Lustige Botanik und Mineralogie

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Textdaten
Autor: Franz Bonn
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Titel: Lustige Botanik und Mineralogie
Untertitel: Der lustigen Naturgeschichte Zweiter Theil
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Herausgeber:
Auflage: 2. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: [1880] Erstausgabe 1878
Verlag: Braun & Schneider
Drucker: Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn
Erscheinungsort: München
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Internet Archive und Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch der Lustigen Naturgeschichte erster Teil: Lustige Naturgeschichte oder Zoologia comica

Unter den Titeln: Populärwissenschaftlicher Wandervortrag des Dr. Sulphurius über Mineralogie. Nr. 1670, Seite 25-27 UB Heidelberg und Populärwissenschaftlicher Wandervortrag des Dr. Sulphurius über Botanik. Nr. 1686, Seite 153–156, u. Nr. 1687, Seite 161–164 UB Heidelberg In: Fliegende Blätter. 1877
Text auch als E-Book (EPUB, MobiPocket) erhältlich

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[I]
Lustige
Botanik
und
Mineralogie.


Der lustigen Naturgeschichte
Zweiter Theil.


Mit vielen Illustrationen.
Allen Freunden der Wissenschaft
gewidmet von
v. Miris.


Zweite Auflage.


München, Braun & Schneider.


[III]
Vorwort.

Die freundliche Aufnahme, welche unsere Zoologia comica bei Gebildeten und besonders bei Ungebildeten gefunden hat, veranlaßte uns, unseren wissenschaftlichen Forscherfleiß auch der Botanik und der Mineralogie zuzuwenden, um so das ganze Gebiet der Naturgeschichte zu umfassen.

Wir übergeben die Frucht unserer mehr als vierundzwanzig Stunden hindurch mit rastlosem Eifer fortgesetzten, eingehenden Studien und hoffen auf die Theilnahme und das Verständniß des Publikums.

Die Ergebnisse unserer Forschungen sind wahrhaft überraschend.

Ein neuer Hebel ist angesetzt. Möge auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege der menschliche Wissenstrieb recht bald zur vollen Erkenntniß der Wahrheit gelangen.

v. Miris,

noch immer nicht Professor

der Naturwissenschaften.


[V]
Botanik
oder
Lustige Pflanzenlehre.


[VII]
Einleitung.

Jene Thiere, welche sich nicht bewegen können, nennt man Pflanzen oder Gewächse, und die Wissenschaft, welche sich mit denselben beschäftigt, Botanik.

Ein Hauptmerkmal der Pflanzen, welches übrigens auch bei Kindern vorkommt, ist das Wachsen.

Zu diesem Zwecke sind die Pflanzen, ähnlich wie die Socialdemokratie, förmlich organisirt.

Die Wissenschaft der Botanik umfaßt:

1. Den inneren und äußeren Bau der Pflanzen (Anatomie und Organographie)
2. das Leben der Pflanze (Physiologie)
3. die Eintheilung der Pflanzen und
4. die Beschreibung der Pflanzen.

Wir beschränken uns darauf, von jeder dieser Abtheilungen nur das Wichtigste mitzutheilen.

Wir unterscheiden natürliche und künstliche Pflanzen. Unter die letzteren gehören die gemalten Blumen, auch Früchtenstücke genannt, welche in Bildergallerieen, alten Schlössern und Kunstvereinen sich und die Beschauer langweilen, sowie die gemachten Blumen, welche vorzüglich zum Hut- und Ballschmuck der Damen und zu Todtenkränzen verwendet werden. Wir sprechen hier natürlich nur von den natürlichen Pflanzen und Gewächsen.

[VIII] Wer die Pflanzen kennen lernen will, der kaufe sich eine Botanisirbüchse, sammle so viele Pflanzen als möglich, trockne und presse dieselben und klebe sie auf Papier auf. Sobald jedes Blatt richtig überschrieben ist, kann er sehr leicht auch den Namen der Pflanze bezeichnen, vorausgesetzt, daß er lesen kann und die Schrift nicht zu schlecht ist.

Menschen, welche im Gegensatze zu Andern nur von Pflanzenkost leben, nennt man: Vegetarianer. Unsere Abbildung

zeigt: die Andern. – Uebrigens ist die Botanik eine sehr gemüthliche Wissenschaft, denn es ist in derselben, wie man sofort bei der Beschreibung sehen wird, viel Familienleben.

[1]
I. Anatomie und Organographie der Pflanzen.

Das Elementar- und Grundorgan der Pflanze ist die Zelle. Die bekanntesten Zellenarten sind: die Klosterzelle, die Gefängnißzelle (richtiger Zellengefängniß oder Bruchsal genannt), die Honigzelle und die Parzelle, letztere häufig im Grundsteuerkataster vorkommend. Die Gazelle gehört dagegen in’s Thierreich.

Mehrere senkrecht über einander gestellte Zellen bilden die abgeleiteten Elementarorgane, nämlich die Gefäße, deren es eine Unzahl gibt.

Wenn wir hier das ursprünglichste und einfachste aller Gefäße im Bilde vorführen, so beabsichtigen wir damit zum leichteren Verständnisse der Sache beizutragen, denn, wie viele Menschen ihre Haupt-Nahrung aus dem Maßkruge, so bezieht die Pflanze ihren Nahrungssaft aus den Gefäßen.

In naher Verbindung mit den erwähnten Gefäßen steht die Wurzel (radix), auch Radi schlechthin genannt, welche [2] uns sofort aufstoßen und paarweise an jene Zeit erinnern, wo noch nichts da war, als ein Paar Radi’s (Paradies).

Das Wurzelausziehen, welches man als Gymnasiast mit Leichtigkeit vornimmt, verlernt man in der Regel sehr schnell und besorgt es später nur noch, wenn man Zahnarzt ist, oder einen eigenen Garten besitzt.

Nächst der Wurzel sind die wichtigsten Organe der Pflanzen die

Blätter, weßhalb man dieselben auch schlechtweg Organe nennt.

[3] Es gibt verschiedene Blätter, große und kleine, gute und schlechte, Tag- und Wochen-Blätter, Fach- und Witz-Blätter. Diese letzteren werden im Süden vorzüglich „Fliegende“, im Norden „Kladderadatsch“ genannt.

Eine besondere Art von Blättern sind die Schmier- und Schmutz-Blätter. Diese nähren sich von den schlechtesten Eigenschaften der Menschheit und sind deshalb leider sehr verbreitet.

Die Form der Blätter ist verschieden, doch hat jedes Blatt einen eigenen Styl, welcher mitunter sehr bedenklich ist. So schrieb der Redakteur eines Tagblattes: „Zum Schützenfeste brachte schon gestern jeder Eisenbahnzug Fremde von unabsehbarer Länge,“ und ein anderesmal berichtete er: „In das morgig beginnende Gastspiel der Sängerin Stanioli wird jeder Kunstfreund mit Vergnügen strömen.“ – Feuilleton nennt man jenen Theil der Blätter, in welchem auf Honorar geschriebene Romane und Novellen, geistreiche Plaudereien und alte Anekdoten, die ein Blatt aus dem andern entnimmt und nach einer bestimmten Reihenfolge immer wieder aufwärmt, sich ablagern.

[4] An der Spitze der Blätter finden sich Leitartikel, in welchen die verkehrtesten Ideen mit Tagesphrasen aufgeputzt, die öffentliche Meinung zu fälschen und zu verwirren, sich bemühen. Im politischen Theile werden in der Regel unwahre Nachrichten mit gewissenhafter Genauigkeit mitgetheilt, während im nichtpolitischen Theile meistens wahre Nachrichten mit gewissenloser Ungenauigkeit berichtet werden. Ist das, was ein Blatt mittheilt, zum größten Theile erlogen, so nennt man das Blatt inspirirt, sind die Nachrichten verfrüht, so heißt das Blatt officiös – kommen sie zu spät – officiell. Die Hauptnahrung beziehen die Blätter durch die Inserate, worunter man jene Gebilde versteht, in welchen sich der Krankheitsstoff der Zeit vorzüglich ablagert.

Jener Theil der Blätter, in welchem die Course mitgetheilt werden, erzeugt bei den verschiedenen Lesern die verschiedensten Wirkungen und zwar ohne Unterschied der Parteirichtung.

Man kann indessen das Blatt auch als denjenigen Theil der Pflanze bezeichnen, welchen man sich nicht vor den Mund nehmen soll, wenn man in seinem Rechte ist.

[5] Jede Pflanze hat ferner einen Stamm; der verbreitetste ist der Stamm Israels. Man mag über diesen Stamm denken,

wie man will, man wird anerkennen müssen, daß derselbe nachgerade die Welt fast ebenso beherrscht, als es die Weiber thun. Wenn daher Goethe sagt:

Das ewig Weibliche
Zieht uns (hin)an,

so kann man vielleicht nicht ohne Berechtigung sagen:

Das ewig Jüdische
Zieht uns noch aus.

Ist der Mensch ein Arbeiter, so beschäftigt ihn der Baumstamm; ist er von Adel, der Stammbaum. Merkwürdig ist die eigenthümliche Anziehungskraft der Stämme, vermöge welcher es geschieht, daß der Apfel nie weit vom Stamm fällt. Gäste,

[6]

welche wegen dieser besonderen Anziehungskraft sich alle Tage in demselben Lokale einfinden, nennt man deßhalb Stammgäste.

Die Knospen, auch Zwiebel und Knollen genannt, sind in sofern nicht ganz ungefährlich, als sie sehr häufig ausschlagen. Ist dieses geschehen, nennt man sie Blüthe. Die Blüthen haben 4 Blattkreise: den Kelch, die Krone, die Staubfäden und den Stempel.

[7]

Krone und Kelch haben in der menschlichen Pflanzenwelt schon viele Verwirrung verursacht, aber es gipfelt auch in ihnen die natürliche menschliche Pflanzenordnung.

Nicht zu verwechseln mit dem gewöhnlich sehr schlechten Maschinenfaden sind die Staubfäden, welche in allen Nummern vorkommen.

Den vierten Blattkreis der Blüthe bilden die Fruchtblüthen oder Stempel.

[8] Von den Stempeln ist der wichtigste und seltenste der Stempel der Wahrheit, der häufigste der Poststempel, welcher indessen selten gut leserlich ist.

Aus der Blüthe entwickeln sich die Früchte, an welchen man nach dem Bibelspruche Jeden leicht erkennen kann.

Ist die Frucht mißrathen, so nennt man sie Früchtel. Je nach dem Gegenstande des Handels unterscheidet man Samenhändler und Früchtenhändler, auch Obstlerinen genannt, welch letztere bei der Jugend sehr beliebt sind.


[9]
II. Pflanzenphysiologie.
Leben der Pflanzen.

Die Pflanze ist das glücklichste Geschöpf, denn sie ist beinahe im Stande von der Luft zu leben, hat geringe Ausgaben für Wohnung und Kleidung, und erreicht mitunter ein hohes Alter, wie die Affenbrodbäume am Senegal, welche 6000 Jahre alt werden.

Wie bei den Menschen an den Runzeln, so erkennt man beim Baume das Alter an den Jahres-Ringen, welche die Bäume aber nicht, wie die Wilden in der Nase, oder wie die Damen in den Ohren, oder wie die Ehemänner an dem Finger tragen, sondern im Innern verborgen halten, so daß der Baum sich immer erst umsägen lassen muß, wenn er wissen will, wie alt er ist.

[10]
III. Eintheilung der Pflanzen.

Linné, ein alter Schwede, (geb. 1707) theilte die Pflanzen in 24 Klassen ein. In jeder derselben kommen mehrere Ordnungen vor, im Gegensatze zu den Klassen an Gymnasien und Lateinschulen, in welchen hin und wieder Unordnungen vorzukommen pflegen.

Die vierundzwanzig Klassen sind folgende:

Einbeutelige, Monandria, Zweibeutelige, Diantria u. s. f. bis 12, wobei zum Vergnügen 11 übersprungen wird, dann Zwanzigbeutelige, Icosandria, Vielbeutelige, Polyandria, Zweimächtige, Didynamia, Viermächtige, Tetradynamia, Einbrüdrige, Monadelphia, Zweibrüdrige, Diadelphia, Vielbrüdrige, Philadelphia, Verwachsenbeutelige, Syngenesia, Stempelbeutelige, Gynandria, Einhäusige, Monoecia, Zweihäusige, Dioecia, Verschiedenbeutelige, Polygamia (dahin gehören die Muselmänner und Mormonen) und Blüthenlose, Cryptogomia, oder heimlich Vermählte, auf die linke Hand Getraute.

Wenn wir weit einfacher die Pflanzen eintheilen in solche, von denen hier die Rede ist und in solche, von welchen hier nicht die Rede ist, so kann uns wohl Niemand den Vorwurf der Unvollständigkeit machen, und nur der leichteren Aussprache wegen theilen wir weiter die Pflanzen in Acotyledonen, Monocotyledonen und Dicotyledonen ein.

[11]
IV. Beschreibung der Pflanzen.
A. Acotyledonen.

Hieher gehören folgende Familien:

1) Die Algen (Algae), Wasserpflanzen, besonders im Meere vorkommend, woselbst man sie Tang nennt. Der Riesentang, nicht zu verwechseln mit dem Orangutang, erreicht eine fabelhafte Länge, so daß er am Ende nicht mehr weiß wo er anfängt.

2) Die Moose (Musci), von denen das Gebräuchlichste das sogenannte „famos“ ist. Daher kommt auch die Bezeichnung: „bemoostes Haupt“, ferner Moses und Mosaik.

3) Die alten Schachtelhalme, ein sehr unangenehmes Gewächs, das auch als Feile verwendet werden kann.

4) Der Bärlapp (Lycopodium), mit dessen Staub auf dem Theater der Blitz gemacht wird.

[12]

5) Die Flechten (Lichenes), welche besonders jungen Damen sehr lieblich zu Gesicht stehen, und auch Zöpfe und Chignon genannt werden. In aufgelöstem Zustande nennt man sie: „Frauenhaar“, welches heutzutage selten auf eigenem Grund und Boden gewachsen ist.

6) Die liebliche Familie der Pilze (Fungi), zu welchen die Schwammerlinge gehören, welche giftig genossen leicht schädlich wirken. Die Beneidetsten sind die Glückspilze, welche schon als Millionäre geboren werden, oder sonst Schwein haben. Besonders merkwürdig unter den Schwämmen ist der Feuerschwamm,

[13]

jetzt schwedisches Zündhölzchen genannt.

Zu den Schwämmen gehören außer dem Waschschwamme auch die Trüffeln, welche am häufigsten in Pasteten und Ragouts vorkommen.

B. Monokotyledonen.

Hieher gehört:

1) Familie der Gräser (Gramineae). Unter Gras versteht man dasjenige, was ein besonders kluger Mensch wachsen hört. In der Regel dient das Gras nur dem Thiere zur Nahrung, doch muß zuletzt auch der Mensch in’s Gras beißen. Zu den Gräsern gehören das Getreide, von welchem vorzugsweise die Getreidehändler leben, und der Reis, von welchem in Deutschland drei Arten unterschieden werden: Reis-Kreuz, Reis-Schleitz und Reis-Lobenstein. Ferner gehört in diese Familie das Schilfrohr, das Sinnbild eines charakterfesten Politikers, der sich immer dahin neigt, wo der Wind will, und das Bambus oder spanische Rohr, welches zur rechten Zeit angewendet einen vortrefflichen Gehorsam hervorbringt. Von diesem kommt

[14]

das spanische Röhrchen (baculus hispanicus).

Viel süßer schmeckt das Zuckerrohr, welches auch raffinirt als Runkelrübe vorkommt und nicht zu verwechseln ist mit dem Pust- oder Blas-Rohr. Das Ofen-Rohr darf, wenn man nicht schwarz werden will, nur vorübergehend berührt werden.

2) Die Familie der Zeitlosen (Colchicaceae), das

[15] sind solche, die eigentlich keine Familie haben. Sitzengebliebene, denen Anfangs Keiner recht war und welche jetzt allein in der Welt stehen, weßhalb sie meistens giftig sind. Doch bieten sie in letzterer Zeit insoferne einigen Nutzen, als sie statt des Hopfens zum Biersieden verwendet werden.

3) Die Familie der Spargel, theils als Salat, theils als Gemüse vorkommend, jedoch meistens so theuer, daß man sie nicht ganz, sondern nur bis dahin essen kann, wo sie holzig werden.

4) Die Lilien (Liliaceae), sehr unschuldige Dinger, welche weder nähen, noch spinnen, und dennoch gekleidet werden, wie viele Damen, welche aber nichts weniger als Lilien sind. Zu der

Familie der Lilien gehört der Knoblauch (allium porrum); dieser verbreitet einen sehr lieblichen Geruch, an welchem man sofort erkennt, mit wem man das Vergnügen hat.

5) Die Schwertlilien (Irideae), auch Schwertmaul genannt; von diesen wird später unter Kaffee die Rede sein.

6) Weitverzweigt ist die Familie der Palmen (Palmae), welche bei uns nur in Glashäusern und auf dem Theater, zum Beispiel in „Joseph in Aegypten“, vorkommen. Diese Pflanze hat einen eigenen Sonntag, den Palmsonntag, weßhalb sie auch sehr stolz ist. Von den vielen Arten sei genannt:

[16]

Die Fächerpalme (Palma flabellaria), ein Lieblingsspielzeug der Damen in Concerten und Theatern.

7) Die Familie der Orchideen. Zu dieser gehört der Frauenschuh (Cypripedium), auch Pantoffel genannt. Diese

[17] kleine Pflanze regiert die Männer und durch sie die Welt, und hat die merkwürdige Eigenschaft, daß diejenigen, welche am meisten unter ihr stehen, es gewöhnlich am wenigsten merken.

C. Dikotyledonen.

1) Die Familie der Benonen. Zu diesen gehört der Pisang oder Paradiesfeigenbaum, dessen Blätter nur noch in Glyptotheken vorkommen.

2) Die Familie der Zapfenträger (Coniferae). Zu dieser Familie gehören im Winter die Dachrinnen, im Sommer

die Tannen. Die Tanne hat, wie das Volkslied sagt, „grüne Blätter“, „steht einsam im Norden auf kahler Höh’“, und wird zu Gedichten, Brennholz und Mastbäumen verwendet. Ist dieselbe keine Tanne, so nennt man sie Fichte, als welche sie auch unter den Philosophen vorkommt. Kann die Tanne „an ihren Liedern in die Luft klettern“, wie Lenau sagt, so nennt man sie Lärche (Pinus laryx).

[18] 3) Die Familie der Kätzchenträger, welche indessen auch größere und stärkere Thiere zu tragen im Stande sind. Unter diesen finden wir die Buche (Fagus), einen sehr nützlichen Baum, da es ohne ihn kein Buchenholz geben würde; die Birke (Betula), aus deren Rinde man Dosen und Pokale macht, aus welchen man trinken und schnupfen kann. Die Erle (Alnus)[WS 1], so genannt vom Erl-König, welcher bekanntlich Krone und Schweif trägt, und für Knaben ein sehr gefährlicher Spielkamerad ist. Geschwätziger als die Erle ist die Pappel (Populus), welche, zu Alleen verwendet, sich sehr langweilig ausnimmt und wenig Schatten gibt, weßhalb sie meistens umgehauen und durch Kastanienbäume ersetzt wird. Ferner die Eiche (Quercus), ein vorzugsweise deutscher Baum. Derselbe wird sehr alt, weßhalb sein Holz sehr

hart ist. Von demselben kommt das Eichelaß (Monas glandis) und der Eichelkaffee oder Cichorie, welchen man am besten gleich wegschüttet, [19] ehe man ihn trinkt. Kastanien nennt man jene Bäume, welche man nicht gerne für Andere aus dem Feuer holt. Junge Kastanien heißt man Castagnetten, andere, die sehr hoch hinaufkönnen – Castraten.

4) Die Familie der Nesseln. Die Brennesseln wirken bei Berührung unangenehm, besonders wenn man mit dem ganzen Körper in dieselben fällt. Außerdem gewähren sie keinen Nutzen. Der Hopfen ist meist mit dem Malze an solchen verloren, von welchen oben unter „Früchteln“ die Rede war. Hieher gehört auch der Ficus elastius, aus welchem der Gummi und andere Radirmesser gemacht werden. Diesem Gewächse verdanken wir die Erfindung des Kautschuks, der in neuerer Zeit auch zu Gesetzparagraphen verwendet werden soll.

5) Zur Familie der Euphorbien gehören außer der gesundheitsschädlichen Wolfsmilch und dem nur in der Afrikanerin von Meyerbeer vorkommenden Manschinellenbaum, auch der Bux (Buxus), welchen die Natur nur zum Zwecke der Holzschneidekunst hervorgebracht hat. Wird er öfters abgedruckt, so nennt man ihn Cliché.

6) Zu erwähnen ist auch die Familie der Lorbeeren (Laurineae). Es sind dieses Blätter, welche jungen Poeten keine Ruhe lassen, den Sängern und Sängerinen, sowie Schauspielern und Schauspielerinen geworfen, von Feldherrn wenig verdient und zum Boeuf à la Mode am zweckmäßigsten verwendet werden.

7) Zur Familie der Heiden gehören die auch bei Christen sehr beliebten Alpenrosen (Rhododendron). Dieselben können ebenso wie das Edelweiß, ohne jede Gefahr auf Bahnhöfen und in Restaurationen gekauft und dann ebenso verwendet werden, als ob man sie selbst gepflückt hätte.

8) Zu der leider weitverbreiteten Familie der Serofularien gehört der Fingerhut (digitalis purpurea). Dieser hat

[20]

seit Erfindung der Nähmaschinen wenig Bedeutung mehr und wird nur noch zuweilen von Schneidern als Trinkgefäß benützt. Viel gefälliger sind jedoch der Filz- und Stroh-Hut (Panama).

9) Zur Familie der Nachtschatten rechnet man den Tabak (Nicotiana). Derselbe kommt entweder als Rolle vor, dann nennt man ihn „Knaster“ oder „Bestelmeier ohne Rippen“, oder er wächst als Cigarre, in welchem Falle man ihn Havanna oder Stinkatores nennt. Der Jugend macht er übel und dem

Alter nicht wohl. Er gewährt keinen Nutzen, als daß er viel Geld kostet, den, der raucht, zu seinem Sclaven macht, und dem, [21] der nicht raucht, außerordentlich lästig ist. Weit nützlicher als dieses zur Nachtseite der Pflanzenwelt gehörige „stinkgiftige Schmauch-Kraut“, ist die Kartoffelpflanze (Solanum tuberosum), welche in unsern Kellern sehr häufig vorkommt und sich in den verschiedensten Formen genießen läßt. Leider hat dieselbe einen sehr gefährlichen Feind, den neuerdings Mode gewordenen Coloradokäfer, den man indessen sehr leicht vertreiben kann, wenn man ihn in’s Thierreich verweist, wo er auch hingehört.

Hieher würde auch die Tollkirsche (Atropa belladonna) gehören; wir lassen dieselbe jedoch aus Vorsicht weg. Wie leicht könnte ein Kind, wenn es in diesem Buche die Tollkirsche finden würde, dieselbe unvorsichtiger Weise genießen!

10) Von den Winden, welche eine eigene Familie bilden, läßt sich nicht viel sagen. Eine der hiehergehörigen Blüthen ist

die Windrose (Rosa ventosa), welche vier Hauptrichtungen, aber keinen Geruch hat.

11) Familie der Enziane (Gentianeae). Zu diesen zählt das sehr beliebte und vielbegehrte Tausendguldenkraut (Erythraea), nach neuer Währung 171429-Pfennigkraut genannt. Eine besondere Eigenschaft dieser Pflanze ist, daß wer viel davon

[22]

hat, in der Regel noch immer mehr haben möchte.

12) Die liebreizende Familie der Apocinen (Apocinae) hat Krähenaugen, von welchen bekanntlich keine der andern eines aushaut.

Zu dieser Familie gehört auch das Immergrün, welches indessen auch hin und wieder braun wird; dann der Oleander (Nerium), der schon in den „Wellen des Meeres und der Liebe“ vorkommt, wo Hero in einem Anfalle von Heroismus, um ihren schwimmenden Geliebten zu warnen, ruft: „O Leander!“ Aber er

[23]

hört nicht, schwimmt fort und wird am andern Tage als Leiche aufgefischt.

13) Zur Familie der Caprifolien, von Caper, der Bock, gehört das Geisblatt (eine Art Fachzeitung für Schneider)

und der Schneeball (Viburnum), welcher nur im Winter gedeiht und geworfen wird.

14) Eine sehr gemischte Familie ist die der Compositae. Zu diesen gehört die Schwarzwurzel, ein sehr passendes Gemüse bei Trauerfällen, die Distel, welche die Esel fressen, dann der Wermuth, der auch nicht so bitter ist, als manche neuere wissenschaftliche Theorie, und die Stahlblüthe (flos Crupii), auch Uchatiuskanone genannt.

[24] 15) Die Familie der Rubien verschafft uns nicht nur die nützliche Brechwurz, sondern auch den sehr schädlichen Kaffee (coffea arabica). Der Letztere wird meistens verbrannt, sodann zu oft aufgegossen, endlich in Kannen gefüllt und aufgetragen. Hier bildet er eine der gefährlichsten Erscheinungen, welche oft giftiger wirken als Belladonna und Strychnin: die sogenannten Kaffeekränzchen, auch Kaffeeschlachten genannt. In diesen wird aus dem guten Namen des Nächsten zur Unterhaltung Charpie gezupft – eine weibliche Handarbeit, die zu den segenvollsten Erfindungen

unserer Kultur gezählt werden muß. Wird der Kaffee in einem eigenen, nach ihm benannten Hause getrunken, so heißt er Mocca, kommt Obers oder Rahm dazu, so heißt man ihn Melange; den Inhalt der Schale nennt man Kaffeïn, und jene, welche davon leben, Cafétier. Wer ihn kalt trinkt, wird angeblich schön, und ist dieß wohl der Grund, warum die Damen, welche gerne Kaffeehäuser besuchen, gewöhnlich sehr lange oder immer sitzen bleiben.

16) Zur Familie der Doldenträger gehört die Salpetersilie, die gelbe Rübe mit Pflückerbsen und Schweins-Coteletts, der Selleriesalat und der Kümmelbranntwein oder

[25]

Gilka. Letztere Pflanze wird auch in gebildeten Kreisen kultivirt. Weniger gefährlich ist der Schierling.

17) Sehr gelungene Köpfe finden sich in der Familie der Kürbisse (cucurbitaceae) Diese und die Gewissensbisse sind

die einzigen, welche keine sichtbaren Spuren im Fleisch zurücklassen.

18) Eine sehr wohlriechende Familie ist die der Rosen. Es gibt zwar keine Rosen ohne Dornen, aber dennoch ist diese Pflanze eine der schönsten und edelsten, um so mehr, als zu ihr gehören: die Pflaumen, die selten reif sind, die Zwetschken, welche schwer zu sprechen, und noch schwerer zu schreiben sind, die Kirschen, die Mandeln und Weibeln, die Weichseln, Aprikosen, [26] Birnen, Aepfel und Erdbeeren. Die Natur spielt mit diesen Früchten oft so wunderbar, daß es vorkommt, daß junge Leute, die zu viel genossen haben, an einem Apfelbaume Kirschen brechen können und umgekehrt.

19) Die Familie der Hülsenträger bilden die Bohnen, von denen das bekannte Bohnenlied, über welches sehr viel zu gehen pflegt, herkommt, die Erbsen, welche vorher gebrochen werden, ehe man sie kocht, und jene Pflanze, welche, wenn sie in Wirklichkeit einmal vorkäme, den meisten Menschen die liebste

wäre und bei welcher man sicher mit umgekehrtem Regenschirm ausgehen würde, – der Goldregen (imber aureus).

[27] 20) Eine sehr angesehene, hochgeachtete und besonders am Rhein und Main verbreitete Familie ist die der Reben (compelidae), von welchen der Rebensaft gewonnen wird – nicht zu verwechseln mit dem, was als Wein verkauft und getrunken wird. Was die Reblaus für den Weinstock, sind die Weinhändler für den Wein. Es geschieht immer seltener, daß man reinen Wein eingeschenkt bekommt, und wenn wirklich die Wahrheit nicht nur in der Mitte, sondern auch im Weine liegt, dann haben wir heut zu Tage fast nur mehr eine künstliche, chemische Wahrheit. Zur Familie der Reben gehört auch der Ahorn. Diese

Pflanze kommt übrigens auch als B- und C-Horn, sowie als Klapp- und Flügel-Horn vor. – Erwähnung verdienen noch:

21) Die Nelken, welche schon des Reimes halber sehr bald verwelken.

22) Die bescheidene Familie der Veilchen, zu denen das Stiefmütterchen gehört – eine Pflanze, welche durch dumme Ammenmärchen bei Kindern in geringem Ansehen steht.

23) Die weitverbreitete Familie der Kreuzträger (Cruciferen), zu welchen die Ehemänner, das Sauerkraut, der Senf, der Meerrettig, der Kohl, und andere Süßigkeiten zu rechnen sind.

[28] 24) Die Familie der Seerosen, unter welchen die Lotosblume sich bekanntlich fortwährend vor der Sonne Pracht ängstigt. Endlich:

25) die Familie der Ranunkeln, zu welcher der Eisenhut und der Rittersporn gerechnet werden – zwei Pflanzen, welche neuerlich die Welt zu beherrschen scheinen, womit die ganze Botanik aufhört!

[29]
Mineralogie
oder
Lustige Steinlehre.

[31]
Einleitung.

Die Mineralogie ist die Wissenschaft von den in ihrer Masse gleichartigen Gegenständen, von denen ein Theil wie der andere ist z. B. langweilige Romane und Gold, von dem es ganz gleichgiltig ist, ob man viel oder wenig davon hat. Da diese Gegenstände keine Organe haben, können sie, wie viele Menschen, weder lesen noch schreiben, ja sie können nicht einmal sprechen, woher es kommt, daß die Mineralogie an sich sehr langweilig ist. Um die Sache einigermaßen lustig zu machen, unterscheidet man einfache Minerale und gemengte. Wir handeln, um verständlicher zu werden, nur von den einfachen und lassen Geognosie und Geologie bei Seite.

Die Minerale unterscheiden wir an verschiedenen Kennzeichen, als da sind:

1) Die Gestalt der Minerale. Durch die Gestalt kann man zum Beispiel einen Berg von einem Edelstein ganz genau unterscheiden.

2) Der Zusammenhang der Minerale (Cohärenz), welche sich durch die Spaltbarkeit, den Bruch und die Härte kundgibt. Man unterscheidet 10 Härtegrade vom Talk bis zum Diamant; den 11ten Härtegrad haben die Herzen der Geizhälse.

3) Die Dichte der Minerale, von welcher es kommt, daß ein Pfund Blei schwerer ist, als ein Pfund Flaumen.

4) Das Verhalten der Minerale zum Licht, von welchem der bekannte Schiller herrührt (siehe dessen sämmtliche Werke).

[32] 5) Das Verhalten der Minerale zu Electricität und Magnetismus, welches man am einfachsten mit Magnetnadeln untersucht. Daher kommt das Magnetnadelgeld der Damen.

6) Das Verhalten zu Geruch, Geschmack und Gefühl, welches sehr leicht zu prüfen ist; man rieche z. B. an einem Pflastersteine, schlecke an Magnesia, oder lasse sich ein Stück Marmor an den Kopf werfen.

7) Die chemischen Eigenschaften der Minerale, welche durch die Annaliese von H. Hersch sehr leicht zu entdecken sind.

Das Nothwendigste indessen, um die Minerale kennen zu lernen, ist eine gute Mineraliensammlung. Soweit es möglich war, suchten wir eine solche durch die beigegebenen Abbildungen zu ersetzen.

Die Minerale zerfallen in edle und unedle, je nach ihrem Zwecke, und in leichte und schwere, je nach ihrem Gewichte.

Zu den edlen Metallen gehören z. B. Gold, Silber, Eisen

und die steinernen Maßkrüge.

Zu den unedlen: Nickel, Kupfer, Nachttöpfe und Pflastersteine.

Einer der leichtesten Steine ist der Tropfstein, welcher durch häufigen Regen bei dem Mangel genügender Schirme ganz ausgehöhlt und deßhalb, wie schon der Name sagt, moralisch [33] wenig werth ist; einer der schwersten jener, der dem Menschen vom Herzen fällt, so oft er von einer Sorge befreit wird.

Diese Eintheilung hat indessen zu wenig wissenschaftliche Berechtigung und darum wollen wir unsere Mineralogie in folgender Ordnung vortragen:

Erste Klasse: Metalloide. Minerale der Nichtmetalle.
Zweite Klasse: Metalle.
Dritte Klasse: Minerale organischer Verbindungen.

Selbstverständlich führen wir nur die wichtigsten Minerale vor und behandeln auch diese nur mit möglichster Kürze, denn bei der Unsumme dessen, was heut zu Tage der Mensch wissen muß, fehlt die Zeit, von jedem Gegenstande sich mehr als eine oberflächliche Kenntniß zu verschaffen, man muß vielmehr mit

möglichster Eile beim Studium sich über Nebensächliches hinwegzusetzen wissen.

[34]
Erste Klasse. Minerale der Nichtmetalle.
1) Der Schwefel (Sulphur)

findet sich auf allen Gebieten in außerordentlicher Menge, besonders seit Erfindung der Wandervorträge und der Oeffentlichkeit aller Arten von Verhandlungen. Er wird meistens gesprochen, vielfach aber auch geschrieben und gedruckt. Am unschädlichsten ist derselbe bei den schwedischen Zündhölzchen, welche ohne ihn hergestellt werden. (Vergl. Botanik S. 13.) Man unterscheidet gewöhnlichen Schwefel, auch Wirthshausunterhaltung genannt, und den höheren Schwefel, welcher meist in Form populär wissenschaftlicher Mittheilungen vorkommt. Wird er zu Gedichten verwendet, so bildet sich von selbst Schwefelwasserstoff, welcher trotz aller Prosa der Zeit noch immer im Ueberflusse producirt wird.

2) Die Kohle.

Was eine Kohle ist, weiß jedes Kind. Die Kohle wird gebrannt von den s. g. Kohlenbrennern und wird wieder zum [35] Brennen, Zeichnen und zur Anfertigung von Pulver verwendet. Kohle findet sich auch in „Graf’s Reisebriefen.“

Kohle (Carbo).

Zu den Kohlen gehört: der Diamant.

Am bekanntesten unter den Diamanten ist der „Diamant des Geisterkönigs“. Ist der Diamant geschliffen, so nennt man ihn Brillant, als welcher er verschiedene Größen erreicht und mit denen sein Werth unverhältnißmäßig zunimmt. Der Brillant übt auf Frauenzimmer und Diebe eine große Anziehungskraft aus und findet sich am häufigsten in Schatzkammern.

Weniger kostbar ist der Graphit (Reißblei, Plumbago) auch A. W. Faber genannt.

Hierher gehört auch die Steinkohle und der Torf, bekannt durch „Auerbachs Torfgeschichten.“

3) Der Kiesel,

aus welchem der bekannte Kieselack, den man auf den höchsten Bergspitzen findet, gewonnen wird. Wenn man ihn mit Stahl in Berührung bringt, gibt er Funken und heißt dann Feuerstein – nicht zu verwechseln mit dem bekannten vielbesungenen

[36]

und meerumschlungenen Schleswig-Holstein, welches jedoch ebenso wie der Feuerstein allmälig mehr in Vergessenheit gerathen ist.

Ist der Kiesel chemisch rein, so nennt man ihn Rheinkiesel.

Zu den Kieseln gehören die verschiedenen Arten des Quarz, der Bergkrystall, der Amethyst, der gemeine Quarz, Carneol, Jaspis, der Hornstein, bekannt durch sein liebliches „Tandaradei“ und der Achat (genitiv. Achatz), endlich der Opal, von welchem Manche behaupten, er spiele in Farben, weshalb man von manchem Politiker sagen könnte, er opalisire.

Nicht hieher gehört trotz seiner historischen Merkwürdigkeit

der Wallenstein,

von welchem es übrigens ein ganzes Lager gibt – nicht zu verwechseln [37] mit den beiden Piccolomini’s, welche sehr leicht an ihrem Schiller zu erkennen sind.


Zweite Klasse: Metalle.
Erste Ordnung: Leichte Metalle.
1. Kalium,

das man, wenn es salpetersauer ist, einfacher gleich Salpeter nennt. Es findet sich an Mauern in der Nähe von Düngstätten und hat zur Erfindung des Schießpulvers wesentlich beigetragen. Durch Glühen von Sand und Potasche erhält man kieselsaures Kali, das in Wasser gelöst das sogenannte Wasserglas bildet, dem jedoch leider Viele das Schnapsglas noch immer vorziehen.

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2. Natrium.

Aus diesem Minerale entstehen die kohlensauren Ringelnattern und das Steinsalz, das in Würfeln crystallisirt. Verwandt mit dem Würfelstein ist der Dominostein, leicht

erkenntlich an seinen vielen Augen, und der „Schreckenstein“, welchen meistens nur derjenige gewinnt, der schon die meisten Solo’s gewonnen hat. Der letztere erreicht oft eine unheimliche[WS 2] Höhe und kann man dann über denselben sehr leicht stolpern, woher er seinen Namen hat.

3. Calcium.

Hieher gehört der Gyps, welcher vorzüglich in Figuren vorkommt, welche in der Regel die berühmtesten Männer der Zeit vorstellen und darum sehr leicht zerbrechlich sind. Derselbe wird aber in neuerer Zeit auch als Nahrungsmittel unter’s Mehl gemischt, was dasselbe sehr schmackhaft macht.

Hieher wird auch der Kalk gerechnet, welcher, wenn er körnig ist, Marmor genannt wird.

Der Marmor, welcher indessen nicht immer schwarz, [39] sondern abweichend von den übrigen Mohren auch roth und weiß vorkommt, wird im letzteren Falle cararischer Marmor genannt. Aus diesem stammt die Medicäische Venus. Marmorbrüche sind, wie die meisten übrigen Brüche, selten heilbar.

Erwähnt muß hier werden

der „Marmelreiter“

oder der steinerne Gast, welcher wegen seiner Vorliebe für das weibliche Geschlecht meistens „Don Juan“ genannt wird.

4. Magnium.

Zu dieser Gruppe gehört die Familie der Serpentine, darunter der Speckstein, den wir abgekürzt Eckstein nennen. Es ist dieses eines der feuchtesten Minerale, was damit zusammenhängt, daß unter den Hunden, wie bei vielen Menschen,

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die Sitte herrscht, daß es einer dem andern nachmacht. Ecksteine sind aber, wie schon der Name sagt, meistens rund.

Zu den unheimlichsten Steinen gehören die Grenzsteine, welche sehr häufig verrückt werden, so daß die Gesetze eigene Strafbestimmungen gegen dieses Verrücktwerden treffen mußten.

5. Alumium.

Hieher gehört die Familie der Corunde. Dieses Mineral nennt man in crystallisirtem Zustande, nach dem berühmten Humoristen, Saphir. Ist dasselbe roth, so heißt es Rubinstein, von welchem die Makabäer zu sein pflegen. Weiter zählt hieher die Familie der Thone, von welchen im Mittelalter Melanchthon und der auch heutzutage noch häufig vorkommende Anton besonders zu erwähnen sind. Compositeure nennt man Tondichter, die eigentlichen Thon-Dichter aber heißen Hafner.

Hier muß weiter erwähnt werden die Familie der Granaten, welche häufig zu artilleristischen Zwecken verwendet werden, aber auch als Schmuck vorkommen, und die Familie der Edelsteine, insbesondere der Topas- auch Rauchtopas, völlig unterschieden von dem weit ordinäreren Rauchtobak, von welchem oben Seite 20 die Rede war. Die Edelsteine haben ihren Werth wegen ihrer großen Seltenheit und doch gibt es einen Stein, [41] welcher selten ist und doch wenig Werth hat – es ist dies der

Meilenstein, dessen Seltenheit übrigens nur von den großen Entfernungen herrührt, welche zwischen diesen Steinen angebracht sind.

Zu den höchsten Steinen (ohne darum Edelstein zu sein) gehört der Dachstein und der Wendelstein.

Sehr hoch stehen auch die Schornsteine, sehr nieder die Pflastersteine. Dafür werden Erstere leichter vom Sturmwind umgeworfen, während die Letzteren mit bloßen Hühneraugen leicht erkennbar sind.

Zweite Ordnung: Schwere Metalle.
1. Das Eisen.

Eisen ist jenes Mineral, welches mit Blut gemischt eine sehr wirksame Politik gibt. Ist das Eisen gehärtet, so nennt man es Stahl, aus welchem man Kanonen und Stahlfedern macht. Eine leider sehr häufig vorkommende Stahl-Art ist der Diebstahl. Von diesem giebt es unendlich viele Arten, je nach dem Gegenstande, der gestohlen wird. Die beigegebene

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Abbildung zeigt den Schinkendiebstahl, welcher nicht selten auf dem Lande vorzukommen pflegt.

Vom Eisen ließe sich sehr viel sagen – man denke nur an die Eisenbahnen, das Magneteisen, den Eisenhammer, das Roheisen und das Brecheisen; wir wollen uns aber dabei nicht länger aufhalten, sondern rasch übergehen zum

2. Nickel.

Nickel hat es immer gegeben und zwar sehr boshafte, welche man in diesem Falle Zornnickel zu nennen pflegt.

[43] In neuerer Zeit hat man dieses Metall zu Münzen verwendet, welche das Angenehme haben, daß sie die Geldbörse ebenso rasch füllen, als sie dieselbe wieder verlassen.

3. Kupfer.

Dieses Metall kommt sehr häufig in Almanachen vor, wo man es Titelkupfer nennt. Gestochen gibt es den zuweilen sehr werthvollen Kupferstich. Die Farbe des Kupfers ist dunkel, kann aber auch „Heller“ werden, wenn man solche aus demselben prägt. Nicht selten findet sich das Kupfer in gediegenem Zustande auch in Nasen, in welchem Falle es seine Entstehung

in der Regel einer chemischen Verbindung verschiedener geistiger Getränke verdankt.

Aus Kupfer besteht auch gewöhnlich der Wärmstein, auch

Bettflasche genannt – besonders im Winter Jenen zu empfehlen, [44] welche kalt schlafen, während für Andere, die im Gegensatze zu diesen trocken rauchen, der Bernstein, auch Meerschaumspitze

genannt, empfehlenswerther erscheint.

4. Blei.

Blei ist ein sehr häßliches, verächtliches Metall, denn wenn man etwas Schönes, Begehrenswerthes sieht, sagt man: „Das ist nicht von Blei.“ Uebrigens halten Viele wegen seiner Schwere das Blei für eines der ersten Metalle, denn aller Anfang ist schwer.

Am schönsten für die Jugend findet sich das Blei in den sogenannten Bleisoldaten, welche jedoch verbunden weit weniger

Unheil anrichten, als wenn die letzteren das erstere abfeuern.

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5. Quecksilber.

Unter Quecksilber versteht man jenes Silber, welches sehr unruhig ist und bald fällt, bald steigt. Was für die Bestimmung der Temperatur der Thermometer, ist daher für den Stand der Werthpapiere der Kurszettel.

6. Silber.

Weniger selten als Gold und darum niedriger im Werthe steht das Silber, welches am häufigsten als Kaffee-, Thee-

und Suppenlöffel vorkommt. Ist wenig Silber daran, heißt man es Christophle, und ist gar kein’s daran, nennt man es Messing.

Hieher gehört ein äußerst heilsamer Stein, der Höllenstein, mit dessen Auflösung die Mohren ursprünglich hergestellt worden sein sollen.

7. Gold.

Gold gehört zu den edlen Metallen, obwohl es wie aus „Robert der Teufel“ von Meyerbeer bekannt ist, eigentlich [46] nur „Chimäre“ ist. Das Gold wird am leichtesten gewonnen, indem man es der Morgenstunde aus dem Munde nimmt. Es ist indessen nicht Alles Gold, was glänzt. In unserer Zeit der allgemeinen Nivellirung ist Jedem eine Krone erreichbar, ja für 20 Mark bekommt man sogar eine Doppel-Krone. Da bekanntlich Schweigen Gold ist, könnten sich Mitglieder von Reichstagen bezüglich der Diätenfrage am leichtesten damit selbst helfen, daß sie wenig oder gar nichts reden würden.

Das Gold bewahrt man am sichersten in feuerfesten Geldschränken auf, welche indeß leider nur gegen äußeren Einbruch schützen, dagegen ungetreuen Bankbeamten und Kassierern gegenüber in neuester Zeit wenig Sicherheit gewähren.

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Dritte Klasse. Minerale organischer Verbindungen.

Hieher gehören die Salze, zu welchen des Namens willen der Honigstein gezählt wird und die Erdharze, von denen der Bernstein (siehe oben), daß seltene Bitumen oder Judenpech und das Erdöl, auch Petroleum genannt, gehören. Da letzteres indessen bei dem Fortschritt der socialistischen Bewegung mit der Zeit gefährlich werden könnte, wollen wir uns mit demselben nicht befassen.


Ueberblicken wir zum Schlusse noch das ganze Mineralreich, so sehen wir, daß die Natur reich an Steinen ist.

Wir nennen deshalb einen Menschen, der sehr reich ist, steinreich, was indessen auch daher kommen könnte, daß die Herzen der Reichen nicht selten hart wie Stein sind.

Sehr gesucht seit Beginn der Welt und noch immer nicht gefunden ist der Stein der Weisen, dagegen findet sich ungesucht am leichtesten der Stein des Anstoßes.

Der Streit der Gelehrten, was besser sei, Weinstein oder Steinwein, dürfte ziemlich unfruchtbar sein; jedenfalls ist der erstere billiger und leichter zu haben, als der letztere.

Wenn man behaupten will, daß Steine unfruchtbar seien, so erinnern wir an die Schleifsteine, welche so nahrhaft sind, daß ganze Familien von Scheerenschleifern davon leben.

Das ganze menschliche Leben bewegt sich zwischen dem

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Taufstein      und dem      Leichenstein.

Am Taufstein, jetzt Civilstandsregister genannt, bekommt der Mensch seinen Vornamen; später bekommen die meisten einen Spitznamen, und wer keinen Namen in der Geschichte errungen hat, dessen Name steht doch wenigstens auf dem Leichenstein, oder bis zur Errichtung eines Monumentes, auf einer Holztafel.

Jenen Undankbaren aber, welche alle die Schätze der Natur nicht zu würdigen verstehen, möchten wie noch einen Stein in’s

Gedächtniß bringen, den Mühlstein; daß ist jener Stein, von dem es besser wäre, wenn man ihn undankbaren Kindern um den Hals hängen und sie in die Tiefe des Meeres versenken würde, womit alle Mineralogie von selber endet.

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(Das Faulthier, bestia pigra.)

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Wissenschaftlich bearbeitet

von

v. Miris.
3. Auflage. Cartonnirt. Preis 1 Mark 50 Pf.
Kgl. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei von Dr. C. Wolf & Sohn in München.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Almus
  2. Vorlage: umheimliche