BLKÖ:Thalberg, Sigismund
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Thalberg, Thalnitscher von, alte Adelsfamilie | ||
Band: 44 (1882), ab Seite: 118. (Quelle) | |||
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Moriz Grafen Dietrichstein und einer Baronin Wezlar. In den Lebensskizzen, welche bisher über Thalberg erschienen sind, findet sich wohl hie und da der Name seines Vaters, aber nirgends der seiner Mutter angegeben. Da indeß Letztere selbst nie ein Geheimniß aus ihrem illegitimen Mutterglücke gemacht, so haben wir auf die Gefahr hin, indiscret gescholten zu werden, auch die Mutter bei ihrem Namen genannt. Und wir halten dies um so mehr für gerechtfertigt, als ja, wie ein Biograph Thalberg’s ausdrücklich bemerkt: „vielwissende Chroniqueurs“ denselben als den Sohn einer Wäscherin hingestellt haben. Familienverhältnisse verhinderten die legitime Vereinigung zweier Menschen, die ihren hohen geistigen Vorzügen nach wie für einander geschaffen waren. In der Taufe erhielt der Sohn den Namen Sigismund. Wie er zu dem Namen Thalberg kam, wird folgendermaßen erzählt: „Die Mutter sprach eines Tages zu dem Vater ihres Kindes: Dieses Kind sei das friedliche Thal, in welchem ich fortan mein ganzes stilles heimliches Glück bergen will; es werde aber auch einst ein Berg, auf dem mein Stolz und meine größte Liebe hoch thronen soll, und der an eigener Größe noch Alles überragen wird, was jetzt, in eitlem Kastengeist und Vorurtheilen sich aufblähend zwischen uns aufthürmt, und so soll dieses Kind Thalberg heißen“. Von der Vorsehung mit kräftigen Händen in ihrer edlen Mission unterstützt, sah die Mutter ihre Herzenswünsche in Erfüllung gehen. Nach ihren eigenen Bekenntnissen fehlte es nicht an Sorgen und Kämpfen, Befürchtungen und Hemmnissen aller Art, welche die Erziehung und die ungewisse Zukunft ihres Sohnes ihr bereiteten, aber als sie dessen großes musikalisches Talent entdeckte, kehrte Friede, Glück und Stolz bei ihr ein; die vornehmen Namen, welche zu tragen ihm menschliche Satzungen verwehrten, sollten bald reichlich ersetzt, ja überstrahlt werden durch seinen Namen, den er schon als Jüngling mit einem die Welt durchbrausenden Ruhme adeln konnte. Statt der ihm verwehrten Adelskrone seiner Eltern drückte ihm Apollo die frischblühende Lorbeerkrone aufs Haupt. Wie die Mutter anfangs nur der Erziehung und Entwicklung ihres Kindes sich hingegeben, so lebte sie in der Folge einzig dem Stolz und Ruhme ihres Sohnes. Ihre späteren Jahre verbrachte sie zu Venedig in einem der alten ehrwürdigen Paläste am Canal grande unweit der Piazzetta, welcher Palast allgemein unter dem Namen Palazzo Wezlar bekannt, wie dessen Besitzerin, die Baronin, eine der populärsten Persönlichkeiten Venedigs war. Eine vollendete Musikkennerin und namentlich perfecte Pianistin, hatte sie neben den Meistern ihres Sohnes den wesentlichsten Antheil an der Ausbildung seines Talentes. Anfangs wurde derselbe von[WS 1] einem wenig bekannten Musiklehrer Namens Mittag unterwiesen, später aber von Joh. Nep. Hummel im Clavierspiel und ziemlich frühzeitig von Simon Sechter in der Composition unterrichtet. Noch ein Knabe, erregte er durch sein Clavierspiel schon allgemeine Bewunderung. Als er vierzehn Jahre alt war, [119] glänzten Kalkbrenner und Hummel in dieser Kunst durch Correctheit und bewunderswerthe Fertigkeit, Moscheles und Herz durch bezaubernde Eleganz und Vollendung des Vortrags, Chopin durch überraschende Originalität und ein übermäßiges Schwelgen in barocken Figuren. Unter diesen Koryphäen leuchteten nun ziemlich gleichzeitig am musikalischen Himmel zwei Sterne auf, Thalberg und Liszt. Beide noch Knaben, schienen sie dazu berufen, eine neue noch glänzendere Seite des Clavierspiels, welche das bisher Geleistete weit überbot, zu entwickeln und die Technik in Behandlung der Tasten über das bereits Vorhandene hinaus, wo nicht zur äußersten Grenze zu führen. Den Kritikern fiel es schwer, das Congeniale in beiden Künstlerknaben zu sondern und richtig zu charakterisiren. Am treffendsten schien Thalberg’s Spiel jener zu erklären, der schrieb: „Unter seinen Händen wird das Piano zu einer Orgel, mit solch gewaltigem Geiste und solch unglaublicher Fertigkeit weiß er es zu behandeln, und man glaubt annehmen zu müssen, daß Hände, die solches ausführen können, nicht blos zehn Finger haben könnten; neun derselben führen die schwierigsten Variationen aus, während der kleine Finger der linken Hand das Thema mit bewunderungswürdiger Präcision und Delicatesse spielt. Durch einen äußerst künstlichen Mechanismus in der Applicatur weiß er die verschiedenen Tonregionen seines Instrumentes viel näher zu bringen, während man sie früher nur in einer Zeitfolge durchlief; ja er weiß sie kunstvoll in ihrem ganzen Umfange zu verbinden, und so repräsentirt sein Spiel eigentlich das Massenhafte, es ist grandios, verbindet aber damit die leichteste Ausführung der verwickeltsten Figuren, die mitten hindurch die effectvollsten Melodien hören lassen“. Um jene Zeit erschien ein Bildniß des vierzehnjährigen Wunderknaben; es hing in den Schaufenstern der Kunstladen und war bald vergriffen. Heute ist dasselbe eine solche Seltenheit, daß es selbst in reichen Porträtsammlungen nicht angetroffen wird. Im Jahre 1829 trat Thalberg in Wien bereits mit eigenen Compositionen als Claviervirtuose öffentlich auf. Der Erfolg war ein unbeschreiblicher. Indessen verblieb der junge Künstler noch mehrere Jahre in den gewohnten Verhältnissen, unter der unmittelbaren Leitung seiner genialen Mutter, unablässig an der möglich höchsten Präcision der Technik arbeitend, dann erst (1834) unternahm er den ersten Kunstausflug nach verschiedenen deutschen Städten, ließ sich ab und zu wieder in Wien, auch einmal in Teplitz vor den daselbst versammelten Monarchen hören, wo ihm seine Virtuosität allerlei Ehren und Geschenke und die Ernennung zum kaiserlichen Kammervirtuosen einbrachte. Im Jahre 1835 endlich begab er sich nach Paris, nicht erst um dort, wie es bis dahin üblich war, die Feuertaufe des Virtuosen zu empfangen, sondern um die Pariser zu überzeugen, daß man dieselbe auch anderswo empfangen haben könne. In der Seinestadt nahm er nun seinen dauernden Aufenthalt und rang in öffentlichen Concerten mit Liszt um die Palme des Sieges. Letzterer (geb. 1811) war ein Jahr älter als Thalberg, und seine bedeutende geistige Ueberlegenheit gab ihm sicher das Uebergewicht, da die Leistungen seines Rivalen, so großartig und nach der eminenten Technik hin unübertroffen sie waren, doch immer nur den Epicuräismus in der Musik, wenn auch im edleren Sinne des Wortes, zu repräsentiren vermochten. Nichtsdestoweniger [120] gründete sich unser Künstler neben Liszt in Paris seinen europäischen Ruf und auch eine nicht kleine Partei, indem jener Theil des Publicums zu ihm hielt, welcher, in Ermanglung höherer Erkenntniß und tieferen Ernstes, die Kunst stets als eine Sache des blos sinnlich behaglichen Genusses und Ergötzens zu betrachten liebt und dann Demjenigen rückhaltslos seine Gunst zuwendet, der sich ihm hierin angenehm und gefällig zeigt. Bis zum Jahre 1837 verblieb Thalberg in Paris, wo er auch vor König Ludwig Philipp spielte, der ihn mit einem kostbaren Brillantring beschenkte, während ihm der Instrumentenmacher Erhard einen Flügel verehrte, auf dem er dann in England concertirte. Aus London kehrte er nach Wien zurück, wo er bald mehrere reichbesuchte und von den glänzendsten Erfolgen begleitete Concerte gab. Hierauf bereiste er wieder England (1839), dann Frankreich, Deutschland (1840) und Rußland, späterhin auch Italien. Diese zwei Decennien waren eigentlich ein langer Triumphzug, der nur in den letzten Jahren in Folge der politischen Wirren, welche alles, was mit der Kunst zusammenhing, in den Hintergrund drängten, in seinem Glanze und seiner Herrlichkeit einigermaßen abgeschwächt wurde. Dies mag in Thalberg auch den Gedanken erweckt haben, den Continent zu verlassen und in außereuropäischen Ländern die Tage seiner ersten Triumphe zu erneuern. So begab er sich 1855 zum ersten Male nach Brasilien, wo seine Concerte so besucht und er so gefeiert wurde, daß, nach einem Berichte aus Rio de Janeiro, der Künstler sich stets im Belagerungszustande befunden habe. 1856 kehrte er aus Brasilien zurück, blieb dann einige Zeit in Paris, schiffte aber noch im Herbste des nämlichen Jahres nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika über, wo er, bis Anfang 1858 verweilend, in einer Reihe glänzender Concerte eine reiche Ernte an Ruhm und Geld machte. Nach seiner Rückkehr aus Nordamerika weilte er mehrere Jahre zurückgezogen auf einer in der Nähe Neapels erworbenen Besitzung, bis er 1862 in Paris und London die Tage seines früheren Ruhmes wieder lebte. Im Jahre 1863 suchte er zum zweiten Male Brasilien auf, nach seiner Rückkehr nahm er aber bleibenden Sitz auf seinem neapolitanischen Landgute, sich nur mit der Ausbildung seiner Tochter Zaré und einiger besonders begabten Schüler beschäftigend. Er war mit einer Tochter des berühmten Sängers Lablache verheiratet. Wer Thalberg den Clavierspieler einmal gehört, wird diese Technik, welche nach allen Seiten hin die Vollendung selbst war, nicht vergessen haben. Es war ein entzückend schöner Ton, den er dem Pianoforte zu entlocken verstand. Dabei mußte man die geschmackvolle, eben nur ihm eigene Tournüre des Vortrages, wenn auch dieser es zum eigentlich Hinreißenden und Herzerwärmenden nie brachte und stets etwas kühl Vornehmes behielt, nur bewundern. Thalberg hat die Vortheile und Schönheiten im Spiele seiner Vorgänger, den Tonzauber der verschiedenen früheren Schulen und Systeme in Eins zusammengeschmolzen. Dazu aber fordert die Technik nicht weniger, als daß jeder Finger ein Instrument für sich zu beherrschen hat, der ganze Flügel nach allen Seiten hin ihm, dem Meister, ein Orchester ist. Bei Ueberwindung solcher ungewöhnlicher Schwierigkeiten gewahrte man an ihm die ungezwungenste leichteste Haltung des Körpers, den edelsten Anstand, so daß es schien, als ob er nur mit jenen Schwierigkeiten [121] tändle. Dabei kam ihm überhaupt ein höchst ausdrucksvolles Aeußeres zu statten. Sein Gesicht war vom edelsten Schnitt, Augen und Stirn zeigten von lebendiger Phantasie und hatten einen schwärmerischen Ausdruck; eine stark gebogene Nase und der kleine, fast weibliche Mund gaben ihm etwas Seltsames. Aber so vornehin, fast kühl und nicht aufmunternd zu einer Annäherung er erschien, bei näherer Bekanntschaft lernte man ihn als einen liebenswürdigen Menschen schätzen. Ein getreues Spiegelbild seines ganzen aristokratisch-kalten und zurückhaltenden Wesens sind auch seine Compositionen, die außer einigen Liedern und den beiden Opern: „Florinda“ und „Christina di Suezia“, mit welchen er übrigens kein Glück hatte, am wenigsten mit der letzteren, die völliges Fiasco machte, obwohl beide durch einzelne nicht wegzuleugnende Schönheiten sich auszeichnen, aus lauter Clavierstücken bestehen. Diese wieder sind, abgerechnet ein Concert aus früherer und eine Sonate aus späterer Zeit, im Gewande der Salonstücke, zum größten Theile aber potpourriartige Phantasien über Motive der gerade damals auf dem Repertoire befindlichen Opern. Durch alle diese Compositionen erweist sich Thalberg nicht als musikalischer Erfinder in höherem Sinne: aber sie sind doch von einnehmender reiner Klangwirkung und erschließen im Figurenwesen, gegen die Erzeugnisse der Hummel’schen oder Kalkbrenner-Moscheles’schen Schule gehalten, ein ganz neues Gebiet. In Beziehung auf die Claviereffecte speciell haben die Thalberg’schen Stücke aus der mittleren und späteren Zeit seines Schaffens, z. B. die Moses-, Hugenotten-, Don Juan-, Donna del Lago-, Somnambula-, Norma- u. s. w. Phantasien, immer Interesse. Seine „II Nocturnes“, Op. 16, „Deux airs russes”, Op. 17, „Deux Romances sans paroles“, Op. 41, seine „Grande Sonate“, Op. 52, gelten als wahre Musterstücke, und seine Sammlung „L’art du chant appliqué au Piano Série I–IV“, Op. 70, seine „XII Etudes“, Op. 26, sein „Decameron“, Op. 57, und seine „Soirées de Pausilippe“, Op. 75, sind als Studienmomente für das heutige Clavierspiel, wie es durch ihn und Liszt gewissermaßen normirt ist und bleiben wird, bis nicht ein neuer Tonheros Beide überflügelt, kaum zu entbehren. Das Verzeichniß seiner Compositionen, so vollständig als es herzustellen möglich war, die Urtheile der competentesten Musikkritiker, eine Uebersicht seiner Porträte u. A. folgt auf S. 122 u. f. Noch müssen wir des Umstandes gedenken, daß Thalberg ein Sammler musikalischer Autographen war und mit dieser Liebhaberei es sich viel Geld kosten ließ. Wir bringen S. 128 u. f. eine Uebersicht seiner Sammlung, wobei wir auf die dem Kaiserstaate angehörigen Künstler ein besonderes Augenmerk richteten. – Seine Tochter Zaré (geb. in New-York 16. April 1858) bildete sich unter ihrer Eltern Leitung im Gesange aus und betrat am 10. April 1875 in der Royal Italian Opera im Conventgarden zu London als Zerline im „Don Juan“ zum ersten Male die Bühne, einen vollständigen Erfolg feiernd und zu den schönsten Hoffnungen berechtigend. Früher bereits hatte sie zu Paris in Salons der Vornehmen und in Winterconcerten gesungen. Warum die einzige Tochter Thalberg’s gezwungen ist, sich durch ihr Talent eine Unabhängigkeit zu schaffen, darüber wäre ein Roman zu schreiben. 1871, im Alter von dreizehn Jahren, befand sich Zaré mit ihren Zieheltern in Wien, wo sie in kleineren Familienkreisen [122] durch Gesangsvorträge großes Erstaunen erregte.
Thalberg, Sigismund (Piano-Virtuos und Componist, geb. zu Genf am 7., nach Anderen am 27. Jänner 1812, gest. zu Neapel am 27. April 1871). Der in Rede Stehende ist der außereheliche Sohn des ehemaligen Oberstkämmerers- I. Uebersicht der Compositionen Thalberg’s. „Fantaisie et variations (différens Motifs de l’opera Euryanthe de Weber)“. In Es. Op. 1 (Wien, Haslinger). – „Fantaisie et Var. sur un Thème écossais“. In D. Op. 2 [im Alter von 17 Jahren componirt] (ebd.). – „Impromptu“ (Thèmes de l’opéra „Le Siège de Corinthe“). Op. 3 (Wien, Artaria). – „Souvenirs de Vienne“. XII Caprices en forme de Valses“. Op. 4 (Wien, Diabelli). – „Gran Concerto“. In F-m. Op. 5 (Wien, Mechetti). – „Hommage à Rossini“ (Motifs de l’opéra „Guillaume Tell“). Variés. Op. 5 (bis) (Wien, Artaria). – „Fantaisie“ (Motifs fav. de l’opéra „Robert le Diable“). Op. 6 (Wien, Artaria). – „Gr. Divertissement arr. p. Lickl“. In F-m. Op. 7 (Wien, Diabelli). – „Sechs deutsche Lieder“. Erstes Heft. Nr. 1: „Ihre Augen“. Nr. 2: „Der Wanderer“. Nr. 3: „Abreise“. Nr. 4: „Fröhliches Scheiden“. Nr. 5: „Die Nonne“. Nr. 6: „Der Reitersmann“. Op. 8 (Wien, Mechetti). – „Fantaisie“ (Motifs de l’opéra „La Straniera“). In Des. Op. 9. – „Gr. Fantaisie et Var.“ (Motifs de l’opéra „I Montecchi e Capuleti“). Op. 10 (Wien, Mechetti). – „Sechs deutsche Lieder“. Zweites Heft. Nr. 7: „Lebe wohl“. Nr. 8: „Der Strom“. Nr. 9: „Mitgefühl“. Nr. 10: „Haß und Liebe“. Nr. 11: „Die Thräne“. Nr. 12: „Träumen und Wachen“. Op. 11. – „Gr. Fantaisie et Var.“ (Motifs de l’opéra „Norma“ de Bellini. In H. Op. 12. – „Sechs deutsche Lieder“. Drittes Heft. Nr. 13: „Des Jägers Haus“. Nr. 14: „Der todte Müller“. Nr. 15: „Sprache der Liebe“; zuerst in der „Wiener Zeitschrift“, 1831, Beilage zu Nr. 97. Nr. 16: „Ein Kamerad“. Nr. 17: „Todtengräberlied“. Nr. 18: „Im Dunkeln“; zuerst in der „Wiener Zeitschrift“, 1832, Beilage zu Nr. 114. Op. 13. – „Gr. Fantaisie et Var.“ (II Motifs de de l’opéra „Don Juan“ de Mozart). In A. Op. 14. – „Caprice“. In E-m. Op. 15 (Wien, Haslinger). – „II Nocturnes“ In Fis, H. Op. 16 (ebd.). – „II Airs russes variés“. In G. Op. 17 (ebd.). – „Divertissement sur Soirées musicales de Rossini“. In G. Op. 18 (Mainz, Schott). – „II. Caprice“. In Es. Op. 19 (Wien, Haslinger). – „Fantaisie“ (Motifs de l’opéra „Les Huguenots“ de Meyerbeer). Op. 20 (Leipzig, Breitkopf und Härtel). – „III Nocturnes“. Op. 21 (ebd.). – „Gr. Fantaisie“. Op. 22 (ebd.). – „Sechs deutsche Lieder mit unterlegtem italienischen Texte“. Viertes Heft. „Lieder des Einsiedlers“. Von Leitner. Nr. 19: „Seine Blumen“. Nr. 20: „Seine Harfe“. Nr. 21: „Sein Kreuz“. Nr. 22: „Seine Glocken“. Nr. 23: „Sein Grab“. Nr. 24: „Sein Begräbniß“. Op. 23. – „Sechs deutsche Lieder mit unterlegtem italienischen Texte“. Fünftes Heft. Nr. 25: „Abend“. Von Chamisso. Nr. 26: „Die Ruinen“. Von Leitner. Nr. 27: „Thränen“. Von Chamisso. Nr. 28: „Nicht der Thau“. Nr. 29: „Im Herbst“. Nr. 30: „Segen der Großmutter“. Op. 24. – „Sechs deutsche Lieder mit unterlegtem italienischen Texte“. Sechstes Heft. Nr. 31: „An den Frühling“. Nr. 32: „Heimlicher Schmerz“. Nr. 33: „Erwachen“. Von Kugen. Nr. 34: „Stille der Nacht“. Von Wolf. Nr. 35: „An den Mond“. Von Clarens. Nr. 36: „Der Ring“. Von Chamisso. Op. 25. – „XII Etudes“. 1: in Fis-m. 2: in G-m. 3: in Cis. 4: in E. 5: in H-m. 6: in B-m. 7: in H. 8: in C. 9: in D. 10: in Es. 11: in As. 12: in F. Op. 26 (Leipzig, Breitkopf). – „God save the Queen and Rule Britannia. Gr. Fantaisie“. In As. Op. 27 (ebd.). – „Nocturne“. In E. Op. 28 (Wien, Mechetti). – „Sechs deutsche Lieder mit unterlegtem italienischen Texte“. Siebentes Heft. Nr. 37: „Des Jägermädchens Klage“. Nr. 38: „Der Traum“. Nr. 39: „Die Verlobten“. Nr. 40: „Die Unglückliche“. Nr. 41: „Sommernacht“. Nr. 42: „Abschied“. Op. 29. „Sechs deutsche Lieder mit unterlegtem italienischen Texte“. Achtes Heft. Nr. 43: „Nacht“. Nr. 44: „Vor meiner Wiege“. Nr. 45: „Der Findling“. Nr. 46: „Wanderers Liebesschmerz“ („Es ist für schlimme Augen“). Nr. 47: „Ob sie meiner wohl gedenkt“. Nr. 48: „Warum?“ Op. 30. – „Scherzo“. In A. Op. 31 (Berlin, Schlesinger). – „Andante“. In Des. Op. 32 (Leipzig, Breitkopf). – „Fantaisie“ (Thèmes de l’opéra „Moïse“ de Rossini). In G-m. Op. 33. – „Divertissement“ (Thèmes de l’opéra „The Gipsy’s Warning“ de J. Benedict). In Es. Op. 34 (Mainz, Schott). – „Gr. Nocturne“. In Fis. Op. 35 (Hamburg, Schuberth). – „Etrennes aux jeunes Pianistes. Nocturne“. Op. 35 bis (ebd.). – „La Cadence. Impromptu en forme d’Etude“. Nr. 1. In A-m. Op. 36 (Berlin, Schlesinger). – „Nouv. Etude de Perfection“. Nr. 2. Op. 36 (ebd.). – „Mi manca la voce de [123] „Moïse“ de Rossini. Nr. 3. In As. Op. 36 (ebd.). – „La Romanesca. Fameux air de danse du XVI. Siècle transcrite“. Op. 36. Nr. 4. – „Canzonette italienne“ (Felice Donzella de Dessauer). Transcrite“. Op. 36. Nr. 5. – „Romances sans Paroles“. Op. 36. Nr. 6. – „Fantaisie“ (Motifs de l’opéra „Oberon“ de Weber). In E. Op. 37 (Leipzig, Breitkopf). – „Romance et Etude“. In A. Op. 38 (Wien, Mechetti). – „Souvenir de Beethoven. Fantaisie“. In A-m. Op. 39 (Wien, Haslinger). – „Fantaisie“ (Motifs de „La Donna de Lago“ de Rossini). In Es. Op. 40 (Leipzig, Breitkopf). – „II Romances sans paroles“. Cah. 1 et 2. Op. 41 (Wien, Mechetti). – „Gr. Fantaisie“ (Sérénade et le Menuet de „Don Juan“). In E. Op. 42 (Mainz, Schott). – „II. gr. Fantaisie“ (Motifs de l’opéra „Les Huguenots“ de Meyerbeer) (arr. par C. Czerny). Op. 43 (ebd.). – „Andante final de „Lucia di Lammermoor“ de G. Donizetti. Variée. In Des. Op. 44 (Wien, Mechetti). – „Thème original et Etude“. In A-m. Op. 45 (ebd.). – „Gr. Caprice“ (Motifs de „La Sonnambula” di Bellini). In Es. Op. 46 (Mainz, Schott). – „Gr. Valses brill.“. Op. 47 (Leipzig, Kistner). – „Gr. Caprice“ (Motifs de l’opéra „Charles VI.“ de Halevy). In C-m. Op. 48 (Leipzig, Breitkopf). – Fantaisie sur „Lucrezia Borgia“. Op. 50 (Leipzig, Breitkopf). – Gr. Fantaisie sur „Sémiramide“. Op. 51 (ebd.). – Fantaisie sur „La Muette de Portici“ d’Auber. Op. 52 (Wien, Mechetti). – Gr. Fantaisie sur „Zampa“ d’Herold. Op. 53 (Leipzig, Hoffmeister). – „Thalberg et de Beriot. Gr. Duo conc. sur „La Sémiramide“ de Rossini. Op. 54 (Leipzig, Breitkopf). – „Le Départ. Romance variée en forme d’Etude“. Op. 55 (Mainz, Schott). – „Gr. Sonate“. In C-m. Op. 56 (Leipzig, Breitkopf). – „Décameron. X Morceaux servant d’Ecole préparatoire à l’Etude de ses gr. Morceaux“. Op. 57 (Leipzig[WS 2], Breitkopf). Nr. 1: Fantaisie sur „I Puritani“ de Bellini. Nr. 2: Fantaisie sur „Der Freischütz“ de Weber. Nr. 3: Fantaisie sur „Le Pré aux Cleres“ d’Herold. Nr. 4: Fantaisie sur „Norma“ de Bellini. Nr. 5: Fantaisie sur des Mélodies de Fr. Schubert. Nr. 6: Fantaisie sur „La Gazza ladra“ de Rossini. Nr. 7: Fantaisie sur „La Cenerentola“ de Rossini. Nr. 8: Fantaisie sur „Anna Bolena“ de Donizetti. Nr. 9: Caprice sur „Le Prophète“ de Meyerbeer. Nr. 10: „Airs irlandais variés“. – „Gr. Caprice sur la marche de l’Apothéose“ de Berlioz. Op. 58 (ebd.). – „Marche funèbre variée“. Op. 59 (Wien, Mechetti). – „Barcarole“. Op. 60 (Leipzig, Breitkopf). – „Mélodies styriennes. Gr. Fantaisie. Arr. par E. Wolff“. Op. 61 (Berlin, Schlesinger). – „Valse mélodique“. Op. 62 (Mainz, Schott). – Gr. Fantaisie sur „Le Barbier de Seville“ de Rossini. Op. 63 (Leipzig, Breitkopf). – „Les Capricieuses. Valses“. Op. 64 (ebd.). – „Tarantelle“. Op. 65 (ebd.). – „Souvenir de Pesth. Airs hongrois variés“. Op. 65 (Pesth, Treichlinger). – Introd. et Var. sur la Barcarolle d’ „Elisire d’Amore“ de Donizetti. Op. 66 (Leipzig, Breitkopf). – Gr. Fantaisie sur „Don Pasquale“ de Donizetti. Op. 67 (Wien, Diabelli). – Fantaisie sur „La fille du Régiment“ par Donizetti. Op. 68 (Mainz, Schott). – Trio“. Op. 69 (Leipzig, Hoffmeister). – „L’art du chant appliqué au Piano“. Op. 70. Serie I. Nr. 1: Bellini. Quatuor des „Puritani“. Nr. 2: Pergolese. „Tre giorni“. Air. Nr. 3: Beethoven. „Adelaide“. Nr. 4: Stradella. „Air d’Eglise“. Nr. 5: Mozart. Lacrymosa du Requiem et Duo des „Noces de Figaro“. Nr. 6: Rossini. „Zelmira“. Duetto: „Perchè mi guardi“. Serie II. Nr. 1: „Bella adorata incognita. Romance de l’opéra „Il giuramento“ de Mercadante. Nr. 2: Le Meunier et le Torrent, tiré des Chansons de Schubert. Nr. 3: Il mio tesoro. Air de l’opéra „Don Juan“ de Mozart. Nr. 4: Choeur des Conjurés de l’opéra „Il Crociato“ de Meyerbeer. – „L’art du chant appliqué au Pianoforte“. III. Serie. Op. 70 (Berlin, Bock). Nr. 1: Sérénade du „Barbier de Sevilla“ de Rossini. Nr. 2: Duo de „La flûte enchantée“ de Mozart. Nr. 3: Barcarolle de „Gianni de Calais“ de Donizetti. Nr. 4: Trio des masques et Duetto: „La ci darem la mano“ de „Don Juan“ de Mozart. Nr. 5: Sérénade de „L’amant jaloux“ de Grétry. Nr. 6: Romance du saule d’„Othello“ de Rossini. Idem. IV. Serie. Op. 70 (Wien, Spina). Nr. 1: Bellini. Casta diva. Cavatine de „Norma“. Nr. 2: Mozart. Mon coeur soupire. Des „Noces de Figaro“. Nr. 3: Weber. Quatuor d’„Euryanthe“. [124] Nr. 4: Dafydd y garrey wen. (David sur le rocher blanc). Ancien air de barde du pays des Galles. Nr. 5: Haydn. Chanson et Choeur de „Saisons“. Nr. 6: Fenesta vascia. Chanson napolitaine. – Ballade de „Preciosa“. Transcription. Op. 70/a (Berlin, Schlesinger). – Grand Duo de „Freischütz“. Transcription. Op. 70/b (ebd.). – „Florinda, Opéra”. VI Transcriptions. Op. 71 (Leipzig, Breitkopf). Nr. 1: „Quartetto“. Nr. 2: „Andante et Cabaletta“. Nr. 3: „Choeur des Religieuses et Romance“. Nr. 4: „Airs de Ballet“. Nr. 5: „Couplets militaires“. Nr. 6: „Romance et Duo“. – „Home! Sweet home! Air anglais varié“. Op. 72 (Mainz, Schott); nach Anderen Op. 74. – „The last Rose of Summer. Air irlandais varié“. Op. 73 (Leipzig, Hoffmeister). – „Lilly Dale. Air américain varié“. Op. 74 (ebd.). – „Les Soirées de Pausilippe. XXIV Pensées musicales“. VI Livres. Op. 75 (Mainz, Schott). Nr. 1: „Andantino“. In As. Nr. 2: „Moderato“. In E. Nr. 3: „Agitato“. In A-m. Nr. 4: „Andantino“. In D. Nr. 5: „Tarantella“. In G-m. Nr. 6: „Vivace”. In Es. Nr. 7: „Lento“, In C. Nr. 8: „Presto”. In A-m. Nr. 9: „Andantino“. In D. Nr. 10: „Cantabile“. In B. Nr. 11 et 12: „II Allegretti“ In F u. Des. Nr. 13: „Adagio“. In B. Nr. 14: „Allegretto“. In D. Nr. 15: „Presto“, In G-m. Nr. 16: „Allegro“. In Des. Nr. 17: „Adagio“. In F. Nr. 18: „Marcia“. In D-m. Nr. 19: „Molto vivace“. In H-m. Nr. 20: „Allegro“. In B. Nr. 21 et 22: „II Allegretti“. In A-m et D-m. Nr. 23: „Andantino“. In H. Nr. 24: „Polacca“. In As. – „Célèbre Ballade“. Op. 76 (ebd.). – Grande Fantaisie de Concert sur l’opéra „Il Trovatore“ de Verdi. Op. 77 (ebd.). – Gr. Fantaisie de Concert sur l’opéra „La Traviata“ de Verdi. Op. 78 (ebd.). – „III Mélodies de Franç. Schubert transcrites“. Op. 79/a (Wien, Spina). 1) „L’Illusion“. 2) „La Curieuse“. 3) „La Poste“. – „Romance dramatique“. Op. 79/b (ebd.). – „La Napolitaine. Danse“. Op. 80 (ebd.). – „Souvenir du „Ballo in Maschera“ de Verdi. Fantaisie. Op. 81 (ebd.). – Souvenir de „Rigoletto“ de Verdi. Op. 82 (ebd.). – Air d’Amazily de „Fernand Contez“ de Spontini. Transcription“ (Leipzig, Breitkopf). – Ohne Opuszahl: „Auf Flügeln des Gesanges. Lied von Mendelssohn. Transcription“ (Leipzig, Breitkopf). – II Morceaux sur „Lucrezia Borgia“ de Donizetti. Scène et Choeur du IIme acte, transcrits“ (Leipzig, Breitkopf). – „Arietta: No so fremar il pianto“ („Kann ich es wohl ertragen“ (Wien, Mechetti). – „Zwei Gedichte. Der Schiffer. Letzter Besuch“ (Leipzig, Breitkopf). – „Letzter Besuch: Ich hab’ vor ihr gestanden“. Für eine tiefere Stimme mit Pianoforte (Leipzig, Breitkopf). – „Der Schiffer: Es fahren die Schiffer“. Für eine tiefere Stimme mit Pianoforte (ebd.). – „S. Thalberg u. H. Panofka. Gr. Duo“ (Motifs de „Beatrice de Tenda“). – „Graciosa. Romance sans paroles“ (Mainz, Schott). – „Lieder ohne Worte“. Aus Thalberg’s Gesängen gesetzt von C. Czerny. Heft 1–9 (Wien, Mechetti). – „Nocturne in Des“ (Braunschweig, Spehr). – „Romance variée in Es“ (Mainz, Schott). – „Viola. Melodie“ (Wien, Mechetti). – „Thalberg-Galoppe“ (Hamburg, Niemeyer). – „Sérénade. Tirée de la Gr. Fantaisie“ (Wien, Diabelli); wird in Katalogen als Op. 67 angeführt, welche Opuszahl auch die Gr. Fantaisie sur „Don Pasquale“ de Donizetti führt. – „La Berceuse“ (Mainz, Schott). – „Le fils du Corse. Mélodie par Morel transcrit“. – „Pauline. Valse“ (Berlin, Schlesinger). – „Letzter Besuch“ (Leipzig, Breitkopf). – „Larmes d’une jeune fille. Mélodie“ (Berlin, Bock). – „Der Schiffer“ (Leipzig, Breitkopf). – „Pianoforte-Werke zu zwei Händen“. Drei Bände (Leipzig. Breitkopf). Bd. I: Op. 20, 21, 22, 32, 33 und 37. Bd. II: Op. 40, 48, 50, 51 und 58. Bd. III: Op. 60, 63, 64, 65 und 66. Auch soll Thalberg eine Pianoforte-Schule geschrieben und dafür das ansehnliche Honorar von 20.000 Francs von seinem Verleger erhalten haben.
- II. Urtheile über Thalberg. A. W. Ambros über denselben: „Thalberg hat neben Liszt, Mendelssohn, Chopin und Schumann ohne Frage das Verdienst, die Klimperperiode der Jahre 1827 bis 1835, wo nicht todtgemacht, so doch auf ein bestimmtes Maß beschränkt und dadurch den Weg zu Besserem zu bahnen geholfen zu haben. Daß er endlich mit seinen wohlverdienten Siegen und Siegeskränzen in dem Erdenparadies Neapels verschwand, ist nicht zu schelten, eher zu beneiden. In der Geschichte des höheren Clavierspiels wird er aber nicht vergessen werden, und für den Musiker bleibt er [125] immer eine anziehende Erscheinung, auch wenn seine Finger die zahlreichen Clavierstücke, die er hinterlassen hat, nicht mehr beleben. Arbeiten, wie seine große Phantasie über Rossini’s „Mosé“, Op. 33, und andere, verdienen ihre bleibende Stelle in der Literatur des Claviers. Gegen die hohen Meister seiner Kunst ist Thalberg nur ein Stern zweiter, wenn nicht dritter Größe. Aber Goethe’s schönes Wort gilt auch hier: Wenn man dem Sternenhimmel näher tritt und die Sterne zweiter und dritter Größe nun auch zu flimmern anfangen und jeder auch als zum ganzen Sternbild gehörend, hervortritt, dann wird die Welt weit und die Kunst reich.“ – An anderer Stelle schreibt Ambros: „Charakteristisch für Thalberg den Clavierspieler ist es, daß er selten andere als eigene Compositionen vortrug. An Bach, Beethoven u. s. w. ging er scheu vorüber. Wenn er Beethoven’s Allegretto der siebenten Symphonie in seiner eigenen Art verarbeitet, so war das natürlich nicht mehr Beethoven, sondern Thalberg. Ein Quartett von Onslow, das er mit den Brüdern Müller spielte (als „fünfter Bruder Müller“, wie sich damals ein Musikfreund humoristisch ausdrückte), wurde unter seinen Händen hinreißend. Die Pariser schwärmten ordentlich, als er es auch in Paris vortrug. „Jeder Schüler könnte es spielen“, rief ein Pariser Kritikus, „aber der Ausdruck, mit dem Thalberg es hören läßt, ist nicht in die Noten hineingravirt“. Wie fein übrigens Thalberg die Schönheiten fremder Compositionen empfand, zeigt seine Sammlung: „L’art de chanter, appliqué au piano“ [siehe in der „Uebersicht der Compositionen Thalberg’s“: Op. 70[WS 3], Serie I–IV], wo er Stücke von Mozart, Pergolese, Rossini und Anderen sehr sinnig und schön fürs Clavier zurechtmacht, auch als pädagogisches Werk interessant.“ – Und noch an einer anderen Stelle macht Ambros folgende charakteristische Bemerkung: „Vergleicht man Thalberg’s Compositionen mit den ihnen gleichzeitigen Modesachen von Henry Herz, Czerny u. s. w., so wird man finden, daß sie diesem Geflitter und Geflatter gegenüber sehr viel mehr Körper, Fülle und Gehalt haben – er verhält sich dazu etwa wie ein geblümter schwerer Lyoner Seidenstoff zu leichtem Bänderwerk von Halbseide“. – Hanslick über Thalberg. „Thalberg“, schreibt Dr. Hanslick, „ist der eigentliche Vater der neuen Clavierschule, deren Charakter „elegante Romantik“ und deren glücklichste Erfindung die Führung der Melodie in der Mittelstimme, umspielt von reichen Passagen, war... Im Anfange der Dreißiger-Jahre hatte Thalberg, hilfreich und gefällig, wie er stets war, mehr in fremden, als in eigenen Akademien gespielt; die Gesellschafts- und Spiritualconcerte, die unersättlichen Wohlthätigkeitsconcerte, endlich fremde concertirende Collegen fanden in Thalberg einen bereitwilligen Mitwirkenden. Als eine eigenthümliche Individualität, schöpferisch in Composition und Spielweise, endlich als vollkommener Meister des Technischen erschien er jedoch erst um die Mitte der Dreißiger-Jahre. Seine Erfolge in Frankreich, Belgien und England hatten Thalberg die Glorie europäischer Berühmtheit verliehen; in seinen Concerten im Winter 1836/37 trat er vor die Wiener wie eine neue Erscheinung. Nun stand er auf der Höhe. Bewunderung war die einzige Kritik, die er erfuhr; was und wie er es that, wurde sofort Mode. Er spielte nicht mehr mit Orchester, selbst nicht in seinem ersten November-Concert 1836, das durch eine Ouverture mit ganzem Orchester eingeleitet wurde. Er brachte auch nur mehr eigene Compositionen, warum sollte er Aelteres, Glanzloseres vorführen, warum jemand Anderen als sich selbst verherrlichen? Die Persönlichkeit des Virtuosen trat nun als Hauptsache in den Vordergrund. Thalberg’s Clavierstücke, zierlich, elegant, glänzend, bei aller Schwierigkeit höchst spielgerecht, ohne Kraft und Tiefe, aber nicht ohne einen Schimmer von Geist und Schwärmerei, fanden enormen Anklang. Sie haben ungleich mehr auf die Concertrepertoires gewirkt als Liszt’s Compositionen. Ueberall spielte man Thalberg und Alles von Thalberg, während von Liszt nur sehr wenige Stücke („Lucia-Phantasie“, „Galop chromatique“, einige Schubert-Paraphrasen) von der übrigen Pianistenschaar adoptirt wurden. Was an Thalberg’s Spiel vor allem charakteristisch vortrat und unwiderstehlich anzog, war die Vereinigung einer außerordentlichen Bravour mit dem weichsten singenden Anschlag und einer vornehmen Ruhe, welche den Hörer in das Behagen einer wonnigen Sicherheit und Unfehlbarkeit versetzte. Der Geist der Selbstbeherrschung und des Maßhaltens schwebte über seinem Tact, seine gleiche glänzende Mechanik, wie die ruhige Glätte seines Vortrages waren einzig zu nennen. Einen wohligen erfreulichen Eindruck machte sein Spiel immer, [126] einen tieferen nie. Thalberg, niemals hingerissen, wirkte auch niemals eigentlich hinreißend. Die aristokratische Kühle und Eleganz seiner Vortragsweise schloß sich gegen jeden dämonischen Blitz, gegen jeden wärmeren Herzschlag ab. Die formelle Vollendung, und zwar in einem neuen Genre, ließ jedoch im Publicum keinen Gedanken an dasjenige aufkommen, was Thalberg fehlte. Indem er in seiner Sphäre das Höchste leistete, nahm man auch die Sphäre für die höchste. Dazu trat das Interesse an seiner aristokratischen Herkunft und die Schwärmerei für seine ebenso aristokratische Erscheinung. Thalberg war nach Schumann’s launigem Ausdruck eine „Comtesse mit einer Männernase.“ – Ein Musikreferent der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ schreibt über Thalberg aus Anlaß der Concerte, welche dieser im Jahre 1840 in München gab: „Thalberg’s Compositionen sind für das Publicum gemacht und darauf berechnet, diesem die Ueberzeugung von des Meisters wunderbarem Talent einzuflößen. Sie gehören zu seiner Persönlichkeit, und wenn er selbst sie vorträgt, vollenden sie das Bild einer eigenthümlichen Kunstgestalt in der musikalischen Literatur. Weil sie aber zu ihm gehören und sein Ausfluß oder[WS 4] Abglanz sind, darf man sie nicht mit jenen Tonwerken vergleichen, die ein Stück vom Geiste des Componisten sind, z. B. die eines Beethoven oder Weber. Ich weiß freilich, daß Thalberg nicht blos seine Compositionen, sondern auch die aller übrigen Tonsetzer meisterhaft spielen kann, wie er sie denn z. B. in hiesigen Privatcirkeln wirklich mit höchster Meisterschaft vorgetragen hat. Ich weiß, daß er auch darin mächtig hinreißen kann, besonders, wenn er ein fremdes Werk auswendig spielt. Dazu ist nöthig, daß er sich selbst ganz vergesse, daß er im Geiste des fremden Componisten aufgehe. Ich habe ihn so spielen hören und hätte ihn gern dafür umarmen mögen. Eine der wunderbarsten Eigenschaften in diesem musikalischen Phänomen ist sein Temperament. Eine solche Vereinigung des phlegmatischen Temperaments (und diese Bezeichnung ist hier kein Tadel, denn sie ist fast dasselbe, was man mit dem Ausdrucke „antike Ruhe“ bezeichnet) mit so hoher Kunstausbildung dürfte eben so selten sein, als die Gestalt einer schönen blonden Dame mit schwarzen Augen ist. Offenbar kommt diese ruhige Gemüthsart dem Künstler sehr zu statten. Durch sie ist er stets im Stande, sich selbst in der Ausführung zu beherrschen; daher jene sichere Haltung, die stets das Gepräge seiner Vollendung ist. Darum hat auch dieser Künstler schon in jungen Jahren erreichen können, was leidenschaftlichen Individuen erst nach längerem Umgange mit der Muse gelingt: die große Kunst, Maß zu halten, und selbst in der Befeuerung des Gefühls nie vom Affect beherrscht zu werden. „Kühl bis ans Herz hinan“, wie jener Fischer Goethe’s, bleibt ein so organisirter Künstler, und seine ‘Wirkung auf das Publicum ist auch gerade darum mehr Staunen als Entzücken. „Nun, sind Sie mit dieser Deutung zufrieden?“, fragte mein Freund, als wir schieden. Seitdem habe ich darüber nachgedacht, und er und Thalberg, Beide, sind mir dadurch lieber geworden.
- III. Porträte. Agricola lith. (Fol.). Charge von Dantan. Maurisset fec. (8°.). – Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „S. Thalberg“. Kriehuber 1841 (lith.). Gedruckt bei Joh. Höfelich (Wien, Pietr. Mechetti, Fol.). – Lith. von Kriehuber (Wien, Spina, 4°.). – Nach Grevedon lith. von Lange (Leipzig, Breitkopf und Härtel). – Auf dem Titel seines Werkes: „L’arte dell cante applicata al Piano-forte“ (Milano, presso Lucca, kl. Fol.). Lithographie ohne Angabe des Zeichners. A. Moldenhauer lith. – Lith. von Rödler (Mainz, Schott Söhne, Fol.). – Unterschrift: „S. Thalberg“. Lith. ohne Angabe des Zeichners und Lithogr. (4°.). – Unterschrift: „Sigismond Thalberg, | Pianiste | agé de 14 ans“. Lith. ohne Angabe des Zeichners und Lithographen (selten). – Unterschrift: „The late M. Thalberg“. Schöner kräftiger Holzschnitt. Monogramm In „The London illustrated News“, June 17, 1871. – Stahlstich. Ohne Angabe des Zeichners und Stechers (Hamburg, Schuberth und Comp., 4°.). – Porträt der Tochter Thalberg’s. Unterschrift: „Zaré Thalberg“. Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners und Xylographen, wahrscheinlich Cliché eines englischen Holzstockes, in der „Neuen Illustrirten Zeitung“ (Wien, Zamarski) 1875, Nr. 17.
- IV. Gedichte an Thalberg. Thalberg ist, wie Liszt und wie jede ungewöhnliche Erscheinung am Kunsthimmel, angesungen und besungen worden. Die etwas überschwänglichen Distichen des Sängers der „Todtenkränze“ werden unter [127] den „Einzelheiten“ ihrem Wortlaute nach mitgetheilt. Im Uebrigen beschränken wir uns nur auf Angabe eines Akrostichons in der Theater-Zeitung. Red. und herausgegeben von Adolph Bäuerle (Wien, 4°.) 1840, S. 1366: „Impromptu nach Thalberg’s Concerte in München“. Von Mielach. Die Anfangsbuchstaben dieser Verse, in welchen der Virtuos mit dem hunderthändigen Riesen Briareus der Mythe verglichen wird, bilden den Namen Thalberg.
- V. Einzelheiten. Ein Schüler Thalberg’s. Im traditionellen Schulsinne hatte Thalberg in Neapel nur einen einzigen Schüler, der nach dem Tode des Meisters dessen künstlerische Erbschaft mit Fug und Recht antreten konnte: Benjamino Cesi. Dieser gründete im Jahre 1876 eine Gesellschaft, nach ihm Circolo Cesi benannt, welche sich die Pflege edler Hausmusik zur Aufgabe stellte. Am 7. Jänner 1877 inaugurirte sie ihre biographischen Abende mit einer tonkünstlerischen und oratorischen Huldigung Thalberg’s. Die Festrede auf denselben hielt Abbate Lustro, der in schwungvollen Linien die künstlerische Laufbahn des Meisters zeichnete und durch sorgsam gewählte Einzelheiten das Bild des Menschen, wie des Künstlers zu lebendiger Wirkung gestaltete. Diese Rede ist auch im Druck erschienen, doch kann Herausgeber den genauen Titel der Schrift, da er sie nicht zu Gesicht bekommen, nicht angeben. – Thalberg in Mailand. Es war zu Ende der Dreißiger-Jahre, als sich Thalberg zugleich mit Liszt in Mailand befand, um daselbst zu concertiren. Es gelang, die beiden Heroen des Piano zu bewegen, im kleinen Saale der Scala vereint ein Concert zu geben. Und da sich an demselben noch Morier, Franz Schoberlechner, Origgi und Pedroni betheiligten, geschah es, daß die Ouverture der „Zauberflöte“ von sechs Meistern auf drei Prachtflügeln zugleich gespielt und so den Zuhörern ein Schauspiel geboten wurde, das in den Annalen der ausübenden Kunst wohl einzig bleiben dürfte. In Mailand hieß man diese Production das „Sechzig-Finger-Concert“, das unter dem Titel „concerto a sessanta dita“ noch heute daselbst in Erinnerung ist. Die Kritik machte damals mit Bezug auf Thalberg und Liszt Parallelen, wie solche auch Dante und Petrarca, Michael Angelo und Raphael Sanzio, sogar Goethe und Schiller über sich haben ergehen lassen müssen; am nächsten kam der Charakteristik des Spiels folgender Ausspruch eines Kritikers: „Thalberg repräsentire in seinem Clavierspiele die Anmuth, die sieghafte Grazie, Liszt die Alles überwältigende Macht der Harmonie“. – Zedlitz an Thalberg. Die „Iris“ vom Jahre 1840 bringt folgende Distichen des berühmten Sängers der „Todtenkränze“ an den damals gefeierten Tonheros: „Donner rollen, es kracht urewiges Eis in den Wolken, | Blitze zucken und wild stürzt sich vom Felsen der Bach! | Aber die riesigen Kulmen vergoldet die Sonne, es flöten | Nachtigallen, es zirpt sorglos das Heimchen umher!| Ruhig schaffend, das Größte, sowie das Kleinste bestellend, | Gleichest du Goethen, nein, mehr – gleichst du der hehren Natur!“ – Thalberg’s Leiche. Im Jahre 1873 meldeten die Journale, daß der Witwe Thalberg’s, dessen Leichnam sich durch Einbalsamirung vollständig lebensähnlich erhalten habe, gestattet worden sei, denselben aus dem Grabmale herausnehmen und in einem Glassarge in ihrer Villa am Pausilippo aufstellen zu lassen. Eine Widerlegung dieser Nachricht ist nicht erfolgt – Thalberg und andere zeitgenössische Virtuosen. Die Pariser „La Presse“ charakterisirt die damaligen zeitgenössischen Virtuosen in folgender Weise: „Thalberg ist ein König; Liszt ein Prophet; Chopin ein Dichter; Herz ein Advocat; Kalkbrenner ein Minstrel; Döbler ein Pianist und Madame Pleuel eine Sibylle.
- VI. Zur Biographie und Kritik Thalberg’s als Virtuos und Componist. Allgemeiner musikalischer Anzeiger (Wien, Tob. Haslinger, 8°.) I. Jahrg. (1829), S 18 [über Op. 2]; – VI. Jahrg. (1834), S. 137 [über Op. 12]; – VIII. Jahrg. (1836), S. 57, 69, 85, 101 und 133 [über Op. 14, 15, 16, 17 und 19]; – XII. Jahrg. (1840), S. 185 (über Czerny’s Arrangements der Thalberg’schen Opera 12, 14, 17 und 39]. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1840, S. 2779: „Ferdinand (?) Thalberg“ [der Virtuos bekommt hier den unrichtigen Taufnamen Ferdinand, da er doch Sigismund heißt]. – Frankl (Ludwig August). Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 675: „Thalberg“. – Der Freimüthige (Berlin, schm. 4°.) XXXVI. Jahrg. (1839), 14. Jänner, Nr. 10: „Thalberg“. Von H. J. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1871, Nr. 118: [128] „Sigmund Thalberg“. – Gaßner (F. S. Dr.). Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Hand-Ausgabe in Einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Kohler, schm. 4°.) S. 826. – Hanslick (Eduard). Geschichte des Concertwesens in Wien (Wien 1869, Braumüller, gr. 8°.) S. 226 und 331. – Die Heimat. Redigirt von Vincenti (Wiener illustr. Familienblatt, 4°.) 1877, S. 475: „Liszt und Thalberg“ [eine Reminiscenz aus den Dreißiger-Jahren, anläßlich der enthusiastischen Aufnahme Liszt’s zu Wien im Jahre 1877]. – Kertbeny (K. M.). Silhouetten und Reliquien. Erinnerungen an Albach, Bettina, Grafen Louis und Casimir Batthyány u. s. w. (Prag 1866, Kober, 8°.) Bd. II, S. 12 u. f., im Artikel: „Lablache“ [Lablache ist Thalberg’s Schwiegervater]. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1862, Karl B. Lorck, 4°.). Zweite Serie, Sp. 421: „Sigismund Thalberg“. [Mit der Angabe, sein Vater wäre der Oberstkämmerer Moriz Graf Dietrichstein; nach Anderen ist Thalberg’s Vater der Maria Theresien-Ritter Franz Fürst Dietrichstein. So viel ist gewiß, ein Dietrichstein war es.] – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. V, S. 323 [nach dieser geboren am 7. Jänner 1812]. – Der Osten (Wiener Parteiblatt, 4°.) in der Beilage „Wiener Sonntagsblatt“, 1871, Nr. 19: „Sigismund Thalberg“. – Neue Freie Presse, 1871 Nr. 2419, im Feuilleton: „Sigismund Thalberg“. Von A. W. Ambros [einer der geistvollsten Essays dieses zu früh hingegangenen Musik- und Kunstkritikers]. – Dieselbe, 1872, Nr. 2734. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Herausgegeben von Schladebach-Bernsdorff (Offenbach 1861, André, Lex.-8°.) Bd. III, S. 720. Anhang. S. 337. – Die Presse (Wiener polit. Blatt) 1871, Nr. 122, im Feuilleton des Localanzeigers: „Sigismund Thalberg“. – Schilling (Gustav). Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 337 [nach diesem geb. am 7. Jänner 1812]. – Theater-Zeitung. Redigirt von Adolph Bäuerle (Wien, kl. Fol.) Jahrg. 1851, S. 681 und 685: „Sigmund Thalberg’s Oper: Florinda oder die Mauren in Spanien“. Von D. H. Altschul. – Ueber Land und Meer (illustr. Zeitung, Stuttgart, Hallberger, kl. Fol.) XXV. Bd. (1871),Nr. 23, S. 18: „Unter berühmten Menschen. Von L. K. von Kohlenegg (Poly Henrion). Eine Mutter im Kampf und drei Genies im Bette“ [mit interessanten Aufschlüssen über Thalberg’s Geburt, den Ursprung seines Namens u. s. w.]. – Wiener Allgemeine Musik-Zeitung, 1845, S. 196: „Thalberg“ [eine Charakteristik seines Spiels]. – Zeitung für die elegante Welt (Leipzig, gr. 8°.) 1844, S. 303: „Thalberg hat Unglück in London“. – Zwischen-Act. Organ für Theater, Kunst und Musik (Wien, kl. Fol.) XIII. Jahrg. (1871), Nr. 114–122: „Sigismund Thalberg“. – I Fiori (Mailänder Unterhaltungsblatt, kl. Fol.) 1855, Nr. 40. S. 317: „Thalberg in istato d’Assedio a Rio Janeiro“. – Clément (Félix). Les Musiciens célèbres depuis le seizième siècle jusqu’a nos jours (Paris 1868, L. Hachette und Comp., gr. 8°.) S. 595: „Thalberg“. – Le Constitutionnel (Paris, gr. Fol.) 19. September 1856, in der „Revue musicale“ von P. A. Fiorentino. [Ueber Thalberg’s Auftreten in Boulogne-sur-Mer. Fiorentino nennt Thalberg: „le roi des Pianistes“ und gibt sonst biographische Notizen über ihn]. – La France musicale (Paris, 4°.) XI. année 23. Janvier 1848. Nr. 4: „M. Thalberg et son école“. Von G. C. [Der Verfasser zählt die Virtuosen und Componisten Emile Prudent, Stephen Heller, M. Ravina, A. de Kontski, Schulhoff und Rosenhain zur Thalberg’schen Schule.] – The illustrated London News, June 17, 1871, p. 588: „Thalberg“. Ueber Thalberg’s Tochter Zaré. Neue Freie Presse, 1873, Nr. 3826. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1875, Nr. 115, S. 1788.
- VII. Thalberg’s Autographensammlung. Thalberg besaß eine der kostbarsten und reichhaltigsten Autographensammlungen, ausschließlich berühmter Musiker. Ein Verzeichniß darüber erschien unter dem Titel: „Katalog der autographischen Sammlung von Sigmund Thalberg“. Gedruckt bei der „Iride“ in Neapel, gr. 8°., S. 31. Offerte auf die ganze im Auftrage der Witwe zum Verkaufe ausgebotene Sammlung, welche glücklicher Weise nicht vereinzelt abgegeben wurde, vermittelten die Buchhändler Detken und Rocholl in Neapel (Piazza del Plebiscito). Wer dieselbe gekauft hat, ist nicht bekannt. Unter den einzelnen Autographen befanden sich größere Werke von Karl Friedr. Abel; J. B. Arnold, Feldkriegscommissär [129] in Wien (geb. 27. April 1800): ein Heft „Gesänge“; Bonifazio Asioli da Careggio; Thomas Attwood; Anna Amalie Prinzessin von Preußen, Schwester Friedrichs II.; Amalie Marie Friederike Prinzessin von Sachsen. Schwester des Königs Johann von Sachsen; Johann Seb. Bach; Giuseppe Baini; Ludwig von Beethoven, von diesem eine *„Sonate für Clavier“, Op. 27, *„Missa“, Autogr. mit Bildniß, *„Chor der Derwische“ aus den „Ruinen von Athen“, Originalpartitur, *„Großes Trio in Es“ und ein *„Lied“, sämmtlich Originale; Bellini; Pietro Paolo Bencini; Ferdinand v. Bertoni; Bajuleus Bochdanoviz, Mitglied des Theaters in der Leopoldstadt in Wien (gest. 23. Februar 1871); Joh. Ludwig Böhner (Hofmann’s Modell, zu seinem Capellmeister Kreisler); Antonio Caldara, Capellmeister in Wien (geb. 1670, gest. 28. December 1736); Carlo Capellini; Ludwig Cherubini; Siegfried Wilhelm Dehn; Anton Eberl (gest. 11. März 1807); Ernst Eberlin; Karl Heinrich Phil. Erlebach; Caspar Ett; Ferdinand III. Kaiser von Oesterreich: „Miserere in F“; Em. Alois Förster (Mozart’s Zeitgenoß): drei „Canones perpetui“; Ferdinand Fränzl; Jacob Freystädter, Schüler Mozart’s: „Lamentationen für die drei Tage der Charwoche. Für eine Singstimme“; Giov. Gius. Fux: „Missa in Contrapunto“ und „Missa corporis Christi a IV voci“; Baldassare Galuppi; L. F. Gaßmann[WS 5]; Karl Geißler; *Christoph Ritter von Gluck: „Arie“ in C-moll, in vollständiger Partitur mit neuem Schluß zu seiner Oper „Alceste“; Giovanni Gordigiani; Joseph Gratz; F. K. Griepenkerl; Georg Friedr. Händel; Joseph Haydn: *„Solo e pensoso“, Sopranarie in B-dur, Original-Partitur; *Michael Haydn: *„Litaniae de venerabili sacramento a IV voci“, Original-Partitur; Peter Hänsel; Giov. Adolfo Hasse; Johann Henneberg; Joh. Andr. Herbst; Ferdinand Hiller; Leopold Hofmann, Hof-Capellmeister zu St. Stephan in Wien: „Missa a IV voci da Capella“; Ignaz Holzbauer: „Aria dell’ oratorio: Il Giudizio di Salomone“; Joh. Nep. Hummel: *„Rondo brillante pour le Piano“; Adam Ileborgh, Original aus dem Jahre 1448, große Seltenheit; Leopold Jansa: „Quartetto in H-moll“; J. P. Kirnberger; Joh. Christ. Kittel; Joh. Anton Kozeluch, Capellmeister in Prag: „Coro tirato dall’Oratorio della „Morte d’Abele“; Conradin Kreutzer; M. J. Leidesdorf Pater Matthias Lendorf; Leopold I. römischer Kaiser: „Fragment der Partitur einer Litanei“, eigene Composition und Schrift; C. Georg Lickl; Franz Liszt: Phantasie über Themata aus „Robert“; Leon de St. Lubin; Friedr. Christ. Ludwig, Franz Ant. Maichelbeck; Marchesi; Mathilde Fürstin von Schwarzburg-Sondershausen, geb. Prinzessin von Hohenlohe-Oehringen (1843); Johann Matheson; Felix Mendelssohn-Bartholdy; Jacob Meyerbeer; Gius. Misliweczek: „Recitativo a voce con strumenti“, Original-Partitur; Georg Matthias Monn, Organist zu St. Karl in Wien (geb. 1720, gest. 1751): *„Missa“; Wolfg. Amadeus Mozart: *„Quintetto in Es“, *„Anfang eines Quartetts in A-dur”, *„Aria: Conservate fedeli“, „Allegro“, 1762, 4. März; Giov. Bart. Pergolese; Possin, Capellmeister des Prinzen Heinrich von Preußen, 1750, gest. 1821; Gottfried Preyer: „Fuga“; Anton Reicha (geb. in Prag): „Canone zu vier Stimmen“; C. Giorgio Reutter, k. k. Hof-Capellmeister: „Bersabea“, Azione tragico-sacra, Partitur, 107 Bl.; Bernhard Romberg; Ludwig Rotter, Capellmeister in Wien: „Motetto“, Partitur; J. J. Rousseau; Cardinal Erzherzog Rudolph: „Romanzo“, für eine Singstimme mit Clavier, Original-Composition und Schrift; Nicolo Sala; Ritter Salieri: „Ainsi qu’une abeille“, Petit air pour un petit, mais trèsaimable enfant, von Ritter Salieri für Sigmund Thalberg, Original, 2 Bl.; Ferdinand Nicolaus Schmidtler; Johann Schenck; Abbé F. H. Sterckl; Ludwig Spohr; Johann Spech, Componist in Wien: „Adagio e fuga“; Franz Schubert: *„Antigone“, Lied mit Clavierbegleitung; Johann Wenzel Tomaschek: „Entstehung der Cistercienser-Abtei Hohenfurth“, Ballade von Caroline Pichler, Lied für eine Singstimme, mit Clavierbegleitung; Tomaso Trajetta; Leonardo Vinci; Dr. Andr. Wawruch, Prof. an der medic. Klinik in Wien (geb. 25. November 1772): „Zwei Lieder für Männerstimmen“; Karl Maria von Weber; Joseph Gregor Werner, fürstlich Eszterházy’scher Capellmeister in Eisenstadt (geb. 1691, gest. 1766): „Vesperae brevissimae, hymnus, Antiphona“; Joh. Hugo Worzischek, Hoforganist in Wien (gest. 19. November 1825): „Sechs Gesänge mit Clavierbegleitung“; Paul [130] Wranitzky, Orchesterdirector beider Hoftheater in Wien (geb. 30. December 1756, gest. 28. September 1808): „Terzetto f. Viol., Viola e Vicllo.“. Außer diesen größeren selbstständigen autographischen Werken enthielt die Sammlung noch vier starke Volumina mit kleineren Autographen. Davon brachte das erste Volumen Autographe folgender österreichischer Componisten: Moriz Graf Dietrichstein: „An mein Clavier“; Georg Raphael Kiesewetter; Baron Niclas Krufft; I. F. v. Mosel; Karl Pöltz; Wilhelm Klingenbrunner[WS 6]; Franz Schubert: „Die Forelle“; Franz S. Kandler; Joh. v. Mehoffer; Jos. v. Blumenthal; Karl Czerny; Ant. Diabelli; Joseph Eybler; Stephan Franz; Em. A. Förster; J. G. Fröhlich; Johann Fuß; Conradin Kreutzer; Franz Xav. Gebauer; Abbé Jos. Gelinek; Mauro Giuliani; Adalb. Gyrowetz; Peter Haensel; Jos. Henneberg; J. N. Hummel; J. B. Arnold; F. A. Kanne; Ferdinand Kauer; Leop. Kozeluch; Jos. Kinsky; Franz Krommer; M. J. Leidesdorf; Jos. Mayseder; Ig. Moscheles; Hieronym. Payer; Jos. Peter Pixis; Jos. Preindl; Franz Roser; Salieri; Ignaz v. Seyfried; Abbé Maximilian Stadler; Matthäus Stegmayer; Stegmayer, Sohn; Mich. Umlauf; Jos. Weigl; Anton Wranitzky; Johann Gänsbacher; das zweite Volumen 69 Autographe, darunter von den Oesterreichern: Ign. Ritter v. Seyfried; Fr. Süßmayer; Jos. Strauß; W. A. Mozart; F. W. Pixis; Paul Maschek; Anton Salieri; das dritte Volumen 102 Autographe, darunter von den Oesterreichern: Erzherzog Rudolph: ein „Capriccio“; Franz Schubert: „Der Blumen Schmerz“; Ludwig von Beethoven: „Aus Schiller’s Wilhelm Tell“; Joh. Hugo Worzischek; Moriz Hauptmann; Heinrich Proch; Adalbert Gyrowetz; Seyfried; Joh. Vesque von Püttlingen; Georg Hellmesberger, Vater; Leopold Jansa; Jos. Edler v. Blumenthal; Jos. Fischhof; Karl Haslinger; Wenzel Müller; Dessauer; Leop. Edler von Sonnleithner; Jos. Gänsbacher; Stegmayer; Karl Doblhoff-Dier; Jos. Böhm; A. Reicha; Ignaz Schuster; Wenzel Plachy; B. Randhartinger; Ant. Bibl; Jos. Weigl; Gottf. Preyer; Ferdinand Schubert; Horzalka; Jos. Benesch; Ed. Freih. v. Lannoy; das vierte Volumen 47 Autographe, darunter von den Oesterreichern: Tob. Haslinger; Rzehaczek; Gust. Barth; Ludwig Rotter; F. Füchs[WS 7]; Alois Taur; Ig. Lewinsky; Franz S. Hölzl; J. F. Kloß; außerdem neun Umschläge: 1) eigene Handschriften jener Tonsetzer, die sich um die Vervollkommnung der Tonkunst die meisten Verdienste erworben haben; 2) Autographe von Musik-Schriftstellern und Componisten (Briefe), darunter von dem Kremsmünsterer Prior Placidus Fixlmüller; 3) eigenhändige Briefe von Bernard Romberg in Hamburg (33 St.); 4) eigenhändige Briefe von Felix Mendelssohn-Bartholdy aus den Jahren 1830 bis 1847 (19 Originalbriefe); 5) Autographe berühmter Personen aus dem sechzehnten, siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderte; 6) Autographe hoher Personen; 7) Facsimile der Handschriften berühmter Componisten; 8) Reliquien der Familie Mozart, und zwar genaue Abschriften von Originalbriefen Mozart’s (34 Stück), Documente, die Person Mozart’s betreffend (8 St.), Gedichte, Bemerkungen, Notizen, die Person Mozart’s betreffend (11 St.), vierzehn einzelne Briefe, drei Originale von Mozart; zwei Copien von Musikstücken, ein Entwurf zu einer Posse, je ein Brief von Marianne Mozart, Mutter, Marianne Mozart, Schwester, von Mozart’s Sohn, von Karl Mozart, von Leopold Mozart, von Constanze Mozart, zwei Briefe von G. N. Nissen, je ein Brief von Domenico Guardasoni, Joseph Lange, Andreas Schachtner, Billet von Schikaneder, Autograph von Anna Gottlieb. Die in vorstehender Uebersicht mit einem Sternchen (*) bezeichneten Stücke hielt Thalberg für höchst werthvoll.
- Thalberg und Liszt in Wien im Jahre 1838. Aus des langjährigen Redacteurs der „Wiener Musik-Zeitung“ Dr. August Schmidt handschriftlichen Memoiren. Dieser schreibt: „Am Virtuosenhimmel erglänzte zu jener Zeit ein Doppelgestirn, das alle anderen Sterne an Glanz und Schimmer überstrahlte. Es war das Pianistenpaar Thalberg und Liszt. Bei der Nebeneinanderstellung dieser beiden Virtuosen scheint gegenwärtig eine Vergleichung um so weniger gerechtfertigt, als der Eine vom Schauplatze seines Wirkens längst abgetreten und auch in der letzten Periode seines Lebens und seiner künstlerischen Thätigkeit sich über den Höhepunkt seiner damaligen Errungenschaft in der Kunst nicht erhoben hat, [131] während der Andere, vom Schicksale durch ein längeres Erdenwallen begnadet, in seinem Adlerfluge gegen die Sonne künstlerischer Vollendung sich zu einer von keinem anderen Virtuosen erreichten Höhe aufgeschwungen hat und auf dieser sich noch gegenwärtig erhält. Wenn ich ungeachtet dessen die Virtuosität der beiden Pianisten zum Gegenstande einer vergleichenden Beurtheilung mache, insoweit dies bei zwei so grundverschiedenen Künstlernaturen und bei den aus diesen hervorgehenden Kunstleistungen überhaupt möglich ist, so kann es nur auf jene Zeit Bezug haben, wo beide Virtuosen rivalisirend in Wien Concerte gaben, nämlich auf das Jahr 1838. Was Beide im hohen Grade besaßen, war eine zur höchsten Potenz ausgebildete Technik, eine Bravour, deren sich vor ihnen noch kein Clavierspieler rühmen konnte. Nur unterschieden sich Beide in der Art, wie sie diese in ihrem Spiele zur Geltung brachten, wesentlich von einander. Während sich Liszt wie ein kühner Schwimmer waghalsig vom hohen Schwungbrette kopfüber in die Wogen der schwierigsten Passagen stürzte und diese mit der Macht einer bis zur erstaunlichsten Kraftäußerung gesteigerten technischen Fertigkeit bewältigte, zeigte sich nicht minder eigenthümlich und überraschend die Bravour Thalberg’s. Auch ihm genügten die bisher bekannten Schwierigkeiten nicht. Er schuf sich neue, in welchen er alle Schattirungen seines Vortrages zum Ausdrucke brachte, die, wenn sie auch für andere Pianisten keine unlösbaren Räthsel blieben, doch von keinem seiner Nachfolger mit jener Eleganz, Sicherheit und Vollendung ausgeführt wurden, wie nur allein von ihm. Während in dem Vortrage des Letzteren bei den Kundgebungen eines aufs Höchste gesteigerten Fingerspieles die größte Ruhe und Gelassenheit vorwaltete, überhaupt der kühle Hauch aristokratischer Noblesse darüber hinzog, charakterisirte das Spiel Liszt’s eine geniale Ungebundenheit, die scheinbar allen Fesseln der Schule und Doctrin Hohn sprach. Eine wilde Naturkraft macht sich bei ihm bemerkbar, eine ungezügelte Phantasie, welche zu den lichten Höhen des Himmels sich aufschwingt, aber auch niedersteigt zu dem nächtlichen Dunkel verlassener Grüfte und Alles in den Bereich seiner musikalischen Productivität zieht. Während der briose, vielstimmige Vortrag Thalberg’s, in welchem er womöglich den ganzen Tastenplan zur imponirenden Ansprache zu bringen wußte und die localen Wirkungen der entlegensten Tonregister zusammenfaßte, die Imitations-Figuren in Kreise weitere drängte, so daß sein Spiel mitunter als ein vierhändiges erschien, in Allem aber der Zierlichkeit und Schönheit der Form huldigte, wirkt Liszt bei ebenso unbeschränkter Beherrschung der vollständigen Tastatur durch die Nebeneinanderstellung der verschiedenartigsten Contraste. Ihm ist es augenscheinlich mehr um die Charakteristik der Stimmung, als um die Formenschöne des musikalischen Gemäldes zu thun, das er vor dem Hörer aufrollt. Daher kommt es auch, daß mitunter Fehlgriffe und Willkürlichkeiten bei Liszt, bei Thalberg niemals vorkommen. Bezüglich der Compositionen dieser beiden Virtuosen ist in jenen von Liszt – ich spreche hier immer nur von den Clavierwerken, welche bis in die Dreißiger-Jahre von ihm componirt und auch öffentlich gespielt wurden – selbst auch in solchen, wo sich die tollsten Virtuosenkünste breitmachen, der Componist sich in Bizarrerien verirrt und in wunderlichen Sonderbarkeiten ergeht, stets Humor oder Gefühl, immer aber Frische des Geistes und eine liebenswürdige Keckheit zu finden, die als Ausdruck seines Ichs, weniger auf äußere Wirkung berechnet sind und, mitunter vom poetischen Dufte angehaucht, unmittelbar auf den Geist und das Gemüth wirken. Selbst in seinem Passagenwerk ist die Technik immer auf interessante Weise durchgeistigt. Anders verhält es sich bei Thalberg. Allerdings hat dieser in seinen Compositionen dem Clavierspiele viele neue und schöne Effecte erschlossen; allein seine Phantasie bewegt sich in viel engeren Kreisen, und seine Ideen, die er in eine bestimmte Form hineinzwängt, mußten sich ausschließlich dem Gebote äußerer Schönheit und Anmuth beugen. Wie in seinem Vortrage mehr die berechnende Ueberlegung, als der Ausdruck der Inspiration vorwaltet, die ihn bei der großartigsten Technik zu den raffinirtesten, immer aber graziösen und noblen Extravaganzen führte, so sind auch seine Compositionen nicht freizusprechen von dem Vorwurfe der Manierirtheit und der ängstlichen Berechnung auf Kosten der freien Entfaltung echt künstlerischer Beseelung. Am meisten hat Thalberg die Phantasie über bekannte Motive cultivirt, weil eben diese Bekanntheit der Melodie seiner Bearbeitung zu Hilfe kam. Obgleich diese Form, welche später viele Nachahmer fand, jetzt aber beinahe ganz außer Cours gesetzt ist, sich als sehr ansprechend bewährte und dem Ohre schmeichelte, so ging dabei doch [132] der Geist und noch mehr das Gefühl leer aus.“