RE:Kleopatra 20

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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VII. Philopator, Königin 51–30 v. Chr., Frau von Caesar und Antonius
Band XI,1 (1921) S. 750781
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20) Kleopatra VII. Philopator, die berühmte Tochter des Ptolemaios XI. Neos Dionysos (Auletes), geboren 69 v. Chr. (sie starb 39jährig im J. 30 nach Plut. Ant. 86, vgl. Strack Dyn. 210, 46). Wer ihre Mutter war, ist nicht überliefert. Da die einzige bekannte Gemahlin des Neos Dionysos, K. V. (s. o. Nr. 18) im J. 69/8 starb, könnte sie als Mutter der K. noch in Betracht kommen. Andernfalls müßte K. wie ihre jüngeren Geschwister entweder aus einer (nirgends bezeugten) zweiten Ehe des Vaters stammen oder die Tochter einer Nebenfrau und später legitimiert worden sein. Für letzteres scheint zu sprechen die Angabe Strabons XVII 796, daß ihr Vater drei Töchter gehabt habe, wovon einzig die älteste (dem Zusammenhang nach Berenike, s. o. Bd. III S. 286f.) γνήσια, dagegen aber fällt der Umstand ins Gewicht, daß in der ganzen Überlieferung nirgends von illegitimer Geburt oder nachträglicher Legitimierung der K. die Rede ist, vgl. Bouché-Leclercq II 145, 1. Gemäß dem Testament ihres Vaters (Caes. bell. civ. III 108, 3. Bell. Alex. 33, 1f. Porphyr. bei Euseb. chron. I 168 Sch. 78 Karst = FHG III 723) bestieg K. als ältestes seiner noch lebenden vier Kinder (Strab. XVII 796) nach seinem Tode im Mai oder Juni 51, mit dem älteren ihrer beiden Brüder Ptolemaios XII. in Geschwisterehe verbunden, den Thron der Pharaonen. Sie war damals 17, ihr Bruder etwa 10 Jahre alt. Ihren Beinamen Φιλοπάτωρ erklärt v. Gutschmid Kl. Schr. IV 113 als Rechtfertigung ihrer zum Schaden der Brüder nach dem letzten Willen des Vaters erfolgten Sukzession; er ließe sich auch als pietätvoller Protest gegen die Haltung ihrer beiden älteren Schwestern K. VI. Tryphaina (Nr. 19) und Berenike (s. o. Bd. III S. 286f.) deuten. Spätere preisen K.s blendende Schönheit in den höchsten Superlativen (περικαλλεστάτη γυναικῶν Dio XLII 34, 4, tantae pulchritudinis, ut multi noctem illius morte emerint Vir. ill. 86, 2), doch steht solchen Übertreibungen einerseits das auf zeitgenössische Schilderungen zurückgehende Zeugnis [751] Plutarchs (αὐτὸ μὲν καθ' αὑτὸ τὸ κάλλος αὐτῆς οὐ πάνυ δνσπαράβλητον οὐδέ οἷον ἐκπλῆξαι τοὺς ἰδόντας Ant. 27) gegenüber, andrerseits ihre Bildnisse auf Münzen und ägyptischen Reliefs, die mehr auf Klugheit und Energie als auf besondere Anmut schließen lassen, vgl. z. B. die besonders wohlgelungene Münzreproduktion bei Head-Svoronos Ἱστορία τῶν νομισμάτων (Athen 1898) Taf. 28, 9, ferner im allgemeinen Gardthausen Augustus und seine Zeit I 1, 437f. II 234. Einstimmig sind dagegen die Zeugnisse, insofern sie ihren reichen Geist, ihre fesselnde Unterhaltung, den bezaubernden Klang ihrer Stimme, die unwiderstehliche Anziehungskraft ihres ganzen Wesens rühmen (Plut. Ant. 27. Dio XLII 34, 4f.). Im Gegensatz zu den früheren Lagiden, die sich nicht einmal die Mühe nahmen, das Idiom ihrer einheimischen Untertanen zu erlernen, beherrschte oder verstand sie wenigstens außer dem Griechischen und dem Ägyptischen noch die Sprachen der Aithiopen, Trogodyten, Juden, Araber, Syrer, Meder und Parther (Plut. a. O., vgl. Philostr. vit. soph. I 5 ᾗ καὶ αὐτὸ τὸ φιλολογεῖν τρυφὴν εἶχεν). Der einzige erhaltene inschriftliche Erlaß K.s (Lefebvre Mélanges Holleaux 103ff.) verfügt (übrigens entsprechend dem ständigen Ptolemäerbrauch, vgl. Wilcken Grundzüge d. Papyruskunde I 20) ausdrücklich die Veröffentlichung τοῖς τε Ἑλληνικοῖς καὶ ἐνχωρίοις γράμμασιν. Außer Frage steht K.s starke sinnliche Ader. Es ist kein Wort darüber zu verlieren, daß in der Stadt des raffiniertesten Lebensgenusses und zumal in dem gründlich verdorbenen Milieu des üppigen, seit Jahrhunderten von Familiengreueln aller Art zerrütteten Lagidenhofs keine Frau heranwachsen konnte, an die sich irgendwelche sittlichen Maßstäbe anlegen ließen. Aber, anders als Semiramis und Katharina II., hat K., soweit wir wissen, von ihren Reizen nur zu bestimmten Zwecken und in planmäßiger Berechnung Gebrauch gemacht, dann freilich auch fast ausnahmslos mit sicher treffender Wirkung (ihre Toilettenkünste im allgem. erwähnt Fronto p. 154, 16 Naber; sogar eine Schrift über κοσμητικά lief später unter K.s Namen um, Hultsch Metrologic. script. reliquiae I 108f. 233). Es ist eine durch Tatsachen nicht belegte Behauptung, wenn ihr gelegentlich von Zeitgenossen und Nachfahren geradezu dirnenhaftes Wesen nachgesagt wird (Propert. III 11, 30 femina trita. 39 incesti meretrix regina Canopi. Lucan. Phars. X 370 a quo casta fuit? Plin. n. h. IX 119 regina meretrix. Dio LI 15, 4 ἄπληστος Ἀφροδίτης. Vir. ill. 86, 2 tantae libidinis fuit, ut saepe prostiterit). K.s erste Regierungshandlung, von der wir Kunde haben, ist die Verhaftung der Mörder zweier Söhne des Statthalters von Syrien M. Calpurnius Bibulus (51 v. Chr.). Sie schickte die Schuldigen dem Vater nach Syrien; dieser lehnte freilich die Bestrafung ab, mit dem Bemerken, daß dies Sache des Senats sei, Val. Max. IV 1, 15. Im Beginn des Bürgerkriegs (49 v. Chr.) kam der junge Cn. Pompeius im Auftrag seines Vaters nach Alexandreia und erwirkte die Entsendung eines Geschwaders von sechzig Schiffen (Appian. bell. civ. II 71) mit Getreide nach Dyrrhachion; bei dieser Gelegenheit soll K. mit ihm ein Liebesverhältnis angeknüpft haben (Plut. Ant. 25), vgl. Bouché-Leclercq II 183. [752]

Für die Art, wie K. ihre Herrschaft ausübte, ist es bezeichnend, daß sie als einzige unter allen Ptolemäerinnen eigene Münzen (vgl. Head HN2 859. 790. 804) mit ihrem Bild und ihrem Namen als Münzherrin geprägt, also ein eigenes Münzrecht ausgeübt hat (Silberdrachme vom J. 6 = 47/6 v. Chr., Svorοnos Die Münzen der Ptolemäer nr. 1853, Kupfermünzen nr. 1871–1873). Die große Mehrzahl ihrer Münzen trägt freilich den Kopf des Reichsgründers Ptolemaios I. und den Namen ihres königlichen Bruders als des Münzherrn: die ,unerhörte Neuerung‘ hat sich also nicht recht eingebürgert; vgl. Kahrstedt Klio X 276f. Immerhin hat K. faktisch ,die letzten Schritte zum Ziele getan, das ihre Vorgängerinnen anstrebten und zu dessen Erreichung sie die Wege gebahnt‘ hatten: in ihr herrscht zum erstenmal ,ein Weib, ausgerüstet mit allen Rechten und Befugnissen des absoluten Herrschers‘ (Strack Dyn. 2. 70, vgl. Bouché-Leclercq III 97), wenngleich nie ohne die formelle Mitregierung eines Mannes. Schon früh zog sich K., sei es durch ihre selbstherrliche Regierungsweise (vgl. Plut. Ant. 56 πολὺν χρόνον δι' αὐτῆς κυβερνῶσα βασιλείαν τοσαύτην), sei es durch die Intervention im Krieg der römischen Machthaber, den Haß einflußreicher Kreise der Bevölkerung zu (vgl. Dio LI 5, 4 πολλοὺς τῶν πρώτων, ἅτε καὶ ἀεὶ οἱ ἄχθομένων). Man scheint, schwerlich mit Recht, befürchtet zu haben, sie plane die Absetzung ihres Brudergemahls (Vir. ill. 86, 1). Sehr gespannt gestaltete sich zumal ihr Verhältnis zu Potheinos und den übrigen Ministern des Reichs. Einige Zeit vor der Schlacht bei Pharsalos (Sommer 48) wurde K. von ihrem Bruder per suos propinquos atque amicos (hauptsächlich auf Betreiben des Potheinos, Plut. Caes. 48) aus Alexandreia vertrieben, Caes. bell. civ. III 103, 2. Strab. XVII 796. Trog. prol. 40. Liv. per. 111. Zonar. X 10. Lucan. Phars. IX 1068ff.; vgl. V 63. K. warb Söldner, um die Rückkehr mit den Waffen zu erzwingen (nicht von der Thebais aus, wo sie nach Malal. chron. 10 init. in der Verbannung gewesen sein soll, sondern im Grenzgebiet gegen Palästina, εἰς τὴν Συρίαν nach Strab. a. O., ἀμφὶ τὴν Συρίαν Appian. bell. civ. II 84; vgl. Drumann G. R. III¹ 521. Bouché-Leclercq II 184). Das königliche Heer befand sich am kasischen Berg bei Pelusion, nicht weit von K.s Lager entfernt, als Pompeius flüchtend an der Küste Ägyptens erschien und in sein Verderben lief, Caes. bell. civ. III 103, 2. Appian. bell. civ. II 84. Dio XLII 3, 1. Plut. Pomp. 77. Kurz darauf nahte der Sieger Caesar. Seine erste Herrscherhandlung galt der Schlichtung des ägyptischen Thronstreits. Er forderte die entzweiten königlichen Geschwister auf, ihre Heere zu entlassen, und beschied sie nach Alexandreia, um ihren Streit beizulegen, Caes. bell. civ. III 107, 2. 109, 1. K. sondierte ihn zunächst durch Unterhändler, und als sie eine günstige Stimmung wahrnahm, drang sie, um desto sicherer auf seine Triebe wirken zu können, auf eine persönliche Zusammenkunft, Dio XLII 34, 3ff. Durch den erhaltenen Bescheid ermutigt, ließ sie sich nachts von einem ihrer φίλοι, dem Sikelioten Apollodoros, auf einer kleinen Barke, in einer Teppichrolle verpackt, von der Seeseite her in den königlichen Palast einschmuggeln, Plut. Caes. 48f. [753] Strab. XVII 796 (vermutlich nach Asinius Pollio, vgl. Schwartz o. Bd. II S. 235). Lucan. Phars. X 56ff. 82ff. Dio XLII 34, 6. Flor. epit. IV 2, 56. Vir. ill. 86, 1; vgl. Zonar. X 10. Liv. per. 112. Coripp. Iustin. III 17. Rasch war Caesar von ihren Reizen umstrickt, Dio XLII 35, 1. Lucan. Phars. X 105. Wirksamen Nachdruck erhielt so ihre Rechtsforderung, die in der Erfüllung des Testaments ihres Vaters d. h. in ihrer Wiedereinsetzung in die Herrschaft bestand. Tags darauf wurde der junge König in den Palast zitiert; als er zu seiner Überraschung K. hier vorfand, entfloh er voller Zorn und rief die Alexandriner zur Hilfe auf. Den drohenden Sturm der Menge vermochte Caesar diesmal noch zu beruhigen, und in feierlicher Sitzung führte er vor allem Volk die Versöhnung des Königspaars herbei, Dio XLII 35, vgl. Lucan. Phars. X 107 (gegenüber Drumann III1 535, 91, der die Szene verwirft, vgl. Judeich Caesar im Orient 81. Bouché-Leclercq II 193). Das Testament des Auletes wurde bestätigt, K. wieder als Königin anerkannt (restitui iussit in regnum Flor. epit. IV 2, 58) und zur Feier des Ereignisses ein Bankett abgehalten, Plut. Caes. 49. Lucan. Phars. X 107ff. 140ff. 353ff. (der irrigerweise glaubt, die Geschwisterehe sei erst jetzt faktisch vollzogen worden). Aber die Versöhnung war nicht von Dauer. Während Caesar in K.s Armen kostbare Zeit versäumte (necessario etesiis tenebatur sagt er selbst beschönigend, bell. civ. III 107, 1), traf Potheinos Anstalten, um ihn in Alexandreia einzuschließen; er zog das königliche Heer von Pelusion herbei, und die Stimmung seiner Alexandriner hetzte er auf durch das ausgesprengte Gerücht, Caesar sei durch K.s Reize völlig gewonnen und werde sie zur Alleinherrscherin machen, Dio XLII 36, 3f. So begann der ,alexandrinische Krieg‘, den schon im Altertum manche Kritiker als οὐκ ἀναγκαῖον, ἀλλ’ ἔρωτι Κλεοπάτρας ἄδοξον αὐτῷ καὶ κινδυνώδη γενέσῦαι beurteilten, Plut. Caes. 48. Schlag auf Schlag folgten sich der Brand der ägyptischen Flotte, die Flucht der Arsinoë (K.s jüngster Schwester) aus dem Palast und ihre Erhebung zur nationalen Königin, die Hinrichtung des Potheinos, dann die Kämpfe zur See und Caesars Schlappe am Heptastadiondamm. Caesar entschloß sich, den König Ptolemaios freizulassen, um die Wut der Feinde zu beschwichtigen, wohl auch um ihnen dadurch Verlegenheiten zu schaffen. Endlich, als der gefährliche Aufstand auf seinem Höhepunkt angelangt war, nahte Hilfe. Caesar vereinigte sich mit der heranrückenden Entsatzarmee und erfocht in der Schlacht am kanobischen Nil einen entscheidenden Sieg, wobei der junge König den Tod in den Fluten fand. (Romanhaft ist die Angabe Vir. ill. 86, 1, wonach Caesar den Ptolemaios der K. zuliebe geopfert habe.) Am 27. März (14. Jan. jul.) 47 ergab sich Alexandreia, Fasti Maff. Dessau Inscr. Lat. sel. 8744. Das Schicksal des ägyptischen Reichs lag in Caesars Händen. Er vermählte den jüngern der beiden Brüder K.s, den etwa 12jährigen Ptolemaios XIII., als königlichen Brudergemahl mit K. und übergab diesem Geschwisterpaar (den θεοὶ Φιλοπάτορες P. Oxyr. XIV 1629) die Regierung, Bell. Alex. 33, 1f. Strab. XVII 796. Trog. prol. 40. Suet Caes. 35. Dio XLII 44. Porphyr. bei Euseb. chron. I 168 Sch. 78 Karst = FHG III 724 [754] (ungenau Appian. bell. civ. II 90. Plut. Caes. 49. Oros. VI 16, 2. Eutrop. VI 22, 3. Vir. ill. 86, 1. Hieron. a. Abr. 1970 [Euseb. chron. II 137 Sch.] Caesar in Aegypto regnum Cleopatrae confirmat ob stupri gratiam, ähnlich Dio LI 15, 4 τὴν βασιλείαν τὴν τῶν Αἰγυπτίων ὑπ’ ἔρωτος ἐκτήσατο. P. Oxyr. I 33 = Wilcken Chrestom. I 20 col. V 11f. [Καῖσαρ ἔ[σωσε Κλεοπάτρ[αν]). In vollen Zügen genoß Caesar das nunmehr ungestörte Zusammensein mit K. Er schwelgte mit ihr in Gelagen, die oft bis in den frühen Morgen dauerten, und unternahm mit ihr auf einem Prachtschiff, von der Flotte begleitet, eine Lustfahrt nilaufwärts, Suet. Caes. 52, 1. Appian. bell. civ. II 90. Zum Schutz des Königspaares ließ Caesar in Ägypten vier Legionen, Bell. Alex. 33, 3. Suet. Caes. 76, 3. Appian. bell. civ. III 78 = IV 59. Kurz nachdem er sich dann endlich loßgerissen und den Feldzug in Asien angetreten hatte, gebar ihm K. einen Sohn (Plut. Caes. 49; Ant. 54; als Geburtstag wird auf einer Serapeumstele im Louvre der 23. Juni 47 angegeben, Strack 213, 48), der sofort mit ausdrücklicher oder stillschweigender Billigung der K. den Namen Caesar (oder im Volksmunde Kaisarion) erhielt, Dio XLVII 31, 5, vgl. XLIX 41, 2. Zonar. X 10. Plut. Caes. 49; vgl. Ant. 54. Suet. Aug. 17, 5. Cic. ad Att. XIV 20, 2 (de reginae velim atque etiam de Caesare illo). Zweifel an Caesars Vaterschaft äußerte schon ein Zeitgenosse C. Oppius (Suet. Caes. 52, 2, vgl. Peter Die geschichtl. Lit. über die röm. Kaiserzeit I 168), ebenso später Dio XLVII 31, 5. Aber Caesar selbst gestattete die Benennung nach seinem Namen (Suet. Caes. 52, 1) und erkannte somit den Knaben als sein Kind an (das Zeugnis von Augustus’ Hofhistoriographen Nic. Dam. vit. Caes. 20 [FHG III 440f.], wonach ihn Caesar im Testament ausdrücklich verleugnet hätte, verdient keinen Glauben, vgl. Gardthausen Aug. II 66. Ed. Meyer Caesars Monarchie 515, 5. 518, 3). K. verewigte das glückliche Ereignis auf Münzen (Svorοnos Münzen der Ptol. nr. 1874: K. mit Kaisarion als Isis mit Eros, vgl. Kahrstedt Klio X 276f.) und auch bildlich in dem ,Geburtstempel‘ zu Hermonthis (realistische Darstellung der Geburt: Lepsius Denkmäler IV 60 a). Die Priester von Hermonthis legitimierten den Prinzen auf ägyptische Weise, indem sie behaupteten, der Gott Re' habe ihn in Caesars Gestalt gezeugt, vgl. Bouché-Leclercq II 217, 1. III 10. Otto Priester und Tempel II 270. Caesar ließ es auch geschehen, daß die Soldaten bei seinem großen Triumph (Juni 46) unter anderem sein Verhältnis zu K. in Spottversen besangen, Dio XLIII 20, 2.

Im Sommer desselben Jahres begab sich K. mit ihrem Brudergemahl und glänzendem Gefolge nach Rom, angeblich um für den Abschluß eines Bündnisses zu wirken, Dio XLIII 27, 3. Hieron. a. Abr. 1971 (Euseb. chron. II 137 Sch.). Suet. Caes. 52, 1 (ungenau, s. u.). Sie nahm Wohnung in Caesars Gärten jenseits des Tiber (Cic. ad Att. XV 15, 2. Dio a. O.) und kehrte den Römern gegenüber geflissentlich die Königin heraus (superbiam autem ipsius reginae, quum esset trans Tiberim in hortis, commemorare sine magno dolore non possum Cic. a. O.). Caesar stellte ihre goldene [755] Statue im Tempel der Venus Genetrix auf (Appian. bell. civ. II 102. Dio LI 22, 3) und verlieh dem königlichen Geschwisterpaar den Titel von socii et amici populi Romani (Dio XLIII 27, 3). In Ciceros nachträglichen Äußerungen zittert noch die Entrüstung nach, die das Gebaren der regina und ihrer Hofschranzen in Rom hervorrief, ad Att. XIV 8, 1. 20, 2. XV 15, 2. 17, 2, vgl. auch Dio XLIII 27, 3. Später behauptete der Volkstribun Helvius Cinna, Caesar habe während seiner Abwesenheit im Partherkrieg ein Gesetz einbringen lassen wollen, das ihm die Vielweiberei, auch mit Nichtrömerinnen, gestattet hätte, Suet. Caes. 52, 3. Dio XLIV 7, 3. Daß hiebei in erster Linie an eine Heirat mit K. gedacht war, hat Drumann I1 100 bestritten; Bouché-Leclercq II 221f. und Ed. Meyer Caesars Monarchie 518 haben es mit Recht angenommen. Sicher gehörte zu den Gründen der Mißstimmung, der Caesar zum Opfer fiel, nicht zuletzt sein Verhältnis zu K. und die Besorgnis, daß er den Sitz der Regierung nach Alexandreia oder sonstwohin im Orient zu verlegen beabsichtige, Suet. Caes. 79, 3. Nic. Dam. vit. Caes. 20 (FHG III 440). Das Römervolk empfand nicht so sehr eine rassenhafte Abneigung gegen K. als Ägypterin (dies stellt Bouché-Leclercq II 220 in den Vordergrund, offenbar verführt durch Propert. III 11, 34. 41f., wo sich aber erst die spätere Stimmung der Zeit des aktischen Krieges ausspricht), als vielmehr die peinliche Gewißheit, daß Caesar planvoll die Aufrichtung eines griechisch-römischen Königtums anstrebte, dem eine Heirat mit der echten Angehörigen einer hellenistischen Dynastie die Legitimität verschafft haben würde, vgl. Schwartz Herm. XXXII 573. Kornemann N. Jahrb. 1899 I 123; Klio I 95f. 144; Einl. in die Altertumswiss. III1 208, 266. Willrich Klio III 89. Ferrero Grandezza e decadenza di Roma II 469f. v. Domaszewski Philol. LXVII 1ff.; Geschichte der röm. Kaiser I 15f. Wilcken Werden und Vergehen der Universalreiche (Bonn 1915) 22f. v. Wilamowitz Reden aus der Kriegszeit (Berlin 1915) 207. Ed. Meyer Caesars Monarchie 501f. 514f. Noch an den Iden des März 44 weilte K. in Rom – seit mehr als anderthalb Jahren! –; erst am 15. April hören wir von ihrer überstürzten Abreise (fuga Cic. ad Att. XIV 8, 1; irrig ist also die Angabe Suet. Caes. 52, 1, wonach K. von Caesar reich beschenkt entlassen worden wäre). Während ihrer Abwesenheit hatten in Ägypten Caesars Legionen die Ordnung aufrecht erhalten. Nach ihrer Rückkehr (nicht schon in Rom, wie Bouché-Leclercq II 227 für wahrscheinlich hielt) machte K. der schattenhaften Existenz ihres Brudergemahls Ptolemaios XIII. ein Ende (Joseph. ant. Iud. XV 89 spricht von Gift, Porphyr. bei Euseb. chron. I 170 Sch. 79 Karst = FHG III 724 allgemein von ταῖς Κλεοπάτρας ἀπάταις), 44 v. Chr. (Porphyr. a. O.). Noch am 27. Epiph 8 = 26. Juli 44 wurde in Oxyrhynchos mit der Formel βασιλευόντων Κλεοπάτρας καὶ Πτολεμαίου θεῶν Φιλοπατόρων datiert (P. Oxyr. XIV 1629), also war damals der Tod des Königs noch nicht bekannt. An seiner Stelle ernannte K., da nach ägyptischem Staatsrecht eine Frau formell nicht allein regieren konnte, zum Mitregenten ihren [756] nun dreijährigen Sohn, der seitdem den Namen Ptolemaios (XIV.) ὁ καὶ Καῖσαρ θεὸς Φιλοπάτωρ (καί) Φιλομήτωρ führte (Strack nr. 157 = Dittenberger Or. 194. Lefebvre Annales du Service des Antiquités 1908, 241; Mélanges Holleaux 103ff. Papiri Soc. Italiana 549. P. Oxyr. XIV 1635. P. dem. Cairo 31232). Der Beiname Φιλοπάτωρ sollte nach v. Gutschmid Kl. Schr. IV 114 ausdrücken, daß der junge König kraft der Bestimmung seines Vaters Caesar zur Herrschaft gelangt sei, – ein stillschweigender Protest gegen die Rechtmäßigkeit des Caesar Octavianus. Zur Chronologie vgl. Letronne Journ. des savants 1842, 717; Recueil d’inscr. II 91. 93. Mommsen R. G. V 361, 1. Darstellung der K. als Hathor mit dem Sohne: Lepsius Denkm. IV 53f. Rosellini Monum. di Egitto I 2, 518ff.; vgl. Gardthausen Augustus II 168f. Bouché-Leclercq II 228, 1. K.s Streben war darauf gerichtet, ihren Sohn als legitimen König anerkannt zu sehen: um den Preis dieser Anerkennung trat sie mit P. Cornelius Dolabella (s. o. Bd. IV S. 1300ff.), dem Statthalter Syriens und Hauptvertreter der Caesarianerpartei im Orient, in ein Kriegsbündnis, Dio XLVII 31, 5, vgl. 30, 4. Appian. bell. civ. IV 61. Obwohl K. somit von Anfang an auf der Seite der Triumvirn stand, konnte sie die römischen Streitkräfte, die in ihrem Lande waren, doch nicht für deren Sache verwerten. Dolabellas Saumseligkeit verschuldete es, daß sein Legat A. Allienus (s. o. Bd. I S. 1585) die vier Legionen aus Ägypten vielmehr dem Caesarmörder Cassius zuführte.

K. selbst hielt sich seitdem klug zurück und wartete, wohin sich das Kriegsglück neige. Die Flotte, die sie geschaffen und bemannt hatte, ließ sie nicht ausfahren. Als Cassius von ihr Hilfe verlangte, lehnte sie die Erfüllung des Wunsches ab mit dem Hinweis auf die Hungersnot und Pest, unter der ihr Land zu leiden habe, Appian. bell. civ. IV 61, vgl. V 8. Diese Hungersnot wird auch Appian. bell. civ. IV 63. Joseph. c. Ap. II 60 erwähnt, ebenso σιτόδεια und im folgenden Jahr noch schlimmeres Unheil (eben die Pest) in dem unter K. abgefaßten Ehrendekret für den Beamten Kallimachos, Strack nr. 157 = Dittenberger Or. 194, 10. 14ff.; vgl. auch Bouché-Leclercq II 229, 3. Nach der Eroberung von Laodikeia und dem Untergang des Dolabella (Juli 43) beabsichtigte Cassius sofort nach Alexandreia zu ziehen, um sich der Reichtümer Ägyptens zu bemächtigen, Appian. bell. civ. IV 63. Doch eine dringende Botschaft des Brutus rief ihn nach Kleinasien zurück. Um auf alle Fälle K.s Flotte den Weg zur Vereinigung mit den Caesarianern zu versperren, ließ er den L. Staius Murcus mit 60 Schiffen am Tainaron Stellung nehmen, Appian. IV 74. Um so eher bestand für K. die Möglichkeit, in ihrer abwartenden Haltung zu verharren. Trotzdem unternahm sie persönlich eine Ausfahrt mit ihrer Flotte, aber sie geriet an der libyschen Küste in einen heftigen Sturm und mußte krank nach Alexandreia zurückkehren, Appian. IV 82. V 8. Nach der Schlacht bei Philippi (Herbst 42) unternahm es M. Antonius, den Orient zu unterwerfen und die dortigen Hilfsquellen für die Sache des Triumvirats flüssig zu machen. Er sandte im J. 41 den Q. Dellius (o. [757] Bd. IV S. 2447) nach Alexandreia, um K. wegen ihrer zweideutigen Politik nach Tarsos zur Verantwortung vorzuladen, Plut. Ant. 25. Vielleicht hegte er dabei persönliche Nebenabsichten; soll ihm doch schon, als er im J. 55 als Reiterführer des A. Gabinius in Ägypten diente, der Anblick der jungen Prinzessin einen tiefen Eindruck gemacht haben, Appian. V 8. Dellius, ein geriebener Menschenkenner, ermunterte K. unbedenklich zu der Reise, die für sie nicht anders als erfolgreich ablaufen konnte, Plut. a. O. Von Antonius und seinen Freunden mit werbenden Briefen bestürmt, trat K. im Frühling oder Sommer 41 mit einer Menge von Geschenken die Reise an. Die Form, die sie wählte, zeigt sie als Meisterin der Kunst, den Mann, auf dessen Eroberung sie es abgesehen, von der verwundbaren Seite her anzugreifen. Jede Nüance in ihrem Auftreten ist aufs feinste berechnet und erwogen. Sie kannte vom Hörensagen ebenso Marc Antons genußsüchtige und ewig verliebte Natur wie seinen Hang zur Phantasterei; sie wußte, daß er in den Städten Kleinasiens sich als Νέος Διόνυσος feiern ließ und mit inniger Einfühlung die Rolle des taumelnden Gottes zu spielen pflegte. Danach richtete sie ihr Auftreten ein, das uns höchst anschaulich geschildert wird. Auf einer Prachtgaleere mit vergoldetem Heck, Purpursegeln und silbernen Rudergriffen hielt sie ihre Einfahrt über die See nach dem Flusse Kydnos. Flöten- und Saitenspiel begleitete den Takt der Ruder; unter golddurchwirktem Baldachin lag sie selbst als Aphrodite drapiert, von Eroten gefächelt; Nereiden und Chariten sah man an Steuer und Tauen, wundersame Düfte wehten an die Ufer des Flusses. Ganz Tarsos lief, um es mit anzusehen, wie Aphrodite den Dionysos besuchen kam, Plut. Ant. 26. Appian. V 1. 8. Dio XLVIII 24, 2. Zonar. X 22. K. schlug die Einladung des Antonius zum Mahle aus, forderte ihn dagegen auf, bei ihr zu speisen, Plut. a. O. Sokrates von Rhodos bei Athen. IV 147 e–148 c (FHG III 326). Antonius faßte sofort Feuer (εὐθὺς ὀφθεῖσα ἐκράτει Appian. V 1, ὀφθείσης ἐρασθείς Dio a. O., τὸν Ἀντώνιον ἥρπασεν Plut. Ant. 28). Ein Fest jagte nun das andere, wobei K. mit raffinierter Steigerung verschwenderische Pracht zu entfalten verstand. So mußte der offizielle Zweck von K.s Reise, die Rechtfertigung ihrer Politik, zur Komödie ausarten. Es wurde K. nicht schwer, alle Anklagen zu zerstreuen, Appian. V 8. Von jetzt an ließ sich der Mächtige von ihr am Gängelbande führen τῇ Αίγυπτίᾳ ἐδούλευε Dio XLVIII 24, 2). Ihre verhaßte Schwester Arsinoë, einst ein Prunkstück an Caesars Triumphzug, ließ er auf K.s Wunsch aus ihrem Asyl im Artemistempel zu Ephesos hervorzerren und hinrichten; den Priester, der die Unvorsichtigkeit begangen hatte, die Arsinoë bei der Aufnahme als Königin zu begrüßen, begnadigte K. nur auf besondere Fürbitte der Ephesier, Joseph. ant. Iud. XV 89; c. Ap. II 57 (ungenau Appian. V 9. Dio XLVIII 24, 2). Die Bürger von Arados erhielten Befehl, einen in ihren Mauern weilenden Prätendenten, der sich für Ptolemaios XII. (den in der Nilschlacht ertrunkenen Bruder Κ.s) ausgab, der K. auszuliefern; ebenso die Tyrier den Serapion, K.s früheren στρατηγός auf Kyproa, der ohne Befehl seiner Gebieterin den Cassius gegen Dolabella [758] unterstützt hatte, Appian. V 9. Nach K.s Abreise erledigte Antonius mit größter Hast und Ungeduld die dringlichsten Angelegenheiten in Syrien (vgl. Joseph. bell. Iud. I 243; ant. Iud. XIV 324); er hatte es eilig, seiner Geliebten nach Alexandreia zu folgen, wo er den Winter (41/0) zuzubringen gedachte, Appian. V 10. Dio XLVIII 24, 3. Er fand glänzende Aufnahme (Appian. V 11) und begann mit K. und den Genossen ihrer Lust ein ,unvergleichliches‘ Leben zu führen (Plut. Ant. 28). Bald wurde dem Treiben ein schöngeistiges Mäntelchen umgehängt (φιλολόγων διατριβαί, δίαιτα μεθ’ Ἑλλήνων Appian. V 11), bald war es die unverhüllte Schlemmerei. K. zeigte sich unerschöpflich im Aufspüren von immer neuen Mitteln, um ihren Buhlen bei guter Laune zu halten. Sie würfelte, zechte, jagte mit ihm, sah seinem Angelsport, seinen Fechtübungen zu und begleitete ihn in Dienerinnentracht, wenn er nachts zu allerlei Ulk und Abenteuern die Straßen durchstreifte, Plut. Ant. 29, vgl. Dio XLVIII 24, 8. 27, 1. 2. Nur aus dem Liebes- und Genußleben, das Antonius damals mit K. führte, weiß die Überlieferung (vgl. noch Appian. V 9. 11. Plut. Ant. 28. 30) seine auffallende Untätigkeit während des sog. perusinischen Kriegs zu erklären, den seine Gattin Fulvia wesentlich in der Hoffnung, ihn dadurch den Armen der Ägypterin zu entwinden, gegen Octavian entfesselt haben soll (Appian. V 19. 59. 66. Plut. Ant. 30. Dio XLVIII 28, 3. Zonar. X 22, vgl. Drumann I1 397. Schiller Geschichte der Kaiserzeit I 79, 4. Gardthausen I 1, 196. v. Domaszewski Gesch. d. röm. Kaiser I 92. 104). Bedenken gegen diese ,romanhafte Auffassung‘ und Versuche anderweitiger Erklärung für Antonius’ Verhalten haben Ferrero Grandezza e decadenza di Roma III 321ff. Groag Klio XIV 43ff. vorgetragen. Fulvias Eifersucht ging nach anderer Richtung (vgl. Martial. XI 20), und Antonius hat wirklich nachher fast vier Jahre die Trennung von K. ausgehalten. Zuzugeben ist auch, was namentlich Ferrero a. O. hervorhebt, daß mindestens bei K. vor allem politische Berechnung die treibende Kraft wird gewesen sein: sie wollte Antonius, in dem sie den kommenden Alleinherrscher erblickte, zu ihrem Gatten machen, um ihrem Reiche zu neuer Bedeutung zu verhelfen und innerhalb ihres Reiches ihre eigene nicht unangefochtene Stellung zu befestigen. Auch bei Antonius mag neben der sinnlichen Leidenschaft der Gedanke an den Machtzuwachs wirksam gewesen sein, den ihm die Herrschaft über das einzige damals wirklich leistungsfähige Land im Orient (Kromayer Herm. XXXIII 31) bringen mußte. Doch wie dem sei, jedenfalls hat ihn erst der gefährliche Parthereinfall nach Vorderasien im Frühling 40 aus seinem Nichtstun (vgl. Suid. s. διεφθαρμένος Dio XLVIII 27, 1, beides von Hartmann Philol. LXXIV 81 auf Arrians Παρθικά zurückgeführt) aufgeschreckt. Der Herstellung des Friedens mit Octavian stand seit Fulvias Tode nichts mehr im Wege. Im Vertrag zu Brundisium (September 40) wurde die Welt verteilt, Antonius als Beherrscher des Ostens bestätigt und zur Sicherung der Eintracht mit Octavians Schwester Octavia vermählt, die an Schönheit hinter K. nicht zurückstand, Plut. Ant. 57, vgl. 31. Dreieinhalb [759] Jahre lebte Antonins von K. fern. Der politische Vorteil sprach zurzeit für die Ehe mit Octavia, und das schloß einstweilen den Verzicht auf K. in sich. Daß aber die Brücken zwischen ihnen doch nicht ganz abgebrochen wurden, dafür wußte die Königin klug zu sorgen: nur in ihrem Auftrag kann der ägyptische Astrolog gehandelt haben, der sich (nach Plut. Ant. 33) im Gefolge des Antonius befand und seinen Herrn vor dem Verbündeten dringend warnte, der seinen Glanz verdunkeln werde, vgl. Ferrero III 342. Trotzdem blieb das Verhältnis zwischen den beiden Machthabern zunächst ungestört. Im Herbst 39 verließ Antonius Rom; den Winter 39/8 verbrachte er mit Octavia in Athen, Appian. V 76. Sen. suas. I 6. Unterdessen säuberte sein Legat P. Ventidius Bassus durch glänzende Siege Kleinasien und Syrien von der parthischen Invasion; Antonius fand 38 nichts mehr zu tun übrig. Noch einmal gelang es den Bemühungen Octavias, den drohenden Krieg zwischen dem Gatten und dem Bruder durch den Vertrag von Tarent (Herbst 37) hinauszuschieben. Antonius brach wieder in den Osten auf. Bereits in Korkyra trennte er sich von Octavia, die ihn begleitet hatte. Zweifellos tat er dies im Gedanken an K., aber gewiß nicht nur weil er ,wieder andere Freuden suchte‘ (Drumann I1 450) oder weil ,die böse Lust an den sinnbetäubenden Reizen K.s ihn vorwärts trieb‘ (v. Domaszewski Gesch. d. röm. Kaiser I 135), sondern einmal – wie vor ihm Caesar – darum, weil ihm die Hand der letzten legitimen Erbin eines makedonischen Reiches für die geplante hellenistische Großmacht die Legitimität geben sollte (v. Wilamowitz Kultur der Gegenwart I3 8, 227), und zweitens, weil er zur Durchführung der beabsichtigten großen Offensive gegen die Parther darauf angewiesen war, durch den endlichen Abschluß der Ehe mit der ägyptischen Königin sich die Verfügung über die gewaltigen Mittel ihres Reiches zu sichern (Ferrero III 414f. 419. Strack Hist. Ztschr. CXV 492. Seeck Kaiser Augustus 79f.).

In Syrien gelandet, sandte Antonius sofort den C. Fonteius Capito nach Alexandreia mit dem Auftrag, K. nach Syrien zu geleiten, Plut. Ant. 36. Sie leistete dem Wunsch Folge, und so wurden denn im Spätherbst 37 die seit Frühling 40 unterbrochenen Beziehungen wieder aufgenommen. Mit den Vorbereitungen zum Angriffskrieg gegen die Parther beschäftigt, schwelgte Antonius den ganzen Winter 37/6 hindurch wieder im Zusammenleben mit K., vermutlich in Antiocheia, Plut. Ant. 36. Joseph. bell. Iud. I 359f.; ant. Iud. XV 88ff. Liv. per. 130, vgl. Kromayer Herm. XXXIII 25, 8. Bouché-Leclercq II 252f. Damals (36) hat Antonius, ohne sich von Octavia zu scheiden, K. als rechtmäßige Gattin geheiratet (Plut. Demetr. Ant. σὐγκρ. 4. Liv. per. 131; die Einwendungen Gardthausens N. Jahrb. 1917 I 158ff., bes. 165ff., scheinen mir trotz vielen guten Einzelbeobachtungen nicht durchschlagend, vgl. jetzt auch Ed. Meyer Caesars Monarchie 519), somit für sich, wie angeblich schon Caesar, das Fürstenrecht der Polygamie in Anspruch genommen und in einer hellenistisch-orientalischen Monarchie die Stellung eines Prinzgemahls (v. Domaszewski Gesch. der röm. Kaiser I 148. [760] v. Wilamowitz Reden aus der Kriegszeit 207) angetreten, vgl. Flor. epit. IV 3, 4 amore Cleopatrae desciscit in regem. Wahrscheinlich schon im J. 40 hatte K. dem Antonius die Zwillingskinder Alexandros Helios und Kleopatra Selene (Nr. 23) geboren, Plut. Ant. 36. Dio XLIX 32, 4, vgl. Strab. XVII 797 (gegen Mommsen Ephem. epigr. I 276f. = Ges. Schr. VIII 271f.; R. G. V 628, 1 und Klebs Prosop. imp. Rom. I 413, 879, die ihre Geburt ins J. 36 oder 35 setzen, vgl. Gardthausen Aug. II 170f. Bouché-Leclercq II 253, 1. 278, 1). Jetzt wurde K. neuerdings schwanger, und noch 36 erfolgte die Geburt eines dritten Kindes Ptolemaios (Philadelphos, vgl. Liv. per. 132). Alle diese Kinder erkannte Antonius jetzt als die seinigen an, Dio a. O., vgl. Kromayer Herm. XXIX 583f. (inwiefern durch eines dieser Kinder K.s Geschlecht wirklich bis auf Zenobia herabreichte [‌Hist. aug. trig. tyr. 27, 1. 30, 2; Claud. 1, 1; Hist. aug. Prob. 9, 5 bietet geradezu Cleopatra für Zenobia], ist nicht auszumachen). Beachtenswert sind die Aufmerksamkeiten, die sich das Paar auf den Münzen gegenseitig erwies: K. ließ später in Berytos königliche Münzen schlagen, deren Rückseite als Münztyp den Kopf des Antonius zeigt; umgekehrt prägte Antonius als römischer Beamter und Münzherr (αὐτοκράτωρ τρίτον τριῶν ἀνδρῶν) Silberstücke, auf deren Rückseite K.s Bild und Name zu sehen sind, vgl. Kahrstedt Klio X 277f. 292. Wenig anzufangen ist mit der Nachricht bei Serv. Aen. VII 684, wonach Antonius in Anagnia zu Ehren K.s hätte eine Münze prägen lassen, vgl. Gardthausen Aug. II 165, 3. Vielleicht ist Anagnia Korruptel für Antiochia, vgl. Svoronos Τὰ νομίσματα τοῦ κράτους τῶν Πτολεμαίων IV 390. Kahrstedt Klio X 276. Gardthausen N. Jahrb. 1917 I 162, 3. Ungefähr in dieselbe Zeit wie die Heirat fällt eine Gebietsschenkung des Antonius an K., die von Kromayer Herm. XXIX 584 zutreffend als territoriale Morgengabe erklärt worden ist (nicht erschüttert durch Gardthausen N. Jahrb. 1917 I 165ff.). Über den Umfang des geschenkten Gebietes vgl. Raillard Die Anordnungen des M. Antonius im Orient (Diss. Zürich 1894) 55ff. Kromayer Herm. XXIX 579ff. Bouché-Leclercq II 253ff. Otto Suppl.-Heft II S. 42ff. In Ituraia (Κοίλη Συρία bei Joseph. ant. Iud. XV 79) wußte K. den Lysanias von Chalkis zu verdrängen, indem sie ihn des Einverständnisses mit den Parthern bezichtigte und damit dem Tode überlieferte; sein Gebiet wurde ihr von Antonius geschenkt, Joseph. ant. Iud. XV 91f.; vgl. bell. Iud. I 360. Dio XLIX 32, 5. Porphyr. bei Euseb. chron. I 170 Sch. 79 Karst = FHG III 724. Ferner erhielt K. die phoinikische Küste vom Eleutheros bis nach Sidon, die Insel Kypros sowie Besitztümer an der kilikischen Küste (Hamaxia mit seinen ergiebigen Zedernwäldern, Elaiussa, Strab. XIV 669. 671), auf Kreta, in Iudäa (die reichen Balsam- und Dattelhaine um Jericho) und in den angrenzenden Strichen des Nabatäerlandes; die beiden letztgenannten Gebiete übernahm Herodes gegen Pachtzins; Joseph. bell. Iud. I 361ff.; ant. Iud. XV 95f. 106. 132. Plut. Ant. 36. Weitergehende Wünsche der K., die auf die Ausdehnung ihres Reiches über das gesamte [761] ehemals von Ägypten beherrschte Syrien abzielten, blieben unerfüllt, Joseph. bell. Iud. I 360f.; ant. Iud. XV 75ff. 79. 88. 91f. 131. Immerhin war K. so in den Besitz eines Gebietes gelangt, das als der erweiterungsfähige Kern eines Königreichs Syrien angesehen werden konnte. Daß alle jene Schenkungen, die in Rom peinliches Aufsehen machten (Plut. Ant. 36. Dio XLIX 32, 4f.), in die ersten Monate des J. 36 fallen, zeigt Kromayer Herm. XXIX 571ff., vgl. Otto a. O. S. 43*. Es ist darum in hohem Grade wahrscheinlich, daß die auf Inschriften (Dittenberger Or. 195. 196), Papyrusurkunden (P. Rylands II 69, 6: ιη = γ P. Oxyr. XII 1453: κβ = ζ) und Kupfermünzen von Berytos sich findende neue Jahrzählung (J. 16 = 1), deren Beginn gerade in das J. 37/6 v. Chr. fällt (erstes Jahr: 1. September 37–31. August 36), wirklich durch die Erwerbung des koilesyrischen Königreichs von Chalkis veranlaßt wurde, wie Porphyr. bei Euseb. chron. I 170 Sch. 79 Karst = FHG III 724 ausdrücklich bezeugt, vgl. Mommsen Röm. St.-R. II3 804, 1. Gardthausen Aug. I 1, 293. 337. II 169, 22; N. Jahrb. 1917 I 161ff. Raillard a. O. 54f. Dittenberger zu Or. 195 not. 4. Svoronos Τὰ νομίσματα τοῦ κράτους τῶν Πτολεμαίων I 469ff. (deutsche Ausg. IV 377ff.) nr. 1886ff. Bouché-Leclercq IV 329. Kahrstedt Klio X 277. Weniger einleuchtend ist die Deutung der Doppelzahl auf die Ehe mit Antonius (vertreten von Letronne Journ. des savants 1842, 717; Recueil d’inscr. grecques et lat. de l’Egypte II 90ff. Kromayer Herm. XXIX 582ff. Seeck Kaiser Augustus 80. Bouché-Leclercq II 257, 1. Ferrero III 418ff., vgl. dagegen Gardthausen N. Jahrb. 1917 I 162f.), sicher falsch diejenige auf die Samtregierung der K. mit Kaisarion (so Strack Dyn. 212f., vgl. dagegen Dittenberger a. O. Bouché-Leclercq II 257, 1. Gardthausen a. O. 162. P. Oxyr. XII zu 1453. Papiri Soc. Ital. zu 549).

Als sich Antonius im Sommer 36 zum Feldzug gegen die Parther aufmachte, gab ihm K. das Geleite bis an den Euphrat. Ihre Heimreise erfolgte über Damaskos (hier erscheint seit 36 ihr Bild auf den Stadtmünzen: Svoronos nr. 1890ff., vgl. Raillard 52f. Gardthausen Aug. II 150, 8) und Iudäa. Hier machte K. einen Aufenthalt bei Herodes, um den fälligen Pachtzins für die Ländereien am Toten Meer einzuziehen. Der jüdische Herrscher konnte in K., deren Absichten auf die Herrschaft über ganz Syrien ihm bekannt sein mußten, nur seine Feindin erblicken. Schon früher (40) hatte er es abgelehnt, sich in ihre Dienste zu begeben, Joseph. bell. Iud. I 279; ant. Iud. XIV 375f. Was bei ihrem jetzigen Besuch zwischen ihnen vorgegangen ist, wird immer dunkel bleiben. Der von Josephus (ant. Iud. XV 96ff., vgl. bell. Iud. I 362) verzeichnete Klatsch weiß zu vermelden, K. habe ein Attentat auf die Keuschheit des Herodes unternommen, sei aber von ihm mit Entrüstung abgewiesen worden, ja er habe ernsthaft den Plan erwogen, sie alsbald zu ermorden. Hieran könnte soviel richtig sein, daß Herodes eine ihm von K. gelegte Falle, durch die sie ihn bei Antonius verderben wollte, klug durchschaut hat. vgl. Renan Hist. du peuple d’Israel V 258. [762] Otto a. O. 43f. Die Außenwelt sah jedenfalls damals weiter nichts, als daß K., von Herodes mit allen königlichen Ehren bis Pelusion begleitet, nach Ägypten zurückgekehrt ist. Inzwischen endigte die parthische Expedition des Antonius mit einem vollkommenen Mißerfolg. Als ein Geschlagener kehrte Antonius Ende 36 aus dem atropatenischen Medien heim. Daß er aus lauter Liebe zu K. seinen Rückzug überstürzt habe und darum sein ganzes Machtaufgebot ἀνόνητος διὰ Κλεοπάτραν geworden sei (Plut. Ant. 37, vgl. Liv. per. 130. Serv. Aen. VIII 678), ist, wie Kromayer Herm. XXXI 90ff. 100 gezeigt hat, romanhafte Erfindung. Die eilige Botschaft, durch die er K. zu einem Stelldichein nach Leuke Kome (zwischen Berytos und Sidon) beschied (Plut. Ant. 51, vgl. Liv. per. 130 extr.), läßt sich mindestens ebenso gut aus seiner Notlage als aus besonderer Sehnsucht erklären. K. brachte denn auch, als sie nach längerem Säumen endlich auf dem Seewege sich einfand, eine Menge Kleider und Geld mit, die Antonius als ihr Geschenk unter die schwer mitgenommenen Truppen verteilte, Plut. Ant. 51. Dio XLIX 31, 4. Anfang 35 reisten beide nach Ägypten zurück. Im Verlauf dieses Jahres endigte das Abenteurerleben des Sex. Pompeius, der sich, von Octavian im Westen besiegt, nach Kleinasien geflüchtet hatte. Angeblich gegen den Wunsch der K., die ihn geschont wissen wollte, wurde Pompeius, wohl auf Befehl des Antonius, in Milet von dem Legaten M. Titius hingerichtet, Appian. V 144. Damals war Antonius bereits mit den Vorbereitungen zu einem neuen Feldzug gegen die Parther beschäftigt. Auch diesmal scheint ihn K. nach Syrien begleitet zu haben (Plut. Ant. 53, vgl. Bouché-Leclercq II 268, 1). Hier erhielt Antonius die Nachricht, daß seine römische Gemahlin Octavia im Auftrag ihres Bruders mit 2000 Mann und Vorräten aller Art auf der Reise zu ihm begriffen sei und in Athen auf seinen Bescheid warte. Daß Octavian ihn durch diese Sendung vor die Alternative stellte, entweder auf K. zu verzichten und sich durch die Annahme der jetzt gebotenen kleinen Hilfe in demütigende Abhängigkeit von seinem Rivalen zu begeben oder den unvermeidlichen Konflikt auf sich zu laden, zeigt Kromayer Herm. XXXIII 13ff. Antonius verstand den Wink, und auch K. wußte, was für sie auf dem Spiele stand: Nachgiebigkeit ihres Gatten gegen die römischen Zumutungen wäre gleichbedeutend gewesen mit dem Zusammenbruch des ganzen politischen Systems, das sie so mühsam aufgebaut hatte. Man muß es dem Weib in ihr zugute halten, daß sie in diesem kritischen Augenblick jene echt weiblichen Mittel angewendet hat, auf die sie sich so meisterlich verstand. Durch künstlich herbeigeführte Abmagerung (willkürlich verallgemeinert von Gardthausen I 1, 341f.) und geschickt gespielte Jammerszenen, indem sie sogar mit Selbstmord drohte, wußte sie auf Antonius so überzeugend einzuwirken, daß er auch aus Liebe zu ihr tat, was schon sein Interesse und die Rücksicht auf seine Ehre ihm zu gebieten schien (vgl. Kromayer a. O. 32 gegen Mommsen R. G. V 368): er lehnte die angebotene Verständigung ab und wies Octavia brieflich an, ihre Reise nicht fortzusetzen (Plut. Ant. 53, vgl. quomodo adulator 19 p. 61 A. B. Dio XLIX 33, 4). [763] Unter den κόλακες, deren Eifer K. nach Plut. Ant. 53 bei ihrem Spiel behilflich war, befand sich u. a. Alexas aus Laodikeia, vgl. Plut. Ant. 72. Drumann I1 462f. Von jetzt an suchte Antonius, da der Kampf mit Octavian unvermeidlich geworden war, nach Osten nur noch eine anständige Rückendeckung; seine Rüstungen waren im wesentlichen gegen Octavian gerichtet (Kromayer a. O. 23. 30). Der Feldzug gegen die Parther mußte auch darum verschoben werden, weil die Armee damals noch wegen Sex. Pompeius in Kleinasien beschäftigt war (Kromayer a. O. 26, 3), und Antonius kehrte nochmals nach Ägypten zurück. Auch für diesen Aufschub ist fälschlich K. verantwortlich gemacht worden (Plut. Ant. 53 stellt die Verschiebung des Kriegs und die Rückkehr des Antonius als Folge von K.s Auftreten dar; Ferrero III 463, 2 deutet willkürlich die Folge in eine Absicht K.s um und baut auf dieses Mißverständnis einen irrigen Schluß auf grundsätzliche Opposition K.s gegen den Partherkrieg überhaupt, vgl. 420. 460ff. 465). Inzwischen hatte sich die alte Hasmonäerkönigin Alexandra an K. gewandt mit der Beschwerde, daß ihr Schwiegersohn Herodes ihrem eigenen jungen Sohn, dem letzten Hasmonäer Aristobulos, die gebührenden Rechte und Ehren verweigere, Joseph. ant. Iud. XV 24. 28. 32. 45. Ja Alexandra unternahm sogar einen Versuch, mit Aristobulos nach Ägypten zu K. zu entfliehen, was freilich vereitelt wurde, Joseph. ant. XV 45–48. Als dann Aristobulos unter sehr verdächtigen Umständen gestorben war, klagte sie den Herodes bei K. der Ermordung ihres Sohnes an, Joseph. ant. XV 62f. K., der die Existenz des Herodes längst ein Dorn im Auge gewesen und sein Reich als lockende Beute erschienen war, unterstützte die Bitten der Alexandra in jeder Weise und bestürmte Antonius, ein Exempel zu statuieren, Joseph. bell. Iud. VII 300f.; ant. Iud. XV 62f. Wirklich zitierte Antonius, entweder im J. 35 oder bereits auf dem Feldzug im Frühling 34 (zur Chronologie vgl. Otto 38**), den Herodes nach Laodikeia, doch vermochte sich der Angeschuldigte, sein alter Günstling, so wirksam zu verteidigen, daß Antonius ihn freisprach und der K. die Ermahnung gab, sich nicht in die Angelegenheiten der Klientelstaaten zu mischen, Joseph. ant. Iud. XV 76 (zur Beurteilung vgl. Kromayer Herm. XXIX 585, 2. Otto 39. 43). Den ,Partherkrieg‘ des J. 34 führte Antonius lediglich in Gestalt eines Rachezugs gegen Artavasdes von Armenien, dessen Verräterei er das Mißlingen des ersten Feldzugs schuld gab; die Abrechnung mit den Parthern selbst wurde abermals vertagt. Mit dem hinterlistig gefangenen Armenierkönig und einer Menge Beute kehrte Antonius heim, Joseph. bell. Iud. I 363; ant. Iud. XV 104. Bei dem gewaltigen Triumphzug, den er (zur großen Entrüstung der stadtrömischen Patrioten, Plut. Ant. 50) in Alexandreia abhielt (Herbst 34), ließ sich K., auf goldenem Throne sitzend, göttliche Ehren erweisen. Nur Artavasdes und die Seinen weigerten sich, ihr durch Proskynese zu huldigen, und begrüßten sie lediglich mit dem Namen K., Dio XLIX 40, 3f., vgl. Zonar. X 27. Einige Tage später fand in dem riesigen, ungeheure Menschenmengen fassenden Gymnasion eine noch eindrucksvollere Zeremonie statt. Auf [764] zwei goldenen Thronen über silberner Estrade saßen Antonius und K., zu ihren Füßen auf niedrigeren Sesseln die kleinen Prinzen. Antonius verkündete allem Volk, daß fortan K. βασίλισσα βασιλέων, Kaisarion als ihr Mitregent βασιλεὺς βασιλέων (vgl. CIL III 7232[1] = Strack Dyn. nr. 158 a) heißen solle; ihr Herrschaftsgebiet sollte Ägypten samt Kypros und Libyen umfassen. Auch die Prinzen sollten als Könige herrschen: Alexandros Helios über Armenien, Medien und alles Land jenseits des Euphrat, Kleopatra Selene über Kyrene, Ptolemaios Philadelphos über Phoinikien, Kilikien, Syrien bis zum Euphrat und Kleinasien, Plut. Ant. 54. Dio XLIX 41, 1–3. Liv. per. 131, vgl. Bouché-Leclercq II 278, 1. Münzen des Antonius bei Babelοn Monnaies de la rép. rom. I 195, 95. Svoronos Νομίσματα nr. 1906ff. Kahrstedt Klio X 276: Cleopatrae reginae regum, filiorum regum). Seit dieser Zeit pflegte K. im Isiskostüm aufzutreten und (wie einst K. III.) offiziell den Namen Νέα Ἶσις zu führen (ἐχρημάτιζε Plut. Ant. 54, vgl. Serv. Aen. VIII 696. Bouché-Leclercq III 89f. und die Grabschrift bei Revilliout Précis du droit égyptien 1065 mit dem Datum ,Jahr 20 der mit Amon verehrten K.‘ = 33/2 v. Chr.). Auf einer Reihe von Münzen aus den letzten Jahren der K., teils königlichen, teils römischen des Antonius, führt K. den Beinamen θεὰ νεωτέρα, vgl. v. Gutschmid Kl. Schr. IV 108. Strack Dyn. 19. Kornemann Klio I 78. Kahrstedt Klio X 276. 278. Gardthausen N. Jahrb. 1917 I 162, 1. Attribute der Isis trägt K. schon auf früheren Münzen: Brit. Mus. Cat. of Greek coins (Peloponnesus, 23 nr. 14f. pl. 5, 9; Ptolemies 122 pl. 30, 5; vgl. Gardthausen Aug. II 171, 26). In Dendera wurde K. als Hathor-Aphrodite verehrt, Rosellini Mon. d. Egitto I 2, 520. Auf Münzen ist sie als Aphrodite dargestellt, Brit. Mus. Cat. of Greek coins, Ptolem. pl. 30, 6; vgl. Groag Klio XIV 64, 2. Unsicher ist es, ob die späte Spur einer Verehrung der Ἀφροδίτη ἡ καὶ Κλεοπάτρα bei Wilcken Chrestom. nr. 115, 10 (um 230 n. Chr.) sich auf unsere K. bezieht; möglicherweise lebte hier der Kult einer früheren K. Ἀφροδίτη fort (s. o. Nr. 16 am Schluß). In einem Aktpräskript vom J. 43/2 (Dittenberger Or. 194) wird K. noch in rein griechischer Weise als θεὰ Φιλοπάτωρ bezeichnet, ebenso in einem inschriftlichen Erlaß vom 13. April 41 (Lefebvre Mélanges Holleaux 103ff.). Eine völlige Verschmelzung der ägyptischen und griechischen Religionsbegriffe zeigt sich in den Darstellungen des Antonius als Osiris-Dionysos neben K. als Selene-Isis, Dio L 5, 3. 25, 3f. Vell. II 82, 4, vgl. Willrich Klio III 90. Otto Priester und Tempel II 267, 2. K. errichtete selbst dem Antonius in Alexandreia einen Tempel, der dann allerdings erst als Tempel des Augustus vollendet worden ist, Dio LI 15, 5. Suid. s. ἡμίεργον, vgl. Nissen Rh. Mus. XL 63; Orientation I 99. Gardthausen Aug. II 173f. Bouché-Leclercq II 279, 1. Heinen Klio XI 138. 141. 142, 1. So wurde rechtlich und kirchlich das neue dynastische System in den herkömmlichen Formen der hellenistischen Reiche festgelegt. Was Caesar vergeblich angestrebt hatte, eine griechisch-römische βασιλεία, ein Königreich [765] mit römisch-hellenistischer Doppelnatur, war jetzt in hellenistisch-orientalischer Form verwirklicht, vgl. Mommsen R. G. V 360ff. Kromayer Herm. XXXIII 33ff. 67ff. Kornemann Klio I 95f. Norden N. Jahrb. 1901 I 322f. In Rom freilich machte das alles, besonders das Wegschenken römischen Provinzlandes an die Prinzen, den übelsten Eindruck, Plut. Ant. 54. Dio L 4. Für Octavian bildete es einen willkommenen Anlaß, die öffentliche Meinung zu Ungunsten seines Gegners zu bearbeiten, vgl. Kromayer Herm. XXXIII 33ff. Dazu kamen allerhand haarsträubende Geschichten, die man sich in Rom erzählte von dem Leben in Saus und Braus am alexandrinischen Hofe (vgl. Vell. II 82, 4. Sidon. epist. VIII 12, 8 dapes Cleopatricae), von den wilden Orgien, die sich in den üppigen Lustorten Kanobos und Taphosiris abspielten (Plut. Demetr. Ant. σύγκρ. 3. Dio L 27, 2; einer ihrer κίναιδοι [molles] war Chelidon, Sen. epist. 87, 16. Suid. s. χελιδόνας), sogar von römischen Männern, die an dem Treiben teilzunehmen sich entblödeten wie L. Munatius Plancus (humillimus adsentator reginae et infra servos cliens Vell. II 83, 1f.), der einmal einen wüsten Tanz als Meergreis Glaukos zum besten gab (Vell. a. O., wohl aus Pollio, vgl. Plin. n. h. praef. 31), ein andermal als Schiedsrichter zwischen K. und Antonius amtete, als sie die wahnsinnige Wette eingegangen war, sie könne auf einen Sitz 10 Millionen Sestertien verschlingen, und dann eine wertvolle Perle in Essig vergehen ließ und trank (Plin. n. h. IX 119–121. Macrob. Sat. III 17, 14ff.; vgl. Hist. aug. trig. tyr. 32, 6); auch des berühmten, als Amulett gegen Trunkenheit geltenden Amethysts (Anth. Pal. IX 752, vgl. Gardthausen I 1, 342f.) und des goldenen Nachtgeschirrs (Messalla bei Plin. n. h. XXXIII 50, dazu Peter Geschichtl. Lit. I 173; goldene, edelsteinbesetzte vasa Cleopatrana zierten noch die Tafel der Zenobia, Hist. aug. trig. tyr. 30, 19) ist in diesem Zusammenhang zu gedenken. Solches und noch mehr war nachmals in Rom zu lesen in den Memoiren derer, die wie C. Asinius Pollio und M. Valerius Messalla zuerst im Dienste des Antonius gestanden und ihn dann verlassen hatten, vgl. Münzer Beitr. z. Quellenkrit. d. Naturgesch. des Plinius 405f. Eine Gewähr dafür, daß die damals umlaufenden Gerüchte nicht ganz aus der Luft gegriffen waren, bietet uns die Inschrift Strack Dyn. nr. 158 = Dittenberger Or. 195, datiert vom 29. Choiach 19/4 = 28. Dez. 34 v. Chr.: ein παράσιτος Aphrodisios feiert darin den μέγας κἀμίμητος Antonius als ,seinen Gott und Wohltäter‘. Damit wird unverkennbar angespielt auf den berüchtigten Schlemmerklub der Brüder vom ,unvergleichlichen Leben‘ (σύνοδος ἀμιμητοβίων), die unter Marc Antons Ägide Tag für Tag durch Gastereien mit unglaublich maßlosem Aufwand einander zu überbieten suchten, Plut. Ant. 28. 71.

Im Feldzug des J. 33 ging Antonius in voller Absicht nicht über Armenien hinaus; das einzige Ergebnis bestand im Abschluß eines Bündnisses mit Artavasdes von Media Atropatene. Schon im Sommer erteilte er seinem Hauptheer den Befehl, an die ionische Küste abzumarschieren. Ob er selbst im Herbst aus Armenien direkt nach Ephesos ging und K. zu sich beschied (so Drumann-Groebe I² 343. Ferrero III 491f.), [766] oder ob er zuerst nach Alexandreia zurückkehrte, um K. abzuholen (so Kromayer Herm. XXIX 579. Bouché-Leclercq II 281. 287), ist nach den Quellen (Plut. Ant. 56: αὐτὸς δὲ Κλεοπάτραν ἀναλαβὼν εἰς 'Ἔφεσον ἧκε. Oros. VI 19, 4: Cleopatram sibi ex Alexandria occurrere imperavit) nicht sicher auszumachen. Jedenfalls war der Aufmarsch zum unvermeidlich gewordenen Entscheidungskampf um die Alleinherrschaft nun in vollem Gang. Bevor die beiden Rivalen die Waffen kreuzten, ging ein gereizter Briefwechsel zwischen ihnen hin und her. Antonius schrieb im J. 33 (Kromayer Herm. XXIX 583, 2. XXXIII 38f.) oder Anfang 32 (Gardthausen Aug. I 1, 345; N. Jahrb. 1917 I 168) mit urwüchsiger Derbheit: Quid te mutavit? quod reginam ineo? uxor mea est. nunc coepi an abhinc annos novem? Suet. Aug. 69, 2. An den Senat richtete er das Ansinnen, seine im Osten getroffenen Verfügungen zu bestätigen, Dio XLIX 41, 4. Hiegegen wandte sich Octavian (Februar 32) mit einer Rede voll bitterster Anklagen, in der er ihm namentlich die Ehe mit K., die Legitimierung ihrer Kinder, die Schenkungen des J. 34 und nicht zuletzt die Anerkennung Kaisarions (die Antonius mit Berufung auf Caesar selbst dem Senat gegenüber gerechtfertigt hatte, Suet. Caes. 52, 2) zum Verbrechen machte, Dio L 1, 5 XLIX 41, 4. Die Verlesung des belastenden Briefes, in dem die Schenkungen des Antonius an K. mitgeteilt waren, vermochte er aber bei den zur Partei des Antonius gehörenden Consuln Cn. Domitius Ahenobarbus und C. Sosius nicht durchzusetzen; vielmehr ergriffen beide die Flucht und nahmen ohne Zweifel die Dokumente mit, Dio L 20, 6, vgl. Kolbe Herm. XLIX 286. Es dauerte noch mehrere Monate, bis auf Grund einer andern Urkunde der Krieg erklärt werden konnte.

Inzwischen war K. im Herbst 33 mit (Antonius und?) ihrer ganzen Kriegsflotte (200 Schiffen, auf denen ein Schatz von 20 000 Talenten und gewaltiges Kriegsmaterial untergebracht war) nach Ephesos gefahren. Unter eifrigen Vorbereitungen verbrachten dort K. und Antonius den Winter 33/2. Ebendahin führte der Legat P. Canidius Crassus das Landheer des Antonius, das seit 35 in Armenien gestanden hatte; für die Verproviantierung der gesamten Streitmacht sorgten K.s ägyptische Kornschiffe, Plut. Ant. 56. Während dieser kriegerischen Rüstungen soll sich K. nach den Äußerungen zeitgenössischer Dichter und späterer Geschichtschreiber (besonders Dio L 5. Zonar. X 28f.), die augenscheinlich die damals in Italien verbreiteten und von der kaiserlichen Überlieferung festgehaltenen (darüber vgl. Blumenthal Wien. Stud. XXXVI 87) Gerüchte treulich wiedergeben, anmaßender und herrischer benommen haben als je zuvor: sie ließ sich von Antonius als seine Königin und Gebieterin bezeichnen (vgl. Plut. Ant. 58); ihr Name prangte auf den Schilden römischer Soldaten, die in schmachvoller Sklaverei ihre Leibwache bilden mußten (vgl. Hor. epod. 9, 11f. Augustus de vita sua frg. 15 bei Serv. Aen. VIII 696, HRF 259. Dio L 5, 1. 25, 1. Sidon. carm. V 459); sie begleitete Antonius zu Versammlungen, Festen und Gerichtstagen; bald saß sie neben ihm hoch zu Roß, bald wieder schritt er im weichlichen Schwarm der Eunuchen [767] (vgl. Porphyr. Horat. carm. I 37, 9) hinter ihrem Wagen einher; ihr üppiges Tragebett (κωνωπεῖον) sah man bald inmitten römischer Kriegerstandarten (Horat. epod. 9, 15f.; vgl. Propert. III 11, 45), bald störte es die Würde römischer Gerichtsverhandlungen (Plut. Ant. 58 extr.); das Zelt des Feldherrn wurde nicht mehr praetorium, sondern βασίλειον genannt. Bei alledem ist für uns wie bei Caesars letzten Plänen das Tatsächliche verschlossen und mit völliger Sicherheit nur die überhandnehmende Stimmung greifbar. Aber wie vor Caesars Tode, so hat sich auch hier gerade dieses Imponderabile eben doch als schwerstes Gewicht auf die Wage des Schicksals gelegt. Nur die Zauberkünste der unheimlichen Giftmischerin konnten – so schien es – einen römischen Heerführer des Verstandes so beraubt, ihn zu ihrem willenlosen Werkzeuge gemacht haben! (vgl. Joseph. c. Ap. II 58. Gardthausen Augustus I 1, 430. Plüß Iambenbuch des Horaz 30f.) Immer deutlicher zeigte es sich, daß der kommende Kampf viel weniger die Rivalität zwischen zwei römischen Machthabern als die tiefer einschneidende Frage zum Austrag bringen mußte, ob fortan Rom oder eine neue hellenistisch-orientalische Großmacht von Alexandreia aus über die Welt gebieten werde, vgl. Ferrero III 499ff. Ging doch K.s Überhebung bereits so weit, daß sie dereinst in Rom als Herrscherin einzuziehen hoffte; bezeichnend lautete ihr höchster Schwur: ,So gewiß ich auf dem Kapitol Recht sprechen werde!‘ Dio L 5, 4, vgl. Propert. III 11, 31f. (pretium Romana poposcit moenia). 45 (ausa ... foedaque Tarpeio conopia tendere saxo). Eleg. in Maecen. 1, 53f. (ne posset femina Romam dotalem stupri turpis habere sui, Vollmer PLM I 148). Ovid. met. XV 826ff. Flor. IV 11, 2 (pretium libidinum Romanum imperium petit). Eutrop. VII 7, 1 (cupiditate muliebri optat etiam in urbe regnare). Anth. Lat. I 462, 3 (dotalemque petens Romam Cleopatra Canopo). Daß Antonius der K. zuliebe Städte und Länder ausplünderte, war nun nicht weiter erstaunlich. Statuen (besonders Werke des Myron), Gemälde, Weihgeschenke wurden damals aus den kleinasiatischen Städten geraubt und nach Alexandreia geschickt, Strab. XIII 595. XIV 637. Plin. n. h. XXXIV 58. Mon. Ancyr. IV 490. § 24 (einzelnes bei Gardthausen II 183f., 15. Bouché-Leclercq II 288, 2. Stein Unters. z. Gesch. u. Verwalt. Ägyptens [Stuttgart 1915] 42, 3 bringt es in unrichtigem Zusamenhang). Die reiche pergamenische Bibliothek soll Antonius zum Ersatz für die im alexandrinischen Kriege verbrannte Museionsbibliothek gleichfalls geraubt und der K. geschenkt haben (Plut. Ant. 58; Zweifel bei Lumbroso Rendiconti della R. Acc. dei Lincei, Scienze morali, Ser. V vol. II 241ff.; L’Egitto ai tempi d. Greci e d. Romani2 134ff., vgl. aber Dziatzko o. Bd. III S. 413. Ed. Meyer Caesars Monarchie 492, 6). Heftige Kämpfe spielten sich im Hauptquartier zu Ephesos ab. Einer der angesehensten Parteigänger des Antonius, der aus Rom eingetroffene Consul Cn. Domitius Ahenobarbus, drang darauf, daß K. dem Hauptquartier fernbleibe und sich von Ephesos wegbegebe; auch L. Munatius Plancus, M. Titius und andere unterstützten diesen Rat. Sie wähnten noch immer, daß sich dann der Entscheidungskampf [768] vermeiden und die bestehende Zweiherrschaft auf unbestimmte Zeit verlängern lasse (vgl. Kromayer Herm. XXXIII 47f.). Wirklich gelang es ihnen, Antonius die Verfügung abzuringen, daß K. nach Ägypten heimkehren und dort den Verlauf des Krieges abwarten solle. Da bestach sie mit hohen Summen den P. Canidius Crassus; er verfocht ihre Sache mit Erfolg, indem er auf ihren großartigen Beitrag zu den Rüstungen, auf ihre bewährte Klugheit hinwies, auch auf den schlimmen Rückschlag, den ihre Entfernung in der Stimmung der ägyptischen Seeleute bewirken müßte. So ließ sich Antonius umstimmen, und sie blieb, Plut. Ant. 56. 58 (etwa März 32, vgl. Kromayer Herm. XXXIII 46). Daß die unbedingt einem Entscheid mit den Waffen zustrebende Partei im Kriegsrat die Oberhand bekommen hatte, zeigt die Verlegung des Hauptquartiers in den Westen, zunächst nach Samos. Hier wurden (im April, Kromayer a. O. 46. 56) rauschende Feste abgehalten vor einem Parterre von Königen, die aus dem ganzen Orient ihre Truppenkontingente hergeführt hatten, Plut. Ant. 56 (willkürlich verlegt Ferrero III 498, 1 diese Festlichkeiten nach Ephesos, entgegen der unverdächtigen Angabe Plut. Ant. 56). Eifrig hatte auch Herodes gerüstet, über dessen Behandlung sich Antonius und K. nie einigen konnten (K. hatte nochmals nutzlose Versuche gemacht, ganz Iudäa in ihre Gewalt zu bringen [Joseph. bell. Iud. VII 301f.] oder sich von Antonius wenigstens Idumaia schenken zu lassen, Joseph. ant. Iud. XV 256ff.; einzig Gaza scheint Antonius damals wirklich dem Herodes genommen und der K. gegeben zu haben; vgl. Otto o. Suppl.-Heft II S. 44f. Auf die damalige Schenkung scheint sich die Angabe des Hieron. a. Abr. 1984 [‌Euseb. chron. II 140f. Sch. 210 Karst. Synkell. I 583, 2] zu beziehen, wonach Antonius damals der K. Arabien abgetreten haben soll). Jetzt setzte es K. durch, daß Herodes von der Teilnahme an dem Entscheidungskampfe ferngehalten und statt dessen zur Bekriegung seines feindlichen Nachbars, des Nabatäerkönigs, veranlaßt wurde, Joseph. bell. Iud. I 365; ant. Iud. XV 106–110. K. wünschte, daß diese beiden ihr unbequemen Nachbarn ,sich gegenseitig aufzehren‘ sollten (Wellhausen Isr. u. jüd. Gesch.6 320 = 7 307). Als Herodes allzuschnell das Übergewicht bekam, ließ sie durch ihren στρατηγός in Koilesyrien, Athenion, dem Nabatäer wirksame Hilfe bringen, Joseph. bell. Iud. I 366–369; ant. Iud. XV 111–119. Zu den Rüstungen gegen Octavian mag es auch zu rechnen sein, daß nach numismatischen Anzeichen (Kahrstedt Klio X 277) im Lauf des J. 32/1 die Stadt Berytos, dieser bedeutende Werftplatz im Gebiet der Libanonzedern, dem unmittelbaren königlichen Regiment der K. scheint unterstellt worden zu sein. Die angeblichen Münzen des Flottenpraefecten L. Bibulus vom J. 33/2 mit dem Bild der K. sind gefälscht, vgl. Bahrfeldt Numism. Zeitschr. XXXVII 33. Gardthausen N. Jahrb. 1917 I 160.

In Athen, wohin Antonins im Mai 32 das Hauptquartier verlegt hatte, erwies sich K. sehr freigebig, forderte aber dafür auch all die Ehren, die man im Winter 39/8 der Octavia erwiesen hatte, und Antonius selbst sorgte für die Erfüllung dieses Wunsches, Plut. Ant. 57. Auf der [769] Burg wurden ihre beiden Statuen mit den Abzeichen der Göttlichkeit nebeneinander aufgestellt, Dio L 15, 2, vgl. Sen. suas. I 6. Damals setzte es K. endlich durch, um ihre Gegner für immer zu entwaffnen und den ,lähmenden Reibungen‘ ein Ende zu machen, daß Antonius der Octavia den Scheidebrief sandte (im Daisios, also Mai oder Juni 32, vgl. Kromayer Herm. XXIX 580, 3. XXXIII 44. Bahrfeldt Journ. internat. d’arch. num. XII 93. Gardthausen a. O. 169, 1), Euseb. chron. II 140f. Sch. Plut. Ant. 57. Dio L 3, 2. 26, 2. Zonar. X 28. Entrop. VII 6, 1. Oros. VI 19, 4. Synkell. I 588, 9f., zur Beurteilung vgl. Kromayer Herm. XXXIII 48. Damit war der Bruch endgültig vollzogen, der Krieg von seiner Seite erklärt. Plancus und Titius, die von K. und ihrer Koterie wegen ihres mißlungenen Versuchs, die Königin aus dem Hauptquartier zu verdrängen, schnöd behandelt wurden, verließen jetzt die Sache des Antonius und gingen zu Octavian über, Plut. Ant. 58. Dio L 3, 1f. Wertvoll war es für diesen, daß sie ihm den Inhalt und den Aufbewahrungsort von Antonius’ Testament verrieten, das sie einst selbst besiegelt hatten. Octavian bemächtigte sich des Schriftstücks und zeigte dem Senat darin schwarz auf weiß bestätigt die gewaltigen Vermächtnisse des Antonius an K.s Kinder (vgl. auch Dio L 26, 2), die Anerkennung Kaisarions als Caesars Sohn und, worauf er besonderen Nachdruck legte, die Verfügung des Antonius, daß, selbst wenn er in Rom stürbe, sein Leichnam nach Alexandreia an K. gesandt werden müßte, damit er einst an ihrer Seite im Grabe ruhe, Plut. Ant. 58 (εἰς Ἀλεξάνδρειαν ὡς Κλεοπάτραν ἀποσταλῆναι). Dio L 3, 3–5 (ἔν τε τῇ Ἀλεξανδρεία καὶ σὺν ἐκείνῃ ταφῆναι). Suet. Aug. 17, 1. Was bedurfte es weiter Zeugnis? Das belastende Dokument, das Octavian längst ersehnt hatte, lag nun vor (vgl. Kolbe Herm. XLIX 287. Ad. Bauer Histor. Ztschr. CXVII 21). Der gewünschte Eindruck blieb nicht aus; die Überzeugung brach sich Bahn, daß Antonius sein Vaterland verraten habe, dazu noch an ein fremdländisches Weib! Verschlimmernd wirkten noch die Hetzreden von Octavians Kreaturen, die allerlei bösartige, meist erlogene Anschuldigungen gegen Antonius und K. vorbrachten, Plut. Ant. 58. Die öffentliche Meinung in Rom war entrüstet und forderte den Entscheid der Waffen. So waren ,die nationalrömischen Instinkte des lateinischen Westens des Reiches gegen die griechische Osthälfte und deren pflichtvergessenen Herrscher und dessen buhlerisches Weib zu heller Kriegsbegeisterung entflammt‘ (Ad. Bauer Hist. Ztschr. CXVII 22). Über die literarische Begründung der Kriegserklärung in der kaiserliehen Überlieferung vgl. Blumenthal Wien. Stud. XXXVI 87. Die besorgte Stimmung, deren Reflexe sich in der zeitgenössischen Dichtung (Horat. carm. I 37, 6ff.; epod. 9, 11ff. Propert. III 11, 29ff. IV 6, 22. 45ff. 63ff., vgl. Plüß Horazstudien 320ff.; Iambenbuch des Horaz 37ff. 46f. 54ff.) wie in der späteren Literatur (Ovid. met. XV 826ff. Martial. IV 11, 4. Lucan. Phars. X 355. Sen. epist. 83, 25. Dio L 24, 3ff. Flor. epit. IV 11, 1. Ampel. 40, 4. Eutrop. VII 7, 7. Serv. Aen. VIII 678, vgl. Bouché-Leclercq II 293, 4) finden, war nicht unbegründet. Hätte Antonius gesiegt, so würde [770] zweifellos auch der Westen dem gewaltigen hellenistischen Weltreich verfallen sein, das im Orient gegründet war. Und der starke persönliche Einfluß K.s, der gerade die Mächtigsten zu umgarnen wußte und dadurch schon zur Zeit Caesars das Römertum in seinem Wesen bedroht hatte, war in der Tat dazu angetan, diese Entwicklung in verhängnisvoller Weise zu beschleunigen. Vergeblich suchten die römischen Anhänger des Antonius ihn vor der für ihn gefährlichen Stimmung zu warnen. Geminius reiste eigens nach Athen, wurde aber von K. als ein Sendling der Octavia beargwöhnt. Mit Mühe gelang es ihm endlich, seinen Auftrag anzubringen: alles könne noch gut werden, wenn einmal K. sich nach Ägypten entferne. Doch erreichte er weiter nichts als den Zorn des Antonius und den verletzenden Hohn der K., Plut. Ant. 59. In der zweiten Hälfte des J. 32 erklärten Senat und Volk K. den Krieg, Dio L 4, 4f. 6, 1. 26, 3. Plut. Ant. 60. Zonar. X 28. Mit vollem Bedacht wurde nicht Antonius als der Feind bezeichnet: der Kampf sollte kein Bürgerkrieg sein, sondern der nationalen Feindin Roms gelten (vgl. Dio L 26, 3. 5). Octavian sprach es öffentlich aus, nicht gegen Antonius, der durch K.s Zaubertränke unzurechnungsfähig geworden sei, habe man zu kämpfen, sondern vielmehr gegen K.s Eunuchen Mardion, gegen Potheinos, ihre Kammerfrauen Iras und Channion ὑφ' ὧν τὰ μέγιστα διοικεῖται τῆς ἡγεμονίας, Plut. Ant. 60. Die Verteilung der Streitkräfte des Antonius, eine in langgestreckter Linie von Kyrene bis Korkyra aufgestellte Offensivarmee und eine starke Reserve in Ägypten und Syrien (Kromayer Herm. XXXIII 60ff.), gab dieser Ansicht recht; sie zeigt, daß auf seiner Seite der Schutz des ägyptischen Reiches der oberste Zweck aller militärischen Maßnahmen war, vgl. Ferrero III 516f. Antonius und K. selbst siedelten Ende Oktober nach Korkyra, dann nach Patrai ins Winterquartier über (Münzen von Patrai zu Ehren K.s mit den Attributen der Isis: Brit. Mus. Cat. of Greek coins, Pelop. pl. 5, 9). Ein großer Teil des Landheeres und der Flotte, wovon 200 Schiffe der K. (darunter ihr Admiralsschiff Ἀντωνιάς mit Purpursegel, Plut. Ant. 60. Plin. n. h. XIX 22), sammelte sich längs der akarnanischen Küste. Agrippas überlegener Feldherrnkunst gelang es zunächst, die Steitkräfte des Antonius in eine ungünstige Verteidigungsstellung am Golf von Ambrakia zu drängen (in diese Zeit, kurz bevor Antonius sich am aktischen Vorgebirge verschanzte, fällt K.s Scherzwort vom Καῖσαρ ἐπὶ τορύνῃ, Plut. Ant. 62), dann sie von der Verbindung mit der See geradezu abzuschneiden und zu blockieren. Die Verpflegung des gewaltigen Heeres wurde immer schwieriger, die Rückzugslinien auch zu Lande bedroht; es häuften sich Desertionen solcher, die nicht unter K. dienen wollten; so Cn. Domitius Ahenobarbus qui solus Antonianarum partium numquam reginam nisi nomine salutavit, Vell. II 84, 2 (Plut. Ant. 63. Dio L 13, 6), der schon in Ephesos auf K.s Entfernung gedrungen hatte, so Q. Dellius, der einst eine höchst leichtfertige Korrespondenz mit K. unterhalten hatte (cuius epistulae ad Cleopatram lascivae feruntur Sen. suas. I 7) und jetzt durch ein scharfes Witzwort bei ihr und ihren κόλακες Anstoß erregte (Plut. Ant. 59); so M. Iunins Silanus (Plut. [771] a. O.) und die galatische Reiterei des Amyntas (Horat. epod. 9, 171). Hitzige Debatten zwischen der römischen und der ägyptischen Partei tobten im Kriegsrat (vgl. Ferrero III 520ff., der freilich hier wie öfter seiner Phantasie allzu freien Spielraum läßt); die Römerpartei (quos Cleopatrae pudebat) soll sich sogar mit dem Gedanken getragen haben, Antonius des Oberkommandos zu entheben und an seine Stelle den Cn. Domitius Ahenobarbus zu setzen (Suet. Nero 3, 2) – falls an der Nachricht etwas Wahres ist, versteht man nicht, für was diese Leute überhaupt noch kämpfen wollten. Glaublicher ist, daß jetzt selbst P. Canidius Crassus sich zu der Meinung bekehrte, das beste wäre es, K. zu entfernen und auf dem Landwege nach Makedonien abzuziehen (Plut. Ant. 63). Gerade diesen Gedanken aber bekämpfte K. mit aller Leidenschaft: hieß das doch der Verbindung mit Ägypten entsagen und so dieses Land und ihre Kinder wehrlos dem Gegner preisgeben! Auch Antonius hätte den Vorschlag des Canidius nicht befolgen können, wollte er nicht seine ganze Kriegsflotte ohne Schwertstreich opfern. Zudem war er jetzt fester als je gebunden in der Gewalt des dämonischen Weibes (daß er sich damals vor der scelerata sollertia und Giftmischerei der K. selber gefürchtet habe, dieser Argwohn aber von ihr siegreich widerlegt und Antonius durch ihr überlegenes Wesen um so stärker gefesselt worden sei, behauptet die Anekdote bei Plin. n. h. XXI 12). Als daher immer deutlicher der Rückzug in den Osten sich als einzig noch möglicher Ausweg aus unhaltbarer Lage erwies, entschied sich Antonius im Kriegsrat für den Vorschlag der K., das Heer über Land abmarschieren zu lassen, mit einem Teil der Flotte aber die Blockade zu durchbrechen und nach Ägypten zu segeln, Plut. Ant. 63. Dio L 15, 1. 3. Dieser Entschluß führte am 2. September 31 zu der Schlacht bei Aktion (Trog. prol. 40. Iuven. II 109. Vir. ill. 79, 3. 85, 4, vgl. 86, 3. Porphyr. Hor. epod. 9, 2. Ammian. XXII 16, 24. Serv. Aen. VIII 678. Hieron. in Ezech. IX 29, 1 p. 277 c; in Tit. 3, 12 p. 598 c Migne. Pacatus paneg. 12, 33. Ruf. Fest. 13, 3. Mythogr. Lat. I 222 Bode), zu deren Beurteilung auf Kromayer Herm. XXXIV 1–54. Groebe bei Drumann I2 480ff., Bouché-Leclercq II 303ff. Ferrero III 528ff. (mit Append. XIV) verwiesen sei. Die zur Vulgata gewordene Auffassung, wonach K., durch üble Vorzeichen geschreckt (Plut. Ant. 60. Dio L 15, 2), in verräterischer Absicht geflohen (Plut. Ant. 63. Dio L 33, 1–3. Joseph. c. Ap. II 59), Antonius ihr kopflos und feige gefolgt wäre (Plut. Ant. 66), kann (trotz Gardthausen Aug. I 1, 376. 383) nicht aufrecht erhalten werden. Daß K. sich durch die verräterische Flucht nach Ägypten den Weg zur Gunst Octavians oder doch zur Begnadigung hätte bahnen wollen (Drumann I1 479), ist undenkbar, denn ,die Rivalin der Octavia, auf die die ganze Schuld des Kriegs gewälzt wurde‘, konnte von Octavian keine Gnade erwarten (Kromayer Herm. XXXIV 2) oder höchstens dann, wenn sie das Gegenteil dessen tat, worauf ihr Vorschlag hinauslief: wenn sie Antonius mit den Legionen nach dem Osten abmarschieren ließ und Octavians Gnade durch Auslieferung der gesamten Kriegsflotte erkaufte (Groebe bei Drumann [772] I1 481). Es handelt sich vielmehr um einen sorgfältig vorbereiteten und verabredeten Durchbruch der Blockade. Einen Teil seiner eigenen Schiffe und die der K. bis auf 60 ließ Antonius verbrennen, 22 000 erlesene Krieger an Bord gehen, K.s Kostbarkeiten insgeheim nachts auf ihre Schiffe bringen. Dann eröffnete er um die Mittagsstunde den Kampf. K. hielt mit ihren 60 Schiffen hinter der Schlachtlinie, um mit dem Aufkommen der alltäglichen Nordwestbrise vorzustoßen und die ganze Front nach Süden mitzureißen. Mit vollen Segeln brach sie in der Tat durch (Oros. VI 19, 10f. Verg. Aen. VIII 707ff. dazu Serv. und Gell. II 22, 23. Flor. IV 11, 8, vgl. Plin. n. h. XIX 22), aber das Ziel des ganzen Manövers wurde insofern nicht erreicht, als der größere Teil der Flotte vom Feind nicht mehr loskam. Wohl schloß sich Antonius, indem er sein Admiralsschiff verließ, der enteilenden K. an (Plut. Ant. 67; Demetr. Ant. σύγκρ. 3. Strab. XVII 797. Vell. II 85, 3. 6. Dio L 33. Zonar. X 29), wohl gewann das königliche Paar (Dio LI 1, 4) mit einem Bruchteil der Flotte und der Kriegskasse die hohe See und entrann glücklich seinen Verfolgern, aber die noch übrigen Kriegsschiffe und der Rest des Landheeres waren schließlich verloren. Immerhin von einer Entscheidung des Kriegs durfte noch nicht die Rede sein. Ein verlorener Posten war aufgegeben, das Ganze konnte noch gerettet werden; aus der neuen Verteidigungsbasis Ägypten konnte, wenn die reichen Mittel des Landes richtig genützt, die Stellung umsichtig ausgebaut wurde, eine unangreifbare Burg werden! (Kromayer a. O. 52f.). So empfand man auch in Rom: aus Horat. epod. 9 spricht die bittere Enttäuschung darüber, daß durch die Flucht der Gegner die bereits nahe geglaubte Entscheidung wieder in weite Ferne gerückt war: noch sei kein Anlaß zu wirklicher Siegesfreude! Vgl. Plüß Horazstudien 320ff.; Iambenbuch des Horaz 54ff.

Über Tainaron (Plut. Ant. 67. Dio LI 5, 3), wo sie sich angeblich zum erstenmal seit der Schlacht wieder sahen, eilten Antonius und K. nach der libyschen Küste (Plut. Ant. 69). Die folgenden Ereignisse bis zu K.s Tode hat Arth. Stein in seinen Untersuchungen zur Gesch. und Verwaltung Ägyptens unter römischer Herrschaft (Stuttgart 1915) 39–74 ausführlich behandelt. Zur Kritik der Überlieferung vgl. außerdem Blumenthal Wien. Stud. XXXVI 92ff. Bei Paraitonion verließ Antonius die Flotte, um seine vier in Kyrene stehenden Legionen an sich zu ziehen, während K. nach Ägypten weiterfuhr. Mit bekränzten Schiffen, unter Siegesgesang, hielt sie ihre Einfahrt im Hafen von Alexandreia. Die Stimmung des Landes hatte sich in den zwei Jahren ihrer Abwesenheit nicht zu ihren Gunsten verändert, und je mehr die Wahrheit über den ,Sieg‘ von Aktion durchdrang, desto deutlicher trat eine eigentlich revolutionäre Bewegung zutage. K. begegnete ihr durch zahlreiche Hinrichtungen und Konfiskationen, bei denen sie selbst Tempelgut nicht verschonte, Dio LI 5, 3–5. 17, 6. Zonar. X 30f. Joseph. c. Ap. II 58. In diese Zeit fällt auch die Enthauptung des seit 34 in Aleiandreia gefangenen Artavasdes von Armenien; seinen Kopf sandte K. dem gleichnamigen [773] König von Media Atropatene zu, um ihn zur Hilfe anzuspornen, Dio LI 5, 5. Zonar. X 30. Strab. XI 582. Nichts zeigt deutlicher das damals herrschende Gefühl der Unsicherheit als das Vielerlei von kriegerischen Entwürfen, die in Erwägung gezogen wurden: K. gedachte bald in Ägypten selbst sich zu verteidigen, ja sogar noch einmal die Streitkräfte des ganzen Ostens zum entscheidenden Kampf in Asien zu sammeln; bald wieder erwog sie, ob es nicht besser sei, sich nach Spanien durchzuschlagen und dort eine Empörung gegen Rom zu schüren, oder mit ihren Schätzen über das Rote Meer zu entfliehen, Dio LI 6, 28., vgl. Flor. IV 11, 9. Oros. VI 19, 13. Serv. Aen. VIII 713, dazu Bouché-Leclercq II 315, 2. Stein 43, 2. 45, 2. 46, 1. Ein Übermaß von Plänen, das nur der Ausdruck vollendeter Planlosigkeit war! Vor der grausamen Wirklichkeit brachen bald genug alle Entwürfe zusammen wie Kartenhäuser. Hilflos und der Verzweiflung nahe kam Antonius aus Libyen zurück, da sein Legat Pinarius Scarpus die Legionen dem Feldherrn Octavians, C. Cornelius Gallus, übergeben hatte (unrichtig verlegt dies Ferrero III 553, 2 mit Berufung auf Dio LI 9, wo er § 1 πρὶν δὲ δὴ ταῦτα γίγνεσθαι übersieht, erst ins J. 30). In Asien fiel Herodes zu Octavian ab, und der von diesem nach Syrien entsandte Statthalter Q. Didius ließ durch die Araber von Petra die im Roten Meer schon bereitgestellten Schiffe der K. verbrennen, Dio LI 7, 1. Zonar. X 30. Plut. Ant. 69. Joseph. bell. Iud. I 389ff., vgl. Stein 43. Angeblich um die Stimmung der Ägypter zu ermutigen, jedenfalls aber um die Nachfolge für alle Eventualitäten zu sichern, erklärte nun K. den Kaisarion, Antonius seinen ältesten Sohn Antyllos für mehrjährig, Dio LI 6, 1, vgl. Stein 44. Ein Zeichen des eigenen Galgenhumors war es, daß sie – nachdem Antonius sein anfängliches melancholisches Brüten im Τιμώνειον wieder mit der Teilnahme an den üppigen Gelagen im Palast der K. vertauscht hatte (Plut. Ant. 71) – den Schlemmerklub der ,Unvergleichlichen‘ (σύνοδος ἀμιμητοβίων) auflösten und durch eine neue, nicht minder üppige, mit dem Todesgedanken tändelnde Gesellschaft der συναποθανούμενοι ersetzten, Plut. Ant. 71 (vgl. Lumbroso Rendiconti della R. Acc. dei Lincei, Scienze morali, Ser. V vol. II 248ff. Bouché-Leclercq II 317, 2); ja K. soll bereits damals durch Giftproben, die sie an zum Tode verurteilten Verbrechern vornahm, die schmerzloseste Art des Selbstmords durch Schlangenbiß herausgefunden haben, Plut. Ant. 71 = Zonar. X 31. Dio LI 11, 2. Ael. nat. an. IX 11 p. 221 Hercher. Carm. de bell. Aegyptiaco 37ff. (Baehrens PLM I 218f. Riese Anth. Lat. I 12, 3ff. 22, 372. Ferrara Poem. Lat. rell. ex vol. Hercul. evulg. [Pavia 1908] 47ff., col. V–VII), dazu Groag Klio XI V 59. Stein 46, 3. Unter umsichtigen Vorbereitungen rückte unterdessen der Sieger Octavian näher. In Rhodos kam ihm Herodes entgegen, um ihm als dem neuen Herrn zu huldigen; zu seiner eigenen Entlastung machte er geltend, daß er dem Antonins stets geraten habe, sich der K. zu entledigen, und so noch bis zuletzt nur unter der Bedingung sich erboten habe, ihm die Treue zu wahren, daß er K. beseitige, Joseph. bell. Iud. I 389f.; ant. Iud. XV 190f. [774] (Ferrero III 547 und Stein 257 verwerten diese Angaben des Herodes ohne weiteres als geschichtlich; berechtigte Bedenken bei Otto Suppl.-Heft II S. 47). Octavian war bereits in Syrien, als von K. und Antonius Botschaft über Botschaft bei ihm eintraf. Ein erster Gesandter überbrachte von K. – ohne Wissen des Antonius – die königlichen Insignien, Zepter, Diadem und Königswagen (Dio LI 6, 5) – nach Plut. Ant. 72 um wenigstens für ihre Kinder die Herrschaft zu retten –, von Antonius das Gesuch, als Privatmann weiterleben zu dürfen. Octavian forderte von K. formell, daß sie vor jeder weiteren Unterhandlung die Waffen und die Regierung niederlege; heimlich stellte er ihr Straflosigkeit und Fortdauer ihrer Herrschaft in Aussicht, falls sie den Antonius ermorde (Dio LI 6, 6). Antonius, den der Sieger keiner Antwort gewürdigt hatte, erbot sich hierauf, freiwillig aus dem Leben zu scheiden, wenn er hiedurch K. retten könne. Eine dritte Gesandtschaft, geleitet von Euphronios, dem Erzieher des Prinzen Antyllos, suchte die früher vorgetragenen Wünsche durch klingende Argumente zu stützen. Octavian nahm zwar das Geld an, gab aber keine irgendwie beruhigende Auskunft, Plut. Ant. 72f. Dio LI 6, 4ff. 8, 1–4, vgl. Gardthausen Aug. I 1, 412. II 222f., 21. Bouché-Leclercq II 320f. Stein 45, 1. 47f. So schienen alle Beschwichtigungsversuche an der unerbittlichen Haltung des Gegners scheitern zu sollen. Da ließ K. in das erst halb vollendete Monumentalgrab, das sie im Bereich der Königsburg beim Tempel der Isis errichtet hatte (Dio LI 8, 6. 10, 5f. 8f. Zonar. X 30. Plut. Ant. 74. 76–78. 84. Ps.-Zenob. V 24 [Paroem. Gr. I 126], Synkell. I 583, 14. Flor. IV 11, 10. Vir. illustr. 86, 3. Oros. VI 19, 17; vgl. Drumann-Groebe I2 361f., 6. Stein 55, 1), alle ihre Schätze bringen, dazu einen Haufen Werg und Kienholz. Ihre unverkennbare Absicht war es, sich selbst und die kostbare Beute dem Angreifer im letzten Augenblick durch Vernichtung zu entziehen, Plut. Ant. 74. Dio LI 8, 6. 11, 2. Gerade auf ihre Schätze aber und auf die Gefangennahme der K., die seinen Triumphzug schmücken sollte, hatte Octavian es abgesehen, Dio LI 5, 5. 8, 5f. 11, 3. 13, 1. 17, 6. Zonar. X 30f. Plut. Ant. 74. 78. 83. Suet. Aug. 17, 4. Horat. carm. I 37, 30ff. mit Schol. Oros. VI 19, 18. Flor. IV 11, 10. Ps.-Plut. proverb. Alexandrinor. 45 (p. 21 Crusius [Einlad. z. Geburtstag König Karls, Tüb. 1887]). Ihre verzweifelte Haltung veranlaßte ihn zu einem Schritt voller Hinterlist: er entsandte zu K. seinen Freigelassenen Thyrsos mit vertraulichen Aufträgen in ganz unverbindlicher Form, ,die jeden Augenblick desavouiert werden konnten‘ (Gardthausen I 1, 413). K. schöpfte aus ihnen die Hoffnung, durch Preisgebung Marc Antons mit Octavian zu einem Einvernehmen zu gelangen, ja sogar auch ihn möglicherweise persönlich an sich zu ketten. Jetzt begann sie wirklich mit jenem Gedanken zu spielen, mit dem man fälschlicherweise ihre Haltung in der Schlacht bei Aktion erklären wollte: mit dem Gedanken, den Mann zu verraten, mit dem niemals wirkliche Liebe, sondern nur der Wunsch, einen Herrscher zu beherrschen, sie verbunden hatte (vgl. auch Blumenthal Wien. Stud. XXXVI 96f.). Schlimmer [775] Argwohn regte sich bei Antonius. Um ihn zu besänftigen, feierte sie mit besonderer Pracht seinen Geburtstag (zwischen März und Juli 30 nach Gardthausen II 5, 22), Plut. Ant. 73. Von Westen und Osten rückten inzwischen Octavians Truppen gegen die ägyptischen Grenzen heran. Pelusion ergab sich nach schwacher Verteidigung so auffallend rasch, daß der Kommandant Seleukos in den Verdacht geriet, in K.s Auftrag den Platz verraten zu haben. K. rechtfertigte sich dadurch, daß sie dem Antonius die in Alexandreia zurückgebliebenen Angehörigen des Seleukos zur beliebigen Rache in die Hände lieferte, Plut. Ant. 74. Dio LI 9, 5f. Zonar. X 30. Die feindliche Reiterei, die quer durch das Delta bis vor Alexandreia vorgedrungen war, warf Antonius in wütendem Ausfall zurück. Der tapferste seiner Krieger wurde von K. mit goldenem Helm und Panzer belohnt, ging aber schon in der folgenden Nacht zum Feinde über, Plut. Ant. 74. Als Antonius am nächsten Tage, dem 1. August 30 v. Chr. (vgl. Stein 52, 2), in den entscheidenden Kampf zu Land und zu Wasser ausrückte, gingen Reiterei und Flotte auf K.s heimlichen Befehl zum Feinde über; nur die Legionsveteranen blieben bis zum letzten Augenblicke ihrem Herrn treu (Kromayer Herm. XXXIII 65). Mit lautem Ruf ,ich bin verraten von ihr, für die ich kämpfte‘ floh Antonius in die Stadt zurück, Plut. Ant. 76. Dio LI 10, 4. Zonar. X 30, vgl. Suet. Aug. 17, 3 (Dio und Zonaras nehmen diesen Verrat wie den von Pelusion als erwiesen an, vgl. die Beurteilung Blumenthals Wien. Stud. XXXVI 96f.). Unterdessen hatte sich K. mit zwei Zofen und einem Eunuchen vorsorglich in das Grabgebäude geflüchtet. Als Antonius nach ihr fragte, ward ihm nach Verabredung mitgeteilt, sie habe Selbstmord begangen. Darauf tat er, was K. gewünscht und vorausgesehen: er stürzte sich in sein Schwert. Noch lebend erhielt er von K.s Schreiber Diomedes die Nachricht, K. sei nicht tot, sondern befinde sich lebend im Grabgebäude. Röchelnd ließ er sich zu ihr bringen, und in den Armen der Frau, die er trotz allem bis zum letzten Atemzug leidenschaftlich liebte, hauchte er sein Leben aus. Die sentimentale Ausmalung der Szene bei Plut. Ant. 77 (vgl. Dio LI 10, 5ff. Zonar. X 30. Liv. per. 133. Oros. VI 19, 17. Anth. Lat. I 417, 6 [wozu aber zu vgl. v. Wilamowitz Herm. XXXIV 638]) schafft die Tatsache nicht aus der Welt, daß K. durch die falsche Nachricht ihres Todes den Selbstmord des Antonius verschuldet hat, vgl. Gardthausen I 1, 443. Gleich darauf sandte K. an Octavian einen Boten (vielleicht ihren Schreiber Diomedes, der nach Plut. Ant. 76 den Transport des sterbenden Antonius nach dem Grabmal bewerkstelligt hatte, vgl. Drumann I1 495. Bouché-Leclercq II 328, 1); das Grabgebäude verließ sie nicht, denn dadurch, daß sie Miene machte, sich mit ihren Schätzen zu verbrennen, hoffte sie für sich und ihre Kinder günstigere Bedingungen herauszuschlagen, Dio LI 11, 1f., vgl. Groag Klio XIV 58f. Aber Octavian gab keinen klaren Bescheid, sondern ordnete seinerseits den Ritter C. Proculeius und den Freigelassenen Epaphroditos zu K. ab. Längere Zeit verhandelte der erstere mit K. an der Falltür des Grabgebäudes, aber auf ihre bestimmte Forderung, ihren Kindern [776] den Thron zu sichern, hatte er nur ausweichende Antworten, Plut. Ant. 78. Dio LI 11, 4. Zonar. X 31. Ein zweiter Abgeordneter, C. Cornelius Gallus, erneuerte die hinhaltenden Unterhandlungen; unterdessen gelang es Proculeius, auf einer Leiter von der andern Seite in das Gemach einzudringen und sich K.s zu bemächtigen; ein Dolch, mit dem sie sich im ersten Schrecken zu erstechen suchte, konnte ihr entwunden werden. Fortan wurde sie in dem Grabmal von Epaphroditos scharf bewacht; an einen Selbstmord oder an die Vernichtung ihrer Schätze war fürs erste nicht mehr zu denken, Plut. Ant. 79. Dio LI 11, 4f. Zonar. X 31, vgl. Strab. XVII 795. Horat. carm. I 37, 22f. Von den Prinzen wurde Antyllos auf Octavians Befehl hingerichtet (Plut. Ant. 81. 87); Kaisarion, dem dasselbe Schicksal drohte, war von K. mit einem Teil ihrer Schätze nach Aithiopien vorläufig in Sicherheit gebracht worden (Plut. Ant. 81. Oros. VI 19, 13, dazu Bouché-Leclercq II 332, 2. Stein 43, 2; über eine wahrscheinlich nach der Schlacht bei Aktion von P. Canidius Crassus für Kaisarion geprägte Münze, auf der Eckhel Num. vet. anecd. 292; Doctr. num. IV 23f. fälschlich ein Bild der K. zu erkennen glaubte, s. Gardthausen Numism. Ztschr. N. F. IX 153ff.). Sie selbst durfte zunächst ungestört dem Antonius die letzten Ehren erweisen (Plut. Ant. 82), dann wurde sie unter strenger Bewachung in den Palast zurückgebracht. Ihr künftiges Los und noch mehr das ihrer Kinder beunruhigte sie aufs höchste, und sie verlangte dringend nach einer persönlichen Besprechung mit dem Sieger, Dio LI 11, 5f. Ihr graute vor der Bestimmung, am Triumphzug Octavians in Rom als vornehmstes Paradestück mitgeführt zu werden (vgl. Suet. Aug. 17, 4); immer wieder rief sie leidenschaftlich οὐ θριαμβεύσομαι, Liv. bei den Scholiasten zu Horat. carm. I 37, 30 (Porphyr. p. 51 Holder und Ps.-Acro p. 135 Keller); vgl. Crusius Beilage zum Doktorenverz. Tübingen 1895, 34f. Stein 58, 4. Einen Versuch K.s, sich durch freiwilligen Hungertod diesem Schicksal zu entziehen, vereitelte Octavian durch die Drohung, ihre Kinder dafür büßen zu lassen (Bericht ihres Leibarztes Olympos bei Plut. Ant. 82, vgl. FHG III 326f., dazu Gardthausen Aug. I 1, 436. II 232. Groag Klio XIV 59f.). Endlich bequemte sich Octavian selbst zu einem Gang in den Königspalast. Über den Verlauf seiner Unterredung mit K. haben wir einen verhältnismäßig objektiven Bericht bei Plut. Ant. 83 (vgl. Zonar. X 31), der vielleicht auf K.s Leibarzt Olympos zurückgeht. K. lag fiebernd auf einem bescheidenen Strohsack, mit einfachem Chiton bekleidet; als er eintrat, sprang sie auf und warf sich ihm zu Füßen; den erbärmlichen Eindruck verstärkten noch die Wunden, die sie sich bei der Totenklage um Antonius an Haupt und Antlitz absichtlich beigebracht hatte. Von Octavian zum Sitzen genötigt, versuchte sie sich zu rechtfertigen und alle Schuld auf die Not und auf ihre Furcht vor Antonius zu wälzen. Als nichts von alledem bei Octavian verfangen wollte, suchte sie jammernd sein Mitleid zu erwecken und stellte sich, als ob sie für ihr Leben zittere. Schließlich übergab sie ihm ein Verzeichnis ihrer Gelder. Ihren ἐπίτροπος Seleukos, der das Verzeichnis [777] für unvollständig erklärte, faßte sie scheinbar in höchster Wut bei den Haaren und versetzte ihm Ohrfeigen, indem sie beteuerte, es fehle nichts als einige Schmucksachen, die sie als Geschenke für Octavia und Livia beiseite gelegt habe. Durch diese wohlgespielte Szene suchte sie den Eindruck zu erwecken, als ob sie noch am Leben und am irdischen Gut hange (vgl. Stein 58, 4). Octavian erließ ihr die Beschenkung der Frauen seiner Familie und stellte ihr ein Leben in Aussicht, dessen Glanz alle ihre Erwartungen übertreffen werde. Er schied von ihr, indem er sich stellte, als ob er an ihren Willen zum Leben glaube, Plut. Ant. 83 extr. Dio LI 13, 3. In Wirklichkeit konnten ihre Künste ihn (trotz Gardthausen I 1, 434. Bouché-Leclercq II 335) nicht täuschen, vgl. Groag Klio XIV 66. Anders als diese durchaus wahrscheinlich klingende Version (vgl. Bouché-Leclercq II 335f.) lautet diejenige, die in Rom geflissentlich verbreitet wurde: hier ist K. als verführerische Buhlerin, Octavian als standhafter Tugendheld dargestellt, Dio LI 12f. Flor. IV 11, 9 (nach Livius). Ps.-Acro in Horat. carm. I 37, 13 (I 132 Keller), vgl. Bouché-Leclercq II 338. Groag Klio XIV 60, 2 (der Dios Bericht auf Nic. Dam. zurückführen möchte). Blumenthal Wien. Stud. XXXVI 92ff. (der mit Zustimmung Steins 257 die Autobiographie des Augustus für die Grundlage dieser Überlieferung hält). Hatte vor der Unterredung mit Octavian K. noch immer hoffen können, wenigstens einen Teil ihrer Herrschaft für sich oder die Kinder zu retten (vgl. Flor. IV 11, 10), so war jetzt auch der letzte Hoffnungsschimmer geschwunden; K. wußte, was sie von dem kalten Politiker zu gewärtigen hatte, dem sie auf Gnade und Ungnade ausgeliefert war (Dio LI 13, 2, vgl. Groag a. O. 60f.). So blieb ihr als einziger Ausweg der Tod. Und daß keine Zeit mehr zu verlieren war, bestätigte ihr der junge P. Cornelius Dolabella (s. o. Bd. IV S. 1296 Nr. 130), der ihr eine gewisse Neigung entgegenbrachte. Von ihm erfuhr sie, daß Octavian die Absicht hegte, in drei Tagen sie mit ihren Kindern zur Fahrt nach Italien einzuschiffen. Daraufhin erbat und erhielt sie die Erlaubnis, am Grab des Antonius Totenspenden darzubringen, scheinbar um von ihm Abschied zu nehmen, bevor sie Ägypten verlasse, Plut. Ant. 84 (unrichtig lassen Flor. IV 11, 10f. Vir. ill. 86, 3. Synkell. I 583, 14f. sie gleich hier den Tod finden, vgl. Stein 61, 2). In den Palast zurückgekehrt, nahm sie ein Bad und ließ sich dann ein Mahl auftragen. Während des Essens brachte ein Bauer einen Korb mit Feigen. Den zum Wächter bestellten Epaphroditos wußte sie zu entfernen, indem sie ihm einen dringlichen Brief an Octavian übergab. Hierauf befahl sie dem ganzen Hofgesinde abzutreten und schloß sich mit zwei vertrauten Zofen Iras und Charmion (vgl. über diese Stein 61, 1) ein. In dem Brief las Octavian ihre Bitte, neben Antonius bestattet zu werden, Dio LI 13, 4. Plut. Ant. 85. Zonar. X 31. Eiligst ließ er das verschlossene Gemach aufbrechen. Es war zu spät: man fand K. tot auf goldenem Lager in ihrem königlichen Schmuck, von den Zofen Iras ebenfalls tot, Charmion sterbend, Horat. c. I 37, 26ff. Plut. Ant. 84f. Dio LI 11, 2. 13, 5. Zonar. [778] X 31. Liv. per. 133. Flor. IV 11, 10f. Ps.-Plut. proverb. Alex. 45 (p. 21f. Crusius = Ps.-Zenob. V 24). Gal. π. θηρ. 8 (XIV 235f. Kühn). Niemand konnte sagen, wie der dreifache Selbstmord vor sich gegangen war (τὸ δὲ ἀληθὲς οὐδεὶς οἶδεν Plut. Ant. 86); leichte Stiche an einem Arm K.s schienen auf eine vergiftete Nadel oder auf den Biß einer Schlange zu deuten, die in jenem Korb unter den Feigen zu ihr eingeschleppt worden wäre, Plut. Ant. 86. Dio LI 14f. Strab. XVII 795. Obwohl das Tier trotz eifrigem Suchen nicht gefunden wurde, blieb dies die offizielle Version. Am letzten seiner drei großen Triumphzüge, der den Sieg über K. verherrlichte (Liv. per. 133. Euseb. chron. II 140f. Sch.), ließ Octavian ein Abbild von ihr ἐπὶ κλίνῃ mitführen, um dessen Arm sich eine Schlange ringelte. Plut. a. O., vgl. Dio LI 11, 2. 14. 21, 8. Zonar. X 31. Verg. Aen. VIII 697. Horat. carm. I 37, 27 und Schol. Propert. III 11, 53. Stat. silv. III 2, 119f. Vell. II 87, 1. Suet. Aug. 17, 4. Solin. XXVII 31. Flor. IV 11, 11. Eutrop. VII 7, 7. Serv. Aen. VIII 678. 697. Oros. VI 19, 18. Vir. ill. 86, 3. Carmen de bello Aegyptiaco (Baehrens PLM I 218). Anth. Lat. I 274. Isid. orig. XII 4, 14. Tert. ad mart. 4; ad nat. I 18. Ps.-Plut. prov. Alex. 45 (p. 22 Cr.) = Ps.-Zenob. V 24 (Paroemiogr. Gr. I 125f.). Gal. a. O. (p. 237). Synkell. I 583, 15f., vgl. 588, 13f. Vgl. Stein 60, 1. Wie schon Octavian (Plut. Ant. 86), so haben Horat. carm. I 37, 21ff. Vell. II 87, 1. 3. Hist. aug. Aurel. 27, 3. K.s tapfern Tod bewundert. Andere heben die Klugheit hervor, die sie die schmerzloseste Todesart finden ließ: Propert. III 11, 54. Stat. silv. III 2, 119f. Flor. IV 11, 10f. Dio a. O. K.s Tod (vgl. Euseb. hist. eccl. I 5, 2. Hieron. a. Abr. 1985 [Euseb. chron. II 141 Sch.]; in Is. IV 11, 6 p. 151 c Migne) fällt wahrscheinlich in den September 30 v. Chr., vgl. Ideler Handb. d. Chronol. I 153ff. v. Gutschmid Kl. Schr. I 452. Strack Dyn. 170. Bouché-Leclercq II 344, 1. Groag Klio XIV 65, 1. Stein 63, 1. Sie hatte ihr Leben auf 39 Jahre (Plut. Ant. 86), ihre Regierung auf 22 Jahre gebracht (Plut. a. O. Clem. strom. I 129, 1 ed. Stählin II 80. Porphyr. bei Euseb. chron. I 167f. Sch. 78 Karst. [FHG III 723], Euseb. chron. II 136f. Sch. 208 Karst. Synkell. I 573, 11f. Prosp. chron. I p. 404, 316 Mommsen, konfus Tert. adv. Iud. 8 [= Hieron. in Dan. 9, 24 p. 550a Migne]. Isid. orig. V 39, 25. Liber generat. chron. min. I p. 137 Mommsen). Daß das J. 22 = 31/30 v. Chr. das letzte Regierungsjahr der K. war, betonen mit Recht die Herausgeber der P. Oxyr. XII zu 1453. An der von Nöldeke ZDMG XXXIX 349, 4 ausgesprochenen Vermutung, wonach K. überhaupt nicht durch Selbstmord, sondern durch Mord auf geheimen Befehl Octavians geendet habe, ist (was Groag Klio XIV 57ff. überzeugend dargetan, Stein 62, 3 mit Unrecht bestritten hat) so viel richtig, daß Octavian das größte Interesse daran hatte, ,das unheilvolle Weib sicher unschädlich zu machen‘. Eine weiterlebende K. würde ihn mit unversöhnlichem Haß verfolgt haben, würde als letzte des Lagidenhauses für die Anhänger der nationalen Dynastie (daß solche noch immer vorhanden waren, geht aus Plut. Ant. 86. Ps.-Acro zu Horat. c. I 37, 23 p. 133f. Keller hervor, vgl. Groag a. O. 64, 2) [779] ein unaufhörlicher Anreiz zu Aufständen gewesen sein, würde als einstige Vertraute des großen Caesar jederzeit haben mit unliebsamen Enthüllungen drohen können (Caesars Briefe in ihrem Besitz: Dio LI 12, 3). Aber da sich in der ganzen Überlieferung auch nicht eine Spur von einem Mordverdacht findet, haben Gardthausen Aug. II 230ff. und Groag a. O. 57ff. jene Vermutung mit Recht zurückgewiesen: Octavian hatte es auch gar nicht nötig, das Odium eines Mordes auf sich zu nehmen, da er K.s selbstmörderische Absichten kannte und ihnen lediglich durch absichtlich lässige Überwachung bezw. entsprechenden Wink an Epaphroditos (vgl. Dio LI 13, 4f.) Vorschub zu leisten brauchte. Nach außen durfte das freilich nicht bekannt, sondern der Schein mußte aufrechterhalten werden, daß ihr Tod ihn des schönsten Schmucks für seinen Triumph beraube. Geheuchelt war daher Octavians Entrüstung über das Gelingen des Selbstmordes (Plut. Ant. 86. Dio LI 14, 3. 6. Gal. a. O.) und sein Befehl, durch besondere Schlangenbeschwörer (sog. Ψύλλοι) das Gift aussaugen zu lassen, um K. womöglich ins Leben zurückzurufen (Suet. Aug. 17, 4. Dio LI 14, 3f. Lucan. Phars. IX 891ff. Oros. VI 19, 18). Ihrem letzten Wunsche gemäß erhielt K. ein königliches Begräbnis in ihrem Monument, das erst jetzt vollendet wurde, an der Seite des Antonius, Plut. Ant. 86. Suet. Aug. 17, 4. Dio LI 15, 1, vgl. Martial. IV 59, 5. K.s Bilder (offenbar in Heiligtümern, Groag 64, 2) wurden auf Verwendung eines ihrer φίλοι Archibios geschont, Plut. Ant. 86. Der römische Senator Q. Ovinius mußte es mit dem Leben bezahlen, daß er sich dazu hergegeben hatte, in K.s Woll- und Teppichweberei die Stelle eines Intendanten zu bekleiden, Oros. VI 19, 20. Einen Teil von K.s keltischer Leibwache schenkte Octavian dem Herodes, Joseph. bell. Iud. I 397; ant. Iud. XV 217. Im übrigen fand sich in ihrem Nachlaß neben vielen Kunstwerken (vgl. Prud. Symm. II 354) vor allem ihr gewaltiger Schatz (Dio LI 17, 6), den sie, ἄπληστος χρημάτων γενομένη (Dio LI 15, 4), zumal in den letzten Jahren auf verwerfliche Weise angehäuft hatte (vgl. Joseph. ant. Iud. XV 90).

Zu einer geordneten Landesverwaltung fehlte es K. nicht an den nötigen Mitteln, wohl aber an Zeit und Lust. Ein inschriftlich erhaltener Erlaß K.s vom 13. Daisios-Pharmuthi 11 = 13. April 41, der Übergriffe von Beamten in Prosopis und Bubastis gegenüber alexandrinischen Grundbesitzern rügt (Lefebvre Mélanges Holleaux 103ff.), kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß Ägypten unter K. über schwere Mißwirtschaft zu seufzen hatte. Die Nilkanäle waren gänzlich verschlammt; als Folge stellten sich wiederholt Hungersnöte ein, so in den J. 48 (Plin. n. h. V 58), 44 (Appian. bell. civ. IV 61. 63. Joseph. c. Ap. II 60. Dittenberger Or. 194, 10. 14), 42 (Appian. bell. civ. IV 108) und 41 v. Chr. (Sen. nat. quaest. IV 2, 16), vgl. Gardthausen I 1, 444. Erst Augustus hat durch Soldatenhand die Wasserwege säubern lassen und dadurch Ägypten wieder in den Stand gesetzt, den von der Natur ihm gespendeten Segen nutzbar zu machen, Suet. Aug. 18, 2. Wir dürfen es Strab. XVII 797 glauben, daß unter Augustus in Ägypten das Gefühl verbreitet war, man sei [780] von langdauernder Mißhandlung durch Trunkenbolde erlöst (παροινουμένην, κακῶς πολιτευομένων). Ein besondere schlimmes Andenken hinterließ K. bei den ägyptischen Juden. Zwar wird uns die Weihe einer jüdischen Proseuche in Alexandreia ὑπὲρ βασιλίσσης καὶ βαβιλέως im Mechir des J. 15, d. h. zu Ehren der K. und des Kaisarion im Februar 37 v. Chr. bezeugt (Dittenberger Or. 742). Aber anläßlich einer Hungersnot überging K. die Juden (offenbar weil sie das alexandrinische Bürgerrecht nicht besaßen, vgl. Wilcken Grundzüge der Papyrusk. I 364) bei der Getreidespende, und nach dem Fall von Alexandreia, 30. v. Chr., meinte sie, nur dann wäre noch Rettung möglich, wenn sie eigenhändig alle Juden umbringen könnte (Joseph. c. Ap. II 60; die durch novissime vero klar angedeutete Zeit hat Willrich Iudaica 7 verkannt). So lautet denn das Gesamturteil des Josephus über K. (c. Ap. II 56–61) vernichtend, und auch in den jüdischen Sibyllensprüchen wird ihr Regiment verurteilt, ihr Fall mit Genugtuung begrüßt: Memphis ist zu Boden gestürzt δι' ἡγεμόνων κακότητα ἠδὲ γυναικὸς ἀδουλώτου (var. ἀδούλεύτου] ἐπὶ κῦμα (var. ὑπὸ δουρὶ) πεσούσης (Orac. Sibyll. V 18 XII 22). Irrig wird K. die Anlage des Pharos und des Heptastadiondamms zugeschrieben bei Ammian. XXII 16, 9f. Chron. Pasch. p. 363 Bonn. Excerpta barbari p. 280, 6 (Chron. min. ed. Frick I). Joh. Malal. p. 218 Bonn., vgl. Gardthausen I 1, 439. Bouché-Leclercq I 122, 2. Die höhere Geistesbildung diente K. vorzugsweise als Sport und Amusement (ἧ καὶ αὐτὸ τὸ φιλολογεῖν τρυφὴν εἶχεν Philostr. vit. sophist. I 5 Kayser, vgl. die φιλολόγων διατριβαί im Taumel des Winters 41/0, Appian. bell. civ. V 11). Bezeugt ist ihr Verkehr mit dem Philosophen Philostratos (Philostr. a. O., vgl. Krinagoras Anth. Pal. VII 645) und mit dem salbenduftenden Musikvirtuosen Tigellius (Porphyr. zu Horat. sat. I 2). Dagegen kann die Tätigkeit des Nikolaos von Damaskos als Erzieher ihrer Kinder (Sophron. Damasc. laus SS. Cyri et Ioannis 54 [Migne G. LXXXVII 3, 3621], Mai Spicileg. Rom. III 548, vgl. FHG IV p. II. Bücheler und Asbach Rh. Mus. XXXVII 294ff.) aus chronologischen Gründen erst in die Zeit nach der Eroberung Ägyptens gesetzt werden, als K.s Kinder im Hause der Octavia Aufnahme gefunden hatten, vgl. Stein 45, 1. Zusammenfassend heben Plutarch und Dio K.s große Macht hervor, jener die äußere (Demetr. Ant. σύγκρ. 1 γυναικὸς ὑπερβαλομένης δυνάμει καὶ λαμπρότητι πάντας πλὴν Ἀρσάκου τοὺς καθ' αὑτὴν βασιλεῖς), dieser die innere ihrer Persönlichkeit (LI 15, 4 δύο ἀνδρῶν Ῥωμαίων τῶν καθ’ ἑαυτὴν μεγίστων κατεκράτησε). Am schönsten bleibt die widerwillige Bewunderung des Horaz carm. I 37, 29ff., vgl. v. Wilamowitz Reden aus der Kriegszeit 208. Lebendiger Kult einer K., vielleicht der letzten, bestand noch im J. 4/5 n. Chr. in einem μέγα Κλεοπάτρεισν zu Rosette, Breccia Bull. de la Soc. arch. d’Alex. nr. 12, 87, vgl. Wilcken Chrest. zu nr. 115. Möglicherweise dienten auch das von Theognostos (Cramer Anecd. Graeca Ox. II 129) erwähnte Κλεοπάτρειον und das Κλεοπάτρειον im arsinoitischen Gau (BGU II 404, 3. 445, 6) dem Kult dieser K. [781]

Bildliche Darstellungen der K.: Bernoulli Röm. Ikonogr. I 212ff. Münztaf. IV 93–96. Gardthausen II 227. 234f., 15f. Bouché-Leclercq II 180, 1. 245, 2. 257, 1. Lepsius Denkmäler IV 53. 54. 60. Bei dem von Maspero Compt. rend. de l’Ac. des Inscr. 1899, 132f. und Bouché-Leclercq II 180, 1 (vgl. Strack Hist. Ztschr. CXV 477) besprochenen verstümmelten Kolossalkopf in Alexandreia handelt es sich um das auch in Lepsius Denkm. Ergänzungsbd. Taf. 1 b (vgl. Textbd. I 2) nach Zeichnung abgebildete Kolossalbruchstück eines Königinbildes aus ptolemäischer Zeit in ägyptischem Stil, dessen Deutung auf K. nicht begründet ist. Studniczkas Deutung einer Frauenherme bei Fulvius Ursinus Imagines illustrium (1570) 39 als Bildnis der K. (Lpz. Winckelmannsblatt 1901) ist von ihrem Urheber N. Jahrb. 1918 I 2 wieder aufgegeben worden. Mißlungen ist auch der Versuch Ernst Bergers (Die Wachsmalerei des Apelles und seiner Zeit, München 1917), in einem ganz späten Machwerk eine antike porträtmäßige Darstellung des Selbstmords der K. nachzuweisen (vgl. darüber P. Herrmann, Berl. phil. Wochenschr. 1917, 1395ff.).

Literatur: Ad. Stahr Kleopatra (Berlin 1864. 21879) [vgl. v. Gutschmid Kl. Schr. V 11ff.] H. Nissen Nord und Süd V (1878), 322ff. H. Houssaye Aspasie, Cléopâtre, Théodora (Paris 1890) [vgl. S. Reinach Rev. crit. 1890 I 284ff.]. Gardthausen Aug. I 1, 341ff. 437ff. Bouché-Leclercq Lagides II 177ff. IV 328f. Arth. E. P. Brome Weigall The life and times of Cleopatra, queen of Egypt (Edinburg und London 1914, New York 1915). Max L. Strack Hist. Ztschr. CXV 473ff.

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 7232.