Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3: No. I
← Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 | Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 (1774) von Herrnhuter Brüdergemeine (Hrsg.) No. I.) Beylage zur 4. Woche 1774 |
No. II.) Beylage zur 8. Woche 1774 → |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext. |
I.) Auszug aus dem Berichte der lettischen Diaspora, vom Jan. bis Ende Juny 1773
Das vorige Jahr hatten die Arbeiter in ihren Versamlungen sünderhaft beschloßen u. das neue selig angefangen. D. 1tn Jan. früh stellten sich dann unserm lieben HErrn die Chöre zur Absolution u. segnen dar. Bey allen wurde über ihre neue Jahres-Loosung geredet. Von den ledigen Brüdern u. Knaben heißt es: Die Sünderthränen über manches schmerzliche, das im vorigen Jahr in diesen Chören vorgekommen, floßen häufig bey dieser Rede u. endigten sich mit Lob u. Danck, des geduldigen, langmüthigen u. mitleidigen Hohen priesters, der selbst gut weiß, wie zu muthe sey dem Krancken. Von den ledigen Schwestern heißt es: Wir nahmen die Loosung aus dem Munde unsers lieben Heilandes an, u. es war uns dabey, als wenn uns die Gnadensonne zum neuen Jahr bestrahlte u. wir faßten Muth, uns mit allem Elend Ihm zu überlaßen [2] ganz u. gar. – Nachmittags waren zuerst die Versamlungen für die Unaufgenommenen, in welchen sie erinnert wurden, daß abermal ein Jahr verfloßen wäre, in welchem der Heiland Seinen Zweck noch nicht mit ihnen erreicht habe, sie möchten Ihm also von diesem Tage an, ihre Herzen nicht länger vorenthalten, sondern lieber heute völlig hingeben. Die Beschreibungen dieses Tages stimmen in ihren Berichten alle darinn überein, daß sie einen ganz besondern Gnaden-Besuch des lieben Heilands genoßen haben, der viel seliger gefühlt worden, als sie vermögend wären Worte davon zu machen. D. 3tn gieng die ledige Schwester Gibbaias Thrine selig heim. Sie war die mehreste Zeit ihres Sterbens-Lebens kranck u. verlor vor 3 Jahren ihr Gesicht, besuchte aber dem ohngeachtet die Gemein u. Chor-Gelegenheiten. Man konte in Wahrheit von ihr sagen, daß sie keine Freude in u. an der Welt hatte. Sie wurde von dem geschloßenen Häuflein unterhalten, u. von ihrem Chor mit der nöthigen Kleidung versorgt. Ihr Herz hieng veste am lieben Heiland u. Er stillte heute ihre Sehnsucht bey Ihm zu seyn.
Die Brüder Wäiblinger u. Hagen reisten nach
Lenzenhof ab. Ersterer als Hofmeister des
[3] jungen Barons u. lezterer als Haushofmeister.
Beyde waren danckbar für das, was
sie bey ihrem Aufenthalt in Orellen genoßen.
D. 5tn wurde den Claßen unserer lettischen
Eheleute in Pohdin eine übersezte Rede gelesen.
Ein gleiches geschahe bey den Wollmarischen
Eheleuten, die in Gaides versamlet
waren durch Bruder Skester Peter, welcher schreibt:
Wir schämten uns, legten die Hand auf den
Mund und sagten zum Heiland: Ists möglich
Sünder so zu lieben, die dir gemacht so
viel Betrüben? D. 6/17[WS 1] früh waren in Kryppen,
die Knaben zur Feyer ihres Chorfestes
beysammen. Nachmittag waren Fremdenstunden.
Von den Gesellschaften die heute
gehalten wurden, heißt es im Bericht
von Benza: heute hörten wir, was der
liebe Heiland seit dem neuen Jahr bis hieher an
den armen Herzen gethan hat. Ach wir
sind nicht vermögend Ihm genugsam zu
dancken, für alle Gnade, die Er uns seit
der Zeit hat widerfahren laßen u. wir konten
im Abendsegen mit Beystimmung unserer
Herzen singen: Du uns so nahes Wesen,
mehr als man sagen kan, du bist
bey uns gewesen, ich bet in Demuth an!
Im Bericht von Pohdin heißt es: Die Noth
[4] u. die Schwierigkeiten, welche die Brüder unter
den Heiden finden, mahlten wir uns heute
recht lebendig vor u. wir empfahlen die armen
Heiden so wol, als die Zeugen die der liebe
Heiland unter sie gestellt hat, dem durchstochenen
Herzen Jesu u. baten Ihn, Geist u. Feuer
auf ihr Zeugniß zu legen, damit noch viel
tausend Heiden zum Lohn seiner Schmerzens
möchten gesamlet werden. D. 15tn reisten
Geschwister Peter Hessens nach dem Dörptischen
ab. Der Schlitten schmiß durch die Unerfahrenheit
des Kutschers 3 mal um u. zwar
einmal in einen Graben, der liebe Heiland bewahrte
sie aber vor Schaden. D. 27tn wurde in
der Versamlung der Unaufgenommenen u.
Fremden aus der Epistel an die Galater im 5tn Capitel
vom 16tn Vers bis zu Ende gelesen. Das waren
heilsame Erinnerungen an unser Volck
heist es im Bericht von Pohdin. Der Heilige
Geist gab den Worten Kraft u. ein jeder
sahe wer er ohne Gnade u. ohne den Heiland
wäre. Die Wercke des Fleisches sind so offenbar,
wie die Wercke des Geistes. Wer
nun die Gnade im Blut Jesu geschenckt
bekommen hat, der danckt dem lieben Heiland dafür
u. wird recht gestärckt u. erquickt bey dergleichen
Lectionen, wie die heutige war u.
[5] wem das fehlt, dem sagt sein eigen Gewißen
mehr als wir ihm sagen dürfen u. der Heilige
Geist gibt nicht zu, daß sich jemand bey einer
solchen Beschreibung des natürlichen u. begnadigten
Menschen betrüge. Dem geschloßenen
Häuflein wurden Reden gehalten. Bruder
Kegala Peter sagte in der Versamlung in
Lohdes unter andern: Die Liebe des Heilands
ist gegen uns so weit gegangen, daß sie
nicht weiter hätte gehen können, Sein ganzes
Leben war ein Leiden, was kostete
ihn nicht die Buße für unsere Sünden?
Was stand Er am Oelberge aus u. wie
war Ihm zu muthe am Creuz da Er schrie:
Mein Gott, mein Gott warum hast du
mich verlaßen? Das hat Er alles gethan, um
uns die Seligkeit zu erwerben u. wie lange
ist Er uns nachgegangen, bis Er uns
Gnade widerfahren laßen konte u. uns
hernach auf Seinen Tod miteinander verbunden
hat; Er hat uns auch die tägliche
Unterredungsstunde mit Ihm deswegen
gegeben, damit wir täglich bekanter mit
Ihm werden sollen u. täglich inne werden,
wie wir mit Ihm stehen u. damit wir,
wenn wir finden, es fehlt bey uns, gleich
wieder Gnade u. Absolution erbitten von
[6] Ihm. wie Er gegen Petrum u. die Maria
Magdalena gesinnt war, da sie gesündiget
hatten, so erfahren wir Ihn auch noch
u. wir wollen nun auch in den Gesellschaften
miteinander darüber reden,
was Er an einem jeden in diesem ersten
Monate, dieses Jahres Gutes gethan hat.
Hierauf wurden die Gesellschaften gehalten,
u. es fanden sich Gottlob viele die einen
seligen Monat gehabt u. manche Besuche vom
lieben Heiland genoßen haben, die andern aber
beklagten die verlornen Stunden. D. 1tn
Febr. früh um 7 Uhr gieng die Schwester
Powalckin selig heim. D. 2tn früh waren
die Wittwer u. Wittwen zur Feyer ihres Chorfestes
an 4 Orten beysamen. In Pohdin
waren 9 Wittwer u. 72 Wittwen.
Es heißt von daher: Dieses Chor genoß
einen gnädigen Besuch vom lieben Heiland. Von
daher heißt es den Wollmarischen Wollmarischen
Wittwen schreibt Bruder Skester Peter:
Es wurden so viel Sünder- u. Liebesthränen
vergoßen, von unsern mehrentheils
alten u. armen Wittwen, daß man sahe
u. fühlte, wie herzlich wohl ihnen war in
der Nähe des Martermannes. D. 3tn früh
waren die Versamlungen der Kinder.
[7] In der in Lohdes waren sie etwas unruhig;
als nun Bruder Kegala Peter in die
Versamlung kam fragte er einige Kinder: wie
geht es euch? Sie antworteten, es geht
uns allen recht wohl. Bruder Peter sagte
weiter, das muß ich näher untersuchen u.
fragte die übrigen Kinder: Ist das wahr
was diese gesagt haben? Sie antworteten:
Nein; sie sind unruhig u. leichtsinnig
gewesen. Bruder Peter sagte weiter: was
sollen wir nun mit denen machen, die
die Unwahrheit geredet haben? Dergleichen
Kinder gehören nicht in die Kinder-Versamlungen.
Die Schuldigen fiengen
an zu weinen u. baten die übrigen um
Vergebung. D. 17tn waren in Lohdes die
Kinder von 3 geschloßenen Häuflein
beysammen u. Bruder Kegala Peter hielt
ihnen eine Rede in welcher er ihnen den
Anfang der Fasten-Zeit bekannt machte
u. sie erinnerte die Marter-Jesu ihre Weide
seyn zu laßen. Er machte ihnen dabey
des Heilands zärtliches u. mit Liebe
erfültes Herz dergestalt vor, daß viele
Augen dabey naß wurden. D. 24tn wur
wurde den Eheleuten eine Chor Rede des
lieben Bruder Johannes über den Vers gelesen:
[8] Hängt doch der ganze Ehestand an Jesu
Marter-Gängen. Nachmittag wurde in
der Versamlung der Unaufgenommenen
u. Fremden, die 2te Lection von der
Leidens-Geschichte unsers Herrn verlesen,
u. die Marter Jesu bewieß ihre
Gottes-Kraft. D. 3tn Merz grüßte Bruder
Benze Laur das versamlete Chor der Mädgen
in Pohdin von dem am 22tn Febr. selig
heim gegangenen Mädgen Bullas Anna.
Sie war noch nicht in das geschloßene
Häuflein aufgenommen in den lezten Tagen
ihrer Kranckheit aber, äußerte es sich, was ihr
Herz für einen seligen Genuß an den blutigen
Wunden Jesu hatte, u. ihr Mund bezeigte
mit vielen Liebesthränen was ihr Herz
genoß, bis sie selig verschied. Nach denen
Gesellschaften wurde ihnen die Chorrede gelesen:
Ich will nach dem Jehovah sehen, stehst
du da? ich dencke ja! welche auch in die
Paßions-Zeit sich gut schickte u. ihnen den
Marter Mann in Seiner ganzen Leidens
Schöne vormahlte. In den Versamlungen
der Unaufgenommenen u. Fremden, welchen
aber auch zugleich die Glieder des geschloßenen
Häufleins immer mit beywohnen
wurde die 3te Lection der Leidens Geschichte
[9] Jesu mit untermengten Choralen gelesen.
Es heißt davon im Bericht von Pohdin:
Ach wie beschämt stunden wir da, bey den
Worten: der größte unter euch soll aller
Diener seyn; u. bey der Vermeßenheit Petri
mit seinem Herrn in den Tod zu gehen, sahen
wir ein Bild, wie weit es mit uns
armen Menschen gehet, wenn wir nicht
wißen, wer wir sind u. unsern Kräften
etwas zu trauen. D. 7tn machte Bruder Peter
Hesse dem geschloßenen Häuflein die von der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für die lettischen Geschwister
gezogene Loosung bekannt: Wir sollen
nicht gefallen an uns selber haben, denn
auch Christus nicht Gefallen an Sich selber
hatte. Jesu eynu hilf mir dazu! Er
erinnerte zugleich, daß ein jedes diese Loosung,
die wir als eine Ermahnung aus
dem Munde des Heilands selbst anzusehen
hätten, vor dem Heiland überdencken,
sich dabey untersuchen u. wahrnehmen
möchte, was Er ihm durch den Heiligen Geist
dabey sagen wolte. Wir hätten wol zu
nichts weniger Ursach, als Gefallen an
uns selber zu haben, indeß seyn wir
zu allem aufgelegt wenn unsere Herzen
vom Heiland abgewendet wären. D. 8tn
[10] als am 4tel jährigen Bußtage waren die
lettischen Versamlungen an ihren gewöhnlichen
Orten. Es wurde die 4te u. 5te Lection
der Passions-Geschichte gelesen u. die geschloßenen
Häuflein hatten die Liturgie
zum Haupt voll Blut u. Wunden. Wir
hatten einen ausgezeichneten Gnadentag
heißt es im Berichte von Pohdin, dafür
sey unserm gecreuzigten Gott u. Martermann
ewig Lob u. Danck gebracht, von
uns seinen armen Sündern, die nun so
selig genießen, was Er uns so sauer erworben
hat. D. 10tn früh waren die Versamlungen
der Kinder u. nach der Rede wurden
diejenigen von den Kindern abgesondert,
welche zu den Knaben u. heranwachsenden
Mädgen solten gethan werden. Nachmittag
war die Lection der Paßions Geschichte
mit einem besondern Gnaden-Gefühl
begleitet. Sodann wurde den geschloßenen
Häuflein eine Rede gelesen über
die Worte: Der Märtyrer für uns.
Denn was Er ausgestanden das hat verdienet
meine Seel. Die Lection aus
der Passions-Geschichte hatte schon selige Wirckung
auf die Herzen gehabt u. diese Rede
machte nun die application auf jedes
[11] armes Herz ins besondere u. die dabey zu
fühlende innige Nähe des Martermans
machte ihnen durch gängig diesen Tag zu einem
besondern Festtage der Marter-Gottes u.
versüßte ihnen ihre schwere Sclaverey. Es heist
davon in einem Berichte: Wenn es auch
manchmal den ganzen Tag so geht, daß
man vor Arbeit auf nichts, als was man
vor sich hat, dencken kan, so bleibt uns doch
unsere Unterredungs Stunde mit dem Marter-Mann
übrig u. wenn wir auch diese manchmal
nicht halten können, so ist der Trost unsere Zusammenkunft, in der unser lieber Heiland in
unserer Mitte wandelt u. in Seiner Tods-Gestalt,
jedem selbst vor das Herz tritt. Ach
du selige Marter Gottes, wie viel tausend
u. aber tausend hast du schon zum Leben gebracht
u. wie viel kalte Herzen hast du mit
Liebe entzündet, dir sey ewig dafür Danck
gebracht. D. 11tn gieng die Wittwe Jeschka
Anna selig heim. Sie war schon vor der
großen Erweckungs-Zeit 1742 verheyrathet
worden u. als die Versamlungen der Brüder sich
anfingen, besuchte sie dieselben gleich, u.
das Zeugniß von der Marter Jesu war
ihr sehr angenehm. Sie wurde nach u. nach
mit den Geschwistern bekannt, fand Gelegenheit
[12] über ihr ganzes Herz auszureden, lernte
sich als eine arme verdamte u. verlorne
Sünderinn kennen u. ihre Noth trieb sie
zum Heiland. Sie wurde bald in das geschlossene
Häuflein aufgenommen, da sie einen
Bund mit dem Heiland machte, ewiglich Seine
zu seyn. Bey Einrichtung des Stunden
Gebets bekam sie auch eine Stunde, welche
ihr im Umgang mit dem Heiland viel austrug.
Als 1743 die Versamlungen verboten
wurden, ließ sie sich nicht abschrecken, sondern
ihr Herz hieng vest am Heiland u. sie
gieng ihren Gang als eine begnadigte arme
Sünderinn fort. Nach einigen Jahren
aber, da zugleich die Zeit herbey kam,
daß sie ihre Kinder wolte versorgt wißen,
verlor sich bey ihr allmählich das Gefühl.
Da nun ihre Tochter, die nicht zu den Geschwistern
gehört, verlobt war, u. sie ihre
Braut-Kleider nach der Welt weise verfertigen
half, traf es sich, daß ein Bruder
zu ihr kam, als sie eben damit beschäftiget
war. Derselbe sagte zu ihr: ich verstehe
es nicht, wie eine Schwester sich so tief mit
den Weltsachen einlaßen u. so nahen Antheil
daran nehmen kan. Das waren nun
wol wenig Worte, aber was ihr der Heilige
[13] Geist bey der Gelegenheit gesagt, gieng
desto tiefer. Sie hatte keine Ruhe im Herzen,
trente sich von den Geschwistern u. blieb
über ein halbes Jahr ganz weg. Allein der
liebe Heiland der sie ein mal beym Herzen gefaßt
hatte, gieng ihr treulich nach u. sie wußte
nicht, wo sie vor Unruhe bleiben solte.
Da traf es sich denn ein mal, daß sie eine
von ihren ehemaligen Gesellschafts Schwestern
nicht weit von ihrem Gesinde vorbey gehen
sahe, derselben lief sie nach u. entdeckte
ihr unter vielen bittern Thränen ihres
Herzens-Zustand u. unter diesem Reden
wurde ihr zum ersten mal wieder wohl u.
sie sahe wieder den Mann mit 5 Wunden
roth, den sie verloren hatte. Ihre
sünderhafte Freude darüber war unaussprechlich.
Nun fieng sie wieder an,
die Versamlungen der Geschwister zu besuchen u.
lebte ganz von neuem auf. Nachher
starb ihr Mann u. diese Noth trieb sie
auch näher zum Heiland, sie wurde dann absolvirt
u. wieder zu dem geschloßenen
Häuflein hinzugethan, sie wurde hierauf
so vergnügt, einfältig u. kindlich im Umgang
mit dem Heiland daß sie ihren Mittschwestern
zur Erbauung war. Auch wurde
[14] ihr die Pflege des Wittwen-Chors im Marzenschen
u. Schmiltenschen an vertraut, welches
Amt sie treulich im Innern u. Aeußern
besorgte, so daß sie auch ihren lezten Bissen
mit den Nothleidenden theilte. Vor
2 Jahr trat ihr ältester Sohn in die Ehe u.
ihm wurde die Wirthschaft aufgetragen,
dadurch bekam sie wol ruhigere Zeiten
von außen; hatte aber desto mehr Schmerz
zu empfinden, wenn sie sahe, wie alles
so unordentlich im Gesinde zugieng. Die
Gelegenheit zu ihrer Auflösung war die
Auszehrung. Sie brachte noch ein Vierteljahr
die Zeit im stillen Umgang mit dem
Schmerzens Mann zu, bat allen ihren Gesinde
Leuten ab, wo sie was versehen hätte
u. erblaßte an bemeldtem Tage in Jesu
Arm u. Schoos in einem Hohen Alter. D. 23
wurde das Fest vom 25tn Merz gefeyert.
In Kryphen hatten die Knaben ihre Versamlungen
zu welchen 22 aus den Kindern
hinzu gethan wurden. Das Chor der
Mädgen, welche ihre Versamlungen in Pohdin
hatten, wurde mit 20 vermehrt. Nachmittag
wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen
u. Fremden über den Vers geredet,
Der Schöpfer aller Creatur, nimt an
[15] sich unsere Natur. Bruder Pohdin Maoz sagte
unter andern: Ach wie würden die Liebes-Danck- u. Freudenthränen einander
ablösen wenn wir wahrhaftig die Sache
fühlten, daß unser Gott u. Schöpfer ein
armer Mensch geworden ist, wie wir u.
uns als unser Mittmensch u. Bruder
die Seligkeit erweinnt u. erbüßet hat,
wer würde sich von uns sündigen Creaturen
unterstanden haben zu Gott zu
nahen, wenn Er Sich nicht zu uns herunter
gelaßen u. Sich zu uns genahet hätte
u. s. w. D. 24tn waren die Kinder
an ihren gewöhnlichen Orten versammelt,
das Fest der Menschwerdung unsres
Herrn zu feyern. Nachmittag wurde in
der Lection der Leidens-Geschichte Jesu
fortgefahren, auch wurde der Anfang
der Marter Woche bekant gemacht u.
alle ermahnt in dem seligen Gefühl
das der Heiland in dieser Fasten Zeit geschenckt,
auch diese Woche mit Ihm in Seine
Leidens Liturgien zu ziehen. D. 28tn
hatten die Geschwister so wol in Pohdin
als in Benza in der Wendischen Kirche
ein seliges Abendmahl darauf hatten sie eine
Liturgie u. Anbeten. Nachmittag wurde
[16] in der Lection der Leidens-Geschichte fort
gefahren u. eine Rede des seligen Jüngers[WS 2]
verlesen. Dann war eine Liturgie. Unter
dem Vers: Deine rothgefärbte Wunden p.
fielen sie auf die Knie u. danckten dem
lieben Heiland mit tausend Thränen, für
Seine Seelen Schmerzen u. Marter bis in
Tod u. beschloßen damit diesen Gnaden
Tag, den alle Berichte nicht genug beschreiben
konten. So begiengen sie auch den
Charfreitag u. großen Sabbath in seliger
Betrachtung deßen, was unser lieber HErr
zu unserm ewigen Heil gethan u. gelitten
hat. Zu Pohdin waren am Charfreitag
d. 29tn die Arbeiter des Araischen Häufleins
beysammen u. sie wurden, nachdem
mit allen war gesprochen worden in Gegenwart
der kleinen Conferenz absolvirt
wobey alles in Thränen zerfloß. Das Oster
Fest d. 31tn wurde von dem Häuflein seliglich
begangen. Bruder Benza Jacob hielt
eine Rede an die ledigen Brüder u. Knaben
in Kryhpen u. sagte: Die selige Marterwoche
ist nun zu Ende, aber wir sehen auch
heute den Heiland nach Seiner Auferstehung
mit dem Zeichen Seiner empfangenen
Wunden an Händen u. Füßen u. in Seiner
[17] heiligen Seite, das soll uns einen ewigen Eindruck
geben, wie viel es ihn gekostet, daß
Er uns erlöset hat u. einen ewigen Abscheu
gegen unsre Sünden erregen, um deren
Willen Er Sein heiliges Blut vergoßen hat
u. das büßen muste, was wir verschuldet
haben. Wie billig wäre es nun, sich
Ihm gleich ganz hinzugeben u. was für
ein gräulicher Gedancke ist es, sich Ihm
vorenthalten, oder gar die Sünden, die
Ihm das Leiden verursacht haben, noch
lieb behalten? Hierauf wurde noch den
Aufgenommenen eine Chorrede verlesen,
Es heißt in ihrem Berichte: Diese gesalbte
Rede bestätigte nicht nur, was wir
in der vorigen gehört hatten; sondern
brachte uns auch ins Andencken, was
für Schmerzen einer oder der andere verursachet,
der sich von der Sünde betrügen
läßt, so daß sie sich selber darüber
hätten anspeyen mögen, dahingegen
die Weide in der Marter Jesu, Leib u.
Seel erquickt u. der Friede Gottes Herzen
u. Sinnen bewahret, daß sie bleiben
in Christo Jesu. Darnach giengen
sie hinaus auf das Feld, schloßen einen
Creis u. sangen noch einige Verse.
[18] Es waren dieses mal mit den Knaben
320 beysammen. In der Liturgie mit
dem Ambrosianischen Lobgesang, bey
den Worten: Laß uns im Himmel
haben Theil mit den Heilgen am ewgen
Heil, erbaten sich die Häuflein die ewige
Gemeinschaft mit den seit verwichenen
Ostern heimgegangenen 11 Personen.
D. 7tn Aprill hörte man in den
Gesellschaften von allen Seiten danckbare
Ausdrücke über den bisherigen
seligen Genuß der Marter Jesu. Von
der Versamlung in Lohdes erzehlte
ein verehlichter Bruder, der eine Zeit
lang ausgeschloßen gewesen, aber am
Charfreitag wieder absolvirt u. angenommen
worden ist, wie gesegnet ihm die
Zucht vor sein Herz gewesen. Die Gelegenheit
habe er vorher nur aus Gewohnheit
besucht u. sey so trocken hinausgegangen
wie er hineingegangen, nun fühle
er neues Leben u. es sey ihm gegenwärtig,
als könne er ohne die Gemeinschaft
nicht mehr leben. Von der Kaukershofischen
Versamlung schreibt Bruder Skester
Peter: Das Wehen wies zu Emaus war,
war auch unter uns heute zu fühlen u.
[19] ob wir gleich den Martermann nicht in
unserer Mitte sahen, so war Er uns
doch unaussprechlich nahe u. blies uns
mit Seinem Lebens-Othem an, das
auch unsere arme Herzen entzündet u.
unsere Augen mit Liebesthränen angefült
hat. D. 14tn wurde den ledigen Brüdern
in Kryhpen nochmals die Chorrede unsers
lieben Bruder Josephs gelesen, über
die Worte: So ist nun nichts verdamliches
an denen die in Christo Jesu sind p.
Es heißt davon in ihrem Bericht: Diese
gesalbte Rede hatten wir wol schon gehört,
allein desto schmackhafter u. nießbarer
war sie uns, da wir sie das erste
mal nicht ganz aus kosten konten.
D. 28tn May begiengen die ledigen Schwestern
die Nachfeyer ihres Chorfestes im Segen,
18 Mädgen wurden zu dem Chor hinzu
gethan. Von den Gesellschaften an diesem
Tage heißt es in dem Bericht von
Benza: Wir müßen dem lieben Heiland
zum Preise nachsagen, daß diesesmal
wenige waren, welche die Zeit mit Klagen
zubrachten; sondern die mehresten
bezeugten, daß sie in ihrer Unterredungs
Stunde manche selige Besuche vom lieben
[20] genoßen hätten. Die Wollmarischen
geschloßenen Häuflein hatten heute die
Nachfeyer des Gedencktages ihrer Verbindung,
welcher am 19tn Aprill war.
Bruder Skester Peter schreibt davon: Ach
du allerliebster, barmherziger u. von
Herzen gnädiger Heiland, wie liebreich
hast du uns heute angeblickt, uns
durch Deinen Heiligen Geist gezeiget, wo wir
gefehlet, daß wir statt der Worte,
nur die Thränen unserer Augen konten
reden laßen. Du vergibest Missethat
Uebertretung u. Sünde u. kanst unsere
Wunden in einem Augenblicke
heilen. Dir trauen wir also zu, was
wir dir nicht versprechen können, nemlich
daß die erste Liebe wieder unter uns
auf kommen möge. Dir sey Ehre von
Ewigkeit zu Ewigkeit Amen! Im Berichte
der Wollmarischen Versammlung in
Brehmda heißt es: Das war wieder ein
Menschensohnstag, wie die Tage der
ersten Erweckung. Der liebe Heiland erneuerte
heute den Bund, den Er damals
mit uns machte, u. was ein jedes armes
Herz dabey genoß, das geht über alle
Worte. D. 5tn May frühe waren
[21] die Kinder Versamlungen. In der zu Lohdes
stelte Bruder Lecka Antsch den Kindern
vor, wie glücklich sie wären, daß
sie schon [in?] ihrer Jugend die schönen Verse
zu genießen bekämen, welche ihre Eltern
so viele Jahre ohne Gefühl u. ohne
sie zu verstehen gesungen hätten. Nachmittag
wurde aus Petri am 2tn Vers
11tn bis zu Ende gelesen. Diese Lection
heist es im Berichte von Pohdin, wurde
wol in der Versamlung der Unaufgenomenen
gelesen; allein alle, Aufgenomene
sowol als Arbeiter, fanden
darinn was für sie gehörte u. manche
mußten sich noch schämen für den Unaufgenommenen,
die viel begieriger
sind, als jene u. gar selten eine Gelegenheit
versäumen. Denen geschloßenen
Häuflein wurden Singstunden gehalten,
davon es heißt in gedachtem Bericht:
Unser Innerstes freute sich Gottes unsers
Heilandes u. von außen hatten wir
einen schönen Frühlings Tag. Wir hielten
zum ersten mal unsere Gesellschaften
im Busch welche mit vieler Munterkeit
des Herzens begleitet waren. Viele
freuten sich auf die Zeit, da sie nicht
[22] mehr nöthig haben, Winckel zu suchen
um mit dem lieben Heiland alleine zu gehen.
u. zu reden u. die Wächter bey den Pferden
die ganze Nacht; die Hüter des andern
Viehes aber, den ganzen Tag im
Umgang mit dem Heiland verbringen u.
sich mit Ihm die Stunden verkürzen
können. Denen geschloßenen Häuflein
In Benza kamen ein paar Eheleute zum ersten mal in die Fremdenstunde u. auf Befragen, was der Zweck ihres Besuchs wäre, antworteten sie aus dem innern Triebe des Herzens: Der so verachteten Lehre vom Creuz anzuhängen u. sie zu genießen d. 8tn Abends erinnerten sich die Arbeiter Versamlungen, so wie am 9tn die geschloßenen Häuflein der Himmelfarth unsers lieben Herrn. In Benza wohnten verschiedene Deutsche den Fest Gelegenheiten mit bey. Auch fand sich eine ledige Lettin zum ersten mal mit ein.
In den Gesellschaften am 12tn bezeugten viele, wie manchen gnädigen Besuch vom lieben Heiland sie in u. außer ihren Unterredungsstunden gehabt hätten. Die Arbeiter bezeugten insonderheit, [23] wie sehr ihnen die Arbeit an den Seelen durch die Lectionen aus der Bibel erleichtert würde, da sie diejenigen, die gegen den Sinn Christi gehandelt hätten, nur an das gelesene erinnern dürften. D. 18tn Abends erinnerte Bruder Benza Laur in der Arbeiter Versamlung in Pohdin: Das Amt des Heiligen Geistes uns die Wunden Jesu zu verklären, sey ihnen bekannt, wie oft aber nicht darauf gemerckt, ja wie oft Er gar betrübt werde, das werde einem jeden sein eigen Herz sagen, sie wolten sich des wegen alle von Ihm absolviren laßen. Dieses erbaten sie sich darauf in einem Gebet auf den Knien. Eben diese Fest-Materie wurde von dem geschlossenen Häuflein am Pfingsttag d. 19tn seliglich betrachtet. Es heißt von diesem Feste überhaupt im Berichte von Benza: Dieses Fest wurde mit vieler Gnade u. seligem Gefühl gefeyert u. zeichnete sich besonders dadurch aus, daß der Heilige Geist viele vor uns verborgene Sachen ans Tages Licht brachte u. zugleich wurde [24] manches Krancke u. Schwache wieder aufgerichtet. Unserm lieben Herrn der es uns mit Blut erworben, sey Lob, Preis u. Ehre u. dem Heiligen Geiste dafür innig Danck gesagt, daß Er Sich unaufhörlich mit uns mühet. D. 26tn sagte ein verehlichter Bruder in der Gesellschaft: Ich hatte vom 2tn auf den 3tn Feyertag eine so selige Nacht, daß ich nicht wußte, wie mir geschahe, gerne hätte ich die Minute Heim gehen u. meinen blutigen Heiland umfangen mögen.
Ein lediger Bruder äußerte sich nach dem Pfingst Fest so: Mein Wunsch ist nur, ach bleib mir immer so, so genüget mir.
Vom 2tn Juny schreiben die Arbeiter der ledigen Brüder: In der Chor Conferenz dachten wir über die mancherley Gebrechen im Chore, suchten die Schuld nicht so wol bey den Brüdern, als bey uns selbst u. weinten vor dem lieben Heiland, über unsere Ungeschicklichkeit. In der Versamlung in Lohdes sagte Bruder Kegala Peter: Wir leben wol jezt in der Arbeits-Zeit [25] da wir mit den äußern Verrichtungen sehr beschäftiget seyn; allein es bleibt uns doch dazu immer Zeit übrig, unsere Unterredungsstunden mit dem lieben Heiland zu halten, wo nicht anders, doch unter u. bey der Arbeit u. da haben wir die Erlaubniß, nicht nur unserthalben u. wegen der uns am nächsten liegenden Hausgenoßen u. Geschwister, mit dem Heiland zu reden; sondern wir können Ihm die ganze Welt empfehlen zum Lohne seiner Schmerzen. Denn das ist der Character eines begnadigten Herzens, daß es sich nicht damit begnügen kan, daß es allein für sich aus Gnaden selig ist, sondern wünscht, daß noch viel tausend mal tausend der Seligkeit möchten theilhaftig werden, die ihnen der liebe Heiland mit Seinem Blute erworben hat.
D. 6tn wurden Conferenzen wegen der Pflege der Kinder gehalten. D. 9tn sagte Bruder Benza Jehcob[WS 3] zu den Kindern in Benza: Lieben Kinder! Das Kinderherz habt ihr nicht von euch selbst, sondern ihr habt es erst in der Taufe erhalten, da eure Herzen mit dem [26] Blut u. Waßer, das aus dem Herzen Jesu, bey der Eröfnung Seiner Heiligen Seite gefloßen ist, sind besprengt u. von allen Sünden gewaschen worden. Dieses Blut erhält euch nun das Kinderherz u. wenn ihr es verloren habt, so müßt ihr es da wieder suchen wo ihr es zum ersten mal bekommen habt. D. 16tn sagte Bruder Benza Jehcob in der Versamlung in Benza: Die wahre Herzens Bekehrung geschiehet durch Jesu Leiden. Unter dem Blick auf unsern gecreuzigten Heiland, werden wir wie neu geboren u. die Früchte der neuen Geburt, zeigen sich dann auch, nemlich die Feindschaft gegen die Sünde u. gegen alles, was dem lieben Heiland zuwieder ist. D. 24tn als am Johannes Tage waren früh die Versamlungen der Kinder. Bruder Kegala Peter sagte zu denen, die in Lohdes versamlet waren, unter andern:
Das Heutige Fest ist ein Lehrfest für die Kinder, weil die Geschichte deßelben sehr lehrreich für sie ist. Der kleine Johannes lehret sie, daß auch [27] so kleine Kinder mit dem Heiland umgehen können. Der kleine Johannes sahe den Heiland nicht, fühlte aber Seine liebe Nähe so kräftig, daß er vor Freuden hüpfte. So können auch unsere Kinder wenn sie Ihn gleich nicht sehen Ihn dennoch nahe fühlen u. sich Seiner von ganzem Herzen freuen. Der liebe Heiland hat auch die Kinder so lieb gehabt, daß Er ihnen gleich Raum verschafte, wenn die großen Leute sie hindern wolten, zu Ihm zu kommen. So macht Er es auch noch diese Stunde, Er räumt ihnen die Hinderniße aus dem Wege. Dieses u. noch tausend Wohlthaten habt ihr von Ihm zu genießen. Aber über alles gehet dasjenige, was euer Versel sagt: Du hast mich in der Heiligen Taufe zum Kindelein geweyht. Das Blut u. das Waßer das aus Seiner Heiligen Seite am Creuze floß, hat euch begoßen, das erhält euch nun das Leben u. s. w. Darauf fiel er mit den Kindern auf die Knie, empfahl sie der Liebe des Heilands u. der [28] Pflege des Heiligen Geistes. Die Kinder hatten eine außerordentliche Gnaden u. Segens Stunde. D. 30tn sagte Bruder Kegala Peter in der Versamlung in Lohdes: Der Umgang mit dem lieben Heiland hat auf alle unsere Arbeit einen seligen Einfluß, unser Pflügen, unser Säen, unser Heu machen, unser Einerndten, kurz alles gehet gut u. leicht vonstatten, wenn es im Umgang u. in der Nähe des Heilands verrichtet wird. In den Gesellschaften wurde mit Vergnügen gehört, was der liebe Heiland in diesen schweren Arbeits-Monaten an den Herzen gethan hat. Die Gnade, heißt es im Bericht von Benza, ist nicht nur an den Herzen kräftig gewesen, die mit Ihm bekannt sind; sondern wir haben auch die Freude zu sehen, wie manche von den besuchenden Fremden kräftig angefaßt worden sind. Wir beschloßen also heißt es ferner in gedachtem Berichte diesen Monat u. dieses 1te halbe Jahr bey allen unsern unzehlichen Mängeln u. Gebrechen, die wir je länger je mehr inne werden, dennoch mit herzlichem Lob u. Danck gegen Den, der niemanden, der zu Ihm komt, leer von sich läßet. – – Ihm sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.
[29]
II.) Auszug aus dem Diario der Geschwister zu Nain in Labrador vom Anfang Nov. 1772 bis zum 29tn Sept 1773
Mit dem wahren Gefühl unsers ungeschickt
seyns zu dem, was wir unserm lieben
HErrn seyn solten; aber mit inniger Sehnsucht
unsers Herzens, Ihm immer mehr zur
Freude zu werden, u. mit gläubiger Hofnung
sezen wir auch dieses Jahr unser Diarium
fort. Zuvörderst grüßen wir dich liebe
Gemeine mit danckbarem Herzen für dein
treues Theilnehmen in Gebet u. Handreichung
u. können mit kindlich gebeugtem Herzen
mit Paulo sagen: Wir wißen, daß es
uns gelinget zur Seligkeit durch euer
Gebet u. durch Handreichung des Geistes
Jesu Christi. Gewiß alle unsere lieben
Brüder u. Schwestern, werden mit uns unsern
HErrn loben u. Ihm dancken für
Seine an uns im vergangenen Jahr erwiesene
Gnade u. treue Bewahrung von
Innen u. außen. In den ersten Tagen
des Nov. 1772 waren wir sehr beschäftiget,
damit das Schiff welches von England
hier war, bald möglichst wieder zurück
kehren könne. Der Capitain Mugford
wünschte dieses selbst gar sehr, theils aus
[30] Furcht vor den in dieser Jahres-Zeit einfallenden
Stürmen, theils auch weil er besorgte,
das Schiff möchte bey längerem
Aufenthalt ein frieren. In Ansehung
des lezteren aber glauben wir, so viel
man den Erzehlungen der Eskimos u. unserer
ein jährigen Bemerckung trauen
kan, versichern zu können, daß es hier
nicht eher als zu Anfang oder in der Mitte
des Dec. ganz ein friert. Nach der
Ankunft des Schiffes hatten sich nicht
nur diejenigen Eskimos die es zuerst
angetroffen, sondern auch andere auf die
Nachricht davon, bald bey uns eingefunden.
Es wurde ihnen aber gesagt, daß wir
so lange das Schiff hier läge nicht Zeit
hätten Besuch von ihnen in unserm Hause
an zu nehmen, weil wir unsern Geschwistern
in Osten unsere Gedancken
schreiben müsten, wenn sie aber etwas
zu verhandeln hätten, so würde Bruder
Theobald zu ihnen kommen. Sie haben sich
in der Absicht so wol auf geführt, daß
man sich darüber gefreuet hat. D. 5tn
Nov. früh da unser lieber Captain Mugford
ans Land kam u. bey einem Zelt
vorbey gieng, hörte er, daß ein Eskimo
[31] eine lange Zeit in einem besondern Ton
redete u. da er hinein sah, fand er, daß
es der so genannte Capitain Kettornak
wäre. Er kam darnach zu uns u. sagte
uns: Er glaube daß der Kettornek zaubere.
Wir hatten nicht gehört, daß derselbe je
dergleichen getrieben hatte. Bruder Jens Haven
gieng daher mit gedachtem Capitain
zu gedachtem Zelt u. fand den Kettornak
noch murmelnd, derselbe that nemlich
über des Manuina kränckliche Schwester
nach ihrer Art Wünsche, denn zaubern
kan man dieses eigentlich nicht nennen,
weil es, wie wir erfahren haben alle
Manns u. Weibsleute ohne Unterschied
thun u. sie außer dem, ihre besondere
Angekoks u. Illiseetsoks haben. Lezteres
sind Zauberinnen. Von einer solchen
Illiseetsok will ich bey der Gelegenheit einen
Umstand anführen, der vorigen
Sommer ehe die Eskimos auf die Renthier
Jagd giengen, vor kam, u. in unserm
vorigen Bericht, nicht ist erwehnt worden.
Diese Zauberinn war die Frau
des Milliks des Bruders des Pattigo
die etwa 30 Jahr alt seyn mag u. nicht
von dem Tümsten ihres Volcks ist. Man
[32] erzehlte von ihr, daß sie von ihrem Torgnak
in das innere des Landes entzückt
gewesen sey u. daselbst unzehliche Renthiere
gesehen habe. Als die Eskimos darauf
auf die Renthierjagd giengen, sollen
sie auch gar viele angetroffen haben
wie wol nur wenige davon bekommen.
Capitain Mugford ließ dem Capitain
Kettornak durch Bruder Jens Haven sagen:
Jezt kan ich dich nicht mehr für
einen Capitain erkennen weil ich u. andere
Capitains nie Angekoksiren oder sonst
etwas dergleichen thun, der arme Kettornek
wurde hierüber so bestürzt, daß sich
seine Farbe veränderte u. er ließ unserm
Capitain wieder sagen, er wolle
es nicht mehr thun, der selbe möchte ihn
nur ferner für einen Capitain erkennen.
Capitain Mugfurd ließ ihm antworten:
Dieses Jahr kanst du kein
Capitain seyn, wenn ich künftiges Jahr
wieder komme u. nichts übels von dir
höre, so will ich dich wieder als Capitain
ansehen. Bey der Gelegenheit wurde in
Gegenwart des Capitains, den hier
befindlichen Eskimos von Bruder Jens
Haven, die uns dieses Jahr zu gesendete
[33] Proclamation des Herrn Gouverneurs
Schuldams: daß die Eskimos nicht nach Süden
fahren solten, erklärt u. bekannt gemacht.
D. 6tn früh machten sich die Eskimos
fertig von hier nach ihren Winter
Pläzen abzufahren. Sie wurden
nochmals erinnert u. gebeten, ja nicht zu
vergeßen was sie in diesem Sommer von
ihrem Schöpfer u. Erlöser gehört hatten; sondern
fleißig daran zu gedencken, daß
Er aus Liebe zu uns gefallenen sündigen
Menschen in die Welt gekommen u. ein
Mensch wie wir u. sie geworden sey, viele
Schmerzen u. den Tod am Creuz erlitten,
ja alle Sein Blut vergoßen habe, um
uns Gnade u. Seligkeit zu erwerben,
die wir jezt durch gläubiges Annehmen
Seines Verdienstes genießen könten, die
wir ihnen aus eigner Erfahrung bezeigten,
welches auch die einzige Absicht sey, aus
der wir in dieses Land gekommen.
Verschiedene von ihnen fuhren auf die
benachbarten Inseln u. wir freuen
uns, daß wir doch einige in der Nähe
behalten so daß man sie, wenn es die
Kälte zuläßt besuchen u. auch an ihren
Wohnpläzen ein Zeugniß vom Heiland ablegen
[34] kan. Das heilige Abendmahl welches 8 Tage
wegen Ankunft des Schiffes ausgesezt
worden war, genoßen wir d. 7tn mit unsern
lieben Brüdern John Hill u. Wolfus
aufs seligste, zum neuen Segen u. Stärkung
für unsere Herzen u. hoffentlich
auch zum bleibenden Eindruck für unsern
lieben Capitain Mugford, der dabey auf
sein Verlangen zusahe. D. 8tn früh nach
9 Uhr segelte das Schiff mit unsern guten
Wünschen von uns ab. Bruder Stephan
Jensen nebst 4 ledigen Brüdern begleiteten
daßelbe mit unserm Boote um ihn
bis vor die Insel hinaus als Lootse zu
dienen. Die Brüder Brasen u. Joseph
Neißer giengen mit dem Schiff bis an
die Norder Hucke unsers Landes, wo
sie nach herzlichem Abschied ans Land
giengen u. nebst Geschwister Schneiders,
Havens mit ihrem Söhnlein u. Bruder
Wolfus die zu Lande dahin gegangen
waren, sich über die glückliche Abfahrt
des Schiffes freuten. Die Brüder Drachard
u. Theobald u. die Schwester Brasin
waren zu Hause bey einem Eskimo
nebst seiner Frau die Vormittag zum
Besuch gekommen waren. Er kam im
[35] Kajak u. hatte seine Frau hinten auf dem
selben auf dem Bauch liegend hergebracht.
Ihre Winter Wohnung haben sie etwa
4 Stunden südwärts von hier auf Satorsoak.
Es war der junge Angekok
Keminguse. Er u. eine von Mikaks
Schwestern nebst ihrem Manne haben vor
einiger Zeit zu verstehen gegeben, daß
wenn wir es ihnen nur heißen wolten
sie nicht un geneigt wären, den Winter
bey uns zu wohnen. Es ist den Eskimos
überhaubt bey Gelegenheit von
den Brüdern, die mit ihnen reden können
gesagt worden, daß es ihnen sehr
lieb wäre, wenn einige von ihnen, wenn
es auch ohne Zahl wäre /: ohne Zahl
sagt man bey ihnen wenn es über 6 ist :/
bey uns wohnen wolten. Jedoch müßten
sie gar nicht erwarten, viel weniger
drauf rechnen, Lebens Mittel von
uns zu erhalten, weil wir von Osten
nur so viel bekommen, als für uns nöthig
wäre, dagegen könten sie fast immer
wenn die Kälte nicht zu gros sey, auch
im Winter auf dem Eise Seehunde fangen,
wenn sie fleißig seyn wolten. Oberwehnte
Eskimos fuhren Nachmittags wieder ab. D. 10tn
[36] kamen unsere Brüder mit dem Boot zurück.
Sie konten uns nicht genug erzehlen, wie
gut es der HErr mit Wind u. Wetter gefügt
hatte. Da sie d. 8tn gleich Nachmittags
in den geraden Auslauf zur See, mit
dem Schiff gekommen waren, musten sie
wegen Windstille u. widrigen Stroms
den Ancker fallen laßen u. lagen daselbst
bis den andern Morgen einige Stunden
vor Sonnen Aufgang, da sie sehr guten
Wind bekamen u. weil es Sternhelle
war, gleich unter Segel gingen. Unsere
Brüder begleiteten sie noch weiter in die
Inseln hinaus, hattens aber ziemlich schwer
mit dem Boote, gegen den Wind zu
rücke zu kommen. Sie kamen doch glücklich
auf einer Insel an, wo sie Zelt machten.
Um 10 Uhr Vormittags sahen sie
noch von der höchsten Spitze der Insel
das Schiff in großer Entfernung u.
verloren es bald aus den Augen.
Sie musten den Tag u. die Nacht auf
der Insel wegen widrigen Windes bleiben
u. kamen erst heute glücklich bey
uns an. Wir waren alle danckbar u.
froh u. haben zu unserer Beugung u.
Beschämung Gottes Wunder Hand in
[37] dem glücklichen Gange des Schiffes in
diesem, wie im vorigen Jahre gesehen.
Wie wol es im Sept schien als wolte
der Winter mit Macht herein brechen,
so haben wir doch seit dem sehr schönes
Wetter gehabt u. aller Schnee ist so weg
geschmolzen daß es wie im Sommer aus
sahe. Diesen Abend aber u. d. 11tn den
ganzen Tag hatten wir starcken Ostwind
mit Regen u. Schnee u. dazwischen
Hagel, welches hier etwas seltenes
ist. Die Nacht drauf war ein heftiger
Sturm. D. 12tn da es wieder schön Wetter
war fuhren einige Brüder mit
dem Boot in die Norder Bucht hinter
Nains Berg, um das Gras, welches
am 9tn u. 10tn von den zu Hause
gebliebenen Brüdern geschnitten
worden, für unsere Schaafe u. einige
Ziege abzuholen. Wir sind für die
selben unsern Geschwistern sehr danckbar
u. hoffen, daß sie unserer Haushaltung
nüzlich seyn werden, wenn
wir sie nur im Sommer vor den Hunden
der Eskimo schüzen können, welche
gleichsam zahme Wölfe sind u. kein
Thier verschonen, das sie erreichen können.
[38] Der Ziegenbock den wir im vorigen
Jahr übrig behielten wurde einmal
als er uns unwissend zu freßen aus
gieng sogleich von den Hunden der Eskimos
u. ein andermal von unsern
eigenen Hunden, da er mit ihnen freßen
wolte, so übel mitgenommen daß wir
ihn schlachten musten. Wir haben an
einigen entfernten Orten Pläze gefunden
wo gut Gras wächset so daß wir
sie künftig des Winters durch bringen
werden. Sie freßen auch Spruce eine
Art Tannen Reisig, woraus wir unser
Bier brauen. Auch haben uns Bruder
Hill u. der Capitain ein gut Theil der
über gebliebenen Heringe, die sie zum
Fischfang auf den Bancks brauchen, zurück
gelaßen, welche wir auch zu Fütterung
der Schaafe zu brauchen hoffen,
wofür wir, so wie für alle über sandte
Lebens-Mittel u. besonders auch
für die Geschencke einiger Geschwister von
Herzen danckbar sind. D. 13tn empfahlen
wir uns mit der ganzen Brüder Kirche
unserm theuren HErrn u. Aeltesten u.
verbanden uns beym Kelche zu neuer
Diener-Treue. Wir erquickten uns in
[39] diesen Tagen besonders an den übersandten
deutschen u. englischen Loosungen u.
an den Gemein-Nachrichten, die uns
eine wahre Weide fürs Herze sind u. uns
zu Herzlichem Danck gegen unsern lieben HErrn
u. unsere lieben Geschwister reizen. In der Beter
Versamlung am 14tn bekante sich
unser lieber HErr auf das innigste zu
uns. Sonst wurde diese Woche bey
hohem Waßer, mit dem Boot, Brennholz
unter dem Sophienberg gegen uns
über abgeholt. Bey zu nehmender Kälte
in den folgenden Tagen, fieng der
Strand an sich mit Eis zu belegen. Sonst
aber fror es noch nicht zu. Da das
Waßer noch offen war, u. die Witterung
es zuließ, brachten wir die Fuchsfallen
mit dem Boot nach der Süder u.
Norder Bucht. Wir haben auch in dieser
Zeit, da das Land fast mit Schnee
bedeckt ist, bey 30 Ripper bekommen
wofür wir sehr dankbar sind, denn es
ist das einzige frische, das wir den
Winter über erhalten. Das Häusgen
welches wir im vorigen Sommer gebaut
haben, dienet unter andern unserm
Bruder Wolfus zu seinem Böttger Handwerck
[40] worauf er sich bis her eingerichtet hat. D. 3tn
Dec. war unser Haven u. die ganze Bucht
bey einer Kälte von 10 Grad unter 0 oder
42 unter dem Eispunct ganz zu gefroren.
Sie gieng aber Tags darauf da es gelinder
wurde, wiederum auf. In der Beter-Versamlung
d. 5tn baten wir Gott den Heiligen
Geist, daß Er das seligmachende Wort,
welches die Eskimos von uns gehört haben,
auch in dieser Zeit, da wir sie u. sie uns
nicht besuchen können, selber in ihren Herzen
u. Gedancken erinnerlich machen wolle.
Wir wünschen u. freuen uns im Geist
nach Seinem gnädigen Willen, bald die
erste um Gnade in Jesu Blut weinende
Seele, von dieser armen u. noch
im finstern tappenden Nation zu sehen.
Da jezt das Land völlig mit Schnee
bedeckt ist, so machten wir diese Woche
den Anfang wie voriges Jahr 3
mal in der Woche zu den Fuchsfallen
zu gehen, es fror auch bald das Wasser
dergestalt zu, daß wir auf dem
Eise hin kommen konten u. d. 21tn wurde
der erste Fuchs von Silberfarbe nach
Hause gebracht. Auch haben wir vom
18tn Nov. bis zum 23tn Dec. 127 Ripper
[41] u. 2 weiße Haasen bekommen. D. 24tn freuten
wir uns bey einem Liebesmahl der Geburt
unsers HErrn u. Heilandes, brachten Ihm
unsere Herzen zum Opfer dar u. fleheten
ihn an, daß Er auch bald die Einwohner
dieses Landes, zum Genuß, der durch
Seine Menschwerdung u. Tod erworbene
Segen bringen wolle. In den folgenden
Tagen erbauten wir uns an verschiedenen
Reden von der Fest-Materie, die
wir uns lasen. D. 27tn sangen wir
uns zum ersten mal den Lobgesang
zum Sohne englisch. Wir werden auch
künftig die Liturgien abwechselnd englisch
u. Deutsch halten, wie schon mit der
Litaney u. Bibel Lection geschehen ist.
Zum Schluß des 1772 Jahres, hatten wir
in der 10tn Stunde ein Liebesmahl lasen in der
12tn Stunde erst die Rede, die Bruder Johannes
voriges Jahr bey dieser Gelegenheit gehalten
hat, erinnerten uns darauf kürzlich
einiger Wohlthaten, die uns unser
lieber HErr im Innern u. Aeußern erzeiget
hat, sangen da es 12 Uhr war, auf den
Knien: Nun Dancket alle Gott p.
u. lasen darauf das Gebet des Bruder
Johannes, welches recht zupaßend war.
[42] Wir danckten unserm lieben HErrn besonders
für den monatlichen Genuß Seines Heiligen
Sacraments u. daß wir unsern Gottes-Dienst
in ungestörter Ruhe haben halten
können, dabey verlangte uns aber gar
sehr, bald wieder einige Eskimos zu sehen,
da es uns bisher nicht möglich gewesen
ist, zu ihnen zu kommen. Wir fanden
zwar auch viel Ursache uns ins
ganze u. jedes insonderheit zu schämen,
aber auch dabey fühlten wir Sein viel
Vergeben u. Sein gnädiges Bekentniß
zu uns. Wir danckten Ihm für die
Gnade, daß wir auch in diesem Jahre
mit der hiesigen, Gottlob uns liebenden
Nation, in gutem Verständniß gelebt
haben u. müßen mit Beugung
bekennen, daß das Zeugniß des Evangelii
seine Kraft an den Herzen der
Eskimos bewiesen, wovon wir künftig
noch mehr Früchte zu sehen hoffen.
Wir trauen es Ihm kindlich zu daß
Er uns bald den Zweck unsers Hierseyns
werde erreichen laßen. Er schencke uns
nur die Gnade, in Liebe u. Einigkeit
als ein Mann vor Ihm zu stehen u.
Ihn kindlich anzublicken. Die treue
[43] Theil nehmung unserer Geschwister im
Innern u. Aeußern u. insonderheit die
Fürsorge der Missions Deputation, der Societaet
zur Förderung des Evangelii u. der
lieben Rhederer die jährlich mit Dranwagung
ihres Vermögens ein Schiff hieher schicken,
reizet uns zum herzlichsten Danck. Wir
hoffen auch, daß so wohl zum Handel,
als zu unserm eignen Unterhalt, sich
künftig immer beßere Gelegenheiten zeigen
werden. Wir erinnerten uns auch
mit Erkentlichkeit des treuen Schuzes den
uns der HErr durch Seine Engel angedeyhen
laßen, bey unserm Bau u. beym
ausfahren mit dem Boot im Herbst, da
es bey den starcken Winden, die zu der
selben Zeit, von dem bergigten Lande
herwehen, nicht ohne Gefahr abgehet, so
erinnerten wir uns auch danckbarlich,
der gnädigen Bewahrung, die wir in den
harten Winter-Monaten bey unsern
Ausgängen auf die Jagd u. sonst erfahren
haben, daselbst 2 junge starcke Eskimos,
die auf ihrem Schlitten aus
der Norder-Fiorte fuhren, erfroren
sind, u. unzehliche Beweise Seiner
Gnade u. Treue wären noch anzuführen,
[44] ja wie Vieles ist uns auch davon unbekant
geblieben. Dafür Ihm unendliches
Lob u. Preis gebühret, dafür Ihm unendliches
Lob u. Preis gebühret. Das
Nainsche Gemeinlein, welches durch das
Söhnlein der Geschwister Havens u. durch
Bruder Wolfus vermehrt worden, besteht
beym Schluß dieses Jahres aus 3 Ehepaaren
1 Wittwer 8 ledigen Brüdern u. ein
Knäbgen überhaupt aus 16 Seelen.
1773 d. 5tn Jan. wurden wir durch den
Anblick eines Schlittens erfreut auf
welchen 3 Manns u. 2 Weibsleute von
den Südwärts in den Inseln wohnenden
Eskimos zum Besuch kamen. Es
war uns besonders lieb, noch einige
vor dem Heidenfeste zu sehen. Die Brüder
Drachart, Schneider u. Jens Haven erzehlten
ihnen von der Festmaterie, daß wir
uns nemlich in dieser Zeit, besonders
der Geburt unsers u. ihres Schöpfers
freuten u. Ihm danckten, daß Er für
uns Mensch geworden, unsere Sünden-Last
u. Strafe auf Sich genommen, dafür
gebüßet, große Schmerzen ausgestanden,
Sich ans Creuz schlagen laßen u.
all Sein Blut vergoßen habe, wodurch
[45] wodurch Er uns nun wenn wir von Herzen
an Ihn glauben, von den Sünden u. allem
Bösem reinige. Sie hörten aufmercksam
zu u. nachdem es ihnen d. 6tn wiederholt
worden, fuhren sie nach ihrer Wohnung
etwa 6 Stunden von hier zurück. Einer
sagte beym Weggehen zu Bruder Jens Haven:
Ich habe recht gute Worte gehört. D. 11tn
besuchten uns wieder 2 Eskimos. Der
eine war der junge Angekok Keminguse
der in der Lehre ist u. wie der alte
Angekok heißet. Dieser leihet doch seine
Ohren her, etwas gutes zu hören u. scheint
Neigung u. Liebe zu uns zu haben.
D. 19tn besuchten uns Pattigo u. sein Bruder
Millik nebst ihren Weibern u. noch
einem Manne u. Kinde, welches das
eine Weib nach Art der Grönländerinnen
auf dem Rücken trug. Sie wohnen
auf eben der Insel, Niutak genannt,
wo die ersten Besucher in diesem Jahr
her waren. Sie hatten Neigung etwas
vom Heiland zu hören. Millik fieng des
Abends von selbst an zu sagen: Wir
sind die einzigen, von dieses Landes
Einwohnern, die Europäer bey sich wohnen
haben u. wir sind dafür danckbar
[46] weil wir hier kaufen können was wir
brauchen. Bruder Jens Haven gab ihm u.
den andern Eskimos die dabey waren,
zur Antwort: Wenn ihr nur erst recht
erkennen lerntet, warum wir eigentlich
hergekommen sind, dieses ist nur eine
Nebensache. Wir dienen euch zwar gerne
mit dergleichen Handels Waaren, weil
ihr sie nöthig habt, darum haben wir
sie gekauft u. mit genommen. Aber
der eigentliche Zweck, warum wir in
euer kaltes u. rauhes Land gezogen
sind, ist, euch mit eurem Schöpfer u.
u. Erlöser bekant zu machen. Ihr wißet
ja, daß alle Menschen im Herzen böse
Gedancken haben, als Stehlen, Huren,
Todtschlagen p. ja daß sie sich von
dem bösen Geiste regieren laßen, darum
hat unser Schöpfer selbst, um uns
u. euch zu reinigen, von alle dem Bösen,
auf die Erde kommen müßen u. Er wurde
Jesus Christus genannt. Er hat Sein
Blut vergoßen u. ist am Creuze gestorben,
3 Tage lag Er in einem Grabe
u. weil Er Gott unser Schöpfer u. das
Leben selber war, wurde Er wieder
lebendig u. fuhr darnach gen Himmel.
[47] Nun hat Er uns von dem in uns liegenden
Bösen u. von dem bösen Geist
erlöset, darum nennen wir Ihn Annaursirsok.
Wer nun von dem Bösen
befreyet seyn, selig u. vergnügt auf Erden
leben, u. zu Ihm in den Himmel kommen
will, der muß an Ihn glauben
u. mit Seinem Blute gewaschen werden,
u. s. w. Sie waren alle sehr aufmercksam
dabey. Das war für uns ein vergnügter
Abend. Wir erinnerten uns
zugleich, daß heute vor 40 Jahren die
ersten Boten von Herrnhuth nach Grönland
gegangen, u. daß heute vermuthlich
einige daselbst getauft worden
sind, welches wir auch bald hier zu erleben
wünschten. Vor dem Schlafen gehen
sangen wir die den Eskimos bekante
Verse. Es sind diesen Winter unter
ihnen 5 erwachsene Mansleute u.
Weibsleute aus der Zeit gegangen,
welches eine Regung unter ihnen macht
u. verursacht daß sie aufmercksamer
sind, etwas Gutes zu hören. Es ist
uns doch lieb, daß bisher keiner von
ihnen, auf unserm Lande aus der
Zeit gegangen ist, weil sie gemeiniglich
eine Abneigung gegen den Ort bekommen,
[48] wo jemand stirbt. Des Milliks
Frau eine Illiseetsok oder Wahrsagerinn,
hat, weil kein Angekok in dem Hause war,
wo die Leute verstorben sind, ihre Kunst
recht getrieben. Sie kam heute zu Bruder
Drachard u. sagte: Ich bin sehr betrübt.
Frage, worüber? Antwort: ich möchte wissen,
ob die Verstorbenen vergnügt sind?
Bruder Drachard erwiederte: Sie verlangen
nicht wieder zurück. Ich wolte gern
wißen sagte sie, ob ihre Seelen an einem
guten Ort wären? Das weiß ich
nicht, sagte Bruder Drachard, aber das
weiß ich, wer mit des Heilands Blut
gewaschen wird, u. alsdann aus der
Zeit gehet, deßen Seele komt gewiß an
einen guten Ort p. Millik sagte auch,
wo ich bin oder gehe, dencke ich an die
Worte, die ich hier vom Heiland gehört habe.
Wir waren über diese Unterredungen
mit ihnen danckbar, u. freuten
uns des Heiligen Geistes Gnaden-Arbeit
an ihren Herzen wahr zu nehmen. D. 20tn
Vormittag fuhren sie wieder weg, d. 22tn
kam ein Mann zu Fuß auf dem Eis
von dem nächsten südlichsten Wohnplaze,
mit seiner Frau einer Schwester
der Mikak uns zu besuchen. Er ist
[49] von munterer u. etwas wilder Art, er
hält nicht gerne lange aus, wenn mit
ihm vom lieben Heiland geredet wird. Da Bruder
Drachart mit ihm u. seiner Frau vom
Heiland reden wolte, sagte er: Das
weiß ich, da er weiter gefragt wurde,
was weißt du? laß es mich hören,
so erzehlte er die Geschichte von des
Heilands Leiden ganz ordentlich her. Aber
erzehlst du es auch deinen Landsleuten,
sagte Bruder Drachart? Er erwiederte,
ich erzehle es meiner alten Mutter,
u. denen, die bey mir im Hause wohnen.
Er gieng d. 23tn gegen Mittag,
wieder nach Hause mit seiner Frau.
Die Kälte war die vergangene Woche anhaltend streng, so daß das Quecksilber Morgens u. Abends alle mal etlich 30 bis 40 Grade [unter] 0 das ist 74 Grad unter dem Eispunct gestanden, d. 25tn hatten wir Gemeintag. Auf die strenge Kälte folgte d. 27tn ein starcker Sturm aus Norden mit Schnee der bis d. 30tn anhielt. An diesem Tage Nachmittag kamen einige Eskimos zum Besuch u. brachten wie die vorigen die hier besucht haben, ein gut [50] Theil Seehund Speck zum Verkauf. 3 von ihnen giengen noch denselben Abend zurück, weil der Eigenthümer der Schlitten u. der meisten Hunde selbst herkommen will, um Seehund Speck zu verkaufen. Da nun die Kälte etwas nachgelaßen hatte; so giengen die Brüder Schneider u. Turner mit ihnen zum Besuch nach ihrem Wohnplaz. Ein Mann mit seiner Nebenfrau welche etwa 13 Jahr alt seyn mag u. die er diesen Winter genommen, blieb bey uns über Nacht u. da d. 31tn ein heftiger Sturm mit Schnee einfiel, so giengen sie erst d. 1tn Febr. Vormittag zu Fuß nach Hause. Man wiederholte ihnen das Wort von ihrem Schöpfer u. Heiland u. sie haben es nach ihrer Art stille u. ruhig angehört. Sie sind auch mit in unsere Gelegenheiten gegangen, welches gewöhnlich alle Eskimos thun, die hieher kommen u. sie lernen immer von Zeit zu Zeit sich ordentlicher aufführen. Da die Kälte diesen Morgen wieder gestiegen war, so wünschten wir sehr unsere 2 Brüder wieder bey uns zu haben u. Abends in der 7tn Stunde [51] kamen sie mit Millik u. seiner Frau wieder bey uns an.
Von ihrem Besuch meldet Bruder Schneider folgendes: „Wir kamen Abends da es schon finster war, bey der Innuit Wohnung an, wo 2 Häuser u. in jedem Haus etwa 20 Personen waren. Ein Mann wieß uns auf seinem Wohnplaze eine Schlafstelle an. Als wir uns niedergesezt hatten, kam alles Volck, so viel nur kommen konte, um uns herum. Ich sagte ihnen den Zweck unsers Besuchs, nemlich ihnen angenehme Worte von ihrem Schöpfer u. Heiland zu sagen, der die Menschen so lieb hat, sie sagten: wir wollen gerne hören. Ich verkündigte ihnen dann den Tod des Herrn, Seine Wunden u. Sein Blut, womit Er alle Menschen erkauft hat, daß sie Sein Eigenthum seyn solten. Es hörte alles aufmercksam zu. Wir giengen noch in das andere Haus, weil es aber schon spät in der Nacht war; so hatten sich die meisten schon zur Ruhe gelegt, doch hatte ich mit einem Mann u. seinen 2 Weibern liebliche Unterredungen vom Heiland. D. 31tn hielt ich die Versamlung über die Worte: Also hat Gott [52] die Welt geliebet, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab auf daß alle die an Ihn gläuben, nicht verloren würden sondern das ewige Leben haben. Einige sagten während der Rede: Wir glauben, wir wollen Ihn lieb haben, wir wollen nicht verloren gehen u. in der Irre bleiben, sondern zum Herrn Jesu in den Himmel kommen. Hernach besuchten wir in dem andern Hause u. verkündigten ihnen Jesum den gecreuzigten, der für alle Menschen Sein Blut vergoßen hat, durch welches wir ein neues Leben ins Herz bekommen. Einige hörten aufmercksam zu. Weil sie nach ihren Familien eingetheilt waren, u. jeder seinen Stand bis an die Decke umzogen hat, so daß man, wenn man bey der einen Familie ist, die andern nicht sehen kan; so besuchten wir alle Familien, redten vom Heiland, u. sangen Verse mit ihnen. In einem Stande wo 3 Wittwen beysammen waren, deren Männer im Herbst gestorben, erzehlte uns die Eine: Daß ihr Mann Namens Anauke gesagt hätte, da er kranck gelegen: Er wolle zum Herrn [53] Jesu in den Himmel gehen, der die Menschen so lieb hätte, welches uns erfreulich zu hören war, u. so verbrachten wir diesen Tag bey ihnen vergnügt. Des Abends aber, da wir uns nieder gelegt hatten, musten wir auch erfahren, wie der Fürst der Finsterniß noch unter diesem Volck herrschte u. sein Werck unter ihnen hat. Weil diesen Tag ein gewaltiges Schneegestöber mit Sturmwind war, u. sie nicht auf den Seehundfang ausgehen konten, so kamen des Abends die Leute aus dem andern Hause in dasjenige, wo wir uns aufhielten, weil des Milliks Frau einen Torngak oder wahrsager Geist haben soll, durch welchen sie gut Wetter schaffen, die Seehunde aus der Tieffe hervorbringen u. die Gegend u. Pläze anzeigen könne, wo dieselben ihre Löcher durch das Eis haben, wo sie Luft schöpfen, ja sie soll auch die Renthiere laufen sehen u. anzeigen können, wo die meisten zu bekommen sind. Es wurden daher alle Lampen ausgelöscht u. das Haus stockfinster gemacht. Dann fieng sie an mit einem tiefen Seufzen, Aechzen u. Getöse, ihren Torngak herbey zu holen bis sie anfieng Worte auszustoßen [54] zuweilen mit einer heftigen lauten Stimme daß das Haus erschüttern möchte u. wenn sie ein wenig still war, so wurde ihr hie u. da aus dem Hause zugerufen u. sie gefragt, was der Torngak sagte, u. dann fieng sie wieder auf die obige Weise an bis es der Torngak etwa nach ihrem Sinn getroffen hatte. Dann fieng das ganze Volck an, in einem Tone zu singen, nach der heidnischen Grönländer Weise. Da der Gesang zu Ende war, fuhr der Torngak fort wie vorhin u. wurde immer dazwischen mit Gesang vom Volcke begleitet. Endlich geschah ein entsezlicher Knall, als wenn das Haus zusammenfallen solte, da sie vermuthlich mit einem Stock an ein ausgespantes Fell geschlagen. Nach diesem begab sie sich mit ihrem Torngak von der Pritsche herunter in das Haus, focht wie mit einer Peitsche herum, schlug hie u. da an, begab sich vor den Eingang des Hauses, stampfte mit den Füßen, machte einen grausamen Lerm u. brachte wunderliche Stimmen hervor, so daß hie u. da einer unter dem Volck lachte. Da rief ich unserm Hauswirth, dem Millik zu: er solte ihn heißen aufhören u. die Lampen [55] anzünden. Wenn sie keinen andern Torngak hätten als den, der tauge ganz u. gar nichts, das wäre ein böser Geist, der in der Finsterniß herrschte, denn alles lache ja nur über ihn. Er befahl auch gleich aufzuhören. Es rief aber einer aus dem Volck: so thun wir, das ist der Innuit Gewohnheit. Dann stimten sie alle zugleich noch einen kurzen Gesang an u. darauf war es zu Ende. Es hat bey einer guten Stunde lang gewährt, dann wurden die Lampen angezündet u. noch ehe das Haus ganz lichte war, so war schon alles Volck auseinander u. ein jedes lag auf seiner Schlaf-Pritsche so still als wenn nichts gewesen wäre. D. 1tn Febr. frühe, redte ich mit einem von der Nähe Jesu angethanem Herzen u. Augen voll Thränen, von dem Wahrhaftigen Lichte, das in die Welt gekommen ist, die Menschen zu erleuchten, welches der HErr Jesus selbst sey, der Sein Blut vergoßen habe, um dadurch die Menschen von dem bösen Geiste zu erlösen, damit sie zu seinem Lichte kommen das aus Seinen Wunden strahlt. Es hörte alles aufmercksam zu. Ich sagte ihnen zugleich, daß wir uns gestern Abend über ihre Aufführung [56] sehr betrübt hätten, weil wir gesehen u. gehört daß sie die Finsterniß noch mehr liebten als das Licht u. den bösen Geist der ein Herr der Finsterniß ist gehorchten u. seine Wercke thäten. Ich bat sie, daß sie sich doch von ganzem Herzen zu Jesu dem gecreuzigten bekehren u. den bösen Geist mit seinen Wercken fahren laßen möchten. Zum Schluß empfahl ich sie im Gebet dem mittleidenden u. erbarmenden Herzen Jesu. Weil nun heute gutes Wetter, obschon sehr kalt war u. ein Schlitten nach Nain gieng: so bedienten wir uns der Gelegenheit u. giengen nach Hause.“
Nun heißt es im Diario weiter: Die
Eskimos mit denen unsere 2 Brüder
gekommen waren, fuhren wegen eines
anhaltenden heftigen Sturms nicht eher
als den 4tn gegen Mittag zu Hause. Inzwischen
ist ihnen das Wort von der Versöhnung
durch die 3 Brüder Drachart,
Jens Haven u. Schneider, mehr malen
vorgetragen worden. Wir übrigen
sangen Verse mit ihnen u. übten uns
mit ihnen in ihrer Sprache, dabey bitten
wir den Heiland unser Gedächtniß zu
[57] stärcken damit wir das, was wir von ihnen u.
aus den geschriebenen Büchern lernen,
behalten. Die Eskimos verstehen zwar
nicht alle, aber doch die meisten Worte
im grönländischen Wörterbuch, daher
wird es uns nicht so schwer werden, als
es den ersten Brüdern in Grönland
wurde. D. 6tn zu Mittag, kam ein Eskimos
ganz allein bey uns an. Er hatte
im Sinn, die Nacht bey uns zu bleiben,
aber seine Hunde wolten ihm davon
laufen, so daß er genöthigt war, wieder
weg zu fahren. Er sagte: wenn ich
das nicht thue, muß ich morgen selber
den Schlitten nach Hause ziehen. Er hörte
nicht gern vom Heiland. Bruder Drachard
fragte ihn, warum er her gekommen wäre,
da er ein paar Deutsche Meilen um
umgefahren ist? Meine Frau, sagte
er, hat ihre Nehnadel zerbrochen. Er brachte
ein Stück Seehund Speck mit, wofür er
3 Nehnadeln bekam. Diesen Abend
theilten wir den Bundes-Kelch unter
uns zu neuer Aufmunterung zur Treue
im Dienst des Herrn u. zur Liebe unter
ein ander. Die Kälte war dieser
Tagen sehr anhaltend starck, so daß das
[58] Quecksilber d. 7tn Abends u. d. 8tn früh 74
Grad unter dem Eispunct stand. In der
freyen Luft gefror der Brantewein fast
wie Waßer u. rectificirter Wein-Geist
wurde wie ein Oel. An lezterem Tage
kam der unterm 6tn erwehnte Mann auf
einige Stunden zum Besuch, mit ihm war
eine von seinen 3 Frauen, sein Kind u.
sein Bruder. Bruder Drachard redete mit ihnen
vom Heiland, sie haben aber noch wenig
Lust davon zu hören. D. 10tn gegen Abend
wurde es etwas gelinder u. fieng
an zu schneyen. Ein Mann nebst seiner
Frau u. 2jährigem Kinde, 2 Wittwen
u. 2 Knaben von Niutak kamen zum
Besuch. Der eine Knabe u. die eine
Wittwe wolten nach einigen Stunden
wieder nach Hause fahren, kehrten aber
bald wieder um, aus Furcht den Weg
zu verfehlen in dem Schnee-Gestöber. Sie
schliefen alle die Nacht auf unserm Säälgen.
D. 11tn früh fuhren der Knabe u. die
Wittwe wieder fort, um den Schlitten
dem Eigenthümer zu bringen, der ihn
selbst brauchen wolte. Die übrigen
blieben noch hier. Die Wittwen u. der
Knabe kamen auch Nachmittag unvermuthet
[59] wieder zu uns, weil ihnen die Hunde
meist auf dem halben Wege davon
gelaufen waren, als sie die selben von
dem Schlitten los gemacht hatten, um
die Stricke womit sie die Schlitten ziehen, deren
jeder etwa 2 bis 3 Klafter lang ist u.
durch das hin u. her laufen der Hunde
gar oft verfizt werden, wieder in Ordnung
zu bringen. Sie brachten die Peitsche
die reichlich 4 Klafter lang ist u.
einen Stiel etwa von 10 Zoll hat, u. die
Haupt-Stricke von dem Schlitten mit zurück.
Der Mann der hier war wurde um
die Hunde verlegen u. war bange einen
Ausschmäler[WS 4] von dem Eigenthümer zu
bekommen. Um dieses aber zu verhüten,
nahm er die zurück gebrachten Stricke,
wo an dem einen Ende ein beinerner
Ring u. an dem andern ein Knopf
ist u. hackte mit einem Beil in Gegenwart
einiger Brüder den Ring in 2 Stücken
u. sagte dann zu Bruder Jens Haven der
auch zugegen war: Es ist kein Wunder
daß die Hunde davon gegangen sind, siehe
der Ring ist in Stücken, da siehest du
es, jezt kanst du dem Millik sagen, wenn
du ihn siehest, daß der Ring entzwey
[60] war. D. 12tn Vormittag gieng der selbe Mann
mit Frau u. Kind zu Fuß nach Hause, die
Wittwen u. Knaben blieben noch hier. Nachmittag
kam ein erwachsener Junge von
Niutok bey uns an u. erzehlte: Daß die
Hunde alle gestern zu Hause gekommen. Sie
waren sehr verlegen, da sie sahen, daß keine
Menschen mitgekommen, darum hätte
er u. ein anderer Eskimos heute früh die
Hunde genommen, um die Menschen u. den
Schlitten zu suchen. Unterwegs trafen
sie die heute früh abgegangenen an u. da
sie auch den Schlitten gefunden, so fuhr
sein Gefährte mit ihnen nach Hause. Er
aber wolte uns besuchen, weil er so nahe
war u. blieb nebst den übrigen Eskimos
die Nacht bey uns. D. 13tn Vormittag
giengen sie alle zu Fuß wieder von
hier weg. Es ist alle Tage da sie hier waren
ein paar mal über einen Spruch u.
Vers geredet mit ihnen geredet worden, dabey
sie nach ihrer Art recht aufmercksam
waren. Wir freuen uns über der kleinsten
Spur der Gnade, die man an ihnen
gewahr wird u. bitten unsern lieben Herrn,
Er wolle Seine Gnaden-Arbeit an ihren
Herzen fortsezen. Die eine von den Wittwen
[61] war die Wittwe des Anauke von
welcher Bruder Schneider in dem Bericht von
seinem Besuch Erwähnung gethan hat. Ihr
Name ist Nariaina. Sie schien in ihrem
Herzen bewegt zu seyn, wozu eben die lezten
Worte ihres verstorbenen Mannes, auf
seinem Todtenbette die Gelegenheit gewesen,
denn als sie nach heidnischer Art weinte,
schrie u. sein Weggehen beklagte u. ihn
fragte: Willst du nun mich u. deine 2
Kinder verlaßen? so sagte er: sey nicht
so betrübt, denn ich gehe zum Heiland.
Diese lezten Worte des Anauke haben seiner Frauen das
Herz so eingenommen, daß sie ernstlich
bey sich angefangen hat zu dencken:
Nun will ich auch meinen Torngak u. allen
Heidnischen Gebräuchen absagen. Nun
will ich auch anfangen an den Heiland zu
glauben, wie mein Mann. Bruder Drachard
schreibt: Ich habe ihren Mann bey der ersten
Besuch Reise in Chateaubay kennen
gelernt. Damals war er nicht angenehm
anzusehen. Er hatte nur ein Auge u. sahe
wie ein Räuber u. Mörder aus. Bey
meiner 2tn Besuch Reise, fieng er an stille
zu sizen u. zu zu hören u. da ich das 3te
mal hier anlangte, kam Er zu mir auf
[62] das Schiff u. wolte mehr vom Heiland hören,
Darnach hat er sein Zelt auf unserm Lande
aufgeschlagen, um täglich davon zu hören
u. vergangenen Winter ist er etliche mal
zum Besuch hier gewesen, ja er ist 2 Meilen
weit her auf dem Eise gekomen, um
vom Heiland zu hören. Auch hatte er vorigen
Sommer in seinem Zelt etliche Wochen hier
gestanden, kam auch von der Renthier-Jagd
wieder hieher u. im Nov. fuhr er ganz gesund
mit den übrigen Eskimos nach ihren
Wohnungen. Im Dec. aber wurde er
kranck, da weder die Eskimos zu uns,
noch wir zu ihnen kommen konten. Da Bruder
Schneider bey ihnen zum Besuch war, erzehlte
ihm die Wittwe des Anauke von
ihres Mannes Ende u. daßelbe sagte sie
auch mir, bey ihrem jezigen 3 tägigen
Aufenthalt allhier. Ich fragte sie dann:
Wo denckst du, daß deines Mannes Seele
hingefahren ist? Die Wittwe sagte: zum
Heiland! Wolte er nicht daß Seine Seele bey
dir u. deinen Kindern bleiben solte? Die
Wittwe: Nein, er wolte seine Seele solte
zum Heiland. – So hat dein Mann seine Seele
u. sein Herz dem Heiland hingegeben?
die Witwe: Ja, u. ich auch. – „Hast du auch dein Herz dem Heiland hingegeben?“ Die Wittwe sagte mit Thränen! Ja, O Jesu da
[63] hast du mein Herz. – Willst du nicht mehr
mit deinem alten Torngak zu thun haben?
Die Wittwe: glaube mir doch, ich will nicht,
ich will wie mein Mann mit dem Heiland
zu thun haben. – Du u. dein Mann ihr habt
täglich zu mir gesagt: ihr dächtet imer an
den Heiland, ihr hättet ihn lieb, ihr glaubtet
an Ihn, u. woltet Ihm euer Herz hingeben.
Die Wittwe: Wir haben so geredet,
aber mein Mann fieng erst in seiner
Kranckheit ernstlich an, an den Heiland
zu dencken, u. da er anfieng, so fieng ich
auch an. – So ist es nun dein Ernst, daß
du des Heilands seyn willst? – ich heuchle
nicht mehr. – Gut, willst du denn nun
dein Leben lang bey dem Heiland bleiben
u. nie vergeßen, was du in deinem Herzen
gefühlt hast, das erste mal, da Er
dir rief? Die Wittwe: Das kann ich
nie vergeßen. – Wenn du nun nach dieser
Zeit fühlest in deinem Herzen, daß
deine alte Sünde wieder komt u. daß
die alten bösen Geister u. deine alten
Heidnischen Gewohnheiten, sich wieder
melden, willst du da darüber erschrecken,
u. gleich wieder zum Heiland gehen?
Sie sagte: Ja! Diese Wittwe ist die erste
[64] von den Eskimos der ich abfühlen kan, daß
in ihrem Herzen etwas vorgehet, ob sie
aber diese ihre guten Gedancken nicht
wieder verlieren werde, besonders wenn
sie wieder einen Mann bekommt, das wird
die Zeit lehren. Der vornehmste Angekok
unter unsern Eskimos ist allein Hier in
meinen Winckel zu mir gekommen u. hat
mir erzehlt, daß er im Winter viele
Krancke zu curiren gehabt habe. Ich fragte
ihn dann: Hat der Mann Anauke
dich in seiner Kranckheit zu sich geruffen?
Der Angekok sagte: Nein! – Ich erzehlte ihm
dann, daß ich gehört hätte: Anauke habe
in seiner Kranckheit zu seiner Frau gesagt,
sie solte nicht über ihn weinen, denn
er gienge zum Heiland, u. fragte ihn:
Hast du das auch gehört? Der Angekok:
Ja, ich habe es gehört. – Da du das hörtest
so hast du dich wohl darüber gefreut? –
Der Angekok antwortete nicht, aber er
rümpfte die Nase u. das bedeutet Nein. –
Ich erzehlte ihm dann: da ich es zum ersten
mal hörte, so habe ich mich erstaunlich
darüber gefreut, denn so lange Innuit
hier im Lande wohnen, ist es nie erhört,
daß einer auf seinem Todtenbette zu
[65] seinen Leuten gesagt hätte: Ihr sollt nicht über
mich weinen denn ich gehe zum Heiland. Aber
weißt du wer er ist, den wir Anaursirsok
/:Heiland:/ nennen? Der Angekok: Nein. – Er ist
der Schöpfer aller Dinge, wir nennen ihn
auch Gott, Er hat Himmel u. Erde geschaffen u.
auch den Geist den ihr Torngarsok nennet
ja alle Geister. Er ist vom Himmel herunter
gekommen u. ist ein Mensch geworden
u. am Creuze gestorben um uns von unsern
Sünden zu erlösen. Der Angekok:
ich habe es gehört. Es kan nicht anders
seyn, sagte Bruder Drachart, du mußt es
gehört haben, aber sage mir doch, ob es
dir nicht manchmal einfält, daß der Heiland
solche große Schmerzen gelitten u. Sein
Blut für dich vergoßen hat um dich von
deinen Sünden zu erlösen? Denckst du
nicht manchmal daran? Angekok „ich
dencke gar nicht daran, außer wenn du
mich darum fragst.“ So weit Bruder Drachart:
Seit dem nennen die Eskimos wenn sie
von Anauke reden ihn immer den, welchen
der Heiland zu sich genommen hat.
Im Diario heißt es weiter: d. 18tn besuchten
uns 3 Eskimos von Niutak u. fuhren
Nachmittag wieder zurück. Mit ihnen giengen
[66] die Brüder Rhodes u. Lister, um den
andern Tag auf der Insel zu jagen. D. 16tn
kamen sie unvermuthet mit einigen
Eskimos wieder hieher u. brachten uns
die sehr angenehme Nachricht, daß Manumina
diese Nacht daselbst angekommen
wäre u. den dortigen Eskimos bekannt
gemacht hätte daß er zwischen den
Inseln in der Gegend wo er wohnte, einen
todten bartigen Wallfisch gefunden
hätte. Sonst haben die 2 Brüder den
Abend zuvor, mit den Eskimo in ihrer
Sprache Verse gesungen. Frühe ehe der
der Tag anbrach machten sich die Eskimos
fertig, nach Nain abzufahren. Manumina
that ein gleiches, fuhr aber zuvor
nach Saitorsoak um auch seiner Frauen
Brüder von dem gefundenen Schaze
zu benachrichtigen. Nach einigen Stunden
kam er u. zugleich noch ein anderer Schlitten
von Aukpillartok bey uns an.
Wir waren dem lieben Vater im Himmel
von Herzen danckbar für diesen Fund
u. hoften, daß er nicht nur unserer
Armuth sondern auch den armen Eskimos
die jezt bey der anhaltenden strengen
Kälte, nichts erwerben können zu
[67] ihrem Unterhalt wohl zu statten kommen
möchte. Nachdem die Eskimos sich einige
Meßer gekauft u. wir ihnen einige Beile
geborgt hatten, so fuhren 2 Schlitten u.
mit ihnen die 4 Brüder Jens Haven, Ludwig
Morhard, Turner u. Lister zum Fisch u.
unser Gebet begleitete sie, da bey einer
solchen Arbeit leicht einige vom
Hauen u. Schneiden unglücklich seyn können.
Der dritte Schlitten blieb hier u. sie
waren Willens, die Nacht bey uns zu
schlafen. Da es aber Abends um 9
Uhr zu schneyen anfieng so beschloßen sie
augenblicklich noch diese Nacht nach Aukpillartok
u. früh zum Fisch zu fahren.
In den folgenden Tagen war es sehr kalt,
daher wir viel an unsere Brüder dachten
u. sie dem Schutze des Herrn empfahlen. D. 22tn
Nachmittag kam ein Eskimos mit seiner
Frau von Saitorsoak bey uns an. Sie
waren gestern von Tunungarsok abgefahren,
wo unsere 4 Brüder sind u. brachten
uns ein paar Zeilen von ihnen, darinn sie
melden, daß sie, weil das Eis aufgebrochen,
noch nicht zum Wallfisch kommen
können, daß sie sich übrigens wohl
befinden, aber viel von der Kälte u.
[68] dem schlechten Wetter ausstehen um
deswillen sie sich auch nicht auf den
Rückweg wagen dürften. Sie baten
ihnen etwas Proviand durch bemeldeten
Eskimo zu schicken, derselbe machte Anfangs
Schwierigkeiten, den Kasten mit
Lebensmitteln mitzunehmen, unter dem
Vorwand, er sey seinen Hunden zu schwer,
u. wolte es lieber in einem ledernen Sack
haben, vermuthlich um nach ihrer Gewohnheit
beßer dazu zu kommen u. davon
eßen zu können. Er ließ sich aber doch
endlich da er ein Meßer zum Fracht-Lohn
bekam, bereden. D. 25tn kamen
unsere 4 Brüder mit einigen Eskimo auf
2 Schlitten wieder bey uns an. Wir
waren froh u. danckbar dafür, weil
die Kälte wieder zu nahm. Sie hatten
im Gesicht u. an den Kleidern
von Othem u. Brodem über 1 Zoll dick
Eis an sich sizen, wovon sie auch Frostflecken
im Gesicht bekommen u. Bruder
Turner hatte seine Handgelencke erfroren
daß auf der einen Hand eine Blase
war in der Größe eines Guldenstückes
u. Bruder Jens Haven hatte Seitenstechen.
Wir waren bey alle dem, dem lieben Gott
danckbar daß sie bey der durchdringenden
[69] Kälte nicht mehr Schaden genommen.
Die Eskimos machen sich aus der
Kälte nichts. Nachmittag gieng der eine
Schlitten wieder zurück, der andere
welchen die Brüder von Manuina gemiethet
hatten blieb bis den folgenden Tag
hier. . . . Von der Reise der 4
Brüder gibt Bruder Jens Haven folgenden
Bericht. Da wir gehört hatten daß
ein todter Wallfisch nahe bey dem Confort
Haven, etwa 7 Deutsche Meilen
von uns nach Süden gefunden worden,
u. da es bey den Innuit eingeführt ist
daß ein jeder bey einer solchen Gelegenheit,
sich so viel davon nehmen kan
als er will, so war es uns zwar schwer,
uns dazu zu entschließen, jezt in der
härtesten Winters-Zeit, da wir uns
kaum in unserm Hause des Nachts
warm halten können, uns so weit vom
Hause zu entfernen, jedoch in Betracht,
daß unsere Geschwister die unsern Unterhalt
verschaffen, arm sind, denen
wir gern die Unkosten, so viel möglich
erleichtern wollen, fanden sich die Brüder
Morhard, Lister, Turner u. Jens Haven
willig einen Versuch zu machen dahin
zu gehen, in Hofnung daß uns der Heiland
[70] auch hierinnen Seinen gnädigen Beystand
schencken würde, zumal wir auch dabey
Gelegenheit haben würden, seine große
Liebe denen anzupreisen, die in Finsterniß
sizen. Wir giengen also d. 16tn
Febr. um 4 Uhr Nachmittag mit dem Segen
unserer Geschwister frölich ab u. kamen
abends um 10 Uhr bey dem ersten
Eskimo Hause an. D. 17tn früh um
4 Uhr reisten wir weiter u. trafen um
11 Uhr in Manuminas Hause ein, welches
das erste Haus war, das wir auf
unserer recognoscirungs Reise 1770 gesehen
haben. Das Wetter wurde so
schlecht, daß wir nicht weiter gehen konten.
Bruder Haven redete vieles mit den
Eskimos vom Heiland u. die Brüder halfen ihm
Verse singen. Bald darauf aber machten
die Eskimos eine Art von Gebet
zu ihrem Spiritu Familiari[WS 5] um ihr Verlangen
zu bezeigen daß gut Wetter werden
u. der Wallfisch nicht wegtreiben
möchte. Ein Mann legte sich auf den
Rücken u. einer von ihren Schießbogen
wurde quer über sein Bein gelegt u.
an dem lincken Bein vest gebunden.
Zur Rechten saß eine Frau die den Bogen
anfaßte u. das lincke Bein über das
[71] rechte wiegte, dann trat jeder herzu der
etwas vom wahrsagen verstand u. machte
die Auslegung nach der verschiedenen
Bewegung des Bogens. Zuweilen
wurden sie bedencklich, ob Torngak oder
Jesus die Bewegung des Bogens verursachte,
wie wol jederman sahe, daß
es eine alte Frau that. So unangenehm
dieses zu hören war, so konte man sie
doch entschuldigen, denn sie sind irre geworden
u. wißen nicht an wenn sie sich
halten sollen. Den Heiland kennen sie noch
nicht u. können daher den Torngak nicht
fahren laßen. Eine Weile darnach
fragten sie Bruder Haven: Ob wir nicht darum
beteten, daß gut Wetter werden
u. der Wallfisch nicht wegtreiben möchte?
Bruder Haven sagte: Wir beten nur,
Herr sey uns gnädig u. öfne diesen armen
Unwissenden die Augen, damit
sie erkenen, wie nöthig es sey, daß sie
mit Deinem Blute gewaschen werden.
Uebrigens sind wir versichert, daß Er
uns nichts als Gutes thun will, denn Er
liebet uns u. s. w. Es war großer Hunger
unter ihnen u. wir wurden sehr mit
betteln geplagt u. da wir ganz in ihren
Händen sind, gab es manche gründliche
[72] Unterredung, ehe wir sie zufrieden
stellen konten. Froh waren wir daß Abends
ein Schlitten vom Wallfisch kam
u. etwas zu eßen mitbrachte, welches
jedoch von der Menge bald verzehret war.
Wenn uns hier jemand von den Europäischen
Geschwistern gesehen hätte, er hätte
uns gewiß beklagt, ein Schweinstall
in Europa ist beßer als dieses Haus.
4 Klafter lang musten wir auf allen
vieren hinein kriechen, froh waren wir,
wenn wir von den Hunden ungebißen davon
kamen, denn bey solchem Wetter kriechen
sie alle hinein u. man muß oft
über sie weg, da man denn im finstern
oft auf sie tritt. Man muß sich auch
von ihnen das Gesicht belecken laßen
u. die Hände mit ihrem Unrath beschmieren,
das Haus ist so unrein u. voll
Gestanck, daß gegen die grönländischen
kein Vergleich ist u. doch war es uns bey
dieser entsezlichen Witterung so wichtig
als der schönste Pallast. D. 19tn wurde
das Wetter etwas beßer u. es wurde
beschloßen zum Wallfisch zu gehen.
Die Eskimos baten uns zu Hause zu bleiben,
weil wir es nicht aushalten würden.
Wir entschloßen uns aber ihnen
[73] zu folgen. Als wir aber eine Stunde
weit vom Hause waren, sahen sie von
einem Berge, daß das Eis an der Insel
wo der Wallfisch lag, gebrochen war
u. wir musten daher dem Wind u.
Schnee-Gestöber entgegen umkehren.
Es waren 11 Eskimos mit uns u. kein
einiger von ihnen, kam ohne Frostflecken
am Gesicht, Händen oder Füßen davon.
Wir musten oft von Mund u.
Nase, die an dem Pelz vest froren,
das Eis abbrechen, um Luft zu bekommen
u. die Augen mit den Fingern
aufreißen, die uns zugefroren wären,
waren aber übrigens vergnügt
dabey u. dachten: Wenn England, Deutschland,
Grönland u. Labrador wie 4
Stuben wären, da man aus einer in
die andere gehen könnte, so würden unsere
Geschwister die Kälte beßer beschreiben
können, als wir, die wir schon ein
wenig abgehärtet sind, wie wol nicht so,
daß wir nichts fühlen solten. Wir stunden
viel aus u. baten den Heiland uns
Kräfte zu geben. Um 11 Uhr Vormittag
kamen wir wieder zu unserm Hause.
Die alte Attaguna die vorigen Herbst
bey uns gewohnt hat, that uns viele
[74] Dienste. Bald darauf kamen 3 Schlitten
voll Eskimos von andern Pläzen. Die
Kaltsinnigkeit, womit sie von ihren nächsten
hiesigen Anverwandten behandelt
wurden, reizte uns zum Danck gegen
den Heiland, der uns bey diesem wilden
Volck Liebe u. Achtung verschaft hat.
Bruder Haven ermahnte viele, von deren
Familie einige gestorben sind, und die
sonst nicht haben hören wollen, sich zu
besinnen, denn wenn sie den Heiland nicht
kennen lernten, würden ihre Seelen nach ihrem
Tode an einen finstern Ort kommen.
Als hierauf viele etwas zu
hören verlangten, so sangen wir einige
Verse: Schau her hier steh ich armer p.
Drauf sagte Bruder Jens Haven, wenn ihr
mit uns sagen köntet: Hie steh ich armer
p. u. wüßtet wie nöthig es euch
ist, das euch der Heiland gnädig sey u. eure
Herzen mit seinem Blute wasche,
das Er für euch u. für mich am
Creuze vergoßen hat: so wolte ich
mich freuen u. anfangen, euch mein
Geschwister zu nennen u. der Heiland verlangt
nichts von euch, als ein Verlangen: O
Hilf mir! so will Ers thun, denn Er ist
allein gnädig, allein gut u. Er allein
kan helfen im Himmel u. auf Erden u. s. w.
[75] Des Abends fieng ein alter unnüzer
Mann an zu schreyen: Der Geist bewegt
mich, er will uns sagen warum das
Wetter böse ist u. warum das Eis auf
gebrochen ist. Etliche sagten: laß uns
hören! Er schrie dann mit großer Stimme!
O die Sehnen! O die Sehnen /:wir
hatten denselben Tag einige Wallfisch
Sehnen geflochten um sie an unsere
Axt zu binden, damit uns dieselbe
beym Wallfisch wenn sie Oelicht würde
nicht aus der Hand führe. Er glaubte
nun, es wären Renthier Sehnen, die
man nach ihrem Aberglauben zu einem
Wallfisch nicht bringen darf.:/
Da man ihn eines beßern belehrte,
so fieng er von neuem zu heulen
an: O Rottenholz u. verfaultes Holz!
Der Hexenmeister hatte gesehen, daß
Bruder Haven an dem Tag da wir zum
Wallfisch gehen wolten, etwas Holz
zum Schlitten brachte darunter einige
verfaulte Stücke waren, die man ebenfalls
zu einem Wallfisch nicht bringen
soll, die Eskimos hatten es aber
sorgfältig ausgelesen u. weggethan,
Man überzeugte ihn seines Irrthums
[76] jedoch verlangten sie, weil der Geist
da wäre, eine weitere Erklärung von
ihm. Er schrie dann zum dritten mal.
O jemand von hier, soll nicht gehen, dann
wurde Person vor Person durchgegangen
u. endlich Haven genant. Bruder Haven
stand auf, sah dem Hexenmeister steif
ins Gesicht u. bat den Heiland dem bösen
Mann das Maul zu stopfen. Derselbe
wurde verwirrt, brumte, schäumte u.
konte kein Wort mehr aussprechen.
Zum Glück kamen bald 2 Leute vom
Wallfisch herein u. brachten die Nachricht,
daß das Eis gebrochen, der Wallfisch
aber nicht weggetrieben sey.
Bruder Haven befahl dem bösen Mann
aufzuhören u. sich an seinen Ort zu
sezen u. sagte ihm, du erzehlst nur
Lügen; er war gehorsam. Man sieht
gleichwol, wie gefährlich es ist in ihren
Händen zu seyn, wenn sie böses thun
wollen. Nachher stand ein anderer
auf, der unser Freund seyn will,
um dem ersten zu wiederlegen,
welches keine Kunst war, da er bessere
Nachricht bekommen hatte. Bruder Haven
hieß ihn aber doch auch aufhören u. er
[77] that es. Das Wetter war d. 20tn noch schlechter
u. da sie Verlangen bezeigten vom
Heiland zu hören, sangen wir etliche Verse
u. dann sagte Bruder Jens Haven: Ich bin verlegen,
weil ich sehen u. hören muß, daß
der böse Geist euch noch bewohnt u. euch des
Verstandes beraubt, er will euch eben die
Ohren zu halten, daß ihr nicht hören solt,
wie lieb euch der Heiland hat, damit ihr
nach eurem Tode zum bösen Geist in die
ewige Finsterniß kommt. Aber höret doch
unsere Worte u. folget uns zum Heiland
der euch liebet u. von Sünden waschen
will, mit Seinem Blute, auf daß ihr ewig
vergnügt mit Ihm leben u. euch
freuen könt, dereinst aus dieser Welt
zu Ihm abzuscheiden; denn hier wechselt
immer Kummer mit Vergnügen ab u. man
hat Hunger, Kälte u. dergleichen zu leiden,
wer aber an Jesum gläubt, der
wird dereinst bey Ihm ein ewiges Vergnügen
haben u.s.w. D. 21tn war das
Wetter noch schlecht; es war große Hungers
Noth unter den Leuten u. wir waren
nicht ohne Sorgen, daß sie uns
unser Eßen mit Gewalt wegnehmen
würden, weswegen wir uns entschloßen
[78] nur ein mal des Tages zu eßen. Man
kan sich kaum vorstellen was wir ausstunden.
Wir hatten weder Tag noch Nacht
Ruhe, wenn die Kälte in der Nacht etwas
nachließ, so plagten uns die Läuse, wenn
wir unser Eßen kochten, welches im Gang
unter den Hunden geschehen mußte, so
war der Rauch den das Feuer u. Schnee
machte u. die Kälte dabey fast unausstehlich.
Wenn wir aßen, so musten wir
von den umstehenden Eskimos unangenehme
Urtheile hören, ja wenn wir auf
die Seite giengen, so waren wir mit einer
Menge hungriger Hunde umgeben u. hatten
Mühe sie mit dem Stock abzuhalten.
Heute fuhren 3 Schlitten zurück, um für
ihre verhungerte Familien etwas zuerwerben.
Mit einem derselben schrieben
wir nach Nain. Ein Schlitten fuhr nach
dem Wallfisch u. brachte um 3 Uhr
die angenehme Nachricht, daß das Eis
u. der Fisch noch da lägen. Er brachte
auch etwas Speck u. Fleisch mit, alles
hüpfte vor Freuden, sie aßen sehr begierig
u. dann wurde mit ihnen geredet
u. gesungen. D. 22tn gieng alles zum
Wallfisch, den wir nach 3 Stunden meist
[79] eine Klafter tief meist im Eis u. Schnee
begraben fanden. Von dem Speck der
an manchen Orten 2 Fuß dick ist, war,
wie sie sagten kaum der zehnte Theil abgeflenzt.
Der Fisch war von mittlerer
Größe über 64 Fuß lang, die Dicke
konten wir nicht sehen. Der Rachen war
offen, die Eskimos krochen hinein u. schnitten
die Barten ab, die das Maas hatten,
zu den übrigen von geringerem
Werthe konten sie nicht kommen. Diese Arbeit
verrichten die Eskimos mit besonderem
Vergnügen. Unsere Noth hatte
sich hier nicht vermindert sondern vermehrt.
Wir kamen von einem schmierigen
Loch zu einer kahlen Insel, wo nur
Schnee u. Steine u. weder Waßer noch
Holz, noch Haus war. Die Eskimos graben
ein Loch in eine Schnee-Webe u. da
kriechen sie hinein u. schlafen ohne Feuer
u. Licht. Das erste was wir thun musten,
war ein Schneehaus zu bauen u. weil
wir es nicht verstanden, so nahmen
wir 2 Eskimos die uns halfen die
uns halfen. Sie suchten einen Haufen
von dichtem u. vestem Schnee aus, zeichneten
einen Ovalen Plaz in der Gestalt
[80] eines Backofens von gehöriger Größe aus,
schnitten dann mit ihren langen Messern
viereckigte Stücken Schnee etwa 3 Fuß
lang 2 breit u. 1 Dick heraus, wölbten
es etwa 8 Fuß hoch u. ließen die Hinter
Hälfte im Haus etwa 20 Zoll höher, welches
ihre Banck u. nach dem sie Felle darauf
gebreitet, ihr Bette ist, weil wir
aber keine Felle mit hatten, so waren
wir übel dran, statt des Fensters
nehmen sie ein Stück Eis, welches sie
in ein Loch sezen, daß sie in das Gewölbe
machen u. das gibt Luft genug.
Die Thüre versezen sie mit einem Stück
Schnee. Die Frau bey deren Familie wir
schliefen hatte ihre Lampen vergeßen, sie
nahm aber ein Stück Wallfisch-Speck
von einem Fuß ins gevierte, holte es
aus u. legte Moos hinein, welches gut
brante, aber einen fast unausstehlichen
Rauch u. Gestanck gab. Bruder Haven hatte ein
heftiges Stechen unter der lincken Brust
bekommen. Die Eskimos bedauerten ihn
sehr u. sagten: Das wäre die Kranckheit
davon ihre Leute stürben. Das war
ein schöner Text für Bruder Haven, um ihnen
zu sagen, daß die, welche an den Heiland
[81] glaubten vor dem Tode nicht bange wären.
Manumina bot dem Bruder Haven an, in
seinem Schneehause zu schlafen, wo eine Lampe
u. Felle auf dem Schnee wären u. die
Brüder riethen ihm, es an zu nehmen. Wir
übrigen Brüder sahen einander mit Mittleiden
an, ohne einander helfen zu können.
Unsere Kleider waren voll von Schnee-Dampf,
der unsere Leiber naß machte
u. von der Kälte gefror es wieder. Wir
hatten keine Gelegenheit etwas warmes
zu machen u. zur Noth bekamen wir von
Manuminas Weibe so viel Waßer welches
sie über ihrer Lampe aus Schnee schmelzete,
daß wir den größten Durst stillen
konten u. dafür waren wir dem Heiland
sehr danckbar, denn ihren eigenen Landsleuten
haben sie es versagt, welche entweder
den Schnee eßen, oder ihn in ledernen
Handschuen auf dem bloßen Leibe schmelzen
musten. Da sie von Manuminas
Hause herfuhren, nahmen sie Waßer in
einen Seehunds Darm u. banden es um
den bloßen Leib, damit es nicht gefröre,
u. wer von ihren guten Freunden etwas
davon bekam, war gewiß froh. Bruder
Haven hatte eine ernstliche Unterredung
[82] mit Manumina wegen der Wallfischbeine
die er hat, welche er nach Chateaubay
bringen wolte, um ein neues Boot dafür
zu kaufen. Des Gouverneurs Befehl
wollte er nicht gehorchen. Endlich sagte Bruder
Haven: Die in Norden u. Süden wohnen
mögen wol ungehorsam seyn u. Gefahr
laufen, wenn ihr aber, unsere Landsleute
die ihr so viel vom Heiland gehört habt,
ungehorsam seyd u. soltet dann umkommen,
so wäre es mir nicht lieb, denn da kämmen
wir nicht im Himmel zusammen. Dieses
schien sein Gemüth zu durchboren u. Tags
darauf sagte er zu Bruder Haven: Er solte Bruder
Stephen Jensen bitten, ihm ein neues Hölzernes
Boot zu bauen, welches er ihm mit
Wallfischbeinen bezahlen wolte. Bruder Haven
versprach es zu thun wie wol er die Schwierigkeit
davon wuste, D. 23tn früh bekamen
wir etwas Waßer gekocht u. konten
Coffee trincken, welches uns nach der kalten
Nacht wieder ein wenig aufleben machte.
Dann fiengen wir an den Schnee u. Eis
an einer Stelle vom Wallfisch abzuhacken
u. hatten 4 Stunden zu thun, ehe wir an
den Fisch kamen. Als wir darauf hörten,
daß die Eskimos ihren halb verhungerten Familien
[83] an ihren Wohnplazen Speck bringen
wolten, so entschloßen wir uns mit
dem Schlitten zurückzugehen. Wir hatten
nur noch für 2 Tage Lebens Mittel u.
brauchten zur Rückreise wenigstens 3 Tage.
Wenn daher der Verlangte Proviand
nicht käme, würden wir in traurige Umstände
versezt worden seyn. Außer dem
hieng die Insel wo wir waren, mit dem
vesten Land nur durch eine Brücke von
Eis zusammen, welche eine halbe Viertelstunde
breit war, u. die der Wind leicht
hätte abreißen können. Dieses alles wozu
noch Bruder Havens Unpäßlichkeit kam,
u. daß Bruder Turner die Handgelenke erfroren
hatte bewog uns auf die Rückreise zu
dencken. Wir giengen um 4 Uhr Nachmittag vom Wallfisch weg
u. kamen gegen 8 Uhr in dem Hause
des Manuminas an. Es that ihnen allen
leyd daß wir sie verließen u. sie sagten:
Eure Gegenwart ist angenehm. D. 24tn
nachdem ihnen Bruder Haven die Barmherzigkeit
des Heilandes angepriesen hatte,
reisten wir weiter, hatten, da uns der
Wind entgegen kam, viel von der Kälte
zu leiden u. langten Nachmittag gegen 4
Uhr in Milliks Hause an, wo man uns
[84] herzlich empfieng. Wir bekamen ein wenig
Eßen gekocht, welches in den 3 lezten
Tagen das einige war. Bruder Haven
verkündigte den Tod des Herrn. Er kam
bey einer Frau zu sizen die für eine
große Wahrsagerinn gehalten wird, die
aber unsere gute Freundin ist. Da sagte
er unter andern: Alle Menschen
müßen sterben u. nach diesem eine
Wohnung haben. Es sind nur zwo Wohnungen
nach diesem Leben, eine zur
Lincken u. eine zur Rechten, die zur Lincken
ist nichts als Finsterniß u. da wohnen
alle die bösen Geister, die euch hier betrügen
u. die, wie ihr wißt, nur in der
Finsterniß wollen gesprochen werden.
Zur Rechten aber wohnt der Schöpfer aller
Dinge, den wir auch das ewige Licht
nennen u. da ist Licht u. Freude ohne
Ende. Wenn ihr aber den Geistern der
Finsterniß folgt, so müßt ihr auch
nach diesem Leben zu ihnen gehen. Sie
riefen alle, wir wollen nicht zu den
bösen Geistern, sondern zum Heiland laß uns
von Ihm hören, da erzehlte ihnen Bruder Haven
was der Heiland für sie gethan u. wie lieb Er sie
habe. D. 25tn früh um 4 Uhr reisten wir
von da ab, u. kamen Nachmittag um 2 Uhr
[85] müde, hungrig u. kalt nach Hause. Unser
leztes Brodt aßen wir zum Frühstück auf.
Unsere Absicht Speck u. Wallfischbeine
zu bekommen haben wir nicht erreicht aber
wir haben bey dem schlechten Wetter
die Eskimos hübsch beysammen gehabt u.
danckten dem Heiland, daß er sie aufmercksam
machte u. der Geist der mit
uns war dämpfte ihren böse Geister u.
hielt sie in Unterthänigkeit. Der Weg
den wir gereiset sind, ist von unserm
Hause Süd bey Ost. Von uns bis zu den
2 ersten Häusern in Niutak sind 5½ Stunde,
von da bis Manuminaks Hause, welches
nach derselben Gegend zu liegt, sind 6
u. eine halbe Stunde, daßelbe Land heißt
Tunungersorsoak. Der Confort Haven ist
nur eine halbe Stunde davon, von da
geht es Süd Ost nach der Wallfisch Insel
welches 3 starcke Stunden weit ist, u. von
dieser, bis zu der Klippe wo wir auf unserer
recognoscirungs Reise einliefen, die
Südwestlich davor liegt, ist eine Stunde.
Der Wallfisch hat etwa 7 gute deutsche
Meilen von unserm Lande gelegen.
So weit Bruder Jens Haven: D. 27tn
heißt es im Diario von Nain weiter,
[86] hatten wir den seligsten Genuß des Heiligen
Abendmahls welches wir 8 Tage zuvor wegen unserer
Brüder Abwesenheit ausgesezt hatten.
D. 28tn kamen 2 Eskimos mit ihren Weibern
hieher u. brachten den Kasten mit Proviand
den wir unsern Brüdern geschickt wieder zurück,
weil sie die Brüder nicht mehr angetroffen.
Der eine von den Eskimos war derselbe,
der bey der Brüder Besuch gezaubert
hatte. Weil er eine besondere Liebe u.
Neigung zu uns bezeigte, so redete Bruder
Haven mit ihm u. fragte ihn, ob er auch
ein Angekok wäre? Antwort: Nein; du hast
ja wollen hexen, da ich wolte wißen, ob
das Eis u. der Wallfisch noch da wäre?
Aber wo war dein Torngak? Sahest u.
hörtest du ihn nicht? Ich sahe u. hörte ja
nichts als deinen eigenen Geist u. du
kanst glauben, der betrügt dich; darum
rathe ich dir, laß den fahren u. lerne
an Jesum Christum glauben der betrügt
dich nicht, sondern hat dich u. alle Menschen
sehr lieb, das kanst du daraus abnehmen,
weil Er Sein Blut für dich vergoßen
hat, womit Er dich von allem
bösen reinigen will u. s. w. Der Eskimos
sperrte sich anfänglich gar sehr, zulezt aber
[87] wurde er still u. sagte: ich will den Torngak
fahren laßen u. an den Heiland glauben u. so
sagen sie oft, wenn sie nicht mehr hören wollen.
Sie giengen darauf nach Hause. In den
zween ersten Monaten dieses Jahrs, war
die Kälte stärcker u. anhaltender als im
vorigen Jahre. Bey der großen Kälte gefrieret
des Nachts alles in den Stuben,
auch zerspringen viele Fenster-Scheiben.
Wenn sich die Kälte dann so mäßiget, daß
das Quecksilber auf unter 0 oder 32 Grad unter
dem Eispunct stehet, so ist uns, als ob
ein Sommerlüftgen käme. D. 4tn Merz kam
ein Schlitten mit einigen Eskimos worunter
Attuguna des Manumina Schwester
aus Mißverstand hergekommen war, weil
wir sie hätten rufen laßen, wir hatten aber
ihren Bruder Manumina gemeynt, mit dem
wir wegen des Bootes, das er sich wolte
bauen laßen, Abrede nehmen wolten.
Wir bedeuteten sie, behielten sie aber wegen
des schlechten Wetters einige Tage hier.
Wir hätten sie weil sie eine Liebe zum Heiland
u. zu uns bezeugt, gerne hier behalten, wenn
es uns nicht an Eskimoischen Lebens Mitteln
für sie fehlte. Ihre Gesellschaft fuhr
d. 5tn nach Hause. D. 9tn kam Millik u.
[88] nachher Manumina mit seinem Sohne
Sarok u. brachten Wallbarten u. Speck zum
Verkauf. Wir haben mit ihnen u. mit der
Attuguna von ihrer Seelen Heil geredet. Leztere
hört alle mal gern u. stille zu. Da
wir aber näher untersuchten, ob sie nicht
einige Verlegenheit über sich selbst hätte, fanden
wir nichts dergleichen. Auf die Frage:
ob sie nicht den Torngak fahren laßen u.
den Heiland lieb haben wolte, sagte sie:
den Torngak habe sie lieb u. den Heiland
wolle sie auch lieb haben. Es wurde ihr gesagt:
Du kanst nicht beyde lieben u. beyden
zugleich dienen, einen must du fahren
laßen. Sie erwiederte: das verstünde
sie nicht. Man hatte mehr von ihr erwartet
u. man sieht wie schwer es ihnen wird
ihre alten eingewurzelten Gewohnheiten
fahren zu laßen. Der Heiland schencke uns
täglich Geduld, ihre Gnadenstunde abzuwarten.
Mit Manumina redeten wir wegen
des Bootes u. gaben ihm ein Stück
Holz mit so viel Kerben, als er Wallbarten
zur Bezahlung geben solte; Er nahm
es mit, ohne sich darüber zu erklären u.
fuhr d. 10tn mit den übrigen nach Hause.
D. 12tn kamen wieder einige zum Besuch.
[89] Vom 13tn bis 20tn wurde bey dem gelinden
Wetter viel Bauholz auf dem
Eise hergeschaft. D. 20tn kam ein Schlitten
mit Eskimos bey uns an, die Tags darauf
nach Hause fuhren. Bey der Verkündigung
des Evangelii waren sie aufmercksam,
auch Nerkingok der Mikak Vater
der es sonst nie gewesen. Wir hörten
daß er die Wittwe des Anauke, der
vor seinem Verscheiden gesagt, er wolle zu
Jesu gehen, zum Weibe u. ihre 2 Kinder
in Versorgung genommen habe. Bruder Drachart
fragte ihn darum u. er bejahete es.
Darauf sagte Bruder Drachard: sie will aber
gern vom Heiland hören, du must
sie herbringen: Er sagte, ja, das will ich
thun. D. 21tn kamen 2 Schlitten von
Süden, Millik der darunter war, sagte
nachdem er seinen Speck verkauft
hatte: Nun habe ich so viel Handelswaaren,
daß ich nach Norden fahren u.
Wallbarten zur Bezahlung des neuen
Bootes das mir Johannesersoack /:Stephen
Jensen:/ gemacht hat kaufen kan, da
aber meiner Frauen Bruder gestorben
ist, so fürchte ich mich weil ihre Familie
sehr weinen wird u. auf ein mal
fingen sie auch an zu weinen. Bruder
[90] Jens Haven sagte darauf: Für Anauke das
ist der Verstorbene, ist mir nicht bange,
weil er verlangt hat zu Jesu zu kommen.
Darauf kehrte sich Milliks Frau zu Bruder
Haven u. zu ihrem Mann u. sagte: Ahamerik
/:Das ist wahr:/ Millik sagte denn sehr
ernsthaft zu seiner Frau: Kennest du Jesum,
er dachte vermuthlich weil sie ein
Illiseetsok /:Wahrsagerin:/ wäre, die mit
Geistern zu thun hat, sie hätte vielleicht Jesum
auch kennen gelernt, sie meynte aber
nur der Verstorbene habe so gesagt. Sie
machte solche Bewegungen u. Falten mit
den Augen u. der Nase gegen ihren Mann
welche Nein bedeuten, sie kenne Jesum nicht.
Darauf sagte er: Du must ihn kennen
lernen. Sie wurde betrübt, da sie
jezt erst hörte, daß ihr Mann nach Norden
fahren will. D. 22tn kam noch ein
Schlitten voll Eskimos. Einer brachte uns Worte von
Manumina[WS 6], daß Bruder Stephen Jensen
ihm einen Boot bauen solte, er habe
Wallbarten genug es zu bezahlen. Sie
hörten alle dem, was man ihnen vom
Heiland sagte aufmercksam zu u. fuhren
bald darauf nach Hause. Abends in
der 11tn Stunde kam ein Mann mit einem
Knaben aus der Fiorte zurück
[91] wohin sie diesen Morgen gegangen waren
u. brachten 15 kleine Seehunde mit
die sie auf dem Eise bey dem offenen Wasser
gef oder Sarchwak /:oder der Strom:/ genannt
gefangen hatten. In der Nacht
rißen sich des Mannes Hunde los u. frassen
alle Stricke meist auf, so daß er den
andern Morgen Europäische Stricke kaufen
muste. Wir kauften einen ganzen Seehund
zum eßen, um was frisches zu haben,
da die Ripper um diese Zeit sehr
selten sind. Einige Brüder giengen nach
Holz zum Bau des Bootes, welches aber
mühsam zu bekommen ist, weil sie zu den
Krumhölzern des Bootes die Wurzeln
aus dem gefrornen Grunde hacken
müßen. D. 25tn danckten wir unserm
lieben Herrn für Seine Menschwerdung. D. 26
u. 27tn besuchten uns wieder einige Eskimos.
Es wurde mit ihnen vom Heiland
geredet u. sie waren ziemlich aufmerksam.
Da man einen fragte, wo er
glaube, daß seine Seele nach dem Tode
hinkäme? sagte er: sie solte auf die
Renthierjagd gehen, u. so sagen sie bald
den bald jenen Ort wo ihre Seele hinkommen
soll, wie es ihnen gerade am gemüthlichsten
[92] ist. Bruder Schneider redete
mit ihnen vom Blute Jesu, womit alle
Menschen erkauft sind. Millik ein ernsthafter
u. bey den Eskimos angesehener
Mann, fieng darauf an mit den andern
zu reden u. sagte: Das ist es, was
wir schon oft gehört haben, daß Jesus
alle Menschen mit Seinem Blut erkauft
habe. Sie redten eine Weile untereinander
darüber, u. dann fragte Millik,
ob die Adlaet /:so nennen sie die Land
Indianer:/ auch mit Jesu Blut bezahlt
wären? Antwort: Ja gewiß sind sie auch
damit bezahlt u. wir haben sehr viele,
die auch unsere Brüder u. Schwestern sind.
Auch haben wir unzehliche von den Schwarzen
Menschen, die ihre Herzen mit dem
Blute Jesu von ihren Sünden haben
reinigen laßen. Man fragte ihn ob
er einen Schwarzen gesehen habe? Er antwortete:
Ja, ich habe einen in Süden auf
einem Schiffe gesehen. Darauf hub er
3 Finger auf u. sagte: So viele Nationen
sind mit dem Blute bezahlt 1.) Adlaet,
/:Land Indianer:/ 2.) Schwarze, 3.)
Karalit, Grönländer. Es war dem Bruder
Schneider besonders wohl bey dieser
[93] Unterredung. Der HErr sey gelobet dafür
daß die Brüder mit den Eskimos reden können,
zuweilen ein gutes Gefühl dabey haben,
so daß uns übrige die Erzählung davon
aufmuntert u. zum gläubigen Ausharren
stärckt. Nachmittag fuhren beyde Schlitten
weg. D. 4tn Aprill erinerten wir uns besonders
der vorjährigen Loosung dieses Tages:
Sie werden kommen von ferne, die
am Tempel des Herrn bauen werden u. Geist u.
Seel u. Glieder williglich herleyhn Jesum
zu erfreuen, welche im Jahr 1772 von
der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für uns aufgeschlagen
worden. Wir ermunterten uns
dabey, weder des Leibes noch der Seelen
Kräfte in dem Dienst unsers HErrn zu
schonen. Die Tage der Marter Woche waren
uns gesegnete Fest Tage der Marter
Gottes. D. 9tn abends kamen 2 Eskimos
von Parnertok Insel, deren einer
der Sohn ist, des im vorigen Diario
mehr mal erwehnten Capitain Kettornek
welcher diesen Winter gestorben ist. Er
sagte oft: ich bin sehr betrübt. Man prieß
ihnen den Heiland an, wenn sie den kenten
würden sie sich nicht mehr vor dem Tode
fürchten. Sie waren aufmercksam u. da
[94] sie uns den ganzen Winter nicht gesehen
haben, war es ihnen, wie sie sagten, sehr
angenehm uns wieder ein mal zu sehen,
um etwas Gutes zu hören. D. 11tn am
Ostertag morgens beteten wir die
Osterlitaney auf dem Säälgen, weil es
draußen kalt war u. schneyete. Da wir
hernach einige Schlitten auf dem Eise sahen
giengen wir ihnen entgegen. Als
sie uns erblickten, kam Tugluina auf
uns zugelaufen u. bezeigte nebst der
Mikak große Freude daß wir noch am
Leben wären. Sie sagten, gestern Abend
sind wir auf der nächsten Insel angekommen
u. da wir euer Haus sahen, wurden
wir sehr froh, aber noch weit mehr
da wir heute den Rauch aus dem Schorstein
aufsteigen sahen, woraus wir schlossen,
daß ihr nicht Hungers gestorben wäret,
denn da wir in Norden im Eis ein
gescheitertes Schiff gesehen haben, so dachten
wir, es wäre eures u. ihr hättet keinen
Proviant bekommen. Da sie nun
von allem das Gegentheil vernomen,
wurden sie sehr erfreut. Wir vermutheten
daß das gescheiterte Schiff ein Americanischer
Wallfischfänger gewesen sey.
[95] Mit Tugluina war auch seines Bruders
Seguliaks Sohn u. seine Frau, mit noch 5
Männern 4 Weibern u. 3 Kindern von Kangerdlorsoak
gekommen, welches 5 Tagereisen
von hier ist, wo sie diesen Winter gewohnt
haben. Sie hatten 4 Schlitten, zween jeder
mit 28, einer mit 25, u. einer mit 14 Hunden
bespannt. Wir liehen ihnen unser
Zelt, darinn die eine Hälfte wohnte,
die andere machte sich ein Schneehaus,
dergleichen sie sich auf der Reise hieher
alle Abend gemacht hatten u. womit sie
in ein paar Stunden fertig sind. Die
Nordländer sind recht hübsche Leute, u. scheinen
überhaupt einfältiger u. nicht so
verdorben zu seyn, als die hiesigen u. die
Arbartoker, sie ließen sich bald bedeuten
da wir ihnen sagten, daß wir uns heute
nicht gern mit dem Handel einließen,
weil wir uns an diesem Tage besonders
der Auferstehung unsers u. ihres
Schöpfers u. Heilandes erinnerten. Bey
der Verkündigung von seinem verdienstlichen
Leiden u. Sterben, waren sie aufmercksam.
Ein alter Mann konte es
gar nicht faßen, wie es doch zugienge,
daß sie den Mann nicht kenten, da
[96] Er doch Sein Blut für Ihn u. alle Menschen
vergoßen habe u. für sie gestorben sey.
Davon sagte er haben wir noch nie gehört.
Auch wie sehnlich wünscht man ihnen ein
Gefühl u. Verstand am Evangelio! D. 12tn
wurde mit ihnen gehandelt u. der Kaufman
bekam eine gute Anzahl Maasbarten,
wofür wir recht danckbar waren.
Sie sagten es würden noch mehrere
mit Wallbarten von Norden kommen,
wo sie diesen Winter an verschiedenen
Orten 5 bartige Wallfische
theils gefangen theils todt gefunden
hatten. Nach ihrer Erzählung sind 6 bis
7 Wohnpläze, jeder von 2, 3 auch 5 bis
6 Wohnhäusern in Norden auf dieser
Seite des Eingangs in die Hudsons Streight.
Sie nennen dieselben wie folget 1.)
Nunasorname eine Tagreise von hier,
2.) Kivertlok, zwo Tagreisen weit,
3.) Napertome 3 Tagreisen von hier,
da soll das Holz wachsen aufhören 4.)
Kangerdlorsoak 5 Tagreisen weit, wo
sie 2 Wallfische gefangen haben 5.)
Seglak 6 Tagreisen weit, wo sie einen
Wallfisch gefangen haben so wie auch 6.)
in Nachrak 9 bis 10 Tagreisen von hier.
Eine Tagreise ist so viel man weiß
[97] aus ihrer Erzehlung, etwa ein halber Grad
oder 7 bis 8 deutsche Meilen. Sie sagten
auf unser Befragen, daß sie nie Schiffe
gesehen, auch nicht gehört hätten, daß
ihre Landsleute in Norden je mit Europäern
gehandelt hätten. Sie erzählten,
daß viele von den noch nordlichern Eskimos
Hungers gestorben seyn solten.
Es wurde noch vieles von ihrem Erlöser
mit ihnen gesprochen. Man kan diese
Norderländer ansehen wie die Süderländer
in Grönland u. wer weiß ob nicht
die ersten gnadenhungrigen Seelen von
daher kommen werden. Zulezt sagte der
Aelteste von den Männern, der immer
das Wort führt, zu Bruder Jens Haven:
Jezt kennen wir euch u. eure Worte, daß
ihr uns lieb habt, darum werden wir
euch künftig mehr besuchen kommen.
D. 13tn früh wurden sie noch gebeten
unsere Freunde zu bleiben u. ihren Landsleuten
in Norden zu sagen, daß wir
ihre Freunde sind u. sie lieb hätten u. dann
fuhren sie weg. Als man der Mikak
erzehlte, daß die alte verwittwete Princeßin
u. andere von der Königlichen Familie
gestorben sind, sagte sie: Nun
[98] [WS 7] verlange ich nicht mehr nach Europa
oder nach Chateaubay zu kommen, welches
uns sehr lieb zu vernehmen war. D. 16tn
u. 17tn waren verschiedene Eskimos von
Süden hier. Bruder Schneider redete mit
ihnen über die Worte: Warlich, warlich
ich sage euch: Wer mein Wort höret u.
glaubet dem, der mich gesand hat, der
hat das ewige Leben u. komt nicht in das
Gericht. Joh. 24;25 Sie sagten darauf,
wir wollen nicht an den bösen Ort
wir wollen glauben u. an den guten
Ort kommen. Es war mit ihnen ein junger
Mensch von Arbartock hier, u. da
Bruder Haven verschiedene Arbartocker persönlich
u. namentlich kennet, so sagte er
diesem, er solte den Arbartockern sagen,
sie möchten uns im Sommer besuchen.
D. 19tn Abends kamen 3 Schlitten von
Kivertluck. Der Kaufman erhandelte
d. 20tn ihre Maasbarten von ihnen.
Zur Verkündigung des Evangelii hatten
sie kein Gehör. 2 von den Männern die
noch nicht hier gewesen, waren sehr rauh
u. ungezogen. Es ist ein mercklicher
Unterschied zwischen denen, die uns noch
nicht kennen gelernnt u. andere Europaer
[99] gesehen haben, bey welchen man sich viele
Geduld vom Heiland ausbitten muß.
Sie baten uns sehr zu ihnen zu ziehen,
wo es viele Wallfische, Seehunde, Dorsche,
Renthiere u. Ripper gäbe, wir sagten,
wir wüßten es noch nicht. D. 21tn
früh bey Tages Anbruch, fuhren 2 von
den Schlitten wieder weg, der Dritte
blieb noch einige Stunden hier u. der Mann
kam nachher zu uns u. sagte: Er habe
Worte an uns u. das war: daß 2en
von denen, die mit ihm hier gewesen
u. noch einige mit ihm u. andern seiner
Landsleute u. auch mit uns nicht in Gemeinschaft
leben wolten u. daß sie trachteten
ihn zu tödten. Wir riethen ihnen
zur Einigkeit u. sagten ihm, daß wir
uns vor ihnen nicht fürchteten. Wir
wißen nichts dabey zu thun, als unsern
lieben Herrn an zu sehen, der zu
unserer Zeit schon so viele Gegenden,
wo zuvor die Macht der Finsterniß
herrschte, mit dem Licht seines Evangelii
erleuchtet hat; darum hoffen wir,
daß Er es auch hier thun u. wir uns
dereinst mit den Engeln im Himmel über
Seinen aus dieser Nation gesamleten
[100] Schmerzens Lohn werden freuen können.
D. 22tn kam der Nerkingak, der Mikak
Vater, nebst Frau u. Kindern mit ihrem
Zelt als die erste Familie, die dieses
Frühjahr eine Weile auf unserm
Lande stehen wird, hieher, bey den Gesprächen
vom Heiland, hörte des Anauke
gewesene Wittwe Nerkingoaks Frau
aufmercksam zu. Er hingegen hat keine
Neigung das Gute zu hören. Wir hörten
von diesen Leuten eine sonderbare
Begebenheit, dergleichen unter ihnen nicht
so gar selten vorzukommen scheint, daß
nemlich Tugluina der Mikak Mann seines
Schwagers Pualo Frau, eine leibliche
Schwester der Mikak genommen habe u.
mit ihr nach Norden gefahren sey; die
Mikak aber habe er bey Pualo u. ihren
Verwandten gelaßen. D. 24tn kamen
noch ein paar Familien hier an, worunter
der Pualo nebst der Mikak
war. Beyde waren mit Tugluinas
Verfahren nicht zufrieden. Es ist
aber eine sonderbare Gewohnheit unter
dieser Nation, daß wenn einer
etwas von dem andern verlangt,
dieser jenem nicht widerspricht wenn
[101] er es auch ungern geschehen läßt, wir
haben davon ein ähnliches Beyspiel von
Pattiguk u. von dem Verstorbenen Kettornek
gehört. Dieser sagte zu jenem,
ich brauche Deinen Boot u. will dir 3 Hunde
u. etwa noch was weniges dafür geben
u. Pattiguk ließ es ihm ohne etwas
dagegen zu sagen. Als wir ihn hernach
fragten, warum er es gethan habe?
sagte er: Weil er es von mir verlangt hat.
Jezt haben wir 3 Zelte auf unserm Lande
stehen u. da wird ihnen täglich das Wunder
aller Wunder, daß Gott Mensch geworden
u. um unserer Sünde willen gestorben
ist, verkündiget.
D. 26ten kam Millik u. Niakok aus Norden, von wo sie viele Wallbarten mit brachten. Unterwegs auf dem Eise trafen sie ein von Wölfen getödtetes Renthier an u. 2 Wölfe waren dabey, die aber, als sie nahe kamen, davon liefen. Diese beyden Eskimos fuhren d. 27ten zu ihren Familien. D. 29ten kam noch eine Familie von Auckpallartock hier an, so daß jezt 4 Zelte auf unserm Lande stehen. D. 23tn fingen wir an rechtes Thauwetter zu bekommen.
D. 2ten May kam ein Eskimo nebst einem [102] Knaben mit einem großen Schlitten voll Speck von Parnertok hier an. Da er den Speck verkauft hatte, sagte er: Es ist doch sehr gut, daß Europäer hier sind, daß wir bekommen können was wir brauchen u. er danckte dafür. Es wurde ihm geantwortet: Wenn du u. deine Landsleute euren Schöpfer u. Erlöser, der uns zu euch gesandt hat, werdet kennen lernen, dann werdet ihr erst recht danckbar werden, daß Er die Menschen so lieb hat, daß Er für euch gestorben ist u. Sein Blut für euch vergoßen hat, um euch von der Sünde zu reinigen u. ewig selig zu machen. Sie gingen d. 3ten Nachmittag zu Hause. D. 4ten waren 3 Männer zum Besuch, denen auch das Wort der Versöhnung verkündiget wurde u. sie waren aufmercksam. D. 5ten fuhren die 3 Männer die auf unserm Lande stehen zum Strom hinein um Seehunde zu fangen, kamen aber ohne welche bekommen zu haben d. 7ten zurück. Das Wasser vom geschmolzenen Schnee auf dem Eis wo es noch keine Rizen hat, wo daßelbe hinein laufen kan, ging ihnen bis an die Knie. [103] D. 8ten erinnerte sich unser kleines Ehe-Chor des Lehrtages den die Ehechöre an diesem Tage im vorigen Jahr gehabt. Eine Familie fuhr mit ihrem Zelt u. alle dem Ihrigen von uns, um eine Zeitlang bey dem Strom zu stehen u. Seehunde zu fangen. Bey dem hellen Wetter u. Sonnenschein in diesen Tagen, fing das Waßer in unserm kleinen Flüßgen an wieder zu laufen u. wir haben den Schnee u. das Eis aus dem Mühlgraben weggeschaft, so daß die Sägemühle wieder in Gang kam. D. 10tn kamen 2 Schlitten bey uns an. D. 11ten kam Tugluina mit der Frau des Pualo von Norden wieder bey uns an. Die Brüder Haven u. Brasen gingen hernach zu ihm in das Zelt u. fanden ihn auf der Pritsche bey der Mikak sizend. Bruder Jens Haven sagte zu ihm: sieht man dich wieder einmal? Wir sind sehr über dich betrübt, daß du einem andern Manne seine Frau nimmst u. mit ihr nach Norden gehest u. hier die Mikak alleine sizen u. sich über dich betrüben läßest. Er lächelte u. sagte: ich will es nicht mehr thun. Dann wurden sie ermahnt u. gebeten, einander hübsch lieb zu haben u. bey einander zu [104] bleiben. Die Mikak, die zwar sehr wehmüthig aussahe, wurde ein wenig aufgemuntert u. sagte: Das ist wahr! Bruder Jens Haven nahm sie hernach nochmals beyde auf seine Stube, redete mit ihm über seine Ausführung u. bat ihn sich zu besinnen u. an den Heiland gläubig zu werden. Gegen Abend kam Nerkingoak vom Seehundfang nach Hause, er hatte 2 große Seehunde gefangen, die er wie die Grönländer Kassigiarsoit, u. weil jedes ein Junges im Leibe hatte, Iblaulik nannte. Auch kam ein Schlitten von Süden. Allen hier befindlichen Eskimos wurde wie gewöhnlich das Evangelium verkündiget.
D. 13ten früh fuhr Tugluina mit der Mikak nach Kangerdlorsoak u. der andere Schlitten nach Süden zurück. Wir erfuhren diesen morgen eine besondere Bewahrung unsers lieben HErrn durch Seinen Engel. Bruder Stephan Jensen war mit seinem lincken Arm, von dem Holzwerck welches die Säge in der Mühle auf u. nieder bewegt so eingequetscht worden, daß er ihn nicht wieder heraus bringen konte, u. da es ihn nun heftig zu schmerzen [105] anfieng, so schrie er um Hülfe. Bruder Jens Haven der eben hinaus gegangen war, sprang gleich hinzu u. hob das Sägewerck mit der Schulter in die Höhe, welches zum Wunder war, aber der HErr schenckte ihm den Augenblick die nöthige Kräfte um dem Bruder zu helfen deßen Arm sonst ganz zerquetscht u. auf Zeit Lebens schadhaft geworden wäre, so aber noch wieder zu heilen war. D. 17tn wurde ein Plaz mit Pallisaten eingezäumt, wo wir die Hunde am Tage einsperren können, damit unsere Schaafe sicher ihre Nahrung suchen können. D. 20tn wurde den bey uns stehenden Eskimos gesagt, daß wir uns an diesem Tage der Himmelfahrt Christi unsers lieben HErrn, der zuvor für alle Menschen am Creuz gestorben wäre u. Sein Blut vergoßen hätte, erinnerten. Wir haben diese Woche den Anfang gemacht den hier stehenden Eskimos täglich 2mal eine Versamlung zu halten, auf unserm Säälgen, wozu allemal vorher mit der Glocke geläutet wird u. sie finden sich ordentlich dazu ein. D. 22tn fuhren Nerkingoak u. Pualo mit ihren Familien von hier nach Parnertok so daß [106] jezt nur 2 Familien bey uns stehen. Gegen Abend kam Millik u. brachte dem Bruder Stephan Jensen Wallbarten zur Bezahlung seines Bootes. Jezt fieng der Schnee auf Nainsberg an zu schmelzen, u. es kam mehr Waßer in den Graben, den wir im vorigen Jahre machten als wir brauchen. Wir wachten einige Nächte bey der Mühle u. so ist nun unser meistes Holz zu Brettern geschnitten. Die Eskimos bezeugen jedes mal wenn sie Flinten bey uns sehen, große Begierde dergleichen zur Renthier Jagd zu bekommen, Millik äußerte dieses mal sehr nachdrücklich daß er eine haben müße, der Capitain in Cape Charles habe viele Flinten, davon er den Eskimos gebe u. verkauffe, wenn wir ihm nicht eine verkauffen wolten, so würde er sich dorthin wenden. Man antwortete ihm: wir haben nicht mehr Flinten als wir brauchen, daß der Capitain in Süden den Innuit Flinten gibt, dazu können wir nichts sagen, weil er nicht von unsern Leuten ist, u. was er hat, das ist sein, er kan damit machen was er will. D. 29tn zogen die lezten Eskimos [107] mit ihren Zelten von hier weg. Heute u. gestern wurden unsere Garten besäet. D. 30tn als am Pfingsttage empfahlen wir uns aufs neue der treuen Leitung des Heiligen Geistes, u. baten ihn auch, seine Gnaden-Arbeit an den Herzen der hiesigen armen Heiden immer kräftig fortzusezen. Abends kam Pattiguk Milliks Bruder nebst noch 2 Eskimos mit Speck bey uns an. Sie hatten unterwegs einen Seehund auf dem Eise gefangen, von deßen Fleisch sie uns die Hälfte verkauften. D. 31tn hatten wir Gemeintag. Dieser Monat ist wie das ganze Frühjahr viel kälter als im vorigen Jahre gewesen, das Eis liegt noch unbewegt u. das Thermometer war alle Morgen noch einige Grade unter dem Eispunckt. D. 1tn Jun. fuhr Pattiguk mit seinem Gefährten wieder von uns, u. nahm seines Bruders Milliks neues Weiberboot auf dem Schlitten mit. Einige Brüder schoßen heute eine Renthier-Kuh nebst dem Kalbe, wofür wir dem Himlischen Vater recht danckbar waren. Es wurde fleissig an dem neuen Boote gearbeitet, [108] welches sehr mühsam u. verdrüßlich ist weil die meisten Bretter von dem hiesigen ästigen Holze, wenn man sie kämmen will, zerbrechen. D. 10tn Abends um 11 Uhr kamen 3 Eskimos auf Schlitten mit Wallbarten hier an. Da das Wasser im steigen war u. das Eis am Strande schon wegschmilzt, hatten sie viele Mühe ans Land zu kommen. Wir hatten uns dieses Jahr keinen Besuch mehr über das Eis vermuthet. Sie sagten uns aber: daß in Norden noch harter Winter sey u. dort viel mehr Schnee u. Eis läge als hier. D. 11tn früh um 4 Uhr wurde die Schwester Brasin mit einem Töchterlein glücklich entbunden, welches Abends, weil eben zu unserer Freude Eskimos hier waren, in ihrer Sprache von Bruder Drachard mit Namen Agnes Theresia getauft wurde. D. 12tn früh fuhren obgedachte 3 Eskimos wieder von uns ab. Unser Gebet u. Wunsch war, daß der Heilige Geist ihnen selbst die Worte, die ihnen auch dieses mal von der Absicht der Taufe gesagt worden sind, ans Herz bringen möge. Abends in der 11tn Stunde war auf etliche Minuten [109] ein starcker Hagel u. dann fiel ein solcher Schnee, daß er über Fuß tief lag. D. 14tn giengen die Brüder Schneider, Rhodes u. Lister einige deutsche Meilen weit ins Land hinein u. blieben die Nacht unter freyem Himmel, um sich noch weiter nach Renthieren um zu sehen, fanden aber keine u. brachten nur 2 Ripper u. eine Ente nach Hause. D. 18tn brach das Eis größtentheils ohne Geräusch los, so daß wir d. 20tn nichts mehr davon sahen. D. 21tn kam das erste Boot nebst einigen Kajaken bey uns an. D. 22tn früh wurde mit den Eskimos vom Heiland geredet; sie hatten aber wenig Aufmercksamkeit, weil sie bey gutem Winde forteilten, um in der Norder Fiorte auf die Renthierjagd zu gehen. Die 4 Brüder Schneider, Rhodes, Lister u. Morhard, giengen zu gleichem Zweck dahin ab, u. sie kamen d. 2tn Jul. Gott sey Lob u. Danck! glücklich u. wohlbehalten zurück. Wir danckten unserm lieben Herrn, der ihre Mühe gesegnet u. ihnen 2 Renthiere u. einen schwarzen Bären geschenckt hatte. Weil die Attuguna mit war, so sangen die Brüder Morgens u. Abends grönländische Verse. Die Eskimos die zugleich mit den Brüdern in die Fiorte fuhren, hielten [110] sich die ersten Tage bey ihnen auf. Da sie nun Anfangs nichts bekamen, u. die Brüder ein Renthier geschoßen hatten, so verlangten sie nach ihrer Landes-Gewohnheit daß die Brüder ihnen davon zu eßen geben solten. Bruder Schneider bedeutete sie u. sagte: Wir wißen u. verstehen sehr wohl, daß dieses unter den Innuit Brauch ist, aber unter den Kablunät ist es anders, wer sich mühet u. etwas erwirbt, dem gehört es u. er kan damit machen was er will. So halten wir es auch hier zu Lande. Wenn ihr Fleisch übrig habt, daß ihrs nicht verzehren könt u. ihr wollt es uns verkauffen, so wolln wir euch dafür bezahlen, darum müßt ihr thun wie wir, u. rechten Fleiß anwenden um etwas zu erwerben. Sie liessen sich bedeuten. Da sie aber nichts zu eßen hatten u. Hunger zu leiden anfingen, so gaben ihnen die Brüder einen Schincken, wofür sie sehr danckbar waren, Noch denselben Abend fieng ein Mann einen Seehund u. Tags darauf jagten sie 3 Renthiere ins Waßer u. erlegten sie glücklich so daß sie hernach genug zu eßen hatten. Die Attuguna erzehlte den [111] Brüdern, daß die Eskimo glaubten, es wohne hier im Lande drinnen beständig eine alte Frau, die über die Landthiere u. besonders über die Renthiere regiere u. sie alle mal heraus schicke, wenn die Eskimo deren benöthigt sind. Wenn sie daher keine Thiere sähen, so rufen sie der alten Frau zu Käit, käit d. i. Komm her, komm! Wir sind hungrig. Bey dieser alten Frau sollen viele Seelen der Verstorbenen seyn u. mit ihr auf die Jagd gehen. Sie nennen sie Sapergucksoack u. ihren Mann Torngarsock, der auf dem Waßer wohnt u. alle Waßerthiere beherrsche. Der gebe den Innuit Wallfische, Seehunde u. dergleichen. Wenn sie nun Hungers Noth u. Mangel an Seehunden leiden, so rufen sie ebenfalls mit gewaltigem Lerm zum Torngarsock um Seehunde. Der Attuguna wars bey der Erzehlung selbst lächerlich u. sie schien es nicht glauben zu können. Darauf wurde ihr die Geschichte von der verdienstlichen Menschwerdung u. Tod des Heilands verkündigt. Das Land haben die Brüder eben so gefunden, wie es bey Nain ist. An verschiedenen Stellen war das Holz fast ganz umgefallen u. was noch stand [112] war weiß u. ausgestorben, wie es auch hier an manchen Orten ist. Die Ursach ist wol, weil unter der etwa einen Fuß tiefen Torferde, ganz sandigter Bodem ist, so daß die Bäume, wenn ihre Wurzeln so tief kommen, nicht weiter wachsen können. Drinnen im Lande haben sie auch große Bezircke angetroffen, wo das Holz weggebrannt ist, vermuthlich mit Fleiß von den Eskimos, damit sie die Renthiere beßer sehen können. D. 3tn kamen auch die Eskimos wieder hier an, die mit den Brüdern zugleich in die Fiorte gefahren waren. An demselben Tage kam das erste Europäische Boot mit Eskimos von dem ersten nordlichen Platz Nunasornome eine Tag-Reise von hier an. Sie brachten ziemlich viele Wallbarten mit. Ein Mann unter ihnen hatte eine kleine Anzahl Wallbarten, wofür er ein neues Boot von uns haben wolte. Er wurde bedeutet, daß er ein Weiber Boot dafür bekommen könte, er wolte aber ein Europäisches haben. Man schlug ihm dann vor, die mitgebrachte Wallbarten hier zu laßen u. künftiges Jahr noch so viele dazu zubringen als zur Bezahlung eines Europäischen Bootes [113] erforderlich sind, welches mehr als ein Weiber-Boot kostete. Da er aber sahe daß er sich betrogen hatte, ward er ganz stille, stand auf u. gieng wie rasend in sein Zelt, kam wieder, gieng auf u. ab, stieß boshafte Worte aus, nahm Späne von der Erde auf, die er den Brüdern gab, antwortete auf keine Frage u. war so eine Zeitlang wie außer sich. Die dabey stehenden Eskimos lachten u. sagten: Er ist ohne Gedancken oder Er ist nicht recht bey Sinnen. Nachher wurde ihm nochmals vorgestellt, daß man ihm künftigs Jahr gerne ein Boot bauen würde, wenn er diese Wallbarten hier ließe u. künftig die ermangelnden brächte, das gefiel ihm aber nicht u. er verkaufte sie dann für andere Waaren an den Kaufman. D. 4tn früh wurde den Eskimos eine Versamlung gehalten wobey sie ziemlich aufmercksam zuhörten u. was sie nicht verstanden, sich nochmals widerholen ließen. Einige, wiewol wenige, machten unter der Versamlung eine Störung u. haben ihr Gespöte mit dem was man ihnen sagt. Aber Gott sey Danck, durch ernstliches Anreden muß der böse Geist weichen u. ein solcher armer Mensch wird geschlagen u. stille. [114] Die Eskimo mit dem Weiber Boot fuhren heute zu ihren Familien. Die von Norden verließen uns erst am 6.. D. 9tn fiengen wir an das Lachsnez auszusezen, in dem die Forellen anfangen zu kommen. Diesen Vormittag kam ein Mann im Kajak einer von den 3 Arbartokern die uns in dem ersten Herbst gleich nach Abgang des Schiffes besuchten. Damals standen sie von ferne u. riefen: Wir sind Freunde u. da sie näher kamen getrauten sie sich nicht gleich auszusteigen. Dieses mal aber kam er ganz unerschrocken, gerade auf unsern Strand, stieg gleich aus seinem Kajak, war freundlich u. gesprächig u. erzehlte, daß 2 Boote kommen würden die er unterwegs verlaßen habe u. daß er künftigen Winter mit seiner Familie in Kivertlock in Norden wohnen würde. D. 10tn kamen gedachte 2 Boote. In dem einen waren die vor einigen Tagen abgefahrnen Nordländer, in den andern aber die Arbartocker. D. 11tn früh hielt ihnen Bruder Drachard eine Versamlung u. einige Weibsleute erfreuten uns durch ihre Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu verstehen. Gegen Abend kamen [115] 3 Europäische Boote ganz voll Menschen. Auf dem einen war Manuminas Frau auf dem andern waren Arbartocker. Nun liegen 6 Europäische Boote in unserm Haven u. 9 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 12tn fuhren früh 3 Boote nach Norden, eines Nordländer, die andern Arbartocker. Die zurückgebliebenen hören täglich das Evangelium 2 mal. Sie bezeugen ziemliche Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu hören u. sagen, so etwas haben wir nie gehört u. wenn sie etwas von dem gesagten faßen: so sehen sie einander zu weilen an u. wundern sich. D. 14tn wurde das neue Boot für Manumina so weit fertig, daß es vom Stapel genommen wurde. Es gefällt ihm recht wohl nur fehlen ihm noch eine Anzahl Wallbarten zur Bezahlung, die er schwer auf zu bringen haben wird. D. 16tn kamen 9 Boote voll Eskimos bey uns an, 2 von hiesigen Einwohnern u. 7 Arbartocker. Noch ein Boot Arbartocker kam d. 17tn früh wie auch Millik mit seiner Familie. Nachher wurde in 3 Abtheilungen besonders den Arbartockern von Bruder Drachard auf unserm Säälgen Versamlungen gehalten [116] u. ob sie gleich die schlechtesten unter dieser Nationen sind, so haben sie sich doch ganz ordentlich dabey aufgeführt. Die Erzehlung von unsers Schöpfers Menschwerdung, Leiden u. Tod für alle Menschen, erregte bey ihnen besondere Aufmercksamkeit, weil sie nie etwas davon gehört haben, als was ihnen die Brüder auf der recognoscirungs Reise sagen konten, welches sie wieder vergeßen hatten. Abends wurde unter freyem Himmel Versamlung gehalten, wobey gegen 200 Menschen waren. Sie verhielten sich sehr still u. ordentlich waren aufmercksam u. bejaheten alles. Die Hunde der Eskimos waren uns sehr beschwerlich. Des Tages waren uns unsere Schaafe nicht sicher vor ihnen, des Nachts rißen sie große Löcher in unsere ausgestelten Neze, ja sie kamen auch zu den Pallisaten hinein, wo unsere Hunde einen derselben todt bißen. Wir glaubten die Besizer würden darüber unwillig seyn, da wir es ihnen aber sagten, erwiederten sie, der Hund ist von selbst hinein gegangen u. bezeigten weiter keine Unzufriedenheit darüber. Gegen Abend kam Segulliak mit noch einem [117] Mann in einer großen Schaluppe mit 2 Segeln von Kangerdlorsoak u. nun liegen 15 Boote hier, welche bis auf 2, lauter Europäische sind u. es ist uns zum Wunder, wo sie so viele her bekommen. 36 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 18tn fuhren 8 Boote voll Arbartocker als unsere Freunde von hier nach Norden, wo sie den nächsten Winter wohnen wollen. Wir bedeuteten die jenigen die mit dem Kaufman handeln wolten, daß er sich Sontags vor Sonnen Untergang damit nicht abgeben könne. Bruder Drachard hielt die Frühversamlung u. die Abends Versamlung hielten die Brüder Haven u. Schneider wechselsweise mit den noch hier stehenden Eskimos, deren Anzahl über 100 ist u. die sich dabey still u. ordentlich verhalten. Zu der Früh Versamlung am 19tn fanden sich nur wenige ein. Wenn sie einige mal gehört haben: so dencken sie, sie verstehen u. wißen alles. D. 20tn kamen 2 Boote, die in den nächst vorhergehenden Tagen von uns gefahren, mit einigen Familien hier an. Auch kam Tugluina mit der Mikak von Norden. Da unser Packhaus fertig gezimmert ist [118] daß man es nun aufsezen kan, so wurde heute angefangen, gleich außen vor den Pallisaten auf dem Plaz wo es stehen soll, zu graben, denn es soll auf einer Seite über 3 Ellen tief in die Erde kommen um den Speck vor der hiesigen außerordentlichen trockenen Luft zu verwahren. Tugluina der mit den Arbartockern auf seiner Herreise gesprochen, erzehlt, daß es ihnen bey uns wohlgefallen u. sie gesagt hätten: sie würden uns künftig mehr besuchen kommen. Heute fuhren die lezten Arbartocker bis auf ein Boot von hier ab. Bruder Drachard besuchte Vormittag in allen Zelten deren nur noch 14 sind u. legte ein Zeugniß vom Heiland ab. D. 21 wurde die Versamlung der Eskimos früh, weil es starck regnete auf unserm Säälgen, Abends aber unter freyem Himmel gehalten. Unser Säälgen kan sie nicht alle faßen, daher wir auf einen größern Versamlungs Saal dencken müßen. Einige Eskimo die Abends aus den Inseln nach Hause kamen, erzehlten daß sie Kanonen Schüße gehört hätten. D. 24tn wurde mit der Mikak die seit dem Frühjahr die Waßersucht hat [119] u. mit der Kranckheit aus Norden gekommen ist u. mit ihrem Mann von den Brüdern Drachart, Jens Haven u. Brasen geredet. Es wurde ihnen gesagt, daß Lezterer sie in die Cur nehmen wolle, wenn sie so lange mit ihrem Zelt auf unserm Lande bleiben u. sich in ihrer ganzen Lebensart nach seiner Vorschrift richten wollte, wozu sie mit Freuden ja sagten. Es wurde ihnen aber zugleich vorgestellt, daß eine solche Cur ihre Schwierigkeiten hätte u. daß sie wol gar sterben könnte, wofür man nicht gut wäre. Die Brüder Drachart u. Haven redten ihnen dabey zu Herzen u. baten sie daßelbe ihrem Schöpfer u. Erlöser hinzugeben u. an Ihn zu glauben.
D. 25ten früh schreibt Bruder Brasen: Da ich mir die Loosung des Tages vom vorigen Jahre ansah, war mir besonders wohl, ich konnte dem Heiland für den hiesigen Plan dancken u. Hallelujah singen. Einen neuen beschämenden u. uns zum kindlich gebeugten Danck reizenden Beweiß von der Güte u. Barmherzigkeit unsers lieben HErrn, erfuhren wir gleich nach dem Frühstück, da ein Eskimos kam, der uns erst die Nachricht, daß ein kleines Schiff in den Inseln läge, das zu uns wollte u. dann einen sehr angenehmen Brief von unserm lieben [120] Bruder Layriz brachte, darinn uns derselbe mit der Loosung, die unser lieber HErr auf das Jahr 1773 in der Unitäts Aeltesten Conferenz für Nain gegeben hat, grüßte. Häufige Thränen floßen vor Beschämung u. Freude, daß unser lieber HErr uns so augenscheinlich sehen ließ, wie Er in Gnaden an uns dencke u. wie uns die Diener Seiner Unität auf dem Herzen tragen, so daß sie uns auch einen aus ihrem Mittel, u. zwar unsern lieben alten 66 jährigen Bruder Layriz zu einer Visitation hergesandt. Nachdem das Schreiben den Geschwistern verlesen worden, schlug Bruder Brasen für das Gemeinlein in Nain folgende 2 Loosungen auf: Boas sprach: Der HErr mit euch! Sie antworteten: Der HErr segne dich! Er laße Seinen Frieden ruhn in Israelis Land, Er gebe Glück zu unserm Thun u. Heil zu allem Stand. Ich der HErr will einen Bund des Friedens[WS 8] mit ihnen machen u. alle böse Thiere aus dem Lande ausrotten, daß sie sicher wohnen sollen in der Wüsten u. in den Wäldern schlafen. Als Kindlein die auf Erden mit Fleiß bewahret werden.
Nun war ein jedes voll Verlangen unsern
lieben Bruder Layriz zu grüßen u. zu küßen.
6 Brüder fuhren sogleich mit dem kleinen
Boot entgegen u. bey der Süder-Hucke
[121] erblickten wir die Sloop[WS 9], zu deren Bewillkommung
bereits 18 Kajake voll Eskimos voraus
gefahren waren. Wie wir näher kamen,
sahen wir zu unserer großen Freude
daß auch die Schwester Layrizin mit käme,
welches unsere Schwestern auch gar
sehr erfreuen wird. Bald darauf kamen
wir auf das Schiff, da wir unsere lieben Geschwister
mit tausend Freuden bewillkomten.
Stille Danckthränen floßen auf
beiden Seiten u. wir fühlten, was sich bey
solchen Gelegenheiten beßer empfinden
als nachher beschreiben läßt. Da nach
einigen Stunden die Sloop in Unity Harbour
vor Ancker kam, genoßen unsere
übrige Geschwister in Nain daßelbe unbeschreibliche
Vergnügen, unsere lieben Geschwister Layriz
u. den in Grönland gebornen uns
sehr willkommenen Bruder Joh. Ludwig Beck
herzlich zu grüßen. Unsere Schwestern
hatten kaum die 2 Stunden erwarten
können vor Verlangen auch eine Schwester
in ihrer Mitte zu sehen. Unsere heutige
erste Loosung hieß, aus den Loosungen
des Jahrs 1773: O Herr hilf, o Herr laß wohl
gelingen, u. wir sagten von Herzen dazu:
Sprich ja zu unsern Thaten, hilf selbst
[122] das beste rathen, den Anfang Mittel u.
Ende, Ach Herr zum besten wende. Bruder Layriz
grüßte zuvörderst das ganze Haus
Gemeinlein mit dem Friedens Kuß u.
eröfnete dann seine Visitation mit Verlesen
des Schreibens der Unitäts-Aeltesten-Conferenz
an hiesige Geschwister. Abends hielt er
die Liturgie: Tritt her o Gemein p. D. 26
war der Anfang der Conferenzen, worinnen
zuerst J. Ludwig Beck zum Protocolisten
der Aeltesten- u. Haus Conferenz ernannt
wurde. Sodann wurde die Absicht bekant
gemacht, welche unsere lieben Brüder in Europa
mit der Sloop gehabt, auf welcher
unsere lieben Geschwister von S. Johns gekommen
sind, nemlich eine recognoscirungs Reise
nach Norden mit derselben zuthun u.
mit dortigen Einwohnern bekantschaft zu machen.
Die 2 Brüder Jens Haven u. James
Rhode, wurden ernant diese Reise zuthun
u. sie nahmen es willig an. Auch
fand man für gut 2 Eskimos in ihren
Kajacken mit zu nehmen, welche als
Wegweiser Dienen u. zugleich bey ihrer
Nation, das beste Zeugniß von unserer
Freundschaft gegen sie ablegen könten.
Es haben schon verschiedene große Lust
[123] bezeigt mit zugehen. Abends redete Bruder
Layriz mit der Versamlung der noch hier befindlichen
Eskimos u. Bruder Drachard verdollmetschte
es ihnen. Lezterer schreibt davon:
Ich fieng damit an, den Eskimos
zu erklären, was ein Friedens Gruß
bedeute. Da sie nun wie die Grönländer
keinen Gruß haben, so sagte ich ihnen
folgendes: Bruder Layriz bringt euch gute
Worte u. will euch sagen, daß die
Gemeinen eure Freunde sind u. euch
lieb haben. Denn da die Gemeinen aus
Briefen voriges Jahr von euch vernommen
haben, daß ihr uns fleißig besucht
u. Verlangen bezeigt habt, von des
Heilands Menschwerdung, Leiden u. Sterben für
eure Sünden zu hören: so haben sie sich gefreut
u. den Heiland gebeten, daß doch ein einziger
Mann unter den Eskimos es geschehen
ließe, daß der Heiland ihm an das Herz kommen u.
ihn zu einem armen Sünder machen könne,
denn alsdann würde der Heiland selber mit Seinem
Blute ihn los machen, vom bösen Gewissen
u. ihm Gnade u. Freyheit von allen
Sünden geben, u. dann würde er auch mit
einem von Jesu Marter durchdrungenen
Herzen zu seinen Landsleuten reden können
[124] u. das könnte bey allen seinen Landsleuten
Eingang finden. Da habt ihr den Bruder Layriz,
dieser wird nun eine kurze Rede in seiner
Sprache an euch halten u. ich will euch alles
in eurer Sprache widerholen. Bruder Layriz
fing darauf an, einen kurzen Saz nach
dem andern zu sagen u. hielt dazwischen
inne bis ich es den Eskimos in ihrer Sprache
widerholt hatte. Seine Rede währte eine
kleine Viertelstunde u. war des Innhalts:
Gott habe die Zeit der Unwissenheit übersehen,
nun aber laße Er ihnen durch die
Brüder sagen, wie hoch Er sie liebe u. daß
Er sie als Menschen, die mit dem Blute
Christi erlöset wären, selig machen wolle.
Diese Zeit ihrer Heimsuchung möchten sie ja
erkennen u. wol anwenden; denn es würde ein
Tag kommen, da Innuit u. Kablunat Rechenschaft
geben müsten, von dem was sie von ihrem
Schöpfer u. Erlöser gehört haben. Sie waren
dabey stille u. aufmercksam. Darauf antwortete
ein Eskimos im Namen der übrigen
folgendes: Heute früh da wir sahen daß
das kleine Schiff hier herein käme, da haben
wir u. unsere Weiber u. Kinder uns alle
erstaunlich darüber gefreut. Ja wir dancken
den Brüdern daß sie zu uns herkommen
[125] und uns so viel gute Worte bringen, die
wir zuvor nie gehört. Wir lieben alle
Brüder u. wollen ihre guten Freunde
bleiben, wir wollen euch fleißig besuchen,
um die guten Worte von Jesu Leiden zu
hören. Wir dencken an den Heiland haben Ihn
lieb u. wollen Ihm unsre Herzen hingeben.
Da wir so vielmal von euch gehört haben,
daß der große HErr der über uns wohnt,
vom Himmel herunter gekommen, ein Mensch
geworden ist u. für unsere Sünden am
Creuz Sein Blut vergoßen hat u. daß derselbige
große HErr der über uns wohnt,
der Himmel u. Erde u. alles geschaffen hat,
haben will, daß wir unsern alten Heidnischen
Gewohnheiten absagen sollen: so haben wir
diesen Sommer nicht so grobe Sünden gethan,
als andere Sommer. Wir sind Eins mit den
vielen gläubigen Innuit, von denen wir
so vielmal gehört haben, daß sie grade
gegen uns über in Osten wohnen.
Wir u. unsere Weiber u. Kinder reden in
unsern Zelten von des Heilands Menschwerdung,
Leiden u. Sterben für unsere Sünden.
Wir können nicht leugnen daß wir Sünder
sind; aber wir dencken der Heiland werde uns
gnädig seyn. Darauf sagte Bruder Drachart:
[126] Hört ihr lieben Freunde! Heute ruft
euch der Heiland alle zusammen, daß ihr zu
Ihm kommen sollt. Wir fühlen daß der Heiland hier
unter uns ist, Er streckt Seine blutge Arme
gegen uns aus u. Er sagt in unserm
Herzen zu einem jeden unter uns: Sehet
wie blutig u. verwundet ich bin nurmithalben,
darum bitte ich euch, daß ihr Ihm
euer Herz hingeben wollet u. wenn der Heiland
Seine Zeit ersieht, daß er euch an das
Herz kommen kan; so wird Er selber euch
in euren Herzen zu recht armen Sündern
machen, u. wenn Er das gethan hat, so
wird Er euch Gnade u. Freyheit geben von
allen euren Sünden, die ihr als Heiden
gethan habt u. noch thut. Ich will nicht
aufhören den Heiland zu bitten, daß Er
selber euch alle in eurem Herzen bekehren
wolle, dann werdet ihr recht bekehrt.
Es waren auch einige Familien Arbartocker
zugegen welche zu Bruder Drachard
sagten: Wir wollen auch glauben lernen,
wie die hiesigen Einwohner. Dieselben
Familien fuhren d. 27tn sehr früh
freundschaftlich von hier nach Arbartock
um wie sie sagten den Winter da
selbst zu wohnen, d. 28tn hielt unser lieber
[127] Bruder Layriz gesegnete Chorviertelstunden.
D. 29tn entstand eine Bewegung unter
den hiesigen Eskimos, weil dieser Tagen
ein paar Weiber ihren Männern entlaufen
waren. Die eine war Pattiguks
erste Frau, die aber Tags drauf zu seiner
Freude wieder zurück kam. Sie gab
vor, Ketteruks Sohn habe verlangt, daß
sie mit gienge. Er war heute in dem
Kajak abgefahren, kam aber abends
wieder u. man konte nichts dergleichen
von ihm mercken noch erfahren. Die
andere war des jungen Keminguse
Frau, die, wie sie vermutheten, zu
ihrer Familie nach Norden gegangen
ist. D. 30tn Abends wurden wir ein
Europäisches Fahrzeug gewahr, daß durch
Bironsoad herein kam. Die Brüder Haven
u. Hill u. einige andere, nebst
dem Capitain Willson fuhren mit
dem Boot entgegen u. brachten es
in den Haven. Wir hörten dann, daß
es ein Kriegs-Schooner u. der Befehls-Haber
deßelben ein Königlicher Lieutenant
sey, welchen Comodore Schuldam
hieher gesandt habe, sich nach uns um
zu sehen u. nach unserm Befinden
[128] unter den Eskimos zu erkundigen. D. 31tn früh
begaben sich die Brüder Brasen u. Haven
auf den Schooner um den Herrn Officier
im Namen des hiesigen Brüder
Etablisements zu bewillkommen u. unsere
Danckbarkeit für die Sorgfalt des Gouvernements
für uns zu bezeigen. Er bewieß
sich sehr freundschaftlich unterhielt sich bey
2 Stunden mit den Brüdern in der
Cabine u. zeigte ihnen die Charte die er
von der Küste von Chateaubay bis hieher
auf der Reise verfertigt. Bruder Jens
Haven zeigte ihm die Seinige dagegen
u. beyde trafen in vielen Stücken überein.
Er that verschiedene Fragen wegen
des Landes u. des Umgangs der Brüder
mit den Einwohnern, war über die Antworten
sehr erfreut u. danckte mit
uns Gott vor die Bewahrung vor allem
Unglück. Er nahm die Einladung
zu uns ans Land zu kommen an, u.
brachte diesen u. den folgenden Tag
bis spät abends recht vergnügt bey
uns in freundschaftlichen Unterredungen
zu. Die Veranlaßung seines Besuchs
bey uns, erzehlte er folgender
maaßen: Da er nebst einigen andern
[129] Officieren beym Herrn Gouverneur Schuldam
versamlet gewesen sey, habe dieser sein
Verlangen bezeigt zu wißen, wie es den
armen Leuten /: nemlich den Brüdern in Labrador :/
gienge u. ob sie noch alle am Leben
wären. Darauf habe er /: nemlich Lieutenant
Curtis :/ sich erboten, wenn es der Gouverneur
befehle, mit einem kleinen Schiff
uns zu besuchen, welches der Gouverneur
genehmiget. Er hatte einen Arbartocker
Sirlek nebst seiner Frau am Board,
welcher, da er mit der Gegend von
Nunnengoak wohl bekant ist, sie grade
hinein führte da es ihnen sonst unmöglich
gewesen wäre, den Weg zu uns zu
finden. Er hatte das Glück in 21 Tagen
von S. Johns in Unity Harbour zu kommen.
Am erwehntem Eskimos sahe man
abermals deutlich, wie die Heiden durch
die unbekehrte Christen verdorben werden.
Da die Brüder das erste mal mit
dem Boote zu dem Königlichen Schoner fuhren,
folgten ihnen einige Eskimos in Kajaken
dahin u. unter andern Segulliak.
Nota (dieser wird von den hiesigen Einwohnern
gleichsam als ihr Hauptman
angesehen, wovon wir besonders ein
[130] deutlich Beyspiel gesehen haben. Die Brüder
hatten ein mal beym bauen des Boots
einen Topf mit Pech draußen stehen u.
da etwas davon vermißt wurde sagte
Bruder Jens Haven gelegentlich zu Segulliak:
Die Innuit sagen alle sie stehlen
nicht, aber siehe, da ist etwas von dem
Pech weggekommen. Segulliak fragte, ob
er es wieder haben wolle? u. auf die
Antwort ja, gieng er zu seinen Landsleuten
u. gleich darauf brachte ein
Mann das gestohlne Pech wieder.) So
bald Sirleck den Segulliak sahe, bezeigte
er seine Furcht vor ihm, gegen den
Officier, welcher es dem Bruder Haven sagte.
Dieser fragte gleich den Seguliak:
hast du etwas wieder den Sirleck?
Antwort: Nein, hast du ihn lieb? Ja, darauf
fragte er ebenfalls den Sirleck,
hast du etwas gegen den Seguliak u.
alle Nunnengoacker? Dieser war anfangs
bestürzt sagte aber doch endlich Nein,
hast du Seguliak u. alle Nunengoacker
lieb? Ja, Gut, so seyd ihr Freunde.
Als darauf Bruder Haven dem Officier
seine Unterredung mit den Eskimos
erzählt so erwiederte Dieser: das ist die rechte
[131] Methode solche Leute zur Einigkeit zu bringen.
Sirleck kam den folgenden Morgen
in englischer Dienerliverey mit seiner
Frau in der gewöhnlichen Weibertracht der
Eskimos, aber starck mit Glasperlen besezt,
ans Land. Sie wurden von den
hiesigen Eskimos nach ihrer Art freundlich
behandelt u. in ihre Zelte gebracht. Der
Eskimos sah in der Europäischen u. mit
den im Nacken gebundenen Haaren wunderlich
aus; er nahm aber bald wieder
die gewöhnliche Kleidung der Eskimos an.
Da Lieutenant Curtis vernahm, daß
wir eine recognoscirungs-Reise nach
Norden thun würden, bezeigte er gleich
große Lust, die Sloop auf einige Tage
dahin zu begleiten, Sirleck aber, da
er es hörte, ward er über den Officier
sehr unwillig u. sagte: Du hast zu mir
in Süden gesagt, du wollest nicht weiter
segeln als Nunnengoak u. ich will
nicht weiter mit dir gehen, wenn du
nicht nach Süden zurückkehrest, weil
mich sehr verlangt meine Geschwister
die in der Europäer Land gewesen
sind, zu sehen /: Dieses sind die Eskimos
welche Capitain Cartright im
[132] vorigen Jahre nach England gebracht hat u.
die man heuer wieder erwartet; die aber
bis auf eine Frau in England an den
Blattern gestorben. Der Officier ließ
dem Sirleck durch Bruder Haven sagen: Er
wolle nur auf ein paar Tage nach
Norden gehen, dann wolle er nach Süden
zurück segeln u. ihn mit seiner Frau
in ihrer Heimath absezen. Der Eskimo
aber bestand vest darauf, daß der
Officier sein Wort halten u. nicht weiter
als Nunnengoack segeln solte. Nach
vielem vergeblichen Zureden, gab ihm Bruder
Haven Bedenckzeit, bis auf den andern
Morgen, da er sich dann entschloß, mit
dem Kriegs Schooner nach Norden zu
gehen. Als sich der Officier, nach unserer
ganzen Einrichtung genau erkundigt
hatte, so bezeigte er sein wohlgefallen
darüber u. sagte: er hätte es sich
nicht so vorgestelt. D. 1tn Aug. wohnte
Lieutenant Curtis der Litaney bey
welche Bruder Layriz englisch hielt. Er
bezeugte, daß wir, wie er aus unsern
Gesangbüchern sähe, einerley Grund
der Seligkeit mit der englischen Kirche hätten.
Auch wohnte er heute den Versamlungen
[133] der Eskimos bey. Nachdem Bruder Drachart den
Tod des Herrn verkündigt u. den Eskimos
gesagt hatte, daß dieser Herr vom englischen
Gouverneur hergeschickt worden sey
u. ihnen Worte zu sagen habe, welches
alles dem Lieutenant verdolmetschet wurde,
so verlangte derselbe, daß man
den Eskimos sagen solte: Sie möchten
nicht nur ihren hiesigen Landsleuten sondern
auch den Arbartockern u. so weit als
möglich nach Norden bekant machen,
daß sie alle in Norden an ihren Wohnpläzen
bleiben u. nicht mehr nach Süden
auch nicht nach Cape Charles kommen
solten, alles morden u. rauben, auch
der Eskimos unter einander, solte von
dieser Zeit an aufhören. Die Mörder
solten am Leben u. u. die Diebe am
Leibe gestraft werden. Wenn ja Eskimos
nach Süden oder Neufondland segeln
wolten: so solten sie ein Zeugniß
von den Brüdern mit bringen, sonst würde
man alle die unter allerley unter
allerley Vorwand dahin kämen,
zu morden u. zu rauben, übel empfangen.
Die Antwort der Eskimos war:
Keine von unsern Leuten sind seit 3
[134] Jahren so weit nach Süden gekommen daß
sie in Cape Charles viel weniger in
Chateaubay gewesen wären. Wir haben
die Worte dieses Herrn schon 3 Jahre gewußt
u. darum haben wir sie auch bekant
gemacht u. wollen sie noch mehr bekannt
machen, nicht allein in Arbartock u. in
Süden, sondern auch in Norden u. wenn Süd-
oder Nordländer herkommen, wollen wir ihnen
dieses alles erzehlen. Wir haben aufgehört
zu morden u. zu rauben, von der
Zeit an da wir vom Heiland gehört haben.
Daß ein Mörder u. Räuber auf die
Art gestraft werden soll, das haben sie
verdient. Wenn wir wollen nach Süden
fahren um Fören Holz zu holen, so wollen
wir einen Brief von unsern Brüdern
an die Herren in Chateaubay[WS 10] mit bringen.
Der Officier war mit dieser Antwort
wohl zufrieden u. ließ den Eskimos
sagen, daß er sie alle lieb habe, wofür
sie sich bedankten. Zulezt gab der Officier
dem Bruder Drachard die Hand mit
den Worten: Ich wünsche daß sie viele
solche Eskimos bekommen. Bruder Drachart
danckte ihm u. sagte: Gott erhöre ihren
Wunsch! Der Officier sagte nachher auch:
[135] Ich kan mich nicht genug verwundern u.
sehe es als ein Wunder Gottes an, daß
schon so viel mit den Leuten vorgegangen
ist, sie können versichert seyn, daß ich eine
wahre Nachricht von ihnen, sowol dem Comodore
als bey Gelegenheit selbst in England
geben werde. Wir erwiederten: Wir wünschten
nur bey unsrer hohen Obrigkeit für
das erkannt zu werden, wofür wir uns
ausgeben, daß wir nemlich die Versöhnung
die Jesus Christus für alle Welt gestiftet
hat, auch diesen armen Heiden bekannt zu
machen suchen. Ja, sagte er: meine Seele
fühlt etwas dabey u. ich bin überzeugt,
daß Gott Sein Werck unter ihnen angefangen
hat. D. 2tn früh ging der Kriegs-Schoner
in Begleitung unserer Sloop auf die
Reise nach Norden. D. 4tn kam Millik
in seinen Boote bey uns an u. brachte uns
einen Brief von Bruder Haven, darinnen er ihr
Wohlbefinden meldete. Millik brachte
dem Bruder Brasen eine Wallbarte u. ließ
sich dafür etwas Arzney für seinen
Schwager Okarloak geben. D. 8tn hielt Bruder
Layriz die Gemeinstunde. D. 9tn kam ein
Boot von Kwertlok, womit wir Nachricht
von der Sloop u. einen Brief des Bruders Haven
vom 5tn Aug. erhielten, worinn er meldete
[136] daß sie sich wohl befänden u. daß sie im
57tn Grad bey Nunasornome lägen u.
daß der Kriegs-Schoner noch bey ihnen wäre.
D. 11ten gingen die lezten Eskimos von uns, so
daß nur noch ein paar alte Weiber hier
sind. Wir haben bisher häufigen Besuch von
ihnen gehabt. Das Evangelium wurde ihnen
täglich verkündigt u. wiewol es noch keinen
bleibenden Eindruck bey ihnen gemacht: so
mercken wir doch die Gnadenarbeit an ihren
Herzen die uns Trost u. Hofnung gibt.
D. 12ten kam Millik mit seiner Gesellschaft
wieder. D. 13ten hielt Bruder Layriz früh eine
Rede u. wir empfahlen uns mit der ganzen
Brüder Kirche in einem Gebet auf den Knien
dem Heiland zu neuem Segen. Wir hielten heute
das heilige Abendmahl das wir am 8ten ausgesezt
hatten. D. 14ten früh kam der Kriegs-Schoner
aus Norden wieder in unserm Haven an.
Einige Brüder waren eben im Begrif mit Bruder
Layriz nach Kingspoint zu den nördlichen
Grenzsteinen unsers Landes zu fahren.
Sie bewillkommten Mr Curtis u. Bruder Brasen
blieb bey demselben u. ging mit ihm nach
einigen Stunden an Land. Er brachte einen
Brief von Bruder Haven aus Kivertlock, etwas
über einen Grad nördlich von hier,
[137] wo er ihn nebst seiner Gesellschaft gesund
u. wohl verlaßen hatte. Bruder Haven meldet,
daß Kivertlock ein für die Eskimos nahrhafter
u. volckreicher Ort sey. Die Einwohner hätten
die Brüder freundlich aufgenommen u. des Bruder
Havens Vortrag von dem Zweck unsers Hierseyns
aufmercksam angehört. Mr Curtis war
d. 15ten den ganzen Tag u. d. 16ten noch einige Stunden
bey uns, worauf er abgesegelte. Er konnte seine
Zufriedenheit über seinen Besuch bey uns nicht
genug beschreiben u. sagte unter andern:
„Ich kan mich nicht genug über mich selbst
wundern, was ich mir vor Begriffe von euch
gemacht hatte. Ich dachte, ihr wäret ein finsteres
u. sauer aussehendes Volck, das in ErdHütten
wohnte u. sich um die ganze Welt nicht,
viel weniger um einen solchen jungen Officier,
wie ich bin, bekümmern würde. Ich
muß aber gestehen, ich habe mich an euch sehr
betrogen u. finde euch ganz anders als ich gedacht
hatte“. Diesen Abend ging Geschwister Brasens
Töchterlein 9 Wochen u. 3 Tage alt, zum Heiland. D. 18tn
früh ging Millick von hier weg; ließ aber
seinen krancken Schwiegersohn in Bruder Brasens
Cur zurück, nachdem er jedoch zuvor
seine Frau als eine Illisetsock deswegen
befragt hatte. Bruder Layriz u. Brasen steckten
[138] nordwärts von unserm Hause ein Stück
von sandigtem Boden 80 Fuß lang u. eben
so breit, zum Gottesacker ab. D. 19tn nachmittag
ging Bruder Layriz mit Bruder Brasen auf den
Sophienberg Nain gegen über, um sich in
der Gegend umzusehen. D. 21ten kamen einige
Brüder von Povnals Insel, wohin sie d. 16tn gegangen
waren, zurück u. brachten eine hübsche
Anzahl Lerchenbäume, auch krummes Wurzel-Holz
zum Bau der Boote. Nachmittag wurde
Geschwister Brasens Töchterlein beerdigt. Die hier
befindlichen Eskimos waren auch zugegen u. ganz
ordentlich da sie sonst bey dem Tod ihrer Landsleute
sehr heulen u. schreyen. Am heutigen
Gedencktage der ersten Mission unter die
Heiden, las uns Bruder Layriz die Nachricht der
Unitäts-Aeltesten-Conferenz von allen Missionen zu unserer
wahren Freude u. herzlichen Theilnehmung.
D. 22tn fuhr Mannumina, der am 19tn hier
angekommen, wieder weg u. sagte: er wolle
Achtung geben, wenn das Schiff käme u. es
dann herein bringen. Tugluina kam mit seiner
Frau Mikack die er in die nordliche Fiorte
mitnehmen wollen, wieder von daher zurück
wolte aber Tags darauf mit ihr in die Inseln
fahren; doch auf die Vorstellung, daß sie
alsdenn von ihrer Wassersucht nicht könne
[139] geheilt werden, entschloß er sich den folgenden
Morgen, sie zurück zu laßen.
Bruder Layriz ließ ihnen sagen, daß er oft an
sie dächte u. den Heiland für sie bäte, daß sie Ihn
kennen lernen möchten; ließ sie auch fragen,
ob sie ihre Herzen dem Heiland geben wolten?
worauf sie ja sagten. D. 24tn früh freuten
wir uns bey einem Liebesmahl des Jahrstags
der Schwester Layrizin u. des Bruders Listers.
D. 25tn kam Kiminguse aus Norden, wo
er seine wie oben gemeldet, ihm entlaufene
Frau vergeblich Frau vergeblich gesucht
hat. Er brachte ein Schreiben von
Bruder Haven, worinn er sein u. der Brüder
Wohlbefinden meldete. Nachdem die
ledigen Brüder ihr Chorjahr mit dem Pedilavio
beschloßen hatten, so feyerten sie
d. 29tn ihr Fest im Segen. Bruder Layriz
hielt ihnen den Morgensegen u. eine
Chorrede, das Fest-Liebesmahl mit dem ganzen
Haus-Gemeinlein, wobey er den Herzlichen
Zuruf an die ledigen Brüder Chöre, theils las
theils sang u. abends ein seliges Chor-Abendmahl.
D. 1tn Sept. kamen 4 Boote wovon
3 Arbartocker waren, zu uns. Es wurde
ihnen Tags drauf auf dem Saal
Versamlung gehalten u. sie waren aufmercksam.
[140] Sie wünschten, daß wir auch
nach Arbartock zu wohnen kämen u. sagten:
sie wolten auch wie die hiesigen Einwohner
glauben lernen. D. 4tn giengen sie
weiter. Diese Woche wurde auf der Nordseite
des Wohnhauses der Backofen
auf gemauert; Bruder Layriz hielt uns gesalbte
Reden u. Singstunden. D. 11tn gegen
Mittag brachte uns derselbe Eskimo,
der uns im vorigen Jahr die erste
Nachricht vom Schiff gegeben, einen
Brief vom Capitain Mugford, darinnen
er seine glückliche u. geschwinde Reise
von S. Johns meldet. Er ist nur 14
Tage von Land zu Land gewesen. D. 14
kam das Schiff glücklich in Unity Harbour
vor Ancker. D. 16tn abends kam
ein Eskimo mit einem uns sehr erfreulichen
Briefe von Bruder Jens Haven, darinn er
die glückliche Reise der Sloop u. die freundschaftliche
Behandlung, die sie in Norden
genoßen meldete, u. d. 17tn abends
kam die Sloop Gottlob glücklich hier an.
D. 20tn feyerte das Ehechor sein Fest nach.
In diesen Tagen haben die Matrosen
mit einigen Brüdern Holz zu einem
Versamlungs u. Proviant-Haus, für die
[141] Eskimos herbey geschaft. D. 25tn gieng die
Sloop nach S. Johns ab, Bruder Layriz hielt noch
verschiedene gesegnete Conferenzen u. Reden,
übergab in der Gemeinstunde am 26tn
nach einer Rede über die Heutige Loosung den
Brüdern Johan Schneider, Jens Haven u. Joseph
Neißer mit dem Friedens-Kuß ihre
schriftlichen Ordinationen, Ersterem zum Prediger
u. den andern zu Diaconis, machte d. 25ten
seinen Verlaß mit uns, den er uns schriftlich
hinterließ u. verabscheidete sich mit uns
beym Bundes-Kelch unter einem innigen
Gefühl der Nähe Jesu.
Theure Gemeine! bey aller Mangelhaftigkeit die wir an uns auch in diesem Jahre, besonders in der Liebe unter einander gewahr worden sind, finden wir doch unzehlige Ursache dem Heiland für Sein gnädiges Bekenntniß zu uns zu dancken u. vornemlich auch für Seine bisherige Gnadenarbeit an den hiesigen armen Heiden die uns aufs künftige Hofnung gibt. Wir empfehlen uns auch ferner nebst der hiesigen Nation Deinem treuen Andencken, das wir besonders heuer bey der Visitation unserer lieben Geschwister Layriz danckbar empfunden haben.
[142] Nun folgt noch ein Auszug aus Bruder Jens Havens Brieff von der Reise die er nebst Bruder James Rhode auf der Sloop George, geführt von Mr Willson von Nain aus, nach Norden gethan hat im Aug. u Sept. 1773.
D. 2tn Aug. liefen wir in Begleitung des Königlichen Kriegs Schooners geführt von Lieutenant Curtis von Unity Harbour aus. D. 7tn kamen wir bey Kivertluck vor Ancker. Einige Kivertlocker kamen uns in ihren Kajacken entgegen, einige aber machten ein großes Geschrey, bis sie mich sahen, dann wurden sie still u. freuten sich mich zu sehen. Ich ließ mich gleich ans Land sezen. Die meisten Männer aber waren auf der Renthier Jagd. Den wenigen zurück gebliebenen Männern u. den Weibern u. Kindern erzehlte ich unsern Zeweck u. sie waren ordentlich u. hörten gern zu. Ich gieng darauf mit 2 Knaben über Land, etwa 2 englische Meilen weit zu ihren Winter Häusern. Sie verlangten gar sehr, daß wir kommen u. bey ihnen wohnen solten, daher sie ihr Land gar sehr lobten. D. 8tn gieng ich wieder ans Land u. redete in den Zelten von dem großen Wunder daß Gott Mensch geworden ist, u. uns mit Seinem Blute [143] erkauft hat. D. 9tn nahm der Lieutenant Curtis Abschied von uns u. kehrte mit dem Kriegs Schooner zurück. Wir kamen Abends vor eine enge Durchfahrt konten aber auch nicht eher hinein, als d. 12tn, nachdem wir die Nacht zuvor in großer Gefahr gewesen, im Eise stecken zu bleiben, das bestandig auf uns zutrieb u. abgestoßen werden muste. D. 13tn hatten wir guten Wind, daß wir gegen 6 Uhr abends den Boden von der Bucht sahen. Dieses Land heißt Nappartock. Die Eskimos waren ganz außer sich vor Furcht, doch wagten es endlich 2 Kajacke uns zu betrachten, kehrten aber wol 10 mal um, ehe sie so nahe kamen, daß wir mit ihnen reden konten, ich rief ihnen dann zu, Kacheit! d.i. komm her, Einer sagte zum andern: Wer ist das? der andere antwortete: Es ist wol der Johanesingoak? Sie riefen also: Wie heist du u. da ich ihnen meinen Namen sagte, so riefen sie den übrigen hinter ihnen, komt, komt doch, es ist Johannesingoak unser Freund, alles eilte herbey mit großer Freudens Bezeigung. Es waren bey 12 Kajacke u. darunter [144] ein Angekok Namens Aweinack, der ein großer Mörder ist, weil ich mir diesen vorher hatte beschreiben laßen so kante ich ihn gleich u. sagte zu ihm: Du bist wohl Aweinack? Er erschrack u. fragte ob ich ihn kennte? Ich sagte Ja, ich weiß daß du ein großer Hexenmeister seyn willst u. daß du ein Menschenmörder bist u. noch mit bösen Gedancken umgehest. Ich sage dir aber höre auf, sonst wirst du schlecht zurechte kommen. Er wurde sehr bestürzt. Wir liefen ganz in die Bucht hinein, so nahe an ihre Häuser als wir konten u. ließen den Ancker fallen. Unterwegs hatte ich vergnügte Unterredungen mit ihnen. Viele kanten mich u. alle freuten sich uns zu sehen. Ich gieng gleich mit Bruder Rhodes u. einem Matrosen u. unserm Loots Kigluana, den wir von Nain mit genommen hatten, ans Land. Es ist nicht zu beschreiben wie viel Küße u. Umarmungen ich empfieng, jeder wolte das nächste Recht an mich haben. Wir besuchten in allen Zelten, deren 9 waren u. ich sagte: daß ich Worte an sie alle hätte. [145] Alle drängten sich an uns. Ein Mann aber von Kangertlorsoack, Innellack der vorigen Winter in Nain besucht u. das Evangelium aufmercksam angehört hat, der nun hier war, um sich ein Boot zu bauen, brachte sie in Ordnung daß sie mir alle zuhörten. Ich sagte dann alle Menschen wißen daß ein Schöpfer ist. Das wißt ihr auch. Nachdem Er nun die Welt geschaffen hat u. die Menschen darauf ungehorsam worden sind u. gesündiget haben, so ist Er selber ein Mensch u. von einer Jungfrau geboren worden, hat Fleisch u. Blut an sich gehabt wie ihr, ist 30 Jahr in der Welt herum gegangen u. hat den Menschen Seinen Willen kund gethan, daß sie sich nemlich bekehren u. von ihrem bösen Wege abstehen sollen u. zu Ihm zu kommen. Denn sagte Er: Ich will für euch sterben u. mein Blut für euch vergießen u. wen ihr zu mir kommen wollt: so will ich eure Herzen waschen in meinem Blute, welches ich für alle Menschen vergießen will. Er ist darauf an das Creuzes Holz gehängt worden, hat 5 Wunden [146] empfangen 2 in Händen 2 in Füßen u. eine große Wunde in Seiner Seite u. hat alle Sein Blut vergoßen um eurer Sünde Willen. Dieses theure Blut ist es alleine, was euch reinigen kan von euren Sünden u. Missethaten. Nun fehlt es an nichts als daß ihr ein Verlangen nach Ihm bekomt u. Ihn anrufet: Herr sey mir gnädig u. wasche mich mit Deinem Blute. Wenn ihr das thut so wird Er euch gnädig seyn denn Er hat euch sehr lieb. --- Nach diesem sagte ich zu ihnen: Ich höre auch daß Zanck u. übles Nachreden unter euch ist u. daß etliche den andern nach dem Leben stehen. Das komt alles daher daß ihr den Heiland nicht kennet. Ich kehrte mich zu dem Mörder u. sagte: Höre du meine Worte: Wer Menschen Blut vergießet, des Blut wird wieder vergoßen werden. Vergebet einander u. lebet untereinander als Landes Geschwister in Liebe u. Gemeinschaft, so wie wir Europäer mit euch in Liebe u. Gemeinschaft leben, macht keinen Unterschied zwischen euren Landsleuten, ob sie von Norden oder Süden sind. Er hatte nichts [147] zu seiner Entschuldigung zu sagen, als daß die Leute viel Böses von ihm redeten; gestund aber doch auch daß er böses gethan habe u. versprach sich zu beßern. Darauf sagte ich zu den Umstehenden: Ihr höret seine Worte, vergebet[WS 11] ihm u. habt ihn lieb. Wenn er aber wieder böses thut, so laßt mich es wißen. Er kam nachher etliche mal zu mir u. bat mich sein Freund zu seyn, welches ich ihm auch versprach. Als wir wieder auf das Schiff giengen, so danckten mir die Eskimos daß ich mit ihm geredet hätte. Ich sagte: Ich kan mich nicht genug verwundern über euch, daß ihr euch vor so einem alten, kleinen, trockenen Mann fürchtet, er hat ja keine Zähne mehr. Es antwortete aber einer von ihnen, du bist auch nicht groß, aber deine Gedanken sind starck u. Dein Geist ist unüberwindlich. D. 14tn wurde zuerst mit ihnen gehandelt u. sie richteten sich in allen Stücken nach unserer Vorschrift. Dann gieng ich wieder ans Land. Mein alter Freund Innellack entdeckte mir sein Vorhaben, daß [148] Er mit dem Boot, das er hier baute nächsten Sommer nach Süden gehen u. daselbst seine Wallfisch-Beine verkaufen wolte. Ich fragte ihn? Wer ihm das gerathen hätte? Er sagte Oksot. Ich ließ denselben rufen u. sagte zu ihm: Du bist in Chateaubay gewesen, warum lügst du u. sagst den Leuten daß sie in Süden mehr für ihre Waaren bekommen als bey Theobald in Nain? ich weiß Deine Gedanken, du wilst nach Süden, um daselbst Boote, Segel u Stricke zu stehlen, er sagte drauf: Wir wollen nicht neue Boote stehlen, sondern alte, die von den Europäern verlaßen sind. Ich antwortete: Höre Doch! wenn wir ans Land giengen in eure Häuser u. nähmen eure alten Lampen, Kessel u. übrigen Hausrath weg, wäre das recht? Nein, sagte er, das wäre gestohlen. Also versezte ich, ist das ja auch gestohlen, wenn ihr den Europäern ihre alte Hinterlaßene Sachen wegnehmet. Ich sage euch, wollt ihr mit euren Wallfischbeinen nach Süden gehen, so thut es, wo ihr aber stehlt, so werdet ihr getödtet u. die [149] Europäer werden euch gut bewachen. Sie sagten: Wir wollen nicht stehlen, auch nicht hingehen nach Süden. Ich antwortete: Ich habe noch keinen von euren Landsleuten gesehen der gesagt hätte: ich will stehlen, sondern sie sagen alle: Wir wollen nicht stehlen u. doch sind große Diebe unter euch. Wer aber künftig stiehlt der soll gestraft werden. Wir bekamen auch hier einen neuen Loots u. fuhren am 15ten ab. Alle Kajacke begleiteten uns. Der oben erwehnte Hexenmeister Aweinack brachte mir Worte, daß er zwar jezt nichts habe, mir zum Zeichen seiner Freundschaft ein Geschenck zu machen; er wolte mir aber nächsten Winter ein Geschenck von Renthierfett u. von dem Wallfisch den er zu bekommen hofte, schicken. Ich bedanckte mich u. sagte, daß ich kein Geschenck von ihm verlange, wenn ich aber hören würde, daß er aufhörte Böses zu thun: so würde mir das genug u. ich sein Freund seyn. D. 17ten bey Sonnen-Untergang kamen wir in Kangertlorsoack eine Meile von den Zeltpläzen u. d. 18ten früh um 9 Uhr bey den Wohnungen der Eskimos vor Ancker. Ich ging gleich ans Land u. redete mit ihnen von unserm Haupt-Zweck. Ich muste einen der Arbartocker [150] die hier waren, wegen seiner Unordnung von unserm Schiff wegweisen. Das verdroß die übrigen gar sehr, sie thaten ihr möglichstes zu verhindern, daß wir hier einen Lots bekämmen, da der unsrige den Weg nicht weiter wuste, auch stelten sie mir die Weitere Reise nach Norden auf alle Weise gefährlich vor u. sagten auch, es wären keine Wallfischbeine mehr daselbst. Ich erwiederte aber, ich sey nicht gekommen Wallfischbeine zu kaufen, mein Haupt-Zweck sey mit den Leuten bekannt zu werden u. ihnen etwas vom Heiland zu sagen. D. 19tn kamen 2 Arbartocker, die abgeschickt waren um Freundschaft zu machen, sie erzehlten weitläufig was zwischen ihnen u. den Europäern vorgekommen wäre. Unter andern sagte der eine: Die Europäer haben meinen Vater auf dem Schiff getödtet u. ich habe seit dem mit diesen meinen Händen etlichen Europäern das Leben genommen; nun aber wollen wir gern aufhören böses zuthun wenn du uns lieben willst, wie du die übrigen Menschen liebst u. nicht böse auf uns seyn. Wir wollen [151] auch auf hören Boote u. andere Sachen zu stehlen u. wollen mit allen Europäern Freunde werden. Wir können es aber nicht ausstehen, daß du böse auf uns bist. Ich antwortete: Wer da sagt, daß ich auf euch böse bin, der lügt, daß ich gestern deinen Bruder nicht aufs Schiff wolte kommen laßen, dabey bleib ich noch. Er gab mir drauf böse Worte u. dann hieß ich ihn stille schweigen u. fort gehen, da wurde er böse. Ich will euch lieben u. euer Freund seyn, ihr aber sollt nicht mein Meister seyn. Wenn ich ans Land komme u. ihr wollt mir erlauben, in eure Zelte zu gehen, so will ich hinein gehen, wo nicht so bleib ich draußen u. will nicht böse werden. Also auch, wenn ich euch nicht erlaube auf das Schiff zu kommen, so sollt ihr nicht hinauf kommen wenn ihr auch böse werdet. Wollt ihr meine Freunde seyn, so müßt ihr gehorsam seyn, sonst sehe ich euch für böse Leute an, die böses thun wollen wie vor diesem. Sie sagten dann: Wir sollten ihre böse Thaten vergeßen, sie wollten unsre auch vergeßen.
[152] Ich versezte: ich habe euch nichts böses
gethan, aus Liebe zu euch, bin ich auf
dieser Reise zu euch gekommen u. aus
Liebe will ich auch bey euch wohnen.
Aus Liebe zu euch bin ich auf diese
Reise gegangen, u. habe meine Frau
u. Sohn verlaßen; denn ich wußte daß
der Capitain nicht mit euch reden konte,
da war ich bange, daß ihr euch
zancken soltet. Nun sage ich euch, ich
liebe euch u. alle Innuit, die da aufhören
böses zuthun. . Wir machten
den Freundschaft u. ich versprach,
daß ich ihrer bösen Thaten, nicht mehr
gedencken wolte. Auch der, den ich
gestern vom Schiff gewiesen, kam u.
alles wurde wieder gut. Sie versprachen
uns im Winter zu besuchen
u. gute Worte zu hören. Ich that
noch hinzu, das ist noch nicht genung,
ich verlange auch von euch, daß ihr
euch unter einander liebet u. keiner
von euch einen andern tödte; denn
wer einen unter euch tödtet, der soll
mein Freund nicht seyn. Sie versprachen
es endlich u nahmen Abschied.
D. 20tn gieng ich wieder ans
[153] Land u. redete mit ihnen von der ewigen
Seligkeit, die ihnen der Heiland
durch Sein Leiden u. Sterben erworben
hat. Die Arbartocker die da waren,
dienten mir zu Dollmetscher,
weil es sonst schwer war, sich diesen
Leuten recht deutlich zu machen.
Manchmal geben ihre einfältigen
Fragen Anlaß, sich beßer zu beßer zu
erklären. manchmal aber ist es schwer
genug, sie zu beantworten. Sie
fragten Z. E. Warum hat denn der
Heiland der alles machen kan, nicht
vorher jemand zu uns geschickt, und
diese große Sache unsern Vätern
erzehlen laßen, die alle dahin sind;
wo man nichts hören kan? Ich antwortete:
Gott habe die Zeit der Unwissenheit
übersehen u. nun da Er ihnen
die Gnade thue u. sie das Evangelium
hören laße, möchten sie ja
die Zeit ihrer Heimsuchung wahrnehmen.
Als ich unter andern den
Vers sang: Wenn unser Herre käme
vielleicht erschröcken wir p. so sagten
sie: Wenn Er uns lieb hat wie du
sagst u. so ein guter Mann ist, so
[154] hätten wir nichts dagegen, daß Er herein
käme. Allein das schlimste ist, daß
wir keine Wallfischbeine mehr haben.
Ich nahm denn Gelegenheit ihnen deutlich
zu machen, was der Heiland eigentlich bey
bey ihnen suche u. verlange u. es war
mir sehr wohl bey ihnen.
D. 22tn früh fuhren wir ab. u. zu Mittag waren wir in der Mündung von Seglak. D. 24tn giengen wir mit dem Boot ans Land um uns nach Eskimos umzusehen. Wir sahen keine Zelte, aber auf dem Rückweg erblickten wir zu unserer großen Freude 4 Kajacke. Wir riefen ihnen zu; sie hatten aber solche Furcht, daß sie sich lange besonnen, ehe sie zu uns kamen. Als sie aber meinen Namen hörten kamen sie gleich u. sagten: Unsre Augen haben dich zwar nicht gesehen, aber unsere Ohren haben vieles von Dir gehört ach wie froh sind wir Dich zu sehen, denn wir wißen wohl, daß du unser Freund bist.
Da wir kein Gewehr mit hatten, bat ich sie, unserm Boot nicht nahe zu kommen, damit sie sich nicht etwa unserer [155] Schwachheit bedienen möchten. Sie waren wie Kinder u. blieben wo man sie hinwieß. Wir giengen dann ins Boot u. ruderten zur Sloop, wohin uns die Kajacke folgten. Ich schickte 2 von ihnen zu den übrigen Eskimos, um ihnen zu sagen, daß ich hier sey u. Worte an sie hätte. Sie wolten wißen was es wäre, das sagte ich ihnen gern u. sie hörten mit Verwunderung zu. D. 25tn Nachmittag erhob sich ein starcker Wind, wir lavirten gegen den Wind u. Strom um in die Bucht zu kommen, konten sie aber vor Nacht nicht erreichen u. mußten an den vorigen Platz zurück.
Wir sahen hernach in der Bucht 3 Wirbelwinde, hinter einander aufsteigen, die Das Waßer in die Höhe führten u. wir Danckten Gott, daß wir nicht hinein gekommen waren. D. 26tn ging ich ans Land u. redete mit den Eskimos, dabey mir sehr wohl war; denn sie waren nicht ohne Bewegung. Mit einem von ihnen wurde ich eins daß Er als Lots mit uns nach Nachwak gehen solle. Er blieb die Nacht bey uns. [156] D. 27tn nachdem ich noch viel mit den Eskimos über ihr ewiges Wohlseyn geredet u. sie ermahnt hatte, vor allen Dingen friedlich unter sich selbst zu leben u. oft daran zu dencken, daß ihr Schöpfer Mensch geworden sey u. sie vom Bösen erlöset habe; fuhren wir weiter D. 28tn segelten wir bey den Winterhäusern in Nachwack vörbey; es waren aber keine Leute da sondern nur viel Hunde. Wir segelten daher weiter in die Bucht hinauf wo sie auf Lachs Fang standen. Die Männer waren aber nicht da u. die Weiber wollten daher vor uns fliehen; kamen aber wieder zurück, als sie sahen, daß 2 Kajacke bey uns waren. Ich ließ mich gleich ans Land sezen.
Keiner unter ihnen hatte einen Europäer gesehen, aber meinen Namen wußten sie alle. Ich prieß ihnen die Liebe des Heilandes an u. sagte: daß der Hauptzweck von unserm Besuch sey, ihnen diese zu verkündigen. Das ist ihnen aber eine fremde u. wunderliche Sprache; sie wißen nicht, was sie dazu sagen sollen.
Daß sie schlechte Menschen sind, ist ihnen ein Gräuel zu hören; denn sie dencken, wenn sie mir das zugestünden, daß sie nichts taugten: so würde ich sie nicht lieb haben.
[157] D. 29ten unterhielt ich mich wieder mit ihnen auf eine angenehme Weise davon, was ich glaubte, wie wohl es mir sey daß ich einen Heiland habe, u. wie nöthig ich Ihn habe. Sie wollten mir aber nicht nur nicht zugestehen, daß sie einen Heiland nöthig hätten, sondern mir auch streitig machen, daß ich arm u. sündig wäre. Alle sagten: Du bist ein guter Europäer u. wir haben dich sehr lieb u. freuen uns, daß du zu uns gekommen bist.
Wir wollen dich in Nain besuchen u. deine Frau u. Sohn u. deine übrigen Geschwister auch sehen.
D. 30ten war ich nochmals am Land u. pries den Eskimos ihres u. unsers Heilandes unermeßliche Liebe an. Sie hörten mit Vergnügen zu u. verstanden vieles. Dann fragten sie mich ob ich ein Angekock wäre? weil ich von solchen großen Dingen redete, die sie von keinem ihrer Propheten gehört hätten. Dieses gab mir Gelegenheit weiter mit ihnen zu reden. Sie hörten mit Andacht zu u. versicherten mich, daß sie es alles ihren Männern erzehlen u. ihnen keine Ruhe laßen wollten, bis sie uns in Nain besuchten. Ich sagte ihnen [158] auch vor wie sie beten sollten: „O Du HErr im Himmel sey uns gnädig um Deiner Wunden willen! zu Dir allein will ich kommen“. Das Wort Erlöser konnte ich ihnen nicht verständlich machen.
Dieser Ort Nachwack liegt so viel wir schließen konnten im 59° 30'. Die Einwohner sind einfältig u. gutherzig, jedoch gar nicht tumm. Ich konnte gar keine diebische Neigung an ihnen mercken.
D. 1ten Sept. fuhren wir zurück u. langten d. 5tn in Seglack an, wo wir 12 Kajacke antrafen. Ich gieng ans Land u. verkündigte ihnen das Evangelium. Sie freuten sich mich zu sehen. Einer sagte: Er hätte schon in Norden nahe an Hudsons Streight von mir gehört. D. 6tn gieng ich mit einem Eskimo eine Deutsche Meile weit über Land zu 5 andern Zelten. Sie freuten sich, mich zu sehen. Ich sagte ihnen den Zweck des Aufenthalts der Brüder in diesem Lande u. prieß ihnen den einigen Weg zur Seligkeit an. Da ich anfieng zu singen erschracken sie erst u. sagten: Der Geist komt über ihn; Ich bedeutete sie u. fuhr dann fort zu singen, welches sie [159] mit Vergnügen hörten. Sie sagten: sie wollten mit mir zum Heiland oder zum Torngack ziehen, wohin ich wollte.
Ich danckte vor ihre Gesellschaft u. versicherte sie, daß ich nicht zum Torngack wolte der wie ich wüste eine finstere Wohnung hätte, ich aber liebte das Licht.
Sie waren denn auch zufrieden u. wolten mit mir zum Heiland gehen. Auf dem Rükweg begegnete mir ein Boot, ich unterhielt mich vergnüglich mit den Leuten darinn u. kam erst spät u. ganz naß auf unser Schiff. D. 7tn besuchten uns viele Mannsleute, waren sehr frölich über unsern Besuch, baten sich ihn auf künftig wieder aus, u. versprachen zu uns nach Nain zu kommen. D. 8tn kamen wieder einige u. sagten, sie könten nicht von uns bleiben, so lange wir hier wären. Es ist ein liebes Volck auf diesem Platz u. mir gieng es so nahe, sie zu verlaßen, als ihnen, uns nicht mehr zusehen. Anfangs wolten ein paar alte Männer Lerm machen. Ich sagte: wenn ihr euch nicht ordentlich aufführen wollt so sollt ihr nicht meine Freunde seyn. Seitdem, [160] so oft jemand so etwas thun wollte, wurde er von den übrigen zurechte gewiesen u. sie waren wie die Kinder.
D. 9tn besuchte uns unser Loots Arnackpiuck nochmals, um uns seine Liebe zu bezeugen und sagte, er u. seine Frau könten ihre Freude nicht genug ausdrücken daß sie mit uns bekant worden wären. D. 10tn machten wir uns auf die RückReise fertig u. d. 17tn Abends um ½ 10 Uhr kamen wir in Unity Harbour an, wohinein uns der liebe Captain Mugford buxiren half.
Die Freude wurde auf allen Seiten
mit Danckbaren Herzen Thränen bezeugt.
Die Eskimos riefen: ach das
ist eine Freude, siehe doch!
Dem HErrn der uns so gnädig geleitet u. behütet u. mehr gethan hat, als wir dencken u. wünschen konten, sey Lob u. Preis u. Danck
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Zahl im Zähler steht für den Tag nach julianischem Kalender, die Zahl im Nenner für den Tag im gregorianischen Kalender.
- ↑ seliger Jünger: Bezeichnung innerhalb der Brüdergemeine für ihren Gründer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nach dessen Tod
- ↑ abweichende Namensvariante (Seite 16): Benza Jacob
- ↑ (kleines) Ausschimpfen lt. Grimmschem Wörterbuch
- ↑ guter Hausgeist
- ↑ Vorlage: Manuina
- ↑ Vorlage: Wiederholung Nun
- ↑ Vorlage: Friedes
- ↑ kleines einmastiges Schiff
- ↑ Vorlage: Chatebay
- ↑ Vorlage: vegebet