffels der jenige / dem es geschaft worden / zu beweisen schüldig ist; so aber der Testirer nicht anders gewust / dann solch Gut hätte ihm zugehöret / ist das Legatum unkräftig / es wäre dann die Person dem Testatori so nahe verwandt / daß er vermuthlich deroselben auch solch frembd Gut würde legirt haben / wann er schon gewust / daß es ihm nicht zuständig sey.

6.

Ebener massen sol es auch gehalten werden / wann jemand ein verpfändet Gut verschaft würde / sintemahl der Erb dasselb verpfändete Gut / so viel des Testatoris daran gewesen / einzulösen / und dem es geschaft / zu zustellen schüldig ist.

[314]
7.

Do jemand ein Pfandt / so er von seinem Schüldiger in Händen hätte / verschafft oder legirt wurde / ist er nicht schüldig / dasselbige Pfand den Erben folgen zulassen / wann gleich ihm der Erbe die Schult / dafür das Pfand hafftet oder außgesetzet worden / zubezahlen erbötig wäre.

8.

Ferners weden alle Legata / so pure, ohne einige hinzugesetzte Bedingung / verordnet / alßbald nach des Testatoris Absterben / dem Legatario fällig / Also daß wann gleich darauff derselb Legatarius, ehe und zuvor die Erbschafft angetreten / verstorben wäre / nichts desto weniger dasselbe legatum seinen Erben entrichtet werden müste / ausserhalb / da jemand der Besitz und nießlicher Gebrauch eines oder mehr Güter verschafft ist / dann derselbe Besitz ehe nicht / dann die Erbschafft angetreten / fällig wird.

9.

Dahero / wann der Legatarius vor dem Testierer mit Tod abgehet: So ist der Erbe das legatum oder Geschäfft zu bezahlen nicht schüldig / es hätte dann der Testierer solche Vorsehung gethan / daß es auch auff desselben Erben fallen solte.

[315]
10.

Wann auch jemand / zu Unterhaltung seines Lebens etwas / es sey an Geld / Getreidig / Getränck oder dergleichen / zu Jährlichen oder sonst benandten Fristen zu reichen / geschafft ist / und der / dem also geschafft ist / das Ziel und Frist nicht erlebte: So ist man seinen Erben zu geben nichts schüldig.

11.

Imgleichen / da das Legatum auff ein künfftig Geschicht / so in einer Zeit erfüllet und vollenzogen werden sol / gestellet ist / und der Legatarius dasselb Geschicht nicht erlebte; so ist man seinen Erben nichts außzurichten schüldig.

12.

Wann aber etwas / ohne solche Bedingung / verschafft / und allein die Zahlung auff gewisse Zeit und Ziele bestimmt wäre / also daß die Summa in zwey oder mehr Jahren bezahlet werden solte / desselben Legats seyn die Erben fähig / wann gleich der Legatarius inner der Zeit / aber doch nach Ableben des Testatoris, gestorben wäre.

[316]
13.

Ferner / da jemand ein gewiß oder nahmhaft Gut verschaft / und dasselbige / ohn Schuld oder Verwahrlosung des Erben / schadhaft oder verringert würde; so sol der jenige / dem es geschaft / den Schaden tragen / wie hingegen auch / da solches besser und gültiger worden / solches ebenmässig demselben Legatario zu gute kommen sol.

14.

Letzlich / so ein Ding zweyen oder mehren geschafft wird / sollen dieselben solches zu gleich theilen. Und wann ihr einer des Testatoris Todt nicht erlebet hätte / oder das Legatum nicht annehmen wolte / oder desselben sonsten unfähig worden wäre; so fället desselbigen Theil dem andern zu / es wäre dann anders im Testament oder letzten Willen versehen worden.

[317]
TITULVS III.
Von Gefällen und Erbschafften / darüber keine beständige Disposition oder Testament verordnet.
ARTICULUS 1.

So zwey Personen in den Ehestandt zusammen treten / und mit einander Kinder zeugen / Stirbet nach dem unwandelbahren Willen des Allmächtigen / ihrer beyden eins / alle Erb und Güter fallen auff den Längst-Lebenden / und ihre sämptliche Kinder. Da sich aber begebe / daß von den Kindern eins oder mehr / es seyn Söhne oder Töchter / todts verfahren wären / davon Kinder / oder auch Kindes-Kinder verhanden: Sollen die zu ihres respective Groß- oder Elter-Vaters und Mutter haereditet mit gelassen werden / jedoch / daß sie nicht in capita, den Kindern gleich / sondern Stammen und Stelle ihrer Eltern und Groß-Eltern Erben / und allein derselben Theil empfangen. So [318] dann auch die Kinder alle in GOtt entschlaffen / und Enckele / oder auch neben denselben Uhrenckele / oder dieselben allein in ungleicher Zahl übrig / succediren die gleicher gestalt ihrem Groß- und Elter-Vater ider Mutter / nicht in Häupter / sondern Stammen.

2.

Wann Kinder durch ihre Eltern mit gewissem Gute außgesteuret / und sie sampt zweyen ihrer nechsten Freunden damit zur Zeit ihrer Eheligung friedlich; können sie ferner mit andern ihren Brüdern und Geschwistern / in Vater- oder Mütterlichen Gütern nicht erben / es sey dann / daß es anders verabschiedet und beredet worden.

3.

Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und er mit derselben Kinder gezeuget / die noch im Leben seyn; bleibet der Mann Wittwer / und stehet seinen Dingen recht vor / so mag er nicht genöhtiget werden / bey Leben die Güter mit seinen Kindern zu theilen / jedoch sol er schüldig seyn / denselbigen nothwendige Alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erforderen / ein billiges Heyrath-Gut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben.

[319]
4.

Da aber der Vater anderweit Heyrathen wolte / muß er vor- oder innerhalb vier Wochen / nach dem ehelichen Beylager / mit Vorwissen und Consent zweyer seiner verstorbenen Hauß-Frauen nechsten Freunden / seine Kinder gebührlich abtheilen / dergestalt / daß er denselben entweder ihrer verstorbenen Mutter Brautschatz und angeerbte Güter wieder zukehren / und dieselben nach seinem Todt mit den Kindern anderer Ehe (wann dieselben gleicher gestalt ihrer Mutter Güter voraus genommen) zu seinen Gütern in die Häupter succediren und Erben lassen / oder / vermittelst eines leiblichen Eyds / ein beständig Inventarium aller seiner Güter übergeben / und seinen Kindern erster Ehe den halben Theil / oder da nur ein Kind verhanden / demselben den dritten Theil aller Güter zu gäntzlicher Abtheilung väterlicher und mütterlicher Güter versprechen und geben sol. Jedoch daß der Vater auff den einen oder andern Fall das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / seine Kleider / Linnen und Wüllen / die er getragen oder zu seinem Leibe machen lassen / und was er an Gold und Silber zu seiner Leibes Zierung getragen / dann auch alles / was er seiner verstorbenen Hauß-Frauen / an güldenen Ketten / Ringen / Gürtelen / oder anderer ihres Leibes Zierung / vor und in stehender Ehe gegeben und machen lassen / voraus nehme und behalte. Und was also den Kindern [320] zugetheilet / sol der Vater ihnen / innerhalb Jahres in sein Erb und Eigen / und da er die nicht hat / im Stadt-Rentebuch / oder mit gnugsamen Bürgen versicheren. In Entstehung aber solcher assecuration, sol der Vater auff der nechsten Freunde oder Tutorn Anfürderung / von dem Rath darzu angehalten werden. Und hat der Vater in denen seinen Kindern zugetheileten Gütern die Abnützungs Gerechtigkeit / biß die Kinder achtzehen Jahr vollnkömmlich erreichet / Jedoch ist er dagegen schüldig / die Zeit über seine Kinder nicht allein zu alimentiren und mit Kleidungen zu versorgen: Sondern auch da sie tüchtig zu den studien, Kauffmanschafft oder Handwercken / auff seine Kosten zu halten / Es wäre dann / daß der Vater und der Kinder nechste Freunde sich auff eine kürtzere Zeit / wegen der Abnützung / mit einander vergleichen / oder die Töchter vor Erreichung der achtzehen Jahr verheyratet würde. In denen Gütern aber / welche den Kindern nach Absterben ihrer Mutter / von ihrem Groß-Vater oder Groß-Mutter / oder andern Verwandten anerben / hat der Vater die genießliche Nützung nicht / sondern wird dieselbe den Kindern vorbehalten.

3.

Wann auch der Mann todts verfahren / und seine Ehe-Frau sampt einem oder mehr Kindern / so sie von ihm gedragen / nachlassen würde / so lange [321] dieselbe bleibet unverehliget / und wol Hauß hält / ist sie nicht schüldig mit ihren Kindern zu theilen / jedoch ist sie denselbigen nothwendige alimenta, so wol auch / wann es die Zeit und ihre Jahre erfordern / ein billiges Heyrathgut und Außsteuer / Gestalt und Gelegenheit der Güter nach / zu geben verpflichtet.

6.

Da aber die Wittwe sich anderweit vereheliget / sol sie vor dem Beylager mit ihren Kindern alle Güter (jedoch daß sie das beste Bette / wie es am Braut-Tage gezieret gestanden / ihre Kleider / Linnen und Wullen / so sie getragen und eingebracht / dann auch ihre Leibszierung / als güldene Ketten / Ringe / Gürtele / und alles / so sie in stehender Ehe getragen / und entweder zur Außsteur empfangen und eingebracht / oder von ihrem Ehe-Manne ihr vor- und in wehrendem Ehestande gegeben ist / voraus nehme und behalte) theilen / dergestalt / hat sie zwey oder mehr Kinder im Leben / so wird das Gut in drey gleiche Theile gesetzt / wor von die Mutter den einen / und die Kinder die zwey übrige empfangen; wäre aber nur ein Kind verhanden / das Gut fällt halb an die Mutter / und halb an das Kind. Und soll vorgedachte Theilung / vermöge des durch die Vormünder auffgerichteten Inventarij (welches die Wittwe mit ihrem leiblichen Eyde zu bekräfftigen / und daß ihres Wissens alle ihres seligen [322] Ehemannes Verlassenschafft domahls beschrieben / zu betheuren sol schüldig seyn) und der durch die Vormünde folgends gehaltener / und zur Zeit wann die Wittwe sich anderweit zuverehligen vorhabens / geschlossener Rechnung / geschehen und verrichtet werden.

7.

Haben Mann und Fraue eheliche Kinder zusammen / verstirbet ihrer beyder eins / und der Längst-Lebende die Kinder wegen Väter- und Mütterlicher Güter gebührlich abtheilet / und die außgesagte Güter innerhalb Jahrs / wie in vorgehendem vierdten Articul gedacht / vergewissert; verehliget er sich wieder / und zeuget mehr Kinder / alle seine Güter fallen denselben an / und mügen die abgesonderte mit ihnen nicht erben.

8.

Stirbet einem Manne seine Ehe-Fraue / und sie keine Leibes-Erben / von ihnen beyden gebohren / im Leben verlassen / sollen anfänglich alle Schülde gerechnet / und von dem sammenden Gute abgezogen werden / was dann übrig befunden / davon behält der Mann zwey theile / und gibt den nechsten Freunden seiner gewesenen Frauen den dritten Theil; scheidet auch nach dem Willen Gottes aus diesem Leben der Mann / und keine [323] Kinder / so sie mit einander erzeuget / verläst; die Schülde werden gleicher gestalt von dem vollen gemeinen Gute bezahlet / und was dann mehr in der Erbschafft verhanden / davon empfähet die Frau den halben / und die Freunde ihres verstorbenen Mannes / den andern halben Theil / Es wäre dann in der Eheberedung ein anders beliebet / auff welchen Fall sol / vermöge der auffgerichten Ehezarter die Theilung geschehen / wie droben im andern Theil unter dem XI. Titul / Art. 2. ferner verordnet ist.

9.

So dann auch Leibgeding von Mann und Frauen aus ihren Gütern / auff beyder Leben gekaufft / sollen dieselben nach vorgesetzter Ordnung / andern Gütern gleich / von einander gesetzt und getheilet werden.

10.

Wann der Ehe-Mann / oder die Frau verstirbet / und keine Kinder von ihnen gebohren / im lebende seyn / so hat der Längst-Lebender ein gantz Jahr die Wohmung / auch aus den nachgelassenen Gütern seinen Unterhalt / neben seinem Gesinde / auch nach Gelegenheit und Zustandt der Güter / die Trauer-kleider / es wäre dann anders in den auffgerichteten Ehezärtern beliebet / oder die Erben würden sich mit dem Längstlebenden innerhalb [324] Jahres frist vergleichen / und sollen in vorgedachtem Fall / auff der Erben begehren / oder in Abwesenheit derselben / von Amptswegen / die Güter / nach des einen Absterben / alsbald versiegelt / und gebührlich inventiret werden.

11.

Ein Weib / so ihrem Manne bey seinem Leben untreu geworden / und solcher Unthat gnugsam überzeuget / hat nach Absterben des Mannes aus den Gütern mehr nicht zu fordern / dann was etwann derselbe ihr aus gutem Willen gegeben und verordnet. Da sie aber gäntzlich vorbey gangen / sollen ihr gleichwol zimliche Alimenta gereicht werden.

12.

Wann ein Mensch todts verscheidet / und keine Erben in absteigender Linien verläst / seine Güter fallen Vater und Mutter / da die beyde / oder deren eins im Leben / anheim; so aber keine der Eltern verhanden / seyn Vollbrüder und Geschwistern die nechsten / und theilen ihres Bruders Verlassenschafft in capita oder Häupter / jedoch das Vollschwester und Brüder-kinder mit ihnen in die Stammen erben / und empfangen den Theil / so ihr Vater oder Mutter / da die im Leben geblieben / nehmen sollen. Hat aber der Verstorbene allein Brüder [325] oder Schwester-Kinder / von voller Geburth verlassen; so erben dieselben / auch in gleicher Zahl / gleich mit einander in die Häupter / und nicht in die Stammen. Da auch der Verstorbene einen Ehegenossen verließ / dem sol das jenige / so im 8. Articul dieses Tituls verordnet / gefolgt werden.

13.

Wann Kinder / nach Absterben ihres Vaters / oder Mutter / von Väter- und Mütterlichen Gütern gäntzlich abgetheilet werden / und dann eins von den Kindern stirbet / so fället die Erbschafft nicht auff seinen Vater oder Mutter / sondern seine vollbürtige Brüder und Schwestern; seyn aber die Kinder nur allein von Mütterlichen Gütern abgetheilet / und eins von ihnen stirbet / so erben Vater und vollbürtige Brüder und Schwestern des Verstorbenen Verlassenschafft zu gleichen theilen / jedoch daß vollbürtige Brüder und Schwester-Kinder mit ihnen in die Stammen erben.

14.

Wann keine Eltern / Vollbrüder und Schwestern / oder derselben Kinder / sondern Groß-Vater / oder Groß-Mutter / sampt Halbbrüdern und Schwestern / verhanden / erben die ihres respectivè Enckels oder Geschwistrigen Gut gleich.

[326]
15.

Wann der Verstorbene / seinen Bruder oder Schwester / von halber Geburt / und darzu seines Vaters vollbürtigen Bruder / oder Schwester / verläst / so erben Brüder und Schwester von halber Geburt / wie imgleichen deroselben Kinder / die Erbschafft allein / und schiessen die andere jetzt gemeldte Freunde aus.

16.

Hat die Verstorbene Person keinen Erben in ab- oder auffsteigender Linien / imgleichen keinen Bruder / oder Schwester / von beyden / oder einem Bande allein / noch derselben Kinder verlassen; so werden die zu Erben zugelassen / die dem Verstorbenen von Vater oder Mutter / rechter Blutverwandnüß nach / zum nechsten befreundet seyn / welche auch die Erbschafft unter sich in die Häupter theilen / und wird alsdann nicht mehr in acht genommen / ob sie von einem oder zweyen Banden einander befreundet seyn; wie dann auch nach Brüdern und Brüder-kindern / die jenigen / so in weiterem Grad stehen / ferner nicht an ihrer Eltern Stette treten.

17.

Wann aber ein Wäysen-Kind / welches allhie im Wäysen-Hause aufferzogen ist / in seinen unmündigen [327] Jahren verstirbet / so fället alle seine Verlassenschafft / ausserhalb was ihm die Zeit über / so es im Wäysen-Hause gewesen / und hernacher / angeerbet seyn möchte / nicht an seine Blutsfreunde / sondern dem Wäysen-Hause anheim.

18.

Fället Erb / auff dieser Stadt Bürgere und Einwohnere / darinn sie mit Rechte gewäldiget und immittiret seyn / und haben solches Jahr und Tag besessen / käme darnach ein ander aus frembden Landen / der sich im nähren oder gleichen Gradt angebe / wird derselbe bey seinem leiblichen Eyde erhalten / daß er sich / als ihm wissend geworden / daß sein Verwandter gestorben / auff den Weg gemacht; so hindert ihm solches nicht an seinem Rechten / sondern sol die Verwandtnüß / wie Recht bezeugen / und mag das Erbe nochmahls binnen Jahr und Tag / nach dem er den tödtlichen Abgang seines Verwandten erfahren / forderen.

19.

Wasserley Erbgut in dieser Stadt von Bürgern oder Einwohnern verstirbt / auff Leute / die allhie keine Bürger seyn / die sollen alles des also verstorbenen Guts / den zehenden Pfenning dieser Stadt entrichten. Wolte aber der frembde Mann / dem Erbgut [328] in dieser Stadt angefallen / innerhalb Jahres nach beschehener Theilung in dieser Stadt seine Häußliche Wohnung anstellen / und die Zeit seines Lebens mit dem angefallenen Erbgut bewohnen bleiben / und solches gnugsam versichern / der sol den zehenden Pfenning von den / ihm angeerbten Gütern / zu geben nicht verpflichtet seyn.


TITULVS IV.
Von Einbringung zur Erbschafft / und was man einzubringen schüldig ist.
ARTICULUS 1.

Wann die Eltern versterben / und eheliche leibliche Kinder / oder andere in absteigender Lini / verlassen / welches alsdann von ihnen Erben wil / und zuvor von seinen Eltern oder Groß-Vatern Heyrath-Gut empfangen / und daneben an Hochzeitlichen Kleidern / Kleinodien / und was sonsten darzu gehöret / außgesteuret ist / so soll dasselbe zuvor alles einbringen / wormit es also außgesteuret /


[329] oder aber zu lassen / daß der andern ein jeder zuvor so viel vorab nehme / als er voraus empfangen / und darnach mit den andern zu gleicher Theilung gehen.

2.

Wolte aber das Kind sich an der empfangenen Mit-Gifft und Auß-Steur begnügen lassen / und ferner nicht erben: So ist es das jenige / was es empfangen / einzubringen nicht schüldig / es wäre dann / daß den andern Kindern oder Kindes-Kindern / mit dem gegebenen Heuraths-Gut und Auß-Steur / an ihrem gebührlichen natürlichen Theil legitima genandt / Abbruch geschehen / alsdann sol solche Ubermaß mit den andern / biß zu Ergentzung ihrer Legitimae, oder Kinder-Theil zugleich getheilet werden.

3.

Hätte der Vater seinem Sohn eine Summ Gelds / damit zu handeln und Nahrung zu suchen / vorgestreckt / und darnach mit Todt abginge: So muß der Sohn dasselbige zuvor einbringen / oder ihm abkürtzen lassen / wo er mit den andern Schwestern und Brüdern erben wil / was er aber damit gewonnen / ist er einzuwerffen nicht schüldig / es were dann zwischen dem Vater und Sohn andere Gedinge auffgerichtet.

[330]
4.

Was der Vater bey seinem Leben mit Kleidung / und Unterhaltung zu den Studien, Kauffmanschafft und Handwercken / auff ein oder etliche Kinder / oder Kindes-kinder / mehr dann auff die andern gewendet / und in seinem Testament oder letzten Willen dasselb nicht abgezogen / oder in gemeine Erbschafft zu bringen / außdrücklich nicht gesetzt / oder in sein Buch nicht geschrieben hätte / so seyn sie dasselbe zu conferiren und einzuwerffen nicht schüldig.

5.

Da aber ein Kind oder Kindes-Kind / unnöhtige und überflüssige Unkostung / mit Schencken / Spielen / und in andere ungebührliche Wege auffgewandt / und der Vater solches bezahlet hätte / daß wird ihm billig an seinem Erbtheil abgezogen und gekürtzet.


6.

Was ein Kind selber durch seinen Fleiß / Geschickligkeit / Kauffmannschafft / Mühe und Arbeit erworben / das ist es einzubringen nicht schüldig. [331]

7.

Im fall auch gezweiffelt würde / ob der jenige / so einzubringen schüldig / mehr empfangen hätte / als er zu conferiren sich anerbieten thut / so mügen die andern ihn zum Eyd nöhtigen / daß er nicht mehr als von ihm angezeigt / empfangen habe / welchen Eyd er zu leisten schüldig.


TITULUS. V.
Von Theilung der gemeinen und Erbgüter.
ARTICULUS 1.

Konnen gemeine Erben / oder die ein Hauß in Gemeinschafft besitzen / über das Erbe oder liegende Gründe sich nicht vertragen / sondern der eine wil sich von dem andern scheiden / so mag derselbige / welcher scheiden wil / das Erbe oder Gut / auff ein genandtes Geld oder Zeit setzen


[332] / und alsdann sol der ander / dem die Wahl gelassen ist / innerhalb vier Wochen sich erklären / ob er das Erbe oder Gut behalten / oder die gesetzte Geldsumm / so viel sein Antheil belangen thut / empfangen wil / und da er zu dem Erbe oder Gut kiesen wird / sol er vor Außgang der gesetzten Zeit / das ernandte Geld / jedoch daß er seine Quotam darinne zu kürtzen hat / zu bezahlen schüldig seyn / es wäre dann / daß er sich in andere wege / in der benandten Zeit / mit seinen Consorten gütlich vergleichen könte.

2.

Wann sich aber gemeine Erben aus einem Erbe oder Gute nicht scheiden wollen / und sich doch mit einander in Güte nicht vertragen können / so sol das Loß darüber geworffen werden / wer setzen sol / und wann alsdann das Erbe oder Gut / von demselben / dem es das Loß anweiset / gesetzet ist / hat der ander / wann nur zween zur Erbschafft gehörig / die Wahl; seyn aber drey oder mehr Personen / die sich zur Erbschafft ziehen / sol die Theilung durch das Loß geschehen / und derselbe / dem es durch das Loß zugeeignet wird / den Werth darauff es gesetzt / zu Vergleichung der andern / heraus geben.


3.

Da auch der Erben keiner das Hauß oder Gut annehmen wolte / oder könte / alsdann sol [333] solches zum theursten verkaufft / und die erlösete Geldsumma unter die Erben gleich getheilet werden.



TITULVS VI.
Von Vormund- und Pflegschafften.

Nach dem dieser guten Stadt / und gemeinem Besten mercklich und viel daran gelegen / daß die jenige / so in ihrem unverständlichem minderjährigem Alter / duch den zeitlichen Todt ihrer Eltern beraubet werden / mit Vormündern gebührlich versehen / auch von denselben Vormündern ihren untergebenen Pupillen und Pfleg-kindern mit allem getreuem Fleiß und Ernst fürgestanden werde: und aber bey diesem / bißhero nicht wenig Mangel gespüret worden: Als haben Wir so wol aus jetzt erregten Uhrsachen / und Erinnerung unsern Obrigkeit Ampts / als auch in Kraft nähern sieben und siebentzigsten Jahres zu Franckfurt am Mayn / reformirten und verbesserten Policey-Ordnung / diese hernach gesetzte Maß und Ordnung verfasset / welche Wir auch / so viel Uns dieselbe berühren mag hinfüro

[334] unverbrüchlich zuvollstrecken / halten und handzuhaben gemeinet seyn.

1.

Und demnach anfänglich / weil in gemeinen Rechten und üblichem Gebrauch / dreyerley Unterschied der Vormünder / so den unmündigen Kindern / biß sie zu ihren Jahren kommen / fürstehen sollen; als nemlich fürs erst: Die Vormünder die in dem Testament oder letzten Willen gesetzt und benennet werden. Die andern / so von Geblüth / die nechste Freunde seyn / und zum dritten / so von der Obrigkeit gegeben werden: So ordnen und wollen wir / daß wo ein Vater seinen hinterlassenen Kindern / durch ein Testament oder letzten Willen / ein oder mehr zu Vormündern verordnen würde / dieselbe für allen andern / zu solcher Vormundschafft gelassen und bestättiget werden sollen.

2.

Da auch die Mutter / oder jemand anders / die Kinder zu ihren Erben einsetzen / und denselben in ihrem Testament Vormünder verordnen würden / sollen dieselben durch uns / Obrigkeit wegen / auff vorgehende Erkündigung / bestättiget werden.

[335]
3.

Und wofern etwa ein Sinnloser / oder Minderjähriger / im Testament zum Vormunde gesetzt oder benennet worden / sol derselbe ehe nicht / dann er wiederumb zu seinem gefunden Verstandt kommen / oder sein vollkommen Alter erreichet / zu der Vormundschafft verstattet / und inmittelst an dessen statt / dem Pupillen ein ander Vormundt oder Curator verordnet werden.

4.

Ferner / wann in des Verstorbenen Testament kein Vormundt verordnet / oder kein Testament oder letzter Wille auffgerichtet ist; so werden nach den Eltern die nechstgesipte Freunde zur Vormundtschafft zugelassen und beruffen.

5.

Ob nun wol eine Mutter / nach Absterben ihres Ehemannes / sich ihrer Kinder Vormundtschafft zu unterfangen / von Rechts wegen nicht gedrungen werden kan / nicht desto weniger / da sie sich deroselben gutwillig unternehmen wolte / sol sie für allen andern Blutsverwandten darzu gelassen und bestättiget werden / doch / daß sie neben der gewöhnlichen Vormundtschafft [336] Pflicht / so hernach gesetzt / und außdrücklicher Verpfändung ihrer Haab und Güter / sich alsbald der andern Ehe / wie imgleichen des beneficii Senatus consulti Vellejani, und anderer weiblichen Freyheiten verzeihe / auch daß ihr zween Vormünder / von jeder Seit / oder nach Gelegenheit der Güter / von jeder Seit einer / aus der Freundschafft / oder in Mangel deroselben / andere düchtige Personen adjungirt, mit deren Rath und Hülff / die Kinder und ihre Güter beschützt / vertreten / verwaltet und versorget werden / und sie sampt den Adjuncten Jährlichen / oder so offt man es begehret / ihrer Verwaltung halben Anzeig und richtige Rechnung thu. Würde aber die Mutter sich wiederümb verheyrathen: Soll sie die Vormundschafft ihrer Kinder / auff vorgehende Schluß-Rechnung / den andern mit Vormündern abtreten / und denselben die Güter einantworten / und im Fall sie / ehe dann solches geschehen / auch was nach zugelegter Rechnung / sie den Kindern schüldig blieben / völliglich bezahlet / die andere Ehe vollenziehen würde: Sol sie damit ihrern Mütterlichen Erbfall zu deroselben Kinder Gütern verwirckt haben. Auch sollen insonderheit / auff solchen Fall / die zuverordnete Vormünder / fleissig auffmercken / daß die Kinder in der Abtheilung nicht mügen verkürtzt werden / und der Mutter ehe und zuvor sie mit den Kindern allerdings verglichen / die ander Ehe mit dem Kirchgange zu vollenziehen nicht gestatten.

[337]
6.

Auff den fall aber die Mutter nicht mehr im Leben / oder sich ihrer Kinder Vormundtschafft gutwillig nicht unterpfangen wolte / sol alsdann die Groß-Mutter / auff ihr Begehren / für andern Blutsverwandten darzu verstattet / und es mit deroselben ebenmässig / wie von der Mutter Vormundtschafft verordnet / gebalten werden.

7.

Nach dem auch ein jeder Vater / nach Satzung der Käyserlichen Rechten / seiner ehelichen Kinder Mütterliche / oder andere Haab und Güter / in Verwaltung und administration in- und ausserhalb Rechtens hat / doch dieselbe den Kindern zu Nachtheil nicht zuverendern: so lassen wir es dißfalls bey solcher Disposition gemeiner Rechte bleiben / es wäre dann Sache / daß der Kinder nechste Freundschafft / worümb er dabey nicht zu lassen / oder ihm andere Vormündt zu adjungiren, gründliche und erhebliche Uhrsache fürwenden wollen / welches alsdann zu unser Erkändtnüß stehen / und darauff / was sich nach Gelegenheit und Befindung der Sachen gebühret / verordnet werden sol. Wäre dann kundbahr / oder beweißlich / daß der Vater ein Verschwender / oder sonst eines unordentlichen Haußhaltens berüchtiget / alsdann / wann er sich gleich in die Vormundschafft [338] eingelassen hätte / mag er allewege deroselben entsetzt / und den Kindern andere Vormünder geordnet werden. Ob auch der Vater zur andern Ehe griffe / so bleibet er nicht desto weniger / so er anders sonst zur Vormundtschafft tauglich / der Güter seiner Kinder voriger Ehe Vormundt und Verwalter.

8.

Wiewol sich auch etwan zuträgt / daß Eltern versterben / und Kinder verlassen / die zum Theil ihr vollkömmliches Alter erreicht / zum Theil noch Minderjährig seyn / und also vermöge Rechtens / die erwachsene Brüder / den andern ihren Minderjährigen Geschwistrigt legitimi Tutores oder Curatores seyn solten; so ordnen und wollen Wir doch / daß auff solchen Fall / ehe und zuvor die Erbtheilung fürgenommen / dieselbe zu der Vormundschafft oder Pfleg ihrer Minderjährigen Geschwistrigt nicht zu verstatten / sondern daß ihnen andere Vormünder / biß auff die Erbtheilung / verordnet / nach dero Verrichtung die andern Brüder / so vollnkommenen Alters / und zu Vormündern sonsten qualificirt und düchtig seyn / mit und neben den zuvor verordneten Vormündern / zu der Vormundtschafft ihrer unmündigen oder unterjährigen Geschwistrigt zugelassen / und auff Maß und Weise / wie hernach in gemein / von Vormündern geordnet / darzu bestättiget werden mügen.

[339]
9.

Der Mann ist in alle wege seiner Frauen rechter Vormundt / und mag die Frau / ohne ihres Mannes Uhrlaub / nichts vergeben / verkauffen oder aufflassen. Wolte aber die Frau ihrem Mann Gut aufflassen oder geben / oder einige Auflassung oder Gab zu seiner Behueff vollbordten oder bestätigen / darzu mag der Mann ihr Vormundt nicht seyn / sondern muß die Frau einem andern Vormundt darzu erbitten / und so alsdann dieser rechter Vormundt sich solcher Aufflassung ungebührlich widersetzen würde / sol solches zu unsers des Raths Erkäntnüß stehen / und darauff ergehen was Recht ist.

10.

Wann keine Vormünder im Testament gesetzt / noch die nechstgesipte Verwandte sich der Vormundtschafft gutwillig zu unterfangen gemeinet / sol alsdann die Mutter / so fern dieselbige noch bey Leben / oder nach beyder Eltern Absterben / die nechste Blutsverwandte schüldig und verpflichtet seyn / bey uns als der Obrigkeit / den Kindern bequeme Vormünder zu verordnen / bittlich anzusuchen / und im fall solches von der Mutter / und den nechsten Blutsverwandten / wie gemeldt / innerhalb drey Monaten nicht beschehe / sollen sie dadurch die Anwartung künfftiger Erbfäll verwirckt / und [340] zu deroselben Kinder Gütern / keinen erblichen Zugang haben. Und wollen Wir auff solchen Fall / für uns und von Ampts wegen / so bald uns solches kundt gethan wird / denselben hinterlassenen Kindern / so viel deren unmündig / oder sonsten der Curatorn bedürfftig wären / aus ihrer Vater und Mutter nechsten Freunden zween ehrbahre Männer von jeder Seit / so darzu tüglich seyn / und wo fern unter der Freundschafft darzu qualificirte Personen nicht wären / oder sonsten bewegliche und gnugsame Uhrsachen verhanden / worumb dieselben zu der Vormundtschafft zu gebrauchen unrathsam / alsdann andere / so den Kindern und der Verlassenschafft gnugsam gesessen / zu Vormündern verordnen / und hierinnen fürnemlich dahin sehen / daß solche Leute darzu gezogen / die mit öffentlicher Verleumbdung und Laster / deßgleichen mit schweren Schulden und Armuth / wissentlich nicht beladen / noch die ihrem eigen Thun und Haußhalten selbst nicht für zustehen wissen / sampt daß sie mit der Pflegkinder Eltern nicht in schwerem Widerwillen oder Rechtfertigung gestanden / noch deroselben Güter halben Spruch oder Fürderung haben / auch daß sie nicht unter achtzehen Jahren / und daß sie / und zum wenigsten deren einer / schreibens und lesens erfahren seyn.

11.

Da auch gebrechhafftige Personen gefunden werden / als Unsinnige oder Sinnlose / Stumme [341] und Taube / deßgleichen die mit langwieriger Kranckheit beladen und lagerhafft seyn / auch die ihre Güter unnützlich verschwenden / die sollen uns gleichsfalls durch die Mutter / oder wo dieselbe nicht mehr im Leben / durch die nechste Blutsverwandte / bey Verlust ihrer erblichen Anwartung / wie obstehet / angezeiget / und ihnen nach Gelegenheit Curatores und Vorsorgers verordnet werden.

12.

Welche nun also im Testament / oder näher Blutverwandtnüß wegen / und sonsten von uns / zu Vormündern oder Vorsorgern gesetzt / erfordert und verordnet werden / sollen sich deroselben Vormundschafft / ohne gnugsame erhebliche rechtmässige Uhrsachen / nicht äussern oder entledigen können / sondern zu Annehmung deroselben von uns bey ernster Straffe angehalten werden. Und ob wol in den gemeinen beschriebenen Rechten / unterschiedliche Uhrsachen verordnet / dardurch sich einer von Bürden der Vormundschafft entfreyen kan: so sollen und wollen Wir doch in allewege / auff Fürwendung einer oder mehr solcher Uhrsachen / die Gelegenheit und Umbstände der Person und Uhrsachen erwegen / und darauff die Billigkeit verfügen / und insonderheit in acht haben / daß die Personen / so zu Rath sitzen / wie im gleichen übermässig alte und unvermögliche / oder die zuvor mit andern dreyen Pflegschafften beladen seyn / [342] mit solchen Pfleg- und Vormundtschafften / auff ihre eingewandte Entschüldigung / mügen verschonet bleiben.

15.

Ferner sol kein Vormundt / Vorsorger / oder Verwalter / er sey gleich in einem Testament / oder sonst vorerzehlter gestalt verordnet / sich einiger administration und Verwaltung unterpfangen / ehe und zuvor ihm dieselbe von Uns als der Obrigkeit decernirt und anbefohlen / auch darauff sein Nahme in das Vormunder Buch verzeichnet worden. Und sol demnach zu forderst derselbe / ehe ihm die Vormundtschafft anbefohlen wird / einen leiblichen Eyd zu GOtt schweren / daß er alles und jedes so seinen Pflegkindern nützlich und gut ist / thun und handeln / was unnütz und schädlich / vermeyden / unterlassen / und verhüten / deren Person und Güter zu ihrem Nutzen und guten Glauben verwaren / vertreten und zum besten vorsehen / von allen und jeden ihren Haab und Gütern / so denselben zuständig seyn / ein Inventarium fürderlichst auffrichten lassen / ihrer Administration und Handlung zu gewöhnlicher und rechter Zeit Rechnung thun / mit vollnkommener Uberliefferung alles des jenigen / so solcher Tutel und Vormundschafft halben / zu seinen Händen kommen / und den unmündigen Kindern zuständig / auch dessen was er denselben schüldig blieben / und sonsten alles thun wolle / daß einem getreuen Vormundt [343] zugehöret / alles bey Verpfändung seiner Haab und Güter. Und wann die Vormünder oder Vorsorger / diese obgesetzte Eydes-Pflicht geleistet / sollen sie ihrer Verwaltung halben ferner Bürgschaft oder Fürstandt zu thun / nach diesem unserm Stadt-Recht / aus bewegenden Uhrsachen nicht schüldig seyn.

14.

Es sollen auch die Vormünder und Vorsorger / alsbald nach anbefohlener Verwaltung / und derwegen geleister Eydes-Pflicht / alle ihrer Pupillen und Pflegkinder Haab und Güter / brieffliche Uhrkunden / und Handschrifften / ordentlich / deutlich und unterschiedlich / durch einen Secretarium, Gerichtsschreiber oder qualificirten Notarium, in beyseyn zweyer unpartheyischer redlicher Personen / inventiren und beschreiben lassen / es wäre dann / daß der Vater in seinem Testament / oder in wehrender Schwachheit vor zweyen oder dreyen ehrlichen Manns-Personen (welche solches bey ihren leiblichen Eyden erhalten werden) das Inventarium von den Vormündern zu verfertigen verboten / oder ihnen solches erlassen hätte / in welchem Fall die Vormünder das Inventarium nach vorgesetzter Form zu verfertigen nicht schüldig; nicht desto weniger aber unter ihnen / und in Gegenwertigkeit der Kinder / so ihre mündige Jahr erreicht / die Güter zu beschreiben verpflichtet seyn sollen / [344] Und da die Vormünder / ausserhalb vorgemeltes Falls / solches unverhindert / rechter Ehehafft nicht thäten / dieselbe den Kindern den Schaden / so ihnen daraus erfolget / ablegen und erstatten. Und da etwann der Vormundt einige Schulden oder Fürderung / zu den Pfleg-kindern oder deren Gütern hat / oder zu haben vermeynet / deßgleichen auch / so er etwas denselben zu gelten oder zubezahlen schüldig wäre / soll er solches in Annehmung der Vormundtschafft / anfangs unterschiedlich anzeigen / daß alles in berührt Inventarium bringen / und so er das wissentlich verschweiget / und sich der Vormundschafft darüber unterwinden würde / sol derselbe seine Schulde zu suchen oder zu fordern nicht Macht haben.

15.

Weiters sollen die Vormünder und Pfleger / zuförderst fleißig Acht haben / daß ihre Pflegkinder und unterjährige zu Gottesfurcht / und ehrbaren Sitten erzogen / darzu in ehrlicher Ubung / zum Studieren / Kauffhändeln / Handwercken / oder andern Geschäfften / nach Gelegenheit und qualification ihrer Person / auch vermögen der Nahrung / angewiesen und gehalten werden. Und da jemand deroselben Pfleg-kinder / etwann auff eine hohe Schule / Cunthor / oder sonsten ausserhalb Landes etwas zu lernen verschickt würde / so sollen ihm die Vormünder / mit Rath der Mutter und nechsten Verwandten [345] / ein gewisses aus den Gütern / nach Gelegenheit deroselben / zu seinem jährlichen Unterhalt verordnen / und ihn dessen verständigen / was er alsdann über solche verordnete Summ auffborgen oder verzehren würde / sol ihm an seinem Antheil abgekürtzet / und aus den sämptlichen Gütern nicht bezahlet werden.

16.

Ebenmässig sollen auch die Vormünder / mit allem müglichen Fleiß / ihrer Pupillen Haab und Güter getreulich versorgen / bewahren / und in keinen Abgang kommen lassen / und was an Bahrschafft verhanden / zum besten an gewisse Zinß anlegen / damit sie einen zimlichen Genieß und Abnützung davon haben mügen / und da etwan die Vormünder von der Pupillen Gelde zu ihrem selbst Nutzen entleihen / oder andern auff gebührliche Zinß außthun würden / sollen sie deßwegen gnugsame Caution zu bestellen / oder von andern zu nehmen schüldig seyn.

17.

Es sollen aber die Vormünder und Versorger / wann es auch gleich der Vater wäre / ohne unsere Erläubnüß / keine liegende Güter den Pupillen zuständig / verkauffen / verpfänden / oder sonsten verendern; [346] Und so ein Decret oder Erkändtnüß / obliegender Schulden / und anderer Uhrsachen halben / begehret würde / sollen allemahl dieselben Uhrsachen fürhabender Alienation, unterschiedlich und lauter angezeigt werden. Was aber an Fahrnüß / Haußgerath / Kleider und derogleichen / so abgänglich / und mit Nutzen nicht zu behalten / mag ein Vormundt oder Verwalter ohne Erläubnüß wol verkauffen.

18.

Auch sol ein jeder Vormundt / der das Jahr über / der Unmündigen Rechnung verwaltet / der Kinder Mutter / wo fern dieselbe im Leben / und den andern Mit-Vormündern / jedes Jahrs gebührliche Rechnunge zu thun schüldig seyn.

19.

Würde nun bey solcher Rechnung ein Vormundt befunden / daß er in den Gütern zu Schaden und Nachtheil gehandelt / derselb sol nicht allein / auff Anklag und Begehren der Mutter / oder anderer Verwandten / als verdächtig / der Vormundschafft entsetzt / und an dessen statt ein ander verordnet werden / sondern darzu auch allen Schaden / so also durch seine Hinlässigkeit oder Versäumnüß beweißlich veruhrsachet worden / zu erstatten und zu bessern schüldig seyn / Auch also daß / so der [347] jenige / welcher mißhandelt / oder etwas versäumet hätte / den Schaden zu wiederkehren nicht vermöchte / alßdann die andere Mit-Vormünde / die ihm dergestalt Verwaltung allein anbetrauet / und nicht zeitlich Auffsehens gehabt / dafür hafften und verpflichtet seyn sollen / es wäre dann / daß sich mit demselben Vormundt ein unvermuthlicher Fall begeben / welchen die Mit-Vormundt zuvor nicht wissen / noch auch abwenden mügen / dann sie zu demselben zu antworten nicht verbunden / sondern die Pupillen solchen unversehnlichen Zufall allein zu tragen schüldig. Würde auch bey solcher Vernachtheiligung einiger Betrug oder gefährlicher Vortheil gespühret / sol derselbe Vormundt / neben Wiederkehrung des zugefügten Schaden / mit Schmälerung seiner Ehren / von der Vormundtschafft abgesetzt werden.

20.

Ob dann wol das Pfleg- und Vormundschafft-Ampt / von gemeines Nutzes wegen / auch umb der armen Wäysen und Minderjährigen Noth und Wolfarth willen / nach den gemeinen beschriebenen Rechten / keinen Gewinn / oder bestimmte Belohnung / sondern viel mehr eine Bürde / Mühe und Arbeit auff sich hat / dennoch / weil dißfalls von unsern Vorfahren / aus vernünfftigen Uhrsachen / und damit ein jeglicher hierzu so viel desto williger erfunden werden möchte / ein anders verordnet [348] / so lassen wir es auch vorthan bey solcher Verordnung bleiben / daß nemlich bey Anhörung der Schluß-Rechnung / ihnen den Vormündern / nach Gelegenheit der Arbeit und gehabter Mühe / auch gestaltsame der Personen / und der Kinder vermügen / eine zimliche Belohnung wiederfahre und gefolget werde.

21.

Alle Vormünder / so unmündigen Kindern gesetzt oder verordnet / die bleiben in Verwaltung solcher Vormundtschafft / biß die Pflegkinder ihr mündig Alter / das ist / die Knaben viertzehen Jahr / und die Mägdlein zwölff Jahr völliglich erlangt haben; und nach Außgang dieser Zeit / sollen die Vormünder deroselben ihrer Pflegkinder Curatores oder Vorsorger seyn / biß die Knaben achtzehen Jahr ihres Alters erfüllet haben / alsdann dieselbe der Curation und Vormundschafft allerdings erledigt / ihre Person und Güter in- und ausserhalb Gerichts selbst regieren und vertreten mügen / aber die Frauen können keine Sachen förderen für Gericht / noch Gut aufflassen oder geben ohne Vormundt / dahero derselben Curation und Vormundtschafft ehe nicht / dann dieselbe in die Ehe bestattet / geendiget wird / alsdann / wie obstehet / der Mann ihr rechter Vormundt ist / und mag der biß dahin gewesener Vormundt und Curator, nach gethaner Schluß-Rechnung / die Vormundschafft und Curation gäntzlich abtreten.

[349]
22.

Und sol bemeldte Schluß-Rechnung den jenigen / so aus der Curation und Versorgnüß kommen seyn / fürderlich beschehen ohne Unterscheid / sie wären durch Verordnung der Testament / oder sonst / zu Vormündern und Curatorn gesetzt worden / und was sich im Receß befindet / daß die Vormünder weiters und mehrers in Zeit ihrer Administration eingenommen / dann hinwieder außgeben hätten / daß sollen sie den Pflegkindern / neben Einräumung der liegenden und fahrenden Haab und Güter unverzüglich zu lieffern / zu verweisen und zuzustellen schüldig seyn / und da sie hierinnen säumig und ungehorsam erscheinen würden / auff Ansuchen der Pflegkinder / durch uns ernstlich darzu angehalten werden: Hiegegen / da sie die Vormünder vor ihre Pflegkinder ein mehrers außgelegt / dann eingenommen / und also in Rechnung / Außgabe die Einnahme übertreffe / sol ihnen von den Pflegkindern dasselb gleichsfalls zum fürderlichsten erstattet / und auff den Fall des Verzugs oder ungebührlicher Verweigerung / ihnen darzu von uns schleuniges Rechtens verholffen werden.

23.

Aber die Curatores oder Vorsorger der Verschwender / und anderer gebrechlichen Personen / davon obstehet / sollen ihrer Pfleg- und Verwaltung / so [350] bald der Verschwender sich wiederumb in ein ehrliches gebührliches Wesen geschickt / und die andere gebrechliche Personen / zu Geschickligkeit ihrer Gesundheit und Vernunfft kommen / entledigt seyn / und alsdann denselbigen / ihrer Verwaltung gebührliche Rechnung thun. Wo aber die Ungeschickligkeit deroselben Personen beharrlich bleiben würde / sollen die Curatores alle Jahr / wie hieroben in gemein verordnet / Rechnung zuthun schüldig seyn.

24.

Nach geendiger Vormundtschafft / und gethaner Schluß-Rechnung / sollen die Vormünder oder Curatorn, mit ihren Pfleg-Söhnen für den Rath treten / sich daselbst gebührlich quitiren / und ihre Nahmen in dem Vormünder-Buch tilgen lassen; wann solches beschehen / so mag den Pfleg-Kindern / oder deren Erben / wieder die Vormünder / und deroselben Erben / keine fernere Zuspruch und Forderung gebühren / es würde dann hernacher / eine augenscheinlicher Betrug / oder begangener Irrthumb in den verhanden Rechnungen / oder sonsten aus andern scheinbahren Anzeigen / befunden und gebührlich erwiesen.

25.

Und dieweil sich auch offtmahl zuträgt / daß die Pfleg-Kinder / wann sie aus der Vormundtschafft [351] und Versorgnüß kommen seyn / ihnen Rechnung zu thun nicht begehren / sondern darmit / biß dieselben ihre Vormünder und Curatores absterben / listiglich und gefährlich verziehen / dardurch die Erben der Verstorbenen Vormünder oder Vorsorger ihrenthalben mercklich verletztet und beschweret werden: So sollen demnach die Pfleg-Kinder / nach Endung der Vormundschafft oder Versorgnüß / so fern sie hie zur Stette / von ihren gewesenen Vormündern und Curatorn Rechnung / und ihrer Güter Zustellung / fürderlich begehren und erfordern; Würden sie aber nach Endung der Vormundtschafft oder Pflegnüß / zwey Jahr wissentlich verfliessen lassen / und dar zwischen keine Rechnung begehren / so sollen die Erben der jenigen / so ihre Vormünder oder Vorsorger gewesen / ihnen ferners Rechnung zu thun nicht schüldig seyn.

[352]
TITULUS VII.
Von Inventarien oder Beschreibung der Güter.
ARTICULUS 1.

Wiewol die Inventierung und Beschreibung der Güter nicht wenig Beschwernüß hat / so ist dennoch ein jeglicher / wer Güter in Händen hat / die er künfftiglich restituiren muß / damit aller Verdacht und Argwohn vermitten bleibe / dieselbe gebührlich / jedoch auff unterschiedene Maß und Form / nach Gelegenheit der Sachen / inventiren zu lassen schüldig.

2.

Insonderheit / nach dem ein jeglicher Erb / so ein mahl sich der Erbschafft unterziehet / ohne einige Außflucht und Behelff / alle des Verstorbenen Schulde / auch was derselbig in seinem Testament oder letzten Willen andern verschaffet / oder außzurichten befohlen [353] hat / zu bezahlen verpflichtet ist / ungeacht daß schon die verlassene Güter sich so weit nicht erstrecken möchten: So ist dagegen den Erben diese Begnadung und Wolthat Rechtens gegeben / daß sie in einem Monath / dem nechsten / nach dem sie des Todtsfalls und angestorbenen Erbschafft berichtet worden / alle und jede des Verstorbenen Haab und Güter / Schulden / Gegenschulden / brieffliche Uhrkunden und anders / in die Erbschafft gehörig / zu inventiren und zu beschreiben anfangen / und in zweyen Monaten darnach vollenden / und also das gantze Inventarium in dreyen Monaten verfertigen mügen / wiewol aus beweglicher Ehehafft / als da der Erbe absens, oder der Erbschafft Güter an verschiedenen Oertern zerstreuet seyn / längere Zeit / und ein gantz Jahr zur Inventation zugelassen werden sol. Und wann also nach auffgerichtetem Inventario, ein Erb sich der Erbschafft unterfanget / und mit den Gütern als ein Erb waltet / ist er den Gläubigern und andern weiter nicht / dann sich die inventirte Güter erstrecken / verpflichtet / noch ein mehrers zubezahlen schüldig.

3.

Es mag auch auff solchen Fall / des auffgerichten Inventarij, der Erbe alle das jenige / so er auff des Verstorbenen Begräbnüß / auch zu Verfertigung des Inventarij, und sonsten einiger Gestalt / der [354] Erbschafft wegen auffgewandt oder bezahlet / von der Erbschafft Gütern vorab ziehen und einbehalten; aber was andere Spruch und Fürderung / so er zu dem Verstorbenen bey dessen Lebzeit gehabt / anbelangen thut / darinnen andern Creditorn gleich gehalten werden.

4.

Damit aber der Erb solcher Wolthaten würcklich zugeniessen haben müge / so wird bey solcher Inventirung erstlich erfordert / daß er auff Erlaubnüß des Raths / alle des Verstorbenen Gläubiger / und die jenigen / welchen im Testament etwas vermacht / so viel derselben in dieser Stadt und Gebiete / durch des Gerichts-Diener einen / oder da dieselbe nicht alle bekandt / durch einen öffentlichen Anschlag und Proclama, bey Aufrichtung des Inventarij, auff gewisse darzu bestimbte Zeit und Stelle / so ihnen dabey angezeiget werden sol / zu erscheinen eins für alle heischen und laden lasse / und darauff alsdann durch den Gerichtschreiber / in Beywesen zweyer glaubwürdiger Zeugen / welche den Verstorbenen gekandt / zusampt den citirten und erscheinenden Gläubigern und Legatarien / auch so noch andere Gläubiger ausser dieser Stadt Gebiete / so nicht citirt wären / an deroselben statt dreyer darzu insonderheit erbetener erbgesessenen Bürger / alle und jedes des Verstorbenen Haab und Güter / Schulden / Gegenschulden / brieffliche [355] Uhrkunden / und alles anders / was in des Verstorbenen Verlassenschafft bey seinem Ableben befunden / ordentlich und unterschiedlich / mit eines jeden eigendlicher Beschaffenheit / Aestimation und Werth / inventirt und beschrieben / folgends auch dasselb Inventarium zu End / nicht allein durch den Gerichtschreiber / welcher dasselb / verfertiget / sondern auch durch den Erben selbst / mit eigener Hand / oder wofern derselb nicht schreiben könte / durch einen andern deßwegen requiriten Notarium, daß solch Inventarium von ihm dem Erben getreulich / und ohn alle Arglist und Gefährde auffgerichtet sey worden / unterschrieben werden.

5.

Würde aber der Erb diese obgesetzte Form zu inventiren / in ein oder mehr nothwendigen Puncten überschreiten / oder etwas gefährlicher Weiß im inventiren verschweigen / verhalten oder verbergen / und dessen überwiesen werden / so soll er die Schulde und alle Legata, ungeachtet daß er ein Inventarium auffgerichtet / und die Erbschafft so viel nicht vermöchte / zubezahlen verpflichtet seyn.

6.

Jedoch mügen die Erben / innerhalb der Zeit / welche ihnen / wie obstehet / zu Außfertigung [356] des Inventarij von Rechtswegen zugelassen und bestimmt / von den Gläubigern oder Legatarien, ihrer Schulden oder Geschäfft halben / nicht angefochten oder besprochen werden.

7.

Ferners / da jemande auff sein Lebezeit der Besitz oder genießlicher Brauch / aller oder etlicher Güter / vermacht / sol derselbe gleichsfalls von allen solchen Gütern / auff vorgehende gebührliche Citation des Eigenthümers Erben / ein Inventarium durch den Gerichtschreiber / in Gegenwart zweyer glaubwürdiger Zeugen / auffrichten / und darinnen alles und jedes nach seiner Qualität / und mit hinzugesetzter Aestimation und Werth desselben / eigentlich beschreiben lassen / und dann zu End / neben dem Notario, dasselbig mit seiner Hand unterzeichnet / auch ferners die Caution, welche er solches Besitzes und Geniesses wegen / dem Eigenthumbs Erben zu thun schüldig / demselben Inventario auch einverleiben. Im Fall aber er dasselbe gäntzlich unterlassen / oder auch im Inventiren etwas gefährlicher Weise verschweigen / oder unterschlagen / und dessen / wie Recht / überzeuget würde / sol er damit denselben Besitz und Genieß allerdings verwirckt und verlohren haben: Hingegen aber auch / da er etwas aus Irrthumb in das Inventarium gebracht / so [357] darinn nicht gehöret / ihm auff gebührende Andung unschädlich und unpraejudicirlich seyn.

8.

Imgleichen ist auch ein jeglicher Vormund und Vorsorger / von allen des Pupillen Gütern / inmassen im nechst vorgehendem Titul von Vormund- und Pflegschafften verordnet / ein richtig Inventarium verfertigen zu lassen schüldig.

[358]
Der vierdte Theil /
Von Peinlichen Sachen / Injurien / und andern zugefügten Schäden / auch Straffe und Busse.

ARTICULUS 1.
Straffe der Gotteslästerer.

Dieweil die Gotteslästerung eine schreckliche abscheuliche Sünde ist / die des Allmächtigen gerechten Zorn / auch zeitliche und ewige Straffe veruhrsachet / und gleichwol verwegene Ertzbuben und gottlose Leute werden gefunden / die aus teuflischer Boßheit / und vermessenem leichtfertigem Gemüthe / sich solcher gottslästerlichen Schmähungen fürsätzlich unterfangen / so werden dieselben [359] auch nach befindlicher Gelegenheit / wegen solcher Gotteslästerung / entweder am Leib / oder sonst mit Gefängnüß / oder Verweisung / gestrafft.

Artic 2.
Straffe der Zauberer und Zauberinnen

Die Zauberer und Zauberinnen / die mit verbotenen Mitteln / dem Menschen oder dem Viehe / an Leib und Leben Schaden zufügen / oder auch / die aus bösem Vorsatz von GOtt und seinem heiligen Wort vergessentlich abtreten / und mit dem bösen Feinde sonderbahre hochärgerliche Verbündtnüsse machen / werden / nach Gelegenheit ihrer beweißlichen Verwirckung / mit Feur / oder mit dem Schwerdt / am Leben gestrafft.

Artic 3.
Straffe der Verräther.

Ein Verrähter / der aus verrätherschem boßhafftigem Gemüthe / sein Vaterland / seinen [360] Herrn oder Obrigkeit / auch seinen Nechsten verrathet / und dadurch kundbahr Unglück / und hochschädlich Unheil wissendlich verhänget / und würcklich veruhrsachet / sol geviertheilt / oder so die Verbrechunge nicht gar groß / mit dem Schwerdt hingerichtet werden.

ARTIC. 4.
Straffe der falschen Müntzern.

Ein falscher Müntzer / der falsche Müntz machet / oder aus eigenem Vorsatz / falsch Müntz-Werck anrichtet / wie auch / der Rath und That zu solchem falschen Müntzwerck gibt / oder auch sonst fürsätzlich und wissentlich / solche falsche Müntze zu verwechseln / und unter die Leute zu bringen / oder Fürschub darzu zu thun / sich kundtbahrlich anmasset / sol mit dem Feuer am Leben gestraffet werden. Die aber gute / und im heiligen Römischen Reiche gangbahre Gülden oder Silbern Müntze / aus vortheilhafftigem Gemüthe beschneiden / und dieselbe betrieglicher Weise an der Wicht dardurch zu verringern sich unterstehen würden / sollen nach Gelegenheit der Verwirckung / und auch auff vorhergehende Æstimirung[8] des geuhrsachten Schadens / der damit dem gemeinen Gute / und einem jeden / insonderheit aber den armen unvermügenen [361] und einfältigen Leuten ist angefüget / an ihren Ehren / oder auch an ihren Gütern / nach ermässigung unnachlässig gestraffet werden.

Artic. 5.
Straffe des Meineydes / und falschen Zeugnissen.

Der einen offenbahren Meineydt oder falschen Zeugen Eyd vor Gerichte schweret / und solches falschen[9] Meineyds ist mit Rechte überzeuget / derselbe / wo fern es zeitlich Gut belanget / ist solch fälschlich abgeschwornes Gut / da es in seinem vermügen / wiederümb zu erstatten schüldig / und wird daneben seines Standes und Ehren dadurch anrüchtig / er sol auch hernachmahls vor einen Zeugen nicht zugelassen / sondern verworffen werden. In peinlichen Sachen aber sol der Meineydiger Mensch mit ebenmässiger und gleicher Straffe / darinn er den andern mit seinem falschen Eyde hat geführet / wiederümb belegt werden.

Artic. 6.
Straffe der jenigen / die ihre beschworne Urphede brechen.

[362] Wird jemand / seiner straffbahren Verwirckung halben / durch Urthel und Recht / ohne Specificirung oder Ernennung einer gewissen Zeit / aus dieser Stadt und Gebiete religirt und verwiesen / auff den Fall sol solche Relegatio oder Verweisung auff zehen Jahr verstanden werden / Da auch einer / wegen seiner Mißhandlung und Verwirckung auff zwey / drey / oder vier Jahr / und also auff gewisse Zeit / jedoch weniger dann auff zehen Jahr / aus dieser Stadt und Gebiete wird relegiret / und aber mit Hindansetzung seiner beschwornen Urphede / vor Außgange solcher specificirten Jahre wiederümb in dieser Stadt und Gebiete wird betreten und behardet: So sol derselbe / von der Zeit seiner Wiederkunfft anzurechnen / dadurch nochmahls die nechstfolgende zehen Jahr lang dieser Stadt und Gebiete sich verlustig machen. Wäre aber jemand auff zehen Jahr verwiesen / und derselbe in den noch wehrenden zehen Jahren in dieser Stadt und Gebiete wiederümb finden lassen würde: Sol er dieser Stadt und Gebiete zu ewigen Tagen verfestet / Auch darüber nach Befindung seines Frevels / und muthwillig gebrochene Urphede / am Pranger mit Ruthen gezüchtiget werden. So nun ferner derselbe / der aus dieser Stadt also ist mit angehaffter Bedrauung verfestet und verleutet / hernach vergessentlich wieder auff dem friedlosen Lande wird betreten / und in gefänckliche Hafft gebracht / sol derselbe an seinem frey höchsten gestraffet werden. [363]

Artic. 7
Straffe der jenigen / die Schmähe-Schrifft und Paßquillos[10] sprengen / oder falsche Instrumenta[11] machen

Der einen Schmähe-Brieff ohne seinen Nahmen und Zunahmen außsprenget / und damit andere in ihrer Unschuld / an ihren Ehren und Nahmen bößlich verleumbdet / derselbe sol die Peen und Straffe / dero er den andern gefährlicher Weise schüldig zu machen vermeynet / an sich selbst haben zu gewarten. Gleicher gestalt sol auch derselbe / der falsche Instrument / oder falsche Brieffe aus bösem Vorsatz machet / und andere damit gefährlich zu betriegen / und zu benachtheilen Fürhabens / nach Gelegenheit der Verwirckung / mit Gefäncknüß / oder Verweisung / oder Verfestung belegt werden.

ARTIC. 8
Straffe der jenigen / die falsche Maß / Ellen und Gewichte gebrauchen

[364] Der sich unterstehen wird / falsche Masse / Ellen und Gewichte / vorsetztlicher Meynunge zu gebrauchen / und andere damit betrieglich zu benachtheiligen / der sol nicht allein dessen / was also gemessen oder gewogen / verlustig / sondern auch / nach Geschaffenheit der Verbrechung willkürlich gestraffet werden.

Artic. 9.
Straffe der Kirchenräuber und Mordtbrenner

Ein Kirchenräuber oder Kirchenbrecher sol mit dem Rade / oder ein Mordtbrenner mit Feuer am Leben gestrafft werden.

Artic. 10.
Straffe der Seeräuber

Ein Seeräuber / der mit eigenthätlicher Zunöthigung / anderer Seefahrenden Schiffe / oder auch Kauff-Leute auff der freyen See / oder auf freyen Haven und Strömen / gewaltsamer Weise anfällt / dieselben oder ihre Güter beraubet / und entweder sonst an Leib oder an Gut beschädiget und beleidiget / und solches Angriffs [365] oder Beleidigung / wie recht wird überweiset / sol mit dem Schwerdt gerichtet werden.

Artic. 11.
Straffe der Schiffs-Knechte / die in den beygelegenen Haven / frevel und muthwillen treiben / oder auch Ballast in die Elbe werffen.

Wie dann auch die Schiffs- und Boß-Knechte[12]/ die aus bösem muthwilligen Vorsatz / in den Haven an der Elbe / und an andern Oerten / den Leuten die daselbst gesessen / ihre Schaffe / Ochsen / Gense / und andere Victualien mit eigenthätlicher Gewalt wegnehmen / wann darüber wird geklaget / und sie solcher Verwirckung werden beweißlich überwunden / nach Ermässigung sollen gestraffet werden. Der sich auch unter Schiffern und Schiffsknechten unterstehen würde / einigen Ballast / es sey von Sand / Steinen oder anders / aus dem Schiffe heimlich oder offenbahr in die Elbe zu werffen / sol solches mit zwantzig Goldgülden zu büssen schüldig seyn. [366]

Artic. 12
Straffe der jenigen / die junge Hestern[13] und Wieden[14] bey den Graben und Wällen vernichtigen.

Es sol auch niemandt sich unterfangen / die jungen Hestern vor den Thoren / oder vor dem Eich-Holtz / oder die Wieden auff oder bey den Wällen / bey ernstlicher willkührlicher Straffe behauen / oder zu vernichtigen.

Artic. 13
Straffe der Schiffs-Knechte / die gegen ihre Schiffere frevelen.

Da auch ein oder mehr der Schiffs- und Boß-Knechte / ihre Schiffere auff der See / oder in frembder Have / mit verbotener trotzigen Anmuthung nöthigen / daß sie ihnen mehr und grösser Lohn oder Häure / als im Anfange zwischen ihnen beliebet / müssen versprechen / oder auch wol dieselbe in andere Haven oder Plätze wider ihren Willen zu siegeln dringlich zwingen würden: Sol sollen dieselben muthwilligen Schiff-Knechte [367] / wann / sie dessen überzeuget / ernstlich gestraffet / und in dieser Stadt und Gebiete nicht geduldet werden.

Artic. 14.
Straffe der / die Feide-Brieffe[15] oder Brandt-Zeichen[16] bedreulich sprengen / oder außstecken.

Der sich verdriftet / Feide-Breiffe / mit feindlicher Bedrauung des Mordtbrennens / an eine Obrigkeit / oder Gemeine außzuschreiben / oder auch solche Feide-Brieffe oder Brandt-Zeichen an gemeine Plätze öffentlich oder heimlich selbst anzuschlagen / oder durch ander anschlagen zu lassen / derselbe sol wegen seines boßhafften gefährlichen Vorsatzes / am Leben gestraffet werden.

Artic. 15.
Straffe dero / die aus Unachtsamkeit / Brandt oder Feuer veruhrsachen.

Da auch einer aus leichtfertiger Unachtsamkeit / da kein boßhafftiger Vorsatz bey zu finden / oder auch aus Verwarlosung / ein Feuer / und dadurch [368] durch Schade veruhrsachet wird / derselbe sol / neben billiger Erstattung des geuhrsachten Schadens / nach Ermässigung gestrafft werden / welches auch den jenigen / die sich unbedachtsamer Weise anmassen / Büchsenpulver in ihre Keller / Gewelbe / oder Packhäuser in der Stadt verwahrlich nieder zu legen / sol ebenmässig begegenen und wiederfahren.

Artic. 16
Straffe der Mörder und Strassen-Räuber.

Ein Mörder / Strassen-Räuber oder Landzwinger / der aus gefastem boßhafftigen Vorsatz / einen oder mehr / entweder hinterlistig ermordet / oder auff freyer Land-Strassen bößlich anfällt und erwürget / sol mit dem Rade getödtet / und dessen Gliedmassen mit dem Rade zerstossen / und der todte Körper darauff gelegt werden.

Artic. 17
Straffe der Todtschläger.

Der aber sonst / aus unbesonnem hitzigem Gemüthe / einen andern mit mördtlicher Wehre / [369] es sey mit Büchsen / Schwerdten / Dolchen / Messern / Steinen / oder wie solches / damit einer an Leib und Leben kan beschädiget werden / Nahmen haben mag / würde entleiben / derselbe sol das jenige / was er an einem andern begangen / mit seinem Leibe wieder büssen / und mit dem Schwerdte gerichtet werden.

Artic. 18
Wie mit den jenigen / die Nothwere beweisen / zuverfahren.

Es wäre dann / daß einer bey beschehenem Niederschlage / eine rechte Nothwehre könte erweisen / als daß er aus augenscheinlicher und unumbgänglicher Noth / zu Rettung seines Leibes und Lebens / von dem Zunötigern sich nicht anders entfreyen oder loßwircken mögen / sondern daß er entweder selbst sein Leben lassen / oder sich des Zunötigers erwehren / und denselben niederlegen müssen / derselbe wird auff solchen Fall von der ordentlichen Straffe des Todtschlages entfreyet.

Artic. 19
Wie gegen den Flüchtigen nach begangenem Todtschlage zu verfahren.

[370] Würde jemand nach gethanem fürsätzlichem Todtschlage / aus dieser Stadt und Gebiete flüchtig werden / der sol durch öffentlich Proclama, in benanter Zeit zuerscheinen / peremptoriè citieret werden / erscheinet derselbe alßdann nicht / so sol gegen denselben / nach angehörter Klage und geführtem Beweißthumb / mit der Verfestung verfahren werden.

Artic. 20
Wie gegen den / der einen Bürger / Einwohner / oder deroselben Diener / ausserhalb dieser Stadt entleibet / zu verfahren.

Würde jemand / er wäre ein Bürger / oder eines Bürgers / zu Verrichtung seiner Sachen / bestelter Diener / in- oder ausserhalb dieser Stadt Gebiete / es sey an was Ort es wolle / von einem andern entleibet oder todt geschlagen / auff den Fall sol der Thäter / er sey Bürger oder frembder / in dieser Stadt sich keines Geleits oder Sicherheit zu erfreuen haben / sondern sol derselbe / wo fern er in dieser Stadt oder dero Gebiete wird betreten / des Rechts Außtrag erwarten.

[371]

Artic. 21
Straffe der jenigen / die mit der Entleibung an der rechten Persone feilen.

Wie dann auch derselbe / der aus Irrung der Person einen andern / den er zu beschädigen nicht gemeinet / vom Leben zum Todt bringet / sich mit solchem vorgewandten Errore oder Unwissenheit / von der ordentlichen Straffe des Todtschlages nicht kan loß wircken / sondern wird / als ein ander Todtschläger / mit dem Schwerdt am Leben gestraffet.

Artic. 22
Straffe der Unsinnigen und Minderjährigen Todtschläger

Würde aber ein Unsinniger / oder auch ein Minderjähriger / der viertzehen Jahr seines Alters noch nicht erreichet / einen Niederschlag thun / und einen andern entleiben / derselbe wird mit der ordentlichen Straffe des Todtschlages / aus bewegenden Uhrsachen / verschonet.


[372]

Artic. 23
Straffe derjenigen / die ihre Eltern / Kinder / Schwestern / Brüder / oder nahe verwandte Freunde ermorden.

Wofern die Kinder ihre Eltern / oder die Eltern ihre Kinder / aus bösem teuflischem Vorsatz mördtlich umbbringen / oder sonst durch Gifft / ihres Lebens berauben / so sol solcher Eltern- oder Kinder-Mörder / mit glüenden Zangen angegriffen / und darauff lebendig mit dem Rade getödtet werden. Da auch solcher schrecklicher Mordt an Schwester / oder Gebrüdern / oder andern nahe verwandten Bluts-Freunden würde begangen / auff den Fall sol solcher Mörder / mit dem Rade am Leben gestraffet werden. Imgleichen sollen auch die jenigen / die ihre eigene Kinder umbbringen / oder auch aus teuflischem Gemüthe / die lebendige Frucht ihres Leibes abtreiben / und also des Lebens berauben / an ihrem Leben wieder gestraffet / und mit dem Schwerdt hingerichtet / oder im Wasser ertrencket / oder lebendig begraben werden.

[373]

Artic. 24.
Wie es in dem Falle / da kein gewisser Thäter bey dem beschehenen Todtschlage verhanden / zu halten.

Würde einer von etlichen überfallen / oder sonst bey einem erregten Unwillen / einen gefährlichen Stich / Stoß / oder Schlag bekommen / und darüber todts verfahren / und man den Thäter könte unterscheiden / so ist derselbe auch dadurch der Straff des Todtschlages unterworffen / und müssen die so mit in flocken und führen / und bey der That an- und über gewesen / des begangenen Excesses halben / dem Rechte büssen.

Da man aber den Thäter / der den Niederschlag gethan / nicht eigentlich kan wissen und erfahren / so werden dieselbe mit der Leibes-Straffe verschonet / sondern mit Verweisunge / oder sonst / nach befindlicher Beschaffenheit der Sachen / gestraffet / es sey dann / daß außfündig könte gemacht werden / daß in wehrendem Unwillen und Schlägereyen / einer oder mehr / dem Entleibten sehr zugeeilet / und ihre Wehre geblösset / oder auch sonst andere erhebliche Anzeige und Vermuthung gegen dieselbe verhanden / so können dieselben dadurch zu der scharffen Frage und Erkündigung der Wahrheit / wol geführet und gebracht werden.

[374]

Artic. 25
Straffe der Auffrührer.

Der aus rachgirigem oder unruhigem boßhafftigem Gemüthe / einen Auffruhr des gemeinen Volcks gefährlich anstifftet / und dessen mit Grund der Wahrheit wird überzeuget / kan dadurch / nach Beschaffenheit seiner Verwirckung / seines Lebens / oder seiner Ehren und Leumuths / sich verlustig machen.


Artic. 26
Von der Straffe derer / die anderer Ehefrauen / oder auch Jungfrauen wegführen.

Der einem andern seine Ehe-Frau oder Tochter / freventlicher / fürsetzlicher / oder betrieglicher Weise / wider des Ehemanns oder der Eltern / Willen / heimlich oder öffentlich entführet / wie dann auch die jenigen / die einer Jungfrauen / Ehefrauen oder Wittwen / wider derselbigen Willen / mit Gewalt ihre Ehre nehmen / oder dieselbe Nothzüchtigen / haben damit ihr Leben verwirckt / und wird denselben das Haupt abgeschlagen.

[375]

Artic. 27.
Straffe der Blutschänder.

Dieselbe / so eine Blutschande mit einander begehen / und in auff- oder absteigender Linien sich verwandt seyn / werden solcher Ubelthat halben mit dem Schwerdt am Leben gestraffet. Die aber mit den nahen Verwandten in linea collaterali, oder nahe beschwegerten Personen / unter welchen die Ehe zu Rechte verboten / solche Schande begehen / werden entweder mit Ruthen am Pranger / oder sonst mit Verbannung oder Verweisung / nach Befindung der nahen Sipschafft / gestraffet.

Artic. 28.
Straffe der jenigen / die Jungfrauen / Wittwen / oder Mägde verunehren / oder beschlaffen.

Wann aber ein Unverehelichter / einer Jungfrauen ihre Jungfräuliche Ehre nimpt / oder eine unberüchtigte Wittwe fleischlich erkent / so ist er dieselbe zu eheligen / oder ihr nach ihrem Stande den Brautschatz zu entrichten / auch da sie ein Kind von ihm gezeuget / demselben die Alimenta und Unterhalt zu [376] schaffen / und wegen der Verbrechung / dem Rechte nach Ermässigung zu wetten schüldig.

Gleicher gestalt / wann jemand eine unberüchtigte Magd / fleischlich erkandt / sol derselbe das Kind unterhalten / und ihr / wann sie sich ehelich befreyet / zur Außsteuer verhelffen / und dem Gerichte den Bruch erlegen.

Da auch zwischen Knechten und Mägden / oder andern geringes Standes ungeehlichten Personen / solch Beyschlaffen geschehen würde: So sol gleichfalls der Knecht oder Geselle / die Geschwängerte zur Ehe nehmen / oder derselbigen eine billige Außsteuer / wann dieselbe an einen andern vereheliget / zu geben / und sol wol die Geschwängerte in den sechs Wochen / als auch das Kind zu alimentiren, und demselbigen den nothdürfftigen Unterhalt zu schaffen schüldig seyn. Würde aber / die / so einmahl geschwängert / zum andern mahl sich versehen: So sol derselbe / der sie alsdann geschwängert / das Kind zu alimentiren, auch ihr in den Sechs-Wochen die Nothdurfft zu schaffen / aber sonst keinen andern Außgaben / dieser geschwängerten Person halben / weiter verbunden seyn. Da dann dieselbe Weibs-Person / sich zum dritten mahl in den Dreck legen / und geschwängert würde / so sol der Beyschläffer / der Geschwängerten nichts / sondern alleine dem Kinde die alimenta[17] zu reichen schüldig seyn / jedoch dem Rechten / in allen Fällen die Straffe vorbehalten / und sol auff den Fall die Geschwängerte in dieser Stadt / ferner nicht gelitten werden.

[377]

Artic. 29.
Straffe des Ehebruchs.

Wann einer Ehebrüchig wird an seiner ehelichen Haußfrauen / und sich mit eines andern Mannes ehelichen Haußfrauen unehrbahrlich vermischet: So sol der Ehebrecher zum ersten mahl / mit einer scharffen Geldbuß / zu ein hundert Reichsthalern / belegt; da er aber mit einer ledigen Personen zu schaffen hat / mit funfftzig Reichsthalern gestrafft werden / und so er dieselbe nicht hat zu bezahlen / sol er sich dieser Stadt und Gebiete so lange / biß er die Straffe erlegt hat / enthalten. Da er aber zum andern mahl / solches Ehebruchs / mit einer ehelichen Fraues-Personen / wird schüldig befunden / sol derselbe / mit solcher erwiederten Verwirckung / sich dieser Stadt Wohnung verlustig machen.

Wie dann auch ein Eheweib / daß an ihrem Ehemanne Ehr- und Treuloß wird / und der Ehemann sie wieder zu sich zu nehmen beharrlich verweigert / mit gefänglicher Hafft belegt / oder am Pranger mit Ruten gezüchtiget / und dieser Stadt und Gebiete sol verweiset werden.

[378]

Artic. 30.
Daß den Gerichts-Dienern erlaubt / berüchtigte Personen und Oerter zu besuchen.

Es mügen auch die Gerichts-Diener / auff vorgehenden Befehl des Gerichts-Verwalters / auff verdächtige und berüchtigte Personen fleissige Achtung geben / und zu Erkündigung der Wahrheit / an den verdächtigen Oertern / Thüre und Fenster öffnen / und die jenigen / so bey nächtlicher Weile ohne brennende Licht unbekleidet / an solchen verdächtigen Oertern werden befunden / gefänglich annehmen.

Artic. 31.
Straffe des jenigen / der sich zweyen Ehefrauen zu gleich hat getrauet.

Der auff eine Zeit zwo Ehefrauen wissentlich zu gleich hat / und dessen mit Rechte wird überwunden / sol mit dem Schwerdt am Leben gestraffet werden. Wie es auch mit den Eheweibern / die wissentlich mit zween Ehemännern in den ehelichen Standt sich begeben / [379] ebenmässig sol gehalten / und solche Personen / wegen ihrer hochärgerlichen Mißhandlung / mit dem Schwerdt gerichtet werden.

Artic. 32.[18]
Wie es in dem Fall / da eine Ehefraue / in Abwesenheit ihres Ehemannes / aus Irrung einen andern Ehemann freyet / sol gehalten werden.

Da es aber aus beweißlicher Irrung / sich zutragen möchte / als wann der Ehemann in abgelegenen Oerten sich über vier oder fünff Jahr auffgehalten / und seiner Haußfrauen in mitler Zeit von seinem Zustande nichts zu wissen gethan / viel weniger ihr und seinen Kindern die Nothdurfft und Unterhalt / die Zeit über verschaffet / daß darüber die Ehefrau / auff vorgehende vergebliche Außkündigung ihres abwesenden Ehemannes Gelegenheit / und auff angeruffene Hülff des Gerichts / in beständiger Meynung / daß derselbe todts verfahren / zur andern Ehe sich würde oder hätte begeben: So wäre auff den Fall / auff des ersten Ehemanns Wiederheimkunfft / kein Ehebruch begangen / Jedoch wird auff solchen Fall / der erste Ehemann wiederumb zu seiner Ehefrauen gestattet / und der ander Ehemann davon abgewiesen / und seyn gleichwol die Kinder / die in des ersten Ehemannes [380] Abwesen / von dem andern Ehemanne in wehrender Ehe gebohren / vor ehrlich zu achten.

Artic. 33.
Straffe des Diebstals.

Ein Dieb der auff frischer Handhaffter That wird ergriffen / daß er einen Diebstal mit Einsteigen oder Einbrechen begangen / der sich über fünff Ungarische Gülden oder mehr erstrecket / sol vor Gerichte gestellet / und auff vorgehende Rechtliche Erkäntnüsse mit dem Stricke am Leben gestraffet werden.

Da aber der Dieb zuvor niemahl gestohlen / und auch nirgends eingebrochen / oder Thür und Fenster bestiegen / der Diebstal auch nicht übermässig / und sich nicht zu vorgesetzter Geldsumm erstrecket / sondern der Dieb aus jugendtlicher Unwissenheit / und Verleitung böser Gesellschafft / oder auch aus Hungers-Noth etwas entwendet / derselbe sol zum ersten mahl mit Gefängnüß / zum andern mahl mit Ruten am Pranger gezüchtiget / und da er zum dritten mahl beweißlich in dem Diebstal / der sich zu vorangedeuteter Geldsumm / oder ein mehrers erstrecket / wird betreten und überweiset / mit dem Stricke am Leben gestraffet werden.

Der einen Dieb auff seinem Garten / oder in seinem Hause / auff handhaffter Unthat oder Diebstall begreifft / [381] hat frey Macht / denselben betretenen Dieb mit Schlägen wol abzuschmieren. Da aber der Dieb mit einem Eggewapen[19] sich erwehren / und den Haußwirth eigenthätliches Frevels zu beleidigen sich anmassen / und darüber entleibet würde / auff den Fall / ist der Haußwirth mit der Straffe des Todtschlages nicht zu belegen; wie dann auch in dem Fall / da der Haußwirth bey Abendzeit / oder bey nächtlicher Weile / einen bewehrten Dieb in seinem Hause oder Garten betreten / und auff des Diebes Gegenwehr / an demselben einen Niederschlag begehen würde / so ist er auch dadurch keiner Leibs-Straffe unterworffen.


ARTIC. 34.
Straffe der jenigen / die den Dieben Fürschub thun / und des Diebstalls mit geniessen.

Wann ein Diebstall mit Einbrechen oder Einsteigen wird begangen / oder sonst viel auff sich hat: So werden auch die jenigen / die zu solchem Diebstall mit Anweisung Fürschub gethan / und geholffen / und heimlichen Unterschleiff halten / oder das gestohlen Gut mit gepartet und gebeutet / auch so viel davon genossen / da sonst ein Dieb sein Leben mit verwircket / der ordentlichen Straffe des Diebstals unterworffen / oder nach Befindung [382] der Verwirckung am Pranger gestrichen / und dieser Stadt und Gebiete verweiset / wie dann auch die jenigen / die in Feuers oder Wassersnoth / unterm Schein Christlicher mitleidentlicher Hülffe und Rettung / aus bösem Vorsatz / solche Güter dieblich entwenden / nach Ermässigung des Diebstalls / mit dem Strange / oder Staubschlägen / oder Verweisung / sollen gestraffet werden.

Artic. 35.
Wie es mit dem gestohlenen Gute zu halten.

Der gestohlen Gut / es sey lebendige Hafe / oder wie es Nahmen haben müge / mit gutem Titul an sich bringet / kan darumb keines Diebstalls beschüldiget werden / wann er gutes Nahmens / und solchen seinen Titul mit seinem Eyde kan bestrecken / wofern aber der rechte Eigenthums-Herr dasselbige Gut für das Seine anspricht / und solchen Anspruch / wie Recht / kan begründen / so wird ihm billig / solch gestohlen Gut ohne Entgeltnüß restituiret und wieder eingehändiget / und muß derselbe / der solch gestohlen Gut gekaufft / wann schon solcher Kauff auff dem offenem Marckte geschehen / sein Geld / das er dafür außgegeben / entrathen.

Der gestohlen Gut einem Diebe abnimpt / sol solches den Gerichten anzuzeigen gehalten seyn / und da derselbe [383] / dem es zugehörig / und den Eigenthum gnugsam kan beweisen / solch Gut wieder fordert: so sol es ihm ohne Entgeltnüß wieder geliefert werden / jedoch daß er die darauff gewandte Unkosten gutwillig wieder erstatte; Da aber niemand solch gestohlenes Gut anspricht / so sol dasselbe / wo fern es kein verderblich Gut ist / oder wo es verderblich Gut / das daraus gekaufftes und gelösetes Geld / Jahr und Tag in fleissiger Gewahrsam gehalten / und nach Außgang Jahrs und Tags der gestalt damit verfahren werden / daß dem Gerichte zwey Theil / und demselben / der dem Diebe solch Gut abgenommen / der übrige dritte Theil sol zugeeignet werden.

Artic. 36.
Wie mit denselben / die aus Unwissenheit sich frembdes Guts anmassen / zuverfahren.

Der aus Unwissenheit / anderer Leute Gut oder Gerethe vor das Seine wegnimpt / und solches unverborgen in seine Gewahrsam bringet und behält / derselbe mag es / sonder Straffe und Brüche / dem jenigen / dem es zugehörig / restiturien und wieder zu Handen stellen.

[384]

Artic. 37.
Straffe der Eximenten / die aus dem Gerichte / oder der Gerichts-Diener Händen / einen Mißthäter entwäldigen

Welcher Mann einen / der an Halß und Leib wird peinlich beklaget / aus dem Gerichte / oder aus der Gerichts-Diener Händen zu eximiren[20] und zu entwäldigen sich würde unterfangen / und also den Gefangenen oder Beklagten / mit Trotz eigenthätlich wegführen / derselbe sol gleicher Straffe unterworffen seyn / die der ander / den er hat weg gebracht / mit seiner Mißhandlung hat verwircket. Da aber der Eximent, der den Gefangenen oder Beschüldigten hat davon gebracht / nicht könte behardet oder ergriffen werden / so sol man denselben / auff vorhergehende gebührliche Ladung / und nicht Erscheinung / dieser Stadt und Gebiete zu ewigen Tagen verfesten / jedoch so verleuret er solcher Verfestung halben seyn Gut nicht / sondern bleibet ihm solches frey und vorbehalten.

[385]

Artic. 38.
Straffen der Receptatorn[21] / die verfestete Personen beherbergen.

Der einen verfesteten Mann wissentlich beherberget / und es dem Gerichts-Verwalter nicht anmeldet / sol dem Rechte zehen Reichsthaler wetten.

Artic. 39.
Daß des Raths Dienere und Wechtere / in Verrichtung dero ihn anbefohlenen Sachen / gesichert / und nicht zu beleidigen.

Wann die bestalte Diener oder Wechter des Raths / jemand / der solches veruhrsacht / würden angreiffen / und derselbe aus freventlichem Gemüthe sich den Dienern eigenthätlich wiedersetzen / und die Gegenwehr mit Eggewapen gegen des Raths und Stadt-Diener und Wechter gebrauchen / und darüber dermassen würde verletzt und beschädiget / daß er des Todes würde / auff den Fall werden die Wechter und Diener des Raths / mit der ordentlichen Straffe des Todtschlags verschonet.

[386] Da sich auch einer sonst vorsätzlicher Meynung / aus trotzigem Gemüthe / der ordentlichen Wacht / oder den Diener des Raths / freventlich widersetzen / und dieselbigen beleidigen würde / der sol keiner Bürgen geniessen.

Artic. 40.
Wann der Verwundte Bettlagerich worden / und darüber stirbet / wie alsdann gegen den Thäter zu verfahren.

Würde einer geschlagen oder verwundet / daß er darüber Bettlägerich wird / und darauff in wehrendem Läger todts verfahret / so kan der Thäter / als ein Todtschläger / peinlich angeklaget / und da er keine Nothwehr hat zu beweisen / am Leben mit dem Schwerdt gestraffet werden / und sol in diesem Fall keiner Bürgen geniessen.

Artic. 41.
Wann der Verwundte Bettlagerich wird / und wiederumb sich auff der Gassen sehen lässet / so ist die Peinlichkeit erloschen.

[387] Da aber die geschlagene und verwundete Person / nach dem dieselbe Bettlägerich gewesen / wiederumg auff der Gassen / Marckte / in der Kirchen / Badtstuben / oder sonst in offenen Plätzen gesehen / und darnach gleichwol mit Todt abgehen würde / so ist auff den Fall / der Thäter / von der peinlichen Anklage des Todtschlages gefreyet / und auch / es sey die Verwundung so schwer und gefährlich gewesen / wie sie wolle / keinen Mordt zu bessern schüldig / sondern wird mit willkührlicher Straffe beleget.

Artic. 42.
Wann der Verwundte nicht Bettlagerich worden / und gleichwol von der Wunden stürbe / wie alsdann gegen den Thäter zuverfahren.

Wo ferne aber die geschlagene oder verwundete Persone / nach beschehener Verwundung / niemahlen wäre Bettlägerich worden / sondern nach der Verwundung / auff der Gassen seine Handthierung und Gewerbe / hernach als vorhin verrichtet / und doch unlängst nach solcher Verwundung / durch den zeitlichen Todt abscheiden würde: so sollen in solchem Falle die gelehrte und erfahrne Medici und Chriurgi, nach fleissiger [388] Besichtigung / und befindlicher Gelegenheit der Wunden / bey ihren Eyden ihr rathsames Bedencken eröffnen / und ihre beständige Außsage thun / ob der Verwundete / von gefährlichen Zustandt der Wunden / oder durch andere accidentien und Zufälle / oder auch aus Versäumnüß der Balbierer / oder seine eigene Verwahrlosung / sey gestorben / und solches sol alles fleissig erwogen / und nach Befindung aller umbständlicher Beschaffenheit / mit gebührlicher Straffe gegen den Thäter verfahren werden.

Artic. 43.
Straffe der jenigen / die jemand verwunden / dabey keine Gefahr zu befürchten.

Würde sonst einer den andern / mit Messern / oder andern Wehren / aus hitzigem Gemüthe verwunden / oder an seiner Gesundheit verletzen / dabey keine Gefahr des Lebens zu besorgen / welches wol in acht zu nehmen: so sol der Thäter solchen zugefügten Schaden / dem Beleidigten / neben dem Artzlohn zuforderst erstatten / und dann / nach billicher Ermässigung dem Gerichts-Verwalter wetten.

[389]
Artic. 44.
Die etwas verwircken / daß Peinligkeit auff sich trägt / können keiner Bürgen geniessen.

Der sonst auff handhafftiger That / in Verwirckung böser Mißhandlung / die Gefahr des Lebens auff sich trägt / wird begriffen / derselbe mag keiner Bürgen geniessen / und kan sich auch mit keiner Caution der Verhafftung entbrechen.

Artic. 45.
Was für eine handhafftige That zu achten.

Es wird aber / für eine handhafftige That geachtet / wann einer bey einem Todt- oder Niederschlage / mit blosser Wehre oder Eggewapen wird behardet oder befunden / und also auff frischer That beschlagen / oder auch auff den flüchtigen Fuß betreten. Wie dann auch für eine handthafftige That wird gehalten / wann einer fürsetzlich und wissentlich gestohlen Gut an seine Wehre nimpt / oder auch / wann der Schlüssel / der zu solchem gestohlenen Gut gehörig / in der Nachfrage bey [390] einem / der doch bey der Befragung sich dessen beständig entlegt und geweigert / wird befunden.

Artic. 46.
Straffe der jenigen / die die Todten ihrer Bekleidung berauben.

Die jenigen / so die Todten-Gräber aus bößlichem Vorsatz eröffnen / und die begrabene Todten ihrer Bekleidung berauben / oder auch den hingerichteten Mißthätern die Kleider abnehmen / sollen mit Ruthen gezüchtiget / oder mit Verweisung gestraffet werden.

Artic. 47.
Wie in beschehener Beymässigung / eines Todtschlags zu verfahren.

Würde ein Mann einen andern / wegen eines gethanen Mords oder Todsschlags beschüldigen / und der Beklagte wäre solches Niederschlags geständig / sondern alleine zu seiner Defension einwendete / daß der Entleibte sein öffentlicher abgesagter Feind gewesen: So kan er doch gleichwol mit solchem vorgewandtem [391] Schein / sich von der Straff des Todtsschlags nicht loß wircken / sondern sol darüber die gerichtliche Erkändtnüß gewertig seyn. Da er aber wie Recht / darthun und erweisen könte / daß solcher Niederschlag unter der fliegenden Fahnen / und besteltem Regiment wäre geschehen und verrichtet / so hätte er auch dessen zu geniessen.

Artic. 48.
Welchen Personen mässige Züchtigung sey erlaubt.

Sonst wird mässige Züchtigung dem Ehemanne über seine Haußfraue / den Eltern über ihre Kinder / den Praeceptorn über ihre Discipulen, dem Haußwirth und der Haußmutter über Knechte und Gesinde / billich erlaubt und zugelassen; würde aber jemand bey dieser Züchtigung zu weit gehen / und einen der vorgedachten Personen der gestalt beschädigen / daß der Todt darauff erfolgte / auff den Fall müssen solche vorbenante Personen / andern gleich / die einen Todtschlag begangen / zu Rechte stehen / und gerichtlichen Außtrags wegen solcher Mißhandlung gewarten.

[392]
Artic. 49.
Wie es mit dem Gastgeber / wann ein Gast wird entleibet / und der Thäter davon läufft / sey zu halten.

Würde ein Gast in der Herberge tödtlich verwundet / oder entleibet / und der Thäter davon lieffe / auff den Fall sol der Wirth / wann er an solcher Entleibung unschüldig / und er vermittelst Eydes / oder bey wahren Worten an Eydes statt / erhalten könte / daß er dem Thäter keinen Vorschub gethan / und auch demselben nicht hätte heimlich davon geholffen / ohne Schaden bleiben. Wann aber der Wirth ihn hätte beharden können / und dasselbe nicht gethan / sol er nach Ermässigung gestraffet werden.

ARTIC. 50.
Daß die Flucht den Todtschlägern / sol mügliches Fleisses werden gewehret.

Sonst sol ein jeder / wann ein Todtschlag geschicht / sich dessen / so viel müglich / im besten befleissigen / [393] daß in solchem Falle / wann die Stadt- oder Gerichts-Diener nicht verhanden / der Mörder / Todtschläger / Außtreter / Friedbrecher / oder sonst ein Mißthäter / nach begangener Ubelthat nicht so leichtlich davon streichen / sondern so lange behardet und auffgehalten / seiner Flucht auch so viel müglich gewehret werden müge / biß daß die Gerichts- oder Stadt-Diener darzu kommen / und des Ubelthäters mächtig werden / und denselben zu gefänglicher Hafft bringen mügen / welches den jenigen / die mit wircklicher Verhinderung der Mißthäter Flucht / einen löblichen und Christlichem Eyffer / zu Handhabung der Gerechtigkeit / und daß die Ubelthat gestraffet werden müge / hiebey gebrauchen / nicht allein an ihren Ehren unverweißlich / sondern auch zu sonderbahrer rühmlicher Nachrede / so ersprießlich gedeyen.

Artic. 51.
Straffe der Freveler.

Der aus bösem Vorsatz und vorbedachtem Gemüthe / einen andern eigenthätlich in einem Gast-Hause / oder Kruge / überfällt und beleidiget / sol in zwey hundert Reichsthaler Straffe den Gerichts-Verwaltern verfallen seyn / und kan er die nicht bezahlen / so sol er dieser Stadt und Gebiete / so lange / biß er solchen Bruch erlegt / sich enthalten.

[394] Der aber einen andern / in seinem eigenen / oder in eines Bürgers oder Einwohners Hause / vorsetzlich überfällt / und demselben allda Frevel oder Gewalt thätlich anfüget / der sol / nach Befindung des geübten Frevels / oder Vergewaltung / an Leib und Leben / oder mit ewiger Verfestung gestraffet werden.

ARTIC. 52.
Straffe der jenigen / die mit gewehrter Hand auff freyer Strasse einen andern vorsetzlich überfallen.

Würde sich einer zu dem andern / auff freyer Strassen / mit Wehren oder Eggewapen / fürsetzlich nöthigen / und der ander / zu Beschützung seines Lebens / und zu Verhütung sorglichs Unheils / ihm in ein Hauß entweichen / der Zunöthiger aber demselben in solch Hauß folgen / und ihn daselbst / mit Schlägerey oder Verwundung / eigenthätlich beleidigen: So sol derselbe / solche Vergewaltung / mit zwey hundert Reichsthaler Straffe büssen / wann er dessen / wie Recht / ist bezeuget.

Es sollen aber dieselben / die solchen Vorsatz / der bey Tage geschicht / und was ferner bey solcher Schlägerey sich habe zu getragen / bezeugen wollen / besessene Leute seyn / die Erb und eigen haben / welches aber bey den thätlichen [395] Zunöthigungen und Schlägereyen / die bey Abend oder Nächtlicher Weile / aus bösem Vorsatz geschehen / nicht so hoch von nöthen / sondern werden in solchen Fällen / auch andere unverdächtige Leute / ob schon dieselbe nicht erbgesessen seyn / zur Zeugnüß admittiret und zugelassen / und derselbigen Eydtlichen Außsage Glaube beygemessen.

Artic. 53.
Straffe der jenigen / die ungefährlich in Zanck gerahten / und dem Flüchtigen in ein Hauß nacheilen / und daselbst beleidigen.

Wann aber ihrer zwey ungefährlich / auff freyer Strassen in Hader und Zanck gerathen / und der eine allem Unglück vorzukommen / in ein Hauß entweichen / und der ander ihm in solch Hauß nachfolgen / und ihn daselbst mit Schlägen oder Verwundung beschädigen würde / der sol solches dem Rathe mit vier und zwantzig Reichsthalern wetten.

Artic. 54.
Straffe der Backenschneider.

[396] Würde einer dem andern / aus boßhafftigem Fürsatz / hinderlistiger und gefährlicher Weise / ins Angesichte und über die Backen schneiden / und solches freventlichen muthwilligen Vorsatzes / wie Recht überzeuget: so sol der Freveler / nach Befindung der Verletzung und gewragten Schadens / entweder mit Staubschlagen / oder mit der Gefängnüß / oder mit der Verweisung belegt und gestrafft werden.

Artic. 55.
Straffe der jenigen / die aus bösem Vorsatz auff einen die Wehre blössen / und gleichwol keinen Schaden damit anfügen.

Wann einer auff den andern / aus hitzigem zornigem und rachgirigem Gemüthe / sein Schwerdt oder Messer blösset / in Willen und Meynung / demselben damit Schaden anzufügen / der sol / unangesehen / daß er dem andern damit nicht hat beschädiget / dem Rechten vier und zwantzig Reichsthaler wetten / und sich mit seinem Gegentheil / auff des Gerichts-Verwalters Befehl / Christlich zu versöhnen schüldig seyn.

[397]
Artic. 56.
Straffe der jenigen / die einen andern braun oder blau schlagen.

Der einen andern braun und blau schlägt / sol dem Gerichte fünff Pfundt wetten / und der sonst einem andern / aus hitzigem Gemüthe eine Handschlag gibt / sol dem Gerichte ein Pfundt büssen / jedoch ist hiebey des Beleidigten Standt und Gelegenheit / auch der Ort und Stette / da solches geschehen / neben andern Umbständen zu respectiren / und darnach die verwirckte Straffe zu schärffen und zu miltern.

Artic. 57.
Von gefährlicher Bedrauung.

Da jemand einen andern / aus bedachtem Gemüthe bedrauet / und dessen wird überzeuget / sol er dafür Bürgen zu stellen schüldig seyn / daß er sich an Recht wolle genügen lassen / wofern er aber zu keinem Bürgen kommen kan / muß er selbst Bürge werden.

[398]
ARTIC. 56.
Straffe der Injurianten / Calumnianten / Lästermäuler und Ehrenschender.

Wann einer den andern mit bösen Schmähe- und Schelt-worten / hinterrückens unbesonnen beschweret / und wann er darüber zu Rede gesetzt / oder von dem Gerichts-Befehlhaber wird besprochen / solcher gethanen Affterredung[22] keinen Standt thun wird / sondern derselben sich entlegt / und dabey sich freywillig erkläret / daß er von dem andern nichts anders / als was den Ehren gemäß / wisse zu achten und zu halten / auff den Fall stehet es in des Beleidigten Macht und freyen Willen / ob er aus friedliebendem Gemüthe die Injurien-Klage einstellen / oder ferner mit Rechte außführen wolle / worbey allewege / so wol des Injurianten, als des Beleidigten Standt und qualität ist zu respectiren. Es wird aber gleichwol der Injuriant wegens seines ungebührlichen Verhaltens / dem Gerichte Wandel und Abtrag zu thun / billig angehalten.

Da aber hochbeschwerliche Schmähunge / die Ehr und Glimpff concerniren, einem würden vorsetzlich angefügt / und der Beleidigte solches als eine atrocem Injuriam[23] sich zu Gemühte ziehen / und mit Rechte eyfern würde: So sol der Injuriante solche außgegossene Injurien und [399] Schmähunge / vor dem Rath offenes Hauses / oder im Niedern-Gerichte / zu revociren und zu wiederrufen / oder auch / da solche enormissimae injuriae[24] einer ansehnlichen Personen / oder ehrbahrn Bürgern / Bürgerinnen / in seiner oder ihrer Unschuldt / von einem Friedhässigen würden wiederfahren: So sol solcher Wiederruff / auff dem ehrlosen Blocke geschehen / und verrichtet werden.

Artic. 59.
Straffe der jenigen / die jemand in offenem Gerichte schmähen.

Wann aber einer den andern vor Gerichte / in Gegenwart der Gerichts-Verwalter / oder Dingleute / Lügen straffet / oder aus hitzigem Gemüthe schmähet / derselbe sol solches mit zwölff Reichsthalern dem Gerichte büssen.

Artic. 60.
Straffe der jenigen / die jemand auff offenem Marckt und gemeinen Plätzen / oder vor dem Rath schmähen.

[400] Da aber solche Schmähung / aus hitzigem Zorn / auff dem Marckte / oder andern gemeinen Plätzen geschehen: So sol er dem Gerichte in fünff Pfundt Straffe verfallen seyn. Würde aber einer den andern vor Gerichte auff dem Rath-Hause / vor dem Rathe / mit ehrenrührigen Worten angreiffen / und vor einen Dieb / Schelm / Verräther / Huren Sohn schelten / oder mit dergleichen Schmähungen und Injurien verleumbden / derselbe sol umb vier und zwantzig Reichsthaler gestraffet werden.

Artic. 61.
Straffe der jenigen / denen durch einen oder zwey Raths-Verwandte Friede geboten / und denselben nicht halten.

Da zwischen guten Leuten in dieser Stadt Hader und Zanck / oder sonst Unwille / daraus thätliche Beleidung zu besorgen / entstehen würde / und ein oder zwey Raths-Verwandten / die ungefehr darzu kommen / beyden Theilen bey einer nahmhaften Peen Friede bieten / oder bey Leib oder bey Gute einzuhalten / und an gleich und Recht sich gnügen zu lassen / den streitigen Partheyen inhibiren und aufflegen würden: So sollen dieselbe / [401] denen der Friede geboten / mit gebührlicher Parition sich darnach zu richten schüldig seyn; wofern aber der eine oder der ander / dem der Friede geboten / dessen ungeachtet gegen den andern thätlich verfahren / und der eine den andern darüber verletzen und beschädigen würde: So sol derselbe / der solche wolgemeinte Anbietung des Friedens verächtlich außgeschlagen / die aufferlegte Straffe erlegen / oder wofern bey beyden Theilen die Schuld befunden / auch ein jeder die angekündigte Straffe zu entrichten verbunden seyn.

Da auch dieser angekündigten Friedshandlung ungeachtet / der eine zu dem andern nicht desto weniger sich nöthigen / daß derselbe entlauffen / oder dem andern in eines Bürgers Verhausung entweichen / und der Zunöthiger ihm in solche Behausung nacheilen würde / Auff den Fall / da schon der Vorgewichene nicht ist würcklich verwundet oder verletzet / sol nicht desto weniger der Zunöthiger / wann er dessen mit zween glaubwürdigen Männern ist überzeuget / wegen solcher beschehenen Vergewaltung dem Gerichte mit ein hundert Reichsthalern verfallen seyn / und hat er die nicht zubezahlen / sol er in dieser Stadt und dero Gebiete / biß er dieselbe hat entrichtet / nicht gelitten werden. Da er aber den vorgewichenen verletzt oder verwundet / sol er in die angekündigte Straffe verfallen seyn.

[402]
Artic. 62.
Straffe der jenigen / die den Friede / welchen Bürgere ausserhalb der Stadt / in wehrendem Unwillen ankündigen/ verächtlich nicht halten wollen.

Wurde sich auch ausserhalb dieser Stadt / zwischen Bürgern Unwille zutragen / und einer oder mehr dieser Stadt Bürger / die darzu kommen möchten / denselben bey einer namhafften Peen / sich aller eigenthätlicher Handlung und Beleidung / biß sie allhie in diese Stadt wieder gelangten / alsdann ihre Irrung vor dem Rathe zu klagen / bequemlich erinnern würden / Auff den Fall sollen dieselbe solchen angekündigten Frieden / bey der dabey benandten Straffe / zu halten schüldig und verbunden seyn.

Artic. 63.
Die Verbrecher müssen die Atzungen und Unkosten der Gefängnüß selbst abtragen.

Der seiner beweißlichen Verbrechung haben in Bürgerliche Hafft / oder auch in die gemeine [403] Gefängnüß zu des Fronen Hause wird gebracht / derselbe sol seine Unkost selbst stehen und außrichten.

Artic. 64.
Wie es mit denen zu halten / die ihrer Verbrechung halben in Hafft genommen / aber die Atzung und Unkosten nicht zahlen können.

Der auch aus boßhafftigem Gemüthe / Vorsetzlich einen andern thätlich schlägt und beleidiget / und darüber in Gefängliche Verhafftung gerahtet / und aber wegen mangel des Geldes die Unkost / Atzunge und Busse nicht selbst kan abtragen / derselbe sol sechs oder vier Wochen / nach Gelegenheit seiner Verwirckung / in der Fronerey mit Wasser und Brodt / auff des Gerichts Unkost gespeiset und gehalten werden / Jedoch so sol derselbe sich dieser Stadt und Gebiete / so lange zu äussern und zu enthalten schüldig seyn / biß daß er seinen Bruch hat entrichtet und bezahlet.

Da auch einer den andern in Hader oder Zanck verwundet / oder sonst auff drey Pfundt Bruch fällig würde / und das Artzlohn und die Straffe zu erlegen nicht vermöcht / derselbe sol viertzehen Tage mit Wasser und Brodt auff des Gerichts Unkosten in der Fronerey gespeiset werden / und dann dieser Stadt und deroselbigen Gebiete sich so lange zu enthalten schüldig seyn / biß er seinen Bruch bezahlet hat.

[404]
Artic. 65.
Von der jenigen Verhafftung / die bey nächtlicher Weile ihres Muthwillens halben billich einzuziehen seyn.

Wie dann auch die jenigen / die bey Abend und Nachtzeiten / wegen geübten Muthwillens / nach der Glocken Zeit / nach neun Uhr auff der Gassen von der Wach werden betreten / und sich nicht verbürgen können / wann es Bürger Kinder seyn / auff den Winserbaum oder Brogkthurm in Verwahrungen genommen / oder das es andere / im mangel der Bürgschafft / nach befindung der Verbrechung / nach des Fronen Hauß sollen gebracht werden.

Artic. 66.
Wie gegen die Eigenthumbs-Herren zu verfahren / die mit ihrem niederfallendem Gebäude andern Schaden zufügen.

Würde jemand wegen eines niederfallenden Gebäudes / an seiner Gesundheit / oder Leib und Leben beschädiget: So sol der Eigenthumbs-Herr / [405] wo fern ihm zuvor / solchen sorglichen Schaden zu bessern / ist denunciirt, darzu zu antworten schüldig seyn.


ARTIC. 67.

Wie die jenigen / die durch anderer Wagen oder Karren werden beschädiget / ihre Ergetzung zugewarten.

Würde jemand durch einen Wagen oder Karren beschädiget: So muß derselbe / der den Wagen oder die Karre treibet / zu dem Schaden antworten / würde aber derselbe flüchtig und entweichen / so wird billig der Wagen / oder der Karren mit den Pferden dafür angehalten / und darauß der Schade erstattet.


ARTIC. 68.

Von erstattung des Schadens / der einem durch eines andern Ochsen oder Pferde wiederfähret.

Wird jemand von eines andern Pferdt / Ochsen / oder dergleichen Thiere / die ihrer Eigenschafft nach nicht Wild seyn / ohne Uhrsach getreten / gestossen / oder sonst beschädiget: So sol die billige Erstattung [406] und Unkost des erlittenen Schadens / dem Beschädigten von dem Besitzer des Ochsen oder Pferdts wiederfahren. Da aber der Besitzer lieber des Pferdts / Ochsen / oder des Thiers / des den Schaden gethan / wil entrathen / als die Erstattung dafür thun: So ist er auch der Anspüch damit gefreyet.

Artic. 69.
Von erstattung des Schadens / der einem durch des andern wilde Thiere zugefüget.

Da aber jemand von eines andern Bären / Hirschen / oder dergleichen wilden Thiere wird verwundet oder beschädiget: So sol derselbe / dem das Thier gehörig / seiner Verwahrlosung halben / nach Gelegenheit und Umbständen des Schadens / denselben zu bessern / und billige Erstattung zuthun schüldig seyn. Würde aber jemand durch solchen empfangenen Schaden Tods verfahren. So sol der Besitzer des Thiers / nach ermäßigung des Gerichts / den Erben Abtrag zu thun verpflichtet seyn / und darzu nach gestalt der Sachen gestraffet werden.

[407] Da auch künfftiger Zeit / in dieser guten Stadt sich Fälle zutragen würden / welche in diesem vorgesatztem Stadt Rechte nicht specificirt, oder davon disponirt und Verordnung gethan: So sollen dieselben / nach gemeinen beschriebenen Käyserlichen Rechten / und denen im Heiligen Römischen Reich publicirten Constitutionen erörtert werden / Jedoch da sich jemand auff eine redliche in dieser Stadt wol hergebrachte Gewohnheit (die durch dieses Stadt Recht und beliebte[25] Recesse[26] nicht auffgehaben / oder deroselben zu wieder Verordnung geschehen were) gründen würde / sol der Parthey solche angezogene Gewohnheit zu beweisen zugelassen seyn / Wie Wir dann Krafft dieses / solche alte redliche Gewohnheiten Confirmiren und bestätigen / und hiemit verordnen / das solche vorgedachte erwiesene Ehrbare Gewohnheiten / diesem Stadt Recht gleich gelten / und in erörterung der streitigen Sachen in acht genommen werden sollen.

SOLI DEO GLORIA.[27]

[408]
PRIVILEGIUM APPELLATIONIS.

WIr Karl der Fünffte von Gottes Gnaden / Römischer Kayser / zu allen Zeiten Mehrer des Reichs / König in Germanien / zu Castilien / Arragon / Leon / beeder Sicilien / Hierusalem / Hungarn / Dalmatien / Croatien / Navarra / Granaten[28] / Tolleten[29] / Valentz[30] / Gallicien / Majorica / Hispalis / Sardinien / Corduba / Corsica / Murtien[31] / Giennis / Allgarbien[32] / Allgeziere / Gibraltar / der Carnarischen / und Indianischen Insulen / und der terræ firmæ des Oceanischen Meeres / etc. Ertzhertzog zu Osterreich / Hertzog zu Burgundi / und Lottrigk / zu Brabandt / zu Steyer / zu Cärndten / zu Crain / zu Limburg / zu Lützenburg / zu Geldern / zu Calabrien / zu Athen / zu Neopatrien und Würtemberg / etc. Grave zu Habspurg / zu Flandern / zu Tyrol / zu Gortz / zu Barcinoen / zu Artois / zu Burgundi / Pfaltzgraffe zu Hennegau / zu Holland / zu Seeland / zu Pfirdt / zu Kiburg / zu [409] Namur[33] / zu Rossilion / zu Ceritania und Zutphen / Landgraffe in Elsaß / Marggraffe zu Burgau / zu Oristani / zu Gociani / und des Heiligen Römischen Reichs Fürst zu Schwaben / Cathelonia / Asturia / etc. Herr in Frießland / auff der windischen Marck / zu Portenau / Biscaija / zu Molin / zu Salins / zu Tripoli und Mecheln / etc. Bekennen öffentlich mit diesem Brieff / und thun kundt aller männiglichen / daß Uns die Ehrsahmen / Unsere und des Reichs lieben getreuen N. Bürgemeister und Rath der Stadt Hamburg / Unterthäniglich haben fürbracht und zu erkennen geben / Wiewol sie und ihre Vorfahren / vor zwey hundert und mehr Jahren / mit sonderlichen Privilegien, Exemption, Freyheiten / Statuten / und praescribirten Gewohnheiten unter andern dermassen versehen / daß von ihnen / deren von Hamburg Urtheiln nicht weiter / noch anderer gestalt / dann auff ihr Stadt Buch Appellirt oder beruffen werden solle / wie sie denn bey solcher Freyheit / von obberührter Zeit an / biß daher ruhiglich und unverhindert gelassen / und dawieder nicht beschwert worden / Neben dem / daß auch einem jeden / an ihren Gerichten fürderlich und gebührlich Recht wiederführe / erging / und gestattet / auch wissentlich an demselben niemand beschwert / So würde doch je zu zeiten von denselben ihren Gerichten / durch ihre Bürgere und Unterthanen / aus Unnothturfft / und allein zu vermeydung gefährlichen Verzugs / verlängerung und außflucht des Rechten / an Uns und Unser Käyserlich Cammer-Gericht zu Appelliren unterstanden / [410] daraus dann die vollziehung gerechter und wolgesprochener Urtheilen verhindert würden / auch dieselbigen ihre Bürger und Unterthanen sich selbst und ihre Wiederpartheyen in mercklichen Schaden und Verderben führten / welches dann gemeiner Stadt Hamburg / zu Abnehmung ihrer Nahrung / und sonsten in ander mehr Wegen / zu hohen Beschwerden gelangte / und Uns darauff demüthig Angeruffen / und gebeten / sie und ihre Bürger hierinne gnädiglich zu versehen / Des haben Wir / angesehen solche ihre demüthige zimliche Bitt / auch die getreue Dienste / so ihre Vordern weyland Unsern Vorfahren am Reich / Römischen Käysern und Königen löblicher Gedächtnüß / und dem Heiligen Reich offt williglich gethan / und Uns und dem Heiligen Reich / hinfüro wol thun mögen / und sollen / und darümb mit wol betrachtem Muthe / guten Rath und rechtem Wissen / den gemeldten Bürgermeistern und Rath der Stadt Hamburg / diese besondere Gnade gethan / und Freyheit gegeben / Thun und geben ihnen die auch / von Röm. Käyserl. Majest. Vollnkommenheit wissentlich in Krafft dieses / Also daß nun hinfort in ewig Zeit / von Bürgern oder Unterthanen gemeldter Stadt Hamburg / und sonsten männiglich hohen und niedern Stands / niemand außgenommen / von keinem Bey- oder End-Urtheil / Erkäntnüß oder Decret, so an ihrem Stadt-Gericht / und einem Rath daselbsten ergehen / ausgesprochen / und eröffnet werden / In Sachen bekäntliche Schulden / Injurien oder Scheltwort / und die Gebäu der Stadt belangendt / [411] und sonst gemeiniglich in allen Sachen / da die anfängliche Klage / oder Hauptsache nicht über Sechshundert Gülden Reinisch in Gold / sondern Sechshundert jetzt gemeldter Gülden / oder darunter werth were / weder an Unser noch Unserer Nachkommen am Reiche Käyserl. Cammer-Gericht / noch sonsten keine ander Gericht nicht Appelliren, Suppliciren, noch Reduciren solle noch möge in keine Weise / sondern dieselben Urtheil Erkäntnüß und Decret gantz kräfftig / und mächtig seyn / stet bleiben / vollnstreckt / und vollnzogen werden / und an gemeldter Stadt Hamburg Stadt-Gerichte / oder einem Rath daselbst vollnfahren und procediret werden solle / wie sich gebührt / von aller männiglich unverhindert / Und ob darüber von einem / oder mehr / von einigem Urtheil / das nicht über sechshundert Gülden Reinisch in Gold / wie obstehet / betreffe / welcher gestalt und von weme das geschehe / Appellirt, Supplicirt, oder Reducirt, oder derselben Appellation, Reduction oder Supplication ein oder mehr von Unserm Käyserlichem Hoff- oder Cammer-Gericht / oder andern Gerichten aus Unwissenheit oder Vergessenheit angenommen würde / So setzen ordnen und wollen Wir / daß solches der obgemeldten Unserer Begnadung und Freyheit unnachtheilig und unabbrüchig / auch dieselben Appellation, Reduction oder Supplication, und was darauff gehandelt und fürgenommen wird / gantz Krafftloß / Nichtig / und von Unwürden seyn sol / daß Wir auch alles und jedes / von obberührter Unser Käyserl. Macht Vollnkommenheit jetzt alsdann / und [412] dann als jetzt Untauglich und von Unwürden erkennen / erklären / auffheben / vernichten / und Cassiren, und die obgemeldten Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / und ihre Nachkommen / unangesehen des alles / sich obberührter Unserer Freyheit und Begnadung gebrauchen / und Macht und Gewalt haben sollen und mügen / solche Urtheil / die also sechshundert Gülden Reinisch in Gold / darüber oder darunter betreffen / zu vollnziehen / und ferner / wie sich nach Rechtlicher Ordnung und ihrer Stadt löblichen Gebrauch gebührt / zu handeln / von allermänniglichen unverhindert. Wo aber die Hauptsache und Klage über gemeldte Summ / der sechshundert Gülden Reinisch betreffen / und jemand ausserhalb angezeigter Fälle / in Sachen da Unser und des Reichs gemeine Rechte und Ordnungen im Reich solches zugeben / zu Appelliren, zu Suppliciren, oder zu Reduciren unterstünde / derselbige sol in zehen Tagen / so den Appellirenden zu Recht angesatzt / dem Rath in Hamburg einen Hambürger Gülden / neben der Appellation darzulegen / und diese Gelübt und Eyde zu thun schüldig seyn / Als daß er von ihrem Urtheil / Erkäntnüß / Proces, Endschied / oder Decret nicht Gefährlich / oder der Wieder-Parthey ihre Gerechtigkeit auffzuhalten / oder zuverhindern Appellirt, Supplicirt, oder Reduciret, sondern daß er nicht anders wisse noch verstehe / dann daß er eine gerechte Sache habe / und ihm zu erhalten seine Gerechtigkeit / solche Appellation, Supplication, oder Reduction zu gebrauchen / und weiter Recht zu suchen Noth sey / daß er auch derselben [413] Appellation, oder Reduction, wo er mit seinem Gegentheil nicht würde vetragen / in gesatzter Rechtlicher Zeit / fürderlich nachfolgen und prosequriren wolle / darauff sol er den Partheyen / wieder die er Appellirt, und ihr erlangt Recht / so sie vom Rath zu Hamburg erhalten / auch Kosten und Schaden / so sie deßhalb empfangen / und ihm mit Recht zu erkandt weren / oder worden / wo er derselben seiner Appellation verlustig / oder zu gebührlicher Zeit nicht nachkäme / und prosequirte, gnugthun / und mit gnugsamer Caution, als Bürgen oder Güter / abzulegen / und zu erstatten vergewissen / oder ob er solches dermassen nicht zu thun vermöchte / sich darfür / so fern die Wieder-Parthey des nicht begnügen hätte / mit seinem Eydt / und verhafftung seines Leibs verpflichten / daß alles / wie obstehet / ein jede Parthey / so laut dieser Unser Vorsehung / und Begnadung zu Appelliren, Suppliciren, oder zu Reduciren zulässig / zu thun schüldig und pflichtig seyn solle / und so das beschicht / so sollen alsdann solche Appellationes auffgenommen und zugelassen werden / da aber jemand solches obgeschriebener massen nicht thäte oder thun wolte / alsdann sollen und mögen die obgemeldten Bürgermeister und Rath zu Hamburg ihrer gesprochenen Urtheil Erkäntnüß / oder Decret, solcher Appellation unverhindert / mit ihrer Execution nachfolgen / und zu endlichem Außtrage / wie sich gebührt / mit Recht vollnstrecken und Exequiren, und dadurch Uns und dem Heiligen Reich / noch jemands anders gar nichts mißgethan haben / auch dieselbe Appellation, Supplication, [414] oder Reduction darüber in Unser / oder Unserer Nachkommen am Reich Cammer-Gericht / oder andern Gerichten / wie die zu Zeiten genandt würden / in Recht nicht auffgenommen / zugelassen / noch darauff geurtheilt werden in keiner Weise / dann Wir die jetzt als dann / und dann als jetzt / hiemit gäntzlich Vernichten / Wiederruffen / und Krafftloß erkennen / von obbestimmter Unser Käyserl. Macht Vollnkommenheit / wissentlich in krafft dieses Brieffs / doch Uns / Unsern Nachkommen am Reich / und dem Heiligen Reich in Sachen / so je zu Zeiten in Unser und des Heiligen Reichs Namen gehandelt werden möchten / Unsere Oberkeit und Gerechtigkeit hierinne vorbehalten. Und gebieten darauff allen und jeden Churfürsten / Fürsten / Geistlichen / und Weltlichen / Praelaten / Graffen / Freyen / Herren / Rittern / Knechten / Hauptleuten / Landvögten / Vitzthumben / Vogten / Pflegern / Verwesern / Amptleuten / Schultheissen / Bürgermeistern / Richtern / Räthen / Bürgern / Gemeinen / und sonderlich allen Hoffrichtern / Landrichtern / Freygraffen / Stulherren /Freyschöpffen / Zentrichtern / Westvalichen und andern Richtern / und Urtheilsprechern / und sonsten allen anderen Unsern und des Reichs Unterthanen und Getreuen / in was Würden / Stats / oder Wesens die seyn / ernstlich und festiglich mit diesem Brieffe / und wollen / daß sie die obgemeldten Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / und ihre Nachkommen / bey diesen Unsern Käyserl. Gnaden / und Freyheiten / gäntzlich bleiben / deren geruhiglich gebrauchen und geniessen lassen / und daran [415] nicht irren oder verhindern / noch des jemands anders zu thun gestatten / in kein weiß / also lieb einem jeden sey / Unsere und des Reichs schwere Ungnade und Straffe / und darzu eine Peen / nemlich sechtzig Marck lötthigs Golds zu vermeyden / die ein jeder / so offt er Freventlich hierwieder thäte / Uns halb in Unser und des Reichs Cammer / und den andern halben Theil obgemeldten Bürgermeistern und Rath der Stadt Hamburg / und ihren Nachkommen / unnachläßlich zubezahlen verfallen seyn solle / Mit Uhrkund dieses Brieffs besiegelt mit Unserm Käyserl. anhangenden Insiegel. Geben in Unser Stadt Brüssel in Braband / am 6. Tag des Monats Aprilis / nach Christi unsers lieben HErrn Geburth / Funfftzehenhundert / und im vier und funftzigsten Unsers Käyserthumbs im vier und dreissigsten / und Unsere Reiche im neun und dreissigsten Jahre.

Carol.
V. C. Ab ertzeno.
V. Seld.
AdMandatum Caesarae & Catholicae Majestatis proprium.
Haller sspt.
[416]
FORMULA JURAMENTI APPELLATORII.[34]

Ich lobe und schwere zu GOtt dem Allmächtigen / daß ich von eines Ehrbahrn Raths gesprochener Urtheil oder Decret, nicht Gefährlich / oder meiner Wiederparthey Gerechtigkeit auffzuhalten / oder zu verhindern / Appellirt, Supplicirt, oder Reducirt, sondern daß ich nicht anders wisse noch verstehe / dann daß ich eine gerechte Sache habe / und mir / zu erhaltung meiner Gerechtigkeit / solche Appellation, Supplication oder Reduction zu gebrauchen / und weiter Recht zu suchen Noth sey / daß ich auch derselben Appellation, Supplication oder Reduction, wo ich mit meinem Gegentheil nicht würde vertragen / in gesatzter Rechtlicher Zeit / fürderlich nachfolgen und prosequiren wil.

[417]
FORMULA FIDEJUSSORIAE CAUTIONIS.

Ich N. N. thue kund und bekenne / hiemit für mich / meine Erben und Erbnehmen / nach dem von einer durch Bürgermeistere und Rath der Stadt Hamburg / wieder mich und für N. N. eröffneter Urhteil ich an die Römische Käyerl. Majest. Unsern allergnädigsten Herrn Appellirt, Supplicirt oder Reducirt, daß ich demnach / vermöge der Stadt Hamburg habenden Käyserlichen Privilegii, mich verpflichtet und verbunden / auch Krafft dieses verpflichte und verbinde / wo ferne ich angeregter meiner Appellation, Suppliciation oder Reduction verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren oder achterfolgen werde / daß alsdann vor alles erlangtes Recht / so ermeldter mein Gegentheil der Appellat für Ehrngedachtem Rath erhalten / sampt Kosten und Schaden / so derselb empfangen / und ihm mit Recht zuerkandt sein oder werden / gnugthun und bezahlen wil / und damit mehr ermeldter Appellat dessen ümb so viel mehr vergewissert und gesichert seyn möge / so habe ich die Ehrbahre N. N. und N. N. dafür als selbst [418] schüldige zahlende Bürgen gesetzt / und sich neben mir dafür zu obligiren und zuverhafften bitlich vermocht / und wir N. N. und N. N. jetzt gedacht / gereden und versprechen hiemit bey unsern Ehren / Treuen und guten Glauben / einer für beyde / und beyde für einen / und in solidum für uns / unsere Erben und Erbnehmen / daß auff den Fall N. N. Appellant seiner interponirten Appellation verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren und achterfolgen würde / wir gedachtem Appellaten N. N. für sein erlangtes Recht / zusampt dem Kosten und Schaden / so derselbe erlitten / und ihm mit Recht zuerkandt seyn oder werden / als selbstschüldige Bürgen hafften / und dasselbig als unsere eigene Schuld gelten und bezahlen wollen / mit Verpfändung unserer Haab und Güter / so viel jederzeit hiezu von nöthen / Dagegen uns und unsern Erben keine Exception oder Begnadung Rechtens / und insonderheit das Beneficium Divisionis und Excussionis, oder sonsten einig ander / wie das Namen haben mag / zu statten kommen sol / besondern thun wir uns deren allen und jeden wissentlich hiemit verzeihen und begeben / alles ohne Arglist und Gefährde. Des zu Uhrkund und steter Festhaltung / habe ich N. N. Principal, und wir N. N. und N. N. als selbschüldige Bürgen / diesen Brieff mit unsern Pittschaften Versiegelt / und mit eigenen Händen Unterschrieben / Gegeben / etc.

[419]
FORMULA PIGNORATICÆ CAUTIONIS.

Ich N. N. thue kundt und bekenne hiemit für mich meine Erben und Erbnehmen / Nach dem von einer durch Bürgermeister und Rath der Stadt Hamburg / wieder mich und fürr N. N. eröffneter Urtheil / ich an die Röm. Käyserl. Majest. unsern allergnädigsten Herrn Appellirt, Supplicirt oder Reducirt, daß ich demnach / vermöge der Stadt Hamburg habenden Käyserlichen Privilegii, mich verpflichtet und verbunden / und Krafft dieses verpflichte und verbinde / Wo ferne ich angeregter meiner Appellation, Supplication oder Reduction verlustig / oder dieselbe zu gebührlicher Zeit nicht prosequiren oder achterfolgen werde / als dann vor alles erlangtes Recht / so ermeldter mein Gegentheil der Appelat für Ehrngedachtem Rath erhalten / sampt Kosten und Schaden / so derselb empfangen / und ihm mit Recht zuerkandt seyn oder werden / gnug thun und bezahlen wil / Und damit mehr ermeldter Appellat dessen ümb so viel mehr vergewissert und versichert seyn müge / so habe ich ihm dafür alle mein Haab und Güter / und insonderheit [420] mein Hauß und Erb allhie zu Hamburg in der N. Strassen / zwischen N. und N. belegen / zu einem wahren beständigen Unterpfandt eingesetzet / daran gedachter Appellat und seine Erben auff den obgesetzten Fall sich halten und erholen sollen / und mügen / welches Erbe ich auch ohn consent und Vorwissen des Appellaten, bey wehrender Rechtfertigung nicht veräussern noch verpfänden wil. Worentgegen auch mir und meinen Erben überall keine Exception oder Begnadung Rechtens / wie die Namen haben / oder durch MenschenSinne erdacht werden möchte / zu statten kommen sol / besondern thu mich deroselben allen und jeden / hiemit wissentlich verzeihen / und begeben / und hab in Uhrkundt mit eigener Hand / meinen Namen Unterschrieben / und mein Pitschier[35] zu End auffgedruckt. Gegeben / etc.

[421]
Ordentlicher Index und Register / eines jeden Theils dieses Hamburgischen Stadt-Rechtens /
darin durch die erste Zahl die Titul / und durch die andere die Paginae werden angezeigt:
Register über den ersten Theil.
Titulus. Pag.
I. Von Bürgermeistern und Rathmannen. 2
II. Von Bürgern und Einwohnern. 8
III. Von den Gerichtsverwaltern / und derselbigen Ampte. 11
IV. Von dem Voigte / und dessen Ampte. 15
V. Von dem Gerichts-Schreiber / und seinem Ampte. 18
VI. Von den Dingleuten. 20
VII. Von den Procuratorn. 22
VIII. Von Gewalt oder Vollmacht der Procurat. und Anwalde. 29
IX. Von Kriegischen Vormündern. 31
X. Welche Personen ihre Verwandte ohne Gewalt vertreten mögen. 34
XI. Von Endschafft der Gewalt. 35
XII. Was Sachen vor das Niedergericht / in erster Instantz gehören. 36
XIII. Von Citation und Ladung zu Rechte. 39
XIV. Von dem Proclamate oder öffentlichen Citation. 44
XV. Von Ungehorsam des außbleibenden Klägers. 46
XVI. Von Ungehorsam des Beklagten. 48
XVII. Von Arresten und Kummern. 52
XVIII. Von der Ehehafft / und der außbleibenden Partheyen entschüldigung. 59
XIX. Von der Gerichtlichen Klage. 63
[422]
Tit. Register Pag.
XX. Von des Beklagten Exceptionen und Einreden. 64
XXI. Von der Exception praescriptionis oder Verjährungen. 68
XXII. Von der Wiederklage. 71
XXIII. Von der Exception compensationis. 73
XXIV. Von der Exception non numeratae pecuniae. 74
XXV. Von Cautionen und Vorstanden zum Rechte. 75
XXVI. Von Dilation, Berath / Vacantz und Ferien. 81
XXVII. Von Antwort zur Klage und Kriegsbefestigung. 84
XXVIII. Von Beweisung mit lebendigen Kundtschafften oder Zeugen. 85
XXIX. Von der fürgestelten Zeugen Beeydigung. 96
XXX Von Beweisung mit schrifftlichen Uhrkunden. 97
XXXI. Von Kundschafft oder Verhör der Zeugen zu ewiger Gedächtnüß. 101
XXXII. Von Publication und Eröffnung geführter Beweisung / etc. 103
XXXIII. Von Beweisung durch Augenschein. 106
XXXIV. Von Beweisung durch der Partheyen Eydt. 107
XXXV. Von Findungen und Urtheiln des Niedern-Gerichts. 115
XXXVI. Von Expensen und Gerichtskosten. 116
XXXVII. Von der Appellation an den Rath / und in welchen Fällen die nicht gestattet wird. 118
XXXVIII. Vom Obern-Gericht / und Sachen / die daselbst in erster Instantz anhängig gemacht werden. 122
XXXIX. Von Processen in Schrifften. 125
XL. In welchen Fällen an das Hochlöbl. Käyserl. Cammer-Gericht nicht Appellirt werden mag. 131
XLI. Von Execution und vollnziehung der ausgesprochenen Urtheil. 134
XLII. Von Feilbieten / subhastation und verkauffung der außgepfändeten und verholffenen Güter. 141
XLIII. Von Bancorotirer und flüchtigen Schüldenern / etc. 146
[423]
Register über den andern Theil /
Von Contracten und allerley Handtierungen.
I. Von Leihen und Entlehnen / Mutuum genandt. 155
II. Von Leihen zu zimlichem Gebrauch / Commodatum genandt. 165
III. Von Gütern / so zu treuer Hand gegeben und hinterlegt werden. 169
IV. Von Pfandschafft- und Verpfändungen. 176
V. Vom Vorgange der Gläubiger in Pfandschafften und sonsten. 183
VI. Von Bürgen und Bürgschafften. 191
VII. Von Wechsel und Wechselbrieffen. 198
VIII. Von Kauffen und Verkauffen. 204
IX. Von Miethen und Vermiethen. 212
X. Von Gesellschafft oder Mascopey. 219
XI. Von ehelicher Vertrauung / Verheyrathung und Brautschatz. 224
XII. Von Anwaldschafft und Befehl. 213
XIII. Von SchiffsRedern oder Freunden. 235
XIV. Von den Schiffern und Schiffs-Volcke. 237
XV. Von den Befrachtern. 258
XVI. Von Werffung und geworffenem Gute. 260
XVII. Von Schiffbruch und Schiffbrüchigen Gütern. 265
XVIII. Von Böddemerey. 270
XIX. Vom Seeraube. 273
XX. Von Gebäuen und derselben Ordnung. 275
[424]
Register über den dritten Theil /
Von Testamenten / letzten Willen /
und Erbschafften ohn Testament.
I. Von Testamenten und letzten Willen. 283
II. Von Legaten und Geschäfften. 303
III. Von Gefällen und Erbschafften / darüber keine beständige Disposition oder Testament verordnet. 309
IV. Von Einbringung zur Erbschafft / und was man Einzubringen schüldig ist. 320
V. Von Theilung der Gemeinen und Erbgüter. 323
VI. Von Vormund und Pflegschafften. 325
VII. Von Inventarien oder Beschreibung der Güter. 344


Register über den vierdten und letzten Theil / nach den Articuln
und Paginen
Von Peinlichen Sachen / Injurien / und andern zugefügten Schaden / auch Straffe und Busse.
Artic.   Pag.
I. Straffe der Gotteslästerer. 350
II. Straffe der Zauberer und Zauberinnen. 351
III. Straffe der Verräther. 351
[425]
Artic.
Register
Pag.
4 Straffe der falschen Müntzern. 352
5 Straffe des Meineydes und falschen Zeugnüssen. 353
6 Straffe der jenigen / die ihre beschworne Urphede brechen. Ibid.
7 Straffe der jenigen / die Schmähe-Schriffte und Pasquillos sprengen / oder falsche Instrumenta machen. 355
8 Straffe der jenigen / die falsche Maß / Elen und Gewichte gebrauchen. Ibid.
9 Straffe der Kirchenräuber und Mordtbrenner. 356
10 Straffe der Seeräuber. Ibid.
11 Straffe der Schiffsknechte / die in den beygelegenen Haven / Frevel und Muthwillen treiben / oder auch Ballast in die Elbe werffen. 357
12 Straffe der jenigen / die junge Hestern und Wieden bey den Graben und Wällen vernichtigen. 358
13 Straffe der Schiffs-Knechte die gegen ihre Schiffer freveln. 358
14 Straffe der / die Feide-Brieffe oder Brand-Zeichen bedreulich sprengen. 359
15 Straffe dero / die aus Unachtsamkeit Brandt oder Feuer veruhrsachen. Ibid.
16 Straffe der Mörder und Strassenräuber. 360
17 Straffe der Todtschläger. Ibid.
18 Wie mit den jenigen / die Nothwehre beweisen / zu verfahren. 361
19 Wie gegen den Flüchtigen nach begangenem Todtschlage zu verfahren. Ibid.
20 Wie gegen den / der einen Bürger / Einwohner oder deroselben Diener / ausserhalb dieser Stadt entleibet / zu verfahren. 362
21 Straffe der jenigen / die mit der Entleibung an der rechter Persone feilen. 363
22 Straffe der Unsinnigen und Minderjährigen Todtschläger. Ibid.
23 Straffe der jenigen / die ihre Eltern / Kinder / Schwestern / Brüder oder nahe verwandte Freunde ermorden. 364
24 Wie es in dem Falle / da kein gewisser Thäter bey dem beschehenen Todtschlage verhanden / zu halten. 365
25 Straffe der Auffrührer. 366
26 Von Straffe derer / die anderer Ehefrauen / oder auch Jungfrauen wegführen. Ibid.
[426]
Artic.
Register
Pag.
27 Straffe der Blutschänder. 367
28 Straffe der jenigen / die Jungfrauen / Witwen / oder Mägde verunehren / oder beschlaffen. Ibid.
29 Straffe des Ehebruchs. 369
30 Daß den Gerichtsdienern erlaubt / berüchtigte Personen und Oerter zu besuchen. 370
31 Straffe des jenigen / der sich zweyen Ehefrauen zugleich hat getrauet. Ibid.
32 Wie es in dem Falle / da eine Ehefraue / in Abwesenheit ihres Ehemannes / aus Irrung einen andern Ehemann Freyet / sol gehalten werden. 371
33 Straffe des Diebstals. 372
34 Straffe der jenigen / die den Dieben Fürschub thun / und des Diebstals mit geniessen. 373
35 Wie es mit dem gestolenen Gute zu halten. 374
36 Wie mit denselben / die aus Unwissenheit sich frembdes Guts anmassen / zuverfahren. 375
37 Straffe der Eximenten, die aus dem Gerichte / oder der Gerichts-Diener Händen / einen Mißthäter entweldigen. 376
38 Straffe der Receptatorn, die verfestete Personen beherbergen. 377
39 Daß des Raths Dienere und Wächtere / in Verrichtung dero ihn anbefohlenen Sachen / gesichert / und nicht zu Beleidigen. Ibid.
40 Wann der Verwundte Bettlagerig worden / und darüber stirbet / wie alsdann gegen den Thäter zu verfahren. 378
41 Wann der Verwundte Betlagerig wird / und wiederümb sich auff der Gassen sähen lässet / so ist die Peinlichkeit erloschen. Ibid.
42 Wann der Verwundte nicht Betlagerig worden / und gleichwol von der Wunden stürbe / wie alsdann gegen dem Thäter zuverfahren. 379
43 Straffe der jenigen / die jemand Verwunden / dabey keine Gefahr zubefürchten. 380
44 Die etwas Verwircken / daß Peinlichkeit auff sich trägt / können keiner Bürgen geniessen. 381
45 Was für eine Handhafftige That zu achten. Ibid.
[427]
Artic.
Register
Pag.
46 Straffe der jenigen / die die Todten ihrer Bekleidung berauben. 382
47 Wie in beschehener Beymässigung eines Todtschlags zuverfahren. Ibid.
48 Welchen Personen mässige Züchtigung sey erlaubt. 383
49 Wie es mit dem Gastgeber / wann ein Gast wird Entleibet und der Thäter davon läufft / sey zu halten. 384
50 Daß die Flucht den Todtschlägern sol mügliches Fleisses werden gewehret. Ibid.
51 Straffe der Freveler. 385
52 Straffe der jenigen / die mit gewehrter Hand auff freyer Strasse einen andern vorsetzlich Uberfallen. 386
53 Straffe der jenigen / die ungefehrlich in Zanck gerathen / und dem Flüchtigen in ein Hauß nacheilen / und daselbst Beleidigen. 387
54 Straffe der Backenschneider. Ibid.
55 Straffe der jenigen / die aus bösem Vorsatz auff einen die Wehre blössen / und gleichwol keinen Schaden damit anfügen. 388
56 Straffe der jenigen / die einen andern Braun oder Blau schlagen. 389
57 Von gefährlicher Bedrauung. Ibid.
58 Straffe der Injurianten, Calumnianten, Lästermäuler und Ehrenschänder. 390
59 Straffe der jenigen / die jemand in offenem Gerichte schmähen. 391
60 Straffe der jenigen / die jemand auff offenem Marckt und gemeinen Plätzen / oder vor dem Rath schmähen. Ibid.
61 Straffe der jenigen / denen durch einen oder zwey Rathsverwandte Friede geboten / und denselben nicht halten. 392
62 Straffe der jenigen / die den Friede / welchen Bürgere ausserhalb der Stadt / in wehrendem Unwillen ankündigen / verächtlich nicht halten wollen. 394
63 Die Verbrecher müssen die Atzungen und Unkosten der Gefängnüß selbst abtragen. Ibid.
64 Wie es mit denen zu halten / die ihrer Verbrechung halben in Hafft genommen / aber die Atzung und Unkosten nicht zahlen können. 395
65 Von der jenigen Verhafftung / die bey Nächtlicher Weile ihres Muthwillens halben billich einzuziehen seyn. 396
[428]
Artic.
Register
Pag.
66. Wie gegen die Eigenthumbs-Herren zuverfahren / die mit ihrem niederfallendem Gebäude andern Schaden zufügen. Ibid.
67. Wie die jenigen / die durch anderer Wagen oder Karren werden beschädiget / ihre Ergetzung zugewarten. 397
68. Von Erstattung des Schadens / der einem durch eines andern Ochsen oder Pferde wiederfähret. Ibid.
69. Von Erstattung des Schadens / der einem durch des andern wilde Thier zugefüget. 398
Privilegium Appellationis 400
Formula Juramenti Appellatorii. 408
Formula Fidejussoriae Cautionis. 409
Formula Pignoraticae Cautionis. 411


F I N I S.
  1. WS: Kommt von Matschaft, der Verbindung mehrerer zu einem gemeinschaftlichen Endzwecke oder Gesellschaft. Es ist ein nur in den niedersächsischen Handelsstädten übliches Wort
  2. nach geometrischer Proportion, d. h. proportional
  3. Siehe Wikipedia-Artikel: Bodmerei
  4. Ratsherr, der dem Kirchspiel (Kaspel) zugeordnet war
  5. befensterter Vorsprung aus der Gebäudefront als Teil des Innenraumes, siehe Artikel in der Wikipedia
  6. Ein schlecht angebautes, angeflicktes Stück am Hause, Siehe DW: Klebeläppchen
  7. Tropfenfall di. Dachtraufe oder Traufrecht (Adelung)
  8. Schätzung
  9. korrigiert, im Druck faschen
  10. von ital. Pasquillo, eine Beleidigung, welche schriftlich oder durch sonstige bleibende Zeichen, z. B. durch Bilder, öffentlich verbreitet wird
  11. Instrumentsbrief : Beweisurkunde (DRW)
  12. Bootsknecht (DW)
  13. Eichen, vll. auch allgemein Bäume, siehe Plattdeutsches Wörterbuch
  14. Weiden, hier ist der Baum gemeint. Dieser hält viel Nässe aus und wird vielfach zur Befestigung von Ufern eingesetzt.
  15. Urkunde, worin die Fehde angekündigt wird, siehe dazu das Deutsche Rechtswörterbuch
  16. Symbol der Branddrohung (DRW)
  17. Vorlage: aiimenta
  18. Vorlage: Artic. 22.
  19. scharfe Waffe
  20. lat. eximere: herausnehmen, wegnehmen, befreien
  21. von lat. recipere: zurückholen, aufnehmen
  22. Nachrede
  23. drohende, wütende Beleidigung
  24. ungeheuerliche Rechtsverletzung
  25. angenommen, beschlossen (DRW)
  26. Vereinbarungen zwischen Rat und Bürgerschaft
  27. Gott allein die Ehre
  28. Granada
  29. Toledo
  30. Valencia
  31. Murcia
  32. Algarve
  33. Der Reklamant Na- der vorherigen Seite wurde auf dieser Seite nicht wiederholt
  34. Eidesformel für die Appellierenden
  35. Petschaft